Wissensbasierte Systeme/ Expertensysteme Teil 3 BiTS, Sommersemester 2004 Dr. Stefan Kooths KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 1 Gliederung 1. Einführung und Einordnung 2. Entscheidungsunterstützung(ssysteme) 3. Künstliche Intelligenz und Expertensysteme im Überblick 4. Wissensrepräsentation und Inferenz (Forts.) 5. Entwicklung von Expertensystemen 6. Wissensmanagement 7. Zusammenfassung und Ausblick KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 2 4. Wissensrepräsentation und Inferenz • Formale Logik (Aussagen-/Prädikatenlogik) und logisches Schließen • Produktionssysteme und regelbasierte Inferenz • Strukturen und Strategien der Zustandsraumsuche • Simulation und modellbasiertes Schließen • Frames und Skripte • Fallbasiertes Schließen • Umgang mit Unsicherheit • Erklärungen und Metawissen KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 3 Produktionssysteme • Fakten/Daten • Regeln zur Gewinnung neuen Wissens deklarative Regeln (beschreiben die Domäne) prozedurale Regeln/Metaregeln (steuern die Inferenz) • IF Bedingungsteil THEN Aktionsteil (Bedingung Ö Aktion) • Begriffliches Produktionsregel = Regel = Produktion • Entscheidungsbäume als (primitive) grafische Darstellung von Produktionssystemen KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 4 Beispiele für Regeln • deklarative Regeln WENN der Dollar abwertet, DANN steigt der Goldpreis (in Dollar) WENN der interne Zins größer als der Kalkulationszins ist, DANN führe die Investition durch • prozedurale Regeln/Metaregeln WENN die notwendigen Daten nicht ermittelbar, DANN frage den Anwender WENN mehrere Regeln anwendbar sind, DANN verwende die Regel, die auf den jüngsten Fakten basiert WENN eine Regel kein neues Wissen generiert, DANN ignoriere die Regel KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 5 Eigenschaften von Bedingungs- und Aktionsteil KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 6 Feuern von Regeln/Inferenzsteuerung • Schritt 1 Patternmatching (Mustervergleich) Ergebnis: Regel ist anwendbar oder nicht • Schritt 2 Ausführung (Anwendung des Modus Ponens) Ergebnis: Hinzufügen neuer Fakten • Steuerung durch Interpreter der Inferenzmaschine Auswahl der relevanten Regeln ggfs. Nutzer nach weiteren Fakten fragen Festlegung der Reihenfolge der Regelanwendung Lösung als Weg zwischen Start und Ziel KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 7 Vorwärts- und Rückwärtsverkettung • Vorwärtsverkettung (forward chaining) START ZIEL schließt von Fakten [IF] auf anwendbare Regeln [THEN] Synomye: datenorientierte Inferenz (data-driven) Grundsatzfrage: Was kann aus gegebenen Daten abgeleitet werden? • Rückwärtsverkettung (backward chaining) START ZIEL schließt von Regelkonklusionen [THEN] auf ihre Voraussetzungen [IF] Synonyme: zielorientierte Inferenz (goal-driven) Grundsatzfrage: Kann eine bestimmte Hypothese durch die gegebenen Daten bestätigt werden (Trial and Error)? KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 8 Einführungsbeispiele: Suche und Backtracking • Beispiel 1: Ahnenforschung Abstammung von Friedrich Wilhelm I. (1688-1740)? Problemformulierung in Vorwärts-/Rückwärtsverkettung mögliche Heuristik? Ö Viele KI-Probleme sind Suchprobleme, Intelligenz als Einschränkung des Suchraums • Beispiel 2: Flugverbindungen Flug von Münster nach Boston Problemformulierung in Vorwärts-/Rückwärtsverkettung mögliche Heuristik? mögliches Problem: Sackgassen Ö Notwendigkeit eines Backtracking-Mechanismus! KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 9 Anwendungsbeispiel • Mögliche Fakten A = Mindestanlagebetrag 10.000 Euro B = Berufseinstieg mit 23 Jahren oder älter C = Hochschulabschluss D = Mindestjahreseinkommen = 40.000 Euro E = Anlage in Wertpapieren F = Anlage in Wachstumswerten (Aktien) G = Anlage in IBM-Aktien • Regeln R1: IF A AND C THEN E R2: IF D AND C THEN F R3: IF B AND E THEN F R4: IF B THEN C R5: IF F THEN G • Bekannte Fakten (Ausgangssituation): A, B KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 10 Interaktion zwischen Inferenzmaschine und Wissensbasis KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 11 Schema der Vorwärtsverkettung Inferenzmaschine START Zielprüfung Regelbasis ZIEL R1 R2 R3 R4 R5 Matching Konfliktmenge Kontrollstrategie (Regelauswahl) Protokoll Faktenbasis (Arbeitsspeicher) Update Regelausführung A B Lösungsweg ... KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 12 Vorwärtsverkettung in Pseudocode • Step1: Eingabe von Fakten und Zielbeschreibung, Übertragung der Fakten in den Arbeitsspeicer • Step2: Falls Ziel im Arbeitsspeicher dann Erfolg, sonst weiter • Step3: Erzeugung der Konfliktmenge durch Matching des Arbeitsspeichers mit allen Regelbedingungen • Step4: Falls keine Regel in der Konfliktmenge mehr feuert, dann Scheitern, sonst weiter • Step5: Auswahl einer Regel aus der Konfliktmenge gemäß Kontrollstrategie • Step6: Protokollierung der ausgewählten Regel • Step7: Ausführung der ausgewählten Regel: Aufnahme der Regelaktion in den Arbeitsspeicher, weiter mit Step2 Erkennen-Handeln-Zyklus KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 13 Kontrollstrategien (Konfliktlösungsstrategien) • Refraction Erneute Regelanwendung nur erlaubt, wenn sich Elemente im Bedingungsteil geändert haben Ö wirkt Schleifen entgegen • Recency Bevorzugung derjenigen Regeln, die auf den jüngeren Fakten beruhen Ö Konzentration auf Schlussfolgerunglinie • Specificity Rangordnung der Regeln gemäß Größe des Bedingungsteils Ö Spezifische Regeln haben Vorrang vor allgemeinen Regeln KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 14 Anwendung der Vorwärtsverkettung A, B sind wahr. Welche Anlageentscheidung lässt sich daraus folgern? Runde Faktenbasis (Arbeitsspeicher) Konfliktmenge KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 ausgewählte Regel 15 Rückwärtsverkettung in Pseudocode • Step1: Eingabe von Ziel und Fakten, Übertragung des Ziels in den Arbeitsspeicher • Step2: Falls alle Elemente des Arbeitsspeicher wahr (evtl. Anwender fragen), dann Erfolg, sonst weiter • Step3: Erzeugung der Konfliktmenge durch Matching des Arbeitsspeichers mit allen Regelaktionsteilen • Step4: Falls keine Regel der Konfliktmenge mehr feuert, dann Scheitern, sonst weiter • Step5: Auswahl einer Regel aus der Konfliktmenge gemäß Kontrollstrategie • Step6: Protokollierung der ausgewählten Regel • Step7: Rückwärtsausführung der ausgewählten Regel: Aufnahme aller Bedingungsteile in den Arbeitsspeicher, weiter mit Step2 Erkennen-Handeln-Zyklus KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 16 Anwendung der Rückwärtsverkettung A, B sind wahr. Lässt sich die Anlageentscheidung G aus A und B folgern? Runde “Faktenbasis” (Arbeitsspeicher) Konfliktmenge KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 ausgewählte Regel 17 Vorwärts- oder Rückwärtsverkettung? • wenige Hypothesen, viele Fakten Ö Rückwärtsverkettung (Vermeidung irrelevanter Schlüsse) • viele mögliche Zielzustände (z. B. bei Konfigurationsproblemen) Ö Vorwärtsverkettung • Vorab-Abschätzung zu prüfenden Fakten/Hypothesen (s.a. Eingangsbeispiel zur Ahnenforschung) • evtl. Kombination beider Verfahren KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 18 Blackboard (Workplace) Inferenzmaschine Regelbasis Zielprüfung R1 R2 R3 ... Matching Kontrollstrategien Regelausführung Blackboard Problembeschreibung START ZIEL Lösungsweg ... KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 Konfliktmenge ... 19 Interaktion zwischen Inferenzmaschine und Erklärungskomponente KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 20 Warum- und Wie-Fragen des Anwenders • Warum-Fragen System: Wie hoch ist das Jahreseinkommen? Anwender: Warum (willst Du das wissen)? System: Wenn das Jahreseinkommen größer als 40.000 ist, dann kann zusammen mit dem Ausbildungsniveau gemäß Regel 2 auf eine Investitionsentscheidung in Aktien geschlossen werden. • Wie-Fragen System: Sie sollten IBM-Aktien kaufen. Anwender: Wie (kommest Du denn darauf)? System: Aus Ihrem Berufseinstiegsalter habe ich auf Ihr Ausbildungsniveau geschlossen (R4). Offenbar sind Sie Akademiker. Da Sie mindestens 10.000 Euro anlegen möchten, rate ich deshalb zu einer Wertpapieranlage (R1) und weil ihr Jahreseinkommen mindestens 40.000 Euro beträgt, sogar zu einem Wachstumswert. Den einzigen Wachstumswert den ich kenne, sind IBM-Aktien. KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 21 Vorteile • Regeln sind leicht verständlich und kommunizierbar • Plausibles Modell menschlicher Problemlösungsverfahren, Heuristiken und Unsicherheit leicht integrierbar • Klare Trennung zwischen Wissen und Steuerung (allerdings: Regelreihenfolge kann Einfluss haben!) • Inferenzprozess einfach und leicht nachvollziehbar (Erklärungskomponente fällt als Nebenprodukt ab) • Modularität der Regeln, daher Änderung der Wissenbasis relativ unaufwändig • Natürliche Affinität zur Zustandsraumsuche KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 22 Nachteile • komplexes Wissen kann sehr große Regelbasen erfordern (unüberschaubar, langsam) • Regeln sind “zu verständlich”, Anreiz zu Übernutzung durch Wissensingenieure (Regeln sind nicht immer adäquat) • kein tiefes/funktionales Wissen über die Domäne, sondern nur oberflächliches, symptombezogenes Wissen • mangelnde Robustheit (Probleme in Ausnahmesituationen oder bei fehlenden/unvorhergesehenen Daten) KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 23 4. Wissensrepräsentation und Inferenz • Formale Logik (Aussagen-/Prädikatenlogik) und logisches Schließen • Produktionssysteme und regelbasierte Inferenz • Strukturen und Strategien der Zustandsraumsuche • Simulation und modellbasiertes Schließen • Frames und Skripte • Fallbasiertes Schließen • Umgang mit Unsicherheit • Erklärungen und Metawissen KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 24 Motivation • Viele KI-Probleme sind Suchprobleme (s.o.) • Produktionssysteme und Prädikatenlogik lassen sich problemlos auf die Konstrukte der Zustandsraumsuche abbilden • Lösungsalgorithmen der Zustandsraumsuche sind grafisch leicht interpretierbar Ö Graphentheorie Ö Algorithmen der Zustandsraumsuche Vorwärts- und Rückwärtsverkettung Backtracking Tiefen- und Breitensuche Heuristiken für Kontrollstrategien KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 25 Grundbegriffe der Graphentheorie • Beschreibung Graph = anschauliches mathematisches Modell zur Beschreibung von Objekten, die untereinander in gewisser Beziehung stehen • Komponenten eines Graphen Menge von Knoten Menge von Kanten, die zwei Knoten (Linien) miteinander verbinden • Interpretation eines Graphen (für KI-Probleme) Knoten repräsentieren Zustände eines Problemlösungsprozesses (z. B. Ergebnisse logischer Schlussfolgerungen, Faktenwissen) Ö Objekte Kanten repräsentieren Zustandsübergänge (z. B. logische Schlussregeln, Regelwissen) Ö Beziehungen KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 26 Ursprung: Königsberger Brückenproblem (Euler) KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 27 Eigenschaften/Varianten von Graphen • beschriftet / unbeschriftet Knoten: Zustandsbeschreibung Kanten: Bezeichung der Beziehung, Gewichtung • gerichtet / ungerichtet gekennzeichnet durch Kanten mit Pfeilspitzen • Weg durch einen Graphen verbindet eine Folge von Knoten geordnete Liste Bsp.: [a,b,c,d] • zyklisch / azyklisch Weg durch den Graphen zurück zum Ausgangspunkt? KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 28 Bäume als spezielle Graphen • Definition Baum = Graph, dessen Knoten paarweise durch höchstens einen Weg miteinander verbunden sind können rekursiv erzeugt werden (Knoten + Verzweigung) Ö Bäume sind zyklenfrei! • geordnete Bäume Reihenfolge der Knoten ist nicht beliebig • gerichtete Bäume jeder Knoten hat maximal eine einlaufende Kante Wurzel = Knoten ohne einlaufende Kante Blätter = Knoten ohne auslaufende Kante die von einem beliebigen Knoten k erreichbaren Knoten bilden den Teilbaum mit der Wurzel k KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 29 Graphen: Zusammenfassende Definition KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 30 Zustandsraumrepräsentation von Problemen N = Nodes, A = Arcs, S = Start State, G = Goal Description N: Knoten = partielle Problemlösungszustände A: Kanten = Schritte des Lösungsprozesses S: Wurzel = Startzustand bzw. –zustände GD: Zielbedingungen = Problemlösung (⊆ N) messbare Eigenschaft der Zustände, die während der Suche auftreten Eigenschaft des Weges, der während der Suche entwickelt wird [N,A,S,GD]: Zustandsraum Problemlösungsverfahren = Zustandsraumsuche = Weg durch den Graphen von S nach GD KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 31 Suchalgorithmus • Aufgabe: Weg von S zu einem Knoten in GD finden • bei alternativen Wegen, den besten (Kriterien!) Weg finden • Zyklen erkennen und vermeiden (aber auch: Zyklenfreiheit erkennen!) • blinde vs. informierte/heuristische Suche Tic-Tac-Toe: 9! = 362.880 mögliche Spielwege Dame: 1040 mögliche Spielwege Schach: 10120 mögliche Spielwege KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 32 Anwendungsbeispiel: Traveling Salesman Problem • Problem des Handlungsreisenden KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 33 Graph für das TS-Problem KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 34 Heuristiken für das TS-Problem • Branch-and-Bound Gedächtnis für den bislang besten Weg Abbruch, sobald neue Teillösung schlechter als bisheriger Favorit • Hill-Climbing untersucht nur einen Weg geht immer zum nächstgelegenen Nachbarn KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 35 Vorwärts- und Rückwärtsverkettung als Suche im Zustandsraum • zielorientiert KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 • datenorientiert 36 Backtrack-Algorithmus • für Vorwärts- wie Rückwärtsverkettung • verhindert Zyklenbildung • Ablauf beginnt beim Startzustand folgt durch Erzeugung von Nachfolgern einem Weg, der entweder zum Ziel oder in eine Sackgasse führt falls Sackgasse, dann Rückkehr zum letzten Knoten mit noch ungeprüften Nachfolgern • Listen SL (State List): aktueller Weg NSL (New State List): Liste der Knoten, deren Nachfolger noch nicht geprüft sind DE (Dead Ends): Liste der Sackgassen KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 37 CS (Current State) im Backtrack-Algorithmus • Zustand, der gerade untersucht wird (“Grenze des aktuellen Lösungsweges”) • als Letzter der SL hinzugefügt • auf CS werden Operatoren des Problemlösungsverfahrens angewandt (z. B. Schlussregeln, Züge eines Spiels) • Ergebnis dieser Operatoren ist eine geordnete Menge neuer Zustände (= Nachkommen von CS); davon wird das erste Element zum neuen CS, die übrigen werden in NSL abgelegt • besitzt CS keine Nachkommen, wird CS aus SL entfernt, Untersuchung fährt mit übrigen Nachfolgern der Vorgängers fort KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 38 Backtrack in Pseudocode KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 39 Backtrack: Beispiel KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 40 Backtrack: Zusammenfassung der Grundideen • Verwendung einer Liste noch nicht verarbeiteter Zustände (NSL), damit der Algorithmus ggfs. zu diesen zurückkehren kann (Backtrack) • Liste ungeeigneter Zustände (DE), um nutzlose Zustände nicht erneut zu untersuchen • Liste der Knoten auf dem aktuellen Lösungsweg (SL), um im Erfolgsfall den Zielpfad angeben zu können • explizite Prüfung auf Vorkommen in diesen Listen, um Schleifen zu verhindern KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 41 Breiten- und Tiefensuche • • • • bauen auf Grundideen des Backtrack auf Vor-/Rückwärtsverkettung: Suchrichtung Breiten-/Tiefensuche: Suchreihenfolge Breitensuche (breadth first search) untersucht zunächst alle Knoten auf Ebene n, bevor Knoten auf Ebene n+1 untersucht werden findet immer den kürzesten Weg zum Ziel (“einfachste Lösung”) Probleme bei tiefen Lösungen und/oder vielen Nachfolgern pro Ebene • Tiefensuche (depth first search) dringt schnell tief in den Raum ein, verschwendet keine Zeit mit oberflächlichen Lösungen einfache Lösungen bleiben evtl. unentdeckt KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 42 Breitensuche: grafische Darstellung KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 43 Breitensuche: Pseudocode KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 44 Tiefensuche: grafische Darstellung KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 45 Tiefensuche: Pseudocode KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 46 Kriterien für Breiten- oder Tiefensuche • grundsätzlich: Entscheidung ist problemabhängig • Auswahlkriterien Wie wichtig ist es, den kürzesten Weg zu finden? Verzweigungsfaktor im Raum verfügbare Rechenzeit und Speicherressourcen durchschnittliche Länge zum Zielknoten alle Lösungen oder nur eine (die erste) Lösung? KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 47 Tiefensuche mit beschränkter/iterativer Vertiefung • Kompromiss zwischen Tiefen- und Breitensuche • bei bekannter Lösungstiefe oder Zeitbeschränkung: Tiefenbeschränkung • iterative Beschränkung Tiefensuche mit Tiefenbeschränkung von 1 falls nicht erfolgreich, Erhöhung der Tiefenbeschränkung um 1, usw. • Problem aller nicht informierten Verfahren: exponentielle Komplexität Ö Einsatz von Heuristiken KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 48 Heuristische Suche • Heuristiken: Regeln zur Auswahl solcher Zweige im Zustandsraum, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer akzeptablen Lösung führen • Einsatzgebiet Problem hat keine exakte Lösung, da Daten mehrdeutig sind Problem hat exakte Lösung, diese ist aber zu komplex, als dass sie berechnet werden könnte • Beispiele Hill-Climbing Bestensuche KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 49 Hill-Climbing • Expansion des aktuellen Zustands (CS) • Bewertung aller Nachkommen • falls kein Nachkomme besser als CS ist, endet die Suche • ist der beste Nachkomme, besser als CS, so wird dieser für die weitere Expansion des Zustandsraums ausgewählt (Vorfahr und Geschwister werden nicht weiter beachtet) • Problem keine Unterscheidung zwischen lokalen und globalen Maxima (Steckenbleiben in sub-optimalen Lösungen) kann durch zufallsgesteuerte Störung der Bewertung abgeschwächt, aber nie sicher behoben werden KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 50 Bestensuche • Bewertungsfunktion (wie beim Hill-Climbing) • Backtracking (falls notwendig, werden alle Pfade ausprobiert) • Liste der Knoten, die noch untersucht werden müssen (Agenda) als Warteschlange mit Priritäten • Algorithmus Beginne mit Agenda = [Start] während Agenda nicht leer ist – entferne den besten Knoten X aus der Agenda – falls X das Ziel ist, dann Erfolg, sonst erzeuge Nachfolger von X und füge sie mit Bewertung der Agenda hinzu KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 51 Suchverfahren im Vergleich • Breitensuche: A, B, C, D, E, F, G • Tiefensuche: A, B, D, E, G • Hill-Climbing: A, C, (F) • Bestensuche: A, B, C, F, D, E, G Werte geben Kosten der jeweiligen Lösung an KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 52 Praktische Aufgabe: Das Wasser-Behälter-Problem • • • Es gibt zwei Wasserkanister. Einer davon hat ein Fassungsvermögen von 4 L, der andere von 3 L. Beide können mit einem Schlauch befüllt werden. An beiden Behältern gibt es keine Markierungen. Erlaubte Operationen (X,Y = Wassterstände im 4- bzw. 3-Liter-Kanister): • Wie kann man den 4-Liter-Kanister mit genau 2 L befüllen? KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 53 4. Wissensrepräsentation und Inferenz • Formale Logik (Aussagen-/Prädikatenlogik) und logisches Schließen • Produktionssysteme und regelbasierte Inferenz • Strukturen und Strategien der Zustandsraumsuche • Simulation und modellbasiertes Schließen • Frames und Skripte • Fallbasiertes Schließen • Umgang mit Unsicherheit • Erklärungen und Metawissen KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 54 Modellbasiertes Schließen/Simulation • tiefes Wissen über die Zusammenhänge eines Systems (Kausalzusammenhänge) • theoretisches Verständnisses der Domäne erforderlich • Hauptanwendung Zusammenwirken von Komponenten in einem System Beschreibung des Sollverhaltens der Komponenten Beschreibung des Zusammenwirkens der Komponenten Diagnose von Fehlerstellen • Simulation Soll-Ist-Vergleiche Was-wäre-wenn-Fragen Ö Reproduktion von beobachtetem Fehlverhalten KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 55 Typisch: Hybride Repräsentation • oftmals in Kombination mit anderen Wissensrepräsentationsmethoden • Objekte/Frames zur Darstellung der Komponenten • Regeln zur Darstellung der Zusammenhänge zwischen den Komponenten KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 56 Beispiel KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 57 Aufgaben, Heuristik • Aufgaben Hypothesengenerierung Hypothesenüberprüfung (Simulation) Hypotheseneliminierung • Heuristik/Abstraktion Annahme, dass Fehler nur in einer Komponente vorliegt Modelle sind Modelle, nicht die Realität Ö keine Fehler in den nicht modellierten Bereichen der Realität (Closed World Assumption) KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 58 Vorteile • Fähigkeit, funktionales/tiefes Wissen über die Domäne bei der Problemlösung zu verwenden (auch für bislang unbekannte Probleme) • sehr robust (wenig fehleranfällig/flexibel); auch Menschen verlassen sich bei völlig neuen Problemen auf theoretisches Wissen • Erklärung kausaler Zusammenhänge vermittelt dem Anwender tieferes Problemverständnis gute Eignung für Vermittlung von Lerninhalten (CAL) KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 59 Nachteile • Mangel an beschreibendem Erfahrungswissen (Regeln, Heuristiken) • explizites Domänenmodells nicht immer verfügbar • hoher Grad an Komplexität (aus diesem Grund verwenden Menschen oft Heuristiken) • Closed World Assumption (aber: kein spezifischer Nachteil) KOOTHS – BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme | Teil 3 60