Ausgabe Juli 2013

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Atmen mit Perspektive
Das EvKB bietet Menschen
mit maschineller Beatmung ein
Heim. | S. 9
med+
Das EvKBMagazin
Unsere
Berufung:
Leben retten!
Im Notfall sind wir sofort zur Stelle.
Bei der Erstversorgung müssen
dann alle Fachdisziplinen perfekt
miteinander kooperieren,
um das Überleben der Patienten
zu gewährleisten. | Seite 4-6
„Zuerst der Mensch“
Herausforderung Pflege: Interview
mit der Schweizer Ordensschwester
Liliane Juchli. | S. 10/11
Ausgabe 02 | 2013
Freitag, 5. Juli 2013
Editorial
Inhaltsangabe
BLUTSPENDE
07
Ein kleiner Stich hilft Leben
zu retten.
Beatmung
09
Die maschinelle Beatmung ist ein Einschnitt im Leben – es gibt aber Hoffnung.
Liebe Leserin, lieber Leser!
Z
ukunft braucht Herkunft. Wenn eine
Berufsgruppe unseres Klinikums
sich diesen Leitsatz auf die Fahnen
schreiben darf, dann ist es die Pflege.
Der Grund liegt auf der Hand: Das hundertjährige Bestehen unseres Hauses Gilead I, das wir
in diesem Jahr feiern können, verdanken wir den
Diakonissen in Bethel. Sie haben die Pflege und
deren Qualität maßgeblich geprägt sowie Gilead
als Ausbildungszentrum gegründet. Ziel war es,
hinsichtlich der stetig wachsenden Patientenzahlen und den damit verbundenen Herausforderungen den entsprechenden Bedarf an Pflegekräften zu qualifizieren und gut auf die Pflegetätigkeit vorzubereiten.
Seitdem hat sich das Berufsbild der Pflege
stark verändert. Eine Konstante bleibt aber über
die Jahre erkennbar: die Herausforderung. War
es vor hundert Jahren die Verstaatlichung der
Pflegeausbildung, die die von Bodelschwinghschen
Stiftungen Bethel zum Bau unseres Hauses Gilead
I veranlasst hat, ist es heute der demografische
Wandel mit immer älter und kränker werdenden
2 | EvKBMAGAZIN
Patientinnen und Patienten. Das Berufsbild hat
darauf mit einer konstanten Weiterentwicklung
reagiert. Diese und andere Themen haben am
17. Juni beim Tag der Pflege 300 Pflegende aus
unserem Krankenhaus mit ausgewiesenen
Experten aus ganz Deutschland diskutiert.
In diesem Kontext sind wir uns einig mit der
Politik. Wie auch NRW-Gesundheitsministerin
Barbara Steffens bei unserem Gesundheitskongress
mit Nachdruck betonte, müssen tragfähige
Ausbildungs- und Finanzierungskonzepte
geschaffen werden, wenn auch in Zukunft eine
qualifizierte Pflege in den deutschen Krankenhäusern sicher sein soll. Dazu bedarf es allerdings
einer realistischen Refinanzierung durch das
Land und den Bund. Denn eines ist sicher und
Prognosen sagen es voraus: In Zukunft - bereits
2020 - werden rund 24.000 Fachkräfte im Land
fehlen. Für die Zukunft ist die Herkunft prägend.
Deshalb wünsche ich mir im Namen Gileads,
dass im Gesundheitswesen auch zukünftig die
strukturellen Rahmenbedingungen so sind, dass
Pflege hochqualifiziert im Sinne der Patienten
und Pflegenden durchgeführt werden kann. Der
Erhalt eines hohen Versorgungsstandards für unsere Patienten ist unser erstes und grundsätzliches
Ziel. Eine solche Zukunft kann nur gemeinsam
und mit voller Unterstützung der politisch Verantwortlichen gelingen. Diese wünschen wir uns,
damit Pflege bei uns Zukunft hat!
Dr. Thomas Krössin
Geschäftsführer
Evangelisches Krankenhaus Bielefeld
Krankenhaus Mara
hUmor hilft heilen
13
Auf der Kinderkrebsstation gab es viel zu
lachen – mit Dr. Eckart von Hirschhausen.
burnout
Ist Urlaub eine Hilfe für Menschen,
die von Burnout betroffen sind?
03
notfall
Ohne Ersthelfer vor Ort
hat der beste Notarzt keine Chance.
04
hygiene
Resistente Keime sind ein großes Thema
in Krankenhäusern und Kliniken.
08
beraten und handeln
Das Ethikkomitee am EvKB nimmt eine
Vorreiterrolle ein - und feiert Geburtstag.
12
qualität
Eine EvKB-Klinik beteiligt sich
an der Sicherungsstudie Herniamed.
14
babynahrung
Workshop mit Diätassistentinnen,
Hebammen und Medizinern.
15
Zeitungsverlag
Neue Westfälische GmbH & Co. KG
in Kooperation mit
Evangelisches Krankenhaus
Bielefeld gGmbH
Impressum
Herausgeber: Evangelisches Krankenhaus Bielefeld gGmbH,
Kantensiek 11, 33617 Bielefeld, Tel.: 0521/772700; verantwortlich i. S. d. P.: Dr. Rainer Norden (Vorsitzender Geschäftsführer), Dr. Thomas Krössin (Geschäftsführer), Sandra Gruß
(Redaktionsleitung).
Konzeption und Umsetzung: NOW-Medien GmbH & Co.
KG, Ritterstraße 33, 33602 Bielefeld; Redaktionsleitung: Oliver
Hofen; Redaktion: Carsten Blumenstein; Autoren: Anneke
Quasdorf, Oliver Herold; Fotos: Sarah Jonek, Sandra Sanchez,
EvKB; Produktion: Jana Gebing; Herstellung: J. D. Küster
Nachf. + Presse-Druck GmbH & Co. KG, Industriestraße 20,
33689 Bielefeld.
burnout
Personalien
Bietet umfangreiche
ambulante Angebote: Dr.
Steffi Koch-Stoecker (oben)
ist Oberärztin und DiplomPsychologin. Sie leitet die
Psychiatrische Institutsambulanz (PIA), die zur Klinik
für Psychiatrie und Psychotherapie im EvKB gehört.
Urlaub gegen Burnout?
Die Sommerferien stehen vor der Tür - Zeit für Regeneration und Aktivität. Hilft Urlaub auch Menschen, die von Burnout
betroffen sind? Dr. Steffi Koch-Stoecker behandelt Patienten, die sich ausgebrannt fühlen.
Was ist ein Burnout?
Dr. Steffi Koch-Stoecker: Bei einem Burnout fühlen sich Patienten kontinuierlich ausgelaugt, vor allem emotional. Sie finden aus ihrer Anspannung und
Erschöpfung nicht heraus und gestalten daher auch
ihre Freizeit nicht mehr aktiv. Das Abgespanntsein
wirkt sich auf die Kreativität und Produktivität aus;
eine Leistungsminderung entsteht. Auf der Arbeit
machen sich dann Zynismus und Frustration bemerkbar. Trotz starker Müdigkeit kommt Schlaf-
losigkeit hinzu. Wenn dieser Zustand chronisch
wird, sprechen wir bereits von Folgekrankheiten des
Burnouts wie Depression oder Angsterkrankungen.
Burnout-Patienten haben häufig auch körperliche
Probleme wie Rückenschmerzen oder Infekte.
Wie entsteht ein Burnout?
Koch-Stoecker: Die Arbeitsbedingungen haben
sich verändert: Zur Arbeitsverdichtung und ständigen Erreichbarkeit kommt häufig das Erleben einer
Personalien aus dem EvKB
Unter den führenden Herzspezialisten Deutschlands
Privatdozent Dr. Carsten W. Israel, Chefarzt der Klinik für
Innere Medizin und Kardiologie im EvKB, wurde in den wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung berufen. Dem
Beirat gehören führende Herzspezialisten und Wissenschaftler in
Deutschland auf dem Gebiet der Herz-Kreislauf-Erkrankungen
an. Dr. Israels Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich der Herzrhythmusbeschwerden.
» www.evkb.de/kardiologie
Prof. Pfitzenmaier zeigt Urologen moderne OP-Methode
Prof. Dr. Jesco Pfitzenmaier, Chefarzt der Klinik für Urologie im
EvKB, hat beim Europäischen Urologen-Kongress in Mailand vor
weltführenden Urologen eine moderne Operationsmethode demonstriert, die bei Patienten mit gutartiger Prostatavergrößerung
Anwendung findet. Ohne äußerliche Schnitte wird die Prostata
durch die Harnröhre operiert und verdampft. Diese Methode ist
besonders schonend.
» www.evkb.de/urologie
mangelnden Wertschätzung. Wenn Menschen von
oben Druck spüren, ohne sich frei entfalten zu können, fühlen sie sich wie in einer Tretmühle.
Wer ist besonders gefährdet?
Koch-Stoecker: Wegen unterschiedlichster Einflussfaktoren sprechen wir von bio-psychosozialen
Vorbedingungen. Menschen mit perfektionistischen
Zügen sind gefährdeter als solche, die auch mal fünf
gerade sein lassen. Aber auch somatische oder psychische Vorerkrankungen bringen ein erhöhtes Risiko mit sich.
Urlaub holt die Betroffenen vorübergehend aus der Tretmühle. Hilft das?
Koch-Stoecker: Man sollte im Urlaub Dinge tun,
die Freude bereiten. Bewegung ist gut, Ausdauersport wirkt antidepressiv. Um zu regenerieren, müssen wir in unserer Freizeit die schlechten Gefühle
ablegen können. Urlaub ist ein Ausgleich für den
„gewöhnlichen“ Stress. Bestehen bereits deutliche
Arbeitsüberlastung, Frustration und Zynismus,
empfiehlt es sich, die Zeit auch zu nutzen, um sich
selbst zu überdenken: „Wie organisiere ich mich, damit ich nicht nach dem Urlaub in das gleiche Muster
zurückfalle?“ Den meisten geht es besser, wenn sie
die Fäden wieder in der Hand haben. Auf diese Weise kann Urlaub gegen Burnout helfen.
Was, wenn Urlaub nicht hilft?
Koch-Stoecker: Wer nach dem Urlaub noch immer
Herzklopfen vor der Arbeit hat, sollte seinen Arzt
aufsuchen. Das Wichtigste ist, die Symptome wahrund ernst zu nehmen. » www.evkb.de/pia
EvKBMAGAZIN | 3
traumaversorgung
Titelthema
Jede Sekunde zählt: Dr. Michael Korth ist mit seinem Team auf dem Weg zum Verletzten.
Im Notfall gleich zur Stelle
Seit 26 Jahren arbeitet Dr. Michael Korth, Leiter des Notarztstandortes Gilead, in der Notfallrettung. Er weiß, was nötig ist,
um schnell und effizient helfen zu können. Er weiß aber auch: Ohne Ersthelfer vor Ort hat der beste Notarzt keine Chance.
W
er einen Unfall hat und verletzt ist,
kommt mit Blaulicht und „Tatütata“ ins Krankenhaus, das weiß jedes
Kind. Kaum jemand macht sich aber
Gedanken darüber, welch ausgetüfteltes System hinter der medizinischen Notfallversorgung steht. Einer,
der sich auskennt, ist Notarzt Dr. Michael Korth,
Leiter des Notarztstandortes Gilead und Oberarzt
bei Professor Mertzlufft in der Anästhesiologischen
Klinik des EvKB. Seit 26 Jahren ist er da zur Stelle, wo es um die Notfallversorgung von Menschen
geht. Er weiß: Die Rettungskette besteht aus mehreren Gliedern, die reibungslos ineinandergreifen
müssen, um Verletzten schnellstmöglich eine gute
Erstversorgung zukommen zu lassen. Zuallererst ist
der Unfall- oder Notfallzeuge gefragt. Er muss dem
Verletzten zu Hilfe eilen, sich einen Überblick über
die Lage und die Lebensfunktionen verschaffen,
bei Bedarf professionelle Hilfe anfordern und sich
wieder um den Verletzten kümmern. „Ohne diesen
Einsatz haben wir keine Chance.“
Geht der Anruf eines Ersthelfers bei der Rettungsleitstelle der Feuerwehr Bielefeld ein, übernimmt erst einmal die Technik: Den genauen
Überblick, welches freie Rettungsfahrzeug der Unfallstelle am nächsten ist, hat der Einsatzrechner
der Feuerwehr. Er wird ständig über den Status der
Rettungswagen auf dem Laufenden gehalten: Wer
ist wo? Wer transportiert einen Verletzten? Wer
steht an der Ambulanz eines Krankenhauses oder ist
schon wieder auf dem Rückweg in seinen Ausrück-
4 | EvKBMAGAZIN
bereich? Auf diesem Wege ist gewährleistet, was das
Landesrettungsgesetz Nordrhein-Westfalen festlegt:
professionelle Hilfe für jeden Verletzten innerhalb
von acht Minuten.
Sind die Rettungskräfte am Einsatzort angekommen, bestimmen drei Faktoren, in welches Krankenhaus der Verletzte zu bringen ist: Schwere und
Muster der Verletzung - und das Unfallopfer selbst.
Denn: In Deutschland hat jeder Bürger das Recht
auf eine freie Arzt- und Krankenhauswahl. Ist der
Patient bewusstlos, erübrigt sich die Diskussion.
Bleibt noch der Transport in die Ambulanz eines Krankenhauses. Der kann es allerdings in sich
haben. Schon oft hat Dr. Korth erlebt, wie andere
Verkehrsteilnehmer den Rettungswagen behindern,
sei es absichtlich oder unwissentlich. Doch trotz aller Widrigkeiten: Auch nach über 5.000 Einsätzen
will Dr. Michael Korth keinen anderen Job machen.
„Zur Stelle zu sein, wo andere mich brauchen, das ist
die Essenz dieser Arbeit - und die mache ich gern!“
Wichtiges Wissen für zivile Helfer
» Bei der Wiederbelebung
Bei einer bewusstlosen Person mit fehlender
oder nicht ausreichender Atmung umgehend
den Rettungsdienst über die Notrufnummer
112 verständigen. Dann unverzüglich mit
Herz-Lungen-Wiederbelebung beginnen.
Dazu die Person auf den Boden legen und in
der Mitte des Brustbeins auf Höhe der Brustwarzenlinie den Brustkorb 30 Mal fünf bis
sechs Zentimeter tief eindrücken. Dann folgen
zwei Atemspenden als Mund-zu-Mund- oder
Mund-zu-Nase-Beatmung bei zurückgestrecktem Kopf. Danach folgen erneut 30
Herzmassagen.
» Im Straßenverkehr
Nähert sich an einer roten Ampel von hinten
ein Rettungswagen mit Blaulicht und Sirene,
ist es laut Straßenverkehrsordnung ausdrücklich erlaubt, vorsichtig über die Haltelinie zu
fahren und Platz zum Ausweichen für nachstehende Fahrzeuge zu schaffen.
» Bei der Helmabnahme
Bei einem bewusstlosen Motorradfahrer
müssen die Atemwege frei gemacht werden.
Hierzu muss der Helm abgenommen, der
Verletzte in die stabile Seitenlage gebracht und
der Kopf nach hinten überstreckt werden.
traumaversorgung
Titelthema
Dr. Michael Korth ist seit 26 Jahren
Leiter des Notarztstandortes Gilead.
?
6 Fragen an
Dr. Michael Korth
Herr Dr. Korth, warum haben Sie sich für den
Notarztdienst entschieden?
Dr. Michael Korth: Weil mich die Notfallmedizin schon immer interessiert hat. Am
Anfang fand ich es sehr spannend, innerhalb kürzester Zeit eine Situation zu erfassen, zu analysieren und schnell Maßnahmen
zu beschließen. Die Facharztausbildung im
Grundlagenfach Anästhesiologie ist hier
Grundlage und Hilfe zugleich. Mittlerweile
weiß ich, dass es ein unglaublich schwerer
Werdegang ist, bis man das tatsächlich
kann. Und ich weiß auch, dass diese Arbeit
den Charakter prägt.
Inwiefern?
Dr. Korth: Mir fällt es unheimlich schwer,
lange Probleme zu erörtern, die man in
meinen Augen innerhalb von 20 Sekunden
erfasst und gelöst hätte. Ich bin da totaler
Pragmatiker geworden: Problem erkannt,
Lösungsmöglichkeit gesehen, in Aktion getreten. Das kann einen aber auch sozial unverträglich machen, weil man anderen nicht
den Raum lässt, nachzudenken, zu überlegen und ihren Standpunkt zu erörtern.
Sie haben über 5.000 Einsätze begleitet, waren
unter anderem beim Loveparade-Unglück in
Duisburg. Braucht man da einen Schutz?
Dr. Korth: Ja. Braucht man ganz dringend.
Aber ich habe kein Geheimrezept.
Wie machen Sie es denn?
Dr. Korth: Ich versuche, den Einsatz emotional nicht an mich heranzulassen, sondern
handle in der Situation strikt nach dem, was
nötig ist. Sonst lähmt man sich, wird handlungsunfähig. Und das geht zu Lasten des
Patienten, der maximalen Einsatz verdient
hat. Da hilft mir natürlich meine umfassende Erfahrung.
Und das klappt immer?
Dr. Korth: Während des Einsatzes mittlerweile immer. Hinterher habe ich schon oft
in der Wagenhalle gesessen und die Tränen
liefen, klar. Aber irgendwann, nach all den
Jahren, wird es auch besser mit der Verletzlichkeit.
Brauchen Sie privat einen Ausgleich?
Dr. Korth: Ich arbeite privat oft für das
Deutsche Rote Kreuz. Da fassen sich
manche an den Kopf, weil sie das nicht verstehen. Aber das ist für mich eine Art, die
Arbeit aufzuarbeiten, so komisch das klingt.
Ich stelle mich aber auch einfach mal an die
Werkbank und drechsele etwas ins Holz.
Das tut auch gut.
EvKBMAGAZIN | 5
TRAUMAVERSORGUNG
Titelthema
Schnelle Höchstleistung
Die Erstversorgung Schwerstverletzter ist ein Rennen gegen die Zeit. Im Traumazentrum des EvKB müssen alle
Zahnräder perfekt ineinandergreifen, um das Überleben der Patienten zu gewährleisten.
A
uf einen Schlag rennen alle los. Einer
koordiniert. Es muss schnell gehen. In
der Notaufnahme des Evangelischen
Krankenhauses Bielefeld (EvKB) treffen sich in Windeseile Kollegen aller erforderlicher
Fachrichtungen, damit der Patient unverzüglich behandelt werden kann. „Die Therapiemaßnahmen in
der ersten halben Stunde bestimmen die Prognose
der Verletzten maßgeblich mit“, sagt Professor Dr.
Fritz Mertzlufft, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, Intensiv-, Notfall-, Transfusionsmedizin und
Schmerztherapie und Ärztlicher Direktor am EvKB.
Und er muss es wissen. Zusammen mit den Kollegen
der Kliniken für Unfallchirurgie/Orthopädie und
Neurochirurgie hat er in den vergangenen zehn Jahren das Traumazentrum aufgebaut und gemeinsam
mit den anderen Kliniken des EvKB zu hoher Anerkennung geführt.
Neben der Unfallversorgung werden Eingriffe im
Bereich der Wiederherstellungschirurgie und Orthopädie, der Chirurgie des Schädels, des Gehirns
und der Wirbelsäule, der Bauchchirurgie, der Kinderchirurgie, Gefäßchirurgie und Lungenchirurgie
sowie der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
und Augenchirurgie durchgeführt.
Die Arbeit im Traumazentrum ist Höchstleistung,
eine Arbeit, die nicht jeder kann oder mag. Rund um
die Uhr sind Spezialisten verfügbar, die eine spezielle
Ausbildung absolviert haben. Für die Erstversorgung
und alle Operationen ist ein Anästhesie– und Chirurgenteam erforderlich, das nach spezialisierten und
internationalen Standards arbeitet. Mit dem ATLS
(Advanced Trauma Life Support®) der Deutschen
Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) werden
Handlungsabläufe in der frühen innerklinischen
Erstversorgung von schwerverletzten und traumatisierten Patienten im Schockraum definiert. „Wir
haben zwölf Oberärzte, die das alle können“, erklärt
Professor Mertzlufft. „Die ATLS-Ausbildung ist
formell unerlässlich. Die Kommandos sind überall
gleich auf der Welt und einer hat das Sagen.“ Zwei
Oberärzte aus Prof. Mertzluffts Klinik leiten als
Kursdirektoren sogar selber ATLS-Kurse. „Das ist
keine schnelle Nummer. Die Kurse dauern lange, die
Messlatte liegt dabei sehr hoch – festgelegt durch
die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie.“ Man
müsse auf dem neuesten Stand der Technik und der
Wissenschaft sein.
Nach der Übergabe durch den Rettungsarzt hat
meistens zuerst ein Anästhesist das Sagen. „Wir
müssen als erste Maßnahme den Patienten in einen
stabilen Zustand versetzen und schnellstens klären,
was gemacht werden muss“, sagt Professor Mertzlufft. Das Überleben stehe an erster Stelle. „Alle
lebens-bedrohlichen Verletzungen müssen bei der
Ankunft im sogenannten Schockraum umgehend er-
6 | EvKBMAGAZIN
kannt und sofort kompetent behandelt werden, meist
operativ. Dabei gilt das ,Damage-Control-Prinzip‘,
was bedeutet, das Ausmaß der Verletzung möglichst
klein zu halten. Mithilfe unseres Teams und Kooperationsnetzes können wir all das fachübergreifend
untersuchen, beurteilen und behandeln.“
Nach der Erstversorgung wird der Patient auf der
Intensivstation behandelt, über Tage bis Wochen
mit höchster ärztlicher, pflegerischer und apparativer
Kompetenz. Häufig schließt an die Intensivtherapie
eine fachkundige Schmerztherapie an, vor allem ambulant, gleichfalls in Prof. Mertzluffts Klinik vorgehalten.
Darüber hinaus verfügt das EvKB über eine überregional bekannte Psychiatrie und Psychosomatik.
Auch dies ist für ein anerkanntes Traumazentrum
von herausragender Bedeutung, um Patienten und
ihre Angehörigen auch psychologisch kompetent bei
den Spätfolgen zu versorgen und zu betreuen.
Ganz wichtig ist für Professor Mertzlufft die
räumliche Nähe zur Blutbank. „Frische und hochwertige Blut-, Plasma- und Gerinnungsprodukte,
die keine unnötigen Nebenwirkungen provozieren,
sind in unserem Traumazentrum in ausreichender
Menge sofort verfügbar und werden rund um die
Uhr bereitgehalten, denn nicht selten werden innerhalb kürzester Zeit mehrere Liter benötigt“, erklärt
Mertzlufft.
Die Notfallversorgung in Bielefeld hat einen guten
Ruf – auch dank Professor Mertzlufft und seinem
Team. „Wir alle in unserer Stadt retten Menschenleben durch unser schnelles, kompetentes und umfassendes Handeln“, sagt er. „Das kann man nicht
trainieren. Die hohen Erfahrungswerte sind unser
großes Plus.“
In den Top Ten
Ärztlicher Direktor: Professor Dr. Fritz Mertzlufft.
Das Traumazentrum im Haus Gilead I ist
in der Region eines der größten Zentren zur
Behandlung von Schwerstverletzten und als
großes regionales Traumazentrum im Traumanetzwerk Ostwestfalen-Lippe eingebunden.
Im Jahr werden mehr als 140 Schwerstverletzte
mit einem bundesweit überdurchschnittlich
hohen Verletzungsgrad behandelt. Damit liegt
das Traumazentrum unter den Top Ten des
deutschsprachigen Raumes.
» www.evkb.de/traumazentrum
Blutspende
Reportage
Gleich wird gespendet: Sylvia
Koßmann, hier mit Tochter Finja,
wird von Brigitte Zingler Blut
abgenommen. Im Hintergrund
Oberärztin Christiane Susemihl.
Blut ist gut
Vier bis sechs Liter Blut pulsieren durch den Körper eines Menschen. Verliert man zu viel davon, besteht Lebensgefahr.
Der Blutspendedienst in Bethel sorgt dafür, dass genügend Blutkonserven für die EvKB-Patienten zur Verfügung stehen.
K
leiner Stich mit großer Wirkung: Als
sich Sylvia Koßmann 1997 zum ersten
Mal Blut abnehmen ließ, wollte sie anderen Menschen helfen. Blutgruppe Null
negativ - die ist nicht nur selten, sondern auch mit
allen anderen Blutgruppen verträglich. Notärzte und
Krankenhäuser verwenden sie immer dann, wenn im
Notfall keine Zeit bleibt, die Blutgruppenbestimmung eines Unfallopfers oder Patienten abzuwarten.
Seitdem ist die heute 37-Jährige regelmäßiger Gast
in Bethel. „Mir fällt es leicht, Blut zu spenden, und es
bekommt mir auch gut“, sagt sie. Der Vorgang, bei
dem etwa 500 Milliliter abgezapft werden, dauert
kaum zehn Minuten. Danach ruhen sich die Spender
30 Minuten aus und bekommen, damit der Kreislauf
stabil bleibt, etwas zu trinken. Ob Kaffee, Tee oder
Apfelschorle, alles Antialkoholische ist erlaubt. Weil
das Blut danach dünnflüssiger ist und leichter Sauerstoff transportiert, sind manche Menschen im Anschluss übrigens besonders leistungsfähig. „Man fühlt
sich deutlich fitter und wohler“, sagt die Oberärztin
Dr. Christiane Susemihl, die den Blutspendedienst
leitet, der zur Klinik für Anästhesiologie, Intensiv-,
Notfall-, Transfusionsmedizin und Schmerztherapie gehört. Sport nur in Maßen, Saunabesuche oder
Glühwein sollten die nächsten 24 Stunden allerdings
tabu bleiben.
Obwohl der Körper mehr Blut produziert, als er
benötigt, gibt es für die Blutspende eine Obergrenze:
Viermal pro Jahr im Abstand von drei Monaten bei
Frauen und maximal sechs Mal im Jahr bei Männern
schreibt hier der Gesetzgeber vor, damit sich das Blut
regenerieren kann. Sowieso sind die Auflagen streng.
Zum Schutz vor Krankheiten werden alle Spender auf ihre Gesundheit überprüft und bestimmte
Risikogruppen von vornherein von der Blutspende
ausgeschlossen, beispielsweise mit dem Aids-Virus
Infizierte, Menschen mit Epilepsie oder Suchtmittelabhängige. Erstspender müssen zudem einen umfangreichen Fragebogen ausfüllen. Der Test kommt
nicht nur den Patientinnen und Patienten zugute.
Auch die Spender profitieren von dem Gesundheitscheck. „Wir informieren die Spender sofort, wenn die
Blutwerte von der Norm abweichen“, erklärt Ober-
ärztin Susemihl. Bis zu fünftausend Blutentnahmen
pro Jahr zählen Dr. Susemihl und ihr Team im Blutspendedienst Bethel jährlich. Damit immer genügend
Konserven für Patienten am EvKB zur Verfügung
stehen - vom Frühchen bis zum hochbetagten Senior.
Alle Spenden werden, bevor sie verwendet werden, in
die Bestandteile zerlegt, wodurch beispielsweise auch
Plasma oder Zellen gewonnen werden.
» www.blutspende-bethel.de
» kostenlose Info-Hotline und Anmeldung:
Tel. 08 00 - 110 20 07
» Öffnungszeiten:
Mo., Mi., Do., Fr.: 8 Uhr bis 12 Uhr;
Di.: 14 Uhr bis 18 Uhr.
Blut für den Fall der Fälle
Vor Operationen können sich Patienten auch
Eigenblut entnehmen lassen - auch wenn dies heutzutage nur noch selten erfolgt. Dieses steht dann
während und nach der Operation zur Verfügung für den Fall eines Falles. Außerdem wird so Fremdblut gespart. Denn Blut ist nicht unendlich haltbar:
Maximal sieben Wochen können die Konserven bei
einer Temperatur von zwei bis sechs Grad Celsius
gelagert werden, Plasma bei minus 40 Grad 2 Jahre,
davon mindestens 4 Monate in Quarantäne.
EvKBMAGAZIN | 7
Hygiene
Nachbericht
Erfolgreicher Austausch über Themen der Krankenhaushygiene: Dr. Christiane Scherer, PD Dr. Roland
Schulze-Röbbecke, Dr. Robin Köck und PD Dr. Christian Jantos (v.l.n.r.)
Keime: Vom Stall in die Klinik
Resistente Keime sind ein großes Thema in Krankenhäusern und Kliniken. Die 25. Jahrestagung „Krankenhaushygiene“ im
EvKB stellte dabei die Antibiotikagabe in der Massentierhaltung und ihre Auswirkung auf den Menschen in den Fokus.
B
ei der 25. Jahrestagung „Krankenhaushygiene“ im EvKB standen die Antibiotikagabe in der Massentierhaltung und
ihre Auswirkung auf den Menschen im
Mittelpunkt. Vor 100 Teilnehmenden lag dabei der
Schwerpunkt auf der Risikogruppe der Landwirte.
Sie sind weitaus gefährdeter als die Endverbraucher
von Nahrungsmitteln. In Deutschland sind 70 bis
80 Prozent der Landwirte mit MRSA besiedelt, im
Bevölkerungsdurchschnitt ist es dagegen etwa ein
Prozent. Multiresistente, gegen Antibiotika unempfindliche Keime – kurz MRE genannt – gehören zu
den großen Herausforderungen des Gesundheitssystems: Jeder Einsatz von Antibiotika birgt bei den
Erregern die Gefahr der Resistenzentwicklung. Zu
den bekanntesten MRE gehört der Methicillinresistente Staphylococcus aureus: MRSA. Neben
der Humanmedizin werden Antibiotika auch viel
in Veterinärmedizin und Landwirtschaft eingesetzt.
Daher werden MRE auch bei Haus- und Nutztieren
gefunden.
„Um unsere Patienten vor MRE optimal schützen
zu können, müssen wir die Quellen dieser Keime
genau kennen“, sagt Privatdozent Dr. Christian Jantos, Chefarzt im Institut für Laboratoriumsmedizin,
Mikrobiologie und Hygiene im EvKB. „Menschen,
die in der Tiermast tätig sind, sind sehr häufig –
8 | EvKBMAGAZIN
ohne es zu wissen - mit speziellen MRSA-Keimen
besiedelt.“
„Die Erreger werden resistent gegen Antibiotika,
da diese oftmals flächendeckend ins Futter gegeben
werden“, weiß Dr. Christiane Scherer, Oberärztin
im Institut. Das wiederum mache die Behandlung
besonders schwierig. „Ein erhöhtes Besiedlungspotenzial weisen Schweine und Hühner in der Massentierhaltung auf. Von ihnen werden die Keime
hauptsächlich im direkten Kontakt auf Menschen
übertragen.“
„Bei der Aufnahme im Krankenhaus sollten Menschen, die beruflich mit Nutztieren in Berührung
kommen, gezielt auf solche Erreger untersucht werden“, sagt Referent Dr. Robin Köck vom Universitätsklinikum Münster. In Deutschland seien zwischen 70 und 80 Prozent der Landwirte mit MRSA
besiedelt, während es im Bevölkerungsdurchschnitt
lediglich etwa ein Prozent sei. Bei einer weiteren
Art der MRE - multiresistente gramnegative Erreger (ESBL) - bestehe im Gegensatz zu MRSA auch
die Gefahr einer Besiedlung für den Endverbraucher
durch den Kontakt mit rohem Fleisch. Dr. Scherer
empfiehlt hierbei grundsätzlich eine sorgfältige Reinigung der Hände und der Küchenutensilien mit
heißem Wasser.
Hygienemaßnahmen: erst Bronze, dann Silber
Das Betheler Krankenhaus Mara, das im Verbund mit dem Evangelischen Krankenhaus Bielefeld
arbeitet, hat für seine Maßnahmen in der Krankenhaushygiene von der „Aktion saubere Hände“ das
Zertifikat in Silber erhalten. Damit werden nur Krankenhäuser ausgezeichnet, die eine Vielzahl an
Voraussetzungen in der Hygiene erfüllen. Mara liegt damit unter den besten 16 Prozent aller 803 teilnehmenden Kliniken. Im letzten Jahr hatte das Krankenhaus die Auszeichnung in Bronze erhalten.
» www.evkb.de/hygiene
Beatmungsmedizin
Reportage
Atmen mit Perspektive
Die dauerhafte maschinelle Beatmung ist ein gravierender Einschnitt in das Leben. In der Heimbeatmung des EvKB am
Standort Mara wird den Betroffenen aber eine Perspektive geboten. Dieter Banse ist ein gutes Beispiel.
Dieter Banse wird von Pfleger
Raphael Lachetta durch den Tag
begleitet.
A
ktuell geht es Dieter Banse richtig gut.
Sein Lieblings-Fußballverein DSC Arminia Bielefeld macht ihm nach dem
Aufstieg in die 2. Bundesliga wieder
Spaß. „Hoffentlich schaffen sie den Klassenerhalt“,
sagt der 74-Jährige, der seit fünf Jahren auf der Beatmungsstation lebt. Banse ist durch eine Verengung
der Wirbelsäule linksseitig gelähmt, seine Lunge
funktioniert nicht mehr so, wie er es gerne möchte.
Die Folge: Er sitzt im Rollstuhl und muss maschinell
beatmet werden. Damit er sprechen kann, muss ihm
Gesundheits- und Krankenpfleger Raphael Lachetta
eine Sprechkanüle anbringen. „Die Luft wird dann
weniger, das kann man nur stundenweise machen“,
erklärt der Patient.
Aber nicht nur wegen seiner Leidenschaft für Arminia geht es Dieter Banse gut. „Ich bin sehr froh,
dass ich hier auf die Station gekommen bin“, sagt
der Sennestädter. „Zu Hause ging es nicht mehr.“
Hier habe er ein neues Heim gefunden, ihm sei eine
Perspektive gegeben worden. Mindestens einmal in
der Woche bekommt er Besuch von seiner Familie.
„Denen gebe ich immer einen großen Bestellzettel
mit, mit Dingen, die ich gerne haben möchte.“ Der
Alltag soll ja weitergehen.
„Wir wollen den Betroffenen und deren Familien
so viel Normalität und Individualität bieten, wie es
geht“, sagt Pflegedirektor Christoph Schmidt. „Wir
sind dafür da, Hoffnung zu geben.“ Die Beatmungsstation sei kein Altenheim, sondern ein ambulanter
Pflegedienst mit einer 24-Stunden-Rundumbetreu-
ung. Die Bewohner seien Mieter. „Die Nachfrage
nach den Plätzen ist groß. Überwiegend sind die
Patienten Erwachsene, aber wir haben auch schon
Jugendliche betreut.“
Das multiprofessionelle Team besteht aus Pflegepersonal mit dreijähriger Ausbildung und einer Fachweiterbildung sowie den therapeutischen
Diensten. Dazu gehören Ergotherapie, Physiotherapie, Musiktherapie, Sozialberatung, Seelsorge und
das Hospiz Bethel. Diese sichern die Betreuung –
fachlich kompetent und menschlich zugewandt.
So wie bei Raphael Lachetta, der Dieter Banse
bereits seit fünf Jahren betreut. „Man baut schon
eine gewisse Beziehung zum Patienten und der Familie auf, das läuft bei mir aber immer professionell
ab“, sagt der Krankenpfleger. „Der Patient hat Ziele,
wir wollen ihm die Chance geben, diese zu realisieren.“ Auch Dieter Banse hat Hobbys, die er trotz
seiner Erkrankung ausleben möchte. Mit Lachetta
hat er schon ein Arminia-Spiel im Stadion besucht.
„Ansonsten verpasse ich keine Fußball-Sendung im
TV, das sind die guten Tage in meinem Leben.“
Heimische Atmosphäre
Für die neun Bewohner (wie Dieter Banse in unserem Bild) und ihre Angehörigen können die Zimmer
individuell mit privaten Möbeln, Bildern, Fotos und
sonstigen dekorativen Elementen gestaltet werden,
um ein Gefühl der Häuslichkeit und Individualität
zu erreichen. Als Teil einer diakonisch-evangelischen
Einrichtung bezieht man sich in der Station auf das
christliche Menschenbild, geprägt durch Toleranz,
Offenheit, Respekt, Verständnis und Zuwendung.
Auch Bewohner mit anderen Religionszugehörigkeiten werden im Leben ihres Glaubens auf Wunsch
begleitet. » www.evkb.de/heimbeatmung
EvKBMAGAZIN | 9
Tag der Pflege
Interview
„Zuerst der Mensch“
Seit 60 Jahren setzt sich die Schweizer Ordensschwester Liliane Juchli für eine ganzheitliche Pflege ein. Im Interview spricht
sie über ihre Anfänge, die Aufgaben der Politik und die größten Herausforderungen für den Beruf heute.
Frau Juchli, Sie gelten als Reformerin der Pflege. Was
war das Neue, das Sie in diese Arbeit einbrachten?
Liliane Juchli: Pflege gab es immer. Seitdem es
Menschen gibt, gibt es Pflege. Vor allem im letzten
Jahrhundert haben sich zunehmend Gruppen gebildet, in denen die Pflege professionalisiert wurde.
Was ich bewirkt habe, ist ein inhaltliches Umdenken, eine Abkehr von der rein medizinisch handlungsorientierten Pflege hin zur Ganzheitlichkeit,
zu einem anderen Menschenbild.
Und Sie haben ein Lehrbuch geschrieben, das in über
10 Auflagen erschienen ist und in Fachkreisen nur „der
Juchli“ genannt wird.
Juchli: Als ich jung war, gab es kein geschriebenes
Pflegewissen. Im Unterricht war nichts da, woraus
man lesen oder lernen konnte. Da habe ich angefangen, Skripte für die Schüler zu schreiben. Ich war
immer schon sehr neugierig und habe die Dinge, die
wir tun mussten, hinterfragt. Nachdem das Skript
fertig war, hat sich alles verselbständigt. Erst wurde
es gedruckt, dann fand es seinen Weg nach Deutschland und dann hat sich der Thieme-Verlag erboten,
es zu verlegen. Aber ich habe nie geahnt, welchen
Erfolg das Buch haben würde, ich habe nur gedacht:
Jetzt ist‘s gemacht, jetzt haben wir etwas, auf das wir
in der Theorie und Praxis zugreifen können. Es wäre
auch heute gar nicht mehr möglich, diesen Erfolg
zu erzielen. Das Buch stieß damals in ein absolutes
Vakuum, das nun abgedeckt werden konnte.
Was ist das Wesentliche bei der ganzheitlichen Pflege?
Juchli: Es geht doch darum, ob ich einfach eine
Handlung abhake, so, fertig, Infusion gesteckt, oder
ob ich den Menschen meine. Ob ich über oder mit
jemandem spreche. Die menschliche, die zwischenmenschliche Komponente muss in der Pflege immer
mit an erster Stelle stehen.
Ist das die größte Herausforderung der heutigen Zeit?
Juchli: Ich denke schon. Es geht doch darum, dass
Pflege Pflege bleibt und nicht zum bloßen Abhandeln von Maßnahmen wird. Dass der Mensch der
Mittelpunkt bleibt und nicht die Wirtschaftlichkeit,
die Administration, an seine Stelle tritt. In diesem
Spannungsfeld bewegen wir uns heute sehr stark.
Wie realistisch ist es, gegen Wirtschaftlichkeit anzukämpfen?
Juchli: Da frage ich gegen: Wie realistisch ist es, die
Augen vor der Menschlichkeit, dem Dreh- und Angelpunkt der Pflege, zu verschließen? Jeder Mensch
muss damit rechnen, irgendwann in einem Krankenhaus oder einem Pflegeheim zu landen. Und jeder
Pflegefall Pflege
Mit den aktuellen Entwicklungen der Pflege in
Deutschland befassten sich im Juni ausgewiesene Experten beim „Tag der Pflege“. Hauptreferentin war Ordensschwester Liliane Juchli.
NRW-Ministerin Barbara Steffens bezog Stellung zur aktuellen Situation der Pflege unter
der Überschrift „Pflegefall Pflege“. Mit Nachdruck machte die Politikerin auf die Herausfor-
derung des demografischen Wandels aufmerksam: Angesichts der alternden Gesellschaft in
Deutschland werden auch Patienten und Patientinnen zunehmend älter, kränker und damit auch pflegeintensiver. Am Tag der Pflege
nahmen 300 Pflegende aus dem Evangelischen
Krankenhaus Bielefeld und dem Krankenhaus
Mara teil.
Beim „Tag der Pflege“ in Bethel nahmen Pflegeexperten die aktuellen Entwicklungen in
der Pflege in den Fokus (v.l.n.r.): EvKB-Geschäftsführer Dr. Rainer Norden, Pflegedirektor Christoph Schmidt, NRW-Ministerin Barbara Steffens, Bethels Vorstandsvorsitzender
Pastor Ulrich Pohl, Schwester Liliane Juchli, Pastor Reinhold Balzer und Pflegedirektorin
Susanne Karrer.
10 | EvKBMAGAZIN
Mensch muss sich überlegen, was er dann braucht:
Menschlichkeit und Zuwendung oder Bürokratie.
Pflegekräfte beklagen das am meisten: Wie viel Zeit für
die Pflege ihnen durch die Bürokratie verloren geht.
Juchli: Wir sind nicht mehr in der Tauschgesellschaft. Alles, was wir brauchen, muss bezahlt werden, und es kann nur bezahlt werden, was sichtbar
gemacht wird. Also brauchen wir die Dokumentation. Das war in meiner Jugend anders. Wenn man da
mal einen Tupfer mehr brauchte, war das kein Thema. Das geht heute so nicht mehr. Ich hoffe aber,
dass sich die Administration noch vereinfachen lässt.
Es kann ja nicht sein, dass die Pflegenden 90 Prozent ihrer Zeit am Schreibtisch verbringen. Auf der
anderen Seite ist für die Pflege immer schon zu wenig Zeit gewesen. Das ist nicht das eigentliche Thema. Letztlich geht es nicht um die Zeit, sondern um
die Prioritäten, die wir setzen. Es geht um Qualität,
nicht um Quantität. Solange ich die Zeit, die ich
habe, mit Zuwendung und Hingabe fülle, bleiben
wir dem Auftrag der Pflege gerecht. Da brauchen
vor allem die jungen Leute, die jetzt ausgebildet werden, gute Vorbilder.
Trotzdem dürfte es für junge Menschen schwierig sein,
motiviert an einen Job heranzugehen, der so herausfordernd ist.
Juchli: So darf man es genau nicht sehen. Es gibt so
viele junge Menschen, die nach wie vor angetreten
sind mit der Motivation: Wir wollen helfen, für jemand anderen da sein. Natürlich kommt dann während der Ausbildung der Leistungsdruck dazu. Aber
das Ideal, das haben mir meine vielen Gespräche mit
diesen jungen Menschen gezeigt, bleibt bestehen.
Und es liegt auch am Pflegeteam der jeweiligen Station, sich gegenseitig zu stützen und zu helfen, dass
das Ideal erhalten bleibt.
Und wo liegen die Aufgaben der Politik?
Juchli: Ich habe mittlerweile bei einigen Politikern ein gutes Gefühl, dass man versteht, verstanden hat, worum es geht: dass Pflege eben nicht jeder machen kann und dass wir hochqualifiziertes
Wissen brauchen, um den vielen unterschiedlichen
und anspruchsvollen Pflegesituationen wirklich gerecht werden zu können. Das ist natürlich auch der
Grund, warum ich als 80-Jährige immer noch unterwegs bin: Um mich für eine gute Pflege einzusetzen,
den Pflegenden Mut zu machen, sich für das einzusetzen, was ihnen wichtig ist.
Was halten Sie von solchen Maßnahmen wie Bewertungsportalen für Pflegeheime im Internet? Lässt sich
gute Pflege per Fragebogen erfassen und zertifizieren?
Juchli: Die Zertifizierung gibt es bei uns in der
Tag der Pflege
Interview
Schweiz auch. Und natürlich möchte jedes Krankenhaus und jedes Heim zertifiziert sein, genauso wie jedes Hotel. Das ist ja auch ein Ansporn für die Mitarbeiter. Wenn man weiß: Es könnte immer mal wieder
eine Kontrolle kommen, dann überlegt man sich: Sind
wir noch auf einem guten, auf einem richtigen Weg?
Und das wäre?
Juchli: Der Pflege ein Gesicht zu geben, heißt, die
derzeitigen Missstände zu thematisieren, um Änderungen herbeizuführen. Das ist unbedingt notwendig.
Gleichzeitig ist es unmöglich, dem Beruf ein positives Image zu verleihen, solange die Medien sich nur
auf den Personalmangel und die Missstände stürzen.
Aber welcher junge Mensch, der das sieht oder liest,
will dann noch in diesem Beruf arbeiten? Ich denke,
dass auch die Pflege einen großen Auftrag hat, den
Beruf attraktiv darzustellen. Junge Menschen müssen
erkennen, dass der Beruf großartig und sinnerfüllend
ist. Außerdem gibt es Aufstiegschancen, Möglichkeiten der Weiterentwicklung und das muss rüberkommen.
Kollidiert der Beruf nicht auch mit dem verstärkten Bedürfnis der Menschen nach individuellem Glück?
Juchli: Sicher, das stimmt. Wir kommen aus einem
kollektiven Denken, das in den 70er Jahren sich mehr
und mehr zu einem individuellen Bewusstsein verändert hat. Ich glaube aber, dass jetzt eine gute Zeit ist,
wieder neue Werte zu entwickeln oder alte wiederzubeleben.
Sie klingen immer so positiv.
Juchli: Jede Zeit hat ihre Probleme und jede Zeit hat
ihre Menschen, diese Probleme anzugehen. Nichts
bleibt doch, wie es ist, das lässt sich aus meiner Warte
sehr klar sagen. Man darf nicht nur sehen, was nicht
ist, sondern muss auch sehen, was geworden ist. Das
Glas kann halb leer sein oder halb voll. Ich betrachte
es lieber als halb voll.
Seit 60 Jahren im Einsatz für
die Pflege: Die 80-jährige
Ordensschwester Liliane
Juchli.
Aber sind Sie nicht auf Ihrem Weg auch viel angeeckt?
Juchli: Natürlich. Ich bin da aber auch sehr naiv
reingelaufen. Zum einen gab es diese fundamentalistischen Sichtweisen vieler Menschen, weil ich über
ganz andere Ebenen sprach, als die traditionelle Pflege
vorsah. Zum anderen gab es auch Widerstände von
Pflegenden, die ein Studium durchlaufen hatten und
sich vielleicht dachten: Jetzt kommt da die Juchli und
bringt ein Buch heraus und dabei war die nicht einmal
an der Universität. Aber da muss man durch. Heute ist
das kein Thema mehr. Es geht jetzt vor allem darum,
dass die Pflegekompetenz in der Öffentlichkeit wertschätzend wahrgenommen und anerkannt wird, und
das setzt auch unsere Solidarität voraus.
» www.evkb.de/pflege
EvKBMAGAZIN | 11
INFOSEITE
Ethikberatung
Kurz
gemeldet
Gütesiegel für
Wundversorgung
Die Initiative Chronische Wunden (ICW)
hat das EvKB im Johannesstift für seine
Behandlungsstandards in der ambulanten
Wundtherapie ausgezeichnet. Die Zertifizierung des bundesweit größten Verbunds
von Ärzten, Pflegenden und Mitarbeitenden der Krankenkassen ist ein Prüfverfahren, bei dem besonders hohe Auflagen
bei der Wundversorgung zu erfüllen sind.
Bereits im vergangenen Jahr hat sich die
stationäre Wundversorgung im Johannesstift für das begehrte Wundsiegel qualifiziert. Das EvKB führt jetzt das bundesweit
zweite zertifizierte Wundzentrum, in dem
eine stationäre und ambulante Wundtherapie miteinander verknüpft sind. „So bieten
wir eine optimale Vernetzung ambulanter
und stationärer Wundversorgung und
können oft einen stationären Krankenhausaufenthalt vermeiden oder verkürzen“,
freut sich Dr. Ulrich Quellmalz, Leiter des
Wundtherapiezentrums.
» www.evkb.de/wundtherapiezentrum
Website geprüft
Als informativ, übersichtlich und aktuell
haben Studenten der Uni Bielefeld nach
einer detaillierten Prüfung die Internetseite
des EvKB bewertet. Ziel des Kooperationsprojekts zwischen Universität und
Krankenhaus war, eventuelle Schwachstellen auszumachen und so die Nutzerfreundlichkeit der Website zu verbessern. Beim
Wettbewerb „Deutschlands beste Klinikwebsite“ hatte der Webauftritt bereits Platz
23 erreicht und das Zertifikat der „Initiative
Medizin Online“ erhalten.
» www.evkb.de
Blicken auf ein erfolgreiches Kooperationsprojekt zurück: Die studentische
Delegation und die Vertreter des EvKB.
12 | EvKBMAGAZIN
In Grenzsituationen im Krankenhaus bietet die Klinische Ethik eine Unterstützung durch
Beratung.
Ethisches Handeln
Wenn es bei der Behandlung von Patienten zu Grenzsituationen kommt,
gibt es im EvKB seit zehn Jahren ein besonderes Angebot: das Ethikkomitee.
Das Komitee bringt die Entscheidungsträger
miteinander ins Gespräch und erarbeitet mit
ihnen Handlungsempfehlungen. Im Mai 2003
wurde hierfür die Ethikberatung gegründet,
die erste ihrer Art in Deutschland. Bis heute
haben das EvKB und das Krankenhaus Mara
hiermit eine Vorreiterrolle – bundesweit.
„Es passt zu uns als evangelisches Krankenhaus, den Patienten ganzheitlich ins Auge zu
fassen: körperlich, geistig und seelisch“, sagt
Dr. Rainer Norden, Vorsitzender Geschäftsführer des EvKB und des Krankenhauses
Mara. Er freut sich über die zehnjährige Geschichte des Ethikkomitees: „Die Arbeit der
Klinischen Ethik kann nicht über die Pflegesätze und Kostenträger finanziert werden. Dass
wir uns dieses Angebot dennoch leisten, ist ein
Stück Bethel, das ist ein Stück Diakonie!“
Mit ethischen Fragestellungen war Dr. Klaus
Kobert als Anästhesist auf der Intensivstation
häufig konfrontiert: Ein Patient hat bei einem
Unfall schwerste Verletzungen erlitten und befindet sich auf der Intensivstation. Seine Behandlungsaussichten sind nach ärztlicher Einschätzung schlecht. Äußern kann er sich nicht.
Welche medizinischen Maßnahmen sind sinnvoll? Verlängert die Behandlung sein Leiden?
Gibt sie ihm die Chance, sein Leben so weiterführen zu können, wie er es für sich befürworten würde? Heute ist Dr. Kobert leitender
Klinischer Ethiker im EvKB und geht diesen
Fragen hauptamtlich nach. „In einem Fall wie
dem beschriebenen führen wir Gespräche mit
Angehörigen und dem Behandlungsteam“, erklärt der Ethiker. „Dadurch tragen wir gemeinsam viele Mosaiksteinchen zusammen, um ein
möglichst vollständiges Bild des Patienten zu
erhalten. Daraus entwickeln wir eine Handlungsempfehlung, die in seinem Sinne wäre.“
Dass es die Funktion des Klinischen Ethikers
als Stabsstelle gibt, ist bundesweit eine Rarität.
Prof. Dr. Florian Weißinger, Chefarzt der
Klinik für Innere Medizin, Hämatologie/Onkologie und Palliativmedizin im EvKB, wird
besonders dort mit unterschiedlichen Auffassungen konfrontiert, wo unheilbar erkrankte
Patienten behandelt werden: auf der Palliativstation. „In solchen Situationen ist es sehr
gut, Entscheidungen nicht nur auf den Wahrnehmungen von Arzt und Pflege beruhen zu
lassen, sondern einen dritten Blickwinkel zur
Verfügung zu haben“, sagt der Onkologe.
„Gerade Eltern schwerstkranker Kinder
empfinden die ethische Beratung als Entlastung“, weiß Margarete Pfäfflin, Referentin im
Epilepsie-Zentrum Bethel. Das Angebot werde von Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen angenommen und auch von Hausärzten und Pflegeheimen angefragt.
Mittlerweile bearbeitet das Ethikkomitee
übergeordnete Fragestellungen im Krankenhausalltag. Für Fallgespräche zu Patienten
wurde ein eigenständiger klinischer Ethikberatungsdienst gegründet – als Reaktion auf die
gestiegene Nachfrage.
» www.evkb.de/ethik
Partnerschaft
Kinderklinik
Stippvisite: Dr. Eckart von Hirschhausen (hinten Mitte) besuchte
gemeinsam mit den Clowns Maggi
und Beppo (vorne) die Kinderkrebsstation im Kinderzentrum Bethel.
Humor hilft heilen
Dr. Eckart von Hirschhausen war zu Besuch auf der Kinderkrebsstation im EvKB - mit roter Clownsnase. Der Arzt,
Kabarettist und Fernsehmoderator brachte die Kinder zusammen mit der Gruppe Dr. Clown zum Lachen.
A
uf dem Stationsflur quiekt es, als träten
die Spieler einer ganzen Fußballmannschaft nacheinander auf eine Quietscheente. Dazu strecken Kinder mit roten
Clownsnasen die Köpfe aus ihren Patientenzimmern. Manche von ihnen haben vor kurzer Zeit ihre
Haare durch eine Chemotherapie verloren. Doch
gerade necken sie vergnügt die Erwachsenen mit
ihrem quiekenden Spielzeug. Das haben sie von Dr.
Eckart von Hirschhausen, der gemeinsam mit einer
Gruppe von Klinikclowns die Kinderkrebsstation
im Evangelischen Krankenhaus Bielefeld (EvKB)
besucht. An Krebs erkrankte Kinder und Spaß –
wie passt das zusammen? Der Kabarettist und die
Clowns sind sich sicher: Humor hilft heilen.
Fast wäre Dr. von Hirschhausen Arzt im EvKB
geworden. „Ich hatte ein Angebot in der Neurologie am Johanneskrankenhaus, habe mich dann aber
Für das seelische und körperliche Gleichgewicht
Von Arzt zu Arzt: Mit Chefarzt Prof. Dr. Johannes Otte (r.)
diskutierte Dr. Eckart von Hirschhausen über die unterstützende Wirkung der Clownsvisiten.
Auch der Chefarzt der Klinik,
Prof. Dr. Johannes Otte, sieht
durch die Arbeit der Clowns
die Therapie unterstützt:
„Besonders Kinder, die viel
Angst haben – zum Beispiel
während einer Chemotherapie –, entwickeln durch den
Umgang mit den Clowns
Stärken, Kräfte und besondere Kompetenzen.“ Seine
medizinische Erklärung: „Das
vegetative Nervensystem wird
durch die Clowns angesprochen, das seelische und
körperliche Gleichgewicht in
Einklang gebracht.“ Manchmal, so Prof. Otte, wirke das
so gut wie eine Inhalation.
für eine Anstellung in Berlin entschieden“, erinnert
sich der Kabarettist. Umso mehr freut er sich heute auf die jungen Patienten: Auf der Station für die
Behandlung krebskranker Kinder und Jugendlicher
bringt er Kindern Zaubertricks bei und tauscht mit
ihnen Witze aus.
„Jeder Mensch wirkt wie ein Medikament“, weiß
Dr. von Hirschhausen. Deshalb zeigt der Arzt den
Kindern Tricks und Späße, die sie an andere weitergeben können. Auch die Gruppe Dr. Clown unterstützt er mit seiner 2008 gegründeten Stiftung „Humor hilft heilen“ dabei, Lachen auf die Station zu
bringen: „Die Klinikclowns helfen den jungen Patienten im Krankenhausalltag, ihre Erkrankung nicht
in den Mittelpunkt zu stellen.“ Seit 2003 sorgt die
durch Spenden finanzierte Gruppe im EvKB regelmäßig für strahlende Augen der an Krebs erkrankten
Kinder. Eckart von Hirschhausen sähe gerne mehr
Krankenhäuser, die im sogenannten psychosozialen
Bereich so gut aufgestellt sind wie das Klinikum in
Bethel. Dort gibt es für die jungen Patienten neben
der Clownsvisite kreative Angebote in der Kunst-,
Ergo- oder Musiktherapie sowie die Reit- oder
Hundetherapie. Daher nutzte der Kabarettist seinen
Besuch in der Klinik auch für Aufnahmen innerhalb
seines groß angelegten Filmprojekts, das die Initiative seiner Stiftung mit der Arbeit der Klinikclowns
dokumentiert.
Die jungen Patienten genießen sichtlich den Besuch von Dr. Clown – und natürlich von dem Arzt,
der sie zum Lachen bringt: Dr. von Hirschhausen.
» www.evkb.de/kinderklinik
» www.humorhilftheilen.de
EvKBMAGAZIN | 13
Infoseite
Hernienchirurgie
Kurz
gemeldet
Selbsthilfegruppe
Adipositas
Dem Frust mit den Pfunden will im
Evangelischen Krankenhaus Bielefeld
(EvKB) eine neue Selbsthilfegruppe aus
dem Adipositas-Verband Deutschland den
Kampf ansagen. Sie richtet sich an Menschen, die mehr als 20 Kilo zu viel wiegen
und zusammen mit anderen Betroffenen
ihre Lebenssituation verbessern wollen.
Die Treffen finden in Kooperation mit der
Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie
im EvKB an jedem zweiten Mittwoch des
Monats um 19:30 Uhr am EvKB-Standort
Johannesstift statt.
» www.evkb.de/bauchchirurgie
» www.adipositas-selbsthilfe-bielefeld.de
Hochwertige
Diabetesbehandlung
Die Abteilung für Nephrologie und Diabetologie und die Klinik für Kinder- und
Jugendmedizin im Ev. Krankenhaus Bielefeld (EvKB) sind als aktuell einzige stationäre Einrichtungen in Bielefeld von der
Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG)
zertifiziert worden. Die DDG zeichnet
die Einrichtungen aus, die hohe definierte
Anforderungen in der Behandlung von
Diabetes-Patienten erfüllen und damit eine
qualitativ hochwertige Versorgung für ihre
Patienten gewährleisten.
» www.evkb.de/diabetologie
Zertifizierte Diabetologie im EvKB:
Dr. Norbert Jorch, Regine Gulitz,
Christian Gross, Sabine Holz und
Dr. Mariam Abu-Tair (von links).
14 | EvKBMAGAZIN
Chefarzt Prof. Dr. Michael Heise (l.) und Privatdozent Dr. Dietmar Jacob bei der Visite.
Hernienchirugie
Die Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie im EvKB beteiligt sich
als Einzige in Bielefeld an der Qualitätssicherungsstudie Herniamed.
Die Studie ermöglicht den Chirurgen über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren, die Qualität von selbst durchgeführten Operationen zu
überprüfen. Drei Spezialisten für Hernienchirurgie sind in der Klinik am Standort Johannesstift tätig. Die setzen bei ihrer Arbeit auf die
neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft.
„Bei der Versorgung von Hernien gibt es
große qualitative Unterschiede“, weiß Privatdozent Dr. Dietmar Jacob, Leitender Oberarzt
der Klinik. Bei einer Hernie handelt es sich um
einen Hautriss in der Leisten- oder Bauchregion, durch den möglicherweise auch Organe
austreten können. „Die Erfahrung des Operateurs, die OP-Methode, die verwendeten Materialien – all diese Faktoren wirken sich auf das
Ergebnis aus und damit auf das Wohlbefinden
des Patienten“, sagt Dr. Jacob. „Ziel ist stets,
mit größtmöglicher Qualität zu operieren.“
Hierbei hilft die Beteiligung an der Qualitätssicherungsstudie Herniamed. Dafür werden beim Patienten oder bei dessen Hausarzt
von dem bundesweit agierenden Netzwerk
über einen Zeitraum von zehn Jahren die Ergebnisse der Operation erfragt und (nach Zustimmung des Patienten) in einer Datenbank
gespeichert. Dr. Jacob: „Auf diese Weise erweitern wir unsere Erfahrung und verbessern
unsere Qualität.“
Das Team bekomme sehr positive Rückmeldungen sowohl von Patienten als auch von zuweisenden Ärzten, berichtet der Chirurg. Drei
Spezialisten für Hernienchirurgie sind in der
Klinik tätig, die etwa 450 Patienten mit Hernien pro Jahr operieren. „Durch unser Fachwissen
auf diesem Gebiet können wir jedem Patienten
eine für ihn maßgeschneiderte Operation ermöglichen. Minimalinvasive Methoden werden in unserer Klinik vermehrt angewendet, da
sie im Vergleich zu offenen Verfahren weniger
Schmerzen, ein besseres kosmetisches Ergebnis und eine schnellere Genesung mit sich
bringen“, sagt Dr. Jacob.
» www.evkb.de/bauchchirurgie
Termine
NW-Treff/Klinikforum: Moderne Behandlungsmethoden beim Bandscheibenvorfall, 17. Juli, 18 bis 20 Uhr, RaSpi
Salonabend – 100 Jahre Ev. Krankenhausarbeit in Bielefeld: 11. September,
19 bis 21 Uhr, Zionskirche Bethel
Krankenhaus erleben – Tag der offenen
Tür im Haus Gilead I:
Fachvorträge, Mitmachaktionen,
Führungen durch den OP und vieles
mehr, 21. September, 10 bis 16 Uhr,
Haus Gilead I, Bethel, Burgsteig 13
Weitere Termine » www.evkb.de/termine
Infos zu Fachveranstaltungen » www.evkb.de/fachveranstaltungen
Geburtshilfe
Wissen
Mundgerechtes Fachwissen: Gemeinsam lieferten Vertreter aus Diätassistenz, Medizin und der Hebammen ein abgerundetes Bild zum Thema Säuglingsnahrung.
Selbstgemachtes schmeckt
Workshop zum Thema Säuglingsnahrung mit Diätassistentinnen, Hebammen und dem Direktor der Klinik für Gynäkologie
und Geburtshilfe im Evangelischen Krankenhaus Bielefeleld (EvKB).
W
ie lange soll ich mein Baby stillen?
Ab wann kann ich ihm Beikost geben? Und welche ist für mein Baby
die beste? Diätassistentinnen, Hebammen und der Direktor der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe im EvKB servierten aktuelles
Wissen aus den Bereichen Ernährungswissenschaft
und Medizin sowie aus dem Blickwinkel der Hebammen mundgerecht und gutverdaulich.
„Wenn Sie bei einer Nahrung ein schlechtes Gefühl verspüren, dann lassen Sie diese lieber weg, als
sich mit schlechtem Gewissen zu plagen“, rät Diätassistentin Frederike Kreft. Sie weiß: Bis etwa 1920
war es üblich, Kinder in den ersten zwölf Lebensmonaten zu stillen, ganz ohne Beikost zu geben. „Heute
ist uns bewusst, dass Nährstoff- und Eisengehalt ab
dem sechsten Monat in der Muttermilch für die optimale Entwicklung nicht mehr ausreichend sind.“
Innerhalb der ersten zwölf Monate raten die Experten, den Nachwuchs einerseits körperlich an immer mehr Nahrungsbestandteile zu gewöhnen, ihn
andererseits aber nicht durch zu viele Umstellungen
zu überfordern. Besonders im Hinblick auf die Zubereitung gesunder Säuglingsnahrung konnten sich
die Fachdisziplinen aus Diätassistenz, Medizin und
Hebammen ergänzen und somit einen abgerundeten Blick auf das Themenfeld bieten. Dabei wurden
Vor- und Nachteile von gekaufter und selbstgemachter Säuglingsnahrung diskutiert und praktische
Tipps für die Zubereitung gegeben. In der Schul-
küche konnten die Eltern das Erlernte direkt im
Anschluss umsetzen und vom „Endverbraucher“ –
sechs lebhafte Säuglinge waren ebenfalls anwesend
– kosten lassen.
„Der Workshop hat mir gut gefallen“, resümiert
Nadja Weber. „In diesem Rahmen sind die Infor-
mationen eindringlicher, als wenn man sie liest.“
Ökotrophologin Katharina Grone arbeitet als Köchin in einem Familienzentrum: „Auch für meine
Berufsgruppe ist diese Veranstaltung sehr informativ, schließlich gibt es in Kindertagesstätten immer
mehr Kinder im Alter unter drei Jahren.“
Folgetermine mit unterschiedlichen Themen
Lecker essen in Schwangerschaft und Stillzeit
Donnerstag, 5. September,
von 11:00 bis 15:00 Uhr
Gesund kochen für Kleinkinder (1. bis 3. Lebensjahr)
Donnerstag, 21. November,
von 11:00 bis 15:00 Uhr
jeweils in der Lehrküche im
Johannesstift, Schildescher
Str. 99, in 33611 Bielefeld
Kai Frederik macht mit
seinen Eltern den Vergleich.
Bitte melden Sie sich telefo-
nisch oder per Mail über das
Sekretariat der Klinik für
Gynäkologie und Geburtshilfe im Ev. Krankenhaus Bielefeld (EvKB) wie folgt an:
telefonisch:
05 21 | 772 - 7 53 81
oder per E-Mail:
[email protected]
Teilnahmegebühr: 40,00 Euro
Eine frühzeitige Anmeldung
wird wegen der begrenzten
Teilnehmerzahl empfohlen.
» www.evkb.de/saeuglingsnahrung
EvKBMAGAZIN | 15
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