Komponenten + Systeme Elektrotechnik ▲ 04/2005 Hintergrundbericht Immer genug Luft Grundlagen der Elektronikkühlung neu aufbereitet Diesen Beitrag können Sie sich im Internet unter www.konstruktion.de downloaden Damit elektronische Geräte zuverlässig funktionieren, muss eine ausreichende Kühlung vorgesehen sein. Was das im konkreten Einzelfall bedeutet, ist aber keineswegs immer einfach zu beurteilen. Auch für Nichtspezialisten kann es sich dabei lohnen, zumindest die wichtigsten Grundlagen der Elektronikkühlung zu kennen. ▲ ▲ ▲ Fakt ist: In elektronischen Bauelementen entstehen immer Verluste. Die elektrische Verlustleistung verwandelt sich dabei in eine Wärmeleistung gleicher Größe. Diese Wärmeenergie wird zunächst durch die Wärmekapazität der Bauelemente aufgenommen. Die Bauelemente erwärmen sich also und geben daraufhin selbst wiederum Wärme ab, und zwar sowohl an benachbarete Baugruppen als auch die umgebende Luft. Die mittlere Lufttemperatur in einem Gerät nimmt dadurch allmählich zu und strebt schließlich einen thermischen Gleichgewichtszustand an. In diesem Zustand erreichen alle Baugruppen ihr jeweils höchstes 70 Temperaturniveau und nehmen keine Wärmeenergie mehr auf. Der Wärmestrom wird dann in Folge des entstandenen Temperaturgefälles ausschließlich durch Wärmeübertragung abgeführt. Durch günstige Bauteileanordnung lässt sich dieses Temperaturgefälle flacher gestalten, das heißt die Temperaturerhöhung der einzelnen Bauteile gegenüber der Außenumgebung wird kleiner. Großen Einfluss darauf, wie gut Wärme aus dem Gerät abgeleitet werden kann, hat dabei die Beschaffenheit des Gehäuses. Geschlossene Gehäuse haben zwar den Vorteil, dass ihr Inneres vor Verunreinigungen Bei der Elektronikkühlung tauchen Fragen auf, die immer wieder neu und unter Berücksichtigung der jeweiligen Anwendungsgegebenheiten zu klären sind: Wie muss der Lüfter dimensioniert und wo platziert sein? Bilder: ebm-papst geschützt ist, nachteilig wirkt sich jedoch aus, dass keine Luftströmungen zur Wärmeableitung beitragen. Die Wärme kann nur über die Gehäusewände nach außen abgegeben werden. Das geschieht in drei Etappen: Die erwärmte Luft im Geräteinneren überträgt die Energie an die kühlere Gehäusewand. In der Gehäusewand wird die Wärme von der wärmeren Innenseite an die kühlere Außenseite weitergeleitet. Den Abschluss bildet schließlich die Wärmeübertragung der Gehäuseaußenseite an die kühlere Umgebungsluft. Erzwungene Konvektion Durch den Wärmeübergang zwischen Wand und Außenluft ändert sich die Luftdichte. Dadurch entsteht eine so genannte freie Strömung, die Wärme abtransportiert. Diesen Vorgang bezeichnet man als freie Konvektion. (Konvektion = Ab- bzw. Weiterleitung von Wärme durch Gase oder Flüssigkeiten). Der Wärmeübergang kann durch eine erzwungene Strömung, die beispielsweise ein Lüfter erzeugt, verbessert werden. Man spricht dann von erzwungener Konvektion. Im Bild auf der nächsten Seite ist die mittlere Temperturerhöhung der Luft im Gerät in Abhängigkeit von der entstehenden Verlustleitung für die verschiedenen Fälle dargestellt. Fall A zeigt, was in einem geschlossenen Gehäuse bei freier Konvektion passiert, das heißt ohne aktive Ventilation: Schon bei nur 100 W Verlustleistung steigt in diesem Bei- Elektrotechnik Komponenten + Systeme spiel die Temperatur im Gerät bereits um 60 K an, was in den meisten Anwendungen nicht akzeptabel ist. Im Fall B wird im Inneren des geschlossenen Gehäuses ein Ventilator eingesetzt. Bei einer mittleren Strömungsgeschwindigkeit von 2 m/s im Gerät steigt bei gleicher Verlustleistung die Temperatur um 60 K. Gegenüber Fall A ergibt sich demnach nur eine recht bescheidene Senkung des Temperaturniveaus, obwohl man einen relativ leistungsfähigen Lüfter dafür braucht. Nimmt man für die Gehäuseabmessungen von 500 mm x 500 mm x 250 mm an, müsste der Lüfter den recht großen Volumenstrom von etwa 150 l/s fördern. Schematische Darstellung des Temperaturgefälles eines Geräts. Bilder: ebm-papst Temperaturerhöhung im Gerät in Abhängigkeit von den Kühlverhältnissen. Zusätzliche Strömung Deutlich verbessern lässt sich die Wärmeableitung durch eine zusätzliche Strömung außen am Gehäuse. Beträgt sowohl innen als auch außen die Strömungsgeschwindigkeit 2 m/s, ergibt sich bei gleicher Verlustleistung eine Temperaturerhöhung von nur noch 26 K (Kurve C). Um eine solche gleichmäßige Umströmung zu erreichen, müsste man allerdings ein zusätzliches Außengehäuse vorsehen, das die Außenströmung führt und Platz für den zweiten Ventilator bietet. Weitere Möglichkeiten bei geschlossenen Gehäusen die Wärmeabgabe zu verbessern, Kühlung durch Kühlschlitze in der Gehäuseober- und -unterseite ist deshalb weit verbreitet, wenn nicht mit allzu hohen Verlustleistungen zu rechnen ist. Eine noch deutlichere Reduzierung der Temperaturerhöhung erreicht man, wenn man Ventilatoren vorsieht, die eine Durchströmung erzwingen. Kurve E zeigt, was bereits bei einem relativ kleinen Volumenstrom von 20 l/s geschieht. Bei 100 W Verlustleistung würde die Temperaturerhöhung dann lediglich 5 K betragen. In elektronischen Geräten ist diese Kühlmethode deshalb heute turen. Kühlkörper können hier Abhilfe schaffen. Sie vergrößern die wärmeübertragende Oberfläche um ein Vielfaches, so dass die Bauteiletemperaturen sinken. Ein Beispiel verdeutlicht den Sachverhalt: Ein Chip mit einer Leistung von 20 W und einer Grundfläche von 50 x 50 mm erhitzt sich um etwa 140 K. Verwendet man einen Kühlkörper mit ebenfalls 50 x 50 mm Grundfläche und 23 mm Höhe, erhöht sich die Temperatur des Chips um nur noch 107 K. Das ist jedoch immer noch relativ viel. Verbessern lässt sich die Kühlwirkung auch hier wieder mit einem zusätzlichen Lüfter, der in den Kühlkörper hineinbläst. sind Vergrößerungen an der Oberfläche, zum Beispiel Wände und Zwischenwände mit Rippen. Auf diese Weise entstehen Wärmetauschssysteme, die allerdings zusätzlichen Bauaufwand erfordern und natürlich auch Platz beanspruchen. Weitaus bessere Möglichkeiten zum Wärmeabtransport bieten offene Gehäuse, also Gehäuse, die durch Öffnungen oder Schlitze für Luftströmungen durchlässig sind. Die Wärme kann so durch den Lufstrom direkt aus dem Gehäuse transportiert werden. Eine Strömung entsteht dabei schon durch den Dichteunterschied zwischen der im Gerät erwärmten Luft und der kühleren Umgebung. Die Kurve D (siehe Diagramm) zeigt, dass die Temperaturerhöhung bei 100 W Verlustleistung nur 14 K beträgt, selbst wenn wie im gewählten Beispiel nur 5 % der Gehäuseoberund -unterseite durch Kühlschlitze geöffnet sind. Sie fällt damit deutlich niedriger aus als bei geschlossenen Gehäusen. Diese einfache am weitesten verbreitet. Bei relativ kleinem Aufwand und hoher Zuverlässigkeit bietet sie eine hohe Wirksamkeit. Wenn nötig können zusätzliche Filter in den Kühlschlitzen verhindern, dass Verunreigungen aus der Umgebungsluft ins Geräteinnere "geblasen" werden. Prozessoren-Problematik Die zulässige mittlere Temperaturerhöhung im Gerät sagt allerdings noch nichts über die örtlich verschiedenen Bauteiltemperaturen aus. Die dazu notwendigen Berechnungen sind sehr aufwändig. Dazu gibt es Computerprogramme zur Thermosimulation, die auch die Berechnung der örtlichen Strömungsgeschwindigkeiten und Temperaturerhöhungen ermöglichen. Bei elektronischen Bauteilen mit großen Verlustleistungen, also besonders bei Prozessoren, entstehen selbst bei Zwangsbelüftung der Geräte oft zu hohe Sperrschichttempera- Chip-Cooler gefragt Solche Chip-Cooler gibt es in unterschiedlichen Ausführungen. Sie bauen sehr kompakt und lassen sich gut in die Geräte intergieren. Die Kühlwirkung, die sie erzielen ist beachtlich. Im Falle des bereits erwähnten Chip stellt sich das wie folgt dar: Bei einer mittleren Strömungsgeschwindigkeit von 1 m/s reduziert sich die Termperaturerhöhung auf 36 K, bei 2 m/s auf 24 K (grüne Kurve). Günstig wirken sich dabei die turbulenten Abströmungen des Lüfters auf den Wärmeübergang aus, denn bei umgekehrter Position – also aus dem Kühlkörper saugend – ergeben sich deutlich höhere Temperaturen (blaue Kurve). Webguide www.ebmpapst.com ebm-papst St. Georgen Direkter Zugriff unter www.konstruktion.de Code eintragen und go drücken ke3518 ▲ ▲ ▲ Angenehmes Klima durch Ventilatoren, die Durchströmung erzwingen 04/2005 71