imjuni 2 0 1 6 - Stadt St.Gallen

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So bunt und ansprechend wie jetzt präsentiert sich die Magerwiese des Botanischen Gartens ansonsten während des
ganzen Jahres nicht. Gelb, blau, rot,
weiss: in allen Nuancen werben die vielen
Blüten um die Gunst ihrer Bestäuber. Die
jetzige Pracht ist das Ergebnis einer Umgestaltung im Jahr 2011. Bei der damaligen eher eintönigen Mähwiese wurde die
Vegetationsschicht abgetragen und mit
Kies und Sand ersetzt. Nach tiefgründigem Umgraben erfolgte die Ansaat mit
einer Mischung von 55 einheimischen
Wiesenpflanzen. Die meisten von ihnen
können sich nur auf mageren Böden behaupten. Eine Düngung würde einige
wenige konkurrenzstarke Arten so sehr
fördern, dass sie allesamt verschwinden
würden. Dies ist der Hauptgrund, warum
die heutigen Wirtschaftswiesen so artenarm sind. Damit sich der Boden nicht mit
Nährstoffen anreichert oder Gehölze
aufkommen, wird die Wiese zweimal pro
Jahr geschnitten, erstmals anfangs Juli
und nochmals im Herbst.
Wiesen-Salbei
Wiesen-Salbei
Salvia pratensis
Um die Bestäubungsrate zu erhöhen, haben
die auffallend blauen Blüten einen raffinierten Mechanismus entwickelt: Ihre beiden
Staubblätter gleichen Schlagbäumen, wobei
der längere Teil mit dem Staubbeutel endet,
während der kürzere Teil plattenförmig ausgebildet ist. Insekten beim Ausbeuten des
Nektars drücken unweigerlich auf diese
Platte, was zur Folge hat, dass sich der Teil
mit dem Staubbeutel auf den Rücken des
Blütenbesuchers senkt und diesen mit
Pollen einpudert. Beim nächsten Blütenbesuch streift die Spitze des Fruchtblattes
(Narbe) den pollenbedeckten Rücken des
Insektes, womit die Blüte bestäubt ist.
Die Wiesen-Salbei stammt ursprünglich aus
dem Mittelmeergebiet. Als blinder Passagier
im Saatgut von Kulturpflanzen gelangte sie
bereits in der Jungsteinzeit in unsere Breiten, wo sie in sonnigen Magerwiesen längstens eingebürgert ist. Von den insgesamt
rund 950 Salbei-Arten ist in der Schweiz nur
eine wirklich einheimisch, die Klebrige Salbei
(Salvia glutinosa), eine Waldpflanze.
FeldWitwenblume
Feld-Witwenblume
Knautia arvensis
Vom körbchenförmigen Blütenstand her
und den vergrösserten Blüten am Rand
glaubt man zunächst auch bei der Witwenblume einen Korbblütler vor sich zu haben.
Dem ist aber nicht so, weil die Blüten ganz
anders gebaut sind (unverwachsene Staubblätter, vierzählige Blüten). Die Witwenblumen werden oft mit den nahe verwandten
Skabiosen verwechselt, die sich mit ihren
fünfzähligen Blüten und auffallenden dunkeln Kelchborsten jedoch deutlich unterscheiden. Auch vom Lebensraum her
bestehen Unterschiede. Während die Skabiosen warme und trockene Magerwiesen
besiedeln, bevorzugt die Witwenblume
feuchtere und nährstoffreichere Lebensräume auch in Fettwiesen. Frühe und häufige Mahd bringen das auffällige Geissblattgewächs jedoch rasch zum Verschwinden.
Zaun-Wicke
Vicia sepium
WiesenMargerite
Wiesen-Margerite
Leucanthemum vulgare
Erhalten Kinder oder botanische Laien den
Auftrag, eine Blüte zu zeichnen, dann resultieren meistens Darstellungen, die einer
Margerite gleichen. Sie scheint das Idealbild
einer Blüte zu sein. Aber weit gefehlt, bei
diesen Blütenköpfen handelt es sich nicht
um Einzelblüten, sondern um ein Konglomerat aus hundert und mehr kleinen Einzelblüten, die zusammen einer Einzelblüte
gleichen. So werden sie wohl auch von den
Bestäubern wahrgenommen. Diese korboder sternförmigen Blütenstände werden
als Körbchen bezeichnet und sind typisch
für die Familie der Korbblütler (Asteraceae).
Die weissen Strahlen am Rand sind rein
weibliche Blüten und die weit zahlreicheren
gelben in der Mitte zwittrige. Der allgemein
bekannte Name „Margerite“ leitet sich
vom althochdeutschen Begriff „margarites“
ab, was übersetzt „Perle“ bedeutet. Damit
kommt eine grosse Wertschätzung für die
auffällige Wiesenblume zum Ausdruck.
ZaunWicke
Dieser Schmetterlingsblütler ist kein ausgesprochener Bewohner von Magerwiesen. Er gedeiht auch in Fettwiesen oder als
„Unkraut“ in Gartenanlagen. Wegen seiner
besonderen Wuchsform ist er zu bewundern: Die gefiederten Blätter bestehen aus
8 bis 14 intakten Teilblättchen. Drei weitere
an der Spitze sind bis auf den Mittelnerv
reduziert. Diese fadenartigen Blattrudimente dienen als Ranken, womit sich die dünnstielige Pflanze an standfesteren Arten ihrer
Umgebung festhält. Bemerkenswert ist
auch das erste Blattpaar am Grund des
Blattstiels, die beiden Nebenblätter. An
ihrer Rückseite scheiden sie Nektar aus,
der von Ameisen dankbar verzehrt wird.
Inwiefern die Pflanze davon profitiert ist
unklar. Sind es Überschussventile oder
dienen die Ameisen der Kletterpflanze als
Schutzpolizei?
IM JUNI 2016
Die Magerwiese
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