Besitzerinformation: Wissenswertes über BHV Besitzerinformation: Wissenswertes über BHV Welche Bedeutung hat BHV1 ? Infektionen mit dem Bovinen Herpesvirus Typ 1 (BHV1) bei Rindern führen zu hohen wirtschaftichen Verlusten in der Milch- und Fleischproduktion. Diese werden durch Atemwegserkrankungen, Leistungsminderungen, Störungen der Fruchtbarkeit sowie Todesfälle verursacht. Das BHV1 löst verschiedene Krankheitsbilder aus. Heute steht die respitatorische Form (Infektiöse Bovine Rhinotracheitis, IBR) im Vordergrund. Dagegen spielt die genitale Form (Infektiöse Pustuläre Vulvovaginitis, IPV) und Infektiöse Pustuläre Balanopostitis, IBP) auf grund der weiten Verbreitung der künstlichen Besamung nur eine geringe Bedeutung. Die BHV1 Infektion gehört zu den anzeigepflichtigen Tierseuchen. Sie wird in Deutschland nach der „Verordnung zum Schutz der Rinder vor einer Infektion mit dem Bovinen Herpesvirus Infektion Typ 1 (BHV1 VO)“ bekämpft. Wie erfolgt die Übertragung und Ausbreitung ? Bei der IBR handelt es sich um eine grippeähnliche Erkrankung der Atemwege, die mit Fieber, Fressunlust und Abgeschlagenheit einhergeht. Die Übertragung des Virus erfolgt durch kleine Tröpfchen, die in der Luft schweben (aerogen). Diese geht von klinisch kranken oder in der Inkubation befindlichen Tieren aus. Auch können Tiere Virus ausscheiden, die eine (ggf. symptomlose) Reaktivierung (s. unten) durchmachen. Belebte und unbelebte Vektoren haben bei der Übertragung ebenfalls eine Bedeutung. Nach der Inkubationszeit kommt es zu einer starken Virusvermehrung in den Zellen der befallenen Atemschleimhäute. Die Ausscheidung des Virus hält 2 bis 3 Wochen an und erfolgt mit Nasen- und Tränensekret sowie dem Speichel. Dann breitet sich das Virus über das Blut, Nervenbahnen und von Zelle zu Zelle aus. Durch diese Verbreitung gelangt das Virus in die Gebärmutter mit Eihäuten und Frucht sowie Eierstöcke und Euter. Deshalb können neben Umrindern und Zyklusstörungen auch Aborte und Totgeburten sowie Euterentzündungen auftreten. Was ist an der BHV1 Infektion so besonders ? Nach einer ersten Vermehrung wandert das Virus über Nervenfasern in einen Nervenknoten oder in ein regionales Lymphgewebe. Das Überstehen einer BHV1 Infektion führt zu einer Immunität. Diese beruht auf Antikörpern und zellvermittelten Abwehrkräften. Die Immunität geht mit einer verborgenen Anwesenheit des Erregers in dem og. Nervenknoten einher. Dieser Zustand ist äußerlich unauffällig und kann nur durch Blutuntersuchungen (serologische Untersuchung) diagnostiziert werden. Dieser Zustand wird als Viruslatenz bezeichnet. Das im Latenzstadium verharrende BHV1 kann bei entsprechender Belastung wieder aktiviert und ausgeschieden (=reaktiviert) werden. www.intervet.de 1/2 07/2004 Besitzerinformation: Wissenswertes über BHV Derart latent BHV1 infizierte Tiere reagieren in der Blutuntersuchung in der Regel BHV1 positiv. Ausnahmsweise kann auch eine negative Reaktion auftreten. Dieses Ergebnis ist jedoch falsch und kann zu Rückschlägen in der Bekämpfung führen. Welche äußerlich erkennbaren Anzeichen gibt es ? Durch die Infektion der oberen Luftwege mit BHV1 kommt es zu einer Beeinträchtigung der Abwehrkräfte und Lungenfunktion. Dadurch ist die Widerstandskraft der Schleimhäute gegenüber weiteren Infektionen mit Pasteurellen, Mykoplasmen, Parainfluenza 3 und BVD vermindert. Aufgrund der unterschiedlichen Sekundärinfektionen und der jeweiligen Abwehrlage der Tiere variiert das äußerlich erkennbare Bild der IBR. Zu den typischen Anzeichen gehören plötzlich einsetzende Fressunlust, Milchrückgang, hohes Fieber sowie Nasenausfluss, Tränenausfluss, Speicheln und Niedergeschlagenheit. Darüber hinaus sind die Tiere lichtscheu und haben eine gerötete („Red Nose Disease“) und geschwollene Bindehaut sowie Schleimhäute von Flotzmaul und Naseneingang. Manchmal sind grauweißliche Flecken zu erkennen. Mitunter besteht auch mäßiger bis kräftiger Husten. Die Atmung ist oberflächlich, die Atemfrequenz erhöht. Bei Belastung kann Atemnot auftreten. Aborte treten meist im 6. bis 8. Trächtigkeitsmonat und zwar erst 1 bis 3 Monate nach der klinischen Erkrankung auf. Neugeborene Kälber können bereits in der Gebärmutter infiziert worden sein. Wie erfolgt die Bekämpfung ? Grundsätzlich basiert die Bekämpfung auf zwei unterschiedlichen Vorgehensweisen. Das Selektionskonzept (Auswahl) sieht die Erkennung und Abschaffung BHV1 positiver Rinder ohne Impfung vor und erlaubt nur in Ausnahmefällen die Impfung der Tiere. Dieses Konzept wird von Bundesländern mit einer geringen BHV1 Häufigkeit befolgt. Dagegen versuchen Länder mit einer hohen BHV1 Durchseuchungsrate, das Virus mit Hilfe des Markerkonzeptes aus den Beständen zu verdrängen. Dabei werden die Bestände mit sog. Markerimpfstoffen gegen BHV1 geimpft. Der Einsatz dieser markierten Impfstoffe macht es möglich, die nach einer Impfung gebildeten Antikörpern von denen zu unterscheiden. die sich nach einer Infektion mit einem Feldvirus bilden. Diese markierten Impfstoffe stellen einen wesentlichen Bestandteil der heutigen Sanierungsmassnahmen dar. Was sind Lebend- und was sind Totimpfstoffe ? Grundsätzlich wird bei den BHV1 Impfstoffen zwischen Lebendimpfstoffen und Totimpfstoffen unterschieden. Lebendimpfstoffe enthalten einen infektiösen aber abgeschwächten (= attenuierten) BHV1 Stamm. Dieser kann sich im Wirtstier vervielfältigen, löst aber keine Erkrankung aus. Da Lebendimpfstoffe vermehrungsfähig sind, können sie www.intervet.de 2/2 07/2004 Besitzerinformation: Wissenswertes über BHV auch über die Nase (= intranasal) verabreicht werden. Sie haben den Vorteil, dass sie auch zur Notimpfung dienen können, um eine weitere Ausbreitung im Bestand zu verhindern. Bei intranasaler Verabreichung tritt bereits innerhalb von einigen Stunden eine örtliche Immunität ein. So können auch junge Kälber mit noch vorhandenen maternalen Antikörpern wirksam geimpft werden. Bei Totimpfstoffen ist das Impfvirus dagegen nicht vermehrungsfähig (inaktiviert). Sie sollten deshalb auch nicht zur Notimpfung eingesetzt werden. Bei der Herstellung von Totimpfstoffen werden die Viruspartikel durch Chemikalien abgetötet. Die Verabreichung erfolgt unter die Haut (= subkutan) um unerwünschte lokale Reaktionen zu vermeiden. Inaktivierte Totimpfstoffe schützen vor klinischen Erkrankungen. www.intervet.de 3/2 07/2004