Praktische Astronomie Klaus Reitberger Sommersemester 08 [email protected] 0516683 P r o t o k o l l: Praktische Astronomie von Klaus Reitberger 1 1 Zusammenfassung Ein Teil der Vorlesung „Praktische Astronomie“ wurde im Sommersemester 2008 dazu verwendet anhand von verschiedenen Computer-Simulationen mit der Arbeit an Teleskopen vertraut zu werden, sowie dabei einige wichtige Methoden und Grundkonzepte der Astrophysik kennenzulernen. Im Folgenden werden die durchgeführten Messungen und Berechnungen skizziert, sowie zugrunde liegende Zusammenhänge erörtert. 2 Photometrie Mit dem Programm „Photoelectric Photometry of the Pleiades“ wurde die Arbeit an einem 0,4m (16”) Teleskop simuliert. Unsere Aufgabe war es von 25 verschiedenen Sternen im Sternbild der Plejaden die scheinbare Helligkeit zu messen und zwar jeweils im U-Band, im B-Band und im V-Band. Daraus konnten dann im weiteren Verlauf die Farbindizes U-B und B-V berechnet werden. Da sämtliche Koordinaten zur Verfügung standen, war es ein leichtes mit der Teleskopsimulation durch Eingabe der Rektaszension und Deklination die Sterne zu finden und ins Zentrum zu rücken. Um möglichst zuverlässige Messdaten zu erhalten, waren die Belichtungszeit einer Messung sowie die Zahl der Messungen über die gemittelt wurde, klug zu wählen. Ziel war das Signal to Noise – Verhältnis S/N möglichst hoch zu halten. (auf jeden Fall über 100). Da dies für einige schwächere Sterne nicht möglich war, konnte man in der Simulation auch Beobachtungszeit an einem 0,9 m (36“) Teleskop beantragen. Dies wurde meistens gewährt, doch auch hin und wieder abgelehnt. Mit dem größeren Teleskop gelang es auch die schwächeren Sterne mit hohem S/N zu messen. Zusätzlich war zu beachten, dass vor der Messung an den Sternen an jedem Teleskop und für jeden Spektralbereich zusätzlich eine Hintergrundmessung durchgeführt werden muss. Der Fluss des Hintergrundes kann dann vom Fluss der Sterne subtrahiert werden. 2 Für alle 25 Sterne mit Ausnahme des Sternes Nr. 13, welcher nicht gefunden wurde, konnten somit die scheinbaren Helligkeiten und die Farbindizes ermittelt werden. mU, mB, mV, B-V und U-B sind also bekannt. Da S/N stets größer als 100 war sind diese Werte hinreichend zuverlässig um in Folge die Entfernung zu bestimmen. Wie aus der Theorie bekannt ist, sollte B-V unabhängig von der Entfernung sein. Daraus folgt, dass in einem Diagramm mV gegen B-V die Punkte bei sich ändernder Entfernung nur parallelverschoben werden. Die Steigung des Graphen nimmt weder ab noch zu. Die Punkte sollten sich lediglich in ihrem Abstand auf der y-Achse verändern. Eben diesen Zusammenhang machen wir uns zunutze um die Entfernung zu bestimmen. Uns steht eine Gruppe von Eichsternen zur Verfügung von denen die absolute Helligkeit bekannt ist. Gemeinsam mit unseren Messwerten tragen wir diese in ein Diagramm ein und verschieben letztere entlang der y-Achse bis sie sich mit den Eichsternen decken. 3 Daraus geht klar hervor, dass die Differenz zwischen der scheinbaren und absoluten Helligkeiten der Plejadensterne in etwa 6m beträgt. Aus 5 5 und 6 folgt 158 3. Spektrometrie Mit dem Programm „Classification of Stellar Spectra“ ist es einerseits möglich das Spektrum eines Sterns aufzunehmen und es andererseits durch Vergleich mit den Standardspektren der Hauptreihe (oder anderen) in eine Spektralklasse einzuordnen. Zusätzlich liegt noch eine Liste unbekannter Spektren vor, die ebenfalls durch Vergleich klassifiziert werden können. Um noch besser zu sehen, ob eine Übereinstimmung vorliegt, gibt es außerdem die Möglichkeit die Differenzen der Spektren zu betrachten und so möglichst genau zu klassifizieren. Als erste Übung wurden der Reihe nach einige unbekannte Spektren betrachtet und mit den Standardspektren verglichen. Auf diese Art und Weise konnte man die charakteristischen Merkmale der verschiedenen Spektralklassen schnell kennenlernen: Viele und breite 4 Emissionslinien in den Spektraltypen M und höher; besonders ausgeprägte H II bzw. HI Linien im Spektraltyp O bzw. B, etc. Die Spektren können im Bereich von 3900 Å und 4500 Å entweder in der klassischen Darstellung als graue Streifen oder als Intensitätsdiagramm betrachtet werden. Eine Tabelle hilft zusätzlich zum raschen Identifizieren der Spektrallinien. Auf diese Art und Weise wurden viele der im Programm vorgegebenen unbekannten Spektren einer Spektralklasse zugeordnet, sowie besondere Merkmale und stark ausgeprägte Linien dokumentiert. Nachdem bisher schon einige Erfahrung mit Spektralklassifikation gemacht wurde, bestand die Aufgabe nun darin mit dem Programm Spektren aufzunehmen. Analog zur Photometriemessung verfügt man in der Simulation über ein 0,4 m Teleskop, welches in der Lage ist, die Spektren von einzelnen Sternen aufzunehmen. Wiederum gibt es auch alternative Teleskope, die beantragt werden können. Zusätzlich zum Spektrum wurde auch die scheinbare Helligkeit der Objekte, sowie das S/N Verhältnis bestimmt. Aus der Spektralklasse konnten wir durch Vergleich mit der bekannten Hauptreihe die absolute Helligkeit und somit die Entfernung der einzelnen Objekte bestimmen. 5 In folgender Tabelle sind die Ergebnisse dargestellt. Objekt m Spektral-Typ M r /pc 1 7m59 K0 7m3 11,4 2 7m30 G7 5m3 25,1 3 7m34 G0 4m4 38,7 4 9m48 M3 11m 5,0 5 7m31 B3 -2m2 800 Wieder wurde verwendet: 5 5 4. Rotverschiebung – Hubble-Konstante a) Bevor nun mit dem dritten Programm gearbeitet wurde, sollte zuvor an einem Beispiel das Phänomen der Rotverschiebung näher betrachtet werden. Gegeben waren die Wellenlängen (insgesamt 8) der beobachteten Linien irgendeines Spektrums. Außerdem waren die nichtverschobenen (Ruhe)wellenlängen einer Auswahl von häufig beobachten Linien bekannt. Nun sollte man die 8 gemessen Linien jeweils identifizieren, sowie die Geschwindigkeit des unbekannten Objektes bezüglich der Erde ermitteln. Auf den ersten Blick könnte man nun meinen, es reiche aus die Differenzen der 8 Linien mit denen der (Ruhe)wellenlängen zu vergleichen und sie so identifizieren zu können. Dies geht allerdings nicht, da der Abstand je zweier Linien im verschoben Spektrum nicht gleich groß ist wie im Ruhespektrum. Klar ersichtlich wird dies aus der Definition der relativen Rotverschiebung: Δ . Eine Linie wird also umso weiter verschoben, je größer ihre (Ruhe-)wellenlänge ist. Folglich sind die einzelnen Linien des zu identifizierenden Spektrums genau dann richtig zugeordnet, wenn für jede Linie in etwa den gleichen Wert (z) liefert. Durch Permutation der verschiedenen Möglichkeiten in einer Exel-Tabelle konnten schließlich die Linien (Hγ, Hβ, OIII, OIII, HeI, OI, Hα und NII) identifiziert werden. Die gemittelte Rotverschiebung beträgt dabei 0,101017. Um die Geschwindigkeit zu erhalten muss man diesen Wert mit c 6 multiplizieren. Man erhält 3,03 · 10 / . Dies ist sehr schnell. Um auf die Entfernung des Objektes in pc zu kommen, muss man diesen Wert durch die Hubble-Konstante H0 dividieren. Es ergibt sich eine Entfernung von einigen hundert Mpc. Das Objekt ist viel zu weit entfernt um ein Stern zu sein. b) Nun verwendeten wird das Programm „The Hubble Redshift Relation“ Darin erhalten wir simulierten Zugang zum KPNO 0,9m Teleskop. Zusätzlich kann man Beobachtungszeit auf einem 4,0m Teleskop beantragen, was später nötig wird, um ein ausreichend hohes S/N – Verhältnis zu haben. In der Simulation stehen uns fünf verschiedene Sternenfelder zur Auswahl, die wir betrachten können (Corona Borealis, Coma Berenices, Bootes, Ursa Major I und Ursa Major II). In jedem dieser Sternenfelder sehen wir neben Sternen drei oder mehr flächenhafte Objekte, deren Spektren und deren scheinbare Helligkeiten wir aufnehmen. In den Spektren klar erkennbar sind die H und die K Linie des Calciums. Anhand ihrer Position im Spektrum und dem Vergleich mit der nicht verschobenen Position, kann man die relative Rotverschiebung z bestimmen. und daraus die Geschwindigkeit relativ zur Erde. Aus der scheinbaren Helligkeit und der absoluten Helligkeit (M beträgt stets -22m) kann man nun zusätzlich die Entfernung bestimmen. Aus Entfernung und Geschwindigkeit folgt die Hubble – Konstante. 7 In Formeln: 1) ! !: # , $ Aus %&' 0 0 folgt: # · ( ( ( und : $ · ) ) ) 2) ! ! Aus 5 5 und 22 folgt: 10+,-..-/0// 3) 1 / In Zahlen: Objekt # /Å $ /Å # /107m/s $ /107m/s vmittel/107m/s m/mag r/Mpc C. Bo.1 4209 4247 2,10 2,12 2,11 15,08 261 81,0 C. Bo 2 4209 4246 2,10 2,11 2,11 15,43 306 68,8 C. Bo 3 4209 4247 2,10 2,12 2,11 15,35 295 71,5 Boot 1 4444 4484 3,89 3,93 3,91 16,52 506 77,3 Boot 2 4445 4485 3,90 3,94 3,92 16,76 565 69,3 Boot 3 4445 4486 3,90 3,94 3,92 16,72 555 70,7 C. Be. 1 4012 4048 5,97 6,07 6,01 12,3 72 82,9 C. Be. 2 4012 4048 5,97 6,07 6,01 12,55 81 73,9 C. Be. 3 4012 4047 5,97 5,97 5,97 12,45 78 76,9 H UM. II.1 4485 4,20 4,20 16,87 594 35,4 UM. II.2 4485 4,20 4,20 16,67 542 38,8 UM. II.3 4500 4,32 4,32 16,86 592 36,5 UM. I.1 4130 4167 1,50 1,51 1,51 14,62 211 71,3 UM. I.2 4131 4167 1,50 1,51 1,51 14,52 201 74,9 UM. I.3 4130 4167 1,50 1,51 1,51 14,49 199 75,7 Bezieht man die doch recht seltsamen Ergebnisse für Ursa Major II, welche stark von den anderen abweichen, nicht in die Mittelung ein, so erhält man H0 = 74,5 km/(sMpc) 5 Schlusswort Alles in allem war es sehr lehrreich, sehr interessant und sogar recht unterhaltsam mit diesen Simulationen zu arbeiten und auf diesem Wege ins All einzutauchen. 8