Pankreas 12

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Kapitel 12
Pankreas
12
Anmerkungen 393
12.1
12.1.1
12.1.1.1
12.1.1.2
12.1.1.3
12.1.2
12.1.2.1
12.1.2.2
12.1.3
12.1.3.1
12.1.3.2
12.1.3.3
Allgemeines, Diagnostik und Indikation 393
Einteilung chirurgisch relevanter Erkrankungen
des Pankreas 393
Entzündliche Erkrankungen 393
Karzinome 394
Endokrine Tumoren 394
Diagnostik 395
Untersuchungsmethoden 395
Diagnostik der einzelnen Erkrankungen 396
Indikation 400
Entzündliche Erkrankungen 400
Pankreaskarzinom 402
Hormonaktive Tumoren 403
12.2
Operative Therapie allgemein 403
12.2.1
Entzündliche Erkrankungen 405
12.2.1.1 Schwere Formen einer akuten Pankreatitis
und Folgen 405
12.2.1.2 Chronisch und chronisch-rezidivierende Pankreatitis 406
12.2.2
Karzinom 408
12.2.2.1 Periampulläres Karzinom 408
12.2.2.2 Pankreaskopfkarzinom (mit Ausnahme
des periampullären Karzinoms) 409
12.2.2.3 Pankreaskörper- und Pankreasschwanzkarzinom 409
12.2.3
Hormonaktive Tumoren 410
12.2.3.1 Insulinom 410
12.2.3.2 Gastrinom (Zollinger-Ellison-Syndrom) 410
12.2.3.3 Andere endokrine Tumoren 410
12.3
Operationsvorbereitung 411
12.4
12.4.1
12.4.2
12.4.3
Spezielle operationstechnische Gesichtspunkte 412
Zugangswege 412
Besonderheiten bei der Pankreaschirurgie 412
Intraoperative Differentialdiagnose Karzinom –
Entzündung 413
Pankreas
R. Viebahn
12.4.4
12.4.8
Spezielle Gesichtspunkte bei der Eröffnung
und Ausräumung von Nekrosebereichen
bei akuter Pankreatitis 413
Spezielle Gesichtspunkte bei der Operation
einer Pankreaspseudozyste 414
Intraoperative Entscheidung
zwischen drainierendem und resezierendem Verfahren
bei chronischer Pankreatitis 414
Spezielle Gesichtspunkte bei einer partiellen
oder totalen Duodenopankreatektomie 415
Auffinden endokriner Tumoren 419
12.5
Postoperative Behandlung 421
12.6
12.6.1
12.6.2
Spezielle postoperative Gesichtspunkte 422
Anastomoseninsuffizienz 422
Zeitpunkt von Revisionsoperationen nach
Nekroseausräumung bei akuter Pankreatitis 422
Postoperative Substitution der exokrinen
und endokrinen Pankreasfunktion 423
Nachsorge nach Resektion
eines Pankreaskopfkarzinoms 423
Multimodale Therapien 424
12.4.5
12.4.6
12.4.7
12.6.3
12.6.4
12.6.5
Literatur 424
12.1 Allgemeines, Diagnostik und Indikation
Anmerkungen
Entzündliche Pankreaserkrankungen erfahren insbesondere infolge des zunehmenden Alkoholkonsums in der Bevölkerung eine erhebliche Häufigkeitszunahme (Secknus 2000). Konservative wie operative Behandlung können dabei nicht ätiologisch wirksam werden, sondern sind gegen Komplikationen und auf deren Verhütung ausgerichtet.
In akuten Entzündungsphasen stehen konservative Behandlungsverfahren im Vordergrund; auch
bei der schwersten, häufig letal verlaufenden Form der akuten Entzündung, der hämorrhagischnekrotisierenden Pankreatitis, hat ein möglichst zurückhaltendes Vorgehen, unterstützt ggf. durch sonographisch geführte Punktion und Drainage oder begrenzte Entlastungsoperationen, die größten
Heilungschancen. Chronische Entzündungsformen erfordern dagegen bei ausgeprägter Schmerzsymptomatik häufig eine chirurgische Intervention. Dabei haben Teilresektionen oder ausgedehnte
Drainageverfahren eine anhaltend palliative Wirkung; die komplexe Operationstechnik erfordert spezielle Erfahrung, da die Schwere der möglichen Komplikationen für eine benigne Erkrankung sonst
nicht akzeptabel ist. Zudem erfordert die Indikationsstellung vor dem Hintergrund verbesserter interventioneller Techniken (Papillotomie, Stenteinlage, transgastrale Drainage) eine kompetente interdisziplinäre Kooperation.
Bei malignen Pankreastumoren liegt dagegen das Hauptproblem in der Früherkennung; klinische
Beschwerden sind bei Pankreaskarzinomen in der Regel schon Spätsymptome der Erkrankung. Hier
stellt die Prädiktion der Operabilität neben der Entwicklung multimodaler Therapiekonzepte eine wesentliche Herausforderung dar.
Die Diagnose endokrin aktiver Tumoren des Pankreas erfolgt häufig erst nach langen Irrwegen,
wobei jedoch bei diesen Erkrankungen charakteristische Hinweissymptome und die moderne Labormedizin zur Diagnose führen. Die Entwicklung der Endosonographie und der modernen Schnittbildverfahren, ggf. in Kombination mit der Angiographie, erleichtern die Lokalisationsdiagnostik erheblich.
12.1
Allgemeines, Diagnostik und Indikation
Für Operationsindikation und Vorgehen ist eine Unterteilung der chirurgisch wichtigen
Pankreaserkrankungen in Hauptformen sinnvoll.
12.1.1
Einteilung chirurgisch relevanter Erkrankungen des Pankreas
12.1.1.1
Entzündliche Erkrankungen
a) Akute (auch akut rezidivierende)
Pankreatitis leichten und mittleren
Grades
Als Begleitpankreatitis bei Gallenwegserkrankungen
Nach besonders voluminösen Mahlzeiten
Durch andere diverse und unbekannte Ursachen (weniger
als bei d) durch Alkohol verursacht)
b) Schwere akute, hämorrhagisch
nekrotisierende Pankreatitis
Auch als Rezidiv einer primär leichteren Form möglich
Ursachen ähnlich wie bei a)
393
394
Kapitel 12 Pankreas
c) Pankreaspseudozysten
Folgen von Entzündungen mit Nekrose nach a), b) oder d)
Frisch: zystische Nekrosen
Älter: Pseudozysten mit fester Membran
d) Chronische (chronisch-rezidivierende) Pankreatitis
Auch mit akut entzündlichen Schüben
Ursächlich v. a. Alkohol
Hauptmanifestationen: Schmerz (rezidivierende
Entzündung, Sekretstau, Nekrose, Verkalkung, Stein- und
multiple Mikrozystenbildung)
Choledochuskompression
Milzvenen-Pfortader-Kompression
Insuffizienz des exokrinen und/oder endokrinen
Apparates, jeweils isoliert oder kombiniert mit anderen
Manifestationen
12.1.1.2
Karzinome
Periampulläre Karzinome
Wegen ähnlicher Symptomatik (jeweils früher Ikterus, beim
Duodenalkarzinom gelegentlich Blutungen), gleichen therapeutischen Vorgehens und übereinstimmender Prognose
Zusammenfassung von unten angegebenen Arten
Karzinom der Papilla duodeni maior (Vateri)
Kleines unmittelbar papillennah, ggf. im Ductus Wirsungianus
gelegenes Pankreaskopfkarzinom
Distales Choledochuskarzinom
Duodenalkarzinom
Pankreaskopfkarzinom
Karzinom im Pankreaskopf, jedoch nicht direkt periampullär
(Ikterus erst etwas später)
Pankreaskörper- und
Pankreasschwanzkarzinom
Meist kein Ikterus, sondern Schmerzen, Ikterus bedeutet meist
Metastasen
Histologisch handelt es sich meist (60%) um duktale Adenokarzinome, die prognostisch
wohl günstigeren Azinuszellkarzinome, selten um Zystadenokarzinome, Riesenzellkarzinome, intraduktal papillär-muzinöse Neoplasien (IPNM; D’Angelica 2004). Die derzeit
gültige Stadieneinteilung berücksichtigt Tumorgröße, Infiltration von Nachbarorganen,
Metastasierung in regionale Lymphknoten und Fernmetastasierung (UICC 1997; Hermanek 1998). Die Infiltration von Nervenscheiden, die extreme Schmerzen und vegetative
Symptome verursachen kann, wird hier nicht gesondert bewertet.
12.1.1.3
Endokrine Tumoren
Das gastroenteropankreatische System besteht aus nur teilweise identifizierbaren endokrinen Zellen, die früher als APUD („amine precursor, uptake and decarboxylation“)-System bezeichnet wurden. Sie sezernieren regulatorische Hormone, derzeit sind knapp 60
Substanzen bekannt. Die Einteilung der Tumoren erfolgt nach der Art der Hormonproduktion (klinisch, laborchemisch, immunhistologisch). Die histologische der Malignität
ist – wie auch bei anderen endokrinen Tumoren – gelegentlich schwierig und unsicher;
klinisches Zeichen der Malignität ist die Metastasierung.
12.1 Allgemeines, Diagnostik und Indikation
Das Insulinom (B-Zell-Tumor) ist am häufigsten (75%), das Gastrinom (G-Zell-Tumor,
Zollinger-Ellison-Syndrom) am zweithäufigsten (20%), selten: Glukagonom (A-Zell-Tumor), Somatostatinom (D-Zell-Tumor), Vipom (Verner-Morrison-Tumor; „watery diarrhoea, hypokalaemia, achlorhydria“, WDHA), Karzinoide (verschiedene Formen; häufig
dabei Kombinationsformen).
Endokrine Pankreastumoren treten gelegentlich im Rahmen der familiären multiplen
endokrinen Neoplasie auf: MEN I (Wermer-Syndrom, Tumoren bzw. Hyperplasien an
Pankreas, Nebenschilddrüse, Hypophyse).
12.1.2
Diagnostik
12.1.2.1
Untersuchungsmethoden
Bei Verdacht auf Veränderungen der Parenchymstruktur des Pankreas stellt die Sonographie die erste, sowohl orientierende wie unter geeigneten Bedingungen (keine stärkere
Luftüberlagerung) bereits eine recht genaue und zuverlässige Untersuchungsmethode
dar. Neben Form- und Strukturverhältnissen lassen sich die Weite von Pankreasgang,
Ductus choledochus und V. portae mit ihren Zuflüssen sowie die Umgebungsreaktionen
(Ödem, Sekret etc.) beurteilen.
Dabei gefundene Strukturveränderungen werden in der Regel durch eine Angio-Computertomographie weiter gesichert, ebenso wird ein sonographischer Normalbefund zum
bestmöglichen Ausschluss eines Tumors hierdurch unterstützt. Moderne Hochleistungsgeräte ermöglichen mit der entsprechenden Software die Darstellung aller relevanten
Strukturen in einem, auch als „one-stop-shopping“ bezeichneten Untersuchungsgang:
Durch Dünnschicht- oder Spiral-CT mit entsprechenden Kontrastmitteln ist die zweiund dreidimensionale Darstellung des Pankreas, seiner Gänge, des D. choledochus und
der Oberbauchgefäße möglich, sodass eine Therapieplanung effektiv unterstützt wird und
eine Angiographie mit indirekter Splenoportographie entbehrlich ist.
Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist überlegen bei der nicht invasiven Darstellung des D. choledochus und der Pankreasgänge: MRCP („magnetic resonance cholangiopancreaticography“). Außerdem ist bei Entwicklung entsprechender Kontrastmittel aufgrund der hohen Auflösung des Verfahrens eine Differenzierung der Art- und Lokalisationsdiagnostik fokaler Läsionen zu erwarten.
Auf eine konventionelle Röntgenuntersuchung, die – mit Ausnahme von Verkalkungen
bzw. intrapankreatischen Konkrementen – nur indirekte Zeichen einer Pankreasformänderung (z. B. ein elongiertes oder komprimiertes duodenales C bei normaler oder hypotoner Duodenographie) nachweisen kann, kann heute verzichtet werden.
Die Endosonographie ergänzt als wenig invasives Verfahren die perkutane Sonographie bei allen Fragestellungen. Die modernen, an modifizierten Endoskopen angebrachte
Geräte ermöglichen Biopsien und Feinnadelpunktionen pathologischer Strukturen und
verbessern Sensitivität und Spezifität bei Erkrankungen des Pankreas erheblich.
Die endoskopische retrograde Pankreatographie (ERP; meist als endoskopische retrograde Cholangiopankreatographie, ERCP) ist für die Darstellung von Gangveränderungen allen anderen Untersuchungsverfahren überlegen. Die speziell durch dieses Verfahren
ausgelöste Pankreatitis klingt meist nach einem Tag ab, kann in Einzelfällen jedoch als
sehr unangenehm empfunden werden. Unter periinterventioneller Antibiose besteht nur
ein geringes Risiko einer Infektion in abflussbehinderten Gebieten, speziell in Pankreas-
395
Kapitel 12 Pankreas
pseudozysten. Durch die Darstellung des Gangverlaufs und die Füllung von Zysten ergibt
sich ein diagnostischer Gewinn. Im Vergleich zur MRCP kann ggf. in gleicher Sitzung
durch Stenteinlage oder transgastrale Punktion die interventionelle Therapie erfolgen.
Als hilfreiche Alternative zur ERCP ist die perkutane transhepatische Cholangiographie (PTC) zu erwähnen: Nach vorangegangenen Magenresektionen nach Billroth II oder
mit Roux-Y-Schlinge kann die Darstellung der Papille durch ERCP unmöglich sein ebenso wie bei großen Duodenaltumoren. Bei gestautem Gallengangssystem ist die Darstellung, Biopsie eines Papillentumors und die Ableitung möglich, falls diese Maßnahmen vor
Operation relevant sind.
Die Angiographie hat durch die genannten Verfahren deutlich an Bedeutung verloren.
Lediglich bei endokrinen Tumoren spielt sie bei der Lokalisationsdiagnostik und bei Stimulationstests eine gewisse Rolle.
Zur Lokalisationsdiagnostik, Metastasensuche und Nachsorge neuroendokriner Tumoren eignet sich das Octreotidrezeptorszintigramm.
Tumormarker (CEA, AFP, CA 19-9) haben keine Bedeutung für das Screening früher
Stadien des Pankreaskarzinoms. Beim resektablen Pankreaskarzinom beträgt die Sensitivität lediglich 67% (Böttger 1996; Frebourg 1988). Allerdings kann beim fortgeschrittenen
Pankreaskarzinom ein stark erhöhter CA 19-9-Wert (>600 µ/ml) Hinweis auf das Vorliegen einer Peritonealcarcinose oder Organmetastasierung sein (Schliemann 2003).
Eine genaue Analyse der exokrinen Pankreasfunktion – etwa durch Duodenalsaftaspiration mittels Bartelheimer-Sonde – ist für die Diagnose chirurgisch bedeutsamer Erkrankungen nicht erforderlich, da etwa eine zunehmende exokrine Insuffizienz bei chronisch-rezidivierender Pankreatitis für sich selbst keine Operationsindikation darstellt.
Zur Überprüfung einer ausreichenden Pankreasenzymsubstitution, v. a. postoperativ, ist
die Bestimmung der Fettausscheidung im Stuhl geeignet: >7 g Fettausscheidung/Tag
(über 3 Tage gemessen) ist pathologisch und erfordert daher Enzymsubstitution und/
oder diätetische Maßnahmen.
Zur Überprüfung der endokrinen Pankreasfunktion ist meist ein Blutzuckertagesprofil
ausreichend, zur genaueren Beurteilung der Funktionseinschränkung gerade im längeren
Verlauf einer chronisch- rezidivierenden Pankreatitis sowie zum Vergleich prä- und postoperativer Werte ist zusätzlich ein Glukosebelastungstest (0,3 g/kg Glukose i.v.) erforderlich.
CAVE
396
Bei allen Pankreaserkrankungen ist auf eine klinisch ggf. latent verlaufende Cholestase zu achten
(alkalische Phosphatase, γ-GT, Bilirubin, Weite des Ductus choledochus in der Sonographie; ggf.
ERCP).
12.1.2.2
Diagnostik der einzelnen Erkrankungen
Für die Diagnostik der einzelnen Erkrankungen haben die Untersuchungsmethoden etwa
folgende Indikation und Wertigkeit.
Akute Pankreatitis
Führend sind klinische Symptomatik und Enzymverlauf; die Sonographie und ggf. das CT
können das morphologische Korrelat zur klinischen Diagnose zeigen und ermöglichen
gerade bei Verlaufsbeurteilungen eine Graduierung der Strukturveränderungen und deren Wechsel.
12.1 Allgemeines, Diagnostik und Indikation
Klinik
Allgemeinzustand, Schmerzen, Bauchbefund, Kreislaufparameter, Temperatur,
Leukozyten, Serumkalzium, -glukose und Nierenfunktion
CRP
Besondere Bedeutung hat das CRP nach 48 Stunden Krankheitsverlauf.
Werte >20 mg/dl korrelieren mit dem Nachweis von Nekrosen, >30 mg/dl mit
infizierten Nekrosen
Enzyme
Serumamylase als wichtigster Parameter oft nur kurzzeitig erhöht, auch bei schweren Formen gelegentlich nicht stark erhöht (oder zum Untersuchungszeitpunkt
bereits wieder abgefallen)
Urinamylase meist längerfristig erhöht
Lipase: pankreasspezifischer, Bestimmung somit bei geringerer Amylaseerhöhung
indiziert; sonst keine wesentliche zusätzliche Aussagekraft
Sonographie
Je nach Schwere und Stadium; meist zu Beginn diffus aufgequollenes ödematöses
oder strukturunregelmäßiges Pankreas mit Umgebungsreaktionen (Verdickung
umliegenden Gewebes, evtl. freie Flüssigkeit); ggf. Nekrosen oder Einschmelzungen,
besonders im weiteren Verlauf, Schwierigkeiten der Beurteilung häufig bei
Luftüberlagerung infolge begleitender Darmatonie und bei starker Adipositas
CT
Meist der Sonographie entsprechende Befunde; häufig jedoch noch genauere
Beurteilung von Nekrosen und Einschmelzungen (bei Angio-CT); zur Verlaufsbeurteilung gerade bezüglich einer Operationsindikation wichtig; Diagnose retroperitonealer Nekrosestraßen und Abszesse, Nachweis von Gaseinschlüssen in
Pankreas- und retroperitonealen Nekrosen; Feinnadelpunktion von Nekrosen unter
CT-Kontrolle zum Keimnachweis
Endoskopie
Bei V. a. eine biliäre Form der Pankreatitis zur weiteren Diagnose und v. a. zur
Therapie bei dieser Form durch endoskopische Papillotomie und ggf. Steinextraktion unabdingbar
!
In der Zusammenschau haben CT und CRP die höchste Treffsicherheit für die Diagnose der
Pankreasnekrose und ihrer schwersten Komplikation, der infizierten Nekrose (Rünzi 2000).
Pankreaspseudozysten
Hinweisend sind meist klinische Symptomatik und die Vorgeschichte (Oberbauchdruckbeschwerden), diagnostisch hoch aussagefähig sind Sonographie und CT. Bei Übereinstimmung dieser Befunde mit der Anamnese (einmalige akute Pankreatitis vor unterschiedlich langer Zeit) erscheint eine weitere Diagnostik nicht erforderlich. Wird wegen
der Größe der Pseudozyste (ab ca. 6 cm) die Indikation zur Operation gestellt, ist der
Nachweis eines Ganganschlusses der Zyste und die Abklärung der Ablaufverhältnisse im
Pankreaskopf durch ERCP für die übliche Therapie der inneren Zystendrainage nicht entscheidend. Bei konservativem Vorgehen erfolgt sonographisch eine Größenkontrolle der
Pseudozyste. Bei Verdacht auf Vorliegen einer chronisch-rezidivierenden Pankreatitis ist
dagegen meist die ERCP angebracht.
Chronisch-rezidivierende Formen und Intervall bei akut rezidivierender Pankreatitis
Hier kommt der Abklärung der Gangverhältnisse durch die Sonographie (Erweiterung,
Zysten, Unregelmäßigkeiten) in Kombination mit der ERCP hohe Bedeutung für die Unterstützung der Diagnose und für die Entscheidung für oder gegen ein chirurgisches Vorgehen zu. Die Infektionsgefahr zystischer Erweiterungen (bei der chronisch-rezidivierenden Pankreatitis meist keine großen Zysten) durch die ERCP ist wohl wegen der schon
chronischen Gewebsveränderungen gering. Ein Karzinom kann auch mit einer ERCP
397
Kapitel 12 Pankreas
nicht sicher ausgeschlossen werden; streng pathognomonische Formen eines Gangabbruches oder der Gangunregelmäßigkeiten gibt es weder für die chronisch-rezidivierende
Pankreatitis noch für das Pankreaskarzinom. Ggfs. kann mit Hilfe der Positronen-Emissionstomographie (PET) eine weitere Differenzierung versucht werden, vorausgesetzt es
liegt kein akut-entzündliches Stadium vor.
Verkalkungen (in gröberer Form meist Konkrementbildung in den Pankreasgängen)
sind in der Röntgenleeraufnahme des Abdomen, in der Sonographie und besonders gut in
der CT darstellbar.
Periampulläres Karzinom
Ein stummer extrahepatischer Ikterus mit sonographisch weit beurteiltem Ductus choledochus, ggf. mit Courvoisier-Zeichen, ist ein starker Hinweis auf ein periampulläres Karzinom. Häufig kann Appetitlosigkeit über einige Wochen wohl als Folge einer klinisch latenten Cholestase erfragt werden. Fettstühle sind weniger auffallend und wohl nur z. T. zu
beobachten. Beim Duodenal- und Papillenkarzinom kann die Diagnose durch Duodenoskopie (makroskopischer Befund, zytologische oder bioptische Untersuchung) gesichert
werden; Karzinome im distalen Ductus choledochus bzw. im Ductus Wirsungianus können durch unmittelbar präpapillären Gangabbruch in der ERCP oder deren Misslingen
infolge Verschluss des entsprechenden Ostiums, ein periampulläres Pankreaskopfkarzinom ggf. zusätzlich durch Vorwölbung der Duodenalwand sowie endoskopische Sonographie als höchstwahrscheinlich erkannt werden; jeweils ein Gangverschluss durch kleines
Konkrement oder eine Pankreaskopfpseudozyste müssen differentialdiagnostisch bedacht werden. Größeren Duodenalkarzinomen, die oft erst sekundär die Papille befallen,
geht eine hypochrome Anämie voraus. Bioptisch ist das Karzinom gegenüber einem
großen atypischen Duodenalulcus oder einem M. Crohn zu differenzieren.
Pankreaskopf-, Pankreaskörper- und Pankreasschwanzkarzinom
Weder eine einzelne noch die Kombination aller Methoden ermöglichen eine Frühdiagnose oder eine sichere präoperative Differentialdiagnostik – mit Ausnahme eines positiven Punktionszytologiebefundes. Im Folgenden sind Überlegungen zur Differenzierung
eines Pankreaskarzinoms von einer chronisch-rezidivierenden Pankreatitis zusammengestellt. Die genaue Wertung der Anamnese mit Befunden von Sonographie, CT und ERCP
wird häufig eine weitgehend zuverlässige Differenzierung erlauben:
So spricht eine völlig leere Anamnese bezüglich Pankreatitisschüben und Alkoholabusus in Kombination mit kurzfristig aufgetretenen Beschwerden und entsprechendem
Tumorbefund stark für ein Malignom; bei anamnestisch bekannter chronisch-rezidivierender Pankreatitis wird man eine erneute Krankheitsepisode ggf. auch mit Symptomverstärkung und „tumorösen“ Veränderungen in bildgebenden Verfahren eher als einen weiteren Pankreatitisschub auffassen und bei dieser wahrscheinlichen Diagnose nach rascher
Rückbildung der Symptome bleiben.
CAVE
398
Längere Persistenz oder eine Zunahme der Symptomatik unter entsprechender Behandlung (ggf.
nur parenterale Ernährung) muss jedoch sehr an ein – zusätzliches – Auftreten eines Pankreaskarzinoms denken lassen.
Eine Zytopunktion erscheint besonders wertvoll, wenn nach Verlauf und Befunden zwar
eine chronisch-rezidivierende Pankreatitis angenommen und die Indikation zu einem
12.1 Allgemeines, Diagnostik und Indikation
konservativen Vorgehen gestellt wird, ein bestimmter Pankreasbezirk aber doch einen gewissen Tumorverdacht ergibt. Die Zytopunktion vermindert dann zumindest weiter das
Risiko, ein Karzinom zu übersehen. Ein negatives Ergebnis bedeutet jedoch keinen Ausschluss eines Karzinoms (s. oben).
Dagegen ist die Gefahr, ein Pankreaskarzinom zu übersehen, heute wohl sehr gering,
wenn das Organ sich mit allen Untersuchungsverfahren (Sonographie, CT, MRT, ERCP)
übereinstimmend als normal darstellen lässt. Die früher häufig indizierte explorative Laparotomie erscheint kaum noch notwendig.
Hormonaktive Tumoren
Entscheidend ist hier wie bei allen endokrin aktiven Tumoren zunächst die Erkrankungsdiagnose.
Bezüglich der Diagnose eines Inselzelladenoms ist entscheidend, dass eine spontane
oder im Hungerzustand festgestellte Hypoglykämie, die verschiedene Ursachen haben
kann, tatsächlich auf einen erhöhten Seruminsulinspiegel zurückzuführen ist. Erhöhte Insulinspiegel im Nüchternzustand, Hypoglykämie nach Fasten (maximal bis 72 Stunden),
hohes Insulin/Glukose-Verhältnis im Serum und ein positiver Tolbutamidtest sind meist
beweisend für einen organischen Hyperinsulinismus. Ihm liegen in 80–90% ein solitärer
Tumor, in den übrigen Fällen multiple Tumoren und extrem selten eine diffuse Hyperplasie der B-Zellen zu Grunde; ca. 10% aller Hyperinsulinismusfälle gehören zu Formen des
Syndroms der multiplen endokrinen Neoplasie (MEN), ca. 10–20% der Tumoren sind bei
Diagnosestellung maligne.
Im Kindesalter sind Insulinome extrem selten. Ein Hyperinsulinismus ist im Säuglingsalter am ehesten durch die Nesidioblastose verursacht, deren Diagnostik und Therapie wegen der vitalen Bedrohung sehr dringend ist.
Beim Gastrinom (Zollinger-Ellison-Syndrom, rezidivierende therapierefraktäre, häufig atypisch lokalisierte Duodenal- und Magenulzera, häufig Durchfälle) sind stark erhöhte Gastrinwerte richtungsweisend, Werte innerhalb des Referenzbereichs schließen
die Diagnose jedoch nicht ganz aus.
An das sehr seltene Verner-Morrison-Syndrom (Vipom oder PP’om, pankreatisches
Polypeptid) ist bei extremen Durchfällen mit schwerem Elektrolytverlust zu denken; die
Diagnose kann biochemisch durch Nachweis von Sekretin, GIP, VIP u. a. einzeln oder in
Kombination gesichert werden.
!
Nicht alle neuroendokrinen Tumoren sind hormonell aktiv; als hormonell inaktive Tumoren verursachen sie Symptome ähnlich denen eines Pankreaskarzinom oder werden – selten – zufällig
entdeckt.
Die Lokalisationsdiagnostik endokriner Tumoren gründet sich auf die Sonographie/Endosonographie, CT/MRT, Angiographie und die Octreotidszintigraphie. Das Prinzip der
transhepatischen Pfortaderpunktion mit Stufenkatheter in Vv. portae, lienalis und mesenterica superior ist als Ergänzung in Fällen mit schwieriger Lokalisation anzusehen.
Auch der SASI (selektive arterielle Sekretininjektion)-Test sei hier erwähnt: Hier werden
über eine inguinale arterielle Angiographie selektiv die Äste der Aa. gastroduodenalis,
lienalis und mesenterica superior dargestellt und Sekretin (beim Gastrinom) bzw. Kalzium (beim Insulinom) injiziert. Über einen Katheter in der V. hepatica werden die Blutproben bei den verschiedenen arteriellen Injektionspositionen entnommen und laborchemisch auf das jeweilige Hormon untersucht.
399
400
Kapitel 12 Pankreas
Während die Schnittbildverfahren eine Treffsicherheit von etwa 70% haben, können
durch Endosonographie oder Octreoitidszintigraphie über 80%, durch Stufenkatheter/
SASI über 90% erreicht werden (Vinik 1991; Imamura 1993).
Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass Insulinome häufig nur durch intraoperative Sonographie und Palpation lokalisiert werden können.
12.1.3
Indikation
12.1.3.1
Entzündliche Erkrankungen
Akute Pankreatitis leichteren und mittleren Grades (ohne Schocksymptomatik)
Dabei ist stets konservatives Vorgehen angezeigt. Wesentliche Bestandteile des Behandlungskonzeptes sind die Anlage eines thorakalen Periduralkatheters zur Schmerzausschaltung und Verbesserung der Perfusion im Splanchnikusgebiet, Nahrungskarenz und
parenterale Ernährung und Ulcusprophylaxe. Bei Verdacht auf biliäre Pankreatitis erfolgt
die ERCP mit Steinextraktion und ggf. Einlage einer nasobiliären Sonde.
Weder das Konzept der „Ruhigstellung“ des Pankreas durch Proteaseinhibitoren oder
Sekretionshemmer noch die PAF-Antagonisierung sind belegt.
Schwere Formen einer akuten Pankreatitis, schwere akute Schübe
einer chronisch-rezidivierenden Pankreatitis
Stets ist zunächst eine intensive konservative Therapie v. a. mit Schockbekämpfung indiziert. Da jedoch ein Teil dieser schweren Pankreatitiden, besonders die hämorrhagischnekrotisierende Form, in eine progrediente Verschlechterung der Situation, in irreversiblen Schockzustand mit Anurie, Peritonitis und rasch letalem Verlauf mündet, stellt sich
die stets schwere Frage der Operationsindikation generell und die Wahl des geeigneten
Operationszeitpunktes.
Berechtigterweise wird vor der frühzeitigen Intervention ebenso gewarnt wie vor ausgedehnten Resektionen, die meist als „Übertherapie“ anzusehen sind – meist umgeben intraoperativ gesehene Nekrosen am Pankreasschwanz diesen nur mantelförmig mit einem
gut perfundiertem und funktionell zu erhaltendem zentralen Parenchym. So ist hier eine
subtile Nekrektomie sinnvoller als eine Pankreasschwanzresektion, und ein unmittelbar
präoperativ durchgeführtes CT erleichtert die intraoperative Einschätzung der zu resezierenden Nekrosen.
Der überwiegende Anteil der Patienten mit akuter Pankreatitis wird konservativ zu behandeln sein. Durch Faktoren wie z. B. das lokale Zuweiserverhalten, interdisziplinäre viszeralmedizinische Betreuung gemeinsam mit Gastroenterologen kann der Eindruck entstehen, dass operative Interventionen zu häufig erfolgen. Werden jedoch ausschließlich
Patienten im Stadium einer schweren oder nekrotisierenden Pankreatitis mit sekundären
Organkomplikationen in einer chirurgischen Einrichtung vorgestellt, wird hier der Anteil
operierter Patienten höher sein als im Gesamtkollektiv.
Daher hat sich folgendes Vorgehen bewährt:
Nach Diagnosestellung erfolgt die bildgebende Diagnostik, um Nekrosen zu erkennen
sowie die Überprüfung sekundärer Organkomplikationen.
Bei fehlenden oder moderaten Nekrosen und stabilem klinischem Zustand empfiehlt
sich die Einleitung der konservativen Basistherapie (Tabelle 12.1).
12.1 Allgemeines, Diagnostik und Indikation
Tabelle 12.1. Akuten Pankreatitis: wichtigste Maßnahmen der konservativen Therapie
Prinzip
Methode
Intermediate-care-Bedingungen
Überwachung von Ein- und Ausfuhr, Blutdruck-/Puls-/Temperaturkontrolle, Pulsoximetrie, ZVK
Analgesie
Ausreichend unter Vermeidung von Morphin (Spasmus des
Sphincter Oddi), großzügige Indikation zum thorakalen Periduralkatheter
Parenterale Ernährung
Hochkalorisch, Fette nur bei Triglyzeridämie absetzen
Ggf. Insulintherapie nach Blutzucker
Elektrolytsubstitution
Säure-Basen-Status beachten und korrigieren, auf Kalzium
achten
Thromboseprophylaxe
Heparin i.v. ab 2. Woche oder bei Hyperfibrinogenämie oder
Thrombozytose
Ulcusprophylaxe
H2-Antagonist, wird z. T. als fakultativ angesehen
Schockbekämpfung
Volumentherapie >3000 ml/Tag, ZVK
Vermeidung der Hypoxie
Sauerstoffsonde, Atemtherapie, Respiratortherapie
Infektionsprophylaxe
Keine Antibiose bei ödematöser Pankreatitis, auch nicht bei
Fieber <38,5°C!
Bei nachgewiesenen Nekrosen penetrieren Ofloxazine und
Imipenem am besten ins Pankreasgewebe
Therapiedauer 14 Tage
Eine Feinnadelpunktion vor Therapiebeginn ist hilfreich, obligat
bei unter Antibiose persistierender Sepsis
CAVE
Ist unter dieser Therapie eine klinische Besserung zu verzeichnen, kann der Kostaufbau vorgenommen werden und der Patient auf der Normalstation weiter beobachtet werden. Zur Verlaufsbeurteilung dienen hier die Bestimmung der Pankreasenzyme (häufig
im Normalbereich) und Entzündungsparameter sowie die Sonographie. Die Wiederholung des CT ist erst nach einer Woche sinnvoll.
Der Patient soll über die wesentlichen Maßnahmen der Rezidivprophylaxe aufgeklärt
werden, namentlich die Alkoholkarenz.
Bei weiterer Verschlechterung kann eine komplexe Intensivbehandlung erforderlich
werden mit Katecholamin-, Respirator-, Volumen und ggf. Nierenersatztherapie.
Die Operationsindikation wird gestellt bei infizierten Nekrosen, persistierender nekrotisierender
Pankreatitis unter mehrwöchiger Intensivtherapie und – als Ultima ratio – bei fulminanter
Verschlechterung einer nekrotisierenden Pankreatitis mit exazerbierenden sekundären
Organkomplikationen.
Die Behandlung eines Patienten mit schwerer akuter Pankreatitis erfordert stets eine sehr
enge interdisziplinäre Abstimmung und eine häufige – mindestens tägliche – Aktualisierung der Überlegungen zum weiteren Vorgehen je nach Krankheitsentwicklung und
neuen Befunden.
401
Kapitel 12 Pankreas
Pankreaspseudozyste
Eine typische gut abgegrenzte Pankreaspseudozyste ist eine späte Folge einer Pankreatitis, die häufig einen harmlosen Verlauf aufwies, sodass die Diagnose einer abgelaufenen
Pankreatitis erst retrospektiv gestellt wird. Eine Pankreaspseudozyste, die klinisch manifest wird, ist in aller Regel eine Operationsindikation. Dagegen werden kleinere Zysten
(etwa bis zu 6 cm Durchmesser), die sonographisch in der Nachbeobachtung nach einer
akuten Pankreatitis oder als Zufallsbefund entdeckt werden, lediglich beobachtet. Nur bei
Größenzunahme bzw. damit verbundenen Beschwerden ist eine Operationsindikation gegeben.
Anmerkung: Die interventionelle, endoskopische und sonographiegesteuerte Zystendrainage hat sich in erfahrenen gastroenterologischen Zentren zunehmend etabliert. Die
endoskopische Gastrozystostomie wird bereits durchgeführt. Stets sollte die Indikation
interdisziplinär gestellt werden und der Zeitpunkt in Absprache mit dem Chirurgen festgelegt werden, da Komplikationen wie Blutungen und Infektionen rasches operatives Eingreifen erfordern.
Chronische und chronisch-rezidivierende Pankreatitis
Die chronische und chronisch-rezidivierende Pankreatitis wird in hohem Maße interdisziplinär behandelt durch den Hausarzt, Internisten/Gastroenterologen, und die Vorstellung zur chirurgischen Intervention erfolgt nur in ausgewählten Fällen.
Anlass zur Überprüfung einer Operationsindikation sind in der Regel schwere und
nicht behandelbare Schmerzattacken, die bei Sekretstau in chronisch entzündlich und
multipel stenosierten Ausführungsgängen begründet sind.
Fast alle Patienten leiden unter einer exokrinen Pankreasinsuffizienz und haben sich
verschiedenen Schmerztherapien unterzogen, auch besteht häufig eine persistierende
Alkoholabhängigkeit. In späteren Stadien kommt die endokrine Insuffizienz hinzu.
Die Indikation zur Operation erfolgt mit folgender Zielsetzung:
쐌 Beherrschung der schweren Schmerzattacken bei nachweislichem Aufstau des Pankreasgangs und fehlender interventioneller Therapiemöglichkeit,
쐌 Behandlung der spezifischen Komplikationen wie Ruptur von Pankreaszysten und die
Resektion bei Tumorverdacht in chronisch-entzündlich verändertem Gewebe sowie
쐌 Unterbrechung des fortschreitenden stauungsbedingten Parenchymverlustes. (Besonders die Erhaltung der endokrinen Pankreasfunktion spielt hier eine Rolle bei der Indikationsstellung und der Wahl des Operationszeitpunktes.)
CAVE
402
Die ausschließliche exokrine Pankreasinsuffizienz stellt keine Operationsindikation dar!
12.1.3.2
Pankreaskarzinom
Auf die Problematik einer frühzeitigen Diagnosestellung wurde bereits hingewiesen.
Durch Anwendung der genannten modernen Diagnoseverfahren wird es meist möglich sein, die Resektabilität des Pankreastumors – gleich welcher Lokalisation – ohne
Durchführung einer explorativen Laparotomie zu sichern.
12.2 Operative Therapie allgemein
!
Ein Pankreaskarzinom muss dann als nicht resektabel gelten, wenn in der Bildgebung (v. a. der
Darstellung des peripankreatischen Gewebes und der A./V. lienalis, Arteria/V. mesenterica superior und V. portae) eine Gefäßinfiltration oder Infiltration des perivaskulären Fettbindegewebes
darzustellen ist.
Nur selten wird eine in der Bildgebung nicht darstellbare und erst bei Operation makroskopisch erkennbare Peritonealkarzinose heute noch zum Abbruch der Operation führen.
Eine praeoperative Erhöhung des Tumor-Markers CA 19-9 >600 µ/ml ist hierfür jedoch
schon hoch verdächtig (Schliemann 2003).
Sollte aufgrund technischer Schwierigkeiten (Tumorausmaß, Zustand nach Magenresektion) eine interventionelle Behandlung des Gallengangsverschlusses nicht möglich
sein, besteht die Indikation zur palliativen Anlage einer Choledochojejunostomie, die je
nach Grad der Passagestörung im Duodenum auch durch eine Gastroenterostomie ergänzt werden kann.
12.1.3.3
Hormonaktive Tumoren
Hier ist in aller Regel eine Operationsindikation gegeben, die sich beim Insulinom und
Gastrinom durch die vermehrte Hormonausschüttung ergibt.
Auch bei vorliegender Metastasierung kann die chirurgische Behandlung sehr sinnvoll
sein, da der Langzeitverlauf sehr unterschiedlich und eher günstig ausfallen kann, und
durch die fehlenden Möglichkeiten der Chemotherapie die Folgen der übermäßigen Hormonausschüttung langfristig kontrolliert werden können.
12.2
Operative Therapie allgemein
Die wichtigsten Indikationen für eine operative Behandlung sind zusammengefasst in Tabelle 12.2.
Tabelle 12.2. Hauptindikationen operativer Behandlungen von Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse
Art der
Erkrankung
Indikation zur
Operation
Wichtigste
diagnostische
Maßnahmen,
speziell zur Indikationsstellung
Operationsmethode der Wahl
Entzündliche Erkrankungen
Akute Pankreatitis (leicht bis mittelschwer) auch als Rezidiv
Akute Phase
Nur bei Progredi- Klinischer Verlauf, Ggf. endoskopienz unter konser- CRP, CT (als Angio- sche Gallenwegsvativer Therapie
CT), Sonographie sanierung, Bursalavage
Im Intervall
Gegeben bei
Sonographie,
GallenwegsGallenwegevtl. ERCP
sanierung
erkrankungen
Im Intervall
Gegeben bei GalSonographie,
Gallenwegslenwegserkranectl. ERCP
sanierung
kungen
Alternativen
Peritoneallavage
–
–
403
404
Kapitel 12 Pankreas
Tabelle 12.2. Fortsetzung
Art der
Erkrankung
Indikation zur
Operation
Schwere akute Pankreatitis
Akute Phase
Bei Versagen
intensiver konservativer Therapie
über ca. 24 h
Wichtigste
diagnostische
Maßnahmen,
speziell zur Indikationsstellung
Operationsmethode der Wahl
Alternativen
Klinischer Verlauf,
progredienter
Schock, Sepsis,
Multiorganversagen
Klinik, anhaltende
Sepsiszustände,
positive diagnostische Punktion
Nekrosektomie,
Bursalavage und
Drainage, evtl.
T-Drain
Partielle
Pankreasresektion
nur in Ausnahmefällen
Idem, ggf. perkutane Drainage
–
Folgezustände
(z. B. Abszesse)
Gegeben, meist
nach Tagen bis
Wochen
Pseudozysten,
sehr frische
(mehr Nekrose)
ältere (mit Pseudozystenwand)
Falls symptomatisch
Sonographie, CT,
Klinik
Externe Drainage
–
Gegeben, elektiv
bei >6 cm
Sonographie, CT,
Klinik, ERCP
Innere Drainage
Evtl. perkutane
äußere Drainage,
oder interventionell
innere Drainage
Pankreojejunostomie
Pankreaskopfresektion
Pankreojejunostomie, ggf. mit Choledochojejunostomie
Splenektomie bei
alleiniger Milzvenenthrombose
Pankreaskopfresektion
–
–
Chronische (chronisch-rezidivierende) Pankreatitis
Schmerz
Bei Versagen der
Schmerzausmaß
konservativen The- und -muster,
rapie: möglichst
Sonographie, CT,
im Intervall
ERCP
VerschlussGegeben,
Wie oben,
ikterus
dringend
Bilirubin, alkalische Phosphatase,
γ-GT
Portale HyperMeist in KombiSonographie,
tension
nation mit
Angiographie
(sehr selten)
Schmerz oder
Verschlussikterus
Exokrine und/
Keine Operations- Fettstühle,
oder endokrine
indikation
Maldigestion,
Insuffizienz
Diabetes mellitus
Maligne Tumoren
Periampulläre
Grundsätzlich
Karzinome
gegeben
CT, ERCP, perkuPartielle
tane FeinnadelDuodenopankrebiopsie, Endosono- atektomie
graphie mit FNAB,
Klinik (Ikterus),
Tumormarker
Pankreaskopfkarzinom
Grundsätzlich
gegeben
CT, ERCP, perkuPartielle
tane FeinnadelDuodenopankrebiopsie, Endosono- atektomie
graphie mit FNAB,
Klinik (Ikterus),
Tumormarker
Pankreaskorpus- und
Pankreasschwanzkarzinom
Meist zur Diagnosestellung
inoperabel
Klinik (Schmerz), Evtl. totale PanCT perkutane Fein- kreatektomie
nadelbiopsie, Endsonographie mit
FNAB, Tumormarker
Portosystemischer
Shunt, ggf. als
TIPPS
Bei Inoperabilität
biliodigestive
Anastomose
(vorzugsweise
Choledochojejunostomie) und Gastroenterostomie
Bei Inoperabilität
biliodigestive
Anastomose
(vorzugsweise
Choledochojejunostomie) und Gastroenterostomie
Evtl. Gastrektomie,
biliodigestive
Anastomose
12.2 Operative Therapie allgemein
Tabelle 12.2. Fortsetzung
Art der
Erkrankung
Indikation zur
Operation
Wichtigste
diagnostische
Maßnahmen,
speziell zur Indikationsstellung
Operationsmethode der Wahl
Alternativen
Erkrankungsdiagnostik:
Seruminsulinspiegel und
-glukose; Lokalisationsdiagnostik:
CT, Angiographie
Adenomenukleation
Partielle (meist
Links-)Resektion
Grundsätzlich
gegeben
Serumgastrinspiegel, CT
–
Grundsätzlich
gegeben
Klinik (wässrige
Durchfälle,
Hypokaliämie,
Achlorhydrie),
Hormonnachweis,
Angiographie
Tumorentfernung,
H2-Antagonisten
Tumorenukleation,
Pankreasteilresektion
Hormonaktive Tumoren
Insulinom
Grundsätzlich
gegeben
ZollingerEllisonSyndrom
VernerMorrisonSyndrom
–
12.2.1
Entzündliche Erkrankungen
12.2.1.1
Schwere Formen einer akuten Pankreatitis und Folgen
Eine Operationsindikation besteht lediglich bei nekrotisierender Pankreatitis mit bildmorphologisch nachweisbaren Nekrosen und entsprechender Klinik (s. oben). Bei indirektem (Gaseinschlüsse in der Nekrose) oder direktem Nachweis der infizierten Nekrose
besteht eine Operationsindikation, der Zeitpunkt sollte jedoch vom klinischen Verlauf abhängig gemacht werden. Auf die Rolle der Intensivtherapie und der antibiotischen Behandlung wurde bereits hingewiesen.
Es besteht derzeit Konsens darüber, dass in aller Regel in der akuten nekrotisierenden
Pankreatitis klassische Resektionen nicht sinnvoll sind, diese stellen wegen „mantelförmig“ ausgeprägten Nekrosen häufig eine Übertherapie mit entsprechender Morbidität
und Mortalität dar (Beger 2000).
Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass beim Ersteingriff eine vollständige Darstellung des gesamten Organs (Kopf, Korpus, Schwanz) einschließlich Eröffnung der Bursa
omentalis erfolgt. Fallweise sollte auch hinter der rechten und linken Flexur die GerotaFaszie freigelegt werden, sofern die Nekrose bereits auf diesen Teil des Retroperitonealraums übergegriffen hat.
Alle freigelegten Kompartimente müssen drainiert werden, die Installation eines kontinuierlichen Spülsystems für mehrere Tage erfolgt nach individueller Entscheidung, da die
Überwachung des Spülsystems zusätzlichen Aufwand erfordert und oft bereits nach 24 Stunden nicht mehr alle Kompartimente von der Spülung erfasst werden (Wullsten 2004).
405
406
Kapitel 12 Pankreas
Je nach klinischem Verlauf und Ausprägung von Folgenekrosen kann die mehrfache
Revisionslaparotomie bis hin zur Behandlung über ein offenes Laparostoma erforderlich
werden.
Es hat sich als hilfreich erwiesen, vor einem Zweit- oder späteren Wiederholungseingriff, der nach einem längeren Intervall stattfindet, die bildgebende Diagnostik zu
wiederholen. Häufig sind zu diesem Zeitpunkt einzelne Kompartimente bereits derart
verklebt und verwachsen, dass eine chirurgische Freilegung ohne erhebliche Traumatisierung nicht mehr möglich ist. Bei Vorliegen einer aktuellen Bildgebung können Restnekrosen gezielt ausgeräumt werden. Gleichzeitig kann überprüft werden, ob einer interventionellen Drainage nicht der Vorzug gegenüber einer Revisionsoperation zu geben ist.
12.2.1.2
Chronisch und chronisch-rezidivierende Pankreatitis
Je nach Indikationsgebiet kommen Verfahren zur Drainage des Pankreasgangs und resezierende Verfahren in Betracht.
Da die Klassifikation der chronischen Pankreatitis derzeit nicht einheitlich standardisiert ist, wird die Operationsindikation im Einzelfall zu stellen sein und ist abhängig von
der Erfahrung des Chirurgen und der Qualität der interdisziplinären Zusammenarbeit
zwischen Chirurgie und Gastroenterologie.
Operationsziel ist die Schmerzausschaltung mit deutlich verringerter Hospitalisation
und verbesserter Lebensqualität. Weiterhin kann der Nachweis eines Tumors im chro-
Abb. 12.1. Operationssitus nach partieller Duodenopankreatektomie in pyloruserhaltender Technik nach
Traverso-Longmire. Im eigenen Vorgehen wird die End-zu-Seit-Pankreajejunostomie bevorzugt (s. Text).
(Aus Traverso u. Longmire 1978)
12.2 Operative Therapie allgemein
nisch entzündlichen Pankreas die Operationsindikation begründen. Die Daten zur Verhinderung des weiteren Verlustes von Pankreasgewebe durch drainierende oder resezierende Eingriffe belegen den Vorteil der Operation derzeit noch nicht.
Besteht die Indikation in der Schmerzausschaltung bei chronisch gestautem Ductus
pancreaticus, kommen überwiegend drainierende Eingriffe infrage: Das Prinzip besteht
in der Längseröffnung des gestauten Pankreasgangs, seiner Ausräumung und der Seitzu-Seit-Pankreatikojejunostomie, wie sie von Puestow eingeführt und von PartingtonRochelle bzw. Rumpf (Kombination mit transduodenaler Papillotomie) modifiziert wurde. Voraussetzung für diese Eingriffe ist die Erweiterung des Pankreasgangs auf über
7 mm in gesamter Länge („large duct disease“). Bei Gangstenose im Pankreaskopf („small
duct disease“) oder entzündlichem Pseudotumor (mit nicht auszuschließendem Malignom) kommen limitierte Resektionen in Betracht (Beger 1985; Frey 1987) und die Pankreaskopfresektion nach Kausch-Whipple mit Pyloruserhalt (Traverso-Longmire 1978;
Abb. 12.1, 12.2. 12.3).
Abb. 12.2a–c. Bei der duodenumerhaltenden Pankreaskopfresektion nach Beger wird das Pankreas über
der Pfortader unterfahren und durchtrennt, anschließend der Pankreaskopf unter Erhalt des D. choledochus partiell reseziert. Zur Rekonstruktion wird eine End-zu-End-Pankreojejunostomie zum Pankreasstumpf sowie eine Seit-zu-Seit-Pankreojejunostomie zur Resektionshöhle des Pankreaskopfes angelegt.
(Aus Beger et al. 1997)
407
408
Kapitel 12 Pankreas
Abb. 12.3a,b. Kombination von Pankreaskopfresektion mit langstreckiger Spaltung des Pankreasrestganges und Anastomosierung mit der Jejunumschlinge (Frey). Entsprechend wird auch eine langstreckige
Spaltung des Pankreasgangs ohne Pankreaskopfresektion durchgeführt, allerdings in Kombination mit
einer transduodenalen Papillotomie (Rumpf). (Aus Izbicki u. Blöchle 1997)
Die Operationsverfahren nach Beger oder Frey kombinieren eine partielle Pankreaskopfresektion mit der Herstellung einer suffizienten Pankreasgangdrainage, der Vorteil
besteht in einer geringeren Inzidenz eines insulinpflichtigen Diabetes mellitus im weiteren Verlauf der Erkrankung, allerdings kann diese Beobachtung nicht in allen Untersuchungen bestätigt werden.
12.2.2
Karzinom
12.2.2.1
Periampulläres Karzinom
Die Gruppe der periampullären Karzinome hat nach Radikaloperation eine günstige
Prognose, die vom histologischen Typ abhängig ist: Bei Duodenalkarzinomen beträgt das
Fünfjahresüberleben bis 75%, bei Karzinomen der Ampulle, des distalen Gallengangs und
des gangnahen Pankreas zwischen 10 und 45%.
Technische oder prognostische Inoperabilität liegen bei der infolge Ikterus meist früh
erfolgten Diagnose und Operation selten vor.
Methode der Wahl ist die partielle Duodenopankreatektomie. Eine Entfernung der Papille allein ist unzureichend. Bei allgemeiner Inoperabilität ist eine endoskopische Einlage eines Drains am günstigsten. Bei Irresektabilität (sehr selten) ist eine Choledochojejunostomie mit ausgeschalteter Roux-Y-Schlinge gegenüber einer Choledochoduodenostomie zur Vermeidung zusätzlicher Refluxbeschwerden zu bevorzugen. Eine Umgehungsanastomose sollte jedoch beim periampullären Karzinom eine seltene Ausnahme, die Resektion die Regel sein.
Im Rahmen der endoskopischen Diagnostik wird beim Befund eines Papillenkarzinoms mit Verschlussikterus häufig eine endoskopische Papillotomie mit oder ohne Einlage einer Gallengangsprothese vorgenommen. Die Papillotomie allein erscheint unproblematisch und bei hochgradigem Ikterus günstig, die Einlage eines Drains birgt jedoch ein
Infektionsrisiko. Ähnliches gilt für eine präoperative PTCD (perkutane transhepatische
Cholangiographie mit Drainage) etwa beim Pankreaskopfkarzinom.
12.2 Operative Therapie allgemein
Dem Vorteil einer Entlastung des Ikterus stehen als Nachteile die Risiken der Methode
(Blutung, Galleleck, Infektion) gegenüber, sodass – aus chirurgischer Sicht – von einer
präoperativen Entlastung des Gallenwegsystems Abstand genommen werden kann (Sewnath 2002).Vielmehr sollte rasch nach Diagnosestellung die Operation erfolgen und, auch
unter dem Aspekt der Kostenersparnis, die zeitaufwändige und meist überflüssige Zusatzdiagnostik unterbleiben.
12.2.2.2
Pankreaskopfkarzinom (mit Ausnahme des periampullären Karzinoms)
Infolge der deutlich späteren Erkennung und auch aufgrund einer möglicherweise ungünstigeren Tumorbiologie haben Pankreaskopfkarzinome eine sehr ungünstige Prognose.Auch durch radikale Operationsverfahren ist ein Überleben der fünf Jahre nur selten zu
erreichen. Dies gilt auch für Operationserweiterungen im Sinne einer subtotalen oder gar
totalen Pankreatektomie, ggf. unter Mitentfernung und Rekonstruktion der V. portae
(Bachellier 2001). Somit stellt sich die Frage nach dem Wert eines Resektionsverfahrens
gegenüber tumorbelassenden Umgehungsanastomosen. Gesichert erscheint heute, dass
durch Resektionsverfahren durchschnittlich eine bessere und länger anhaltende Palliation und vermutlich auch eine gewisse Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit mit kurativer Aussicht für wenige Patienten erreicht wird.
In Studien wird derzeit der Wert der neoadjuvanten Radiochemotherapie des Pankreaskarzinoms mit anschließender standardisierter und dokumentierter Operationstechnik untersucht.
Die Resektionsbehandlung beim Pankreaskopfkarzinom beinhaltet die Entfernung des
Pankreaskopfes und zumindest eines Teiles des Pankreaskörpers bis deutlich über die V.mesenterica-/V.-portae-Ebene nach links in Form der partiellen Duodenopankreatektomie nach Kausch-Whipple. Möglicherweise kann die Radikalität durch eine subtotale
Pankreatektomie unter Belassung nur eines Pankreasschwanzrestes erhöht werden. Die
prinzipielle Durchführung einer totalen Pankreatektomie erscheint wegen der erheblichen nachteiligen Folgen für den Glukosestoffwechsel (insbesondere wegen des Wegfalls
der Glukagonproduktion mit der damit verbundenen Gefahr von Hypoglykämien) und
nicht erwiesener Vorteile dieses Radikalitätsausmaßes nicht indiziert. Auch andere erweiterte Eingriffe wie beispielsweise die Resektion einer infiltrierten A. hepatica communis
mit Rekonstruktion bleiben auf spezielle Situationen beschränkt. Vorhandene, zu entfernende Lymphknotenmetastasen sprechen nicht gegen eine Resektion; bei Fernmetastasen
wird man dagegen von einer Resektion Abstand nehmen.
Ist eine Resektionsbehandlung nicht möglich oder wird darauf verzichtet, so soll unseres Erachtens neben der biliodigestiven Anastomose (Choledochojejunostomie mit RouxY-Schlinge) auch eine Gastrojejunostomie (Form je nach individueller Situation, retrooder antekolische Gastroenterostomie oder Gastrojejunostomie mit einer zweiten RouxY-Schlinge) durchgeführt werden, da bei ca. 30% der Patienten später eine kaum zu beherrschende Magenentleerungsstörung auftritt.
12.2.2.3
Pankreaskörper- und Pankreasschwanzkarzinom
Wegen meist bereits ausgedehnter retroperitonealer Infiltration, häufig mit Einbeziehung
der A. mesenterica superior, ist in aller Regel Irresektabilität gegeben. Gelegentlich ist eine
partielle Tumorresektion (R2-Resektion) technisch möglich; ihr palliativer Wert ist jedoch fraglich. Auch andere Operationen (z. B. Gastroenterostomie) sind kaum indiziert.
409
Kapitel 12 Pankreas
Methoden zur Schmerzerleichterung, wie Infiltration des Plexus coeliacus mit 50%igem
Alkohol werden empfohlen (Trede 1985). Ebenso können die Patienten in dieser Hinsicht
auch von einer palliativen Radio-Chemotherapie profitieren.
CAVE
410
Wegen der besseren Prognose der – seltenen – Azinuszell- und Zystadenokarzinome soll stets eine
Resektion versucht werden, ggf. auch in Form einer totalen Duodenopankreatektomie
(Cooperman 2001)!
12.2.3
Hormonaktive Tumoren
12.2.3.1
Insulinom
Zur Behandlung eines solitären Adenoms ist die Enukleation das Verfahren der Wahl. Eine
Resektion des betreffenden Abschnitts kommt bei Verletzung des Pankreasgangs im Rahmen einer versuchten Enukleation, bei Karzinomverdacht (in ca. 10%, v. a. bei großem
Adenom oder verdächtiger Schnellschnittdiagnose) in Betracht; bei den seltenen multiplen Adenomen im Rahmen von MEN I oder einer diffusen B-Zell-Hyperplasie (Nesidioblastose) kann ausnahmsweise eine subtotale Pankreasresektion gerechtfertigt sein, wobei hier jeweils sehr individuelle Entscheidungen zu treffen sind. Bei Nichtauffinden eines
Adenoms ist dagegen eine subtotale Pankreasresektion kaum gerechtfertigt.
12.2.3.2
Gastrinom (Zollinger-Ellison-Syndrom)
Wegen der hier häufiger vorliegenden Malignität (20–25%) erscheint meist eine Teilresektion des Pankreas angezeigt, auf die früher gleichzeitig – oder ausschließlich – empfohlenen Gastrektomie kann heute im Hinblick auf die Verhütung der Ulcusentstehung durch
H2-Rezeptorblockade, resp. Protonenpumpenhemmung in der Regel verzichtet werden
(bei metastasierenden Formen mit erwarteter hoher Hormonsekretion ggf. individuell indiziert).
12.2.3.3
Andere endokrine Tumoren
In der Regel ist eine Entfernung des Primärtumors, ggf. auch im Sinne der Tumorreduktion zur Verringerung der pathologischen Hormonproduktion zu versuchen.
12.3 Operationsvorbereitung
12.3
Operationsvorbereitung
Akute Pankreatitis
Voruntersuchungen
Allgemein
Krankheitsbezogen
Schema IV, Kap. 24
Kalzium im Serum, Amylase im Serum, CRP, Sonographie,
CT
Vorbehandlung
Konservative (interventionelle) Therapie gemäß Tabelle 12.1
Kontrollen
Kontrolle von Puls, Blutdruck, Temperatur, Urin (ml/h):
alle 1–2 Stunden
Elektrolyte im Serum, Lipase im Serum, Leukozyten: 2-mal
täglich
Säure-Basen-Status, Leberenzyme, kleiner Gerinnungsstatus: ggf. täglich
Wechsel zum operativen Vorgehen, s. Abschn. 12.2
Verschiedenes
Elektive Eingriffe
Voruntersuchungen
Blutkonservenbereitstellung
Aufklärung
Allgemein
Krankheitsbezogen
Speziell
Vorbehandlung
Verschiedenes
Zunächst 3–5, bei Verschlechterung je nach Verlauf
Auf die Möglichkeit der chirurgischen Intervention hinweisen (Operationsart lässt sich präoperativ nicht festlegen)
Bei Zysten: Schema II, s. Kap. 24, Lipase im Serum
Sonographie, CT, MRT, ggf. ERCP, MDP, evtl. selektive
Angiographie
Bei chronisch-rezidivierender Pankreatitis: ERCP mit Steinextraktion
Bei portaler Hypertension: s. Kap. 11
Bei hormonaktiven Tumoren: evtl. Insulin (s. Abschn.
12.1.2.2), evtl. Gastrin (s. Abschn. 12.1.2.2), evtl. Sekretin,
GIP, VIP (s. Abschn. 12.1.2.2); SASI
Bei V. a. malignen Prozess: Tumormarker CEA, AFP, CA 19-9
Antibiotika bei Resektionen intraoperativ beginnen
(s. Kap. 25)
Bei Verschlussikterus: Vitamin K, ggf. Substitution von Gerinnungsfakoren
Bei Insulinom: unmittelbar prä- und intraoperativ reichlich
Glukoseinfusionen zur Vermeidung einer intraoperativ unbemerkten, gefährlichen Hypoglykämie
Blutkonservenbereitstellung
Aufklärung
Bei Zyste, Insulinom etc. 2; bei Resektion 4 (bei portaler
Hypertension 5–10)
Je nach Erkrankung: meist ausführliche Besprechung der
Problematik von Erkrankung, Diagnostik, Therapie und
Nachbehandlung (z. B. Diät, Diabetes, Alkoholabstinenz)
Bei Karzinom: individuell
411
Kapitel 12 Pankreas
12.4
Spezielle operationstechnische Gesichtspunkte
12.4.1
Zugangswege
Für Eingriffe am Pankreas erscheint die quere Oberbauchlaparotomie am besten geeignet: Je nach Lokalisation des Prozesses bzw. der notwendigen Freilegung nach links und
rechts kann der Schnitt verlängert werden, damit wird eine volle Übersicht über den gesamten Oberbauch ermöglicht. Außerdem muss bei großen und lange dauernden Pankreasoperationen vermehrt mit Wundheilungsstörungen auch im Sinne eines Platzbauches
gerechnet werden; beim queren Schnitt sind Gefahren und Folgen einer Wundheilungsstörung geringer bzw. eine Ruptur leichter zu behandeln (Zugang zur Nekroseausräumung bei akuter Pankreatitis s. Abschn. 12.4.4).
12.4.2
Besonderheiten bei der Pankreaschirurgie
Das Vorkommen von Gefäßanomalien (z. B. A. hepatica aus der A. mesenterica superior),
die Empfindlichkeit des Pankreasparenchyms gegenüber Traumen und Blutungen sowie
Blutungen intrapankreatischer Gefäße erfordern anatomiegerechte und zarte Operationsweise bei allen operativen Eingriffen am Pankreas.
Dies gilt besonders auch bei der Freilegung des gesamten Pankreas zum Auffinden eines endokrinen Tumors. Dabei muss das Pankreas häufig allseitig, d. h. zumindest von der
Bursa omentalis, von rechts (Kocher-Mobilisation), von kaudal-dorsal (durch Inzision des
Retroperitoneum am Pankreasunterrand) freigelegt werden. Weiterhin kann der Pankreasschwanz mitsamt der anhängenden Milz von links her mobilisiert werden, so kann
das Pankreas vom Retroperitoneum abgehoben werden. Im Bereich der V. mesenterica
superior/V. portae kann das Pankreas unter sukzessiver Freipräparation dieser Gefäße
unterfahren und im Bereich des Kopfes teilweise vom Duodenum in den horizontalen
Abschnitten Pars I und III abgelöst werden.
Blutungen aus dem Pankreas werden in aller Regel umstochen (monofiler, nicht oder
verzögert resorbierbarer Faden mit atraumatischer Nadel); die Elektrokoagulation ist am
Pankreas nur zur Parenchymdurchtrennung geeignet.
CAVE
412
Parenchymnähte (zur Versorgung eines Pankreaseinrisses) sind stets von fragwürdigem Wert und
dürfen ggf. nur ganz locker gelegt werden; größere Defekte mit der Möglichkeit der Gangverletzung sind besser durch eine Anastomosierung mit einer ausgeschalteten Jejunumschlinge zu
versorgen.
Nähte zur Anastomosierung fassen am Pankreas stets Kapsel und Parenchymsaum; im
Allgemeinen sind sie unproblematisch bei chronisch-rezidivierender Pankreatitis infolge
der Kapselverdickung und Parenchymverhärtung, bei unverändertem Pankreas- und
Kapselgewebe, z. B. nach Resektion wegen eines Papillenkarzinoms, können sie ausgesprochen schwierig sein.
CAVE
12.4 Spezielle operationstechnische Gesichtspunkte
Zur Adaption der zu anastomosierenden Gewebe darf nur ganz locker geknotet werden, um ein
Durchschneiden der Nähte zu vermeiden.
Einzelnähte nach der Klöppeltechnik erscheinen uns am besten geeignet (ca. 4/0 monofiler, verzögert resorbierbarer Faden).
12.4.3
Intraoperative Differentialdiagnose Karzinom – Entzündung
Gerade bei Vorliegen einer chronischen Pankreatitis mit diffuser Verhärtung des Pankreas kann die Differentialdiagnose zum Karzinom, d. h. der Ausschluss eines ggf. gleichzeitig vorliegenden Karzinoms auch intraoperativ schwierig sein. Inspektion und Palpation
reichen hierzu nicht aus. Tiefere Probeexzisionen oder Stanzbiopsien weisen eine eigene
Morbidität auf, zudem komplizieren die Treffsicherheit einer Nadelbiopsie und die komplizierte histologische/zytologische Diagnostik eine valide intraoperative Aussage.
!
Kann daher – bei standardgemäßer präoperativer Diagnostik – ein Tumor intraoperativ nicht
durch Palpation/intraoperative Sonographie etc. gesichert werden, sollte die onkologische
Resektion durchgeführt werden – die Gefahr eines übersehenen Tumors ist höher als das Risiko
einer Resektion.
12.4.4
Spezielle Gesichtspunkte bei der Eröffnung und Ausräumung von Nekrosebereichen
bei akuter Pankreatitis
CAVE
Der Oberbauchquerschnitt ist Zugang der Wahl, da beim Ersteingriff in der Regel das gesamte Pankreas freizulegen ist – der Versuch einer erweiterten Freilegung bei Revisionseingriffen scheitert regelhaft an Verklebungen und Verwachsungen. Lediglich bei sicher
lokalisierten und auf das Retroperitoneum einer Seite begrenzter Nekrose kann ein extraperitonealer Zugang hilfreich sein. Finden sich bei einem abdominellen Zugang keine
Zeichen einer Peritonitis, soll der Bauchraum unterhalb des Querkolons bzw. seines Mesokolons nach Möglichkeit nicht durch den Inhalt der Nekrosehöhle kontaminiert werden. Durch den Vergleich des intraoperativen Befundes mit den präoperativen Sonographie- bzw. CT-/MRT-Bildern ist zu sichern, dass alle Nekroseareale ausgeräumt sind. Das
nekrotische Material wird nur so weit entfernt, als dies leicht möglich ist und keine Blutungen verursacht; diese sind ggf. schwer zu stillen, und Koagel stellen einen Nährboden
für Infektionen dar.
Die fast immer retroperitoneal gelegenen Nekrosehöhlen sind auch streng retroperitoneal nach
außen zu drainieren; wegen der hohen Arrosionsgefahr gerade bei akuter Pankreatitis ist auf ein
möglichst gefäßfernes Platzieren der Drains zu achten (abseits von A. lienalis, Truncus coeliacus,
A. et V. mesenterica superior).
413
414
Kapitel 12 Pankreas
Ob postoperativ eine kontinuierliche Spülung durchgeführt wird, hängt von der Abgrenzung gegenüber dem Bauchraum ab: Wurde nur extraperitoneal eingegangen und wurde
der Bauchraum nicht eröffnet, erscheint eine Spülung der Nekrosehöhle sehr geeignet. Besteht jedoch eine Kommunikation mit dem Peritonealraum, so ist zumindest bis zu einer
spontanen Abgrenzung durch Verklebungen eine Spülung der Höhle nicht angebracht.
Soll sie trotzdem wegen erheblicher Nekrosereste oder schwerer Infektion durchgeführt
werden, oder muss mit einer erfolgten stärkeren Kontamination des Bauchraumes präbzw. intraoperativ gerechnet werden, erscheint eine Kombination von lokaler Nekrosehöhlenspülung und Peritonealspülung in Einzelfällen sinnvoll.
Wird der Operationszeitpunkt richtig gewählt (also erst bei Vorliegen liquider Nekrosen), kann auf das Konzept der geplanten Revisionen verzichtet werden. Bei schweren Formen der Erkrankung mit raschem Eintreten sekundären Organversagens unter Therapie
werden Revisionen im Sinne von programmierten Relaparotomien jedoch nicht zu umgehen sein.
12.4.5
Spezielle Gesichtspunkte bei der Operation einer Pankreaspseudozyste
Hierbei sind v. a. zwei Gefahren zu beachten: die Verletzung eines größeren Gefäßes besonders der A. colica media und die unzureichende, sich vorzeitig schließende Anastomose (Zystojejunostomie). Da bei großen Zysten an der gespannten Zystenwand die anatomischen Verhältnisse unklar sind, ist zunächst eine Punktion der Zyste abseits besonderer
Gefahrenpunkte und das Absaugen ihres Inhalts angebracht. An der so entspannten Zystenwand können zumindest arterielle Gefäße leicht identifiziert werden. Die Anastomose
– möglichst am tiefsten Punkt der Zyste – soll weit genug (ovaläre Exzision der Zystenwand) erfolgen, um bei allmählicher Schrumpfung der Zystenwand noch eine ausreichende Öffnung zu garantieren (die Anastomose wird meist mit dem offenen Ende der ausgeschalteten Roux-Y-Schlinge einreihig vorgenommen).
Die Hauptkomplikation nach Pankreaspseudozystenoperation, die schwere Zystenblutung, wird wesentlich durch eine ungenügende Entleerung mit folgender Infektion verursacht. Erscheint der Zysteninhalt primär infiziert (selten) oder enthält die Zyste nekrotisches, vorher noch nicht abgestoßenes Gewebe, so erscheint die Einlage einer bis in die
Zystenhöhlung vorgeführten endojejunalen Sonde für eine spätere intermittierende Spülung (Ablauf der Spülflüssigkeit in die Jejunumschlinge) empfehlenswert.
12.4.6
Intraoperative Entscheidung zwischen drainierendem und resezierendem Verfahren
bei chronischer Pankreatitis
Die präoperativ getroffene Vorentscheidung muss intraoperativ auf Durchführbarkeit
und vermutliche Richtigkeit überprüft werden. Ist eine Drainageoperation geplant, so
muss nochmals bestmöglich ein Karzinom ausgeschlossen werden. Ist der Ausschluss
nicht zu führen, kommt nur ein resezierendes Verfahren infrage.
Voraussetzung für eine Längsspaltung des Pankreas ist eine deutliche Verhärtung des
Organs, wie sie ja bei chronischer Pankreatitis die Regel ist. Liegt eine weitgehend normale Konsistenz des Pankreas vor, muss die Richtigkeit der Diagnose nochmals überprüft
werden, ggf. erscheint eine Pankreaskopfresektion – bei dort gelegenem Hauptbefund –
12.4 Spezielle operationstechnische Gesichtspunkte
sinnvoller. Die weitere Voraussetzung ist das Auffinden des Pankreasgangs. Hier kann die
intraoperative Sonographie sinnvoll sein. Das Ausmaß der Erweiterung spielt dagegen unseres Erachtens keine entscheidende Rolle, eine gewisse Erweiterung ist meist vorhanden,
der Sekretdruck auch in einem nicht stärker erweiterten Gang meist hoch. Nicht der Gang
selbst wird später mit dem Jejunum anastomosiert, dafür wäre ein deutlich erweiterter
Gang erforderlich; vielmehr geschieht die Anastomose mit dem Pankreasschnittrand. Ggf.
kann eine keilförmige Längsexzision des gespaltenen Pankreas vorgenommen werden,
um ein weites Klaffen der Gangparenchymöffnung zu sichern.
Ein deutlich erweiterter Gang lässt sich im Bereich des Pankreaskörpers durch die Vorderwand des Pankreas an der häufig prallen Konsistenz oder dem Längsverlauf einer Rinnenstruktur tasten. An vermuteter Stelle – möglichst in dem Bereich des Pankreas, der
ggf. bei Entscheidung zur Resektionsbehandlung in der Resektionslinie liegen würde, also
etwas links von der V.-mesenterica superior-/V.-cava-Ebene – wird mit einer dünnen Nadel punktiert und bei Sekretaspiration darauf sogleich mit spitzem Skalpell in Längsrichtung des Pankreas inzidiert.
!
Kann der Pankreasgang weder getastet (ggf. auch nicht sonographisch genau identifiziert werden)
noch durch einige Probepunktionen gefunden werden, erscheint eine Änderung des Operationsplans in Richtung auf eine Pankreaskopfresektion sinnvoll und ist einer längeren, ggf. traumatisierenden Suche nach dem Gang mit dann vermutlich geringem Sekretdruck vorzuziehen.
12.4.7
Spezielle Gesichtspunkte bei einer partiellen
oder totalen Duodenopankreatektomie
Die Resektabilität hängt bei chronischer Pankreatitis v. a. von der Präparierbarkeit der
V. mesenterica superior und der V. portae ab. Eine lokale Inoperabilität beim Karzinom ist
vorwiegend durch Infiltration im Bereich der A. hepatica communis, des Leberhilus und
der Mesenterialwurzel gegeben. Bevor wesentliche Strukturen durchtrennt werden (Ductus choledochus, postpylorisches Duodenum oder Magen, proximales Jejunum), ist durch
Präparation der genannten Gefäßgebiete die Operabilität zu klären. Für den Pfortaderbereich kann dies in etwa an der Isolierbarkeit der V. mesenterica superior abgeschätzt werden. Bei einer Mitbeteiligung der Milzveneneinmündung ist zu entscheiden, ob diese
reimplantiert werden oder eine totale Pankreatektomie mit Milzentfernung vorgenommen werden soll.
Es muss jedoch betont werden, dass bei standardgemäßer präoperativer Diagnostik
(CT/Angio-CT, MRT) diese Fragen bereits präoperativ meist sehr genau geklärt sind.
Bei chronisch-rezidivierender Pankreatitis kann jedoch im Verlauf der Operation das
Abpräparieren des Pankreaskopfes von der V. portae und vom Einmündungsgebiet der
V. mesenterica superior langstreckig schwierig werden. Bei einem Einreißen der Gefäßwand, gefolgt meist von erheblicher Blutung, müssen digital die Gefäßzuflüsse in jeweils geeigneter Weise komprimiert werden, bis das Gefäß ggf. nach weiterer Abpräparation des Pankreaskopfes übernäht werden kann. Sofern sich dadurch eine stärkere Gefäßeinengung ergibt, kann diese nach Entfernung des Pankreaskopfes durch eine SaphenaPatch-Plastik, durch Resektion und End-zu-End-Anastomosierung oder durch ein zweibis dreifach genähtes Saphenainterponat korrigiert werden.
415
Kapitel 12 Pankreas
CAVE
416
Bei stark entzündlicher Gefäßinfiltration wird ggf. ein schmaler Parenchym-Narben-Saum an der
V. mesenterica – V. portae belassen, eine mangelhafte Befreiung der Pfortader aus den entzündlichen Ummauerungen muss dabei jedoch vermieden werden.
Auch die A. mesenterica superior kann in die entzündlichen Verbackungen einbezogen
sein, worauf bei der Präparation des Processus uncinatus, der bereits normalerweise die
A. mesenterica superior dorsal umgreifen kann, am Ende der Resektionsphase besonders
zu achten ist.
Das Ausmaß der Pankreasresektion reicht beim Karzinom indessen in 2–3 cm nach
links über die Ebene der V. mesenterica – V. portae hinaus (s. Abschn. 12.2.2.2); durch
Schnellschnitt wird jeweils die Karzinomfreiheit der Schnittfläche und ihr ausreichender
Abstand vom Tumor (mindestens 2–3 cm) kontrolliert. Bei chronischer Pankreatitis liegt
die Resektionsgrenze meist im Bereich dieser Gefäßebene; ggf. wird von hier aus der
Pankreaszugang zusätzlich nach kaudal gespalten.
Durchführung und Sicherung der Pankreojejunostomie
Trotz sorgfältiger Nahttechnik sind Anastomosen gerade am zarten Pankreas insuffizienzgefährdet. Klinisch imponiert eine derartige Insuffizienz durch eine Pankreasfistel, die
durch verlängertes Belassen der Zieldrainage behandelt werden kann oder durch einen
Abszess in der Nähe der Anastomose mit konsekutiver Sepsis. Hier kann eine frühzeitige
interventionell eingelegte Drainage weitere Komplikationen verhindern.
Schließlich kann es zur schweren Oberbauchperitonitis mit Arrosionsblutungen, Platzbauch etc. kommen – derartige Komplikationen begründen im Wesentlichen die heute als
akzeptabel geltende Letalität der Pankreasresektion von 5–7% und die Morbidität von
30%.
Derzeit hat sich die zweireihige End-zu-Seit-Anastomose zwischen Pankreasstumpf
und ausgeschalteter Jejunumschlinge als Standardverfahren bewährt. Folgende Operationsschritte sollen besonders unterstrichen werden:
Präparation der Jejunumschlinge: Es ist auf ausreichende Länge und spannungsfreie
Durchführung durch das Mesokolon zu achten. Die Länge bestimmt sich durch das spannungsfreie Erreichen des Choledochusstumpfes. Wird das Jejunum durch einen Klammernahtapparat durchtrennt, wird die zusätzliche Sicherung durch einstülpende Einzelknopfnähte empfohlen. Die Pankreojejunostomie soll nicht direkt an diese Einstülpnähte
angrenzen, da Spannung auf die Darmwand ausgeübt wird.
Der Stumpf des Pankreas soll auf eine Strecke von ca. 2 cm mobilisiert werden, um die
dorsale Nahtreihe sicher platzieren zu können. Hierbei ist auf Äste der A. und V. lienalis zu
achten, die zur dorsalen Pankreaskapsel führen, sie können mit monofilen Nähten umstochen und durchtrennt werden. Bei Durchtrennung des Pankreas sehr weit links von der
V. portae ist auf die Einmündung der V. mesenterica inferior zu achten.
Lässt sich die ausgeschaltete Schlinge spannungsfrei an die Resektionsfläche des Pankreas anlegen, wird zunächst bei noch nicht eröffnetem Darmlumen die dorsale Nahtreihe vorgelegt (ggf. Klöppeltechnik, Knoten nach dorsal, monofiler Faden 4/0 mit verzögerter Resorption) und geknotet. Es soll Parenchym und Kapsel des Pankreas gestochen werden, beim Knoten dürfen nur feine Kräfte wirken.
Die Eröffnung des Jejunum wird mit dem Elektrokauter vorgenommen. Blutungen aus
der Darmwand sollen sorgfältig versorgt werden (bipolare Koagulation, feine resorbierbare Stechung oder Ligatur), da intraluminale Anastomosenblutungen nur sehr aufwändig zu versorgen sind, falls sie nicht spontan sistieren.
12.4 Spezielle operationstechnische Gesichtspunkte
!
Die Länge der Jejunostomie soll so bemessen sein, dass die Zirkumferenz des Pankreas gerade
spannungsfrei umfasst wird – besonders eine zu lange Jejunostomie erschwert die Herstellung
einer suffizienten Anastomose.
Die zweite Nahtreihe fasst die Kante des Pankreasstumpfes (Kapsel und Parenchym), in
diese Nahtreihe werden 2 bis 3 Einzelknopfnähte der Hinterwand des Ductus pancreaticus integriert (Fadenstärke 6/0).
Die erste Reihe der Vorderwand wird in gleicher Technik erstellt, einschließlich einiger
adaptierender Nähte des Pankreasgangs. Die letzte Nahtreihe stülpt die Vorderwand des
Jejunum leicht über die erste Nahtreihe. Hier soll am Pankreas nicht zu oberflächlich gestochen werden, da die Nähte sonst ausreißen.
Verschiedene Maßnahmen zu zusätzlichen Sicherung der Anastomose sind empfohlen
worden: Schienung des Pankreasgangs, Druckentlastung der Pankreojejunostomie durch
endoluminalen Katheter oder T-Drainage mit langem Schenkel etc. Die Effektivität dieser
Vorkehrungen ist jedoch nicht durch Studien belegt, sie beruht auf der Beobachtung erfahrener Kollegen.
Lediglich die perioperative Gabe von Somatostatin für eine Woche scheint einen belegten günstigen Effekt auf Morbidität, Fistelrate und Mortalität zu haben (Büchler 1992; Yeo
2000).
Als Alternative zur Pankreojejunostomie wurde die Pankreogastrostomie vorgeschlagen, da mit dieser Technik insbesondere ein sehr weiches Pankreas mit geringem Aufwand
und hoher Sicherheit zu anastomosieren ist. Sammelstatistiken weisen in der Tat eine geringere Inzidenz der Fistel auf, die Mortalität wird nicht beeinflusst (Icard 1988).
Durchführung und Sicherung der Choledochojejunostomie
Der Implantationsort für die End-zu-Seit-Choledochojejunostomie muss so gewählt werden, dass weder die Pankreasanastomose unter Spannung gerät noch zu viel Länge des Jejunums zwischen den beiden Anastomosen eine Knickbildung hervorruft. Der günstigste
Implantationsort für den Choledochus befindet sich nicht genau antimesenterial, sondern
an der Rückwand der Jejunumschlinge, da sonst hier eine leichte Knickbildung nach dorsal erfolgen kann. Die Anastomosierung des meist quer durchtrennten, ggf. leicht längs inzidierten Choledochus erfolgt einreihig durchgreifend (knappes Mitfassen auch der Jejunumschleimhaut zur Vermeidung einer Lefzenbildung) mit 4/0–5/0 resorbierbarem Material (Hinterwand innen, Vorderwand außen geknotet). Auch eine fortlaufende resorbierbare Naht ist möglich, allerdings sollt beim Knoten darauf geachtet werden, dass die Anastomose nicht verengt wird. Ebenso führen wir zwei hintere und zwei vordere Sicherungsnähte der Anastomose durch. Sie werden mit gleichem Faden am Darm seromuskulär
gestochen und an die Stümpfe der Glisson-Scheide des Lig. hepatoduodenale adaptiert.
Die Anastomose muss dicht sein, was durch Einlegen einer Kompresse (markiert) bis
zum Operationsende kontrolliert werden kann. Innere Führungsdrains werden in unserem Vorgehen weder an der Pankreas- noch an der Choledochusanastomose benutzt.
Die endoluminäre Entlastung der Jejunumschlinge ist nicht essentiell (s. oben). Sie
kann durch Vorschieben der Magensonde erreicht werden (dann ist die Ernährung mit
Sondenkost nicht möglich) oder durch Ausleitung durch die Darmwand nach außen.
Hierzu wird vor der Anlage der Pankreas- und Gallengangsanastomose die Drainage
(weiche Magensonde) durch die Bauchdecke von außen nach innen geführt, in die Jejunumschlinge in einen später infrakolisch liegenden Abschnitt eingeführt und von der für
die Pankreasanastomose vorbereiteten Jejunumöffnung mit einer gebogenen Klemme
417
418
Kapitel 12 Pankreas
durchgezogen und am Sondenende mit der Jejunalschleimhaut nahe der Anastomosenöffnung mit resorbierbarem Faden fixiert. Durch Bildung eines Witzel-Kanals an der
Jejunumaustrittsstelle und Annähen an die Bauchdecke wird ein Auslaufen von Jejunalinhalt in die freie Bauchhöhle verhindert.
Alternativ kann die Entlastung der anastomosierten Jejunalschlinge auch über den
langen Schenkel einer in den D. hepaticus eingelegten T-Drainage erfolgen, der über die
Anastomose platziert wird (s. auch Abb. 12.1).
Durchführung und Sicherung der Gastrojejunostomie
Für die Gastrojejunostomie empfiehlt sich ebenfalls die sorgfältige Blutstillung und die einreihige fortlaufende Naht mit verzögert resorbierbarem monofilem Faden der Stärke 4/0.
Zur Wiederherstellung der Kontinuität der Magenpassage wurde die Verwendung einer
zweiten Roux-Schlinge empfohlen, dieses Verfahren scheint jedoch keine Vorteile gegenüber der klassischen Technik der Passage zu haben.
Die Drainage des Operationssitus hängt von der Erfahrung des Operateurs ab. Im eigenen Vorgehen wird hinter der Pankreojejunostomie und hinter der Choledochojejunostomie je eine Easyflow-Drainagen eingelegt, beide Drainagen werden über eine gemeinsame
Inzision durch die Bauchdecke geleitet.
Bei totaler Pankreatektomie werden in der Regel auch V. lienalis und Milz entnommen.
Für eine ausreichende Magenrestdurchblutung ist zumindest der aufsteigende Ast der
A. gastrica sinistra (sparsame Magenresektion) zu erhalten. Meist wird die V. gastrica sinistra schon zur sorgfältigen Lymphadenektomie unterbunden; dadurch kann eine mäßige venöse Abflussbehinderung im Magenrest eintreten, dieser muss dann im Sinne einer
subtotalen Magenresektion verkleinert werden. Bei kritischer arterieller oder venöser
Durchblutung des Magenrests ist ggf. eine Gastrektomie angebracht. Die Anastomosen
von Magen (ggf. Ösophagus) und Gallengang werden auch nach totaler Pankreasentfernung am besten mit zwei Y-förmig ausgeschalteten Jejunumschlingen durchgeführt.
Technische Aspekte der linksseitigen Pankreasresektion
Als Zugang dient die quere Oberbauchlaparotomie, die jedoch weiter in den linken Oberbauch verlagert wird. Nach Eröffnung der Bursa omentalis erfolgt die Freilegung von Corpus und Cauda pancreatis. Auf der ventralen Seite ist die Präparation und Durchtrennung
der Vv. gastricae breves zu beachten ebenso wie die Durchtrennung des Lig. cololienale.
Eine Verletzung des Querkolon muss sorgfältig vermieden werden.
Je nach Ausdehnung des pathologischen Befundes ist eine En-bloc-Resektion unter
Mitnahme der Milz erforderlich. In diesem Fall wird die Milz mit dem Pankreas aus dem
Retroperitoneum ausgelöst und nach ventral exponiert. Nach Isolierung der A. und V. lienalis in Höhe der Resektionslinie werden die Gefäße umstochen und ligiert und das Pankreas mit einem Sicherheitsabstand von 2 cm durchtrennt. Hierzu hat sich die Versorgung
mit einem linearen Klammernahtapparat bewährt ebenso wie die fischmaulförmige
Durchtrennung und Naht mit monofilem, nicht resorbierbarem Faden der Stärke 4/0. Eine
Durchstechungsligatur des Ductus pancreaticus wird ebenso empfohlen wie Sicherungsnähte der Klammernahtreihe.
Bei isolierten kleinen Läsionen/endokrinen Tumoren kann auch eine milzerhaltende
Operation erfolgen. Dazu muss der Pankreasschwanz in kleinen Schritten aus dem Retroperitoneum präpariert und mit Klemmchen von A. und V. lienalis abgesetzt werden, die
zur Sicherung der Milzperfusion erhalten bleiben.
12.4 Spezielle operationstechnische Gesichtspunkte
CAVE
Technische Aspekte der Lymphadenektomie
Da auch bei T1-Karzinomen des Pankreas Lymphknotenmetastasen in bis zu 55% der Fälle vorliegen, kommt der Lymphadenektomie zum korrekten Staging eine wesentliche Rolle zu.
Neben den peripankreatischen/peripylorischen Lymphknoten sind die Lymphknotenstationen am Leberhilus/Lig. hepatoduodenale, retropankreatisch, neben A. und V. mesenterica sup. und am Truncus coeliacus von Relevanz.
Praktischerweise beginnt die Lymphadenektomie am Leberhilus, umfasst das Lig. hepatoduodenale und wird entlang der A. hepatica communis bis zum Truncus coeliacus
fortgesetzt. Eine rechte Leberarterie ist zu schonen, eine linke kann durchtrennt werden.
Bei der Lymphknotendissektion entlang der A. mesenterica superior ist zu beachten, dass die komplette Freilegung und Durchtrennung der Fasern des Plexus solaris zu nicht beherrschbaren
Durchfällen führen kann. Daher wird nur die rechtsseitige Dissektion empfohlen.
Insgesamt ist der Wert der onkologischen Lymphadenektomie noch durch Studien zu belegen ebenso wie die Anzahl der zu entfernenden und zu untersuchenden Lymphknoten
(Yeo 2002).
Laparoskopische Pankreaschirurgie
Bei unklaren Befunden im Rahmen des Tumorstagings stellt die Laparoskopie eine wertvolle Ergänzung dar. Eine Peritonealkarzinose, auch in der Bursa omentalis, kann ebenso
dargestellt und bioptisch nachgewiesen werden wie der Befall von Lymphknoten an der
A. hepatica etc. Es muss darauf hingewiesen werden, dass die sog. Minilaparoskopie, wie
sie bei der Diagnostik der Leberzirrhose angewendet wird, wegen der Beurteilung der
Bursa omentalis nicht in Betracht kommt!
Durch zunehmende Erfahrung und technische Instrumentenentwicklung sind an einigen Zentren erste laparoskopische Pankreasresektionen durchgeführt worden. Derzeit
bestehen Erfahrungen mit Resektionen des Pankreasschwanzes und Exzisionen hormonaktiver Tumoren (Assalia 2004; Bärlehner 2002). Die Anzahl der publizierten Verläufe ist
jedoch noch gering, sodass die weitere Entwicklung abzuwarten ist. Es ist wohl davon auszugehen, dass laparoskopische Resektionen des Pankreasschwanzes technisch ebenso
möglich sind wie die laparoskopische Splenektomie.
12.4.8
Auffinden endokriner Tumoren
Diese sind oft sehr klein und entziehen sich auch nach völliger Freilegung des Pankreas
häufig einer palpatorischen Identifikation. Die intraoperative Ultraschalldiagnostik erscheint hier als das am besten geeignete Verfahren. Die stufenweise Blutentnahme aus der
V. lienalis und V. mesenterica superior kommt heute kaum noch zur Anwendung und sollte präoperativ mit dem Labor abgesprochen werden (Vorhaltung des Schnelltestes etc.).
419
12.5 Postoperative Behandlung
12.5
Postoperative Behandlung
Routinebehandlung
Kontrollen
Akute Pankreatitis
Schema III–IV, s. Kap. 25 (je nach Verlauf und
Nierenfunktion)
Antibiotika: zunächst breite Abdeckung, Weiterbehandlung gemäß Erregernachweis (intra- oder postoperative
Proben)
Nahrungskarenz, Magensonde und Drainage nach klinischem Verlauf
Hämodialyse: wenn erforderlich, frühzeitig
Pseudozyste und
Linksresektion
Schema III, s. Kap. 25
Antibiotika intraoperativ, postoperativ in der Regel
nicht indiziert
Normalinsulin bei Bedarf
Zieldrain: kürzen Tag 2, ziehen Tag 4
Partielle und totale
Duodenopankreatektomie
Schema III–V, s. Kap. 25
Antibiotika intraoperativ, postoperativ nur bei Infektion
Magensonde früh entfernen (1. bis 2. postoperativen
Tag), Jejunalsonde (zur Pankreas- und Gallenwegsanastomose) 10–14 Tage belassen
Zieldrain: kürzen Tag 2, ziehen Tag 4
Akute Pankreatitis
Individuell je nach Ursache und Verlauf
Pseudozysten und
Linksresektion
Spezielle
Probleme
Serumanalyse und Leberenzymstatus Tag 1,3 und 5,
dann nach Verlauf und vor Entlassung
Nach totaler Pankreatektomie s.„Spezielle Probleme“
Langzeitkontrolle der alkalischen Phosphatase (vierteljährlich)
Endokrine Substitution
Bei vorbestehendem Diabetes oder totaler Pankreatektomie: schon stationär Bedarfsermittlung der Substitution (Diät, Insulin), Einleitung der Schulung der Patienten, ggf. der Angehörigen, zur selbständigen Stoffwechselkontrolle
Exokrine Substitution
Bei normalem Restpankreas (z. B. Zystenoperation)
kaum erforderlich; nach ausgedehnten Resektionen
routinemäßig, besonders bei Vorschädigungen des
Pankreas hochdosierte und -konzentrierte Pankreasenzymsubstitution zu den Mahlzeiten
Langzeitantibiotikagabe
Bei besonderer Indikation, z. B. rezidivierende Cholangitis
Sonstiges
Diätberatung, Alkohohlabstinenz
421
422
Kapitel 12 Pankreas
12.6
Spezielle postoperative Gesichtspunkte
12.6.1
Anastomoseninsuffizienz
Ein Hauptproblem liegt in der Entwicklung einer Insuffizienz der Pankreo-/Pankreatikojejunostomie. Bei meist uncharakteristischen Symptomen wird sie eher verzögert erkannt
und ist dann besonders schwierig zu behandeln. Ein Verdacht auf diese Komplikation
kann ggf. durch eine Darstellung der Anastomose über die Jejunalsonde oder T-Drainage
– falls vorhanden – mit wasserlöslichem Kontrastmittel bestätigt werden. Wegen meist
ungenügender lokaler Begrenzung der Insuffizienz ist eine Relaparotomie angezeigt. Bei
gut durchblutetem Restpankreas und günstigen lokalen Verhältnissen wird man eine
lockere Übernähung der Insuffizienzstelle versuchen; hier ist dann die bereits bei der Erstoperation eingelegte Jejunalsonde zum Absaugen von Jejunalinhalt wichtig. Häufiger
wird jedoch eine Minderdurchblutung am Pankreas oder eine bereits erhebliche Nekrosebildung der Pankreasresektionsebene und deren Umgebung eine Übernähung verbieten.
Sofern die lokalen Verhältnisse es ermöglichen, sind eine Restpankreatektomie und ein
Verschluss der Jejunalöffnung noch am aussichtsreichsten. Andernfalls wird die Anastomose mit dem Pankreas völlig aufgelöst, die Jejunalschlinge verschlossen, die Schienung
und Ableitung des Pankreasganges angestrebt und durch eine lokale Spüldrainage versucht, der weiteren Arrosion der Umgebung vorzubeugen. Eine im günstigen Fall entstehende und kontrolliert abgeleitete Pankreasfistel schließt sich entweder selbst durch Obliteration des Gangsystems oder kann später in geeigneter Weise versorgt werden.
Eine Insuffizienz der Gallengangsanastomose erfordert ebenfalls eine baldige Reoperation. Eine kleine Insuffizienz bei guten Wundverhältnissen kann übernäht werden, andernfalls wäre eine Neuanlage erforderlich, dabei wird für eine endoluminäre Ableitung
vom Choledochus aus ein transhepatisch-transkutaner Drain eingelegt. In besonders
ungünstigen Situationen wird auch diese Anastomose durchtrennt und die Galle über einen in den Ductus choledochus eingebundenen und an ihm fixierten Drain abgeleitet.
12.6.2
Zeitpunkt von Revisionsoperationen nach Nekroseausräumung bei akuter Pankreatitis
Zeitpunkt und Frequenz von Revisionsoperationen hängen sehr vom Lokalbefund und
dem klinischen Verlauf ab. Bei dem Verzicht auf vollständige Nekroseausräumung bei der
Erstoperation (s. Abschn. 12.4.4) und besonders nach Kontamination der Peritonealhöhle
wird in der Regel eine Revision nach 24 bis 48 Stunden günstig sein. Hierbei kann oft
weiteres nekrotisches Material leicht und ohne Erzeugung von Blutungen entfernt oder
herausgespült werden.
Im weiteren Verlauf muss individuell über Revisionsoperationen entschieden werden.
Bei Ausbleiben der Entfieberung oder Wiederauftreten von Infektionszeichen erscheint
eine erneute computertomographische Untersuchung wertvoll, um ggf. nicht gefundene
oder neu gebildete Nekrosebezirke zu identifizieren (s. oben). Es ist darauf hinzuweisen,
dass ein septischer Krankheitsverlauf auch auf eine Pneumonie oder Kathetersepsis
zurückzuführen sein kann.
Bei späterer Ausbildung einer Pankreassekretfistel werden nach erfolgter ausreichender Abgrenzung zunächst durch ERP und ggf. Anspritzen der Fistel die Gangverhältnisse
12.6 Spezielle postoperative Gesichtspunkte
geklärt. Bei Kommunikation der Fistel mit dem Gangsystem und gutem Abfluss (ggfs.
auch durch Stent-Einlage geschient) auf normalem Weg kann wohl ein Spontanverschluss
der Fistel abgewartet werden. In anderen Situationen ist ein Anschluss der Fistel an eine
Dünndarmschlinge angebracht.
12.6.3
Postoperative Substitution der exokrinen und endokrinen Pankreasfunktion
Das Ausmaß der endokrinen und exokrinen Funktion des Restpankreas nach Resektion
hängt v. a. vom Grad der vorbestehenden Parenchymschädigung ab. Bei präexistenter latenter Insuffizienz kann etwa eine Pankreaskopfresektion eine manifeste, insulinabhängige Glukosestoffwechselstörung auslösen. Dies trifft v. a. für die Resektionsbehandlung bei
chronischer Pankreatitis zu. Bei normaler Beschaffenheit des Pankreas (z. B. bei Karzinomen im Kopfbereich) reicht meist ein kleiner Pankreasrest (Schwanz) für die endokrine
Sekretion aus.
Klinische Verdachtsmomente einer exokrinen Insuffizienz sind eine weitere Gewichtsabnahme bzw. ein Ausbleiben der Gewichtszunahme sowie Fettstühle. Eine Substitution
exokriner Enzyme sollte wohl nach einer Operation wegen chronischer Pankreatitis und
nach großen resezierenden Eingriffen die Regel sein. Bei therapieresistenten Fettstühlen
kommen ggf. spezielle Diätformen in Betracht.
Eine Überprüfung des Kohlenhydratstoffwechsels mindestens durch ein Blutzuckertagesprofil ist nach allen Eingriffen am Pankreas erforderlich. Bei Verdacht auf eine Störung
ist eine weitere Abklärung durch einen Glukosetoleranztest und ggf. eine exakte Insulineinstellung erforderlich. Über den Einsatz von Insulinsensitizern oder oralen Antidiabetika sollte ein diabetologisches Konsil entscheiden.
Die endokrine Substitution nach totaler Pankreatektomie kann sowohl in den ersten
Tagen, besonders bei Infektion, als auch später erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Die
Stoffwechsellage ist infolge des Wegfallens der Glukagonproduktion durch eine außerordentliche Insulinempfindlichkeit mit häufigen Hypoglykämien gekennzeichnet. Deshalb
sollte die Einstellung zunächst auf ein mäßig hyperglykämisches Niveau (8–20 mmol/l
Glukose im Serum) zielen. In ausgewählten Einzelfällen (nicht einstellbarer Diabetes mit
schweren Hypoglykämien trotz guter Compliance, Ausschluss eines Malignoms) kann eine isolierte heterotope Pankreastransplantation eine völlige Normalisierung des Stoffwechsels herbeiführen.
12.6.4
Nachsorge nach Resektion eines Pankreaskopfkarzinoms
Derzeit erübrigt sich die regelmäßige Kontrolle mit dem Ziel einer frühen Rezidiverkennung: Zur Frage der Effektivität der adjuvanten Chemotherapie wird eine Klärung durch
laufende Studien erwartet; eine Möglichkeit zur Reoperation wegen eines noch asymptomatischen Tumorrezidivs dürfte weitgehend ausgeschlossen sein. Die Nachsorge wird also individuell gestaltet werden und sich besonders nach dem Beschwerdebild richten.
Bei irresektablen Pankreaskarzinomen – besonders des Körpers und des Schwanzes –
ist eine gezielte und sukzessiv gesteigerte Schmerztherapie häufig unter Einbeziehung der
Applikation von Morphinanaloga über Pflaster oder Periduralkatheter von Bedeutung.
Auch die Möglichkeit der CT-gesteuerten Verödung der Fasern des Plexus coeliacus sei
hier erwähnt (Wong 2004).
423
424
Kapitel 12 Pankreas
12.6.5
Multimodale Therapien
Nachdem bei anderen Tumorentitäten multimodale neoadjuvante Therapien zu einer
deutlichen Verbesserung der Ergebnisse der Tumortherapie geführt haben, werden derzeit weitere Studien zur neoadjuvanten Therapie des Pankreaskarzinoms unter Einschluss
radikaler Operationsverfahren einschließlich Lymphadenektomie durchgeführt.
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