Beispielhafte Lösungen zur Aufgabe A.1 (Aufgabenblatt 9) (A.1.i) Das Prinzip “Actio = Reactio” besagt: In einem Teilchensystem (N Teilchen) ist die Summe der inneren Kräfte (die die Teilchen gegenseitig aufeinander auswirken) gleich 0: N X F~ I(n) = ~0 n=1 Dabei ist F~ I(n) die Kraft, die von den übrigen Teilchen auf das n-te Teilchen ausgeübt wird. Die inneren Kräfte sind meist 2-Teilchenkräfte, d.h. F~ I(n) = N X F~ I(n)k n6=k, k=1 mit F~ I(n)k = Kraft, die das k-te Teilchen auf das n-te Teilchen ausübt. In diesem Fall nimmt das Prinzip “Actio = Reactio” die Form F~ I(n)k = −F~ I(k)n an. Anwendung: In einem abgeschlossenen System (d.h. es wirken keine äußeren Kräfte), in dem (nur) 2-Teilchen-Kräfte wirken, gilt die Erhaltung des Gesamtimpuls. Darauf beruht z.B. der Raketenantrieb: Die Änderung des Impulses der auströmenden Antriebsgase (durch den Verbrennungsprozess) entspricht einer Impulsänderung der Rakete mit dem zur Zeit verbleibenden Treibstoff. (A.1.ii) Eine Transformation der Form ~x t 7→ ~x0 t0 = T(D,w, ~ ~ k) ~x t := D~x + tw ~ + ~k t wird als Galilei-Transformation bezeichnet. Sie ist gekennzeichent durch eine orthogonale Drehmatrix D, einen Geschwindigkeitsvektor w ~ und einen Verschiebungsvektor ~k. Dabei sind (~x, t)T die räumlichen und zeitlichen Koordinaten eines Ereignisses bzgl. eines Inertialsystems (P, ~e1 , ~e2 , ~e3 , t) und (~x 0 , t0 )T die Raum- und Zeitkoordinaten desselben Ereignisses bezgl. eines weiteren Inertialsystems (P 0 , ~e1 0 , ~e2 0 , ~e3 0 , t). Die Galilei-Transformation drückt aus, dass sich das gestrichene Inertialsystem bezogen auf das ungestrichene mit konstanter Geschwindigkeit (−DT w) ~ bewegt, die Koordinatenachsenvektoren des gestrichenen Intertialsystems gegenüber dem ungestrichenen fest verdreht sind (durch die Drehung DT ) und der Koordinatenursprung des gestrichenen Inertialsystems gegenüber dem ungestrichenen verschoben ist (um −DT ~k). Die Galilei-Transformationen beschreiben, wie beliebige Inertialsysteme (orthonormiert, mit gleichem zeitnormal und synchronisiert) miteinander in Beziehung stehen und wie die Koordinaten eines Ereignisses bzgl. eines gegebenen Inertialsystems auf die Koordinaten bzgl. eines anderen Inertialsystem umgerechnet werden. Die Galilei-Transformationen bilden eine Gruppe unter der Komposition von Abbildungen, die Galilei-Gruppe. (A.1.iii) Die Trägheitskräfte auf ein Teilchen mit Masse m infolge der Rotation eines Bezugssystems, das mit Winkelgeschwindigkeit ω ~ 0 (ausgedrückt in den 1 2 Koordinaten des Bezugssystems) gegenüber einem Inertialsystem rotiert, sind: − mω ~˙ 0 × ~r 0 Führungskraft − 2m~ ω 0 × ~r˙ 0 0 0 Corioliskraft − m~ ω × (~ ω × ~r 0 ) Zentrifugalkraft Dabei ist ~r 0 der Koordinatenvektor des Teilchens und ~r˙ 0 der Geschwindigkeitsvektor bzgl. des Bezugssystems. Die Führungskraft tritt auf, wenn die Rotation des Bezugssystems sich zeitlich ändert. Auf diesem Prinzip beruhen Trägheitsnavigationsinstrumente. Die Corioliskraft beschreibt die Geschwindigkeitsänderung des Teilchens aufgrund der Rotation des Bezugssystems. Dies tritt z.B. auf, wenn auf der nördlichen oder südlichen Erdhalbkugel Luftmassen entlang der Nord-Süd-Richtung strömen und aufgrund der Erdrotation in westliche oder östliche Richtung abgelenkt werden. Dies führt dann zu einer Zirkulationsbewegung der Luftmassen, besonders um ein Tiefdruckgebiet, und führt z.B. zur Ausbildung großer Wirbelstürme wie Hurricans. Die Zentrifugalkraft ist die Kraft, die die Abweichung der momentanen Bahnkurve des Teilchens (wenn man sie im Inertialsystem als kräftefreie Bahnkurve mit den momentanen Anfangsdaten fortsetzen würde) von der Rotationsbewegung des Bezugssystems beschreibt. Sie wird z.B. von Mitreisenden in Fahr-/Flugzeugen verspürt, die eine Kurvenbewegung vollführen (in Form der entgegengesetzen Zentripetalkraft, die den Mitreisenden die Bewegung des Fahr-/Flugzeugs aufprägt). (A.1.iv) Ein Teilchensystem bestehe aus Massen m1 , . . . , mN , und zwischen den Teilchen sollen konservative, zentrale 2-Teilchenkräfte wirken. Wenn das Teilchensystem abgeschlossen ist, d.h. dass keine äußeren Kräfte wirken, dann gelten die folgenden Erhaltungssätze in jedem (beliebig gewählten) Inertialsystem: PN • Erhaltung der Gesamtmasse M = n=1 mn : dM/dt = 0 PN • Erhaltung des Gesamtimpuls P~ = n=1 mn~r˙(n) : dP~ /dt = ~0 ~ = PN mn~r(n) × ~r˙(n) : • Erhaltung des Gesamtdrehimpuls L n=1 ~ dL/dt = ~0 PN m • Erhaltung der Gesamtenergie E = T +V = n=1 2(n) ||~r˙(n) ||2 +U (~r(1) , . . . , ~r(n) ): dE/dt = 0 Dabei steht ~r(n) = ~r(n) (t) für die Position des n-ten Teilchens entlang seiner Bahnkurve zur Zeit t, ~r˙(n) = ~r˙(n) (t) für dessen Geschwindigkeit (zur Zeit t), und V = U (~r(1) , . . . , ~r(n) ) bezeichnet das Gesamtpotential (festgelegt bis auf eine freie Konstante) zu den Kräften zwischen den Teilchen.