RIPCLIMA: Management von Flussauenökosystemen zur Anpassung an den Klimawandel Teaser Flussauen bieten Lebensraum für eine Vielzahl gefährdeter Tier- und Pflanzenarten und leisten auch für den Menschen wichtige Funktionen wie den Schutz vor Hochwasser. Durch die menschliche Nutzung stehen diese Gebiete jedoch unter starkem Druck und der Klimawandel kann diesen noch verstärken. Das Projekt RIPCLIMA untersucht den möglichen Einfluss des Klimawandels auf die Auenökosysteme und entwickelt geeignete Anpassungsmaßnahmen. Langversion: RIPCLIMA: Management von Flussökosystemen zur Anpassung an den Klimawandel Flussauen haben wichtige Funktionen für Mensch und Naturhaushalt Flussauen sind sehr dynamische Lebensräume, die abwechselnd überflutet sind und trockenfallen. Auf diese Besonderheit ist eine Vielzahl gefährdeter Tier- und Pflanzenarten angewiesen. Auch für den Menschen übernehmen die Auen wichtige Funktionen: So spielen sie beispielsweise eine wesentliche Rolle für den Hochwasserschutz, indem sie das Wasser zurückhalten und den Abfluss verlangsamen. Dadurch können Überschwemmungen in tieferliegenden Bereichen teilweise verhindert werden. Durch den Klimawandel werden Änderungen der Niederschlagsmenge und -verteilung erwartet. Dies beeinflusst den Abfluss von Fließgewässern und damit auch die Flussauen. Zu möglichen Auswirkungen durch den Klimawandel kommt ein starker Nutzungsdruck auf die Flussauen, beispielsweise durch landwirtschaftliche Nutzung, Siedlungsentwicklung, Infrastruktur, Wasserkraftnutzung und Schifffahrt. Das Wissen über die Auswirkungen des Klimawandels auf Flussökosysteme ist noch unvollständig und zudem fehlt eine Einbettung in einen größeren sozio-ökonomischen Rahmen. Ziele des Projekts RIPCLIMA Hier setzt das von KLI:EN geförderte Projekt RIPCLIMA – Risk Assessment and Management of Riparian Ecosystems in Condition of Climate Change in Austria – an. RIPCLIMA untersucht, modelliert und quantifiziert Auswirkungen des Klimawandels auf österreichische Auenökosysteme. Das Projekt verfolgt dabei einen ganzheitlichen Ansatz und integriert hydrologische, ökologische und klimatische Informationen. Damit will RIPCLIMA zu einem besseren Verständnis der direkten und langfristigen Auswirkungen des Klimawandels auf Umweltveränderungen in Auen beitragen. Zudem wird für GewässermanagerInnen ein Werkzeug zur Entscheidungshilfe für die Auswahl von geeigneten Anpassungsmaßnahmen für Fließgewässer entwickelt. Verletzlichkeit der Auenökosysteme und möglicher Verlust von Biotoptypen Das Projekt arbeitet auf zwei Ebenen: österreichweit und an den Fallbeispielen Obere Drau (Kärnten) und Tauglgries (Salzburg). Auf österreichischer Ebene wurde die Verletzlichkeit der Auenökosysteme gegenüber dem Klimawandel modelliert. Ein Ergebnis von RIPCLIMA ist ein Werkzeug zur Entscheidungshilfe, das die qualitative Wirkung des Klimawandels auf die Ufer- und Auenvegetation und das Risiko von Lebensraumverlusten – insbesondere in fließgewässerbegleitenden Natura 2000-Gebieten – 1 analysiert. Datengrundlage sind die Biotoptypen Österreichs1, die Auenobjekte Österreichs2 und Informationen zu fließgewässerbegleitenden Natura 2000-Gebieten. Mit diesem Werkzeug können BenutzerInnen nach Auswahl eines Klimaszenarios das Risiko von Lebensraumverlusten für einzelne Biotoptypen bezogen auf für eine Ökoregion oder ein bestimmtes Natura 2000-Gebiet ermitteln. Zudem wurde für die beiden Fallbeispiele ein dynamisches Auenvegetationsmodell (www.casimirsoftware.com) weiterentwickelt und angewendet. Die Fallbeispiele zeigen, dass bei (weiterer) Verringerung der natürlichen, dynamischen Umlagerungsprozesse in Fließgewässern viele Lebensräume verloren gehen. Darüber hinaus führt das Fehlen natürlicher Störungen der Vegetationsentwicklung, wie sie für die Ufer- und Auenvegetation charakteristisch sind (z.B. durch regelmäßige Überschwemmungen), zu einem starken Rückgang der Biodiversität. Dies verdeutlicht die simulierte Vegetationsentwicklung über 31 Jahre am Fallbeispiel Kleblach (s. Abbildung 1- Abbildung 4) bei einem Klimawandelszenario (Szenario K1), das insgesamt von einem trockeneren Klima (Frühjahrsabfluss minus 20%) und einer Verringerung von Hochwässern (jährliche Hochwasserspitzen um 25 % reduziert) ausgeht. So kommen Vegetationspionierphasen kaum noch vor. Initialphasen (offene Schotterbänke) werden deutlich reduziert und erreichen ab dem 15. simulierten Jahr nur noch einen konstanten Flächenanteil von rund 15%. Sukzessionsphasen wie Röhricht- oder Strauchphasen werden stark reduziert. Nach 31 Jahren bleibt eine Uferzone mit wenig oder keiner Erneuerung der Vegetation. In Summe bedeutet das, dass durch das Fehlen von Hochwässern die natürliche Dynamik und Erneuerung des Auenvegetationsökosystems verloren geht und damit die Biodiversität deutlich reduziert wird (siehe Abbildung 1 bis Abbildung 4). 1 Essl, F. & Egger, G. (2010): Lebensraumvielfalt in Österreich - Gefährdung und Handlungsbedarf Zusammenschau der Roten Liste gefährdeter Biotoptypen Österreichs. Klagenfurt (Naturwissenschaftlicher Verein für Kärnten & Umweltbundesamt GmbH), 111 S. 2 Schwarz, U. & Lazowski W. (2011): Aueninventar Österreich, Bericht zur bundesweiten Übersicht der Auenobjekte. Studie im Auftrag des Lebensministeriums, 52 S 2 Abbildung 1: Simuliertes Jahr 1 des Klimawandelszenarios K1 (trockener und geringere Hochwässer), Fallbeispiel Kleblach Abbildung 2: Simuliertes Jahr 15 des Klimawandelszenarios K1 (trockener und geringere Hochwässer), Fallbeispiel Kleblach Abbildung 3: Simuliertes Jahr 31 des Klimawandelszenarios K1 (trockener und geringere Hochwässer), Fallbeispiel Kleblach Legende: Open Water: Wasserfläche Initial: Offene Schotterbank Pioneer: Pioniervegetation Herb: Flussröhricht Pioneer Shrub: Pionier-Strauchphase Early Succ. Wood: Silberweidenau/Grauerlenau Est. Forest: Grauerlen-Eschenau Deep Oxbow: Totarm Shallow Oxbow: Verlandeter Totarm Bog Forest: Sumpfwald 3 Abbildung 4: Flächenausdehnung unterschiedlicher Vegetationsphasen in der Uferzone (Flächenanteil in %; simulierte Jahre). Klimawandelszenarios K1 (trockener und geringere Hochwässer), Fallbeispiel Kleblach. Basierend auf den Ergebnissen lassen sich geeignete Maßnahmen für die Auenökosysteme ableiten. Um die Umsetzung der Projektergebnisse in Verwaltung und Ausführung sicherzustellen, sind im Projekt EntscheidungsträgerInnen in Verwaltung und Politik in den Bereichen Raumplanung, Flussgebietsmanagement und Naturschutz eingebunden. Schlussfolgerungen und Empfehlungen Folgende Schlussfolgerungen des Projektes RIPCLIMA können zur Unterstützung bei zukünftigen Entscheidungsprozessen herangezogen werden: Auf der lokalen Ebene zeigen die Ergebnisse, dass die Eingriffe der Menschen in den letzten Jahrhunderten, wie Landnutzung, Regulierungen oder Unterbrechungen der Durchgängigkeit, zu einer dramatischen Änderung flussdynamischer Prozesse geführt haben. Der Effekt des Klimawandels wird – je nach betrachtetem Szenario – diesen Einfluss verstärken oder teilweise auch verringern. Das Entscheidungshilfe-Werkzeug (DSS) und die Maßnahmenempfehlungen können von EntscheidungsträgerInnen direkt für die Entwicklung von Managementplänen und Gewässerentwicklungsplänen herangezogen werden. Beispielsweise können mit Hilfe des Entscheidungshilfe-Werkzeugs Auswirkung von geplanten Entscheidungen bzw. Maßnahmen auf die Ökosysteme und mögliche Lebensraumverluste in Natura 2000-Gebieten abgeschätzt werden (Empfehlungen und DSS sind online verfügbar: www.umweltbuero.at/projekte/ripclima.html). Ergebnisse des Projektes RIPCLIMA zeigen, dass Restorationsund Revitalisierungsmaßnahmen von Fließgewässern und deren Umland eine sehr wichtige Rolle spielen und auf jeden Fall fortgesetzt werden sollen. Um das Risiko von Lebensraumverlusten zu verringern, wird insbesondere empfohlen, die dynamischen Umlagerungsprozesse an Fließgewässern zu erhöhen und die Fließgewässer mit dem Umland stärker zu vernetzen. Alle Maßnahmen sollten mit dem Leitbild, dem natürlichen Referenzzustand des Gewässers, abgestimmt werden. Die gesamte morphologische Entwicklung des Flusses und der Ufer- und Auenvegetation hängt vom Sedimenteintrag ab. Daher sollte der Feststoffhaushalt auch immer im gesamten Einzugsgebiet des Gewässers betrachtet werden. Weitere Informationen: Projektleitung: Priv. Doz. Mag. Dr. Gregory Egger 4 Umweltbüro GmbH [email protected] Projektpartner: Univ.Prof. Dipl.Ing. Dr.nat.techn. Helmut Habersack Universität für Bodenkultur, Department Wasser- Atmosphäre- Umwelt Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiven Wasserbau (IWHW) Projektlaufzeit: Oktober 2009 – Oktober 2011 Projekt-Website: www.umweltbuero.at/projekte/ripclima.html 5