Begleitheft Don Karlos - adk-ulm

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Inhalt
Vorwort
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Besetzungsliste
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Inhaltsangabe
5
Friedrich Schiller
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Hintergründe des Stückes
7
Die Regisseurin
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Über Marquis von Posa
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Rolle und Körperlichkeiten
12
Vor-und Nachbereitung
20
Quellenangabe
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Impressum
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Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,
mit diesem Begleitheft möchten wir Ihnen, neben Hintergrundinformationen zu
Schillers Stück auch, über die Erfahrungen der Schauspieler mit dieser
Produktion berichten.
Des Weiteren werden über den Besuch der Inszenierung hinaus, spielerische
Übungen vorgeschlagen, die Sie entweder zur Vor- oder zur Nachbereitung
des Aufführungsbesuchs nutzen können.
Diese können selbstverständlich von Ihnen nach Belieben variiert und
verändert werden.
Gerne kommen wir auch auf Anfrage zur Vor- oder Nachbereitung des
Stückes zu Ihnen in die Schule.
Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen,
Dr. Manfred Jahnke
Leiter Fachbereich; Theaterpädagogik
und Ihre theaterpädagogische Abteilung der adk-ulm
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Don Karlos
Ein dramatisches Gedicht in 5 Akten von Friedrich Schiller (1783-1787)
Textfassung: Mia Constantine
Ensemble:
König Philipp
Simon Fleischhacker
Königin Elisabeth
Alma Gashi
Don Karlos
Philip Blom
Marquis von Posa
Henry Braun
Prinzessin von Eboli
Annegret Taube
Claudia Steiner
Domingo
Marcus Prinzen
Herzog von Alba
Aron Keleta
Graf Lerma
Lukas Ruben Eickholl
Gräfin von Olivarez
Eva Koch
Hofdame
Katharina Binder
Musikkomposition:
Bühne/Kostüme:
Supervision Sprechen
Theaterpädagogik:
Amal Das
Ensemble
Jim Seclaoui
Friederike Hartung
Regieassistenz:
Regie:
Anna-Lena Henkel
Mia Constantine
Premiere: 10.03.2010
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Inhalt
Der impulsive und sensible Don Karlos befindet sich im gleichnamigen
dramatischen Gedicht in einer misslichen Lage. Er ist in eine Frau verliebt, die
sein Vater aus politischen Gründen zur Ehefrau nahm und sie somit auch zu
Karlos´ Stiefmutter machte. Die kurzweilige Beziehung zu Elisabeth, die
Karlos vor dieser Pflichtheirat führte, kann er nicht vergessen. Seit acht
Monaten ist er nun schon in einer melancholischen Stimmung, trotzt
sturköpfig der höfischen Etikette und verwehrt jeglichen Kontakt zu seinen
Mitmenschen.
So scheint es doch ein Segen, dass plötzlich sein guter alter Freund Marquis
von Posa wieder auftaucht, der Karlos sogleich aus seiner Depression reißen
und mit in die Niederlande nehmen will, wo eine große und spannende
Bürgerrevolution vorgeht. Der Marquis verspricht sich von seinem Besuch am
spanischen Königshof Unterstützung von Karlos, der als Sprachrohr zwischen
der Monarchie in Spanien und den Revolutionären in den Niederlanden
einstehen soll.
Karlos kann sich jedoch von seinem Liebeskummer nicht freisagen und sieht
Marquis wiederum als Mittel zum Zweck, einen Kontakt zu Elisabeth zu
knüpfen, um sie zu überreden die Liebesbeziehung wieder herzustellen. Der
Marquis verspricht, Karlos zu helfen, um dieses Problem schnellst möglich zu
klären und fortan den Revolutionären folgen zu können.
Diese Entwicklungen bleiben am spanischen Hof, dessen Wände Ohren zu
haben scheinen, nicht lange geheim. So ist es doch für Herzog von Alba und
Beichtvater Domingo, denen der infantile und scheinbar nutzlose Karlos
schon lange ein Dorn im Auge ist, ein gefundenes Fressen Karlos bei einem
Regelverstoß zu erwischen. Sogleich gehen sie, gestärkt von Prinzessin von
Eboli, die vergebens auf Karlos Liebe hofft und somit zur Rachsucht
angestachelt ist, zum König, um ihm das geheime Bündnis zwischen
Elisabeth und Karlos zu unterbreiten. Sie ahnen nicht, dass sich der König
von diesem offenbar zu spät gelüfteten Geheimnis betrogen und belogen
fühlt, woraufhin er Alba und Domingo den Vertrauensbruch unterstellt.
Fortan ist der König auf der Suche nach einem ehrlichen Menschen am Hofe
und stößt auf Marquis von Posa, der nun in der schwierigen Lage ist,
Vertrauter vom König, Revolutionär und Freund von Karlos zu sein. Diese sich
widersprechenden Aufgaben und Ideologien bringen den Marquis an den
Rand seiner Handlungsmöglichkeiten, was für alle Beteiligten in einer
vorhersehbaren und doch nicht abzuwendenden Katastrophe endet.
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Friedrich Schiller
1759
10.November in Marbach am Neckar geboren; wächst als
Sohn eines ehemaligen Wundarztes in einfachen Verhältnissen
auf.
1773-80
wird auf Befehl des württembergischen Herzog in die
Militärakademie Karlsschule aufgenommen.
1775 Beginn eines Medizinstudiums
1782
Uraufführung “Die Räuber” in Mannheim, die er trotz des
herzoglichen Verbotes besuchte. Daraufhin warf Herzog Karl
Eugen ihn für 14 Tage ins Gefängnis und erteilte ihm das
Verbot Komödien zu schreiben.
Schiller floh nach Mannheim
1784
“Die Verschwörung des Fiesco zu Genua” und “Kabale und
Liebe” werden in Mannheim und Frankfurt aufgeführt.
1785-87
Schiller arbeitet an Don Karlos
1787
Uraufführung von Don Karlos in Hamburg
1787-88
Erster Kontakt zwischen Schiller und Goethe in Weimar
1790
Heirat mit Charlotte von Lengefeld
1791
Er erkrankt schwer, woraufhin in der Presse von seinem Tod
berichtet wird.
1792
Schiller wird vom revolutionären Frankreich zum Ehrenbürger
ernannt
1794
Beginn der Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen
Schiller und Goethe
1799-1804
Vollendung der klassischen Dramen “Wallenstein”;
“Maria Stuart”; “Die Jungfrau von Orleans”;
“Die Braut von Messina” und “Wilhelm Tell”
1805
09.Mai; Schiller stirbt nach langer Krankheit in Weimar.
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Hintergründe des Stückes
Die Entstehung des Stückes zog sich über Jahre hin. Schiller begann sich
1782 ernsthaft für die Geschichte des Spanischen Hofes zu Regierungszeiten
Philipps II. zu interessieren. Von 1785 bis 1787 erschienen in einer Zeitschrift
der 1., 2. und 3. Akt. Zuerst nur als Familientragödie angelegt, waren in dieser
Fassung schon deutlich mehr politische Themen eingebaut. Es erschien
zudem 1787 eine Buchausgabe unter dem Titel “ Dom Karlos, Infant von
Spanien“ - später in das spanische Don umgeändert-, die deutlich länger als
die Theaterfassung und für ein gebildetes Lesepublikum geschrieben war. Die
Uraufführung fand 1787 in Hamburg unter der Regie von Friedrich Ludwig
Schröder statt. Es folgten weitere Überarbeitungen des Textes und eine
Übersetzung ins Englische, bis dann 1805 die letzte Fassung erschien; etwas
kürzer als die Erstausgabe und mit dem Untertitel “Ein dramatisches Gedicht”.
Diese Fassung wird heute üblicherweise fürs Theater genutzt.
In der langen Bearbeitungszeit des Stückes das Schillers “bestes” werden
sollte - wie er in einem Brief an W.F.H Reinwald im Jahr 1783 äußerte brachte den Dichter, wie man so schön sagt, wohl an den Rand des
Wahnsinns. Aus weiteren Briefen, wie aus dem an Christian Gottfried Körner
aus dem Jahr 1794, geht deutlich hervor, dass “ein Machwerk wie der Carlos”
ihn nur noch “ekelte”.
Warum also schrieb Schiller solange und so besessen an diesem Stück und
was faszinierte ihn letztlich daran?
Dazu erst einmal ein paar geschichtliche Fakten, die sicher eine große Rolle
dabei spielten, dass das Stück so wurde, wie wir es heute noch kennen.
Alleine aus Schillers Biographie geht deutlich hervor, das auch er unter der
Unterdrückung der Herrschenden litt. Er musste 1773 auf Befehl des
württembergischen Herzogs Karl Eugen auf die Militärschule gehen. Das ist
nur ein Beispiel. Bei der Uraufführung der Räuber durfte er ebenfalls auf
Befehl des Herzogs nicht zugegen sein, als er sich sein Stück heimlich
anschaute, wurde er verhaftet und durfte keine “Komödien” mehr schreiben.
Es folgten lange Jahre eine ungesicherte Existenz für Schiller.
Deutschland war zu Lebzeiten Schillers immer noch in hunderte kleine
souveräne Teile zersplittert, Herzöge hatten die Macht über ihre Bürger und
nahmen sich nur allzu oft ein Beispiel an der absolutistischen Herrschaft des
so genannten Sonnenkönigs Ludwig XIV in Frankreich. Selbstverständlich
regte sich Unmut im aufstrebenden Bürgertum, aber, wie man auch an
Schillers Beispiel sieht, war es auch bekannten und beliebten Schriftstellern
und Dramatikern oft kaum möglich Kritik zu üben.
Als Schiller Don Karlos schrieb, erlebte die Welt zwei Revolutionen. In
Nordamerika kämpfen die amerikanischen Kolonisten gegen das British
Empire. Es ging um Freiheit, Gleichheit und Selbstbestimmung. Mit der
Ablösung von der herrschenden Obrigkeit wurde erstmals 1776 ein Katalog
an Grundrechten vorgestellt. 1787 trat dann in der Welt eine Verfassung in
Kraft, in der die Grundsätze von Demokratie festgehalten wurden und in der
es keine monarchischen und aristokratischen Elemente gab. Dann kam die
französische Revolution 1789. Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit. Etwas
Neues und Großes passierte und Schiller blieb davon nicht unberührt, auch
wenn die Hinrichtung des französische Königs 1793 für ihn zu radikal war. Er
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zog sich aus dem politischen Geschehen zurück und stellte für sich klar, dass
die Prinzipien, die die Welt letztendlich ordnen würden, die Kunst und die
Schönheit seien. Es scheint, dass ein Friedrich der “Große” von Preußen und
der österreichische König Joseph II. beeindruckt haben, denn diese beiden
Regenten lenkten ihre Länder unter der Vorstellung, dass sie die ersten
Diener des Staates seien. Denn Marquis von Posa plädiert ja genau dafür,
nicht für einen absoluten Umsturz der Monarchie, sondern für neue Ideen und
Freiheiten in der Monarchie. So sagt er doch: “Geben sie, was sie uns
nahmen, wieder! Lassen sie […] Menschenglück aus ihrem Füllhorn strömenGeister reifen/ Werden sie von Millionen Königen ein König. Gehen sie
Europens Königen voran. Ein Federzug von ihrer Hand, und neu erschaffen
wird die Erde. Geben sie Gedankenfreiheit.” Schillers Don Karlos enthält
somit durchaus viele politische Elemente und Ideen aus seiner Zeit, die sich
vor allem in der Figur des Marquis Posa äußern.
Der Marquis von Posa, der in Schillers Hauptquelle “Histoire de Dom Carlos,
fils de Philippe II”, eine romanhafte und erfundene Darstellung der Liebe
zwischen Elisabeth und Karlos, von Abbe de Saint-Real (1672) geschrieben,
auftaucht, ist die einzige nicht historische Figur des Stückes. In dem Roman
wird er als Günstling des Prinzen dargestellt, der vom König auf Grund dieser
Tatsachen umgebracht wird. Der Marquis in all seinen
Charaktereigenschaften ist nur in Schillers Fantasie entstanden. Die anderen
Personen sind historisch belegt. Don Karlos entstammt einer “Inzuchtehe“,
denn sein Vater heiratete seine Cousine, die kurz nach der Geburt von Karlos
starb. Diese Tatsache führt dazu, dass manche Historiker, den belegten
Wahnsinn des historischen Karlos auf diese Ehe zurückführen. Auch in der
Historie war der Vater wohl nie für seinen Sohn da, wobei man auch sagen
muss, dass ein Prinz für seinen Vater zugleich Nachfolger und Erzfeind war,
denn viele Prinzen stürzten ihre Väter, um an deren Macht zu gelangen.
Diese Angst wird wohl auch Philipp sein Leben lang begleitet haben; der
Hass, den sich Vater und Sohn entgegen brachten, war noch viel stärker, als
Schiller es darstellt. Durch den offensichtlichen Wahnsinn und die
Gewalttätigkeit seines Sohnes, erließ Philipp 1568 sogar den Befehl, das über
Karlos am Hof nicht mehr gesprochen werden durfte.
Schiller hat im Stück ein idealeres Bild des Prinzen gezeichnet, der
letztendlich von seinem Vater als Sicherheitsrisiko ersten Ranges ins
Gefängnis gesperrt wurde, wo er mit 23 Jahren starb. Für die Feindseligkeiten
zwischen Vater und Sohn fand Schiller einen anderen Grund als
Gewalttätigkeit und Wahnsinn - nämlich die Liebe, was historisch auch belegt
ist. Karlos sollte mit der damals 15jährigen Elisabeth von Valois verheiratet
werden. Sein Vater aber nahm, aus politischen Gründen, und da seine zweite
Ehefrau Maria von England gestorben war, die Möglichkeit einer dritten,
jungen Frau wohl nur zu gerne wahr.
Auch die Aufstände der protestantischen Niederlande sind historisch belegt.
Der Vater König Philipps mahnte seinen Sohn vor seinem Tod hart gegen
Protestanten vorzugehen, Spanien war schließlich die stärkste katholische
Macht in Europa und sollte es auch bleiben. 1568 verurteilte Philipp alle
Niederländer, da Protestanten, zum Tode, was zu heftigen, blutigen
Auseinandersetzungen führte, die mit der Unabhängigkeit der Niederlande
endeten.
Die Hintergründe des Stückes verführen dazu, in geschichtlichen Daten und
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Ereignissen zu recherchieren, da selbst kleine Rollen, wie der Graf von
Lerma, ein historisches Vorbild haben und in diesem Stück viel von den
weltpolitischen Geschehnissen dieser Zeit verarbeitet sind.
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Die Regisseurin
Don Karlos liebt!
An dem Stück Don Karlos hat mich vor allem die eingezwängte Situation der
Figuren am Spanischen Hof interessiert. Sie können sich nie frei bewegen,
weil immer die Etikette und das Protokoll eingehalten werden müssen. Das
spanische Hofzeremoniell war – und ist es bis heute noch – eines der
strengsten der europäischen Königshäuser und König Philip war ein großer
Verfechter dieses Protokolls. Diese gefängnisartige Situation habe ich
versucht mit einer abstrakten Körperlichkeit der einzelnen Figuren noch
verstärkt darzustellen. Mit den Schauspielern zusammen haben wir nach
Körperlichkeiten gesucht, die auf den ersten Blick unnatürlich und abstrakt
wirken, mit denen aber die Situation der Figuren am Hof verschärft
ausgedrückt werden sollte. Diesem Ensemble von abstrakten Figuren hab ich
den Marquis von Posa gegenübergestellt, der diese abstrakte Ebene nicht hat
und somit mehr über die Sprache wirkt, die gerade bei ihm besonders im
Vordergrund steht. Er soll die Natürlichkeit und Menschlichkeit ausstrahlen,
die für seine neue Form der Politik steht.
Auch hat mich die Kommunikation an diesem Hof interessiert. Wann redet
jemand, mit wem redet er, mit wem darf man reden, warum redet man nicht
und warum sagt man nicht immer die Wahrheit. Dieser gestörten
Kommunikation sind wir im Probenprozess auf die Spur gegangen. Wir haben
diesen Punkt sehr genau unter die Lupe genommen und versucht heraus zu
finden wie die Kommunikationsstruktur die Figuren in den einzelnen Szenen
auszeichnet. Auch die Situation, dass keiner offen reden darf und jederzeit
belauscht werden kann haben wir vor allem mit den Wänden aus
Folienbahnen versucht zu verschärfen. Es liegt ein ungeheurer Druck auf
jeder Szene, die kennzeichnend für die höfische Situation unter der Macht
von König Philipp ist.
Des Weiteren hat mich vor allem die Figur des Don Karlos interessiert. Der
Kronprinz, der durch den Liebeskummer zu Beginn des Stücks absolut außer
Gefecht gesetzt und durch die Ankunft seines Jugendfreundes Marquis von
Posa aus diesem Kummer wach gerüttelt wird, soll mit ihm nach Flandern
kommen. In Flandern soll er unter dem Deckmantel der spanischen Krone die
Demokratie voran treiben. Doch dazu ist er im Moment nicht in der Lage, da
er seine Stiefmutter liebt und weiterhin Hoffnungen auf ein Liebesglück mit ihr
hegt.
Ich habe versucht mit einer sehr engen Form, die einengende Situation am
Spanischen Hof darzustellen und mit der Figur des Marquis von Posa, die
sich dem strengen Hofprotokoll nicht unterwirft, ein bisschen Luft in das ganze
rein zu bringen.
(Mia Constantine)
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Über MARQUIS VON POSA
Die Figur des Marquis von Posa, die keine historische, sondern eine freie
Erfindung von Schiller ist, beruht vor allem auf Schillers Affinität zu den
Idealen der Französischen Revolution. Die Freiheit des Denkens und
Handelns, Gleichheit, Brüderlichkeit und die Würde des Menschen sind
Schlagworte, die der Marquis in Flandern kennen gelernt hat und die sein
leidenschaftliches Handeln motivieren und beeinflussen. Insofern bringt der
Marquis eine neue und ungeahnte Komponente an den von Etikette
eingeschlossenen Hof, an dem ausschließlich Macht, Habgier und Intrigen
das Tagesgeschehen bestimmen.
Der beste Freund des Don Karlos zeigt sich auf den zweiten Blick jedoch
auch kalkulierend, manipulierend, eigenmächtig und sturköpfig, womit Schiller
einen vieldeutigen Charakter angelegt hat. Um seine Ziele und Ideale zu
erreichen, geht der Marquis von Posa auch unmoralische Wege und achtet
z.B. für einen Moment nicht die Freiheit von Don Karlos, als er ihn einsperren
lässt, aus Angst, Karlos infantile Impulsivität könne des Marquis Pläne
zerreißen. Auch ist ihm das Leben der Prinzessin von Eboli nichts wert, als er
bemerkt, wie sie Karlos manipuliert und somit auch die Absichten des Marquis
gefährdet. Dem König gegenüber verhält er sich ebenfalls mephistophelisch
und wickelt den Herrscher mit rhetorisch ausgefeilten Reden um den Finger.
Fast unbemerkt erhält der Marquis somit immer mehr Rechte am spanischen
Hof, die ihn zwar einerseits näher an sein Hauptziel, mit Karlos die flandrische
Revolution zu untermauern, bringen, ihn aber andererseits auch in eine
moralische Zwickmühle drängen und ihm mehrere, teils ungewollte Rollen
aufzwingen. So ist er denn Freund von Karlos, Berater des Königs, Feind der
Intriganten und immer noch erbarmungsloser Idealist, der sein revolutionäres
Ziel bis in den Opfertod hinein nicht aus dem Fokus verliert.
Aus diesem Zwiespalt heraus, zettelt der Marquis gegen Ende des Stückes
einige Verwirrung stiftende Manöver an, die er erst kurz vor seinem Tod
aufklärt. Dadurch gefährdet er das unerschütterliche Vertrauen des Don
Karlos, was dieser zu Beginn in ihn setzte.
Letztendlich macht er den Weg nach Flandern für Karlos jedoch allein frei;
indem er den Verdacht, Karlos sei in die Königin verliebt, auf sich selbst lenkt
und somit auch den Unmut des Königs auf sich zieht, der sogleich den Mord
am Marquis anordnet. Das Ideal des Marquis scheint also mit seiner
Aufopferung zur Durchführung bereit – die Einsicht, dass das
„Leben (…) doch schön“ sei, kommt trotzdem zu spät.
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Rolle und Körperlichkeit
Sicht und Erfahrungen der Schauspieler
König Philipp:
Zur Figur
Ich bin Philipp II., König, eingesetzt von Gottes Gnaden. Ich heiße der
reichste Mann in der getauften Welt; die Sonne geht in meinen Staaten nicht
unter. Die schönste und tugendhafteste Königin gehört mir und meine Macht
ist grenzenlos, denn ich besitze eine unschlagbare Armee.
Doch etwas ist faul im spanischen Staate. Mein Sohn ist irgendwie nicht von
dieser Welt. Ich fürchte fast, dass er wahnsinnig ist, er kriegt nichts auf die
Reihe und ist gewiss nicht das, was man sich als Nachfolger wünscht.
Auch meine Königin verhält sich merkwürdig. Manchmal sind ihre
melancholischen Phasen dergestalt, dass ich fast schon an ihrer Liebe
zweifeln könnte.
Meine wichtigsten Berater Herzog Alba und Pater Domingo triefen beide vor
Machtgier. Sie leisten gute Dienste, doch ist ihre Loyalität nicht über jeden
Zweifel erhaben. Ich muss Vorsicht walten lassen.
Zur Körperlichkeit
Meine Grundhaltung am Hofe ist ziemlich verkrampft. Ich bin immer
aufgerichtet und bewege mich ruhig. Dies soll meinen Status symbolisieren.
Die zwei Finger auf dem Herzen und die Hand auf
dem Rücken kommen dann zum Einsatz, wenn sich der König
zusammennehmen muss oder Befehle erteilt. Es ist eine Art
Regierungshaltung.
Wenn der König fröhlich gestimmt ist, drehen sich die Hände in geführten
Flamencoschlenkern.
Im Verlauf des Stückes bricht meine Figur dieses Muster zunehmend, durch
Ausbrüche aller Art. Der Wille, zu seiner offiziellen Form zurückzufinden,
bleibt; kann jedoch in gewissen Momenten nicht gewahrt werden.
Diese vorgefertigte körperliche Form scheint im ersten Moment unnatürlich,
doch diese Art von Maske trägt fast jeder von uns. Der eine mehr, der andere
weniger. Ausdrücke wie, die Haltung bewahren, tragen - losgelöst vom
militärischen Sinne - eine tiefe Wahrheit. Wenn du in unserer Welt
eine gewisse Form nicht halten kannst, also letztlich durchgehend ungefiltert
ehrlich reagierst, wirst du nicht mehr ernst genommen oder gar als verrückt
erklärt.
Doch wie weit ist diese Form nötig um zu funktionieren und wo engt sie nur
ein und unterdrückt die Persönlichkeit? Das ist eine Frage, die wir uns
spätestens nach diesem Stück stellen sollten.
(Simon Fleischhacker)
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Königin Elisabeth:
Königin Elisabeth von Spanien, ehemals Prinzessin von Frankreich.
Sie verkörpert Wahrheit und Gerechtigkeit.
Königin Elisabeth, eingeengt von der Etikette und den Ansichten des
Königshofs, schafft ihre eigene Welt.
Ich habe der Figur die Grundhaltung “Das Streben nach Freiheit“ gegeben,
die im Konflikt zu der Haltung des Königshofes steht. Sie kann sich dem
allerdings nicht widersetzen und akzeptiert ihre Rolle als Königin. Des
Weiteren weiß sie, dass die Liebe zwischen ihr und dem Prinzen unmöglich
geworden ist.
Sie erträgt die Enge nicht und flüchtet in ihre eigene Welt, hier zeigt sich eine
weitere Grundhaltung „Resignation“, da sie aber ihren moralischen Prinzipien
treu bleibt, ist sie dennoch stark.
Um aber ihren Schmerz zu zeigen, habe ich zunächst einen Menschen
gebaut, der in Harmonie leben will, sich nach Freiheit sehnt, dies aber nicht
ausleben darf.
Ich habe den Schwerpunkt auf die Arme gelegt. Arme die nach etwas greifen
wollen, was weit weg und unmöglich scheint. Sie benutzt ihre Arme um ihre
Gefühle Karlos gegenüber zu unterdrücken und sich zu schützen vor der
Außenwelt.
Die Königin kennzeichnet weiche Bewegung, Bewegung die von Schmerz,
Sehnsucht und Gefühlen geleitet werden.
Die Arme bewegen sich vertikal, manchmal wie eine Blume die blüht,
manchmal wie eine Tür, die sich schließt. Die Arme sind Ausdruck für ihre
Emotionen, Stimmungen und Haltungen.
Da das Regiekonzept ins „Abstrakte“ führt, haben wir durch Improvisationen,
Bewegungsmuster für die jeweiligen Figuren gesucht. Gleich hatte ich bei
meinem Stichwort „Freiheit“ mehrere Assoziationen. Die Arme wollten von
alleine in Bewegung gesetzt werden.
Durch die Enge und den Druck, die auf der Königin lasten, musste ich einen
Ausgleich finden. So war es für mich sehr organisch die Arme einzusetzen
und ihnen den Ausdruck der Freiheit, Harmonie und Gerechtigkeit zu geben.
Probleme kamen mit der Zeit zum Vorschein: Damit die Figur mehr Farbe
bekommt, musste ich die Arme bestimmten Situationen und Gefühlen
anpassen, was mir sehr schwer fiel, da sich meine Arme immer nach dem
Schema bewegten, wie ich es mir angewöhnt hatte.
(Alma Gashi)
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Don Karlos:
Don Karlos ist der Kronprinz von Spanien, der einzige Sohn von König
Philipp. Doch als Vater hat Karlos den Monarchen nie erlebt. Er kennt ihn nur,
als denjenigen, der ihn für seine Vergehen bestraft und ihm seine große Liebe
raubte.
Karlos ist verliebt in die Königin Elisabeth, seine Stiefmutter. Die Liebe zu ihr
treibt ihn an und gibt ihm Kraft, ist aber auch gleichzeitig das, was ihn
verzweifeln lässt. Er ist gefangen in dieser Welt, der hoffnungslosen Liebe
und der Missachtung seines Vaters.
Hoffnung auf seine Liebe sieht Karlos in seinem Jugendfreund Marquis von
Posa, der ihm ermöglicht mit Elisabeth zu sprechen und dadurch Karlos, im
ersten Moment, aus seiner Verzweiflung befreit.
Zur Körperlichkeit
Karlos stampft mit seinem Fuß auf den Boden.
Diese Bewegung habe ich gewählt, um die kindliche Trotzigkeit von Karlos
zum Ausdruck zu bringen. Mit diesem Stampfen möchte Karlos
Aufmerksamkeit, ebenso ist es Ausdruck seiner Wut.
(Philip Blom)
Marquis von Posa:
Marquis von Posa ist ein junger Rebell. Er kommt direkt aus Flandern und
den Niederlanden nach Spanien, um seinen alten Freund Don Karlos dazu zu
bewegen mit ihm nach Flandern zu kommen, um dort die Rebellen zu
unterstützen.
Seine Methoden sind nicht immer ganz nachvollziehbar. Er agiert sehr
zielstrebig und bedacht.
Beim Erarbeiten des Charakters bin ich des Öfteren auf Schwierigkeiten
gestoßen, da mir selbst nach mehrmaligem Lesen der Charakter nicht ganz
klar geworden ist. Das ergibt, zum einen, die Schwierigkeit sich auf nichts
beziehen zu können, zum anderen, die tolle Möglichkeit alles selbst zu
erfinden.
Die Regisseurin und ich haben den Marquis von Anfang an anders gesehen,
als die Personen des Hofes. Er kommt von außerhalb und will mit den
Strukturen am Hof nichts zu tun haben. Deshalb hat er auch keine
körperlichen Abläufe. Er ist einfach er und bewegt sich auch so. Die
Körperlichkeit, die wir ihm gegeben haben, beruht auf seiner inneren Haltung.
Er will verändern und steht deshalb immer unter einer gewissen Anspannung,
die er aber nicht immer zeigt.
(Henry Braun)
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Prinzessin von Eboli
Zur Figur
Die Prinzessin von Eboli ist an den Hof des König Phillip gekommen und
genießt nach der Königin den höchsten Rang unter den Frauen.
Diese Tatsache ist von großer Bedeutung für sie, denn sie ist sehr stolz, liebt
es bewundert zu werden und strebt stets nach Ansehen. Kurz: Sie gibt sich
mit nichts Geringerem zufrieden, als mit dem, was für sie selbst ideal ist.
Das erklärt vielleicht auch ihre Abscheu gegenüber der absehbaren Heirat mit
dem Grafen von Silva, Ruy Gomez. Viel mehr aber ihre Liebe zu Don Karlos.
Denn für den Prinzen hegt sie warme, ehrliche Gefühle. In diesem
verletzlichen Kern der Figur schlummern große leidenschaftliche Emotionen.
Und durch die tiefe Verletzung, die sie im zweiten Akt erfährt, wird sie
schließlich von eben diesen starken Emotionen getrieben und wandelt sich
von der liebenden Fürstin zur hassenden Rivalin, die einen gefährlichen
Racheplan schmiedet, der Don Karlos und Königin Elisabeth zu Grunde
richten soll und bei dem die eigene Tugend keine Rolle mehr spielt.
Zur Körperlichkeit
Die Grundlage für die Körperlichkeit der Prinzessin von Eboli, ist eine
konsequente und betont starre Aufrichtung, fast schon eine Steifheit, des
ganzen Körpers. Diese Haltung drückt einerseits das allgemeine Problem
aller Figuren aus: Zwang, Unfreiheit und das ständige Eingeengtsein durch
die höfische Etikette. Andererseits zeigt es ihren Stolz und daher empfindet
die Figur selbst diese Haltung als durchaus richtig und angenehm.
Für den Ausdruck der individuellen Verfassung meiner Figur, liegt der Fokus
bei mir zusätzlich auf Armen und Händen, bzw. Fingern. Ich bewege sie mit
der Vorstellung die Arme seien zwei Schlangen, meine Hände deren Köpfe
und die Finger ganz plötzlich die Zungen, die unerwartet heraus schnellen
und zischen. Ich bewege sie wie losgelöst und unabhängig von meinem
Körper, was das Gefühl unterstützt, die Schlangen seien Wirklichkeit und
besäßen einen eigenen Willen. Natürlich aber vom Willen der Figur
beherrscht, gehorchen und agieren die „Schlangenarme“ die meiste Zeit als
Komplizen der Eboli. Sie haben in erster Linie beschützende Funktion und
verteidigen den sensiblen, weichen Kern, den die Figur versteckt, in dem sie
Härte, Schärfe und Bosheit nach außen zeigen. Sie sind misstrauische
Beobachter, vielleicht sogar eine Gefahr und können ihr eine bedrohliche
Wirkung geben. Ich kann, mit Hilfe verschiedener technischer Mittel, jede
beliebige Absicht und Emotion der Eboli in meine Arme übertragen. Ist sie
ängstlich, bewegen sich die Schlangen schnell und unkoordiniert. Will sie Don
Karlos verführen, malen ihre Arme geschmeidige Kurven. Bis dahin, dass sie
die Gewalt über sich selbst verliert, die Schlangen nun sie steuern und sie
bedrohlich umschlingen.
Wenn die Figur sich hingegen so sicher fühlt, dass sie sich öffnen kann, dann
lösen sich die Schlangenarme auf, denn das zerbrechliche Innere bedarf
keines Schutzes mehr. Dann ist die Figur privat.
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Erfahrungen/Schwierigkeiten mit der Arbeit
Zu Beginn der Arbeit, hatte ich große Schwierigkeiten mit der abstrakten, in
dieser Form für mich neuen Spielweise.
Wo hört realistisches Spiel auf? Wo beginnt Abstraktes? Was ist eine
abstrakte Bewegung/ Körperlichkeit? Wie etwas steigern, was schon extrem
erscheint? Wie schaffe ich es, das Innere meiner Figur durch abstrakte
Schemen, die das Publikum versteht, nach außen zu kehren?
Vor allem aber, wie ist meine schauspielerische Herangehensweise?
Diese Grenzen auszumachen und auszuloten, für mich dabei einen eigenen
Weg zu finden, die gegebene Form zu bewältigen, stellte sich schon früh als
ein größeres Problem heraus.
Sehr schnell war mir die grundlegende steife Aufrichtung klar, an der sich bis
jetzt nicht viel geändert hat. Aber eine sehr gerade Haltung hat schnell ihr
Extrem erreicht, ist aber noch nicht besonders abstrakt. Immer wieder neue
Bewegungsmuster und -abläufe und weiteres ausprobieren, zum Beispiel die
Möglichkeiten beim Isolieren einzelner Körperpartien, brachten mich nicht
wirklich weiter.
Bis mir plötzlich das Bild der Schlange kam. Dieses Tier fand ich sehr
passend für meine Rolle. Ich suchte Wege es in meine bereits gefundene
Grundkörperlichkeit einzubauen.
Alles weitere konnte ich durch Überlegungen und natürlich weiteres
Ausprobieren herausfinden, und so für die Körperlichkeit ein zunehmend
größeres Spektrum an Möglichkeiten zum abstrakten Ausdruck für die Figur,
entwickeln.
(Annegret Taube)
Graf von Lerma
Die wichtigste Eigenschaft des Grafen von Lerma ist seine Loyalität
gegenüber König Philipp und Don Karlos. Graf von Lerma ist der Oberst der
Leibgarde des Königs und somit für dessen Wohl zuständig. Don Karlos
betrachtet er als den König seiner Kinder und dadurch ist er auch um dessen
Wohl besorgt. Seine Loyalität macht ihn zu einem unwissenden Mitgestalter
der Intrige, da er das Misstrauen gegen Marquis Posa sät.
Zur Körperlichkeit
Die Körperlichkeit fand ich, über den Versuch einen Begriff zur Rolle, wie z.B.
„Zwänge“ oder „Loyalität“ in eine abstrakte Form zu bringen. Außerdem haben
das Ausprobieren, von verschiedenen Bewegungsabfolgen und das Suchen
nach dem Gefühl, bei dem die Bewegungen zur Rolle passen, dann zur
Endversion geführt.
(Lukas Ruben Eickholl)
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Herzogin von Olivarez
Pflicht und Ordnung sind bei ihr ganz groß geschrieben. Irgendjemand muss
sich ja darum kümmern, dass Sitte und Etikette stets gewahrt werden. Da das
an diesem Hof nicht immer der Fall ist, muss die Herzogin bei Zeiten auch
mal hart durchgreifen. Vor allem die eigenwillige Königin bekommt das des
Öfteren zu spüren und wird, wie auch die Prinzessin Eboli, mit der nötigen
Höflichkeit und dem Ton, der einer Adeligen gebührt, zu Sitte und Ordnung
aufgefordert. Wenn auch noch die Pagin, die letzte im Bund der Frauen, zur
Zufriedenheit der Herzogin funktioniert, ist wirklich alles in bester Ordnung.
Das Bewegungsmuster der Herzogin von Olivarez besteht aus klaren Linien
und sorgfältig ausgewählten Wegen, die einer gewissen Ordnung
entsprechen. Keine weichen Bewegungen, sondern alles eckig und kantig,
eben streng. Während des Ganges hebt sich ein Bein und erinnert an den
Stechschritts eines Soldaten im Dienst, denn selbst im Garten, dem
Rückzugort der Frauen, hat die Herzogin die Rolle der Aufpasserin inne. Die
ständige Kontrolle durch die Herzogin drückt sich in Blicken aus, die fast
unaufhörlich über die Runde der Damen schweift. Ist dann tatsächlich alles zu
ihrer Zufriedenheit wird schon mal ein übergroßes "Häckchen" gemacht.
(Eva Koch)
Domingo
Domingo ist der Beichtvater am spanischen Hofe. Er ist die höchste geistliche
Instanz im Königreich und von Rom gesandt. Domingo weiß, durch die
Beichten, der am Hofe lebenden Herren und Damen, gut über sie und ihrer
Geheimnisse Bescheid. Er weiß, sein Wissen für seine Zwecke zu nutzen und
intrigiert, wenn es ihm nutzt.
Durch eine intensive Beschäftigung mit dem Text von Don Karlos und
verschiedenen Improvisationen entstand folgende Haltung der Figur:
Eine gerade Körperhaltung. Beim Gang ein leichtes Mitschwingen der
Oberkörpers. Schnelle Drehungen mit dem gesamten Körper. Scharfe starre
beobachtende Augen. Ein manchmal leicht schräg nach hinten geneigter
Kopf. Die Arme sind angewinkelt am Körper und die Finger sind zu einer Art
Krallen verkrampft.
Die klaren, starren Augen und die schnellen Drehungen mit dem Körper,
zeigen die Beobachtungsgabe und die Intelligenz des Beichtvaters. Sein
leicht schräg nach hinten liegender Kopf zeigt eine gewisse SelbstHerrlichkeit und Überschätzung.
(Marcus Prinzen)
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Herzog von Alba
Herzog von Alba, Befehlshaber des spanischen Militärs und Vertrauter des
Königs, nimmt die Rolle des Intriganten am Hofe ein. Im Zusammenspiel mit
dem Beichtvater Domingo und der Prinzessin Eboli spinnt er eine
folgenschwere Intrige gegen den Infanten Don Karlos.
Alba kämpft für die Erhaltung seiner Rolle im menschenverachtenden Regime
und unterstützt damit die höfischen Machthaber.
Seine Feinde am Hofe sind der Infant Don Carlos und vor allem der neu dazu
gestoßene Marquis von Posa, der für Albas Interessen eine ernstzunehmende
Gefahr darstellt.
Zur Körperlichkeit
Er ist der Oberbefehlshaber der Armee und direkt dem König untergeordnet.
Er ist ein Herzog und hat Dank seiner Verdienste auf militärischer Seite hohes
Ansehen bei seinen Mitmenschen. Er besitzt eine sehr enge Form, was zur
Etikette am Hof gehört. Durch seinen militärischen Hintergrund habe ich
versucht, die Korrektheit und das Steife des Militärs in die Körperlichkeit zu
bringen. Er besitzt sehr klare Linien und Konturen.
Auf der anderen Seite ist er der Intrigant des Hofes. Nun musste ich eine
Körperlichkeit finden, die eben diesen Teil seines Seins verdeutlicht. Da bin
ich während des Arbeitsprozess auf eine interessante Entdeckung gestoßen.
Die Etikette, die der Herzog darstellt, war nicht, wie ich anfangs dachte, sein
wahres Ich, sondern seine intrigante Seite. Deshalb war es umso wichtiger,
die andere Körperlichkeit auszuarbeiten und Brüche zwischen den zwei
jeweiligen Körperlichkeiten einzubauen. Zu dieser Seite kann ich nur sagen,
dass sie sich dementsprechend sehr extrem von der Etikette unterscheidet.
Statt Linien und Konturen und sehr akkuraten Bewegungen habe ich nach
weichen, ja fast tänzerischen Bewegungen gesucht. Es sollte den Spaß und
die Freude an Intrigen versinnbildlichen (eine besondere Leichtigkeit im
Gegensatz zu der Schwere der Etikette).
(Aron Keleta)
Hofdame
Zu Beginn hatte ich ziemliche Schwierigkeiten eine körperliche Ausdrucksform
für die Hofdame zu finden.
Es gibt kaum Informationen zu ihr und so musste ich mir zunächst einmal
selber eine Hintergrundgeschichte, eine Persönlichkeit und ihr größtes
Bestreben ausdenken. Sie ist in der Hierarchie des Hofes die Letzte und
muss immer gehorchen, das führte mich zunächst in eine Sackgasse.
Ich lief auf Zehenspitzen, um ihre Unsicherheit darzustellen. Sie stand ständig
unter großer Anspannung und verhielt sich sehr unterwürfig. Da mir aber nicht
komplett klar war, was ihr Bestreben am Hofe ist, wirkte dies oft seltsam und
war nicht gefüllt. Durch diese Unsicherheit wirkte die Figur sehr privat.
Eine Woche vor der öffentlichen Probe im Januar, warf ich meine
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Körperlichkeit noch einmal um. Mit Hilfe der Tänzerin und Dozentin Heidi
Schnirch, entwickelte ich eine Körperhaltung, die zugleich gerade und
trotzdem weich in der Bewegung war und somit auch ihre menschliche Seite
zeigte.
So hält sich die Hofdame aufrecht, läuft in geraden Strecken und wenn sie um
eine Kurve geht, führt ihr Knie die Bewegung an.
Da es ihr größtes Bestreben ist, immer besser zu werden, um am Hof
aufzusteigen, beobachtet sie sehr viel, läuft deshalb langsam, um alles
mitzubekommen und ahmt die Bewegungen der Frauen am Hofe,
hauptsächlich die der Eboli und Olivarez, nach.
(Katharina Binder)
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Spielerische Vor- und Nachbereitung
Warm - Up / Aufwärmspiele
Ziele dieser Übungen:
Aufwärmen des Körpers (Vorbeugung von Verletzungen)
Ankommen im Raum
Zusammenführen der Gruppe (Gruppendynamik)
Gelenktanz (mit oder ohne Musik)
- Alle Spieler verteilen sich im Raum.
- Die Spieler bewegen (zu der Musik) zuerst nur die Füße, der Rest des
Körpers bewegt sich nicht.
- Zu den Füßen kommen nun die Knie dazu
- Nacheinander setzen dann das Becken/Hüfte, die Finger, die Hände, die Arme und dann der
Oberkörper ein.
- Als letztes kommt der Kopf dazu.
- Es bewegt sich nun der ganze Körper, die Bewegungen sind fließend und
abstrakt.
- Es kommt darauf an, dass sich die Teilnehmer permanent bewegen, der
Fokus liegt dabei auf den genannten Körperteilen.
- Die Spieler dürfen sich dabei durch den ganzen Raum bewegen.
- Die Spieler gehen in der Bewegung zu zweit zusammen
- Spieler A bewegt sich, Spieler B schaut zu und setzt sofort wieder ein, wenn
Spieler A aufhört , er reagiert auf dessen Bewegungen
- Es entsteht Kommunikation
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Konzentrations-Übungen
Ziele dieser Übungen:
Aufmerksamkeit (Konzentration) aufbauen
Kopf frei machen
Arbeitsatmosphäre schaffen
Standzentrierung
Ziele dieser Übung:
− Bei sich ankommen
− Zur Ruhe kommen
− Konzentration
− Diese Übung wird Schritt für Schritt vom Spielleiter angeleitet
− Die Spieler stehen, die Füße hüftbreit und parallel zueinander im Kreis
(Überprüfung: wenn man in die Knie geht und diese dann genau über den
großen Zehen sind, ist die Fußstellung richtig)
− Die Knie sind durchlässig, das heißt, nicht durchgedrückt sondern locker.
Dennoch sollte der Stand stabil sein
− Das Becken zieht schwer nach unten (Kontrolle: Vor und Zurückkippen um
den Schwerpunkt zu spüren)
− Der Oberkörper ist aufgerichtet, die Arme hängen schwer und entspannt zu
den Seiten herab
− Nun stellen die Spieler sich vor, an ihrem Scheitelmittelpunkt ist ein
unsichtbarer Faden befestigt, welcher den Kopf aufrichtet, das heißt nach
oben zieht (Der Faden kann in der Vorstellung an der Decke festgeknotet
werden)
− Die Spieler schließen die Augen und spüren, wie sich ihre Füße mit dem
Boden verwurzeln. Kein Wind kann sie mehr umwerfen
− Mit jedem Ausatmen schicken sie mehr von ihrem (gefühlten) Gewicht durch
die Beine in den Boden (darauf achten, dass die Aufrichtung des Körpers
bleibt)
− Nun verlagern sie das Gewicht ihres Oberkörpers (Füße bleiben fest
verwurzelt) einen Millimeter nach vorn, nach ein paar Sekunden wieder in die
Mitte zurück
− Dann verlagern sie den Oberkörper einen Millimeter nach hinten, nach ein
paar Sekunden wieder in die Mitte zurück
− Und das Gleiche dann auch nach rechts und links
− Wieder in der Mitte angekommen, geben sie mit der nächsten Ausatmung
noch einmal alles Gewicht in den Boden ab
− Nachspüren und in dieser Konzentration langsam die Augen öffnen
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YOU-Kreis
- Alle Spieler stehen im Kreis
- Der Spielleiter beginnt, sagt "You" und gibt gleichzeitig das „You“ durch
Blickkontakt und einer klaren Zeigebewegung (ein Ausstrecken des Armes
und dabei leicht in die Knie gehen) zu einem im Kreis stehenden Spieler
weiter
- Hat ein Spieler das "You" einmal gehabt, so legt er sich die Hand auf den
Kopf, damit jeder weiß, dass dieser Spieler schon dran war
- So wird die erste Reihenfolge festgelegt, in der jeder Spieler einmal das
"You" bekommt
- Der Letzte gibt das „You“ wieder an den Spielleiter zurück und die Hand
kann nun wieder vom Kopf genommen werden
- Es sollte diese "You-Reihenfolge" einige Runden wiederholt werden, in
denen die Geschwindigkeit immer schneller wird
- Nach dem gleichen Prinzip wird eine neue, zweite Reihenfolge festgelegt, in
der jeder Spieler z. Bsp. eine Stadt nennt (wichtig: es sollten nicht dieselben
Personen wie in der ersten Reihenfolge hintereinander sein und keine
Wiederholung eines Städtenamens erfolgen!)
- Auch diese zweite „Stadt-Reihenfolge“ sollte einige Runden durchlaufen, bis
sie schnell weitergegeben werden kann
- Dann gibt der Spielleiter beide Reihenfolgen kurz nacheinander in den Kreis,
so dass beide gleichzeitig durchlaufen
- Funktioniert dies ganz gut, kann man auf die selbe Vorgehensweise eine
dritte Reihenfolge z. Bsp. mit Tieren oder Obst dazu nehmen
- Wichtig: Ist ein Spieler nicht aufmerksam, sollte das Kommando nicht
ständig wiederholt und das Spiel damit abgebrochen werden, sondern diese
Reihenfolge geht dann einfach verloren und wird vom Spielleiter neu
eingesetzt
Gemeinsames Klatschen
- Alle Spieler stehen im Kreis
- Der Spielleiter sucht sich per Blickkontakt jemanden aus, dem er
zuklatschen möchte
- Der ausgewählte Spieler und der Spielleiter müssen gemeinsam klatschen
- Nun sucht sich der Spieler einen neuen Klatschpartner und so weiter
- Man sollte darauf bestehen, dass die beiden Personen, die an der Reihe
sind, wirklich gemeinsam und nicht versetzt klatschen
- Während der ganzen Übung darf nicht gesprochen werden
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Wahrnehmungs- und Vertrauens Übungen
Ziele dieser Übungen:
neues erfahren/kennen lernen der Umgebung bzw. Mitspieler
aufeinander einlassen
Führen und Folgen
- Es werden zweier Paare gebildet und ausgemacht wer A und wer B ist
- A legt die Unterseite seines Zeigefingers auf die Unterseite des Zeigefingers
von B.
- Die beiden Finger dürfen nicht miteinander verhakt werden.
- B schließt die Augen
- A führt B durch den Raum.
- A lässt B Gegenstände und den Raum ertasten.
- Dann werden die Rollen getauscht.
- Es sollte während der ganzen Übung nicht gesprochen werden
- Anschließend bietet sich eine Reflektion mit der Gruppe an.
Hände wieder finden
- Es werden zweier Paare gebildet und ausgemacht wer A und wer B ist
- Beide schließen die Augen und ertasten die Hände des anderen
- Man sollte sich genügend Zeit nehmen, um sich die Merkmale der Hand gut
einzuprägen
- Anschließend öffnet A die Augen (B lässt sie weiterhin geschlossen) und
stellt sich an einen anderen Platz im Raum
- B muss nun versuchen seinen Partner wieder zu finden
- Haben sich A und B gefunden, halten sie sich solange an den Händen, bis
alle Paare wieder vereint sind
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Zur Vor- und/oder Nachbereitung
Höfische Etikette
- Alle Spieler laufen durch den Raum, so, wie sie immer laufen
- Der Spielleiter klatscht und alle bleiben genau in ihrer jetzigen Position
stehen; sie frieren ein
- Alle laufen weiter, wenn der Spielleiter erneut klatscht
- Die Spieler dürfen ausprobieren, wie man an einem Königshof läuft, je nach
ausgewählter Position (König, Hofdame usw.)
- Der Spielleiter kann nach Belieben verschiedene Situationen am Hofe
erfinden, in denen die Spieler in ihrer entsprechenden Position reagieren
müssen:
− begegnet und begrüßt eich
− der König hat zum Hofball geladen usw.
- Zwischendurch kann der Spielleiter immer wieder klatschen und die Spieler
müssen einfrieren oder ein Standbild zur gegebenen Situation am Hofe finden
Statuenbau
- Die Gruppe wird aufgeteilt
- Es gibt einen Statuenbauer, der Rest der Gruppe sind Statuen
- Der Statuenbauer baut eine ausgewählte Szene nach, in dem er mit den
restlichen Personen ein Standbild erzeugt, dass den Inhalt der Szene
widerspiegelt
- Der Statuenbauer muss sehr vorsichtig mit seinem Material umgehen, damit
sich niemand verletzt
- Wenn das Standbild fertig ist, können, wenn nötig, die Zuschauer
korrigieren, wenn sie glauben, dass dadurch die Szene noch deutlicher wird
- Sobald das Standbild fertig ist, klatscht der Statuenbauer und das Standbild
wird zum Leben erweckt
- Die Statuen dürfen, ohne dass sie sich an original Text halten, oder alles
genau wissen, die Szene improvisieren
- Eventuell muss man zwischendurch nochmal unterbrechen, um kurz
Situation und Rolle zu besprechen
-Wichtig ist hierbei die Reflektion am Ende:
erst nach dem gesehenen fragen
dann auf den Inhalt eingehen
diejenigen, die gerade gespielt haben, sowie der Stautenbauer, dürfen
sich am Schluss dazu äußern
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Quellen
Literaturhinweise (knappe Auswahl)
N.,N. (Hg.): Deutsch Interpretationshilfe. Stark, Freising 2000
N.,N. (Hg.): Mentor Lektüre Durchblick, Don Karlos. Mentor Verlag,
München 2009
N.,N. (Hg.): Königs Erläuterung. C.Bange Verlag, Hollfeld 2005
N.,N. (Hg.): Erläuterungen und Dokumente, Friedrich Schiller, Don Karlos.
Reclam Verlag, Stuttgart
N.,N. (Hg.): Schiller für Eilige. Aufbau Verlag, Berlin 2009
N.,N. (Hg.): Friedrich Schiller. UTB-Verlag, Stuttgart 2005
Wolfgang Beutin (Hg.): Deutsche Literaturgeschichte, Von den Anfängen bis
zur Gegenwart. Metzler Verlag, Stuttgart 2001
N.,N. (Hg.): Deutsch Interpretation, Don Karlos. Oldenbourg R. Verlag,
München 2008
N.,N. (Hg.): Lektüreschlüssel Friedrich Schiller, Don Karlos. Reclam Verlag
Berlin 2004
Matthias Luserke-Jaqui(Hg.): Schiller Handbuch. Metzler Verlag,
Stuttgart 2005
Kant, Immanuel; Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung.
http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=1366&kapitel=1#gb_found
Stand: 15.09.2009
Schiller, Friedrich; Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet
http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=2399&kapitel=1#gb_found
Stand: 15.09.2009
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Spielzeit 2009/2010
Redaktion und Layout
Friederike Hartung
Katharina Binder
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Mit Beiträgen von:
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