Leseprobe

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Leseprobe aus dem
Ernährungsbuch für Schilddrüsen-Patientinnen
von Irene Gronegger
Einführung
Viele Schildrüsen-Patientinnen interessieren sich neben der medizinischen Behandlung
auch sehr für Ernährung. Manche Anliegen haben direkt mit der Krankheit zu tun: Ist Jod
gesund oder nicht, und in welchen Lebensmitteln ist Jod eigentlich enthalten? Ist Soja
streng verboten, wenn man Schilddrüsenhormone einnimmt? Hinzu kommen noch weitere
Unklarheiten: Wie war das mit den mehrfach ungesättigten Fettsäuren, und was ist am
neuerdings propagierten Kokosöl tatsächlich dran? Welche Öle darf man erhitzen? Wie
sieht es bei Gewichtsproblemen aus – soll man fettarm essen, lieber die Kohlenhydrate
reduzieren oder Getreide gleich ganz weglassen?
Diejenigen, die Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow haben, werden auf etliche
Diäten und Empfehlungen stoßen, die Großes versprechen: Ernährungsumstellungen
sollen allerhand Beschwerden abklingen lassen oder gar Autoimmunerkrankungen heilen.
Betroffene, die aus Enthusiasmus oder aus Leidensdruck alle Trends ausprobieren
möchten, wissen am Ende gar nicht mehr, was sie noch essen können: Jodreiches Essen
und Soja erscheinen ungünstig, neuerdings soll auch Gluten schädlich sein und sogar
Hashimoto auslösen – behaupten jedenfalls ein Bestseller-Autor und einige Nachahmer.
Milchprodukte und tierische Fette haben allgemein keinen guten Ruf in alternativen
Kreisen. Stärkehaltige Nahrung und süßes Obst werden ebenfalls beargwöhnt, weil sie
womöglich dick machen. Mancher Guru rät bei Hashimoto sogar von allen Kohlsorten ab
oder von den Nachtschattengewächsen. Doch wenn nicht einmal Kohlrabi und Brokkoli
oder Tomaten und Kartoffeln erlaubt sind, bleibt nicht mehr viel für die tägliche Ernährung
übrig. Wer lange genug sucht, darf sich aber noch weitere Einschränkungen auferlegen,
dafür sorgen schon die Rohkost-Szene und die Steinzeit-Fans: Gekochte Nahrung oder
Getreide zu essen gelten in manchen Kreisen als unnatürlich für den Menschen.
Doch so kompliziert müssen Sie es bestimmt nicht machen: Allein wegen einer
Schilddrüsenerkrankung brauchen Sie sich nicht drastisch einschränken oder wie die
Neandertaler leben. Es lohnt sich aber, einige Grundsätze und Besonderheiten zu kennen,
das betrifft besonders Jod. Auch die Zusammenhänge zwischen Schilddrüse, Gewicht und
Sport vermittelt der Ratgeber – immerhin haben viele Schilddrüsen-Patientinnen durch die
Krankheit zugenommen und sind damit unzufrieden. Deshalb geht es auch um die Vorund Nachteile der beliebten Low-Carb-Diäten. Es handelt sich hier nicht um ein
Abnehmbuch mit Diätplänen oder Kochrezepten: Sie bekommen Informationen über den
Stoffwechsel und entscheiden selbst, welche Konsequenzen Sie daraus ziehen möchten.
Andere Leserinnen sind allgemein an gesunder Ernährung interessiert und fragen sich,
worauf es dabei ankommt. Dann ist der erste Teil über Vitamine und Mineralstoffe sowie
das Kapitel über gesunde Fette und Öle besonders hilfreich. Bei manchen kommen noch
spezielle Themen hinzu, zum Beispiel Probleme mit dem Blutzucker oder unverträgliche
Reaktionen auf diverse Lebensmittel. Da Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten weit
verbreitet sind, vor allem unter Schilddrüsen-Patientinnen, stellt sie der dritte Teil sehr
ausführlich vor. Das könnte mancher Leserin helfen, einem noch nicht erkannten Problem
auf die Schliche zu kommen: Laktose-Intoleranz, Fruktose-Malabsorption, HistaminIntoleranz oder doch irgendein Problem mit Getreide? Welche Tests kommen in Frage?
Warum vertragen manche Menschen kein Gluten und andere keine Vollkornnahrung? Am
Ende geht der Ratgeber auch auf Allergien und Reizdarm ein.
Mit Hilfe dieses E-Books können Sie sich auf solche Aspekte konzentrieren, die Ihnen
persönlich etwas bringen – nicht auf pauschal formulierte Verbote, die oft eine Frage der
Mode sind und vielleicht schon in wenigen Jahren durch andere Dogmen ersetzt werden.
Da vor allem Frauen von Schilddrüsenerkrankungen betroffen sind und sich auch stärker
für Ernährung und Diäten interessieren als Männer, richtet sich dieses Buch in erster Linie
an Frauen und ist in der weiblichen Form formuliert. Ein Großteil der Informationen ist aber
auch für Männer relevant.
Teil 1: Mineralien und Vitamine
Was Sie über Jod wissen sollten
Wenn es um die Schilddrüse geht, ist viel davon die Rede, wie wichtig Jod für unsere Gesundheit
ist. Jod ist ein Spurenelement, das von Natur aus im Boden, im Wasser und in den Pflanzen
enthalten ist, sodass Menschen und Tiere immer ein wenig Jod mit ihrer Nahrung
aufnehmen. Um Hormone herzustellen, benötigt die Schilddrüse die Aminosäure Tyrosin
und etwas Jod: Ein Molekül des Schilddrüsenhormons Thyroxin enthält vier Jodatome, ein
Molekül Trijodthyronin drei. Besonders jodreich sind Nahrungsmittel, die aus dem Meer
stammen, weil wasserlösliche Jodsalze teilweise vom Regen aus den Böden
ausgewaschen werden und über die Flüsse ins Meer gelangen. Dass speziell die
Schmelzwasser der Eiszeit das Jod in Mitteleuropa weggespült haben, stimmt übrigens
nicht.
Wer eine gesunde Schilddrüse hat, braucht sich normalerweise keine Gedanken machen,
ob genug Jod vorhanden ist: Zum natürlichen Jodgehalt der Nahrung kommt noch das
häufig verwendete jodierte Speisesalz hinzu. Weniger bekannt ist, dass auch der
Jodgehalt von Milch und Eiern künstlich erhöht ist, weil in der Landwirtschaft oft
Futtermittel mit Jodzusätzen verwendet werden. Wer sich abwechslungsreich ernährt und
dabei auch tierische Produkte konsumiert, hat in der heutigen Zeit wahrscheinlich kein
Problem, die für Erwachsene empfohlenen 150 Mikrogramm Jod pro Tag zu erreichen,
siehe die folgenden Ausführungen. Auch die Aminosäure Tyrosin brauchen Sie nicht extra
einzunehmen, sie ist ebenfalls in der Nahrung enthalten.
Komplizierter wird es, wenn jemand jodreiche Nahrungsmittel meiden soll. Das betrifft vor
allem Menschen mit einer Überfunktion (Hyperthyreose) der Schilddrüse – hier ist klar,
dass mehr Jod die Hormonproduktion noch weiter befeuern würde. Wenn Sie
Schilddrüsenhemmer gegen die Überfunktion einnehmen, brauchen Sie wahrscheinlich
etwas mehr davon, wenn Sie sich jodreich ernähren.
Aber auch bei einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, die derzeit nicht mit einer
Überfunktion einher geht, ist Jod tendenziell nachteilig. Das betrifft vor allem Menschen
mit Hashimoto-Thyreoiditis und mit einem mehr oder weniger ruhenden Morbus Basedow.
Ähnlich sieht es bei kleinen heißen Knoten (autonomen Knoten) aus, die derzeit keine
Überfunktion mit sich bringen, bei dieser Konstellation ist ebenfalls Zurückhaltung
angebracht. Hinter einer Unterfunktion (Hypothyreose) ohne diagnostizierte Ursache
steckt häufig eine Hashimoto-Thyreoiditis – lassen Sie sich im Zweifel in einer
endokrinologischen Praxis genauer untersuchen.
Jod aus dem Meer
Wie konsequent müssen Sie Jod meiden, wenn eins der erwähnten Probleme auf Sie
zutrifft? Klar ist, dass Meeresalgen in jedem Fall weggelassen werden sollten – manche
Arten sind so stark mit Jod belastet, dass sie nicht einmal für gesunde Menschen eine
sichere Sache sind. Falls Sie sich für diese Unterschiede interessieren, finden Sie im
Literaturverzeichnis einen Link zu einer Tabelle, die den Jodgehalt diverser Algen in
Milligramm angibt (Vorsicht – normalerweise wird der Jodgehalt in Mikrogramm
gemessen).
Algenpulver kann in diversen alternativen Gesundheitspräparaten enthalten sein, lesen
Sie immer die Inhaltsstoffe durch. Auch das Geliermittel Agar-Agar wird aus Meeresalgen
hergestellt und ist entsprechend reich an Jod. Ganze Algenblätter werden gern in der
veganen und japanischen Küche verwendet. Wenn Sie Sushi lieben, können Sie solche
Happen wählen, die nicht in Algen eingerollt sind, es gibt auch welche mit Sesam. Bei
anderen Fischgerichten können Sie Seefisch (Meeresfisch) durch Süßwasserfische
ersetzen, hier bieten sich Karpfen, Forelle, Zander, Barsch, Brasse, Schleie, Hecht und
Viktoriabarsch an.
Hinzu kommt, dass Süßwasserfische weniger Schadstoffe enthalten als Seefische oder
Meeresfrüchte – das betrifft Schwermetalle wie Quecksilber sowie fettlösliche
Chemikalien. Außerdem sind weite Teile der Meere fast leergefischt und bräuchten
dringend Erholung vom industriellen Fischfang. Krabben sind ebenfalls jodreich, sie
stammen oft aus asiatischen Aquakulturen und sind meistens mit Antibiotika belastet. Aber
auch heimische Süßwasserfische können aus Zuchten stammen, beim Karpfen ist das der
traditionelle Normalfall. Hier gibt es aber auch schonende Haltungsformen in naturnahen
Teichen. Es ist zwar möglich, den Jodgehalt mancher Süßwasserfische durch
algenhaltiges Futter zu erhöhen, allgemein üblich ist das aber nicht.
Jodsalz, Meersalz oder Tafelsalz verwenden?
Bei einer Überfunktion, bei einer Autonomie, bei Hashimoto oder einer BasedowVorgeschichte sollten Sie neben Algen und Seefisch auch Jodsalz weglassen. Das gilt vor
allem für die eigene Küche und den häufigen Kauf von Fertigprodukten – in Deutschland
muss Jodsalz in der Zutatenliste genannt sein. In Österreich wird jodiertes Salz meistens
als Vollsalz bezeichnet, es ist dort noch weiter verbreitet als in Deutschland.
Was Wurst und Fertiggerichte ohne Jodsalz angeht, fällt die Auswahl in verschiedenen
Supermärkten und Discountern sehr unterschiedlich aus. Wenn Sie solche Produkte öfter
kaufen, lohnt es sich, etwas länger zu stöbern und Produkte zu vergleichen, bis Sie Ihr
persönliches Sortiment gefunden haben. Aber auch im Stammlokal und in der Kantine ist
es sinnvoll zu klären, ob dort mit Jodsalz gekocht wird. Ausnahmsweise etwas zu essen,
das mit Jodsalz zubereitet wurde, ist kein Problem, wenn Sie es gut vertragen. Letzten
Endes zählt für die Schilddrüse, wie viel Jod Sie durchschnittlich aufnehmen und dass Sie
Extreme wie jodreiche Meeresalgen möglichst meiden.
Was Brot und Kleingebäck ohne Jodsalz betrifft, könnten Sie in einer Biobäckerei
einkaufen: Dort wird meistens unjodiertes Meersalz verwendet, welches nur wenig Jod
enthält – ein Großteil des Jodanteils verdampft nämlich beim Trocknen. Meersalz enthält
neben Kochsalz (Natriumchlorid) aber noch Spuren anderer Mineralien. Hochwertiges
Meersalz wird außerdem im Labor auf solche Schadstoffe untersucht, die oft im
Meerwasser vorkommen.
Abgepacktes Schnittbrot, Knäckebrot und Toast aus dem Supermarkt sind häufig mit
unjodiertem Salz hergestellt. Dabei wird Siedesalz aus der Saline verwendet. Es besteht
aus Kochsalz (Natriumchlorid) und wird im Handel meistens Tafel- oder Speisesalz
genannt. Sowohl Meersalz als auch Siedesalz ist in jodierter und unjodierter Form im
Handel.
Steinsalz, das man zum Beispiel auf frischen Brezeln findet oder für die Salzmühle auf
dem Esstisch kaufen kann, ist wegen seiner Grobkörnigkeit allgemein nicht jodiert. Auch
bei Himalayasalz handelt es sich um Steinsalz, das aber nichts Besseres ist als
preiswerteres Steinsalz – die braune Farbe geht auf harmlose Verunreinigungen mit
Eisenoxiden zurück. Vom Meersalz abgesehen, stammt Kochsalz letzten Endes immer
aus dem Salzbergwerk.
Wer konsequent Jodsalz und jodierte Fertigprodukte verwendet, kommt damit leicht auf
über 100 Mikrogramm (mcg oder µg) zusätzliches Jod pro Tag, mit stark gesalzenem
Essen wären sogar über 200 µg möglich. Das ist eine ähnliche Menge, wie sie in manchen
Multipräparaten zur Nahrungsergänzung oder in Jodtabletten enthalten ist. Sogar
Süßwasseralgen, die in alternativen Kreisen zum angeblichen Entgiften propagiert
werden, können über 100 µg Jod pro Tagesportion liefern und sind deshalb nicht allgemein
empfehlenswert.
Manche Meeresalgen liegen in einem ähnlichen Bereich, andere Arten enthalten ein
Vielfaches davon. Große Jodmengen können auch über einige spezielle Medikamente,
jodhaltige Röntgenkontrastmittel sowie äußerlich über Wunddesinfektionslösungen
aufgenommen werden. Wenn Ärzte von Jodkarenz sprechen, ist meistens gemeint, dass
Sie solche jodbelastenden Behandlungen meiden und bei der Ernährung auf
Meeresalgen, Seefisch und Jodsalz verzichten sollten sowie auf jodreiche Heilwässer. Der
tatsächliche Jodgehalt von Milch und Eiern ist den meisten Ärzten gar nicht bekannt.
Verstecktes Jod in Milch und Eiern
Bei Milchprodukten und Eiern ist die Sache aber nicht so eindeutig wie beim Salz, weil ihr
Jodgehalt davon abhängt, wie die Tiere gefüttert werden. Der Durchschnitt liegt in
Deutschland bei etwas über 100 µg Jod pro Liter Milch, im Winter etwas höher als im
Sommer, und die Tendenz ist steigend. Bioprodukte enthalten im Schnitt etwa 50 µg
weniger Jod als konventionell erzeugte Ware. Doch das gilt nicht in allen Fällen, weil auch
Biohöfe jodhaltige Futterzusätze verwenden dürfen.
Wer auf dem Land lebt, hat es etwas einfacher – dort können Sie sich direkt auf dem Hof
informieren, wie Kühe und Hühner gehalten und gefüttert werden. Auf vielen Bauernhöfen
können Sie Milch und Eier kaufen, einen Hofladen mit größerer Auswahl an Produkten
betreiben aber noch wenige. Für eine eher jodarme Ernährung ideal wäre Milch von
Kühen, die auf der Weide stehen oder nur vom Bauern selbst erzeugtes Grünfutter fressen
– ohne jodierte Futtermittel.
Solche Futterzusätze dienen aber auch dazu, die Milchleistung der Kühe zu steigern,
sodass Milch mit völlig naturbelassenem Jodgehalt heutzutage selten sein dürfte. Doch
manche Ernährungswissenschaftler arbeiten noch mit Zahlen aus alten Zeiten, als der
Jodgehalt bei 30 bis 35 µg pro Liter Milch lag. Deshalb sind viele Lebensmitteltabellen bei
Milchprodukten gar nicht auf dem heutigen Stand. Auch beim Fleisch ist der Jodgehalt
gestiegen, aber das macht weniger aus als bei Milch und Ei.
Molke ist eine Flüssigkeit, die bei der Käseherstellung als Nebenprodukt entsteht. Jod ist
gut wasserlöslich und in der Molke noch höher konzentriert als in der Milch. Wird Molke,
Milch oder Sahne getrocknet, wird das darin enthaltene Jod fester Bestandteil des Pulvers.
Deshalb ist Molkepulver sehr reich an Jod, ebenso etliche Pulver für Diätshakes, die aus
Molke hergestellt wurden. In kleineren Mengen findet man Süßmolkenpulver in vielen
Keksen und Schokoriegeln sowie in Instant-Capucchino, wie die Zutatenlisten zeigen.
Wenn Sie solche Produkte regelmäßig konsumieren, spielt auch das eine Rolle für Ihre
Jodaufnahme.
Eiweißpulver in Fitness-Nahrung, welche den Muskelaufbau unterstützen soll, enthält
meistens isoliertes Molkeprotein. Wenn Sie so ein Produkt verwenden und genau
Bescheid wissen möchten, können Sie den Händler anmailen, ob für dieses Produkt eine
chemische Analyse des Jodgehalts vorliegt. Womöglich ist der Jodgehalt geringer als bei
vollständigem Molkepulver, weil Jod nicht an das Molkeprotein gebunden ist.
Strenger Jodverzicht bei Hashimoto?
Bei einer Hashimoto-Thyreoiditis hängt es auch von Ihrer persönlichen Einstellung ab, wie
konsequent Sie Jod meiden möchten. Manche Patientinnen erhoffen sich von einer
möglichst jodarmen Diät, die Entzündung der Schilddrüse zu lindern und das
Fortschreiten der Krankheit zu verzögern oder ganz aufzuhalten. Deshalb meiden sie
Jodsalz und Seefisch sehr konsequent und sind sparsam mit Milchprodukten und Eiern
aus ihnen unbekannten Betrieben. Auch bei den meisten Keksen und bei Milchschokolade
ist für sie Zurückhaltung angesagt.
Schaden kann das sicher nicht – als Hashimoto-Patientin werden Sie von einer
jodreduzierten Ernährung bestimmt keinen Jodmangelkropf bekommen. Wenn Sie sich in
einem früh erkannten oder milden Krankheitsstadium befinden und noch keine Hormone
brauchen, können Sie sich diesen Zustand womöglich länger erhalten, wenn Sie darauf
achten, was gut für Ihre Schilddrüse ist und was nicht (siehe auch übernächstes Kapitel
über andere Spurenelemente). Es gibt lediglich keine Garantie, dass sich der erhöhte
Aufwand für die jodarme Ernährung in jedem Fall gesundheitlich rentieren wird.
Deshalb sehen andere Hashimoto-Patientinnen die Sache ganz pragmatisch: Wenn ihre
Schilddrüse sowieso nicht mehr ausreichend funktioniert und sie deshalb nicht um ihre
Medikamente herum kommen, möchten sie sich bei der Ernährung nicht unnötig
einschränken. Dann genügt es, auf Meeresalgen sowie auf Diätshakes aus Molkepulver
zu verzichten, nicht zu oft Seefisch zu essen und zuhause ohne Jodsalz zu kochen.
Manche vertragen sogar Meeresalgen gut oder bekommen zumindest keine eindeutigen
Beschwerden davon. Aber auch dann besteht ein Restrisiko, dass eine HashimotoThyreoiditis in Morbus Basedow umschlägt, sodass man bei Hashimoto unabhängig von
der individuellen Verträglichkeit von Jod in großen Mengen abraten muss.
Jodempfindlichkeit oder Jodallergie?
Es gibt aber Betroffene – vor allem solche mit Hashimoto-Thyreoiditis – die jodreiche
Nahrung nicht gut vertragen oder sogar deutliche Beschwerden davon bekommen. Man
hört von verschiedenen Varianten der Jodempfindlichkeit. Medizinisch anerkannt sind
diese Probleme noch nicht, doch immerhin sind plausible Erklärungen denkbar. Einige
Menschen reagieren speziell auf Jodsalz mit Beschwerden, also auf Kaliumjodat. Das ist
ein Stoff, der in der Natur gar nicht vorkommt und in der Nahrungsmittel- und Salzindustrie
eingesetzt wird, weil er im Gegensatz zu Kaliumjodid lichtstabil ist.
Häufiger als dieses Jodsalz-Problem kommt vor, dass es jemand zu schaffen macht, wenn
eine Mahlzeit insgesamt zu jodreich ist, und das unabhängig von der Herkunft des
Jodanteils. Was könnte der Grund sein? Manche Patientinnen haben kleine heiße
Knötchen in der Schilddrüse, die immer dann, wenn das Essen mehr Jod liefert als sonst,
auch mehr Hormone produzieren. Dieses Problem tritt manchmal erst zutage, wenn die
Schilddrüse aus anderen Gründen per Operation entfernt und anschließend das Gewebe
gründlich untersucht wird. In der Szintigrafie werden nämlich nur größere heiße Knoten
sichtbar, in solch offenkundigen Fällen rät auch die Medizin von jodreicher Nahrung ab,
um eine Überfunktion zu vermeiden.
Bei Hashimoto-Thyreoiditis und postpartaler Thyreoiditis wäre es außerdem denkbar, dass
die jodreiche Mahlzeit die Schilddrüse vorübergehend reizt – immerhin handelt es sich bei
einer Thyreoiditis um eine leichte Entzündung, die manchmal gespürt werden kann.
Manche berichten, dass ihnen Seefisch weniger Probleme macht als größere Portionen
Milchprodukte und andere Jodquellen, welche aber auch nicht mehr Jod liefern als Fisch.
Das könnte daran liegen, dass Fisch nicht nur Jod, sondern auch Selen enthält. Dieses
antioxidative Spurenelement kann manche Abbauprodukte im Schilddrüsen-Stoffwechsel
beseitigen. Mehr über Selen lesen Sie im übernächsten Kapitel.
Für Reaktionen auf Jod, die eher an Allergien als an eine leichte Überfunktion erinnern,
wäre eine Pseudoallergie eine denkbare Erklärung. Im Gegensatz zur Allergie ist das
Immunsystem bei einer Pseudoallergie zwar nicht beteiligt, es kommt aber trotzdem zu
unangenehmen Reaktionen des Körpers, die allergischen Symptomen ähneln. Falls es
tatsächlich eine Pseudoallergie gegen Jod geben sollte, lägen sowohl diejenigen Ärztinnen
richtig, die eine Jodallergie bestreiten, als auch die Betroffenen, die konkrete Reaktionen
auf Jod bei sich beobachten und glaubhaft schildern. (Allergien und Pseudoallergien
gegen einige andere Stoffe werden gegen Ende von Teil 3 vorgestellt. Das kann helfen,
um Verwechslungen mit Problemen durch Jod zu vermeiden.)
Jod in besonderen Fällen
Wurde die Schilddrüse entfernt, kann Jod aus der Nahrung nicht mehr für den Bau von
Schilddrüsenhormonen verwendet werden – das zuständige Organ ist ja nicht mehr da.
Für den Krankheitsverlauf und die hormonelle Lage spielt die Jodaufnahme also keine
Rolle mehr. Dennoch kommt es bei Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse ab und zu
vor, dass jodreiche Lebensmittel auch nach der Operation nicht so gut vertragen werden.
Ist noch Restgewebe vorhanden, hängt es von der genauen Diagnose ab, ob Jod
tendenziell schädlich ist oder nicht.
Wer nach einer Operation oder einer Radiojodtherapie wegen Morbus Basedow noch
einen kleinen Schilddrüsenrest hat, sollte mit Jod vorsichtig bleiben, um keinen Rückfall
und kein Chaos bei den Schilddrüsenwerten zu erleben. Eine Ausnahme sind schwangere
Frauen, die ab der 10. Woche keine streng jodarme Diät mehr machen sollten, weil auch
die kleine Schilddrüse des Fetus etwas Jod braucht. Sie können Jod zum Beispiel in Form
von Milchprodukten und Eiern zu sich nehmen.
Manche Menschen mit ansonsten gesunder Schilddrüse entwickeln tatsächlich einen
Jodmangelkropf, zum Beispiel nach langjähriger veganer Ernährung ohne Algen oder
wegen einer familiären Veranlagung dazu, womöglich durch Rauchen verstärkt. Dann
sollte sich die Vergrößerung durch eine deutlich jodreichere Nahrung oder durch passende
Medikamente mit der Zeit zurückbilden. Ist das nicht der Fall, sollte die Behandlung
überdacht werden.
Die Größe der Schilddrüse kann durch jährliche Ultraschall-Untersuchungen beobachtet
werden. Wichtig zu wissen ist, dass nicht jede Schilddrüsen-Vergrößerung (Struma) auf
einem Jodmangel beruht, sodass die Patientin sehr sorgfältig untersucht werden sollte,
bevor ein Kropf mit Jodpräparaten behandelt wird. Hören Sie sich auch selbst um, welche
Schilddrüsenprobleme möglicherweise in der Familie liegen.
Soja und andere Gegenspieler
Zu viel Nitrat im Essen und im Trinkwasser könnte zu Jodverwertungsstörungen führen
und auch dazu beitragen, dass sich ein Kropf bildet. Das kann besonders dann passieren,
wenn die Nitrat-Grenzwerte im Trinkwasser überschritten sind, das wird aber in
Mitteleuropa gut kontrolliert. Auch pflanzliche Lebensmittel enthalten etwas Nitrat – die
wichtigsten sind Salate, Blattgemüse, Rhabarber und manche Speicherknollen, besonders
Kohlrabi, Rote Beete, Radieschen und Rettich. Äußere Blätter, Blattrippen und Strunk
enthalten mehr Nitrat als andere Pflanzenteile.
Freilandgemüse ist weniger mit Nitrat belastet als Ware aus dem Gewächshaus, es lohnt
sich also für die gesunde Ernährung, Gemüse nach Saison einzukaufen. Auf
Wochenmärkten finden Sie neben allerlei Obst und Gemüse aus dem Großhandel auch
solche Waren, die tatsächlich direkt vom Erzeugungsbetrieb verkauft werden. Vielleicht
verrät man Ihnen, welche Gemüsearten aus der Freilandernte stammen. Wenn Sie selbst
Gemüse ernten, ist noch wissenswert, dass Pflanzen am Spätnachmittag und am Abend
weniger Nitrat enthalten als morgens. Dass Sie allein durch nitratreiches Gemüse einen
Kropf entwickeln, brauchen Sie aber nicht befürchten. (….)
Ende der Leseprobe.
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Die Links und weitere Veröffentlichungen der Autorin finden Sie auch auf
http://schilddruesen-unterfunktion.de/e-book-ratgeber/
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