- 1 - Der Nachthimmel im Juni 2016 Zu den mit bloßem Auge sichtbaren Planeten: Merkur steht am 5. in größter westlicher Elongation. Trotz eines Winkelabstandes von 24°11' kommt es in unseren Brei ten nicht zu einer Morgensichtbarkeit. Südlich von 42° nördliche r Breite kann man den sonnennächsten Planeten jedoch in der Morgendämmerung erspähen. Die Merkurhelligkeit beträgt am 5. nur 0,4m, nimmt aber dann schnell zu. Bis zur Dichotomie am 11. erreicht sie 0,0m. Merkur eilt der Sonne rechtläufig nach und kommt ihr bis Ende Juni bis auf 7,5° nahe. In der ersten Juliwoche wir d die obere Konjunktion erreicht. Venus holt die Sonne am 6. im Sternbild Stier ein und steht an diesem Tag kurz vor Mitternacht in oberer Konjunktion mit ihr. Da sie wenige Stunden später am 7. ihren aufsteigenden Knoten passiert, befindet sie sich zur oberen Konjunktion bereits fast in der Ekliptik (Erdbahnebene). Somit wandert sie hinter der Sonne vorbei, es kommt daher zu einer Venusbedeckung durch die Sonne. Ein solches Ereignis bleibt mit den Mitteln der Amateurastronomie allerdings unbeobachtbar. Letztmals verschwand Venus am 9. Juni 2008 hinter der Sonne. Das nächste derartige Ereignis findet am 3. Juni 2024 statt. Mars stand im letzten Drittel des Vormonats in Opposition zur Sonne. Der rote Planet wandert rückläufig durch das Sternbild Waage. Zum Monatsende wird er stationär. Damit beendet er seine Oppositionsperiode, was auch an der stark zurückgehenden Helligkeit deutlich wird. Sie sinkt im Laufe des Juni von –2,0m auf –1,4m ab. Damit gehört Mars aber immer noch zu den auffälligen Gestirnen am Nachthimmel. Aus der zweiten Nachthälfte zieht sich Mars allmählich zurück. Am 1. geht der rote Planet um 3h 36m (= 4h 36m Sommerzeit) unter. Am 15. erfolgt sein Untergang um 2h 26m und am 30. bereits um 1h 21m. Die scheinbare Größe des Planetenscheibchens geht auf 16" zurück. Am 17. ergibt sich gegen 23h (Mitternacht Sommerzeit) ein netter Himmelsanblick. Über dem Südhorizont sind Mond, Mars, Saturn und Antares im Skorpion relativ nahe beieinander zu sehen. Heliozentrischer Anblick des inneren Planetensystems im zweiten Jahresviertel 2016. Eingetragen sind die Positionen der inneren Planeten für den 1. April (4), 1. Mai (5), 1. Juni (6) und 1. Juli (7). Der zunehmende Halbmond zieht am 11. Juni an Jupiter vorbei. Fernglasanblick gegen 22h MEZ (= 23h MESZ) bei 5° Gesichtsfelddurchmesser . Der topozentrische Abstand dieser Konjunktion von Jupiter mit dem Mond beträgt für unsere Breite (50° Nord) aller dings 2,2°. Saturn steht am 3. im Sternbild Schlangenträger in Opposition Anblick des mitternächtlichen Südhimmels am 17. Juni gegen 23h MEZ (= 24h MESZ). Die Planeten Mars, Saturn und der fast volle Mond beherrschen die Himmelsszene. Jupiter, wieder rechtläufig im Löwen, ist Planet der ersten Nachthälfte. Der Riesenplanet verlegt seine Untergänge von 1h 23m (= 2h 23m Sommerzeit) am 1. auf 0h 30m am 15. und auf 23h 30m Ende Juni. Die Jupiterhelligkeit geht leicht um 0,1m auf –1,9m zurück. Im Fernrohr erscheint das Jupiterscheibchen etwas kleiner als zur Oppositionszeit. Am Monatsende beträgt der scheinbare Äquatordurchmesser des Planetenscheibchens 34,2’’ und der scheinbare Poldurchmesser 32,1’’. Am Abend des 11. zieht der zunehmende Halbmond etwa 1,5° südlich an Jupiter vorbei. zur Sonne. Somit ist der Ringplanet die gesamte Nacht am Sternenhimmel vertreten. Am Oppositionstag geht der 0,0m helle Saturn um 19h 59m (= 20h 59m Sommerzeit) auf, kulminiert in der Oppositionsnacht um 0h 20m und sinkt morgens um 4h 38m unter die südwestliche Horizontlinie. Wegen seiner südlichen Position erreicht Saturn bei seinem Meridiandurchgang nur eine bescheidene Kulminationshöhe von gut 19°. Am Tag der Opposition erreicht Saturn seine geringste Entfernung von der Erde in diesem Jahr. Am 3. trennen ihn 1.348 Millionen Kilometer von uns, das sind 9,01 AE (Astronomische Einheiten = mittlere Entfernung Erde - Sonne). Das Licht von Saturn ist damit eine Stunde und 15 Minuten zur Erde unterwegs. Im Teleskop erkennt man die deutlich abgeplattete Saturnkugel, deren scheinbarer Äquatordurchmesser 18,4’’, der Poldurchmesser 16,8’’ beträgt. Der mit 26,0° weit geöffnete Saturnring hat eine Längsausdehnung von 41,8’’ und einen Querdurchmesser von 18,4’’. Zurzeit blickt man auf die Nordhalbkugel des Ringplaneten und auf die Nordseite des Saturnrings. - 2 - Der Vollmond besucht am 19. den Ringplaneten, wobei er ihn in 3° nördlichem Abstand passiert. Der Vollmond begegnet dem Ringplaneten am 19. Juni. Fernglasanblick gegen 2h MEZ (= 3h MESZ) bei 5° Gesichtsfelddurchmesser. Der Mond zieht an Saturn vorbei 18. Jun. 21h MEZ 19. Jun. 3h MEZ Bis Ende Juni nimmt die Saturnhelligkeit wieder auf 0,2m ab. Am 30. geht der Ringplanet bereits um 2h 45m (= 3h 45 m Sommerzeit) unter. Der Fixsternhimmel Der Bootes mit dem kräftig leuchtenden Arktur steht unübersehbar hoch im Süden; der Ochsentreiber oder Rinderhirt beherrscht die Himmelsszene. Er gilt als Leitsternbild des Frühsommers. Der Große Wagen hat den Meridian längst durchschritten und befindet sich im Abstieg. Ihm gegenüber findet man das Himmels-W, die Kassiopeia, nahe dem Horizont. Kassiopeia und Großer Wagen sind bei uns zirkumpolar, das heißt, sie gehen niemals unter. Die Westhälfte des Firmaments wird noch von den Frühlingssternbildern geprägt. Weit im Westen ist der Löwe zu sehen. Sein großes Sternentrapez steht schräg zum Horizont, so als ob sich diese Raubkatze auf eine imaginäre Beute stürzen wollte. Im Südostteil des Löwen an der Grenze zur Jungfrau glänzt der Riesenplanet Jupiter. Das Feld im Südwesten gehört der Jungfrau. Ihr Hauptstern Spica strahlt in einem bläulichen Licht. Mit 260 Lichtjahren Entfernung ist Spica einer der weiter entfernten Sterne erster Größe. Der Jungfrau folgt im Tierkreis die Waage. In der Waage leuchtet gegenwärtig unübersehbar der rote Planet Mars. Arktur, Spica und Regulus im Löwen bilden das Frühlingsdreieck. Noch ist es hoch im Südwesten zu sehen. Unübersehbare Sommersternbilder In der östlichen Himmelshälfte hingegen kündigt sich die heiße Jahreszeit an. Das Sommerdreieck ist inzwischen vollständig aufgegangen. Es setzt sich aus folgenden drei Sternen zusammen: Wega in der Leier, Deneb im Schwan und Atair im Adler. Auf der Verbindungslinie Arktur - Wega findet man die Krone und den Herkules. Sie stehen gegenwärtig recht hoch über dem Horizont und sind daher leicht zu erkennen. Dies gilt natürlich nur, wenn der Himmelshintergrund einigermaßen dunkel ist, was leider heutzutage immer seltener der Fall ist. Südlich des Herkules dehnt sich der Schlangenträger mit der Schlange aus, die inzwischen zur Gänze über dem Horizont steht. Im Schlangenträger fällt in diesem Jahr Saturn als heller Lichtpunkt auf. Tief im Südosten schleppt sich gerade der Skorpion über die Horizontlinie. Sein roter Hauptstern Antares wird gelegentlich mit dem Planeten Mars verwechselt, denn Antares steht ebenfalls nahe der Ekliptik und gleicht farblich dem roten Planeten. Jedoch funkelt Antares meist infolge der Luftunruhe, während Mars in ruhigem Licht strahlt. Dies kann man in diesem Sommer leicht erkennen, steht doch Mars nicht allzu weit entfernt von Antares. Wer im Gebirge bei dunklem Himmel und guter Durchsicht beobachtet, kann den horizontnahen sommerlichen Teil der Milchstraße erspähen. Ihr Lichtband zieht sich von Südosten durch die Sternbilder Adler, Schwan, Kassiopeia und Fuhrmann nach Nordwesten. Das Sternbild Nördliche Krone (Corona Borealis) An Sommerabenden lässt sich das kleine, aber sehr einprägsame Sternbild Nördliche Krone leicht finden: Ein Halbkreis von schwächeren Sternen, von denen einer durch seine Helligkeit hervorsticht. Dieser Sternenhalbkreis liegt auf der Verbindungslinie Arktur - Wega in der Nachbarschaft von Arktur. Die lateinische Bezeichnung für die Nördliche Krone lautet Corona Borealis, die internationale Abkürzung CrB. Gemäß der klassischen Mythologie gehört die Nördliche Krone zum Sagenkreis um Theseus, dem legendären König der Landschaft Attika und der Stadt Athen. Theseus ist der Sohn des Meeresgottes Poseidon und der Königstocher Aithra. Theseus kommt als junger Held nach Athen und will die Einwohner von einem grausigen Tribut befreien: Alle neun Jahre müssen auf Forderung König Minos von Kreta sieben Jünglinge und sieben Mädchen dem schrecklichen Ungeheuer Minotaurus geopfert werden. Der Minotaurus, ein Fabelwesen halb Mensch, halb Stier, bewohnt die tausend Irrgänge des Kretischen Labyrinths. Theseus schifft sich mit den unglücklichen Opfern nach Kreta ein. Auf dem Weg nach Kreta gerät er mit König Minos auf dem Schiff in Streit. Minos streift seinen goldenen Ring vom Finger und wirft ihn in die Fluten. Wenn Theseus tatsächlich der Sohn des Meeresgottes sei, so solle er den Ring doch wieder bringen, meint Minos. Theseus springt ins Meer und versinkt in den Fluten. Er wird von den Nereïden, den Töchtern des Meeresgottes, freundlich empfangen. Sie überreichen ihm den goldenen Ring des Minos. Zusätzlich erhält Theseus von der Meeresgöttin Amphitrite einen goldenen Kranz geschenkt, besetzt mit Edelsteinen, eben die Krone. Theseus kehrt auf das Schiff des Minos zurück. In Kreta angekommen erblickt Ariadne, die Tochter von Minos, den schönen und starken Theseus. Auf der Stelle verliebt sie sich in ihn. Um zu vermeiden, dass er sich im Labyrinth verirrt, gibt sie ihm einen Knäuel Faden. Theseus bindet das eine Ende am Eingang zum Labyrinth fest und wickelt den Faden beim Gang in die Finsternis ab. Nach einiger Zeit hören Theseus und die armen Mädchen und Jünglinge ein grauenhaftes Gebrüll. Der Minotaurus stürzt heran und will ihnen den Garaus machen. Theseus trägt jedoch die Krone der Amphitrite auf dem Haupt, deren funkelnde Edelsteine das Untier so blenden, dass Theseus Zeit findet, sein Schwert tief in das Herz des Wesens zu stoßen. Ein letzter Schrei schallt schaurig durch die Gänge des Labyrinths und der Minotaurus bricht tot zusammen. Mit Hilfe des Fadens der Ariadne hangelt Theseus sich mit seinen Schutzbefohlenen zum Ausgang, wo ihn Ariadne freudestrahlend umarmt. Theseus schenkt ihr daraufhin seine goldene Krone als Dank für ihre Hilfe. Noch in der gleichen Nacht fliehen Ariadne und Theseus von der Insel Kreta. Denn dem Gott des Weines, Dionysos, war Ariadne als Braut versprochen worden. Als die beiden Flüchtlinge auf Naxos übernachten, erscheint die Göttin Athene dem Theseus und klärt ihn über das Verlöbnis der Ariadne auf. Theseus verläßt sofort allein Naxos. Als Ariadne erwacht und merkt, dass sie allein gelassen wurde, bricht sie in Tränen aus. Dionysos erscheint, um sie zu trösten. Er nimmt ihr die Krone vom Haupt und schleudert sie gen Himmel, wo sie noch heute unter den Sternen zu sehen ist. Die Nördliche Krone ist ein sehr altes Sternbild. Schon im fünften vorchristlichen Jahrhundert erwähnt der Seher Epimenides sie als „nördlicher Kranz". Die Römer sprachen von Corona Septemtrionalis. Manche Völker sahen in dieser Sternenfigur hingegen eine Schüssel. Im nordischen Sagenkreis ist der Sternenhalbkreis der abgefrorene große Zeh des Helden Aurwandil. Skelettkarte des Sternbildes Nördliche Krone mit dem Hauptstern Gemma sowie den Variablen R CrB und T CrB. - 3 - Beobachtungsziele in der Krone Der mit 2,2m hellste Stern, α Corona Borealis, heißt Gemma (lat., Edelstein). Eine andere Bezeichnung lautet Alphekka. Sie stammt aus dem Arabischen und bedeutet „der eine Helle in der Schüssel". Gemma ist leicht variabel (Amplitude: 0,1m) und ein spektroskopischer Doppelstern1 mit einer Periode von 17,4 Tagen. Die Entfernung von α CrB beträgt 75 Lichtjahre. Der Stern β CrB wird Nusakan genannt. Dieser Name geht auf die arabische Bezeichnung Kas al Masakin zurück und heißt Schale oder Schüssel. Nusakan ist nur 3,7m hell und 116 Lichtjahre von uns entfernt. Ferner finden sich zwei interessante Variable in der Nördlichen Krone: R und T CrB. R CrB zeigt tiefe Helligkeitseinbrüche, von 5,7m geht seine Helligkeit auf 14,8m zurück. Seine Veränderlichkeit wurde 1799 von Edward C. Pigott entdeckt, seine Entfernung bemisst ca. 4.000 Lichtjahre. Beim Stern T CrB, der normalerweise um 8m hell ist, handelt es sich um eine rekurrierende, also eine wiederkehrende Nova2, die letztmals am 12. Mai 1866 und am 9. Februar 1946 aufflammte und 3m hell wurde. Die Expansionsgeschwindigkeit der abgestoßenen Gashülle wurde zu 4.300 Kilometer pro Sekunde gemessen, einer der höchsten Geschwindigkeiten von expandierenden Novahüllen (Supernovae ausgenommen). Die Leuchtkraft entsprach bei der Eruption dem 200.000-fachen unserer Sonne. Die Entfernung beträgt rund 2.000 Lichtjahre. 1 Ein spektroskopischer Doppelstern ist ein aus zwei eng umeinander kreisenden Sonnen bestehendes Sternsystem. In diesen Systemen haben Sterne einen so geringen Abstand, dass das Auflösungsvermögen auch der größten Teleskope nicht ausreicht, um die Sterne direkt unterscheiden zu können. Dies ist meist nur durch Spektroskopie möglich, weil die Umlaufbewegung der beiden Sterne einen Dopplereffekt erzeugt. Er bewirkt eine periodische Verschiebung der Spektrallinien, wenn sich ein Stern von uns entfernt, während sich der andere auf uns zubewegt. Aus der Periode der Verschiebung kann daher die Umlaufzeit bestimmt werden, zusammen mit der Größe der Verschiebung können auch die Umlaufgeschwindigkeit und der Abstand der Sterne bestimmt werden, wobei hierbei noch die Bahnneigung zu berücksichtigen ist. 2 Vgl. z. B. https://de.wikipedia.org/wiki/Nova_(Stern)