Einführung - Verlag Modernes Lernen

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Einführung
Von Despina Muth-Seidel und Erika Schumacher
Mit dem vorliegenden Buch ist ein besonderes Anliegen verbunden: die erfolgreiche Zusammenarbeit unterschiedlicher therapeutischer Berufsgruppen mit dem Ziel, den größtmöglichen therapeutischen Erfolg für die zu behandelnden Kinder zu erzielen. Ihm gehen
über zwei Jahre der interdisziplinären Zusammenarbeit, der Entwicklung und Vorarbeit, der
Durchführung und der Überprüfung der einzelnen Aufgaben und Übungen voraus.
Aufmerksamkeit und Gedächtnis – Basisfunktionen für Lernen
und Alltag
Die Übungen haben inhaltlich eine sehr große Bandbreite, die in bestimmte Symbole eingeordnet wurden, um dem Anwender die Möglichkeit zu geben, die zu trainierenden Funktionsbereiche übersichtlich in einzelnen Übungen zu finden. Bei einigen Trainings wurden
die Symbole für das jeweilige Training an den Anfang der gesamten Übungserläuterungen
gestellt, weil viele Symbole für das ganze Trainingsprogramm gelten.
Nachfolgend sind diese Symbole dargestellt.
Verwendete Symbole innerhalb der einzelnen Programme
1: Entspannung, Körpereigenwahrnehmung
2: Konzentration
3: Taktilität, taktiles Begreifen
4: genaues Schauen, genaues Beobachten, visuelle Wahrnehmung
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5: genaues Hinhören, auditive Merkfähigkeit
6: Serialität, Reihenfolgen
7: Gedächtnis, Merkfähigkeit
8: Handlungsplanung, Praxie
9: Bewegungsempfindung, vestibuläre und propriozeptive Perzeption
10: Riechen, olfaktorische Perzeption
11: Schmecken, gustatorische Perzeption
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Basisfunktionen
Die Basisfunktionen Aufmerksamkeit und Gedächtnis stellen die Voraussetzung für ein erfolgreiches Lernen von Kindern dar. In diesem Buch werden die auditive und die visuelle
Aufnahme von Strategien und Wissen ebenso angesprochen wie die sensomotorische Perzeption, Verarbeitung und Speicherung, z.B. taktiles, vestibuläres und propriozeptives System.
In den Aufmerksamkeits- und Gedächtnisbereich gehört beispielsweise auch der Bereich
des Zahlenaufbaus bei Vorschulkindern (Programm „Die Zahlenburg“), da Kinder hier unter anderem lernen, Strategien zu entwickeln und die Vorläuferfähigkeiten für das Speichern von Mengenvorstellungen und Wissensinhalten gefördert werden.
Dieses Buch ist ein praxisgerechtes Handbuch für den täglichen Gebrauch. Es stellt unterschiedliche und sich ergänzende Trainings dar, die für Kinder ab 4 Jahren bis 10 Jahren,
also für das Kindergarten- und Vorschulalter und das Grundschulalter konzipiert wurden.
Der Begriff „multimodal“
Was bedeutet „multimodale Behandlung“ in diesem Buch? Die Autoren sind der Ansicht,
dass viele unterschiedliche Funktionsbereiche angesprochen werden müssen, um einen
effektiven Therapieerfolg erzielen zu können. Außerdem ist es wichtig, alle Sinne mit einzubeziehen, um ganzheitlich behandeln zu können.
Der zweite Aspekt bezieht sich bei der Bezeichnung „multimodal“ auf verschiedene Elemente oder Bausteine im Training. Sie können kombiniert werden, um subjektive, an die
besonderen Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes angepasste und optimierbare Erfolge zu
erzielen.
Schließlich bildet der dritte Aspekt zur Bezeichnung „multimodal“ die Kombination bestimmter
Berufsgruppen - alle Trainings haben Bereiche, die von Pädagogen, Psychologen, Ergound Lerntherapeuten angewandt werden können und sich für vorschulische oder ambulante, praxisgerechte Anforderungen eignen.
In diesem Buch geht es darum, spezifische, neue Trainingsverfahren vorzustellen und sie
anschaulich, praxisnah und durchführbar zu zeigen.
Die wichtigsten Gedächtnissysteme, die Definition der Störungen und die unterschiedlichen Aufmerksamkeitsfunktionen sind nachfolgend im Überblick dargestellt.
Gedächtnissysteme
Es existieren unterschiedliche Gedächtnissysteme im Gehirn:
●
Prozedurales Gedächtnis: motorische und sensorisch-motorische Fähigkeiten (Beispiel:
Musikinstrument spielen), automatisiert ablaufend,
●
Priming: „Wiedererkennenswahrscheinlichkeit“ für Reize, die zuvor unbewusst wahrgenommen wurden: unterscheiden von perzeptuellem (Identifikation der Gleichartigkeit) und konzeptuellem (Identifikation der Kategorie) Priming,
●
Perzeptuelles Gedächtnis: Beurteilung wahrgenommener Reize auf Aktualität und Erkennbarkeit als Teil eines Gesamtobjekts,
●
Wissenssystem oder semantisches Gedächtnis: Sammlung von Faktenwissen,
●
Episodisches oder episodisch-autobiografisches Gedächtnis (deklaratives Gedächtnis):
Erinnern von subjektiven Erfahrungen.
Gedächtnisstörung bedeutet Verlust des Lernens, Behaltens und des Abrufs erlernter Informationen. Die Ursache der Störung ist in diesem Begriff nicht definiert. Häufig treten
Gedächtnisstörungen in Kombination mit anderen Hirnfunktionsstörungen auf. Neben den
Aufmerksamkeitsstörungen können dies visuell-räumliche, sprachliche oder motorische
Störungen sein (vgl. ausführlicher in Thöne-Otto & Markowitsch, 2004, S. 7-9).
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Aufmerksamkeitsfunktionen
Aufmerksamkeitsleistungen werden im täglichen Alltag allgegenwärtig gefordert. Eine Störung der Aufmerksamkeit zieht folgende Probleme nach sich: Einzelheiten innerhalb der
Wissensaufnahme werden nicht wahrgenommen und können so auch nicht abgespeichert
werden. Praktische Handlungen laufen fehlerhaft oder verzögert ab.
Folgende Aufmerksamkeitsfunktionen werden unterschieden:
●
die Aufmerksamkeitsaktivierung (Alterness) ist der Zustand der allgemeinen Wachheit
und die Fähigkeit, das allgemeine Aufmerksamkeitsniveau nach einem Warnreiz kurz
zu steigern,
●
die Daueraufmerksamkeit oder Vigilanz ist die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit längerfristig aufrecht zu erhalten,
●
die selektive oder fokussierte Aufmerksamkeit fordert einen Fokus auf eine bestimmte
Anforderung unter Ausblendung von Interferenzen,
●
die visuell-räumliche, selektive Aufmerksamkeit ist eine Orientierungsreaktion (Kopfdrehung) und
●
die geteilte Aufmerksamkeit ist nötig zur simultanen Bearbeitung von mehreren Aufgaben (vgl. Sturm, 2005, S. 3-5).
Gedächtnis und Emotion: die Bedeutung von Erfahrung für das
Lernen
Die Hirnstrukturen des Mandelkerns, der Amygdala sind für die Ausbildung von für uns
kritischen Emotionen zuständig (z.B. Ängste). Für positive Gefühle bilden die Strukturen
des ventralen tegmentalen Areals und des Nucleus accumbens die Basis. Es ist noch nicht
präzise geklärt, ob die genannten Hirnstrukturen den Ort des Speicherns von Gefühlen
abbilden, oder ob sie eher die Orte der Verknüpfung zwischen Ereignissen und zugehörenden Emotionen darstellen, die den Zugriff auf anders gelagerte emotionale Gedächtnisinhalte regeln.
Die Emotionen (negativ oder positiv) gehen nicht in das emotionale Gedächtnis ein, sondern werden im deklarativen Gedächtnis abgespeichert. Das deklarative Gedächtnis stellt
den Gedächtnisgegenstand, hier die Emotion, in Bezug zu ihrer Bedeutung und in den
Zusammenhang in der sie erlebt wurde. Der bedeutendste Regler dieses Gedächtnissystems ist der Hippocampus-Bereich, der für das episodische Gedächtnis (was ist wann und
wo passiert) zuständig ist.
Wenn Kinder und Erwachsene ein Geschehen bewerten, etwas, was sie erlebt haben, was
für sie bedeutsam ist, dann ist das limbisches System involviert. Es wird dort überprüft, ob
eine Erfahrung mit dieser oder einer ähnlichen Situation vorhanden ist, und ob die vergangenen Erlebnisse als gut oder schlecht bewertet wurden - oder ob das Fazit dieser Erfahrung negativ oder positiv eingeschätzt wurde. In diesem Fall wird die Antwort als ein bestimmtes Gefühl erlebt, indem zugehörende limbische Bereiche Informationen an die Großhirnrinde senden.
Der Hippocampus und die mit ihm zusammenhängenden Strukturen sind dafür verantwortlich, dass eine Erinnerung stattfindet. Die limbischen Zentren sind Teil eines Bewertungssystems im Gehirn. Dieses System bewertet, ob ein Erlebnis positiv war und wiederholt
werden sollte oder negativ besetzt war und daher gemieden wird. Ohne dieses Bewertungsvermögen, das alle Wirbeltiere aufweisen, gäbe es kein Überleben. Es ist dafür verantwortlich, dass das Gehirn Handlungsentscheidungen treffen kann, die auf vergangenen
Erlebnissen und Erfahrungen und der Bewertung dieser Erfahrungen basieren.
Daher ist es so wichtig, dass Kinder viele neue und positive Erlebnisse und Erfahrungen
erwerben, wenn zu einem Bereich bereits negative Erfahrungen bestehen (z.B. mangeln10
des Lernvermögen aufgrund von Entwicklungsproblemen oder bestehender Teilleistungsschwächen). Hierbei spielt der Therapeut eine bedeutsame Rolle, weil er die Aufgabe hat,
dem Kind neue und positive Erfahrungen anzubieten.
Eine Brücke zum Lernen ist daraus deutlich geworden: es bestehen Wechselwirkungen
zwischen Gedächtnis und Affekt. Positive Informationen oder Erfahrungen, die interessant
sind oder die erfreuen können, werden definitiv abgespeichert.
Lernen erfolgt innerhalb der in diesem Buch vorliegenden Trainingsprogramme mit Hilfe
von Lernstrategien in Bezug auf Aufmerksamkeit oder Gedächtnis.
Die erfolgreichen Strategien zum Aufbau und zur Förderung der Basisfunktionen Aufmerksamkeit und Gedächtnis bei Kindern sind innerhalb der einzelnen Trainingsprogramme zu
finden.
Die Bedeutung von Tonusregulation und Bewegung auf die
Aufmerksamkeitsleistung
Die reticulo-spinalen Fasern gehören zum medialen System. Die Formatio reticularis innerviert die überwiegend medial im Rückenmark lokalisierten Motoneuronen. Daher reguliert
die Formatio reticularis den Muskeltonus für den Haltungshintergrund.
Wenn Kinder aufgerichtet werden, erhält die Formatio reticularis durch spino-retikuläre Fasern sensorische Informationen (beispielsweise durch Tast- und Druckinformationen der
Fußsohle, durch Propriozeption der großen Gelenkkapseln, Muskelspindeln oder Sehnenorgane und durch visuelle Informationen der Retina durch die oberen Zweithügel). Eine
gute Aufrichtung fördert über die Formatio reticularis die Alertness und die Aufmerksamkeitsleistungen (vgl. Winter & Arasin, 2007, S. 32-34).
Die richtige Haltung
Eine möglichst optimale Haltung hat positive Auswirkungen auf die Aufmerksamkeitsfunktionen.
Haltung ist eine Voraussetzung für eine sinnvolle und funktionelle Bewegung. Bei vielen
Kindern mit Wahrnehmungsproblemen ist die Kopfkontrolle instabil und sie haben Mühe,
den Kopf angepasst zur Handlungsaktivität optimal einzustellen.
Tipps zur richtigen Haltung der zu behandelnden Kinder finden sich beispielsweise in Angela Nackes Buch zur „Ergotherapie bei Kindern mit Wahrnehmungsstörungen“ (2005, S.
90-104).
Wie im Alltag richtiges Sitzen funktioniert und wie Sitzpositionen aussehen sollten, besonders bei Kindern mit Wahrnehmungsstörungen, zeigt „Sitzpositionen zum Handeln“ in: das
Bobath-Konzept im Alltag des Kindes von Ute Steding-Albrecht (2003). Wie der Haltungshintergrund eines Kindes optimiert werden kann, sollte in der Elternberatung eine wichtige
Rolle spielen.
Elterntraining
Britta Winter und Daniela Ottinger zeigen im Buch: „Ergotherapie bei Kindern mit ADS“ ein
sehr fundiertes Ergotherapeutisches Elterntraining (ETET). Das ETET beinhaltet Elterninformationen zu acht verschiedenen Themenkomplexen:
●
Ressourcenaktivierung,
●
Reizverarbeitung und Selbstregulation,
●
Grundprinzipien,
●
Handlungssteuerung,
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●
Interaktionshilfen,
●
Strukturierungshilfen im Alltag,
●
Psychohygiene für die Eltern und
●
Gedächtnisstrategien.
Es besteht aus 46 Kopiervorlagen und 19 Reflexionsbögen. Die Möglichkeit, Eltern intensiv
in die therapeutische Arbeit mit einzubeziehen, versetzt den Therapeuten in die Lage, die
Ressourcen aller Beteiligten zu aktivieren, um so die Eltern-Kind-Interaktion langfristig zu
verbessern. Dieses Training ist innerhalb therapeutischer Ansätze zum ADS sehr zu empfehlen und kann die in diesem Buch dargestellten Trainings innerhalb von Elternarbeit unterstützen (Winter & Arasin, 100-109).
Bei allen Elternberatungen ist darauf zu achten, dass Lob und Ermutigung immer noch
häufig bei den vielen Problemen im Alltag zu kurz kommen. Kinder, die Alltagssituationen
nicht oder noch nicht altersgerecht bewältigen, brauchen besonders viel Ermutigung. Wichtig
dabei ist, mit dem Kind gemeinsam erreichbare Ziele abzustecken und das Kind aktiv an
Veränderungsprozessen mitarbeiten zu lassen. Kleine Teilerfolge sind durch Bestätigung
und Lob zu verstärken, um so das Selbstbewusstsein des Kindes zu fördern. Darauf sollten
Eltern hingewiesen werden, auch wenn dies noch so selbstverständlich erscheint. In Verhaltens- oder Verstärkerplänen kann dies in Zusammenarbeit mit dem Therapeuten geübt
werden.
Ein empfehlenswertes Buch zu Erziehungsfragen und besonders der Konsequenz, die vielen Eltern von Kindern mit Störungen der Basisfunktionen Aufmerksamkeit und Gedächtnis
oft sehr schwer fällt, ist: „Kinder fordern uns heraus - wie erziehen wir sie zeitgemäß?“ Von
R. Dreikurs und V. Stoltz (14. Auflage 2006). Das Buch hat eine humanistische Grundhaltung. Die Autoren bringen anhand von praktischen Beispielen, die leicht verständlich sind,
Kernpunkte in der Eltern-Kind-Interaktion auf den Punkt. Mit diesem Buch können Eltern
ihre Erziehung überdenken und manche Strategien verfeinern.
In den Trainingsverfahren erfolgte immer eine Elternberatung, die in Beratungsgesprächen
mit oder ohne Kopiervorlagen als Information stattfand. Die Bedeutung von Elterntrainings
wird stetig größer, da eine ganzheitliche Behandlung des Kindes nicht ohne die Eltern stattfinden kann.
In den Büchern von Manfred Döpfner finden sich ebenfalls hervorragende Hinweise und
Arbeitsvorlagen zur Elternberatung (siehe S. 15).
Psychologische Testverfahren, die innerhalb der multimodalen
Trainings verwendet wurden
Nachfolgend werden gebräuchliche Testverfahren beschrieben, die innerhalb der Programme
verwendet wurden oder deren Ergebnisse einer Status- und Verlaufsmessung vorlagen.
Im Rahmen der hier vorgestellten Trainingsverfahren wurden jeweils unterschiedliche diagnostische Verfahren verwendet, um eine Verlaufsmessung erzielen zu können. Die Wirksamkeit der neu entwickelten Trainings wurde somit zunächst als Tendenz (da kleine Fallzahlen) darstellbar. Weitere Evaluationen sind eplant.
Diagnosticum für Cerebralschädigung
DCS, visueller Lern- und Gedächtnistest (nach F. Hillers in der 4., erweiterte und ergänzte
Auflage von S. Weidlich, G. Lamberti unter Mitarbeit von W. Hartje).
Einsatzbereich 6 bis 70 Jahre als Einzeltest. Verwendung in der neuropsychologischen
Diagnostik. Das DCS ist ein Lern- und Gedächtnistest für figurales Material. Es eignet sich
zur Erfassung von mnestischen Hirnfunktionsstörungen in der Folge von Hirnschädigungen. Der DCS ist in der 4. Auflage neu mit aktualisierten Normdaten und Interpretationsbei12
spielen zu erhalten. Der Test ist so aufgebaut, dass der Proband nach sukzessiver Darbietung von 9 symmetrisch-geometrischen Zeichen die behaltenen Figuren mit 5 Holzstäbchen nachlegen muss, wobei 6 Lerndurchgänge vorgesehen sind. In die Testleistung gehen Faktoren wie Gestaltwahrnehmung, Gestaltspeicherung und -reproduktion sowie selektive Aufmerksamkeitszuwendung ein. Der DCS erlaubt neben der Lernleistung eine Aussage über Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß einer mnestischen Hirnfunktionsstörung
und eignet sich auch zum Einsatz im Bereich der Demenzdiagnostik. Es liegen aktualisierte Normwerte differenziert nach verschiedenen Altersbereichen und Bildungsgraden für
Personen zwischen 6 und 79 Jahren vor.
KHV-VK
Konzentrations-Handlungsverfahren für Vorschulkinder (K.U. Ettrich und C. Ettrich) für Kinder im Alter zwischen 3;0 und 6;11 Jahren. Die Konzentrationsfähigkeit eines Kindes stellt
eine Grundbedingung für das Lernen und das Erbringen von schulischen Leistungen dar.
Mögliche Defizite sollten daher schon im Vorschulalter festgestellt werden. Zu diesem Zweck
wurde das Konzentrations-Handlungsverfahren für Vorschulkinder (KHV-VK) entwickelt. Als
kindgemäßes Sortierverfahren, das die Parameter Fehler (Sorgfaltsleistung) und Zeit (Arbeitstempo) erfasst, ermöglicht es Aussagen zum Niveau konzentrativer Fähigkeiten. Es
stellt auch bei der Beschreibung von Aufmerksamkeit, z.B. bei Verdacht auf ADHS im Vorschulalter eine wichtige Hilfe dar. Die Aufgabe der Kinder besteht im Sortieren von 44 Karten mit gegenständlichen Abbildungen nach bestimmten Merkmalen. Für altersgerecht entwickelte Kinder wurde ein „Vierer-Sort“ (für das Sortieren nach vier Merkmalen) und für
entwicklungsbeeinträchtigte Kinder ein „Zweier-Sort“ (zwei Merkmale) gestaltet. Die Gültigkeit des KHV-VK wurde durch den Vergleich von Kindern mit unterschiedlichem Entwicklungsniveau (normal entwickelt bis deutlich entwicklungsgestört) sowie aus der Analyse
der altersbezogenen Leistungen hinsichtlich Zeit- und Fehlerwerten erschlossen. Zusätzlich wurde die eigenständige Indikationsleistung des Tests durch Korrelationen mit anderen kognitiven Leistungen ermittelt. Das Verfahren wurde an 1.887 Kindern normiert.
Der Auditiv-Verbale Lerntest
nach Heubrock, 1992, dient der Erfassung der verbalen Merkfähigkeit. Dem Probanden
werden 15 Substantive vorgelesen und unmittelbar im Anschluss wird der Proband aufgefordert, aus dem Gedächtnis das Gehörte zu reproduzieren. Die AVLT-Wortlisten liegen in
2 Parallelformen vor, so dass die Probanden pro Testdurchlauf mit unterschiedlichen Listen getestet werden konnten.
KITAP (Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung)
Die computergestützte KITAP wurde mit dem Ziel entworfen, durch eine kindgerechte Gestaltung eine optimale Motivation der Kinder bei der Testuntersuchung sicher zu stellen
und damit die Gültigkeit der Testwerte zu erhöhen.
Der Aufmerksamkeitsleistung bei Kindern im Schulalter kommt, insbesondere für den Unterricht, eine große Bedeutung zu. Bislang fehlt es jedoch an Verfahren, die eine differenzierte Erfassung der Aufmerksamkeitsleistung bei Kindern im Grundschulalter erlauben.
Die „Kinderversion der Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung“ (KITAP) wurde nach den
gleichen Prinzipien entwickelt, die der Erwachsenenform der „Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung“ (TAP) zugrunde liegen. Die Testauswahl orientierte sich an den zentralen Verfahren der TAP, die in eine kindgerechte Form umgesetzt wurden. Die Auswahl
wurde weiterhin durch eine Faktorenanalyse der Daten von 148 Kindern im Alter von 6 bis
10 Jahren gestützt, welche den Nachweis von fünf unabhängigen Faktoren erbrachte, die
jeweils von einem Testverfahren der TAP repräsentiert wurden. Es handelte sich um die
Faktoren „Geschwindigkeit“ „(Alertness), „Flexibilität“ (Reaktionswechsel), „geteilte Aufmerk13
samkeit“ (geteilte Aufmerksamkeit), „kontrollierte Reaktionsbereitschaft“ (Go/Nogo) und
„Scanningleistung“ (visuelles Scanning). Ergänzt wurde schließlich die Testbatterie für Kinder durch ein Verfahren zur „Ablenkbarkeit“, zur„“Vigilanz“ und zur „Daueraufmerksamkeit“.
Ergänzt wurde die Testbatterie für Kinder durch Verfahren zur „Ablenkbarkeit“, zur „Vigilanz“
und zur „Daueraufmerksamkeit“.
Ablenkbarkeit („Das fröhliche und das traurige Gespenst“)
Bei diesem Test erscheinen auf dem Bildschirm kurzzeitig entweder ein fröhliches oder ein
trauriges Gespenst. Es handelt sich darum, so schnell wie möglich auf eine Reaktionstaste
zu drücken, wenn das traurige Gespenst erscheint. Bei der Hälfte der Trials erscheint kurz
vor dem zentralen Zielreiz im Umfeld ein Distraktor, der nicht beachtet werden soll.
Geteilte Aufmerksamkeit („Die Eulen“)
Dieser Test erfasst die Fähigkeit zur Aufmerksamkeitsteilung, indem gleichzeitig auf eine
Folge akustischer Reize und auf einen visuellen Reiz zu achten ist. Bei dieser Aufgabe
sollen Eulen darüber wachen, dass kein Mensch, während die Geister unterwegs sind, in
das Schloss eindringt. Die eine Eule sitzt in einem Fenster und schaut das niemand kommt,
zwei andere fliegen um die Burg und rufen sich wechselseitig zu. Die Eulen sollen durch
einen Tastendruck darauf hingewiesen werden, wenn der einen Eule die Augen zufallen
oder eine der anderen Eulen nicht gleich auf den Ruf der anderen antworten.
Go/Nogo („Die Fledermaus“)
Das Verfahren prüft die Kontroll- und Entscheidungsfähigkeit, indem möglichst schnell eine
Vampirfledermaus vertrieben werden soll, die eine Katze bedroht. Jedoch soll der Katze
nichts zuleide getan werden.
Daueraufmerksamkeit („Der Tanz der Geister“)
Bei dieser Aufgabe wird die kontinuierliche Zuwendung der Aufmerksamkeit über eine längere Zeitspanne („Konzentration“) geprüft. In den verschiedenen Fenstern einer Burgruine
erscheinen nacheinander Geister unterschiedlicher Farbe. Es soll entdeckt werden, wenn
die Geister „aus dem Takt“ kommen, indem nacheinander zwei Geister gleicher Farbe (einfache Version) oder zwei Geister entweder gleicher Farbe oder im selben Fenster erscheinen (komplexe Version). Durch einen Tastendruck sollen die Geister darauf hingewiesen
werden, dass sie aus dem Takt gekommen sind.
Zu diesen Angaben siehe www.psytest.de.
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