Keine Klarheit bei der Linse Disput in Marburg Netzhaut konkret

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Ausgabe 4-2010
74434
Fachmagazin für Augenärztinnen und Augenärzte
Keine Klarheit bei der Linse
Über Umsätze, Ignoranzen und Shops
Disput in Marburg
Interaktive Fortbildung mit Mehrwert
Netzhaut konkret
Aus der Forschung. Aus der Praxis
Ein Dichterwort als Programm:
Trinkt, o Augen, was die Wimper hält,
Von dem goldnen Überfluß der Welt!
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19.05.2010 17:32
editorial
Lassen wir uns
nicht abhängen
Prof. Dr. med. Fritz Dannheim
[email protected]
Verehrte Kolleginnen, liebe Kollegen!
Unser augenärztliches Tätigkeitsfeld ist fraglos im
Wandel und ein gewisses Umdenken wird unumgänglich. Einer der Bereiche, die davon betroffen
sind, ist die Anpassung von Kontaktlinsen. Stammte
vor einigen Jahren noch ein Großteil der abgegebenen Linsen vom Augenarzt, so sind es deutlich
weniger geworden. Die meisten Linsen werden jetzt
über Optiker, Institute oder ohne Erfolgskontrolle
über das Internet, Schlecker, Aldi & Co. beschafft.
Spielt der Augenarzt in der Wahrnehmung der Bevölkerung bei Kontaktlinsen eine kleiner werdende
Rolle? Dabei hat er doch eine Menge zu bieten: Sowohl die Anpassung bei schwierigen Fällen, als auch
die Überwachung der Augen bezüglich Verträglichkeit und latenter Schäden ist sein ureigenstes Feld.
Daneben gehören Sonderbedingungen, wie spezielle
Anpassungen bei Kindern, Kontrolle ihres Binokularsehens, bei Keratoplastik oder bei Keratokonus,
in die Hände des Ophthalmologen. Und schließlich
sind Verbandslinsen bei Verletzungen Bestandteil
des klassischen Therapiespektrums eines jeden Augenarztes, wie neulich von Kollegen Böhme auf der
BayOG am Beispiel einer perforierenden Stichverletzung so schön demonstriert.
Dieser – auch selbst verschuldete – verspielte Marktanteil könnte dem Augenarzt durchaus zugute kommen. Immerhin handelt es sich hierbei um die Größenordnung von mehreren zehn Millionen Euro, wie
ein Beitrag in diesem Heft (ab Seite 32) vorrechnet.
Und die zukünftigen Chancen sollen gut stehen. Die
Demografie spielt uns in die Hände. Formstabile Individuallinsen, multifokale und torische Linsen gehören in Fachhände – in unsere. Es könnte wieder
attraktiv mehr werden, wenn wir uns entsprechend
aufstellen und nicht zurückweichen. Fielmann verkündete im Juli in Hamburg auf der jährlichen Aktionärsversammlung ein Halali auf die Kontaktlinse.
Er sieht gute Wachstumschancen. Und wenn es einer
weiß, dann er. Lassen wir uns nicht abhängen.
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
Für den Augenarzt, der die Anpassung von Kontaktlinsen in größerem Umfang durchführen will, wäre
die Gründung eines Instituts vorteilhaft. Die Auslagerung von Teilbereichen in eine privatärztlich geführte
Einrichtung hatten wir in einer früheren Ausgabe
angesprochen. Jede augenärztliche Leistung, gleichgültig, ob innerhalb oder außerhalb der GKV gelegen, kann in diesem Institut als „Verlangensleistung“
privatärztlich angeboten werden. Damit entfällt die
leidige Diskussion um Zuzahlungen. In einem solchen Institut ließe sich auch die Abgabe von Brillen
realisieren, die kürzlich den Augenärzten per Gesetz
weggenommen wurde. Oder denken wir an den Megatrend Gesundheit und verbinden den mit einem
attraktiven Angebot von Nahrungsergänzungsmitteln oder Ähnlichem. Ein anderer Bereich wäre die
Orthoptik, die sich über die GKV nicht mehr kostendeckend erbringen lässt. Als privatärztliche Institutsleistung hätte sie für den Augenarzt jedoch wieder
einen finanziellen Wert, so dass sie auch qualitativ
hochwertig und nachhaltig angeboten werden kann.
Mit weiteren künftigen Chancen der Orthoptik werden wir uns im nächsten Heft auseinandersetzen.
Die Zeiten, in denen man sich auf die reine augenärztliche Tätigkeit ohne Rücksicht auf das Management konzentrieren konnte, sind wohl endgültig
vorbei. Ohne strategische Überlegungen und Fantasie lässt sich eine Praxis heute nicht mehr erfolgreich führen. So sollten wir diese Möglichkeiten
nutzen. Unsere anspruchsvolleren Patienten werden es uns danken und einzelne sozial schwächere
Patienten können wir dennoch weiterhin großzügig
und verantwortungsvoll betreuen.
In diesem Sinne grüßt Sie herzlich!
3
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medizin
medizintechnik
08
30
Neues in Würzburg
12
14
Herausforderung Diabetes
Interview mit Prof. Augustin über
interdisziplinäre Aspekte
perspektiven
perspektiven
Prävention
32
32
Trockenes Auge
Kontaktlinsen-Markt
Über Umsätze, Ignoranzen und
Kontaktlinsen-Shops
Antioxidantien zur Vorbeugung von
Augenerkrankungen
16
Erweiterte Möglichkeiten
Software zu non-invasiven Untersuchung von
Tränenfilm und KL-Sauerstoffdurchlässigkeit
Jahrestagung der BayOG
37
Neue Erkenntnisse über Funktion, Zusammensetzung und Analyse des Tränenfilms
Gesundheit als Gut
Ethische und anthropologische
Überlegungen
ophthalmo-chirurgie
marktüberblick
17
39
40
Editorial
PD Dr. med. Anja Liekfeld
18
Makulaforamen
Heute ist die Operation ein Routineeingriff
für vitreoretinale Chirurgen
22
24
Netzhaut
26
03
Option Oberflächenmodifikation
21
Interaktive ophthalmologische Fortbildung
Editorial
Wie viel Umsatz machen
Deutschlands Augenärzte mit
der Kontaktlinse? Wer diese
Zahl sucht, wird sie nicht finden. Der Kontaktlinsenmarkt ist
aus vielfältigen Gründen vollkommen undynamisch. Doch die
Kontaktlinse kann für Augenärzte zum Umsatzträger und
Zukunftssicherer werden. Sie
müssen es nur erkennen. Denn
damit können sie Geld verdienen und die eigene Berufsmarkenpflege stützen. Zeit also für
einen Aufbruch ins Neue – wie
damals, als der Wilde Westen
erobert wurde.
Prof. Dr. med. Fritz Dannheim
06
Marburger Disput
Mikronährstoffe für die Augen
standards
Anti-VEGF-Therapie bei vaskulären
Netzhauterkrankungen
Beschichtete IOL als Lösungsansatz zur
Verhinderung von Nachstar
Netzhaut-Diagnosetechnologien
Keine Klarheit bei der
Kontaktlinse
News
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74434
Menschen + Meldungen
Karriere + Chancen
Ausgabe 4-2010
Fachmagazin für Augenärztinnen und Augenärzte
Marktplatz für Kleinanzeigen
36
43
Impressum
Firmen stellen vor
Produkte + Neuigkeiten
Keine Klarheit bei der Linse
Über Umsätze, Ignoranzen und Shops
Disput in Marburg
Interaktive Fortbildung mit Mehrwert
Netzhaut konkret
Aus der Forschung. Aus der Praxis
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
5
news
menschen + meldungen
DOG-Präsidentschaft
Mittelstandspreis
Jubiläum + Ausbau
Vorsitz übernommen
Soziale Verantwortung gezeigt
Neue Klinikräume bezogen
Der Direktor der Universitäts-Augenklinik
Freiburg, Prof. Dr. Thomas Reinhard, ist neuer
Präsident der Deutschen Ophthalmologischen
Gesellschaft (DOG) für das Jahr 2010/2011.
Bislang erster Vizepräsident, tritt Reinhard nun
das Amt seines Vorgängers Prof. Dr. Gerhard
K. Lang an. Mit seiner Wahl zum Präsidenten
übernimmt er auch die Leitung des 109. Kongresses der DOG, der vom 29.09.-02.10.2011 in
Berlin stattfinden wird.
Geboren 1962 in Ahrweiler, studierte Reinhard
Humanmedizin in Aachen und Basel. 1989 promovierte er an der RWTH Aachen. Facharztausbildung und Habilitation erfolgten an der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Dort verantwortete er von 1996-2003 an der Augenklinik
als Oberarzt den vorderen Augenabschnitt. Seit
2003 leitet er als Geschäftsführender Ärztlicher
Direktor die Universitäts-Augenklinik Freiburg.
Die Geuder AG ist mit dem Mittelstandspreis
für soziale Verantwortung in Baden-Württemberg 2010 ausgezeichnet worden. Den von
der Caritas und dem Wirtschaftsministerium
Baden-Württemberg ausgelobten Preis erhielt
das Unternehmen für sein breitgefächertes
soziales Engagement auf internationaler wie
regionaler Ebene. „Soziales Engagement ist
schon immer Teil unserer Firmenphilosophie
gewesen“, sagte Martina Pfister (Foto Mitte), Leiterin Strategie & Unternehmensentwicklung, anlässlich der Preisverleihung. Als
Hersteller augenchirurgischer Instrumente
und Gerätesysteme fördert das Unternehmen
internationale Hilfsprojekte mit dem Ziel, Augenkrankheiten rechtzeitig zu behandeln und
Blindheit zu vermeiden. Dieses Jahr wurden
u.a. der Bau einer Augenklinik in Cusco/Peru,
die Einrichtung eines Augen-OPs in León/Nicaragua und ein Augenprojekt der ChristoffelBlindenmission in Zimbabwe unterstützt. Auch
regional engagiert sich das Unternehmen, z.B.
bei der jährlichen „Woche des Sehens“.
Vor zehn Jahren entschieden sich Dr. Christian
Horstmann, Dr. Ulrich Jung, Dr. Kaweh SchayanAraghi und Dr. Bernd Strobel zur Firmierung der
heutigen Standorte Dillenburg, Wiesbaden und
Frankfurt zur Artemis-Gruppe. Zugleich markiert
das Datum die Gründung der auf LASIK spezialisierten Artemis Augenklinik Frankfurt, die Mitte
Juni ihren zehnten Geburtstag feierte. Etwa 500
geladene Gäste, darunter das „who is who“ der
hessischen Augenheilkunde, feierten bis in die
frühen Morgenstunden. Bereits Ende April entstand am Standort Dillenburg mit dem Umzug in
die neuen, 1.500 Quadratmeter großen Klinikräume eine moderne Augenklinik. Das Bild zeigt
(v.l.) Dr. Kaweh Schayan-Araghi. Dr. Christian
Horstmann, Dr. Bernd Strobel, Dr. Ulrich Jung.
Pro Retina
Forschungspreis vergeben
Zum Abschluss des World Ophthalmology Congress (WOC) im Juni 2010 in Berlin fand die für
die Jahrestagungen der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) schon traditionelle
Preisverleihungssitzung statt, bei der zahlreiche
Forschungspreise vergeben werden. In diesem
Rahmen wurde auch der RP-Forschungspreis
der Patientenorganisation Pro Retina verliehen.
Er ging an Dr. med. Andreas Ohlmann (Institut
für Anatomie, Universität Regensburg) für seine
Arbeiten zu Norrin. Dieses Protein ist beteiligt
in einem wichtigen Signalsystem, welches die
Bildung von Netzhautgefäßen während der Entwicklung kontrolliert. Mit seiner Arbeit hat Ohlmann einen retinalen Signalweg charakterisiert,
der ein neues therapeutisches Potential für Netzhautdystrophien aufzeigt, teilt Pro Retina mit.
6
Stiftung Auge
Spenden eingenommen
Auf dem WOC wurden über 6.000 Euro an Spenden zugunsten der Stiftung Auge eingenommen.
Dafür sorgten gleich drei Benefizaktionen. So
gingen beim Eye Run – einem Fünf-KilometerLauf – Sportler aus den verschiedensten Ländern an den Start. Am gleichen Abend kamen
mehr als 400 Gäste zu einem Konzert in der
Französischen Friedrichstadtkirche zusammen.
Zudem versteigerte die Stiftung Auge zehn
moderne Arbeiten, die sich mit der Thematik
„Kunst in der Heilkunst“ beschäftigen. Das
höchste Gebot erreichte mit 1.050 Euro eine
Arbeit von Rosemarie Trockel.
Trockenes Auge
Sicca-Förderpreis verliehen
Der Sicca-Förderpreis für Forschungsvorhaben
auf dem Gebiet des Trockenen Auges wurde
Anfang Juni beim WOC verliehen. Damit unterstützt das Ressort Trockenes Auge im Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) junge
Wissenschaftler im deutschsprachigen Raum.
Der mit 20.000 Euro dotierte Preis wurde bereits
zum zehnten Mal von der Firma Bausch + Lomb
gesponsert. Mit 21 Forschungsprojekten gab es
im Jubiläumsjahr 2010 einen Einreichungsrekord. Alle Projekte wurde bei einem Symposium
vorgestellt und 15 davon ausgezeichnet.
Bausch + Lomb stärkt die strategische Bedeutung seines Berliner Standorts. Wie das Unternehmen ankündigte, wird es seine europaweite
Forschung und Entwicklung im Bereich Pharma
dort konzentrieren. In Berlin-Spandau eröffnete
das Unternehmen am 18.06.10 zudem eine
800 m² große Produktionshalle zur Herstellung
von Augentropfen in Einzeldosen (EDO).
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
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medizin
jahrestagung
Quo vadis Augenheilkunde?
Die Jahrestagung der Vereinigung Bayerischer Augenärzte (BayOG) fand am 9./10. Juli 2010
im Rudolf-Virchow-Zentrum in Würzburg statt. Unter Mitwirkung der fünf bayerischen Universitätskliniken wurden Referate und Vorträge zu allen aktuellen Themenbereichen der Augenheilkunde gehalten. Auch das berufspolitische Symposium stieß auf großes Interesse.
Gastgeber Professor Dr. Franz Grehn, Direktor der Uni-Augenklinik Würzburg, würdigte die Professoren Dr. Dr. h.c.
Wolfgang Leydhecker, Würzburg, und Dr. Heinrich Harms,
Tübingen. Die anschließende Ehrenvorlesung wurde von Professor Robert N. Weinreb (La Jolla, San Diego, USA) zum
Thema „A Future for Glaucoma“ gehalten.
Berufliche Rehabilitation von Blinden
Susanne Patze vom Berufsförderungswerk Würzburg (BfW)
sprach über „Möglichkeiten der beruflichen Rehabilitation
bei Blindheit“. Das BfW richtet sich wie die Blindenwerke in
Halle und Düren an Erwachsene, die im Laufe ihres Lebens
erblinden oder eine Sehbehinderung erleiden. Hauptaufgaben
des BfW sind die Klärung der Kostenübernahme, das Aufzeigen neuer beruflicher Perspektiven, die Sicherung bestehender
Arbeitsverhältnisse und die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Oft könne über die Versorgung mit Hilfsmitteln
der bisherige Arbeitsplatz erhalten werden. Heutzutage gehe es
häufig um die Eingliederung in hochqualifizierte Berufe. Die
einjährige blindentechnische Grundrehabilitation beeinhaltet auch den blindheitsgemäßen Umgang mit dem PC, wobei
die Braillezeile der Bildschirm des Blinden ist. Die Texteingabe erfolgt über die Tastatur durch zeilenweises Ertasten und
die Navigation mit Shortcuts. Der Bildschirm wird über die
Tastatur ausgelesen. Die Kosten belaufen sich auf circa 8.000
Euro. Die Ausbildung/Wiedereingliederung erstreckt sich auf
die Bereiche Telefonie, Verwaltung, IT sowie kaufmännische
und gewerbliche Berufe. Patze appellierte zum Schluss an alle
Augenärzte, ihre Patienten über die Möglichkeiten der beruflichen Wiedereingliederung zu informieren.
Glaukom und oxidative Stressmessung
Melanie Heinke, Schlossparkklinik Berlin, referierte über
„Glaukom und oxidative Stressmessung“. Vermehrt bewirkten freie Radikale Schäden im Organismus; dies sei bei mehr
als 50 Krankheiten bekannt. Das Primäre Offenwinkelglaukom
(POWG) wird zu den chronisch progressiven Optikusneuropathien gerechnet, die sich durch morphologische Veränderungen
der Papille und der retinalen Nervenfaserschicht auszeichnen.
Dadurch gingen progredient retinale Ganglienzellen zugrunde,
8
korrelierend mit progressiven Gesichtsfelddefekten. Ätiologie
und Pathomechanismus seien unbekannt. In einer Studie wurden 18 Glaukompatienten mit bekanntem POWG mit einer
Normalgruppe (Katarakt) verglichen. Während der Goniotrepanation bzw. Katarakt-OP wurden Kammerwasserproben und
Kapillarblut entnommen. Das antioxidative Potential im Blut
sei bei Katarakt- und POWG-Patienten annähernd gleich. Ein
signifikanter Anstieg des antioxidativen Potentials im Kammerwasser bei Patienten mit POWG spreche für eine hohe Konzentration freier Radikale im vorderen Augensegment.
Ein neuer Biomarker für das Glaukom?
Professor Dr. Georg Michelson, Erlangen, sprach über
„Zerebrale Befunde bei Glaukomen – ein neuer Biomarker?“
Trotz Behandlung des IOD
sei eine Progression des Glaukoms möglich. Die Sehbahn
sei transsynaptisch, 80 % des
III. Neurons (Retinale Ganglion Zelle: RGC) und 100 % des
IV. Neurons (Corpus genicuProf. Dr. Georg Michelson, Erlangen
latum laterale: CGL) verliefen
intracerebral. Beim Glaukom
komme es zum Verlust von retinalen Ganglienzellen, Astrocyten und Axonen (III. Neuron). Beim experimentellem Glaukom vermindere sich die Zellzahl im CGL bei RGC-Verlust
und erhöhtem IOD. Glaukome führten zu Veränderungen in
allen drei visuellen Pfaden des CGL, die für Helligkeitssehen,
zeitliche und räumliche Auflösung, Bewegungswahrnehmung,
Rot-Grün/Blau-Gelb-Farbsehen und Formwahrnehmung verantwortlich sind. Eine quantitative Analyse der Integrität und
der Demyelinisation der Axone des IV. Neurons konnte durch
Diffusion Tensor Imaging (MRT) nachgewiesen werden. Die
glaukomatöse Papillenkonfiguration assoziiere mit verminderter Axon-Integrität und Myelinisation des IV. Neurons. Die
Schicht IV des primären visuellen Cortex vermindere sich bei
RGC-Verlust im Experiment. Cortex-Veränderungen zeigten
sich in WML (White Matter Lesions) oder stillen cerebralen
Mikroinfarkten (Silent Cerebral Infarct: SCI). SCI seien gehäuft
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
jahrestagung
assoziiert mit NDG, der Gesichtsfeldverfall sei beschleunigt.
Die Prävalenz von POAG sei bei M. Alzheimer erhöht. Glaukomatöse Opticusatrophien träten in knapp 24 % dieser Patienten auf. Japanische Wissenschaftler hätten ein Medikament
bei Alzheimer über sechs Monate gegeben. Das Gesichtsfeld
bei NDG verbesserte sich, während der IOD unverändert blieb.
Die zentrale Therapieoption bleibe dennoch die IOD-Senkung.
Man müsse daraus schließen, dass die Papillenatrophie nur der
sichtbare Teil der cerebralen Degeneration bei Glaukom und
der Gesichtsfelddefekt nur ein Schnappschuss der Funktionalität des gesamten Sehsystems inklusive cerebraler Strukturen
sei, meinte Michelson. Das zukünftige Therapieziel seien Auge
und Gehirn. Beim Glaukom sei primär eine cerebrale Ursache
möglich, in den USA werde vermehrt danach gesucht.
Tränenfilmosmolarität und Trockenes Auge
Dr. Marc Schargus, Würzburg,
befasste sich mit dem „Stellenwert der Tränenfilmosmolarität
in Diagnose und Management
des Trockenen Auges“. Dieses
werde oft nicht diagnostiziert
und bleibe unbehandelt, weil
eine gute quantitative und qualitative Diagnostik fehle. Zu den
vielen für das Trockene Auge
verantwortlichen Mechanismen
gehöre auch die TränenfilmhyDr. Marc Schargus, Würzburg
perosmolarität, die der zentrale
Mechanismus aller Formen sei. Die Aussagekraft der vielen
Tests sei sehr unterschiedlich, während die Osmolarität eine
objektive Messgröße und die Osmolaritätsmessung Goldstandard bei der Diagnostik sei. Von drei verschiedenen Osmometern liefere das Tearlab am schnellsten Testergebnisse, das
benötigte Probevolumen sei klein.
Schweregradeinteilungen des Trockenen Auges zwischen 1 und
4 hätten sich in der Praxis bewährt, eine klare Abgrenzung zwischen den einzelnen Graden sei sehr schwierig, da die Einteilungskriterien überwiegend subjektiv seien. Zudem sei es problematisch, widersprüchliche Daten, z.B. niedriger Schirmer-Wert
aber normale BUT, zu interpretieren. Um einen normalisierten
Schwereindex zu berechnen, würden alle Untersuchungsergebnisse in einem Index gleichmäßig gewichtet. Es erfolge die
Normalisierung auf einer Skala zwischen 0 und 1, wobei 0 kein
Trockenes Auge und 1 die maximale Ausprägung bedeute. Osmolarität sei wichtig bei der Kontaktlinsenanpassung, da diese
Hinweise auf die Wahl der Linsen gebe. Eine erhöhte Tränenfilmosmolarität und Trockene Augen finde man bei Frauen und
ab einem Alter über 40 Jahren. Zusammenfassend meinte Schargus, dass die Tränenfilmosmolarität ein wichtiger Einzeltest zur
Diagnostik des Trockenen Auges sei und Patienten mit milden
bis mittelschweren Symptomen gut graduell abgestuft werden
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
medizin
könnten im Gegensatz zu traditionellen Tests. Letztere seien bei
schweren Symptomen gut verwertbar. Neue Methoden machten
die Tränenfilmosmolaritätsmessung zu einer Routinediagnostik.
Als therapeutische Konsequenz ergebe sich die schnelle Ermittlung, ob und in welcher Ausprägung ein Trockenes Auge vorliege. Weitere Studienergebnisse seien abzuwarten.
Berufspolitisches Symposium:
Die Unikliniken in der ambulanten Versorgung
Das berufspolitische Symposium begann Professor Dr. Hans
Hoerauf, Direktor der Abteilung Augenheilkunde der Universitätsmedizin Göttingen, mit
einem Vortrag über die „Rolle
der Universitätskliniken in der
ambulanten Versorgung“. Der
113. Ärztetag habe für die fachärztliche Versorgung klarere
Vorgaben für die Kliniken in
Prof. Dr. Hans Hoerauf, Göttingen
Bezug auf die ambulante Versorgung gefordert. Diese sollten
ambulante Leistungen nur mit persönlicher Ermächtigung
zusätzlich bei hochspezialisierten Leistungen und seltenen
Erkrankungen mit besonderem Verlauf erbringen. Die Krankenhausplanungsbehörden der Bundesländer sollten die Versorgungslage analysieren. Der Wissenschaftsrat habe aktuell
auf 116 Seiten seine Empfehlungen zur Weiterentwicklung der
ambulanten Universitätsmedizin veröffentlicht. Er habe festgestellt, dass für die Forschung geeignete Patienten für klinische
Studien oft nur aus der Ambulanz rekrutiert werden könnten.
Im Lehrbereich sollten u.a. Famulaturen und Praktisches Jahr
stärker von Ambulanzen eingebunden, neue Unterrichtskonzepte der „Ambulanten Lehre“ erstellt werden. In der Krankenversorgung würden die Universitätsambulanzen einen
erheblichen Beitrag zur ambulanten Versorgung leisten. Sie
böten Diagnostik, die in den Vertragspraxen draußen nicht finanzierbar sei. Andererseits seien die Ambulanzen altmodisch
organisiert und nicht auf Patientenbedürfnisse ausgerichtet.
Für die Weiterbildung in den typischen Krankheiten müssten
zahlen- und regelmäßig genügend Patienten zur Verfügung
stehen. Die Aufwendungen für Weiterbildung seien erheblich,
ohne gesondert vergütet zu werden. Es gebe Kommunikationsprobleme mit den Niedergelassenen. Der Wissenschaftsrat
empfehle für die Krankenversorgung den direkten, aber nicht
unbegrenzten Zugang auch ohne (Fach-) Arztüberweisung.
Fallzahlobergrenzen dürften Weiterbildung und klinische
Forschung nicht behindern. Die reine Pauschalvergütung sei
zugunsten differenzierter und leistungsgerechter Vergütung
auch fachspezifisch weiterzuentwickeln. Die DRGs hätten die
stationäre Verweildauer verkürzen sollen. Das GMG solle nun
als Chance genutzt werden, Krankenhäuser zur ambulanten
Versorgung zu öffnen.
Fortsetzung nächste Seite
9
medizin
jahrestagung
Hoerauf stellte anschließend die Sicht der Uniklinik dar und
zitierte einige Zahlen. Die Fallzahlobergrenzen der Hochschulambulanzen variierten zwischen 27.000 und 285.000.
Ambulante Operationen würden von vielen verschiedenen
Abteilungen erbracht, am häufigsten im Augenbereich. Dieser
sei wie einige andere Fächer vom Strukturwandel besonders
betroffen, was sich an zunehmenden Eingriffen mit sehr kurzer
stationärer Verweildauer und häufiger Verlagerung in die ambulante Versorgung zeige, zu der auch der MDK aus Kostengründen dränge. Hochschulambulanzen müssten für die Ausund Weiterbildung ein repräsentatives Spektrum ambulanter
Krankheitsbilder vorweisen und seien auch als Letztinstanz
für komplexe und schwere Fälle sowie interdisziplinäre Krankheitsbilder dringend erforderlich.
Die Ausbildung solle weiter in der Uniklinik stattfinden, gleichzeitig würden aber teuer ausgebildete Oberärzte abgeworben,
da sie nicht leistungsorientiert bezahlt werden könnten, konstatierte Hoerauf. Hochschulambulanzen seien defizitär durch
fehlende leistungsgerechte Abrechnung. Dazu bekomme die
Klinik erhebliche und sehr gut organisierte Konkurrenz im
ambulanten Bereich, die im Gegensatz zu Universitäten an
Struktur- oder IV-Verträgen teilnähmen. Oft blieben den Unis
nur kosten- und zeitintensivere Fälle, die mit langwieriger,
teurer Diagnostik behandelt werden müssten. Studenten und
Fachärzte sollten jedoch qualifiziert ausgebildet werden. Neue
teure diagnostische und therapeutische Verfahren müssten von
der Uniklinik vorgehalten und weiterentwickelt werden. Für
klinische Studien fehlten bereits an einigen Standorten ausreichend Patienten – Forschung solle dennoch stattfinden. Der
Vorstand erkenne oft die fachspezifischen Probleme der Augenheilkunde nicht, er müsse andere Schwerpunkte setzen.
Die Niedergelassenen sähen die Forderungen der Kliniken besonders bei den derzeitigen RLV als realitätsfern. Die alte tradierte Arroganz und Konkurrenz zwischen Kliniken und niedergelassenen Ärzten behindere eine gute Zusammenarbeit.
Eine große Möglichkeit ergäbe sich durch den stattfindenden
Generationswechsel.
Hoerauf entschied sich mit Einverständnis des Vorstandes für
eine Kooperation mit einer etablierten operativen/konservativen Praxisgemeinschaft, in der Patienten rein ambulant, als
Beleg-Patienten oder im Rahmen der Uniklinik-Versorgung
behandelt werden. Dies ermögliche die Einrichtung einer
Lehrpraxis für Assistenzärzte (Brillen-, Kontaktlinsen-Anpassung, organisatorische, finanzielle Abläufe einer Praxis)
und die gemeinsame Durchführung klinischer Studien. Die
Zulassung externer Operateure in der Uni mit Ausbildungsverpflichtung für junge Operateure sei denkbar. Heute müsse
sich die rein stationäre Einrichtung mit einem Gesamtkonzept zu einem Dienstleistungs- und Ausbildungszentrum mit
übergreifendem Versorgungsgebiet mit Zusammenwachsen
der Niedergelassenen und Kliniksfachärzte entwickeln, um
weiter bestehen zu können.
10
Die Rolle der großen Praxiskliniken
Professor Dr. Daniel Pauleikhoff, Münster, hob die Zusammenarbeit zwischen Kliniken und Praxen hervor. Die Universitätskliniken hätten zwar die Verpflichtung zu Forschung und
Lehre, diese könnten aber auch von anderen Kliniken ausgeführt werden. Der Einzelne müsse motiviert sein, das Wissen
an Jüngere weiterzugeben. Indem man den Nachwuchs fördere, beziehe man alle gleichermaßen in die Weiterentwicklung
ein. Als Beispiel führte Pauleikhoff die Augenabteilung des St.
Franziskushospitals in Münster an, deren Leitbild und Zielvorstellungen die „Wertschätzung des Menschen und wissenschaftliche Neugier” seien. Es gebe eine Belegarztstruktur mit 20
Krankenhausbetten, die ambulante und stationäre Versorgung
anbiete, an der fünf Kassensitze und ein additives Facharztsystem („Consultant-System”) beteiligt seien mit schwerpunktmäßig wissenschaftlicher Ausrichtung. Es gebe die Bereiche
Patientenbetreuung und klinische Forschung, ein GrundlagenForschungslabor und mit der Universität Essen-Duisburg bestehe eine Kooperation. Zur Augenabteilung gehören drei Zentren: ein refraktives und je eins für den vorderen und hinteren
Augenabschnitt. Innerhalb dieser Zentren gebe es das UveitisZentrum sowie das MaculaCentrum Münster. 2009 seien u.a.
viele Peer-Review- und mehrere Buchartikel veröffentlicht, ca.
60 Vorträge gehalten und drei Kongresse/Fortbildungsveranstaltungen organisiert worden. Im Bereich Lehre gebe es neben
individuellen Ausbildungsangeboten (Augenarzt, Facharzt, Habilitation) strukturierte Famulaturen und PJ-Ausbildung, Studentenunterricht und Doktorandenbetreuung in Assoziation
mit der Universität Essen-Duisburg. Ohne strukturelle Vorgaben und spezielle Gestaltung sei die Herausforderung der Praxiskliniken die gleiche wie bei den Unikliniken.
Netzwerke als Form der Kooperation
Professor Dr. Friedrich E.
Kruse, Erlangen, sprach über
„Netzwerke als Form der Kooperation in Bayern am Beispiel
von Vistanet“, das 2007 gegründet wurde. Es ist ein kooperativer Zusammenschluss von
Augenärzten aus ganz Bayern
im Verbund mit der Universitäts-Augenklinik Erlangen. Der
Verkauf einer konservativen
Augenarztpraxis sei mittlerweiProf. Dr. Friedrich E. Kruse, Erlangen
le problematisch. Die Situation
der konservativen Einzelpraxis verschlechtere sich immer weiter. Es sollten gegenseitige Angebote von Universitätskliniken
und Niedergelassenen zum beiderseitigen Nutzen gemacht
werden. Die Gefahr bestehe, dass einzelne Gruppen Selektivverträge mit den Krankenkassen abschlössen, die andere Augenärzte ausschlössen. Ein Beispiel für einen Selektivvertrag
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
jahrestagung
sei der Vertrag der Vereinigung operierender Augenärzte in
Nordrhein mit der Techniker Krankenkasse. Es gebe unterschiedliche Zusammenschlüsse: allein unter niedergelassenen
Ärzten oder Dominanz einer Großpraxis / MVZ / Krankenhaus in einem Ärztenetz, Verbindungen unterschiedlicher
Versorgungsstufen (z.B. niedergelassene Ärzte, Krankenhäuser, Reha) und als branchenübergreifende Kooperationen beispielsweise zwischen Augenärzten und Optikern. Ziel eines
Zusammenschlusses solle der Erhalt eines eigenständigen Profils und die wirtschaftliche Unabhängigkeit möglichst vieler
Augenarztpraxen sein. Patienten sollten jetzt und künftig nach
neuesten medizinischen Grundsätzen flächendeckend mit allen Möglichkeiten der Augenheilkunde versorgt werden.
Vistanet, dessen Geschäftsführer Kruse ist, schließe Niedergelassene, konservativ und operativ tätige Augenärzte und
bayerische Universitäts-Augenkliniken zusammen. Als Zielgruppe avisiere man circa 550 Augenärzte in Bayern. Der Verbund sei selbstständig und wirtschaftlich autonom, er verfüge
über etablierte organisatorische und abrechnungstechnische
Strukturen, schließe extrabudgetäre Direktverträge und IGV
(IVOM) ab, ermögliche eine vereinfachte Abrechnung auch
online und gebe u.a. individuelle Hilfestellung beim PraxisQM. Aktuell seien 123 niedergelassene konservativ und
operativ tätige Augenärzte Mitglied. Vistanet sorge für eine
gemeinsame Außendarstellung mit hochqualifizierter wohnortnaher Behandlung, sei eingebunden in finanziell geförderte
klinische Forschung, vermittle aktuell relevante berufspolitische Themen und gestalte ambulante Strukturverträge zur
Sicherstellung einer adäquaten konservativen augenärztlichen
Behandlung mit. Dazu gehöre auch der Vorschlag für einen
konservativen Strukturvertrag: Dieser solle eine indikationsbezogene und extrabudgetäre Vergütung, Zuschläge zur Basisbehandlung im RLV, Vergütung postoperativer Behandlung
nach stationärer und ambulanter OP – unabhängig von einer
OP-Einheit – und Vergütung ausgewählter konservativ zu behandelnder Augenerkrankungen enthalten.
Zusammenfassend stellte Kruse fest, dass innovative Versorgungsstrukturen auf Selektivvertragsbasis neben der Regelversorgung zunehmen werden. Wirtschaftliches Überleben
weiterhin selbständiger Augenärzte in freier Praxis sei langfristig nur in Gemeinschaft möglich. Die Möglichkeit zur Teilnahme an klinischen Studien eröffne zudem neue Perspektiven für Arztpraxen.
Zusammenarbeit zwischen Kliniken und Praxen
Der BVA-Vorsitzende Professor Dr. Bernd Bertram, Aachen,
befürwortete die Vernetzung der Klinik mit „außen“. Polikliniken bekämen eine Pauschale, die im Vergleich zu den Niedergelassenen mit ihrem schmalen RLV hoch erscheine. In NRW
gebe es 90 Euro, in denen aber auch alle Konsile inklusive Labor enthalten seien. Die Krankenhausverwaltung lege Wert auf
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
medizin
einfache Fälle, um schnell Geld
zu verdienen. Operationen
würden aus gleichem Grunde
zunehmend
fließbandmäßig
standardisiert.
Anteilmäßig
werde die Finanzierung hauptsächlich mit Kataraktoperationen, IVOM und Vitrektomien
bestritten. Klinikchefs seien
aber spezialisiert und es gebe
Spezialambulanzen. In Groß- Prof. Dr. Bernd Bertram, Aachen
praxen und Kliniken entstehe
immer mehr Konkurrenz zu operierenden und konservativen
Augenärzten um Zuweisungen. Praxen, die abgegeben werden
sollten, würden in der Masse aufgekauft von OP-Strukturen.
Es gebe zu wenig Geld für nicht operative Fälle bei steigenden
Kosten. Die Fälle seien oft aufwändiger in kleinen Praxen. Geld
wandere auch in andere Fachrichtungen ab. Hausarztverträge
täten ein Übriges. Jeder vierte Bürger ginge pro Jahr ein Mal
zum Augenarzt. Haupterblindungsursachen seien Katarakt,
Glaukom und diabetische Retinopathie, deren Diagnostik und
Therapie teuer seien. Das Image des Augenarztes müsse aufgebessert werden. Die gesamte Breite des Faches müsse erhalten
bleiben, die Zusammenarbeit mit Universitätsklinik und Spezialsprechstunden intensiviert werden. Es gelte, die Freiberuflichkeit zu wahren. Selbstständige Leistung müsse sich lohnen.
Wettbewerb müsse durch Qualität, nicht über Geld stattfinden.
Es könne nicht sein, dass 3.000 durchgeführte Katarakt-Operationen Voraussetzung für den Zugang zu speziellen Kassenverträgen seien. Klinik-MVZs würden die Probleme nicht lösen,
sie reichten für Studien und Spezialambulanzen nicht aus.
Diskussion
In der Diskussion bemängelten Niedergelassene, dass HRT oft
in der Klinik umsonst angeboten werde. Das sei problematisch
für die Niedergelassenen, da eine Argumentation für IGeL
nicht mehr möglich sei und die Patienten in die Kliniken abwanderten. Diese würden finanziell besser dastehen, wenn auch sie
HRT kostenpflichtig anböten. Die Kliniker entgegneten, dass
ihnen das Problem bekannt sei. In der Klinik würden aber u.a.
aus Studienzwecken derartige Untersuchungen angesetzt. Auch
gebe es Probleme mit der Verwaltung, da diese eine Pauschale
für den Patienten bekäme und IGeL nicht zuließe. Derartige
Untersuchungen in den EBM zu integrieren, die möglicherweise im RLV verschwänden, sei unsinnig. Andererseits könne kein
Druck auf Kassen ausgeübt werden, wenn Kliniken Leistungen
umsonst anböten, gab Bertram zu bedenken. Man müsse als
Fach zusammenhalten. IGeL seien für den konservativ tätigen
Augenarzt überlebenswichtig. Kruse meinte abschließend, es
läge allein an den Augenärzten, wie sich die Situation entwickeln werde. Man müsse sich selbst regional engagieren.
Von Dr. Christiane Schumacher
11
medizin
diabetische retinopathie
Herausforderung Diabetes
Bis zu einem Drittel der Patienten mit Diabetes Typ II haben bei Diagnosestellung bereits eine
Retinopathie. Sehverlust und Erblindung können nur mit fachübergreifender Kooperation vermieden werden. Über die interdisziplinären Aspekte sprachen wir mit Prof. Dr. Albert Augustin.
Herr Professor Augustin, wie wichtig ist die interdisziplinäre
Betrifft die interdisziplinäre Zusammenarbeit „nur“ die konZusammenarbeit mit anderen Fachrichtungen bei der diabekreten Patienten oder gibt es auch eine interdisziplinäre Fortischen Retinopathie? Extrem wichtig! Diabetes mellitus ist eine
schung? Welche anderen Schwierigkeiten bestehen in der
der großen aktuellen und zukünftigen Herausforderungen für
deutschen Wissenschaftslandschaft? Die Überwindung der
unser Gesundheitssystem. Eine bestmögliche Versorgung von
o.g. Sektorgrenzen ist bisher nicht gelungen. Hier liegt siPatienten kann nur durch gemeinsame Konzepte aller medizicher eine der größten Herausforderungen. Auch steht die
nischen Experten der Diabetesversorgung, der Kostenträger und
Translationsforschung in Deutschland erst am Anfang. Hier
der Gesundheitspolitik gelingen. Die Betreuung des Diabetikers
müssen wir uns von Absichtsbekundungen zur direkten Proist deshalb eine interdisziplinäre Aufgabe, weil
jektüberprüfung begeben. Denn die Ziele eilangfris-tig Lebenserwartung und Lebensqualität
ner solchen Forschung sind die Verbesserung
nur mit einem ganzheitlichen Konzept optimiert
von Prävention, Früherkennung, Diagnostik
werden können. Entscheidend für eine Verbesund Therapie des Diabetes mellitus und seiserung der Versorgungssituation ist nämlich vor
ner Komplikationen. Daneben müssen wir
allem die Notwendigkeit sogenannter interdiszidringend die epidemiologische Datenlage opplinärer und multiprofessioneller sowie transsektotimieren. Doch wie gesagt, das ist ein richtiger
raler Zusammenarbeit, da sich durch Diabetes Typ
Notstand – interdisziplinäre und Translations2 und daraus resultierende Folgeerkrankungen ein
Forschung werden zwar häufig diskutiert,
komplexes Problemfeld ergibt. Wir arbeiten zubeantragt und gefördert ... nun benötigen wir
sammen mit dem Internisten, Dermatologen und
Strukturen, die zukünftige Ergebnisse auch in
Neurologen – von uns und von dort werden, wenn Prof. Dr. Albert Augustin ist Direktor der
das reale Leben umsetzen helfen. Dies hat uns
Augenklinik des Klinikums Karlsruhe
notwendig, weitere Disziplinen hinzugezogen.
bislang nicht erreicht.
Welcher der beteiligten Fachärzte stellt meist zuerst fest, dass
ein Diabetes mellitus vorliegt? Wer hat die besten diagnostischen Möglichkeiten? In der Regel ist es der Hausarzt oder
Internist. Beide Disziplinen verfügen über die notwendigen
Verfahren.
Macht die interdisziplinäre Zusammenarbeit die Behandlung tendenziell teurer oder werden dadurch eher die Kosten gesenkt?
Auch wenn es am Anfang teuer erscheint, werden langfristig
enorm Kosten eingespart. 6,5 Mio. Menschen in Deutschland
haben einen Diabetes mellitus, Tendenz steigend. Wird die Erkrankung unzureichend behandelt, erhöht sich das Risiko für
schwere Folgeschäden wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Nerven-,
Nierenschädigungen, diabetische Retinopathie und Makulopathie. Eine frühzeitige und effektive Therapie ist daher von
größter ökonomischer und gesundheitspolitischer Bedeutung.
Was gibt es zu tun hinsichtlich der Prophylaxe der Augenbeteiligung? Hier gibt es viel zu tun – viele Patienten kommen sehr
spät, was auf fehlende Aufklärung der Ärzte und Patienten
hindeutet. Wir sind erst am Anfang der krankheitszentrierten
Netzwerkbildung – es fehlen eindeutig die Anreize.
12
Wie wird das bei Ihnen in Karlsruhe konkret umgesetzt? Die Patienten erhalten genaue Anweisungen und, falls gewünscht, auch
Terminierungen mit den Fachdisziplinen. Bisweilen vereinbaren wir auch sofort Termine mit nichtärztlichem Institutionen
wie Podologie, Bewegungstherapie und Ernährungsberatung.
Welche Therapien bieten Sie in Ihrer Klinik derzeit an? Eigentlich alle. Wir führen auch seit langem Anti-VEGF-Injektionen
durch, sowohl in Kombination mit Steroiden als auch mit Laserkoagulation. Wir arbeiten seit einiger Zeit mit gutem Erfolg auch
mit Kortisonimplantaten.
Sind demnächst weitere neue erfolgversprechende Therapieansätze zu erwarten? Das Feld wird immer interessanter – insbesondere Kortikosteroide, aber auch Anti-VEGF-Präparate
werden uns zur Verfügung stehen, das Ganze wird durch zusätzliche Laserkoagulation noch unterstützt werden können.
Und wie reagieren die Patienten auf einen auf Interdisziplinarität
ausgerichteten Ansatz? Ich habe den Eindruck, dass sie sich besser aufgehoben fühlen. Viele Diabetiker wissen einfach nicht um
die zahlreichen Gefahren, die ihnen drohen.
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
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medizin
prävention
Vorbeugen immer wichtiger
Eine gezielt um Antioxidantien bereicherte Ernährung, eine Katarakt-OP mit makulaschützender Komponente: Nicht immer, doch bei zahlreichen Patienten kann das Risiko, eine
AMD oder die Progression einer Frühform zu entwickeln, deutlich gesenkt werden – wenn
man früh genug anfängt. Weniger probat sind die Möglichkeiten beim Glaukom.
Um präventive Strategien, die der Patient täglich betreiben kann
oder die sein Ophthalmochirurg ihm als Option bei der Kataraktoperation anbietet, ging es auf einem Symposium der Firma
Polytech, das anlässlich des World Ophthalmology Congress
(WOC) Anfang Juni in Berlin stattfand. Der Mix aus Antioxidantien (vornehmlich die Vitamine C und E, Beta-Karotin und
Spurenelemente wie Zink und Kupfer) ist seit der ARED-Studie
bekannt, aber nicht unumstritten. Man kann, so der Münsteraner Netzhautexperte Prof. Daniel Pauleikhoff, davon ausgehen,
dass vor allem Patienten mit einem hohen Progressionsrisiko
von einer Nahrungssubstitution profitieren und das Risiko der
Verschlechterung, also der Übergang in eine sogenannte Spätform der AMD, um rund zehn Prozent gemindert werden kann.
Keine kontinuierlich durchzuführende, sondern eine „punktuelle Prävention“ ist die Entscheidung für eine Kunstlinse
mit Blaulichtfilter bei einer Kataraktoperation. Die Rationale
hinter diesem Schritt: Hochenergiereiches blaues Licht wird
herausgefiltert und kann keinen „Lichtstress” in der bei älteren Menschen zunehmend von Makulapigmenten entblößten Stelle des schärfsten Sehens und damit keine Anflutung
von freien Sauerstoffradikalen verursachen. „In den letzten
Jahren”, so PD Dr. Matthias Wirtisch (Graz), „sind bei
Katarakt-Operationen vermehrt Intraokularlinsen mit einem
Blaulichtfilter implantiert worden. Diese ,gelben’ IOL sollen
einen protektiven Effekt insbesondere bei vorgeschädigter
Makula haben und der Progression einer AMD vorbeugen.”
Gravierende Auswirkungen auf die visuelle Wahrnehmung
hat die gelbe Linse für die Patienten nicht, wie Studien des
österreichischen Ophthalmologen zeigen: „Das Blau-GrünFarbsehen liegt nach Implantation einer gelben IOL absolut
im normalen Bereich.”
Defensive Strategie bei Glaukom
Die beiden Leiterinnen des Symposiums, Prof. Dr. Birgit Lorenz (Gießen) und Prof. Dr. Nicole
Eter (Bonn), mit Dr. Walter Schwab von Polytech (v.r.n.l.)
Protektiver Effekt für die Makula
Unterstützung erhalten die Antioxidantien durch eine weitere
Wirkstoffgruppe, denn ungesättigte Omega-3-Fettsäuren haben einen makulaprotektiven Effekt. Dieser positive Effekt geht
noch weiter: Omega-3-Fettsäuren verbessern die Funktion der
Meibomdrüsen, was sich unter anderem in einem stabileren
Tränenmeniskus und einer verlängerten Tränenfilmaufrisszeit
äußert, wie PD. Dr. Jutta Horwath-Winter von der Universitätsaugenklinik Graz ausführte. Die Gabe von Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) kann bei zahlreichen Patienten die Sicca-Beschwerden vermindern – und
somit auch die Menge der zugeführten Tränenersatzmittel.
14
Weniger probat sind die Möglichkeiten, ein Glaukom zu verhindern. Ist dieses erst einmal manifest, kann die Strategie
des Augenarztes nur noch defensiv sein. Ziel ist nur noch die
Bewahrung des Bestehenden, d.h. der Funktion selbst. Die
überwiegende Mehrzahl der Patienten wird medikamentös
mit augendrucksenkenden Augentropfen behandelt. Für jene,
die sich einer Operation unterziehen müssen (bei denen zum
Beispiel die konservative Therapie nicht ausreichend wirkt,
Augentropfen nicht vertragen oder/und besonders häufig einfach nicht genommen werden), sind Glaukomdrainageimplantate heute eine Alternative zu einer fistulierenden Operation.
Nach Prof. Dr. Carl Erb (Berlin) sind die Hauptindikationen
für Glaukomimplantate vor allem therapierefraktäre Glaukome, das Vorliegen einer stark vernarbten Bindehaut, z.B.
nach vorausgegangener Netzhautoperation, und weithin als
„problematisch” eingeschätzte Glaukomformen wie das Neovaskularisationsglaukom, das uveitische Sekundärglaukom,
Keratoplastik-assoziierte Glaukome und kindliche Glaukome.
Jedoch müssen Arzt wie Patient nach Erbs Ansicht bei dieser Option realistisch bleiben: „Das A und O im Umgang mit
Glaukomimplantaten: Erwarten Sie keine Wunder!”
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
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medizin
trockenes auge
Klassifikationsschema
Pathomechanismus des Trockenen Auges
Multifaktorielle Erkrankung
Neue Erkenntnisse zu Funktion, Zusammensetzung und Analyseverfahren des Tränenfilms
standen im Juni 2010 auf dem Programm des Pfingstseminars der Fielmann Akademie Schloss
Plön. Dr. Philipp Steven ging dort auf Ursachen und Behandlung des Trockenen Auges ein.
Zunächst verwies er auf die aktuelle Definition des International Dry Eye Workshops (DEWS, 2007): „Das Trockene Auge
ist eine multifaktorielle Erkrankung des Tränenfilms und der
Augenoberfläche, die mit okulären Symptomen, Visusminderung und Tränenfilminstabilität sowie mit möglicher Schädigung der Augenoberfläche einhergeht. Das Trockene Auge ist
assoziiert mit einer erhöhten Osmolarität des Tränenfilms und
einer Entzündung der Augenoberfläche.“ Anhand einer Grafik
(Abb. oben links) erläuterte Steven die Klassifikation in zwei
Arten des Trockenen Auges: Bei der ersten ist wenig Tränenflüssigkeit vorhanden (hypovolämisch), bei der zweiten verdunstet die Tränenflüssigkeit zu schnell (hyperevaporativ).
Die Ursachen für zu geringe Tränenproduktion (hypovolämisch)
sind vielfältig, bedingt entweder durch eine Autoimmunerkrankung (Sjögren-Syndrom) oder durch eine Tränendrüsen-Dysfunktion, Verschluss der Tränenausführungsgänge, Medikamenteneinnahme oder eine Blockade des Regelkreises zur Bildung
von Tränenflüssigkeit. Diese Blockade kann z.B. durch Diabe-
Dr. Philipp Steven ist Oberarzt an
der Klinik für Augenheilkunde des
Universitätsklinikums Lübeck
16
tes, Herpesinfektionen, Lasik, psychische Belastung und auch
unkontrolliertes Kontaktlinsentragen verursacht werden und ist
möglicherweise Folge einer Hornhaut-Desensibilisierung.
Die Ursachen für die zweite, hyperevaporative, Art des Trockenen
Auges können intrinsisch oder extrinsisch bedingt sein. Die wichtigste intrinsische Ursache für eine überhöhte Verdunstungsrate
ist die Meibomdrüsen-Dysfunktion, eine Funktionsstörung der
Lipid produzierenden Meibomdrüsen im Ober- und Unterlid.
Sie kann sich in einer Über- oder Unterproduktion von Lipid
oder aber in einer Verstopfung der Drüsenausgänge manifestieren. Weitere intrinsische Ursachen können Lidschlussdefekt oder
reduzierter Lidschlag sein. Extrinsische Faktoren sind Allergien,
Vitamin-A-Mangel, Konservierungsstoffe und eventuell schlecht
auf den Tränenfilm abgestimmtes Kontaktlinsenmaterial.
Im zweiten Teil seines Vortrages ging Steven auf die Pathomechanismen (Abb. oben rechts) und die sich daraus ableitenden
Behandlungsmöglichkeiten des Trockenen Auges ein. Er stellte
drei therapeutische Ansätze heraus, die auf eine Verbesserung
der Tränenfilmstabilität, eine Reduzierung der Osmolarität
oder eine Bekämpfung entzündlicher Prozesse abzielen. Dazu
gehören zum Beispiel die Gabe von Medikamenten oder chirurgische Eingriffe durch den Augenarzt, aber auch bei milderen Formen (trocken empfundenen Augen) die Wahl eines
geeigneten Kontaktlinsenmaterials, eines befeuchtenden Tränenersatzmittels zur Verminderung der Konzentration von
Entzündungsmediatoren, Empfehlungen zur Ernährung sowie
eine Einweisung in die Pflege der Lidränder.
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
editorial
ophthalmo-chirurgie
PD Dr. med. Anja Liekfeld,
Chefärztin der Augenklinik am
Klinikum Ernst von Bergmann, Potsdam,
[email protected]
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
In dieser Ausgabe wenden wir uns der Netzhautund Glaskörper-Chirurgie zu. In diesem Bereich
hat sich in den letzten Jahren, ebenso wie in der
Katarakt-Chirurgie, ein Trend zu möglichst gering invasiven Eingriffen abgezeichnet, vor allem
durch Kleinschnitt-Techniken. Zusätzlich haben
Farbstoffe und intraokular zu applizierende Pharmaka weitere Möglichkeiten eröffnet und Herangehensweisen verändert. Dies stellt uns Haritoglou
in seiner Übersichtsarbeit zur Makulachirurgie dar
(Seiten 18-20).
Die Anti-VEGF-Therapie für die altersbedingte
Makuladegeneration (AMD) hat die Augenheilkunde revolutioniert. Gleichzeitig ist die intravitreale Medikamentengabe zu einer der häufigsten
intraokularen Prozeduren geworden. GabelPfisterer zeigt derzeitige und zukünftige Optionen
auch für andere Erkrankungen durch eine AntiVEGF-Behandlung auf (Seiten 22/23).
Außerdem berichten wir über den 1. Marburger
Ophthalmologischen Disput, der in interessanter
Konstellation und unter regen Diskussionen verschiedene ophthalmochirurgische Themen aus
unterschiedlicher Sicht beleuchtete (Seiten 2629). Damit hat Sekundo den Grundstein für eine
frische und hochqualitative Veranstaltung gelegt,
die hoffentlich in Folgeveranstaltungen Bestand
haben wird.
So macht es immer wieder Spaß, jungen und neuartigen spannenden Entwicklungen und Vertretern der Augenheilkunde zu begegnen und auch
die Ophthalmochirurgie in einem stetigen Wandel
zu sehen.
Ich wünsche viel Spaß beim Lesen und eine entspannte Sommerzeit!
Herzliche Grüße,
Ihre Anja Liekfeld
Einen Ausblick auf mögliche postoperative Komplikationsvermeidung im Rahmen der Kataraktchirurgie durch spezielle Beschichtung von Intraokularlinsen gibt uns Eibl-Lindner (Seiten 24/25).
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
17
ophthalmo-chirurgie
makulaforamen
Makulaforamen-Chirurgie heute
Bis 1991, dem Jahr der ersten Publikation über den erfolgreichen operativen Verschluss durch
Kelly und Wendel, galt das Makulaforamen als unheilbar. Fast 20 Jahre später ist die Operation für einen erfahrenen vitreoretinalen Chirurgen sicher ein Routineeingriff. Das Makulaforamen ist heute eine sehr gut behandelbare Erkrankung. Von PD Dr. med. Christos Haritoglou.
Das idiopathische Makulaforamen ist typischerweise eine Erkrankung des höheren Lebensalters und betrifft Frauen häufiger als Männer. Die Patienten beklagen neben dem Visusverlust und einem zentralen Skotom vor allem Metamorphopsien.
Unter Berücksichtigung der beschriebenen klinischen Stadien
nach Gass kann das Makulaforamen an der Spaltlampe mit
der 78-Dioptrien-Lupe diagnostiziert und die Diagnose durch
den Watzke-Allen-Test bestätigt werden. Eine weiterführende
Diagnostik ist mit Ausnahme einer optischen Kohärenztomographie eigentlich nicht nötig.
Die bis heute gültige klinische Einteilung / Klassifikation nach
Gass stammt von 1988: Im Stadium 1 erkennt man biomikroskopisch im Bereich der Fovea eine gelben Fleck (1a) oder Ring
(1b), im Stadium 2 einen durchgreifenden Defekt im Bereich der
Makula, der sich im Stadium 3 auf einen Durchmesser von über
400 µm aufdehnt. Im Stadium 4 beobachtet man zusätzlich eine
hintere Glaskörperabhebung (Abb. 1 rechte Seite, Abb. 2 unten).
Unter Berücksichtigung neuer Erkenntnisse, gewonnen durch
hochauflösende bildgebende Verfahren und histopathologische
Korrelationen, wird diese rein klinische Einteilung in den kommenden Jahren sicher neu bewertet werden müssen.
Vitrektomie und ILM-Peeling
Die 23-Gauge-Vitrektomie mit Induktion einer Glaskörperabhebung (bei Makulaforamen Stadium 1-3) und Entfernung
vorhandener epiretinaler Membranen ist entscheidend für die
Entlastung tangentialer und anterior-posteriorer Traktionen,
die wesentlich zur Pathogenese des Makulaforamens beitragen. Man sollte sich ferner vergewissern, zum Beispiel durch
die intraoperative Eingabe von Triamzinolon, dass es zu einer
kompletten Abhebung der Glaskörperrinde gekommen ist und
nicht nur zu einer Spaltung innerhalb derselben (Vitreoschisis),
da dies den Erfolg der Operation gefährden kann.
Einigkeit herrscht heute sicherlich auch über den positiven
Effekt der Entfernung der inneren Grenzmembran der Netzhaut, der ILM. Sie repräsentiert die Basalmembran der Müllerschen Stützzelle und bildet die innerste Schicht der Netzhaut.
Ihre Dicke variiert zwischen 0,01 µm bis ca. 3,2 µm in Abhängigkeit von der Lokalisation im Auge und sie ist transparent.
Wir wissen aus experimentellen Studien, dass die Entwicklung
der ILM unmittelbar nach der Geburt abgeschlossen ist, die
alle Abb.: Haritoglou
Bis in das Jahr 1991, dem Jahr der ersten Publikation über den
erfolgreichen operativen Verschluss durch Kelly und Wendel,
galt das Makulaforamen als unheilbar. Heute, fast 20 Jahre danach, ist die Operation des Makulaforamens für einen erfahrenen vitreoretinalen Chirurgen sicherlich ein Routineeingriff.
Abb. 2: Klinisches Bild eines Makulaforamens (rechts im rotfreien Licht). Man erkennt den neurosensorischen Defekt und in vielen Fällen, wie auch hier, einen gräulichen Rand, der einer
Abhebung der umgebenden Netzhaut entspricht
18
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
Abb. 1: Optische Kohärenztomographie (OCT) eines Makulaforamens. Am äußeren Rand des
Foramens schwebt ein kleines Gewebestück (Operculum). Dabei handelt es sich aber nicht
um neurosensorisches Gewebe
Als Komplikation des ILM-Peelings wurden asymptomatische
parazentrale Skotome im Sinne von Nervenfaserbündeldefekten beschrieben. Heute belegen die publizierten Daten, dass
ILM-Peeling sowohl das anatomische wie auch funktionelle
Ergebnis der Makulaforamenchirurgie günstig beeinflusst und
dieser positive Effekt auch über einen längeren Nachbeobachtungszeitraum von zehn Jahren persistiert. Die Bedeutung des
ILM-Peelings liegt besonders in einem effektiven Schutz vor
zellulären Reproliferationen und der Bildung von Rezidiven
(late reopening). Diskutiert wird heute besonders, ob auf ein
ILM-Peeling besonders bei kleinen Makulaforamina mit einem
Durchmesser von weniger als 400 µm verzichtet werden kann.
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ILM also nicht mehr weiter wächst und auch nicht zum Beispiel nach ihrer operativen Entfernung regeneriert.
Farbstoffe
Durch die Einführung von Vitalfarbstoffen gelang eine deutlich bessere Abgrenzung der ILM, was die Präparation vor
allem für den weniger erfahrenen Chirurgen erheblich erleichtert, kontrollierbarer und vermeintlich sicherer macht.
Als selektive ILM-Farbstoffe stehen heute zwei Farbstoffe zur
Auswahl:
• Die Anwendung von Indozyaningrün (ICG) ist mit Blick
auf mögliche toxische Effekte sicherlich kritisch zu bewerten und vielerorts verlassen. Beobachtet wurden periphere
Gesichtsfelddefekte, eine Verschlechterung des funktionellen (nicht aber des anatomischen) Ergebnisses, Optikusatrophien sowie ungewöhnliche Veränderungen des retinalen Pigmentepithels.
• Eine neue und sehr vielversprechende Alternative zum ICG
ist der Farbstoff Brillantblau (Abb. 3, nächste Seite), der in
einer Konzentration von 0,25 mg/mL für die Anwendung
am Menschen (im Gegensatz zum ICG) zugelassen ist. Zuvor wurde die hohe Biokompatibilität des Farbstoffes in experimentellen Studien nachgewiesen. Der Farbstoff soll in
den flüssigkeitsgefüllten Bulbus eingegeben und dann rasch
ausgespült werden.
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Concept Ophthalmologie 04 / 2010
ophthalmo-chirurgie
makulaforamen
Triamzinolon stellt im Rahmen der Makulaforamenchirurgie
eine Alternative zu den genannten Substanzen dar. Zwar besitzt Triamzinolon keine Färbeeigenschaften an sich, jedoch
kann es zur Kontrastierung des Glaskörpers verwendet werden,
da sich die Kristalle der Suspension zwischen Kollagenresten
auf der Netzhautoberfläche und zwischen den Kollagenfasern
des Glaskörpers verfangen. Der Operateur kann sich beim Peeling der ILM einen Überblick verschaffen, wo die ILM bereits
entfernt wurde.
Pharmakologische Vitreolyse
Während durch das ILM-Peeling Traktionen durch eine operative Entfernung der innersten Netzhautschicht entlastet werden, gibt es mittlerweile Bestrebungen, durch die intravitreale
Injektion von Enzymen wie dem Mikroplasmin (Vitreolyse)
eine andere Dissektionsebene, nämlich auf der vitrealen Seite
der ILM, zu nutzen und somit die ILM unangetastet zu lassen.
Erste Ergebnisse dieser noch laufenden klinischen Studien zeigen, dass allein durch die enzymatische Induktion der hinteren
Glaskörperabhebung Makulaforamina verschlossen werden
können, also ohne weitere operative Maßnahmen.
Endotamponade und Patientenlagerung
Nach dem Flüssigkeits-Luft-Austausch wird der chirurgische
Eingriff mit einer Endotamponade abgeschlossen. Eine Drainage subretinaler Flüssigkeit im Bereich des Makulaforamens
wird dabei nicht von allen Experten empfohlen, da Schäden im
Bereich des retinalen Pigmentepithels auftreten können.
Der Operateur hat die Auswahl zwischen kürzer und länger
wirkenden Endotamponaden wie Perfluoropropan (C3F8),
Hexafluoroethan (C2F6), Sulfurhexafluorid (SF6) oder Luft.
Die Endotamponade soll einen Kontakt von intraokularer Flüssigkeit und dem Makulaforamen verhindern. Dazu wird der
Patient gebeten, für einige Tage eine Bauchlage oder entsprechende Kopfhaltung einzunehmen. Sowohl die Wahl der Endotamponade als auch die Frage, ob und wenn wie lange diese
Haltung eingenommen werden muss, wird gegenwärtig kontrovers diskutiert. Es konnte gezeigt werden, dass länger wirksame
Gastamponaden (z.B. 16 % C3F8) das funktionelle Ergebnis
PD Dr. med. Christos Haritoglou ist Oberarzt
an der Augenklinik der Ludwig-MaximiliansUniversität, München
20
Abb. 3: Peeling der mit Brillantblau angefärbten ILM
positiv beeinflussen und eine spezielle Lagerung des Patienten
nicht zwingend nötig ist. In Zeiten des ILM-Peelings und unter
Berücksichtigung von Berichten über gute anatomische Ergebnisse mit Luft als Tamponade, kurzen Phasen postoperativer
Lagerung und Hinweisen auf einen sehr raschen Verschluss des
Makulaforamens bereits am ersten postoperativen Tag, besteht
ein Trend hin zu kurz wirksamen Tamponaden und kurzen Lagerungszeiten. Permanente Tamponaden wie Silikonöl sollten
speziellen Fällen wie immobilen Patienten oder bei anstehenden dringenden Flugreisen vorbehalten bleiben.
Prognostische Faktoren und Indikationsstellung
Prospektive Untersuchungen mit optischer Kohärenztomographie haben gezeigt, dass der präoperativ gemessene Basisdurchmesser und der kleinste Durchmesser des Makulaforamens
mit dem anatomischen Ergebnis korrelieren; ferner besteht
wohl eine negative Korrelation zwischen diesen Messparametern und dem funktionellen Ergebnis. Im OCT sichtbare Unregelmäßigkeiten in äußeren Netzhautschichten, besonders der
Photorezeptorschicht, können trotz anatomischem Verschluss
unerwartet schlecht funktionelle Ergebnisse erklären. Alter des
Patienten, Dauer der Symptome (als Hinweis auf die Dauer
des Bestehens des Makulaforamens) und Ausgangsvisus sind
nicht unbedingt von prognostischem Wert.
Das Makulaforamen ist heute eine sehr gut behandelbare Erkrankung, die Operation in der Regel für den Patienten wenig
belastend. So kann die Indikation zur Operation im Stadium 2
bis 4 unabhängig vom präoperativen Visus und auch bei länger
bestehenden Makulaforamina gestellt werden. Das funktionelle Ergebnis bei schlechtem Ausgangsvisus fällt in der Regel
etwas schlechter aus als bei gutem Ausgangsvisus, im Durchschnitt erleben die Patienten eine Visusverbesserung auf 0.5.
Berichtet sind Fälle einer erfolgreichen Operation mit Visusanstieg auf 0.4 bei bis zu 18 Jahre bestehendem Makulaforamen.
Die Verschlussraten liegen heute bei annähernd 95 Prozent
nach ein bis maximal zwei Operationen.
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
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bis zum 23.09.2010 entgegen
21
netzhauterkrankungen
alle Abb.: Gabel-Pfisterer
ophthalmo-chirurgie
Injektion unter sterilen Bedingungen via pars plana in 3,5 mm Abstand vom Limbus
Anti-VEGF-Therapie bei vaskulären
Netzhauterkrankungen
Nachdem die Anti-VEGF-Therapie sich bei der exsudativen AMD als erfolgversprechend erwiesen hat, wird diskutiert, welche anderen retinalen Gefäßerkrankungen positiv beeinflusst werden können. Von Interesse sind dabei die okulären Komplikationen des Diabetes mellitus sowie
retinale Venenverschlüsse und Neugeborenenretinopathie. Von Dr. med. Ameli Gabel-Pfisterer.
Die intravitreale Therapie mit Antikörpern gegen den vaskulären
endothelialen Wachstumsfaktor VEGF stellt bei der exsudativen
AMD das Mittel der Wahl dar. Zur Zeit stehen zur Injektion
drei Medikamente zu Verfügung: Ranibizumab, das alle Isoformen von VEGF-A blockiert. Macugen, das nur die VEGFA-Isoform 165 blockiert und wie Ranibizumab zur Therapie der
exsudativen AMD zugelassen ist. Bevacizumab wird als AntiVEGF-Antikörper in der Onkologie benutzt und kann für die
Anwendung am Auge nur im Off-Label-Use eingesetzt werden.
Alle Präparate blockieren die VEGF-A vermittelte Angiogenese
und reduzieren die VEGF-A vermittelte krankhaft erhöhte Permeabilität der Netzhaut-Gefäße und damit das visusmindernde
Netzhautödem. Mit diesem Mechanismus hat die Anti-VEGFTherapie bei der exsudativen AMD Erfolge gebracht.
Dr. Ameli Gabel-Pfisterer ist Oberärztin in der
Augenklinik der Universitätsmedizin Berlin
Charité – Klinikum Benjamin-Franklin
22
Retinale Komplikationen des Diabetes mellitus
Die okulären Komplikationen des Diabetes mellitus stellen
weltweit die häufigste Erblindungsursache der Menschen im
berufsfähigen Alter dar.
Diabetische Retinopathie
Durch den hohen Blutzucker kommt es zu Veränderungen unter anderem auch der retinalen Gefäßwände und zu Gefäßverschlüssen. Die abhängigen Netzhautareale werden hypoxisch
und induzieren die VEGF-Produktion. Das freigesetzte VEGF
vermittelt die Bildung von retinalen Gefäßproliferationen. So
entsteht bei 20-25 % der Typ-I- und bei 40-50 % der Typ-2-Diabetiker im Verlauf von zehn Jahren eine retinale diabetische
Angiopathie mit dem Risiko des Fortschreitens zu einer proliferativen Erkrankung und schließlich zur traktionsbedingten
Netzhautablösung insbesondere am hinteren Pol. Kann die
Erkrankung im präproliferativen oder frühen proliferativen
Stadium nicht ausreichend durch Laserkoagulation behandelt
und damit der VEGF-Spiegel in der Netzhaut und im Glaskörperraum reduziert und die Proliferation verhindert werden,
ist eine Vitrektomie mit Entfernung der epiretinalen Membranen notwendig. Operative Risiken sind die Entstehung von
Netzhautlöchern und Nachblutungen in den Glaskörperraum.
Durch den präoperativen Einsatz von Anti-VEGF-Präparaten
kann die Aktivität der Proliferationen und damit das operative
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
netzhauterkrankungen
Risiko reduziert werden. Jedoch muss nach den bisherigen
Erfahrungen die Patientenauswahl und der Abstand von zwei
bis vier Tagen zwischen Anti-VEGF-Injektion und vitreoretinalem Eingriff sehr genau beachtet werden, da im Einzelfall
eine Progression der traktiven Aktivität durch Fibrosierung der
Proliferationsmembranen vorkommen kann.
Diabetische Makulopathie
Bei der diabetischen Makulopathie steht die Erhöhung der Gefäßpermeabilität durch VEGF im Vordergrund. Therapie der
Wahl beim fokalen und diffusen diabetischen Makulaödem
ist derzeit noch die Laserkoagulation, die durch die Regeneration des retinalen Pigmentepithels zu einer Stabilisierung
der äußeren Blut-Retinaschranke führt. Dies ist jedoch nur
bei einem Teil der behandelten Patienten funktionell wirksam,
eine Behandlung der Fovea ist nicht möglich. Im Gegensatz
dazu reduziert die Anti-VEGF-Therapie die Permeabilität der
Blutgefäße und führt zu einer Reduktion des Netzhaut-Ödems
und somit zu einer Visusbesserung.
In 2010 wurden die ermutigenden Ergebnisse der Phase-III-Studie RESTORE und die Studie des Diabetic Retinopathy Clinical
Research Network (DRCR.net) vorgestellt. Beide belegen, dass
Patienten mit diabetischem Makulaödem, die über ein Jahr mit
Ranibizumab und zusätzlicher Laserkoagulation behandelt worden sind, in 40-50 % der Fälle eine Visusverbesserung von mehr
als 10 Buchstaben hatten, während dies nach alleiniger Laserkoagulation nur 16-28 % waren. Macugen scheint ebenfalls einen
ödemreduzierenden Effekt zu haben, so dass für beide Präparate
die Zulassung für den Einsatz beim DME beantragt wurde.
Retinale Venenverschlüsse
Makulaödem
Nach der diabetischen Retinopathie sind Venenverschlüsse
die häufigste retinale Gefäßerkrankung. Die Prognose bei den
nicht-ischämischen Verschlüssen ist dabei vor allem von der
Ausprägung des VEGF-abhängigen Makulaödems abhängig.
Nach den Ergebnissen der CRUISE-Studie zeigten die Patienten mit Zentralvenenverschluss (ZVV) unter der Therapie
mit Ranibizumab nach einem halben Jahr einen Rückgang des
Makulaödems und einen mittleren Visusanstieg von rund 15
Buchstaben im Vergleich zu einem Buchstaben in der Kontrollgruppe. In der BRAVO-Studie zeigten die Patienten mit Venenastverschluss (VAV) unter Ranibizumab im gleichen Zeitraum
Ödemrückgang und einen mittleren Visusgewinn von rund 18
Buchstaben, in der Kontrollgruppe waren es 7 Buchstaben.
So stellt nach der Stellungnahme von Deutscher Ophthalmologischer Gesellschaft (DOG) und Berufsverband der Augenärzte (BVA) die einmalige Injektion von Bevazizumab oder
Ranibizumab die Therapie der ersten Wahl dar. Im Verlauf
soll über die Notwendigkeit weiterer Injektionen in Abhängigkeit vom Befund entschieden werden. Sowohl beim Zentralve-
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
ophthalmo-chirurgie
Optische Kohärenztomographie
(OCT) eines Patientenauges mit
Venenastverschluss, z.n. Laserkoagulation bei Makulaödem.
Der Visus war auf 0,4 reduziert,
der Patient durch Metamorphopsien stark gestört. Im
Oktober 2009 erfolgte die erste
Anti-VEGF-Injektion, danach
stieg der Visus auf 0,6 an. Bei
persistierendem Makulaödem
erfolgte im Februar 2010 eine
erneute Anti-VEGF-Injektion. Im
Juli 2010 war das Ödem weiter
rückläufig, der Visus betrug
0,8. Der Patient empfand die
Situation als deutlich besser
nen- als auch beim Venenastverschluss sind meist wiederholte
Injektionen notwendig, im ersten Jahr sind im Mittel circa
fünf Anti-VEGF-Injektionen erforderlich. Besonders im ersten
halben Jahr muss wiederholt behandelt werden. Bei Therapieversagen wird das zur Zulassung anstehende DexamethasonImplant empfohlen. Zusätzlich kann bei Venenastverschlüssen
mit persistierendem Makulaödem gemäß der Branch-VeinOcclusion-Studie eine Gridlaserkoagulation sinnvoll sein.
Ganz wichtig ist aber zur Prophylaxe eines Gefäßverschlusses
am Partnerauge die Abklärung der kardiovaskulären Risikofaktoren mit Blutdruckkontrolle und Bestimmung von Blutfetten, Blutzucker und Blutbild.
Proliferative Retinopathie
Bei ausgedehnten Ischämien (ZVV mehr als zehn, beim VAV
mehr als fünf Papillenflächen) besteht ein Risiko zur Entstehung einer proliferativen Retinopathie und eines neovaskulären Sekundärglaukoms. Die indizierte panretinale Laserkoagulation kann durch den Einsatz von Anti-VEGF-Präparaten
unterstützt werden.
Frühgeborenenretinopathie (ROP)
Bei der ROP steht pathogenetisch die Hypoxie-induzierte
VEGF-vermittelte Angiogenese im Vordergrund. Kleinere Fallstudien haben gezeigt, dass sich unter Avastin Proliferationen
zurückbilden und die normale Netzhautvaskularisation erfolgen kann. Schwere Komplikationen wie traktive Netzhautablösungen werden verhindert. Außerdem besteht die Hoffnung,
dass in den betroffenen Kinderaugen periphere Gesichtsfelddefekte und langfristige Folgen wie die Myopieentwicklung durch
Verzicht auf die panretinale Laserkoagulation vermieden werden können. Die großen kontrollierten Studien BEAT-ROP und
BLOCK-ROP rekrutieren derzeit Patienten oder werten noch
Daten aus. Die Ergebnisse werden mit Spannung erwartet.
23
ophthalmo-chirurgie
katarakt / iol
Option IOL-Oberflächenmodifikation
Der Nachstar gilt als die häufigste Langzeitkomplikation nach einer Katarakt-Operation und
die Endophthalmitis als die am meisten gefürchtete Komplikation. Ein Lösungsansatz zur
Verhinderung dieser Probleme könnte in einer Oberflächenmodifikation der Intraokularlinse
liegen. Von PD Dr. med. Kirsten H. Eibl-Lindner.
Der Graue Star oder die Katarakt ist mit 47,9 % die häufigste
Ursache für eine vermeidbare Erblindung im Alter und/oder
in Verbindung mit Diabetes mellitus weltweit (WHO Global
Initiative to Eliminate Avoidable Blindness, „Vision 2020:
The Right to Sight“; Klein et al.; Ophthalmology 1984). Sie
entsteht durch eine zunehmende Trübung der Augenlinse
(Medientrübung), wodurch die Transmission von Licht durch
das Auge vermindert wird. Die Patienten bemerken häufig einen Verlust des Farbsehens („Grauschleier“) und ein zunehmendes Blendungsgefühl (Photophobie). Durch eine relativ
einfache Operation, die Entfernung der getrübten Linse mit
Implantation einer Kunstlinse (Intraokularlinse; IOL) in den
verbliebenen Kapselsack, kann den Patienten bei intakter Netzhaut sofort wieder eine gute Sehschärfe ermöglicht werden.
Moderne Kataraktchirurgie: hoher Anspruch an
Funktion und Biokompatibilität der IOL
Die Auswahl der neuen IOL orientiert sich stark an den individuellen Sehgewohnheiten des Patienten und an seinem
Anspruch an die Sehleistung. Durch gezielte Anamnese sowie
genaue biometrische Voruntersuchungen werden seine Erwartungen vor der Operation erfasst und die für die individuelle
Lebenssituation passende IOL ausgewählt. Ob es sich dabei
um eine monofokale oder multifokale Linse handelt, welches
Material und welches Optikdesign implantiert wird, hängt zu
einem großen Teil auch von der kapsulären Biokompatibilität
der jeweiligen IOL ab. Für bestimmte IOL sind hohe Nachstarraten seit längerem bekannt (Mastropasqua et al. Acta Oph-
PD Dr. med. Kirsten H. Eibl-Lindner ist Oberärztin an der Augenklinik der LMU München
24
thalmol Scand 2007) bzw. aktuell werden insbesondere über
hydrophile Acrylate Subluxationen aufgrund einer massiven
Kapselfibrose innerhalb des ersten Jahres nach Implantation
berichtet (Kramer et al. Der Ophthalmologe 2010). Andererseits sind bestimmte IOL-Materialien wie hydrophobe Acrylate
und Silikon-IOL mit vergleichsweise höheren Endophthalmitis-Raten assoziiert (Baillif et al. J Fr Ophthalmol 2009).
Der Nachstar oder die hintere Kapselfibrose gilt als die
häufigste Langzeitkomplikation nach regelrechter Katarakt-Operation und ist durch
eine erneute Minderung der
zentralen Sehschärfe charakterisiert (siehe Abb.). Die
Nachstar-Inzidenz liegt bei
11,8 % aller Patienten innerhalb eines Jahres nach operativer
Linsenentfernung und Implantation einer IOL und bei bis zu
28,4 % nach 5 Jahren (Schaumberg et al. Ophthalmology 1998;
Bertelmann et al. Curr Opin Ophthalmol 2001). Aktuelle Daten geben Hinweise darauf, dass zehn Jahre postoperativ von
noch höheren Nachstarraten um 40 % auszugehen ist (Vock
et al. J Catract and Refrac Surg 2009). Nach so langer Zeit
scheinen sich Unterschiede in IOL-Design und -Material hinsichtlich der Nachstar-Inzidenz anzugleichen. Der Nachstarverzögernde Effekt der Acryllinsen mit „scharfer Kante“ hält
über einen so langen Nachbeobachtungszeitraum nicht an. Als
Ursache für die Nachstarbildung sind residuale äquatoriale
Linsenepithelzellen bekannt, die sich vermehren (Proliferation) und von der Äquatorregion des nach Entfernung der Augenlinse verbliebenen Kapselsackes in die Mitte der optischen
Achse wandern (Migration). Dies ist mit einer signifikanten
Minderung der zentralen Sehschärfe verbunden. Pathophysiologisch ist hierbei das Oberflächenmaterial der IOL von großer
Bedeutung, da die Linsenepithelzellen infolge des Kontakts
mit diesen Oberflächen Zytokine (IL-1 und 6; PGE2) produzieren, die neben der oben genannten zellulären Reaktion (Proliferation, Migration) zu einer Störung der Blut-Kammerwasser-Schranke (PGE2 vermittelt) und zu einer entzündlichen
Reaktion führen (Nishi et al. J Cat Refract Surg 1996).
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
katarakt / iol
Oberflächenmodifizierten Intraokularlinsen in
Klinik und Forschung
In der klinischen Anwendung befinden sich derzeit Heparin-beschichtete Intraokularlinsen zur Nachstar-Prophylaxe
(hydrophile Acrylate oder PMMA) und Polysaccharid-Oberflächen-modifizierte (PSM) IOL zur Endophthalmitis-Prophylaxe (Silikon-IOL). In einer randomisierten klinischen Studie
an über 100 Patienten konnte gezeigt werden, dass nach einer
relativ kurzen Nachbeobachtungszeit von zwölf Monaten eine
mit Heparin oberflächenmodifizierte hydrophile Acryl-IOL
(BioVue, OII, Ontario, CA, USA) hinsichtlich ihrer prophylaktischen Wirkung auf die Nachstarentstehung unwirksam ist im
Vergleich zu einer hydrophoben Acryl-IOL (Sensar, AR 40e,
AMO, Santa Ana, CA, USA) (Kang et al. Jpn J Ophthalmol
2009). Am Kaninchenauge ist eine präoperativ mit Dexamethason modifizierte Silikon-IOL (CeeOn, AMO, Santa Ana,
CA, USA) implantiert und über 28 Tage nachbeobachtet worden, ohne dass Unterschiede hinsichtlich der Nachstarentstehung beobachtet werden konnten (Kugelberg et al. Acta Ophthalmol 2010). Eine vielversprechende Arbeit wurde von Liu
et al. angefertigt, die eine Nachstar-Inhibition am Kaninchenauge mit Rapamycin-modifizierten IOL sogar sechs Monate
nach IOL-Implantation nachweisen konnte (Liu et al. Grafes
Arch Clin Exp Ophthalmol 2009).
Als Endophthalmitits-Prophylaxe befinden sich derzeit Norfloxacin-beladene Hydrogel-Linsen (pHEMA) in der Entwicklung,
deren Oberfläche nachträglich mit Octadecyl-Isocyanat modifiziert wurde, um eine hydrophobe Oberfläche mit verzögerter
Wirkstoff-Freisetzung zu erzeugen. Diese IOL zeigten in vitro
eine gute Wirksamkeit gegenüber Streptococcus epidermidis
(Anderson et al. Biomaterials 2009). Eine sehr interessante
Arbeit von Schroeder und Kollegen konnte nachweisen, dass
Fibronektin-beschichtete IOL deutlich mehr Staphylococcus
epidemidis adsorbieren als IOL ohne Fibronektin. Eine Oberflächenmodifikation mit Heparin ist diesbezüglich ohne Effekt,
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
wohingegen Polysaccharid-beschichtete IOL deutlich weniger
empfindlich gegenüber einer Besiedlung mit Staphylococcus
epidermidis sind (Schoeder et al. J Cataract Refract Surg 2008) .
Alkylphosphocholine zur OberflächenModifikation von Intraokularlinsen
Alkylphosphocholine (APC) sind effektive Inhibitoren der
okulären Zellproliferation, Migration und Anheftung in nichttoxischen Konzentrationen, wie in zahlreichen Vorarbeiten an
verschiedenen In-vitro- und In-vivo-Modellen gezeigt werden
konnte (Eibl et al. Invest Ophthalmol Vis Sci 2003 und 2007;
Eibl et al. Curr Eye Res 2008). Als synthetische PhospholipidDerivate repräsentieren sie eine neue Klasse pharmakologisch
aktiver Substanzen (Eibl H et al. Cancer Treat Rev 1990) und
befinden sich aufgrund ihrer guten antitumoralen (Leonard
et al. J Clin Oncol 2001) und antiparasitären Eigenschaften
(Sundar et al. N Engl J Med 2002) seit 1990 erfolgreich im
klinischen Einsatz.
Oberflächenmodifikation der IOL
Substanz
alle Abb.: Eibl-Lindner
Ein recht eleganter Lösungsansatz dieses Problems könnte in
einer Oberflächenmodifikation der IOL liegen. Die genannten
Komplikationen – Nachstar oder Endophthalmitis – könnten
direkt durch die oberflächenmodifizierte IOL selbst angegangen werden. Die Endophthalmitis gilt als die am meisten
gefürchtete Komplikation nach Katarakt-Operation weltweit,
da sie mit einer Erblindung des operierten Auges einhergehen kann bzw. oft auch bei zeitnaher operativer Revision mit
einem schlechten funktionellen Ergebnis einhergeht. Die Inzidenz der Endophthalmitis wird aktuell mit 0,15 % innerhalb
von 90 Tagen nach Katarakt-Operation beziffert, wie eine Studie aus Kanada an > 490.000 Patienten ergab (Freeman et al.
Arch Ophthalmol 2010). Eine entsprechend beschichtete IOL
könnte dazu führen, dass sich die Keime erst gar nicht im Kapselsack vermehren können und sich so die kapsuläre Biokompatibilität der Intraokuarlinse erhöht.
ophthalmo-chirurgie
Abb. 2: Schema zur Intraokularlinsen-Beschichtung
Bezüglich der Anwendung von APC für die pharmakologische
Nachstarprophylaxe haben wir uns eines etablierten In-vitroModells zur Untersuchung der Pathophysiologie und Therapie
des Nachstars bedient (Awasthi et al. IOVS 2006, Hosler et al.
IOVS 2006). Es konnte gezeigt werden, dass APC in der Lage
sind, in nicht-toxischen Konzentrationen die Proliferation, Anheftung und Migration von humanen Linsenepithelzellen zu
hemmen (Eibl et al. J Cataract Refract Surg 2009). Erste Invitro-Studien zur Oberflächenmodifikation von IOL mit Alkylphosphocholinen (Abb. 2) sind sehr vielversprechend verlaufen
und zeigen, dass sowohl die Proliferation als auch die Migration von humanen Linsenepithelzellen mit geringen Substanzmengen gehemmt werden können. Insbesondere hydrophile
Acryllinsen scheinen für die Oberflächenmodifikation sehr
geeignet, wie die aktuell auf der WOC vorgestellten Ergebnisse
zeigen (Eibl et al. Alkylphosphocholines for Intraocular Lens
Coating. WOC, Berlin, 05.-08.06. 2010). In Anbetracht der guten retinalen Biokompatibilität der Substanz, wie in einer Zusammenarbeit mit der Medizinischen Fakultät in Lübeck nachgewiesen werden konnte (Lueke et al. Graefes Arch Clin Exp
Ophtalmol 2010), erfüllen Alkylphosphocholine viele wichtige
Voraussetzungen, die für einen zukünftigen klinischen Einsatz
erforderlich sind, und sollten daher in weiteren In-vitro- und
In-vivo-Studien evaluiert werden.
25
ophthalmo-chirurgie
fortbildung
1. Disput in Marburg
Der 1. Marburger Ophthalmologische Disput brachte am 25./26. Juni 2010 eine andere,
interaktive Form der Fortbildung in die Stadt an der Lahn. Die Universitätsaugenklinik
hatte eingeladen und zwölf Referenten stellten zu sechs Themengebieten jeweils unterschiedliche Therapiemöglichkeiten zur Diskussion.
Während sich am Freitagnachmittag das Modul „Grundlagen
der Ophthalmologie: Netzhaut“ an Ärzte in Aus- und Weiterbildung richtete, stand am Samstag vor etwa 90 Teilnehmern
der interaktive Disput auf dem Programm. Die Veranstaltung
fand im Kongressgebäude der Deutschen Blindenstudienanstalt
(Blista) statt. Deren Vorsitzender Claus Duncker wies darauf
hin, dass diese ein umfassendes Angebot für jedes Lebensalter
habe, welches auch gymnasiale und weiterführende berufliche
Schulformen beinhalte.
In seiner Begrüßung hob Professor Dr. Walter Sekundo, Direktor der Universitätsaugenklinik Giessen und Marburg, Standort
Marburg, die Besonderheit dieser Fortbildung hervor. Wissenschaftliche Erkenntnisse gingen aus kollegialen Streitgesprächen
hervor. Unterschiedliche Meinungen unterlägen verschiedenen
Einflüssen, die u.a. bewusst oder unbewusst durch Industrieinteressen gelenkt würden. Die Verbindung zwischen Medizin
und Industrie sei jedoch notwendig, weil moderne medizinische
Forschung ohne gemeinsame Anstrengung nicht möglich sei.
Die Fortbildung unterschied sich von herkömmlichen Veranstaltungen. Zwar beziehen auch andere Referenten ihr Auditorium
interaktiv über TED-Abstimmung mit ein, doch hier ging jedem
Thema zunächst eine Einführung durch wechselnde Modera-
26
toren voraus, die Fälle vorstellten. Zu den Therapiemöglichkeiten sollte sich das Auditorium per TED entscheiden (www.
congresse.de/pdf/MOD%20Faelle). Danach wurde der ProBeitrag eines Referenten für ein Verfahren dem Versus-Beitrag
eines anderen gegenübergestellt. Der Disput fand unmittelbar
danach unter allen Anwesenden statt. Abschließend wurde eine
neue Abstimmung erbeten. In den meisten Fällen wichen die
Ergebnisse der ersten deutlich von der zweiten Abstimmung ab.
Disput Hornhautersatz
Der erste Disput entzündete sich am Thema „Hornhautersatz:
perforierend oder lamellierend“. Sekundo referierte über die perforierende Keratoplastik (pKPL). Von 2005 bis 2009 habe der
Anteil an pKPL mit durchschnittlich 85 % gegenüber beiden
Formen der lamellären Keratoplastik (KPL) überwogen. Die
KPL sei nahezu so alt wie die pKPL und werde meist als anteriore lamelläre KPL (ALK) angewendet. Sie habe ein geringes Abstoßungsrisiko, der Spaltlampenbefund sei oft gut, der Visus aber
aufgrund der irregulären Dissektionsfläche (Interface) schlecht.
Denn Lamellen der Spender- und der Wirts-Hornhaut würden
nicht perfekt zueinander passen. Dagegen ermögliche die tiefe
lamelläre KPL (DALK: Deep anterior lamellar keratoplasty) einen 1,0-Visus, da sie das eigene Endothel enthalte. Die stromale
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
fortbildung
Abstoßung sei gering. Die Operation sei jedoch schwierig, in
einem Drittel bis sogar der Hälfte der Fälle müsse zur pKPL
konvertiert werden. Bei DSAEK (Descemet Stripping Automated Endothelial Keratoplasty) bleibe das Interface-Problem. Eine
Lösung sei der Verzicht auf Stroma, also DMEK (Descemet
membrane endothelial keratoplasty). Hierbei sei die schwierige
Präparations- und gewebeintensive OP-Technik problematisch,
es gebe eine höhere Re-Bubbling-Rate und der Endothelzellverlust betrage nach sechs Monaten mehr als 30 %. In Marburg
seien 2009 gut 20 % der transplantierten Hornhäute lamellär,
der Rest als pKPL operiert worden. Mindestvoraussetzungen
an eine gute pKPL seien die Trepanation vom Epithel aus am
Wirt und am Spender mit einem Vakuumtrepan, Excimer- oder
Femtosekunden-Laser wegen der Interface-Geometrie. Die Operation sollte in Intubationsnarkose stattfinden. Wichtig seien
u.a. eine perfekte geometrische Zentrierung und ausreichende
Transplantat(Tx)-Größe. Die Korrektur des Astigmatismus erfolge durch Kontaktlinsen oder torische Intraokularlinsen (IOL).
Zusammenfassend stellte Sekundo fest, dass die perforierende
KPL eine bewährte Technik sei und diese auch an HornhautZentren einen Großteil an KPLs ausmache. Sie bleibe nach wie
vor Goldstandard und habe aufgrund besserer OP- (z.B. Lasertrepanation) und Linsentechniken visuell eine gute Prognose.
Aufgrund von Immunsuppressiva und HLA-Matching (Abgleichen der humanen Leukozytenantigene) sei die Abstoßungsrate
akzeptabel. Auch für eine misslungene lamelläre KPL sei sie
eine „Back-up“-Technik.
Professor Dr. Gernot I.W. Duncker, Halle/Saale, hielt dagegen
mit seinem Vortrag über die lamelläre KPL. Es gebe nach pKPL
in 20-35 % innerhalb von zehn Jahren irreversible immunogene
Tx-Eintrübungen unselektiert in Abhängigkeit vom Vaskularisationsgrad, der Histokompatibilität, der Tx-Größe und der
Grund-Erkrankung. Die Immunreaktion sei ein ungelöstes Problem bei der pKPL. Im dritten Jahr nach pKPL würden gut 90 %
der Tx eintrüben. Hinzu komme eine späte Endotheldekompensation, die sich im dritten bis fünften Jahr mit einem Zellverlust
von fast acht Prozent jährlich zeige. Problematisch sei der induzierte Astigmatismus, der oft die Versorgung mit einer formstabilen Kontaktlinse erforderlich mache. Nach Keratoplastik sei
das Glaukom die Hauptursache für Erblindungen. Der Visus sei
nach pKPL nicht immer besser, das Ergebnis abhängig von der
Erkrankung, die die Indikation für diese Operation stellte. Die
KPL könne mit verschiedenen Techniken vorgenommen werden. Für die DALK mit Indikation bei Keratokonus, stromalen
Dystrophien und Narben ergäben sich folgende Vor- und Nachteile: postoperativer Visus und Astigmatismus seien mit dem
nach perforierender Keratoplastik vergleichbar. Das Endothel
des Empfängers bleibe bei DALK erhalten. Es gebe keine endotheliale Immunreaktion. Die Rehabilitationsdauer sei kürzer, es
erfolge keine OP am offenen Auge, aber sie sei zeitaufwändig.
Sekundärglaukome träten weniger auf. Bei der DSAEK betrage der postoperative Visus durchschnittlich 0,3 bis 0,63. Es gebe
keinen nennenswerten induzierten Astigmatismus. Über 90 %
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
ophthalmo-chirurgie
der Tx seien auch nach einem Jahr klar. An Komplikationen
seien Tx-Dislokation, endotheliale Immunreaktionen, primäres
Tx-Versagen und ein iatrogenes Glaukom bekannt. Gleichwertig
zur pKPL sei die DSAEK in Bezug auf OP-Risiken, Komplikationsraten, Tx-Überleben, Sehschärfe und Endothelzellverlust.
Gegenüber der pKPL erfolge die visuelle Rehabilitation schneller, die Refraktion sei stabil, der postoperative Refraktionsfehler geringer, ebenso wie Komplikationen an Wunde und Naht.
Zusammenfassend bemerkte Duncker, dass lamelläre Tx-Techniken technisch anspruchsvoll und zeitaufwändig seien. DALK
habe den Vorteil der fehlenden endothelialen Immunreaktion,
bei DSAEK/DMEK sei der postoperative Astigmatismus reduziert, die Patienten seien schneller visuell rehabilitiert.
Disput Glaukom-Vorsorge
Danach leitete Professor Dr. Ilse Strempel, Universitätsaugenklinik Marburg, die Beiträge zum Für oder Wider des Glaukomscreenings ein. Patienten würden die Bedeutung nicht
erkennen, so dass der Augenarzt gefragt sei, Patienten für ein
Screening zu motivieren.
Dr. Uwe Kraffel, Augenarzt in Berlin, votierte für ein GlaukomScreening. Sinn würden Früherkennungen machen, wenn Kosteneinsparung und adäquate Therapie möglich seien. Machen
Untersuchungen in der Menge Sinn?, fragte er. Welche können
schnell und preiswert durchgeführt werden, wie aussagekräftig
sind die einzelnen? Sinnvoll sei eine kostensparende Untersuchung mit dem Ziel, Glaukomschäden zu vermeiden, was allerdings Krankenkassen nicht interessiere, da sie bei Erblindung
nicht für die Kosten aufkommen müssten. Glaukom-Screening
bedeute der Gesellschaft wenig, aber dem Einzelnen viel. Um
ein Screening „gesellschaftlich“ einzuführen, bedürfe es einer
Lobby. Kraffel führte beispielhaft die Mammographie an. Hier
handle es sich eher um politische Umsetzung statt um eine gesundheitsfördernde Maßnahme: Das Screening koste jährlich
Millionen Euro, wodurch nur bei sehr wenigen Frauen Krebs
entdeckt werde, einige von ihnen erlitten jedoch durch die wiederholte Strahlenbelastung einen strahleninduzierten Schaden.
Bei welchen Patienten lohne sich ein Screening? Die demografische Entwicklung beziehe sich immer noch auf Sterbetafeln,
die die Kriegsjahrgänge berücksichtigten. Die tatsächliche Lebenserwartung sei daher höher. Eine rechtzeitige Feststellung
und Behandlung des Glaukoms könne also den Betroffenen
noch viele Jahre Sehfähigkeit erhalten.
Dagegen hielt Dr. Kristian Gerstmeyer, Minden, indem er auf
viele Publikationen und Studien verwies. Die Erkrankung oder
Veränderung müsse für die Volksgesundheit von Bedeutung, geeignete Untersuchungsverfahren, mögliche Therapien und Kosteneffizienz vorhanden sein. Jährlich erblindeten mehr als 1.000
Bundesbürger aufgrund einer Form des Glaukoms. Das Grundproblem sei, dass es keine einheitlich Definition gebe und die
Diagnostik anhand unterschiedlicher Untersuchungen erfolge.
27
ophthalmo-chirurgie
fortbildung
Ein flächendeckendes Glaukom-Screening sei nicht kosteneffizient. Es gebe nur zwei mängelbehaftete Modellrechnungen.
Zudem entstehe ein hoher Arbeitsaufwand durch falsch positive
Ergebnisse. Gesundheitsökonomische Analysen, die darlegten,
bei welchen Risikogruppen (Alter, positive Familienanamnese
u.a.) das Screening Sinn mache, ab wann Kosteneffizienz bestehe, seien hilfreich. Ein Nutzwert müsse jedem Glaukomstadium
zugeordnet werden, Therapiekosten bezogen auf die Kosten pro
Qaly (Quality Adjusted Life Year) seien zu ermitteln.
Nachdem vor den Referaten fast zwei Drittel der Anwesenden
für die Glaukomvorsorge als Kassenleistung plädiert hatten,
stimmten nun 76 % dafür, dass der Patient selbst zahlen solle.
Subretinale Blutung bei AMD:
r-TPA subretinal oder intravitreal?
Professor Dr. Lutz Hesse, Heilbronn, referierte über den intravitrealen Einsatz im Falle subretinaler Blutung bei altersbezogener
Makuladegeneration (AMD). Bei der retinalen Blutung würden
innerhalb von Minuten Außensegmente und zelluläre Blutanteile
durch Fibrin vernetzt, nach Stunden Außensegmente durch Kontraktion des Koagels abgeschert. In den nachfolgenden Wochen
würden retinale Zellen durch Freisetzung von Eisen und/oder
subretinale Fibrosierung geschädigt. Die Aktivierung der Fibrinolyse erfolge durch TPA (tissue plasminogen activator), indem
Plasminogen zu Plasmin umgewandelt werde. Den Effekt durch
TPA statt Gas allein stellte Hesse überzeugend anhand von Netzhautbildern dar. Die intravitreale Gabe von Tenecteplase zeige
nach 24 Stunden bereits deutliche Wirkung ohne Rezidiv. Subretinale Fibrinolyse sei einfach anzuwenden, schonend für den
Patienten und ohne logistischen Aufwand sofort machbar.
PD Dr. Jost Hillenkamp, Kiel, schilderte seine Erfahrungen mit
subretinaler Ko-Applikation von r-TPA ( recombinant-TPA) und
Bevacizumab bei neovaskulärer AMD mit submakulärer Blutung. Bei einer akuten submakulären Blutung sei der natürliche
Verlauf schlecht und es sei unklar, welcher Therapieansatz der
beste sei. Ziel sei eine vollständige Verdrängung der Blutung aus
der Fovea und die bestkorrigierte Sehschärfe postoperativ. Anhand retrospektiver Fallserien kam Hillenkamp zu dem Schluss,
dass die subretinale Gabe von r-TPA häufiger als die intravitreale Gabe zu einer vollständigen Verdrängung der Blutung aus
der Fovea führe. Ein toxischer Effekt sei nach subretinaler KoApplikation von r-TPA und Bevacizumab nicht beobachtet worden. Komplikationen könnten mit etwas Erfahrung weitgehend
vermieden werden. Die subretinale Ko-Applikation von r-TPA
und Bevacizumab bezeichnete er als einen vielversprechenden
Therapieansatz.
Trabekuloplastik versus Kanaloplastik
Dr. Holger Bull, Groß Pankow, referierte über die tiefe Sklerotomie. Der Erfolg der Glaukomchirurgie, also der Erhalt der
28
visuellen Funktionen, sei abhängig vom Stadium der Erkrankung am Tag der OP. Die nicht fistulierende Operationstechnik
nutze die physiologischen Abflusswege (Schlemm’scher Kanal
und Kammerwasservenen). Die Effektivität zeige sich in einer
adäquaten Reduktion des intraokularen Druckes, es gebe keine
oder nur geringe Risiken, der Effekt sei anhaltend, die Revisionsmöglichkeit, wenn nötig, gegeben.
Professor Dr. Thomas Dietlein, Düsseldorf, sprach anschließend über Trabekulektomie. Filtrationschirurgie könne unabhängig von der Morphologie des Schlemm’schen Kanals
stattfinden. Eine Drucksenkung sei auch bei Widerstandserhöhung in den post-trabekulären Strukturen möglich, es
handle sich um einen universellen Eingriff bei allen Glaukomen. Patienten seien in 83 Prozent mit dem Eingriff zufrieden, wobei deren Zufriedenheit deutlich mit der Frequenz der
Arztbesuche, der Häufigkeit des Tropfens und der subjektiven
Sehfähigkeit korreliere.
Hornhautdystrophien
Professor Dr. Walter Lisch, Hanau, referierte – ohne Disput„Gegner“ – über Hornhaut-Dystrophien. Er hat mehr als 200
Publikationen und Buchbeiträge veröffentlicht, seit 1992 gibt
es die nach ihm benannte „Lisch-Hornhaut-Dystrophie“. Anhand von Fotos erläuterte er die Schichten des Hornhaut-Epithels, an dem besonders die enge Zellanbindung untereinander
auffalle. Störungen der Adhärenz führten zu Erosiones. Durch
Verminderung der Adhärenz werde die Barriere verringert,
so dass Bakterien, Pilze etc. einwandern könnten. 1938 hatte
Bücklers die Hornhautdystrophien aufgrund eigener umfangreicher klinischer und histologischer Studien unterteilt. Lisch
nahm nun eine neue, international akzeptierte Klassifikation
der Hornhautdystrophien vor, die den modernen klinischen,
histologischen und molekulargenetischen Erkenntnissen entspricht. Die neue Klassifikation halte er für notwendig, weil
mittlerweile viele Irrtümer entstanden seien und somit in Zukunft möglichst Fehlinterpretationen sowie falsche Bezeichnungen vermieden werden könnten.
Katarakt: chirurgische oder nicht chirurgische
Nachstarprävention?
Professor Dr. Rupert Menapace, Wien, sprach im folgenden
Disput über die „Hintere Einknöpftechnik: die sichere und dauerhafte Lösung des Nachstarproblems“. Um dem Nachstar als
häufigster Komplikation nach Kataraktoperationen zu begegnen, versuche man in letzter Zeit besonders durch eine scharfe
Kante der IOL, eine Migrationsbarriere für Linsenepithelzellen
aufzubauen, die für die Nachstarentwicklung als verursachend
angenommen werde. Völlig verhindert werden könne der Nachstar damit jedoch nicht. Alternative Ansätze seien bisher nur
teilweise effektiv und eher kostenträchtig gewesen. Vielversprechender sei der Einsatz der hinteren Einknöpftechnik, wodurch
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
fortbildung
die Linsenoptik in die zentrierte hintere Kapsulorhexisöffnung
eingeknöpft und so das Einwachsen von Linsenepithelzellen
hinter die Optik unmöglich werde.
PD Dr. Anja Liekfeld, Potsdam, entgegnete mit „Nicht-chirurgischen Konzepten zur Nachstarprävention und Behandlung“.
Die Nachstarbildung sei immer noch eine Spätkomplikation
nach extrakapsulärer Kataraktextraktion mit IOL-Implantation
in den Kapselsack, auch wenn moderne Technologien und Operationstechniken die Häufigkeit reduziert hätten. Die Nachstarbildung werde durch patienten- und operationsabhängige Faktoren beeinflusst.
Im Rahmen des Standardvorgehens einer Kataraktextraktion sei
der Nachstar chirurgisch per Laser, YAG-Kapsulotomie oder
operativer Nachstarabsaugung einfach, schnell, sicher und effektiv zu entfernen. Aus medizinischer wie auch aus ökonomischer
Sicht sei eine komplette Eradikation des Nachstars wünschenswert, was trotz verbesserter Operationstechniken, mechanischphysikalischen bzw. pharmakologischen Möglichkeiten der
Linsenepithelzell-Entfernung bisher nicht erreicht worden sei.
Ein ideales System zur Nachstaruntersuchung sollte kliniknah
sowie zeitlich und materiell wenig aufwändig sein, aber prospektive und vergleichende Untersuchungen ermöglichen. Als bester
Kompromiss erweise sich das humane Kapselsackmodell. Es
ermögliche vor allem vergleichende Untersuchungen, da hier
Paarvergleiche durchgeführt werden könnten.
In einer Studie mit 72 Spenderbulbi seien verschiedene IOL hinsichtlich des Linsenepithelzellwachstums untersucht worden,
deren klinisches Nachstarverhalten bekannt sei. Die hydrophobe, scharfkantige, nachstarinhibitorische Acrylfaltlinse AcrySof
wurde mit einer starren, abgerundeten PMMA-IOL mit bekannt hoher Nachstarrate verglichen. Dabei zeigten sich auch
im Kapselsackmodell hochsignifikante Unterschiede zugunsten
der scharfkantigen Acryllinse. Eine diffraktive wurde mit einer
refraktiven PMMA-Multifokal-IOL, jeweils mit runden Kanten,
verglichen. Im Kapselsackmodell experimentell als auch in den
erhobenen Fünf-Jahres-Langzeitdaten bestehe klinisch hinsichtlich des Nachstarverhaltens kein signifikanter Unterschied. Das
Gleiche gelte für zwei hydrophobe bzw. hydrophile Acryllinsen.
Diese Versuchsreihen zeigten die gute Korrelation des Modells
mit der Klinik. Aus den klinischen Daten ergäben sich mögliche relevante kataraktchirurgische Konsequenzen. Designunterschiede hinsichtlich Material und Oberfläche der IOL-Optik
schienen bei der Nachstarentwicklung eher unbedeutend, während vor allem die Kantengestaltung die Bildung von Nachstar
beeinflusse. So zeigten die untersuchten PMMA-MIOL mit runden Optikkanten eine insgesamt hohe Nachstarrate. Bei MIOL
sei herauszustellen, dass die stufenähnliche Oberflächengestaltung der diffraktiven Linsen keinen Einfluss auf die Nachstarentwicklung habe. Bei Acrylfaltlinsen sei weniger der Wassergehalt als die Optikkantengestaltung für die Nachstarentwicklung
bedeutsam, so dass moderne hydrophile und hydrophobe Acryl-
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
ophthalmo-chirurgie
linsen vermutlich diesbezüglich gleichwertig in der Kataraktchirurgie eingesetzt werden könnten. Untersuchungen mit Silikonlinsen mit spezieller kohärenter diffraktiver Randstruktur zur
Reduktion der Mittendicke hätten ergeben, dass vor allem die
reduzierte Mittendicke zumindest im Experiment Nachstar fördere. Für besonders dünn gestaltete IOL ließe sich eher ein geringerer Nachstar-inhibitorischer Effekt befürchten. Dies habe vor
allem unter dem Aspekt der MICS („minimal invasive cataract
surgery“)-Technik mit ultradünnen IOL klinische Relevanz. Gegebenenfalls müssten für diese Chirurgie zusätzliche Konzepte
zur Nachstarvermeidung entwickelt werden, die sich präklinisch
gut am beschriebenen Kapselsack-Modell testen ließen.
Die Entwicklung neuer IOL, die das Zellwachstum verhindern,
wie auch die Testung neuer IOLs hinsichtlich Größe, Oberfläche, Randgestaltung und Haptik müsse postuliert werden. Auch
sie könnten am Kapselsack-Modell getestet werden, um das
Nachstarverhalten abzuschätzen, während klinische Ergebnisse
frühestens ein bis mehrere Jahre nach Markteinführung vorlägen. Diese Testungen könnten Standard werden.
Disput Glaskörperchirurgie
Im letzten Disput befasste sich Professor Dr. Anselm Kampik,
München, mit der Pharmakovitreolyse. Vitreoretinale Grenzflächen spielten in der Pathogenese von retinalen Erkrankungen
eine Rolle. Ziel der vitreoretinalen Mikrochirurgie sei es, Traktionen zu lösen und das epiretinale Gewebe komplett zu entfernen. Die pharmakologische Vitreolyse mit Plasmin ermögliche,
vitreales/epiretinales Gewebe von der Netzhaut zu trennen.
Der Glaskörper werde durch enzymatische Einwirkung gelöst
und vorher oder zeitgleich verflüssigt. Zusammenfassend bemerkte Kampik, dass die pharmakologische Vitreolyse die Vitrektomie ersetzen könne. Sie erschwere die Vitrektomie nach
ihrer Anwendung nicht, sondern könne sie sogar erleichtern
und künftig viele PPV-Indikationen ersetzen.
Professor Dr. Stefan Mennel, Universitätsaugenklinik Marburg, referierte über PPV. Indikationen seien die vitreomakuläre Traktion, Makulaforamen mit und ohne epiretinale Gliose,
Makular Pucker, subretinale Chirurgie, Ablatio retinae bei PVR,
Glaskörperblutung/Endophthalmitis, proliferative diabetische
Vitreoretinopathie, diabetisches Makulaödem, Netzhautgefäßchirurgie und Optikusneurotomie, Perforation, Trauma sowie
Ablatio retinae. Schon seit 2001 befasse man sich mit enzymatischer Vitreolyse. Diese könne pharmakologisch die PPV nicht
ersetzen. Die Zukunft der enzymatischen Vitreolyse hänge jedoch von den klinischen Ergebnissen ab.
Interessant war bei dieser Art der Fortbildung, dass jedes Thema
kontrovers dargestellt und diskutiert wurde. Die zweimalige Abstimmung (vorher und nachher) zeigte, dass das Auditorium oft
im Laufe der Dispute eine neue Meinung entwickelt hatte.
Von Dr. Christiane Schumacher
29
medizintechnik
tränenfilmanalyse
Erweiterte Möglichkeiten
Abbildungen: Oculus
Für eine präzise qualitative und quantitative Analyse des Tränenfilms standen bisher invasive
und nichtinvasive Messmethoden wie der BUT-Test oder die Beurteilung des Tränenmeniskus
zur Verfügung. Oculus bietet jetzt Erweiterungen der Keratograph-Software an, mit der sowohl
der Tränenfilm mittels TF-Scan untersucht als auch die Sauerstoffdurchlässigkeit weicher Kontaktlinsen als OxiMap visualisiert werden können.
Abb. 1: Tränenmeniskus gemessen mit dem TF-Scan
tation der Pupillometrie oder der Aufnahme von Fluobildern
(Imaging) ist es seit Januar 2010 möglich, den Tränenfilm mittels TF-Scan ohne exogene Einflussfaktoren beurteilen zu können. Zum einen gibt es die Einstellung, den Tränenmeniskus
(Tränenfilm-Quantität) unter hoher Vergrößerung im Vollbildmodus genauer abmessen zu können, wie es in Abb. 1 zu sehen ist. Zum anderen werden Veränderungen der projizierten
Placidoringe automatisch erkannt und geben Aufschluss über
die Aufreißzeit des Tränenfilms (NIBUT, TF-Qualität; Abb. 2).
Eine auswertende Farbdarstellung gibt an, in welchen Sektoren
auf der Hornhautoberfläche der Tränenfilm eine gute (grüne
Darstellung, siehe. Abb. 3, S. 31) oder schlechte (rote Darstellung, gelb = kritisch) Beschaffenheit aufweist.
Visualisierung der Sauerstoffdurchlässigkeit
Ein intakter Tränenfilm ist für eine optimale Kontaktlinsenversorgung die Grundvoraussetzung und auch für die
Behandlung beim Sicca-Syndrom ist eine Einschätzung des
Tränenfilms unerlässlich. Als standardisierte Messmethoden
kann man für die Beurteilung der Tränenfilmqualität auf den
BUT-Test, den NIBUT-Test und die Beurteilung des Interferenzmusters der Träne zurückgreifen. Um die Quantität abschätzen zu können, werden der Tränenmeniskus, die Baumwollfadenmethode nach Kurihashi, der Schirmer-Test und die
Anzahl der LIPCOF-Falten der Bindehaut mit einbezogen.
Eine weitere Neuheit des Keratographen ist die OxiMap. Ziel
dieser Softwareerweiterung ist es, die Sauerstoffdurchlässigkeit
der gängigsten weichen sphärischen Kontaktlinsen unter Berücksichtigung der dioptrischen Stärke simulieren zu können,
um so die bestmögliche Versorgung des Kontaktlinsenträgers mit
Sauerstoff zu gewährleisten. Bisher wurde die Sauerstoffdurchlässigkeit von den Herstellern für hydrogele Kontaktlinsen in der
Regel nur im Zentrum bei -3,0 dpt angegeben. Die Sauerstoffdurchlässigkeit ist jedoch abhängig von der Linsendicke, welche
von der dioptrischen Wirkung der Kontaktlinse beeinflusst wird
(siehe Abb. 4). Während eine Kontaktlinse mit -3,0 dpt eine dünne Mittendicke und einen dicken Rand aufweist, ist die Mittendicke einer Linse gleichen Materials mit +3,0 dpt in der Mitte
dick und am Rand dünn. Der Dk/t-Wert einer Kontaktlinse
sinkt demnach im Zentrum bei steigender Mittendicke.
Abb. 2: Schematische Darstellung der Ringkantenverschiebung bei Tränenfilmaufriss (Quelle:
D.Wiedemann, Entwicklung und Erprobung neuer nichtinvasiver Untersuchungsmethoden des
Tränenfilms mittels Videokeratographen)
Für die Durchführung einer Analyse der Hornhauttopographie stellt das Wetzlarer Unternehmen den Oculus Keratograph zur Verfügung. Durch die fortwährenden SoftwareUpdates bietet er ein ständig breiteres Nutzungsspektrum
als lediglich die Vermessung der Hornhautform. Neben der
Simulation diverser Kontaktlinsengeometrien, der Dokumen-
30
Abb. 4: Mittendicke
einer KL abhängig von
der Dioptrienstärke
In Zusammenarbeit von Prof. Wolfgang Sickenberger und Dipl.Ing. (FH) Sebastian Marx (Jenvis Research/Jena FH) wurde die
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
tränenfilmanalyse
medizintechnik
Abb. 3: Übersichtsdarstellung der Tränenfilmaufreißzeit
OxiMap und die Tränenfilmanalyse in Zusammenarbeit mit
Oculus entwickelt. Sie zeigt die Sauerstoffdurchlässigkeit von
weichen sphärischen Kontaktlinsen grafisch als Farbcodierung
für die gesamte Linsenfläche vom Zentrum bis in die Peripherie,
abhängig von der dioptrischen Wirkung (siehe Abb. 5). Zudem
ist vorab eine Abschätzung des Linsendurchmessers durch die
Simulation der angestrebten Kontaktlinsenversorgung auf dem
Patientenauge möglich. Die OxiMap kann demnach zum direkten Vergleich der Sauerstoffdurchlässigkeit verschiedener Linsenmaterialien angewandt werden. Diese Visualisierung birgt für
den Anpasser und den Kontaktlinsenträger eine neue Möglichkeit der qualitativ hochwertigen Kontaktlinsenanpassung.
der Diagnose Sicca-Syndrom an die Hand zu geben. Komplexe Zusammenhänge zwischen Tränenfilm, Stoffwechsel
der Hornhaut und dem Tragen von Kontaktlinsen werden
so für den Patienten anschaulicher und leichter verständlich.
Dies ist nicht nur für die Kontaktlinsenanpassung von Vorteil.
Die eingehende Analyse des Tränenfilms durch den TF-Scan
des Keratographen verschafft dem Ophthalmologen die Möglichkeit, das Sicca-Syndrom genauer zu diagnostizieren, zu
dokumentieren und den Behandlungs- sowie Therapieverlauf
besser einschätzen und verfolgen zu können. Neben einer digitalen Videospaltlampe bietet diese neue Software zusätzlich
die Möglichkeit, Befunde grafisch darzustellen, wodurch eine
Argumentation dem Patienten gegenüber visuell unterstrichen
werden kann. Dem Patienten werden so im wahrsten Sinne
„die Augen geöffnet“.
Weiche Monatsaustauschsysteme werden immer häufiger
genutzt. Durch die Möglichkeit, dem Endverbraucher die
Sauersoffdurchlässigkeit der gängigsten weichen sphärischen
Austauschkontaktlinsen visuell darstellen zu können, wird die
Argumentation für das für ihn jeweils beste System deutlich
vereinfacht. OxiMap ist somit eine weitere Möglichkeit, eine
verantwortungsvolle, kompetente Anpassung zu demonstrieren und dem Patienten deutlich zu machen, wie wichtig eine
gute Sauerstoffversorgung für die Hornhaut ist und wie sie gewährleistet wird.
Abb. 5: OxiMap-Farbdarstellung der Sauerstoffdurchlässigkeit am Beispiel einer
Air Optix Aqua -10,0 dpt
Visuelle Darstellung für den Patienten
Die aktuelle Nutzung des TF-Scans ist eine schnell durchführbare, nicht-invasive, benutzerunabhängige Möglichkeit,
dem Patienten eine leicht verständliche visuelle Darstellung
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
Da die Vermessung und die Beurteilung der Hornhauttopographie sowie des präcornealen Tränenfilms keine Leistungen
sind, die von der GKV übernommen werden, ist es möglich, sie
als Zusatzleistung in den IGeL-Katalog einer Augenarztpraxis
aufzunehmen und dem Patienten somit die Möglichkeit zu geben, sie als Privatleistung in Anspruch zu nehmen.
Von Judith Zagolla
31
perspektiven
kontaktlinsenmarkt
Den Wilden Westen erobern
Wie viel Umsatz machen Deutschlands Augenärzte mit der Kontaktlinse? Wer diese Zahl
sucht, wird sie nicht finden. Der Kontaktlinsenmarkt ist aus vielfältigen Gründen vollkommen
undynamisch. Doch die Kontaktlinse kann für Augenärzte zum Umsatzträger und Zukunftssicherer werden. Zeit für einen Aufbruch – wie damals, bei der Eroberung des Wilden Westens.
Offizielle Branchenstatistiken der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) und des Industrieverbandes Spectaris weisen
lediglich die Umsatzzahlen von Augenoptikern und Internet
aus. Über diejenigen von Drogerien, Aldi & Co kann man
ebenfalls nur mutmaßen. An die internen Marktzahlen der
Kontaktlinsen-Industrie und der großen Optikketten, die allesamt die Konkurrenz und das Internet sowie die Optikfremden (Tankstellen, Drogerien, Versandhandel) beobachten,
kommt man nicht heran.
Die Zahlen, die im öffentlichen Raum – auf Vorträgen oder
in Fachzeitschriften – kursieren, werden von Insidern deshalb
häufig angezweifelt. Manchen mag dieser Nebel auch recht
32
sein. Denn „Für-diesen-Zweck“-Statistiken sind Instrumente
des Marketings der KL-Unternehmen mit dem Ziel, Optiker
zu motivieren, sich mehr um die Kontaktlinse zu kümmern.
Beispiel: Geht es um den Anteil der Tageslinsen, wird Großbritannien abgefeiert. Geht es um die KL-Penetration, ist die
Schweiz der Star. Die Dinge werden nicht zusammen betrachtet. Beispiel: In einem uns vorliegenden Artikel wird für die
Schweiz die hohe Qualität der Ausbildung (Fachhochschule)
als Erfolgsargument dafür die KL-Penetration bemüht, aber es
bleibt unerwähnt, dass es in GB von bestausgebildeten Optometristen nur so wimmelt – und die KL-Penetrationsrate nicht
einmal die Hälfte der der Schweiz ausmacht. Der Artikel weist
aus: Deutschland 6,1 % GB 6,2 % Schweiz 12,8 %.
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
kontaktlinsenmarkt
Fakt ist aber trotzdem: Der Kontaktlinsenmarkt ist aus vielfältigen Gründen sehr undynamisch. Ein Treiber könte aber auch
die relative Monokonzentration der KL-Industrie auf den Augenoptiker sein. Sicherlich werden das alle Anbieter unisono
verneinen und darauf verweisen, dass man doch etwas tue für
die Augenärzte. Doch wer in den Statistiken die Augenärzte
ignoriert und nur Augenoptiker anführt, muss das schon erklären. Ja, es gibt nun mal keine Zahlen, sagt man. Die Gegenfrage lautet: Warum gebt man Geld für Zahlen über die Augenoptik bei der GfK aus, nicht aber für die der Augenärzte? Oder tut
man das doch und haltet die Zahlen unter Verschluss?
CONCEPT wettet: Niemand wird der Redaktion auf Anhieb
genau sagen – und mit validen Untersuchungen begründen –
können, wie viel Umsatz die Augenärzte mit der Kontaktlinse
machen. Das lässt wenigstens eine Vermutung zu: Im strategischen Marketing der Big Player der Kontaktlinse liegt diese Zielgruppe auf dem Blinden Fleck der Marktbeobachtung.
Zählt man sie zu einer aussterbenden Zielgruppe? Sie hat jedenfalls einmal gut gelebt in Deutschland.
Um die Mitte der 1990er Jahre habe der Marktanteil der Augenärzte bei über 40 % gelegen, erinnert sich der 43-jährige Volker
Grahl, Chef des KL-Unternehmens MPG&E. Der KL-Markt
sei einer der heimischen Anbieter gewesen, ein Markt der individuell vermessenen und hergestellten Linsen. Die wurden dann
sukzessive durch die Innovation der Disposables (Tauschlinsen)
zurückgedrängt. Der Abstieg der einen ging einher mit dem
Aufstieg der anderen. Leider konnte die Redaktion keine Daten
vor 2000 auftreiben. Aber der Blick auf die letzten neun Jahre
(s. Grafik) zeigt schon, dass die Vermutung stimmen könnte. Die
Abgabeentwicklungen der typischen Augenarzt-Linsen sind an
den blauen und grünen Verläufen abzulesen. Der Indexwert 100
bei den Hartlinsen ist bis 2009 um fast 75 % gefallen und der der
konventionellen Weichlinse um fast 50 %.
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Der Rückgang war ebenso stetig wie der Aufstieg der Wochen-/Monatslinsen und der Tageslinsen, die 2008 ihren derzeit höchsten Punkt erreichten. Mit dem Stückzahl-Rückgang
der harten und konventionellen Linsen, die den Anpasser
brauchen, müsste auch – so ist anzunehmen – sukzessive der
Umsatz der Augenärzte zurückgegangen sein.
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
perspektiven
Dass der Umsatz bei den Augenärzten weniger geworden ist,
das scheint außer Frage zu stehen. Die 40 %, an die Volker Grahl
sich erinnert: Zu welcher Größe haben die sich zurückentwickelt? Und was ist mit den anderen, den Augenoptikern? Die
müssen damals ja die restlichen fast 60 % ausgemacht haben.
Der Anteil von Versandhandel und Drogerien war zu der Zeit
gering – und das Internet existierte noch nicht.
Um hier eine Antwort zu finden, kann man die Brillenstudie
2008 von Allensbach heranziehen. Die wird zwar auch von
manchen Brancheninternen angezweifelt, weil dort „nur“
Endverbraucher befragt und keine Hardfacts aus dem Retailbereich (Händler) abgefragt wurden. Da ist die technisch
orientierte Branche zunächst skeptisch. Doch bei spannenden
Wahlabenden erleben wir immer wieder, wie genau die Vorhersagen – also die Instrumente der Sozialforschung – sind. Da
geht es nur noch um Stellen hinter dem Komma.
Den Grund für den Erfolg erkennen
Das Demoskopieunternehmen fragte in der „Brillenstudie“ der
Jahre 2002, 2005 und 2008, wie viele Menschen ihre KL zuletzt
beim Augenarzt gekauft hätten. 2002 waren das 16 %, 2005 noch
9 % und 2008 ebenfalls 9 %. Aber dass der Anteil von 2005 bis
2008 nicht weiter abfiel, muss Gründe haben, die Augenärzte
unbedingt abklären sollten. Haben sie die aufkommenden Silikon-Hydrogele optimaler genutzt? Denn wer den Grund für den
Erfolg nicht kennt, kann den Misserfolg auch nicht erklären.
Während die Augenärzte 2008 das Niveau von 2005 hielten,
verloren die Augenoptiker aber drastisch und das Internet legte
zu. Der Anteil der Optiker sank von 73 % (2002) über 64 %
(2005) auf 58 % (2008). Das Internet stieg ausgehend von 8 %
(2002) über 12 % (2005) auf 23 % (2008). Der Versandhandel,
der 2005 noch mit 6 % punktete, sank auf 4 %. Was bedeutet
das aber nun für die Umsätze? Dass das Internet 23 % des KLUmsatzes tätigt, die Augenoptiker 58 %, Augenärzte 9 %, der
Versandhandel 6 % und den Rest die Apotheken und Drogerien? Es gibt zwar keine Zahlen, die man diesen Prozentwerten
eindeutig zuordnen kann, aber es hilft der plausible Schluss.
Zwei Quellen müssen hier zusätzlich geöffnet werden. Die
von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) und die von
Experten. Letztere sind zwar nicht validierbar, wohl aber über
Plausibilität nutzbar, weil sich hier ein Hintergrundwissen
konkretisiert aus zahlreichen informellen Gesprächen zwischen den Verantwortlichen der Kontaktlinsenunternehmen.
Da keine sicheren objektiven Zahlen existieren, benötigen sie
diesen Austausch. Hier diskutierte mit der Redaktion Volker
Grahl, der den Markt seit über 20 Jahren kennt. Er schätzt den
Anteil der Augenärzte am Umsatz deutlich höher ein, als es
die Zahlen von Allensbach vermuten lassen. Diese qualitative
Quelle wird gestützt von einem anderen Indiz, das man als
„pro Augenheilkunde“ bewerten kann: das Anzeigen-werb-
33
perspektiven
kontaktlinsenmarkt
liche Engagement der Big Player. Mit Ausnahme von Johnson
& Johnson Vision Care informieren innerhalb der Augenheilkunde Bausch + Lomb, Ciba Vision und CooperVision die Augenärzte mit Produktanzeigen über ihre Kontaktlinsen. Ein Indiz, dass der Markt dem Vertriebskanal Augenarzt schon noch
Chancen einräumt. Man wirbt nicht in die Vergangenheit hinein, sondern stets nur in Chancen der Zukunft. Die Frage ist
nur: Werden die Anzeigen für die Ankurbelung des Absatzes
über den Augenarzt geschaltet oder in der Hoffnung, dadurch
mehr Erstanpassungen zu genieren? Dazu später.
Wie groß ist der Markt überhaupt?
Wie groß ist eigentlich der Gesamtmarkt der KL (ohne Reinigungsmittel)? Auch das ist nicht eindeutig zu sagen, aber wenigstens hier kann man Zahlen hochrechnen. Die GfK liefert
seit 1990 die Zahlen für die Augenoptik, die auch Fachjournalisten auf drängenden Abruf in Auszügen zur Verfügung
gestellt werden. Deshalb danken wir Till Herzog von der GfK
an dieser Stelle für die Kooperation. Seit 2009 erfasst das Institut nämlich auch den Umsatz des Internets. Somit stehen zwei
recht valide Größen zur Verfügung: a. Umsatz der Optiker
und b. Umsatz des Internets. Nimmt man Unschärfen hinzu,
kann man von einem Pareto-Verhältnis (80:20) sprechen. Im
Juli 2010 kam von der GfK die Meldung, dass der Umsatz des
Internets sich auf 18 % ausgeweitet hat. Der Gesamtumsatz
sinkt dadurch, weil die Produkte im Internet normalerweise
günstiger sind. Das ist gut anzuschauen am Schaubild (Grafik
unten). Es zeigt den Verlauf der Umsatzverteilungen zwischen
Optiker und Internet in den letzten Monaten. Immer dann,
wenn die Optiker im Verhältnis zum Internet verlieren, sinkt
der Gesamtumsatz. Gewinnen sie, steigt er wieder (Mär/Apr).
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Es darf aber nicht vergessen werden, dass diese Dichotomie
mit Verschränkungen hinterlegt ist. Im Internetmarkt tummeln
sich größere Anbieter, die Augenoptiker sind – und, wer hätte das gedacht: auch Augenärzte. Der Umsatz geht also nicht
ausschließlich an „Fremde“ verloren, sondern wird teilweise
zurückgeführt. Die Größenordnung dieses Revenues kann allerdings hier nicht beziffert werden. Dieser Vorgang ist positiv,
weil im Sinne der Endverbraucher. Es muss einen Wettkampf
der Systeme geben. Verantwortliche Fachleute (Augenärzte und
Augenoptiker) müssen mit allen Möglichkeiten um Marktanteile im Netz kämpfen. Für sich und in Wettstreit mit denen,
34
die in der Kontaktlinse nur die Ware sehen (Optik-Fremde). Das
Internet denen zu überlassen, wäre der größte Fehler, den die
beiden zu wenig miteinander redenden Berufsgruppen begehen
könnten. Um die Kontaktlinse gilt es zu kämpfen. Der Rückzug
aus unbegründeter Angst dem Netz gegenüber wäre fatal – für
die Marken „Augenarzt“ und „Augenoptiker“. Es wäre zudem
eine existenzielle Bedrohung für die Kontaktlinse an sich, weil
der Internetmarkt die KL-Spezialisten als Anpasser braucht.
Die Reaktion der Industrie wäre natürlich: Zögen die Fachleute
sich aus der Anpassung zurück, würde die Industrie mit vollem
Recht mit eigenen Outlets kommen. Und das würde auch den
Patientenstrom hin zu Augenarztpraxen verändern.
Noch aber ist es nicht so weit. Bei Augenärzten und Augenoptikern braucht nichts anderes als ein Schalter im Kopf
umgelegt zu werden. Die Kontaktlinse als Umsatzträger und
Zukunftssicherer überhaupt zu erkennen – und zusätzlich die
gemeinsame Verwiesenheit von Augenärzten und Augenoptikern zu akzeptieren. Die Verbände müssten ein gemeinsames
Programm auflegen – jeglicher kurzsichtige Berufsegoismus
und jede Neidhammelei ist hier fehl am Platze. Es geht um
mehr: um das Gesamte der Kontaktlinse, die Gatekeeper für
manches in der Praxis ist. Aber das funktioniert nur so, dass
beide Berufsgruppen sehen: Damit ist Geld zu verdienen und
die eigene Berufsmarkenpflege wird gestützt.
Deshalb wieder zurück zum Umsatz, damit unsere Leser ein
Gefühl dafür bekommen, was ihr KL-Markt wert ist. Unser
Diskutant von der Anbieterseite scheut sich nicht, den Marktanteil der Augenärzte deutlich höher einzuschätzen. Er kennt
die eigenen Zahlen seines Unternehmens sowie ausgetauschte
und angedeutete von befreundeten Firmen. Den Anteil der
Augenoptiker beziffert er konkret auf 60 %. Da geht er einher
mit den Zahlen der Allensbach-Studie (58 %). Die GfK gab für
2009 einen Augenoptikerumsatz mit Kontaktlinsen von 273
Mio. Euro bekannt. Setzt man die in die 60 % ein, so wiegt
der KL-Gesamtmarkt ungefähr 455 Mio. Euro. Für die Augenärzte würde das bedeuten, dass sie wenigstens 41 Mio. Euro
Umsatz machen, wenn man die mageren 9 % der AllensbachStudie ansetzt.
Betrachtet man aber die 54 Mio. Euro, die man aus den GfK-Zahlen für den Internetjahresumsatz hochrechnen kann, würde das
bedeuten, dass die Augenärzte nur 25 % weniger Umsatz machen
als das Netz. Und nun noch einmal die Frage: Warum werden die
Augenärzte nicht aufgeführt in den offiziellen Statistiken? Diese
41 Mio. Euro sind ja kein rechnerischer Humbug, sondern finden ihre plausible Begründung in valide erhobenen Daten: a. dem
Umsatz der Optiker (GfK), dem Umsatz des Internets (GfK) und
der Angabe, dass 2008 9 % der Kontaktlinsenkäufer ihre Linse
beim Augenarzt gekauft haben (Allensbach).
Sicherlich, alles oberhalb von 41 Mio. Euro ist gewagtere Spekulation – die aber nicht der Wahrheit zuwiderlaufen muss.
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
kontaktlinsenmarkt
Erinnern wir uns daran, dass der Insider Grahl den Umsatz
der Augenärzte deutlich höher einschätzt als 9 % vom Gesamtmarkt. Bei den Optikern trägt er seine Vermutungen und
Berechnungen noch geschärfter vor. Dort gibt er den Augenärzten glatte 25 %. Und das tut er anscheinend so überzeugend, dass der Zentralverband der Augenoptiker (ZVA) seine
Vorstellungen in der Jahrespressekonferenz im April 2010 offiziell weitergab. CONCEPT rief dazu beim ZVA an und holte
sich bei Pressesprecherin Gabriele Gerling die Freigabe, Volker
Grahl als Quelle nennen zu dürfen.
Würde man Grahls 25 % ansetzen, kämen die Augenärzte mit der
KL (ohne Pflegemittel) auf 114 Mio. Euro Umsatz. Damit würden bei einem Gesamtmarkt von 455 Mio. noch 69 Mio. für Internet und Drogerien übrig bleiben. Das kommt rechnerisch in seinem Modell hin. Er sieht 12 % fürs Netz und 3 % für die anderen.
Es gibt auch einen grauen Markt
Seine Proportionen kommen aber in Konflikt mit den Allensbachzahlen, die das Internet schon 2008 auf 23 % schätzten
und die Drogerien & Co noch einmal auf 10 %. Andere Insider wiederum glauben auch, dass der gemeinsame Markt
33 % betrage. Die Frage ist nur, von welchem Markt? Denn
es gibt eine Welt jenseits der GfK. Der graue Markt, der KL
in Asien einkauft und massenhaft verkauft. Dem Autor wurden unter Verschwiegenheit Namen genannt, die eine solche
These untermauern. Wie hoch der Graumarktanteil allerdings
ist, ist nicht einzuschätzen. Aber er könnte dazu führen, dass
Allensbach und die GfK über unterschiedliche Märkte mit unterscheidlicher Größe berichten.
Somit bleibt zu vermelden, dass die Augenärzte mindestens
41 Mio. Euro KL-Umsatz bewegen. Es könnten aber auch mehr
als 100 Mio. sein. Im Grunde ist das egal für unsere Betrachtung.
Bleibt man in der Argumentation mit statistisch validen Daten,
so hat die Augenheilkunde schon hier Bedeutung – 75 % von
dem, was in diesem Kontext fürs Internet ausgerechnet wurde.
Also müssen die Augenärzte erwarten können, dass sie offiziell aufgenommen werden in den Reigen der dauernden KLMarktberichterstattung in Deutschland. Dann würde sich die
tatsächliche Umsatzzahl auch jenseits dieser Spekulationsversuche des Autors irgendwann valide zeigen. Aus Sicht der KLIndustrie müsste das eigentlich Pflicht sein.
Denn sie braucht auch die Augenärzte. Vielleicht hilft noch ein
Blick auf andere Verhältnisse. Neuerdings werden in Deutschland 11.600 Augenoptikfachgeschäfte gezählt (der ZVA hat
neue Erhebungen durchgeführt). Umgerechnet führt man
nun circa 10.000 Optiker, die KL abgeben (anpassen oder nur
verkaufen). Bei den Augenärzten handelt man eine Zahl von
2.500. Rechnet man die Umsätze auf diese Proportionen um,
so ergibt sich, dass ein Augenarzt zwischen 16.400 Euro (GfK/
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
perspektiven
Allensbach-Verrechnung) bis zu 45.000 Euro (ZVA/GrahlVerrechnung) pro Jahr mit der Kontaktlinse umsetzt. Der statistische Durchschnitt der Optiker liegt bei 27.300 Euro.
Die KL-Industrie muss sich also fragen lassen, warum weniger
Marketingkonzentration für die Augenheilkunde aufgewendet
wird? Die Antwort könnte einfach sein: Weil man diesen Zahlen und Verrechnungen nicht glaubt. Aber woran glaubt man
denn? Warum denkt die KL-Industrie in Publikationen, die
Werte beinhalten, in der Kategorie Augenoptik? Ein Grund
könnte vielleicht in der angelsächsischen Tradition der Mehrheit der Big Player liegen. Dort hat der KL-Markt mit Augenärzten nichts zu tun. Eine solche mentale Leerstelle könnte
ganze Denk- und Erfassungsstrukturen prägen.
Für die Augenärzte aber ist klar: Sie sind wer in Sachen Kontaktlinse. Und sie wissen auch – ohne sie ist in der nächsten
Zeit im Markt hinsichtlich gehoffter Dynamik nicht mehr los,
wenn sie die Anpassungen nicht vorantreiben. Warum aber
sollten sie das tun? Ganz einfach, weil es Geld bringt bzw.
noch mehr bringen kann.
Die Augenheilkunde hat nur leider jenseits der Refraktiven
Chirurgie keine ausgeprägten marktwirtschaftlichen Visionen.
Die konservative Augenheilkunde hat sich daraus derzeit verabschiedet – aus welchen Gründen auch immer. Das RLV
bestimmt das Denken, IGeL eventuell auch noch. Aber kein
Denken über das Wartezimmer hinaus.
Privatisierungsdiskussionen sind eingeschlafen, obwohl unser
CONCEPT-Herausgeber Professor Dr. med. Fritz Dannheim
mit großer Beharrlichkeit auch Alternativmodelle nicht des
Ausstiegs aus der GKV, sondern des Einstiegs in den qualitativen Markt beschrieben und diskutiert hat. Die Gesundheitsreform und der RLV-Schock haben alles mutige Denken im
konservativen Bereich lahmgelegt. So konnte der Augenheilkunde auch vollkommen ohne Gegenwehr die Brille genommen werden. Der RLV-evozierte Adrenalinpegel der offiziellen
Vertreter war dermaßen hoch, dass man diesen zusätzlichen
Schmerz nicht spürte.
Mit der Kontaktlinse darf das nicht passieren. Hier wird man
zwar nicht per Gesetz enteignet, hier macht es der Markt.
Und das wäre unsäglich selbstzerstörerisch. Deshalb braucht
der Leiter des Arbeitskreises Kontaktlinsen im BVA, Dr. Gerald Böhme, Unterstützung in seinem Bemühen um die Linse.
Auch Dr. Gudrun Bischoff ist immer noch, wenn auch auf anderer Ebene, voll dabei. Aber es ist an der Zeit, dass die Jungen
sich jenseits von Verband und Politik für den Umsatz mit der
Kontaktlinse stark machen – am besten mit einer massenweisen Gründung von Instituten, die ihnen den Weg in den Gesundheitsmarkt eröffnen. Das ist rechtlich recht unkompliziert
und es gibt genug erfahrene Kolleginnen und Kollegen in der
Branche, die das erfolgreich betreiben. Denn es könnte sich
35
perspektiven
kontaktlinsenmarkt
lohnen. Deshalb sei zum Abschluss sei noch ein Verweis auf
die Kontaktlinsen-Penetrationsrate in Deutschland gestattet (s.
Grafik). Die ist wirklich winzig – und das verschulden allein
Augenoptiker und Augenärzte; aus welchen Gründen auch
immer.
dazu ausgebildete Mitarbeiterin. Aber das würde der Branche
weitere 60 Millionen bringen oder 24.000 Euro für jede anpassende Praxis (2.500). Sicherlich sind das Traumzahlen. Aber
wer will den Augenärzten verbieten zu träumen? Warum soll
die Augenheilkunde dazu nicht fähig sein?
Das Geld ist da. Aus den Zahlen der GfK (s. Grafik) hat der
Autor berechnet, was die Menschen zwischen Januar und
April 2010 statistisch pro Einwohner in verschiedenen Ländern für die Kontaktlinse beim Augenoptiker ausgaben.
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In der Schweiz wird mit der Kontaktlinse richtig Geld verdient.
Nicht nur mit dem Verkauf, sondern schon mit der Anpassung
(Grafik unten). Geld für die Anpassung zu bezahlen ist Pflichtprogramm – und die typische „German Angst“ ist fehl am Platze. Denn die Anpasser leisten etwas. Nur 66 % der Deutschen
nehmen Geld dafür, im Schnitt aber nur 31 Euro. Viel zu wenig.
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Das Ziel muss heißen, es wenigstens wie die Norweger und die
Schweden zu machen. Mindestens 60 Euro. 82 % nehmen dort
eine Anpassgebühr. Stellen Sie sich vor, die deutschen Augenärzte würden eine Million Anpassungen durchführen – das
wären in einer konzertierten Aktion weniger als zwei Anpassungen am Tag. Die macht nicht der Augenarzt, sondern die
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Die Zahlen müssen nicht kommentiert werden. Sie sagen überdeutlich: Warum sollen die Deutschen weniger bereit sein als
andere? Man muss nicht gleich Japan nacheifern, kann sich aber
vornehmen, GB sportlich zu überholen. Man muss nicht unbedingt in Tageslinsen denken, sondern kann dies bequem über
eine höhere Taktzahl in der Anpassung erreichen. Wie gesagt:
Im Neuanpassen sind die britischen Optometristen marktwirtschaftlich keine Weltmeister. Zeigen die deutschen Augenärzte
doch hier, wie das besser geht. Sportlich natürlich. Es könnte
so laufen: Indem man einfach jeden geeigneten Brillenpatienten
auf die Möglichkeit anspricht (oder ansprechen lässt durchs Personal) und am besten noch ein Institut dazu bereit hält. Es hat
etwas vom Aufbruch, von der Eroberung des Wilden Westens.
Nur so, wie auf dem Titel, muss der Shop nicht unbedingt aussehen – obwohl der auch seinen Charme hat.
Von Heinz Jürgen Höninger
IMPRESSUM
Herausgeber
Prof. Dr. med. Fritz Dannheim,
E-Mail: [email protected]
Heinz Jürgen Höninger (verantwortlich),
Tel. (07522) 931-073, E-Mail: [email protected]
PD Dr. med. Anja Liekfeld (Ophthalmochirurgie),
E-Mail: [email protected]
Verlagsanschrift
autentic.info GmbH,
Lange Gasse19, D-88239 Wangen im Allgäu
Internet:
www.concept-ophthalmologie.de, www.autentic.info
Redaktionsadresse
autentic.info GmbH, Redaktion CONCEPT Ophthalmologie
Postfach 1410, 88230 Wangen im Allgäu
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Redaktionsleitung
Susanne Wolters, E-Mail: [email protected]
Autoren und Gesprächspartner dieser Ausgabe
Prof. Dr. Albert Augustin, Prof. Dr. Fritz Dannheim,
PD Dr. Kirsten Eibl-Lindner, Dr. Ameli Gabel-Pfisterer,
PD Dr. Christos Haritoglou, Heinz Jürgen Höninger,
Prof. Dr. Ludger Honnefelder, PD Dr. Anja Liekfeld,
Dr. Christiane Schumacher, Dr. Philipp Steven,
Susanne Wolters, Judith Zagolla
Gestaltung
autentic.info GmbH, Nicole Kappe
Anzeigendisposition
Michaela Einhauser,
E-Mail: [email protected],
Tel. (07522) 931-073, Fax (07522) 707 98 32
Anzeigenverkauf Deutschland
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Gerichtsstand und Erfüllungsort
Ulm
Gesamtherstellung
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Abonnement
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Concept Ophthalmologie 04 / 2010
gesundheit + ethik
perspektiven
„Ein Gut eigener Art“
„Welches Gut ist die Gesundheit? fragt Prof. Dr. Dr. h.c. Ludger Honnefelder von der Theologischen Fakultät der Berliner Humboldt-Universität und stellte darüber vor dem Verein der
Rheinisch-Westfälischen Augenärzte (RWA) anthropologische und ethische Überlegungen an.
Der Vortrag fand am 30. Januar 2010 anlässlich der RWA-Tagung in Bonn statt. Wie Prof. Honnefelder dort ausführte, ist
es schwierig, Gesundheit in seinem Grundwort zu definieren,
weil es unterschiedlich in seiner Bedeutung gebraucht werde.
So schreibt einer der bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts, Hans-Georg Gadamer, in „Über die Verborgenheit
der Gesundheit“, dass sich deren Verborgensein schon in der
Vieldeutigkeit zeige, mit der das Wort benutzt werde. Friedrich Nietzsche meinte, dass Gesundheit undefinierbar sei. Im
Deutschen und in einigen anderen Sprachen wird Gesundheit
mit „vollständig“ und „heil“ übersetzt. Platon versteht sie als
„Harmonie an Leib und Seele“. Die WHO definiert Gesundheit als „Zustand vollständigen physischen, psychischen und
sozialen Wohlbefindens und nicht nur der Abwesenheit von
Krankheit und Schwäche.“
Gut, das zum gelungenen Leben gehöre, den ganzen Menschen und sein tätiges Werk einschließe. Nach Augustinus
werden dem Menschen durch Endlichkeit, Sterblichkeit und
Versagen Grenzen gesetzt, so dass er auf ein gelungenes Leben
nur hoffen oder es als geschenktes Heil erwarten könne.
In der modernen Gesellschaft werde die Gesundheit zum Endziel. Medizin werde ständig optimiert, aus der Bedarfsmedizin werde eine Wunschmedizin. Fitness und Wellness würden
zum Selbstzweck, Gesundheit zum Gegenstand einer neuen
Religion. Medikamente für Therapien würden als Lifestyle-Instrumente eingesetzt. In Fitnesszentren schlucke man muskelbildende oder Fett abbauende Medikamente, ohne einen möglichen gesundheitsschädigenden Effekt zu berücksichtigen.
Nach Niklas Luhmann hat Gesundheit den Charakter eines
eigenen Sinnsystems angenommen.
Krankheit zeigt Grenzen auf
Der Berliner Theologe Prof. Dr. Ludger Honnefelder referierte für die rheinisch-westfälischen
Augenärzte auf ihrer Tagung in Bonn
Ist Gesundheit Glück?
Aristoteles bezeichne es als Glück, wenn der Mensch tätig ist,
seine Anlagen entfalte und verwirkliche. Gesundheit sei ein
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
Was bedeuten Gesundheit und Krankheit für den Menschen?
Honnefelder zitierte Helmuth Plessner: „Ich bin mein Leib
und habe ihn als Körper.“ Der Mensch sei nur er selbst, indem
er sich durch sein Verhalten anderen gegenüber durch Gestik,
Mimik und Sprache, Kultur und soziale Rolle, Sinnentwürfe
und Religion „verkörpert“. Im Gegensatz zu den Tieren lebe
er nicht einfach, sondern müsse sein Leben führen und könne
daher an sich selbst scheitern. Die Krankheit betreffe nicht nur
den Leib des Menschen, sondern ihn selbst. Während Tiere
Schmerz nur als Schmerz erlebten, erfahre der Mensch ihn
auch als Leid. Krankheit zeige ihm seine eigenen Grenzen auf.
In der Entkörperung (Krankheit, Alter, Behinderung und Tod)
zeige sich seine Ohnmacht. Krankheit sei mehr als biologische
Dysfunktionalität. Jeder Mensch empfinde seine Krankheit
unterschiedlich, die Gesellschaft gebe ihr wiederum ihre eigene Bedeutung. Wie stehe sie beispielsweise zu Infertilität, Alter
und Behinderung? Wie empfinde der Betroffene selber? Krankheit definiere sich als Zustand körperlicher Not, der den Betroffenen zwinge, fachkundige Hilfe zu suchen. Das Verständnis der Gesundheit hänge vom Verständnis der Krankheit ab.
Als welches Gut ist Gesundheit zu verstehen? Auf welche Güter beziehen sich Pflichten und Rechte, Tugenden und Normen? Es gäbe beispielsweise ein Recht auf Gesundheit, aber
auch die Verantwortung für die eigene Gesundheit. Als Gut
37
perspektiven
gesundheit + ethik
verstehe man jede Art von Vor- oder Nachteil, definierte Honnefelder. Es könne sich auf Wünsche, Ziele von Erstrebungen,
Nützlichkeiten in Bezug auf Interessen, Rechte und Befugnisse, Fähigkeiten und Anlagen, Bildung und soziale Stellung,
Besitz und Einkommen beziehen. Es gebe viele und verschiedene Güter unterschiedlicher Graduierung, unter der abgewogen werden müsse. Auch könnten nicht alle Güter zur gleichen
Zeit realisiert werden. Gesundheit sei ein Gut eigener Art. Sie
sei weder ein beliebiges noch das ranghöchste Gut. Dieses sei
die Unverletzlichkeit der Menschenwürde gemäß Artikel 1 des
Grundgesetzes – und nicht abwägbar.
Gesundheit als Primärgut
Zu den fundamentalen Gütern gehörten die Bedingungen
des Subjektseins (Selbstbestimmung, Integrität von Leib und
Leben, Eigentum u.a.). Gesundheit sei eine wesentliche Bedingung des Subjektseins. Gesundheit sei als schützenswertes
Grundgut ein fundamentales Gut, ein Primärgut, nicht Zielgut. Wäre sie ein individuelles Gut, so könne sie ganz der
privaten Vorsorge überlassen werden. Gesundheit sei nach
Otfried Höffe ein „transzendentales Gut“ im Sinne von: „Gesundheit ist nicht alles, ohne Gesundheit ist aber alles andere nichts“. Eingeschränkt werde diese Aussage allerdings
dadurch, dass auch der schwer Kranke ein sinnvolles Leben
führen könne und wir in Grenzfällen unser Leben einsetzten,
um anderen zu helfen.
Gesundheit begründe nicht nur Nachfrage, sondern auch Bedarf. „Alles, was es braucht, um die Erfüllung eines Bedürfnisses moralisch zwingend zu machen, ist die Entwicklung
eines so allgemeinen und tief empfundenen Bedürfnisses, das
überzeugend nachgewiesen werden kann, dass es sich um das
Bedürfnis nicht nur dieser oder jener Einzelperson handelt,
sondern um das der Gemeinschaft im allgemeinen und um ein,
wenn auch kulturell geprägtes und mit Gewicht versehenes, allgemein menschliches Bedürfnis“, sagt der amerikanische Philosoph Michael Walzer. Gesundheit könne nur als „transzendentales Gut“ einen objektiven Bedarf der Wiederherstellung und
Aufrechterhaltung darstellen und im sozialen Rechtsstaat so etwas wie ein „Recht auf Gesundheit und Gesundheitsfürsorge“
begründen. Ein objektiver Bedarf erfordere Abgrenzung. Nach
ökonomischen Gesichtspunkten werde auch hier zwischen
Nachfrage (individuelle Präferenzen) und Bedarf (Anspruch auf
Objektivität) unterschieden. Gesundheit sei nicht nur eine Zustandsgröße. Gesundheit müsse bewahrt oder wieder hergestellt
werden, sie bedürfe des Schutzes und der Fürsorge. Sie sei nicht
nur ein individuelles, sondern auch ein soziales Gut und müsse
Gegenstand der Gesundheitspolitik sein.
Wie sollen wir mit dem Gut Gesundheit umgehen?, fragte
Honnefelder. Solidarische Fürsorge sei ebenso gefragt wie
die individuelle Verantwortung. Die Voraussetzung hierfür
schaffe das System der Gesundheitsfürsorge. Zu ihrer Wah-
38
rung oder Wiederherstellung seien Leistungen unterschiedlichen Ausmaßes nötig, die nicht nur vom Betroffenen selbst,
sondern auch durch Dritte erbracht werden müssten. Es sei
zu klären, wie zwischen Gesundheit und Krankheit von unterschiedlichem Schweregrad zu unterscheiden sei. Krankheit sei einerseits eine funktionale Störung, auf der anderen
Seite unterliege sie der individuellen und auch kollektiven
Selbstdeutung. Das Problem der Abgrenzung erfordere gesellschaftlichen Konsens, der aufgrund von Erwartungen und
möglicher Erfüllung schwierig sei. „Der Ozean ist begrenzt,
die Begier dagegen unbeschränkt“, heißt es bei Shakespeare.
Statt der Unersättlichkeit zu folgen, könne das Glück immer
nur durch aktuelles Handeln angestrebt und dann vielleicht
auch erreicht werden.
Gesundheit in der Moderne
In der Moderne mit ihren immensen Möglichkeiten durch
den menschlichen Fortschritt werde in Bezug auf die Gesundheit eine unbegrenzte Erwartung („infinity model“ von
Daniel Callahan) gestellt. Nicht nur Krankheit und Not, sondern selbst der Tod sei besiegbar (Francis Bacon). Hieraus
resultierten kollektive Begehrlichkeit einerseits und die Unfähigkeit zum Verzicht andererseits, um nicht als Einzelner
benachteiligt zu werden. Es werde deutlich, wie wichtig ein
gesellschaftlicher Konsens sei, um die Ressourcen im Gesundheitswesen gerecht zu verteilen. Nach welchen Kriterien
solle entschieden werden? Bekomme derjenige medizinische
Leistungen, der am meisten dafür bezahlen könne oder der
Jüngste, weil seine Chance, dann noch lange zu leben, größer
sei als die eines alten Patienten? Die Verteilung knapper Güter sei problematisch. Die Kriterien könnten nur im Rahmen
eines Verständigungsprozesses aller Beteiligten zumindest
teilweise festgelegt werden.
Die eigentliche Herausforderung liege in der Verantwortung für Normen, indem auch dann Grenzen gesetzt werden müssten, wenn sich mehr Möglichkeiten eröffneten. Die
Selbstbegrenzung erfordere eine neue Selbstverständigung
über Gesundheit als Gut und die gerechte Verteilung der medizinischen Leistungen. In „Goodbye to Simple Solutions“
hat Dr. med. Søren Holm, Kopenhagen, über skandinavische
Versuche einer inhaltlichen Prioritätensetzung geschrieben.
Demnach ist die Vorgehensweise erst noch herauszufinden.
Es müssten verpflichtende Rahmenkriterien durch individuelle und kollektive Selbstdeutung unter Berücksichtigung
Norm gebender Kriterien geschaffen werden, die auf vielen
Abwägungen basieren würden. Ein allgemeingültiger Konsens definiere sich dadurch, dass sich alle mit dem Ergebnis
identifizieren könnten. Signifikante Selbstbegrenzungen seien
notwendig, über die man sich verständigen müsse. In diesem
Sinn sei „Moral“ der Preis, den wir für die Moderne bezahlen
müssten.
Von Dr. Christiane Schumacher
Concept Ophthalmologie 04 / 2010
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Concept Ophthalmologie 04 / 2010
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mehrjährige Einnahme von Ocuvite® Lutein AMD
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WOC® 2010 in Berlin:
Großer Erfolg für URSAPHARM!
Der World Ophthalmology Congress® vom 05. bis 09. Juni in Berlin war
2010 das ophthalmologische Großereignis in Deutschland. Geprägt von
internationalem Flair, bot der WOC® über fünf Tage hinweg wissenschaftlichen Austausch auf höchstem Niveau sowie für die Vertreter
der Industrie ein hervorragendes Forum für die Kontaktentwicklung und
Kontaktpflege.
Die URSAPHARM Arzneimittel GmbH zieht nach den Tagen im Internationalen Congress Center unterm Messeturm ein äußerst positives Fazit.
Für den saarländischen Arzneimittel- und Medizinproduktespezialisten
war der Kongress die ideale Gelegenheit, abseits des hektischen Praxisalltags mit niedergelassenen Augenärzten und Klinikern aus über 120
Ländern in Dialog zu treten und die Leistungsfähigkeit des international
tätigen Familienunternehmens aufzuzeigen.
URSAPHARM möchte es deshalb nicht versäumen, sich bei allen Ärztinnen und Ärzten sowie dem medizinischen Personal für den Besuch
des Messestandes und natürlich ihrem großen Interesse an den ophthalmologischen Produkten aus Saarbrücken zu bedanken.
Der Dank gilt aber auch all
denen, die zum Gelingen des
Kongresses beigetragen haben, den Veranstaltern und
Organisatoren dieses einzigartigen Ereignisses sowie dem
Hause Eyeland Design für die
Film- und Bildsequenzen.
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Neues Pupillometer bei TriLas medical
Die Marke Optimedics beinhaltet unter dem Namen Optimedics
Balance eine patentierte hyaluronhaltige Monats- und Tageslinse
sowie eine Kombilösung mit Hyaluron. Mit ihrem Hyaluron-Speicher
ist die Linse ideal für Menschen mit trockenen Augen geeignet. Das
Hyaluron-Gel ist im Kontaktlinsenmaterial eingelagert und verteilt
sich mit jedem Lidschlag auf dem Auge. Die konstante Befeuchtung
sorgt für den extrem hohen Tragekomfort dieser Linsen. Das Auge
fühlt sich stets frisch an. Optimedics Balance ist auch als torische
Tageslinse erhältlich. Optimedics ist eine Marke der Bach Optic GHGmbH. Sie überzeugt mit modernen Kontaktlinsen und Pflegeprodukten zu attraktiven Preisen. Mehr Informationen erteilt Bach Optic
unter Tel. 02236-96229-0.
Mehr Sicherheit durch genaue Messung des Pupillendurchmessers –
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Kataraktchirurgie. Das VIP 200 zeichnet sich durch einfache Bedienung,
hohe Präzision und kompakte Bauform aus. Ein farbiges Display und
automatisches Pupillentracking durch eine spezielle Software machen
die Messung besonders einfach. Durch VIP (Vertex Invariant Technologie) keine Messfehler durch unterschiedliche Messabstände. Innerhalb
weniger Sekunden wird aus einer Vielzahl einzelner Messungen ein
Mittelwert, Minima und Maxima ermittelt, der Hippus wird berücksichtigt. Bis zu 100 Messungen können im Gerät abgespeichert werden.
Die Messwerte können für Dokumentationszwecke über eine Infrarotschnittstelle an einen optionalen Drucker weitergesendet werden.
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Concept Ophthalmologie 04 / 2010
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denn neben der exakten Bestimmung der Hornhauttopographie ist auch die Tränenfilmanalyse für
die Kontaktlinsenanpassung unverzichtbar.
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Augenlicht Keratograph Tränenfil1 1
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