Fachinformation Tierarzneimittel, Antibiotika

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Eidgenössisches Departement des Innern EDI
Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und
Veterinärwesen BLV
25. N ovember 2014
.2014
Fachinformation
Tierarzneimittel, Antibiotika
Antibiotikaresistenzen
Fact-Sheet MRSA
Antibiotikaresistenzen nehmen zu, auch in der Schweiz. Das gefährdet zunehmend die in den
letzten Jahrzehnten so erfolgreiche Bekämpfung von Infektionskrankheiten bei Mensch und Tier.
Besonders stark ausgebreitet haben sich in den letzten Jahren die Methicillin-resistenten
Staphylokokken (MRSA) in der Schweinemast. Diese gegen viele Antibiotika resistenten
Bakterien spielen auch in der Humanmedizin – insbesondere bei den Krankheitsübertragungen in
Spitälern – eine grosse Rolle. Dieses Faktenblatt geht auf die wichtigsten Fragen ein, die sich im
Zusammenhang mit den MRSA stellen – insbesondere im Zusammenhang mit der
Nutztierhaltung.
Was sind MRSA?
MRSA steht für Methicillin-resistente Staphylococcus aureus. Staphylococcus (S.) aureus ist ein
Bakterium, welches die Haut und Schleimhaut von Menschen und Tieren besiedelt und
normalerweise keine Krankheit hervorruft. Zum Teil werden solche S. aureus aber auch als
Verursacher von Wundinfektionen, Atemwegsentzündungen oder Blutinfektionen isoliert.
Als MRSA werden verschiedene Varianten dieses Bakteriums bezeichnet, die gegen eine
Vielzahl von Antibiotika resistent sind.
Es gibt verschiedene MRSA-Varianten, die nach dem häufigsten Ort ihres Vorkommens in drei
Gruppen unterteilt werden:

Spitalassoziierte MRSA, die vor allem in Spitälern von Mensch zu Mensch übertragen
werden

Bevölkerungsassoziierte MRSA, die ausserhalb von Spitälern von Mensch zu Mensch
übertragen werden

Nutztierassoziierte MRSA, die bei Nutztieren wie Schweinen, Rindern und Geflügel
verbreitet werden und zwischen Mensch und Tier übertragen werden können.
Wie häufig kommen MRSA bei Nutztieren in der Schweiz vor?
Seit dem Jahr 2009 wird im Rahmen eines nationalen Programmes das Vorkommen von MRSA
bei Schweizer Schlachtschweinen untersucht. In den ersten Jahren wurden bei diesen
Untersuchungen jeweils nur sehr wenige Schweine gefunden, welche MRSA Träger waren. Mit
einem Vorkommen an MRSA-positiven Schweinen von 2 – 5.6%, lagen die Werte im
internationalen Vergleich sehr niedrig. Im Jahr 2012 wurde ein markanter Anstieg des MRSA
Vorkommens bei Schlachtschweinen festgestellt (18.1% MRSA positive Schlachtschweine), der
sich auch für das Jahr 2013 bestätigt hat (20.8% MRSA positive Schlachtschweine). Die
Zunahme ist dabei auf einen spezifischen MRSA-Klon zurückzuführen (CC398-t034). Da eine
Besiedelung der Schweine mit MRSA auch auf dem Transport zum Schlachthof oder im
Schlachthof selbst stattfinden kann, sind diese Resultate nur bedingt dazu geeignet aufzuzeigen,
wie sich das MRSA-Vorkommen in den Schweinebeständen verändert hat.
054.1/2014/00238 \ COO.2101.102.7.230184 \ 206.02.02.10
Im Jahr 2013 wurden 4% der Mastkälber im Schlachthof positiv auf MRSA getestet. Auch hier
wurden vor allem nutztierassoziierte Typen gefunden. Bei einer Untersuchung von Mastpoulets
im Schlachthof im Jahr 2010 wurden keine MRSA gefunden.
Wie häufig kommen MRSA bei Nutztieren in Europa vor?
Vergleichbare kontinuierliche Untersuchungen werden in anderen europäischen Ländern kaum
durchgeführt. Bei Untersuchungen an Schlachtschweinen in den Niederlanden im Jahr 2012
wurden bei 99% der untersuchten Tiere MRSA nachgewiesen, bei Untersuchungen in Spanien im
Jahr 2011 bei 84.1%. Vergleichbare Untersuchungen an Kälbern in Belgien und Deutschland
zeigten ein MRSA Vorkommen bei 47% und 45% der beprobten Tiere.
Im Jahr 2008 wurde eine EU-weite Grundlagenstudie zum Vorkommen von MRSA in
Schweinezucht- und Mastbeständen durchgeführt an welcher sich auch die Schweiz beteiligt hat.
Während bei diesen Untersuchungen in Schweizer Schweinehaltungen keine MRSA gefunden
werden konnten, waren in der gesamten EU 14% der Zucht- und 25.5% der Mastbetriebe MRSA
positiv. Das MRSA Vorkommen war je nach Land unterschiedlich hoch (0% - 46%).
Sind MRSA gefährlich für den Menschen?
Man muss unterscheiden zwischen einer Besiedelung mit MRSA und einer Infektion mit MRSA.
Eine Besiedelung mit MRSA führt zu keinen Krankheitserscheinungen. Eine Person, die mit
MRSA besiedelt ist, hat jedoch ein erhöhtes Risiko bei einer Schwächung des Immunsystems
oder nach einer Operation eine MRSA-Infektion zu erleiden. Wenn MRSA zu Erkrankungen
führen, dann sind diese schwierig zu behandeln, da die meisten Antibiotika wirkungslos sind.
Dies führt zu einer verlängerten Krankheitsdauer und zu einer erhöhten Sterblichkeit.
Wie kann sich der Mensch mit MRSA infizieren?
Die meisten MRSA Infektionen beim Menschen werden durch spital- oder
bevölkerungsassoziierte MRSA verursacht, welche durch den direkten oder indirekten Kontakt
mit infizierten Menschen zustande kommen. Diese Infektionen treten am häufigsten in
Krankenhäusern auf, insbesondere in Intensivstationen. Bei der Prävention hat daher die
Spitalhygiene eine grosse Bedeutung. MRSA Infektionen werden häufiger bei Menschen
gefunden, die an chronischen Erkrankungen oder einem geschwächten Immunsystem leiden
oder vorgängig mit Antibiotika behandelt wurden.
Es ist zudem bekannt, dass eine Besiedelung mit nutztierassoziierten-MRSA über den direkten
Kontakt mit besiedelten Tieren möglich ist. Am meisten gefährdet sind Tierhaltende, Tierärztinnen
und Tierärzte sowie Schlachthofmitarbeitende. Bei ihnen wird gemäss verschiedenen Studien
aus dem Ausland häufiger eine Besiedelung mit MRSA gefunden als in der
Normalbevölkerung_ENREF_5. Auch bei Trägern von nutztierassoziierten MRSA kann es,
beispielsweise bei einer Schwächung des Immunsystems, zu einer Infektion durch diese
Bakterien kommen und damit zu einer Erkrankung, die schwierig zu behandeln ist.
Wie häufig sind MRSA Infektionen bei Menschen in der Schweiz?
Infektionen mit MRSA sind in der Schweiz nicht meldepflichtig. Dennoch zeigt die repräsentative
nationale Überwachung der Antibiotikaresistenzen (anresis.ch), dass MRSA Infektionen in der
Schweiz im Vergleich zum Ausland selten sind. Das Vorkommen von MRSA bei schweren
Infektionen (Blutvergiftungen) hat in den letzten 10 Jahren von 12.8% auf 5.1% signifikant
abgenommen.
Ob es in der Schweiz beim Menschen Infektionen mit nutztierassoziierten MRSA gibt, ist
aufgrund der ungenügenden Datenlage nicht bekannt. Daten aus dem Ausland belegen aber,
dass es zu solchen Infektionen kommen kann, wobei Infektionen mit nutztierassoziierten MRSA
jeweils nur einen kleinen Teil der MRSA-Gesamtnachweise ausmachen.
Was sind die Risikofaktoren für eine Besiedelung mit nutztierassoziierten MRSA?
Hauptrisikofaktor ist der häufige direkte Kontakt mit besiedelten Nutztieren. In Ländern, in denen
bei Schweinen, Kälbern oder Geflügel häufig MRSA gefunden werden, findet man auch häufig
eine Besiedelung mit nutztierassoziierten MRSA bei Personen, die beruflichen Kontakt zu diesen
Nutztieren haben. In diesen Ländern konnte vereinzelt auch bei Personen eine Besiedelung
festgestellt werden, die nur indirekten Kontakt zu Nutztieren haben (zum Beispiel durch häufige
Besuche in Nutztierhaltungen oder weil sie im gleichen Haushalt leben, wie Personen, die
beruflichen Kontakt zu Nutztieren haben).
Eine Besiedelung mit diesen MRSA-Keimen führt dabei zu keiner Krankheit und sobald einige
Tage kein Kontakt mehr zu den Tieren besteht, können bei den betroffenen Menschen in der
Regel die MRSA nicht mehr nachgewiesen werden.
Kann man sich über Lebensmittel mit nutztierassoziierten MRSA anstecken?
Eine Übertragung von MRSA über Lebensmittel scheint nach bisherigem Wissensstand kaum
vorzukommen. Zwar werden MRSA auf rohem Fleisch von Nutztieren gefunden, eine
Übertragung solcher Keime auf den Menschen konnte bisher jedoch nicht nachgewiesen werden.
Wenn die Regeln der Küchenhygiene eingehalten werden, ist das Risiko für eine Übertragung
von MRSA äusserst gering.
Können nutztierassoziierte MRSA von Mensch zu Mensch übertragen werden?
Eine Übertragung der nutztierassoziierten MRSA von Mensch zu Mensch kann vorkommen. Sie
wird jedoch viel seltener festgestellt als bei MRSA-Stämmen, die besser an den Menschen
adaptiert sind. Deshalb sind Angehörige von Tierärzten und Familienmitglieder von Tierbesitzern
ohne direkten Tierkontakt nur selten mit nutztierassoziierten MRSA besiedelt und eine
Ausbreitung dieses Stammes in der Spitalumgebung ist weniger häufig.
Sind MRSA für Tiere gefährlich?
Tiere sind in der Regel nur Träger von MRSA und erkranken nicht. In der Literatur sind bei
Heimtieren und Pferden vereinzelt Wundinfektionen mit MRSA beschrieben worden.
Wie können Tierhalter das Vorkommen von MRSA in ihren Betrieben reduzieren?
Derzeit sind keine effektiven Massnahmen bekannt, wie ein Tierhalter seine Tiere effektiv vor der
Besiedelung mit MRSA schützen kann.
Ob MRSA in einer Tierhaltung vorkommt oder nicht, wird primär dadurch bestimmt, ob der Keim
durch Personen, Tiere oder verunreinigtes Material in den Bestand eingeschleppt und verbreitet
wird. Zudem wird das Vorkommen von MRSA in Tierhaltungen von der Größe des Betriebs, vom
Tierverkehr und vom Antibiotikaeinsatz im Bestand beeinflusst. Auch in Beständen, in denen
wenig oder keine Antibiotika eingesetzt werden (z.B. in Bio-Betrieben) können MRSA auftreten.
Ein sorgfältiger Einsatz von Antibiotika ist eine wichtige Massnahme, um den Selektionsdruck in
Richtung resistenter Erreger zu vermindern. Massnahmen zur Prävention von
Infektionskrankheiten spielen dabei eine wichtige Rolle. Damit jeder Tierhalter selbst überprüfen
kann, ob er seine Tiere überdurchschnittlich häufig mit Antibiotika behandeln muss oder nicht,
wäre eine zentrale Erfassung und Auswertung des Antibiotika-Einsatzes in einer Datenbank, wie
sie derzeit im Rahmen der Revision des Heilmittelgesetztes im Parlament diskutiert wird, wichtig.
Eine solche Datenerhebung würde auch die Möglichkeit zur gezielten Kontrolle und Beratung in
Problembetrieben schaffen.
Wie können sich Tierhalter vor einer Besiedelung mit MRSA schützen?
Bis heute sind keine effektiven Massnahmen bekannt, wie sich Personen, die beruflichen Kontakt
zu Nutzieren haben, wirkungsvoll vor einer Besiedelung schützen können. Spezifische
Schutzkleidung oder Schutzmasken haben in Schweinehaltungen keine genügende Wirkung
gezeigt. Es wird empfohlen, die üblichen Hygienemassnahmen einzuhalten (Kleider wechseln,
Betriebseigene Kleider und Stiefel für Besucher, Einrichtungen für Reinigung und Desinfektion,
Hände waschen nach Kontakt mit Tieren) und bei einem Spitaleintritt anzugeben, falls ein
beruflicher Kontakt zu Schweinen besteht.
Was unternimmt das BLV gegen MRSA in Tierbeständen?
Die bisherigen Untersuchungen zum Vorkommen von MRSA in Schlachtschweinen und
Schlachtkälbern werden weitergeführt und gegebenenfalls aufgrund der Resultate von laufenden
Studien angepasst oder erweitert. Seit 2014 werden zudem schweizweit repräsentative
Untersuchungen zum Vorkommen von MRSA in Poulet-, Rind- und Schweinefleisch
vorgenommen.
Da es bezüglich Verbreitung von MRSA in der Schweiz und den möglichen Massnahmen zur
Bekämpfung noch viele offene Fragen gibt, unterstützt das BLV mehrere einschlägige
Forschungsprojekte. Dabei werden beispielsweise die Verbreitungswege von MRSA innerhalb
der Bestände untersucht, Möglichkeiten eines einfacheren Nachweissystems für MRSA in den
Betrieben abgeklärt und Massnahmen evaluiert, mit welchen der Einsatz von Antibiotika
vermindert und damit das Risiko für resistente Bakterien in Schweinebeständen weiter gesenkt
werden kann.
Das BLV steht im Austausch mit Behörden und Experten aus allen betroffenen Bereichen
(Mensch – Tier –Landwirtschaft – Umwelt) und beteiligt sich an der Erarbeitung einer
gemeinsamen nationalen Strategie Antibiotika-Resistenz (StAR). Diese Zusammenarbeit wird es
bei der Umsetzung der Strategie ermöglichen, die Überwachung der Situation in allen Bereichen
zu verbessern und die Massnahmen gegebenenfalls anzupassen, wenn sich eine Änderung des
Risikos abzeichnet.
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