Moral als Unternehmenswert – Handlungsmaxime in der Globalisierung? 8. Verleihung des Max-Weber-Preises für Wirtschaftsethik 27. Mai 2008 in Berlin ISBN 978-3-602-14810-3 Moral als Unternehmenswert – Handlungsmaxime in der Globalisierung? Institut der deutschen Wirtschaft Köln (Hrsg.) Moral als Unternehmenswert – Handlungsmaxime in der Globalisierung? 8. Verleihung des Max-Weber-Preises für Wirtschaftsethik 27. Mai 2008 in Berlin Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-602-14810-3 Herausgegeben vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln © 2008 Deutscher Instituts-Verlag GmbH Gustav-Heinemann-Ufer 84–88, 50968 Köln Postfach 51 06 70, 50942 Köln Telefon 0221 4981-452 Fax 0221 4981-445 [email protected] www.divkoeln.de Fotos: Bildschön, Berlin Druck: Warlich Druck, Meckenheim Inhalt Michael Hüther Moral als Unternehmenswert – Handlungsmaxime in der Globalisierung? 7 Horst Köhler Erfolgsgrundlage: Vertrauen 13 Josef Wieland Laudatio für Herrn Prof. Dr. Guido Palazzo 21 Karl Homann Laudatio für Herrn Dr. Thomas Maak und Frau Johanna Weiß 27 Institut der deutschen Wirtschaft Köln Max-Weber-Preis für Wirtschaftsethik 31 Forschungsbereich Wirtschaftsethik Den Dialog fördern 34 Preisträger und Referenten 2008 37 Michael Hüther Moral als Unternehmenswert – Handlungsmaxime in der Globalisierung? Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, es ist mir Ehre und Freude zugleich, Sie zur Verleihung des MaxWeber-Preises für Wirtschaftsethik 2008 im Namen des Kuratoriums für diesen Preis und im Namen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln begrüßen zu können. Ein ganz besonderer Gruß gilt Ihnen, verehrter Herr Bundespräsident. Mit Ihrer Bereitschaft, heute die Festrede zu halten, würdigen Sie das Anliegen, welches Stifter, Kuratorium und Institut in dem Bemühen eint, in der Tradition Max Webers der Verantwortungs­ ethik eine gesellschaftlich angemessene Bedeutung zu verschaffen. Wir sind dankbar und hoch erfreut, herzlich willkommen! IW-Direktor Prof. Dr. Michael Hüther empfängt Bundespräsident Dr. Horst Köhler Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, angesichts der Vielzahl ehrenwerter Gäste von Einzelbegrüßungen abzusehen. Andernfalls würde das Zeitbudget für diese Veranstaltung schon dadurch überspannt. Herzlich begrüßen möchte ich bei dieser Gelegenheit jedoch den Stifter des Preises, Herrn Klaus Tesch und seine Gattin. Ich darf damit auch meinen Dank für die langjährige Zusammenarbeit und Unterstützung verbinden. Meine Damen und Herren, das Thema des diesjährigen Max-WeberPreises „Moral als Unternehmenswert“ ruft beim traditionell geprägten Ökonomen zumindest Unwohlsein hervor. Denn es legt nahe, dass es einer die ökonomische Logik korrigierenden Handlungsmaxime bedarf, um als Unternehmer ethische Maßstäbe erfüllen zu können. So sehr diese Forderung selbstverständlicher Bestandteil unserer öffentlich geführten Debatte über Marktwirtschaft in der Globalisierung geworden ist und dabei auf eine lange ideologiegeschichtliche Tradition verweisen kann,1 ebenso selbstverständlich gilt: Die Rationalität des Unternehmens ist für den Ökonomen klar und unzweifelhaft definiert. So lesen wir bei Max Weber: „Alle Einzelmaßnahmen rationaler Unternehmen werden durch Kalkulation am geschätzten Rentabilitätserfolg orientiert.“2 Und bei Milton Friedman heißt es: „The social responsibility of business is to increase its profits.“3 Was kann unter diesen Bedingungen Moral – beispielhaft auf jene Handlungsregelung bezogen, die durch alle vernunftbegabten Personen akzeptiert würde – bedeuten? Wie kann Moral eine Handlungsmaxime in der Globalisierung sein? Ist nicht die marktwirtschaftliche Ordnung selbst ein „moralisch gutes“ Regelungssystem, weil es durch die effiziente Nutzung der vorhandenen Ressourcen eine größtmögliche Befriedigung der artikulierten Bedürfnisse sichert, Verschwendung minimiert? Vermag die Tatsache, dass Gauner in unserem Gesellschaftssystem trotzdem ihr Spiel treiben können, diese Ordnung moralisch zu diskreditieren? Oder überzeugt der Hinweis, dass nach aller Erfahrung kein System – zumindest kein staatlich verantwortetes – Fehlverhalten effizienter sanktioniert als die Marktwirtschaft? Den Wohlstand durch Unternehmen im Wettbewerb zu erreichen und dabei auf die Gewaltenteilung offener sowie bestreitbarer Märkte zu setzen, ist von eigener moralischer Qualität. Dahinter steht die Perspektive der Freiheitsgesellschaft. Denn die wirtschaftliche Dynamik ist letztlich Ausdruck der Tatsache, dass in der Marktwirtschaft ein jeder jederzeit entscheiden kann, es anders als bisher zu machen. Die Freiheit von Zwang wird ergänzt durch die Freiheit zum Handeln wie zum Unterlassen in eigener Verantwortung. Dies wirkt jedoch erst dann überzeugend, wenn auch die Chancenlosen glaubwürdig die Aussicht auf Teilnahme am ökonomischen Geschehen haben. Einstiegsgerechtigkeit ist deshalb ein zentrales Element der Marktwirtschaft. Unternehmen sind in der marktwirtschaftlichen Ordnung auf die Stabilität der Freiheitsgesellschaft angewiesen. Sie sind Teil des von Hannah Arendt beschriebenen „öffentlichen Raums“4 – jener der Allgemeinheit zugewandten Lebenssphäre, die das allen Individuen Gemeinsame erfasst und nicht auf der ausschließlich persönlichen Wahrnehmung einer einzigen Person beruht. Es ist – so Hannah Arendt – das Besondere des öffentlichen Zusammenseins, eigene wie andere Positionen und Personen relativierend durch die Augen der anderen zu sehen. Die Gestaltung des öffentlichen Raums, die alle fordert, die ihn betreten, zielt darauf, „Gemeinsames dauerhafter machen zu wollen als das irdische Leben des Einzelnen“5. Das ist der Kern gelebter politischer Demokratie. Es ist tätige Freiheit. Der öffentliche Raum der Freiheitsgesellschaft ist heute in seinen Grundfesten umkämpft. Die hohe Wandlungsintensität unseres Lebens unter den Bedingungen fortschreitender internationaler Arbeits-, Wissensund Risikoteilung lässt die Fundamente unserer Ordnung für viele in einem neuen, mitunter zweifelhaften Licht erscheinen. Dabei verlangt das Bekenntnis zur Freiheit – darauf hat Ralf Dahrendorf hingewiesen – stets besondere Eigenschaften: Vor allem „die Bereitschaft, mit den Widersprüchen und Konflikten der menschlichen Welt zu leben“, und die „leidenschaftliche Hingabe an die Vernunft als Instrument der Erkenntnis und des Handelns“6. Dies falle schon deshalb nicht leicht, weil die im Zeichen der Vernunft stehenden Institutionen – Wissenschaft, Demokratie und Marktwirtschaft – als kalt erscheinen. Jedenfalls sei es leichter, „Empörung gegen ihre Exzesse und Ungleichheiten zu mobilisieren als Begeisterung für ihre Stärken“7. Dies ist seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert umso bedeutsamer geworden, weil „die große Freiheit der offenen Gesellschaften … zugleich die große Unsicherheit von Gesellschaften [ist], denen ein Halt in vertrauten Bindungen verloren zu gehen droht“8. Ein Mangel an Sozial­ kapital – an Vertrauen in Institutionen und Akteure – gewinnt deshalb eine besondere Kraft. Gerade in Umbruchzeiten, wenn Institutionen in die Krise geraten und Haftungsstrukturen zu zerfallen drohen, wird der Bedarf an Moral und an expliziten ethischen Standards in allen öffentlich wirksamen Handlungsbereichen groß, um die Ordnung der Freiheit zu stabilisieren. In diesem Kontext lässt sich auch „Moral als Unter­ nehmenswert“ fassen, und zwar in zweifacher Weise. Zunächst bleibt es dabei: Der betriebswirtschaftliche Erfolg ist wegen der damit verbundenen Wertschöpfung und der Bereitstellung von Arbeitsplätzen moralisch positiv zu bewerten. Die Erzielung von Gewinn muss nicht ex post moralisch durch Spenden legitimiert werden. Natürlich sind dabei Verwerfungen und Fehlanreize – wie die kurzatmige Taktung unter dem Druck der Kapitalmärkte – bedenklich und bedürfen der Prüfung. Das Grundsätzliche bleibt aber unberührt. Dies gilt vor allem deshalb, weil die marktwirtschaftliche Ordnung unternehmerisches Handeln durch das Haftungsprinzip verantwortungsethisch verankert. Wird der Grundsatz von Walter Eucken zur Zusammengehörigkeit von Kompetenz und Haftung beachtet, so muss jeder die Folgen seiner Handlungen sehen, dafür einstehen und möglicherweise auch im weiteren Umfeld Verantwortung tragen. Dies führt zum zweiten Aspekt: Unternehmer und Unternehmen müssen aufgrund ihrer herausgehobenen Position im öffentlichen Raum die­sen verantwortlich mitgestalten. Verantwortungsethik greift hier erneut. Die Bereitschaft dazu erfordert nur scheinbar eine über das Unter- 10 IW-Direktor Prof. Dr. Michael Hüther bei seiner Begrüßungsansprache nehmen hinausgehende Verantwortungsübernahme. Denn die verantwortliche Mitgestaltung des öffentlichen Raums in der Gesellschaft der Freien ist der notwendige Beitrag zur Stabilisierung der Strukturen – zumal in Zeiten der institutionellen Verunsicherung. Insofern beeinflusst Moral den langfristigen Unternehmenserfolg fundamental – im Unternehmen selbst etwa über die Einführung eines systematischen Wertemanagements, in der Gesellschaft durch den Erhalt des Sozialkapitals. Dieses Bewusstsein und die Kenntnis der Fehlleistungen Einzelner in der jüngeren Vergangenheit sollten mehr als bisher zum verantwortungsvollen Handeln und Kommunizieren verleiten. Niemand muss sich in seiner Eigenschaft als Unternehmer moralisch verstecken, aber jeder muss ein Interesse daran entwickeln, der atomisierten Massengesellschaft zu Orientierung und Stabilität zu verhelfen. Der gesellschaftliche Dialog und Diskurs müssen gefördert werden, um unsere gemeinsame Grundlage des Wirtschaftens auch und gerade in Zeiten der Globalisierung zu stär- 11 ken. Moral ist mithin sowohl auf der Ordnungsebene als auch im Unternehmen eine langfristige Handlungsmaxime. Denn, so Hannah Arendt: „Wirklichkeit und Verlässlichkeit der Welt [beruhen darauf], dass die uns umgebenden Dinge eine größere Dauerhaftigkeit haben als die Tätigkeit, die sie hervorbrachte.“9 Dafür muss das Dilemma der Marktwirtschaft, dass sie explizit nach individueller Moral nicht fragt, sie aber dennoch benötigt, aufgelöst werden. Sie kann zwar mit Gaunern besser überleben als andere Systeme, weil der Wettbewerb solches Verhalten schneller offenlegt und bestraft. Auf Gewissen und Moral des Einzelnen kann sie freilich nicht verzichten. „Man gibt“ – so Helmuth Plessner – „den Menschen kein gutes Gewissen, wenn man ihnen sagt, dass sie überhaupt keines zu haben brauchen“10. Verantwortung als Grundprinzip der marktwirtschaftlichen Ordnung ist wegen seiner sozialethischen Dimension und des Verzichts auf Ausbeutung der anderen zugleich ein Appell an das Gewissen des Einzelnen. In diesem Sinne ist jedes Mitglied der Gesellschaft gefordert, wenn es den Raum der Öffentlichkeit betritt. Auch der Unternehmer. Vielen Dank! Verehrter Herr Bundespräsident, wir freuen uns nun auf Ihre Festrede! 1 Horn, Karen, 1996, Moral und Wirtschaft, Tübingen, 54 ff. 2 Weber, Max, 1985, Wirtschaft und Gesellschaft, Tübingen, 48. 3 Friedman, Milton, 1979, The Social Responsibility of Business Is to Increase Its Profits, in: Beauchamp, Tom L. /­ Bowie Norman E. (Hrsg.), Ethical Theory and Business, London, 51. 4 Arendt, Hannah, 2007, Vita Activa oder Vom tätigen Leben, München/Zürich, 62 ff. 5 Ebenda, 62 ff. 6 Dahrendorf, Ralf, 2006, Versuchungen zur Unfreiheit: Die Intellektuellen in Zeiten der Prüfung, München, 79. 7 Ebenda, 76. 8 Ebenda, 20. 9 Arendt, 2007, 81. 10 Plessner, Helmuth, 2002, Grenzen der Gemeinschaft: Eine Kritik des sozialen Radikalismus, Frankfurt am Main, 30. 12 Horst Köhler Erfolgsgrundlage: Vertrauen Sehr geehrter Herr Professor Hüther, meine Damen und Herren, „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ – sagt der Volksmund und auch noch jemand anderes. Aber stimmt das eigentlich? Jedem von uns fallen bestimmt spontan Beispiele ein, die der Redewendung recht geben. Und doch: Es lässt sich – zum Glück – nicht alles kontrollieren. Und die totale Kontrolle kann auch niemand wollen. Man muss dazu gar nicht an den „großen Bruder“ aus dem Roman von George Orwell denken. Es ist schon düster genug, sich zu überlegen, dass für eine umfassende Kontrolle zunächst umfassende Regeln existieren müssen. Wer aber alles regeln will, der landet im Bürokratismus, der allen spontanen Entwicklungen die Luft zum Atmen nimmt. Die Demokratie lebt davon, dass es so etwas gibt wie „Bürgersinn“, soziale Normen, sittliches Empfinden, Maß und Takt. Das sind Tugenden, die Fremdkontrolle überflüssig machen, weil sie auf Selbstkontrolle und Selbstbeherrschung zielen. Wo dieser Bürgersinn, diese Selbstbeherrschung fehlt, wo die Moral abhanden kommt, da gerät der freiheitliche Rechtsstaat in Gefahr. Auf dieses Dilemma hat bereits in den siebziger Jahren der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht Ernst-Wolfgang Böckenförde hingewiesen: Der freiheitliche Staat ist existenziell auf die Moral seiner Bürger angewiesen; er kann aber Moral nicht erzwingen, ohne Freiheit aufzugeben. Der Rechtsstaat muss darauf vertrauen können, dass sich seine Bürger an die Gesetze halten – ja dass sie mehr tun, als die Gesetze von ihnen verlangen. Und die Bürger müssen Vertrauen in die staatlichen Institutionen haben. Vertrauen ist also ein hohes Gut für eine Gesellschaft, Sozialwissenschaftler – Herr Professor Hüther hat das eben erst angesprochen – sprechen deswegen auch vom sozialen Kapital. Und empirisch ist belegt: Soziales Kapital ist wichtig für eine stabile Demokratie und auch für 13 Bundespräsident Dr. Horst Köhler bei seinem Festvortrag dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg. Es muss uns daher mit Sorge erfüllen, wenn gesellschaftliches Vertrauen verloren geht. Und dies signalisieren uns Umfragen, wonach nicht einmal jeder Fünfte derzeit noch daran glaubt, dass die Soziale Marktwirtschaft gut funktioniert – ein Wirtschaftssystem, das uns Deutschen großen Wohlstand beschert hat. Was hat zu diesem Vertrauensverlust geführt? Da ist zum einen das Gefühl vieler Bürger, der Aufschwung komme bei ihnen nicht an und die wirtschaftlichen Vorteile des Systems seien nicht gerecht verteilt. Die persönlichen Erfahrungen, dass Löhne kaum steigen und vom Brutto netto wenig übrig bleibt, führen zu Unzufriedenheit. Das Vertrauen ist gestört, dass es den Beschäftigten und der Gesellschaft insgesamt besser geht, wenn es den Unternehmen gut geht. Diese alte Formel wird nicht mehr so gesehen. Das ist übrigens nicht nur eine Frage des Lohnzettels, sondern auch der positiven Vorbilder, die es in einer Gesellschaft gibt – oder eben nicht. Das abstrakte Vertrauen in ein Wirtschaftssystem ist 14 schließlich verbunden mit dem Vertrauen in seine führenden Akteure. Und deren Ansehen hat bei uns doch gelitten. So meinen nach einer Umfrage 42 Prozent der Deutschen, die meisten Wirtschaftsführer seien korrupt. Das ist natürlich Unsinn. Es mag an der Fragestellung gelegen haben; und wenn nach persönlich bekannten Unternehmern gefragt wird, dann ergeben sich starke Vertrauenswerte. Aber das in der Umfrage zum Ausdruck kommende Vorurteil ist da, und wir müssen uns damit auseinandersetzen. Das Verhalten mancher Manager, die durch ihre Position besonders im Licht der Öffentlichkeit stehen, trägt in hohem Maße dazu bei, dass die Elite der Wirtschaft heute offenbar für viele nicht mehr als Vorbild wahrgenommen wird. Das wirft die Frage auf: Handelt es sich hier nur um ein problematisches Verhalten Einzelner, oder müssen wir uns auch Gedanken da­rüber machen, ob unser Regelsystem schlecht konstruiert ist? Denn trotz des Böckenförde-Dilemmas ist der Staat ja nicht machtlos. Die Wirtschafts­ ethik lehrt, dass der Staat Institutionen schaffen kann, die moralisches Verhalten zwar nicht garantieren, die aber doch Anreize setzen können, sich als vertrauenswürdig zu erweisen. Menschen verhalten sich dann freiwillig regelkonform, wenn sie den Eindruck haben, dies ist lang­fristig von Vorteil für sie. Dazu gehört, dass sie die Regeln plausibel und eben auch gerecht finden. Und: Das wichtige Vertrauen in den Rechtsstaat haben die Bürgerinnen und Bürger nur, wenn selbstverständlich ist, dass gleiches Recht für alle gilt und man darauf vertrauen kann, dass alle sich an die Spielregeln halten oder deren Missachtung – ohne Ansehen der Person – sanktioniert wird. Betrachten wir zum Beispiel die Steuermoral. Wenn Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens den Eindruck erwecken, sie glaubten, ihnen stünden Sonderregeln zu, so muss man sich nicht wundern, wenn die Steuermoral insgesamt sinkt. Die Ergebnisse aus Umfragen sprechen hier eine deutliche Sprache: Bereits vor zehn Jahren meinten lediglich 30 Prozent, dass Steuersünder Betrüger sind; 2007 waren dies nur noch 22 Prozent. Wenn eine Mehrheit in der Gesellschaft denkt, es sei clever, das Finanzamt zu betrügen, dann gehen nicht nur Steuereinnahmen verloren, dann 15 geraten auch der freiheitliche Rechtsstaat und unser aller Vertrauen in die demokratische Ordnung in Gefahr. Wir müssen uns daher auch fragen, warum unser Steuersystem in der Bevölkerung so wenig Unterstützung findet. Halten die Bürgerinnen und Bürger Steuerberechnung und Steuerhöhe, aber auch die Verwendung der Steuern noch für gerecht und zweckmäßig? Finanzwissenschaftler führen vor allem drei Eigenschaften eines leistungsfähigen Steuersystems an: Effizienz, Einfachheit und Transparenz. Das heißt, das Steuersystem sollte die effiziente Verwendung der wirtschaftlichen Ressourcen so wenig wie möglich behindern. Die Kosten der Steuererhebung sollten für den Staat und die Bürger so gering wie möglich sein – Einfachheit ist also auch ein Diener der Er­ giebigkeit der Steuern, was oft übersehen wird. Und die Steuerlasten und ihre Verteilung sollten für alle klar erkennbar sein. Leider müssen wir feststellen, dass das deutsche Steuersystem diesen Kriterien nur sehr bedingt gerecht wird. Die zahlreichen Abzugs- und Gestaltungsmöglichkeiten beeinflussen das wirtschaftliche Verhalten der Bürger und verzerren die Ressourcenallokation. In unserem komplizierten Steuersystem können heute viele ihre Steuererklärung nicht mehr ohne Steuerexperten ausfüllen. Zudem führen die komplexen Regelungen, die ständigen Änderungen im Steuerrecht und bisweilen stark aus­ legungsbedürftige Gesetzestexte zu hoher Intransparenz und zu Rechts­ unsicherheit. Manch einer fühlt sich von den zahlreichen Gestaltungsspielräumen sogar angespornt, möglichst viele Steuersparmöglichkeiten zu finden und auszutesten. Das Finanzamt wird zum „Gegner“ und Steuersparen zum „Volkssport“. Die Anreize zur Steuervermeidung sind dabei umso größer, je höher die steuerliche Grenzbelastung ist. In einem allgemeinen Verfallsprozess der Steuermoral ist es irgendwann für manchen nur noch ein kleiner Schritt von der Steuervermeidung zur Steuerhinterziehung. Um es ganz klar zu sagen: Dieser Schritt ist völlig in­ akzeptabel. So wichtig aus meiner Sicht eine Vereinfachung des Steuersystems ist, so wenig kann diese Notwendigkeit als Entschuldigung für Steuerhinterziehung gelten. Denn wir sollten nicht vergessen: Auch 16 Steuergesetze sind demokratisch legitimiertes Recht. Sie mögen uns im Einzelnen nicht gefallen, doch wer das als Rechtfertigung ansieht, gegen sie zu verstoßen, der untergräbt das so wichtige Vertrauen in unseren Rechtsstaat. Kommen wir, meine Damen und Herren, noch einmal zurück zu der Frage, wie viel Kontrolle in der Wirtschaft notwendig, aber vor allem wie viel Vertrauen möglich ist. Als Mittel gegen zu viel Bürokratie – und damit als Mittel zur Stärkung des Elements Vertrauen im Rechtssystem – sind freiwillige Selbstverpflichtungen in Mode gekommen – von der Selbstverpflichtung der Automobilindustrie zur CO2-Minderung bis zu zahlreichen Verhaltenskodizes der Chemischen Industrie. Ein wichtiges Beispiel ist der Corporate Governance Kodex. Manche bezeichnen ihn auch als „soft law“, weil er sich an das bindende Recht anschmiegt: Unternehmen können entscheiden, welche Teile des Corporate Governance Kodex sie anwenden wollen. Aber wenn sie sich entschieden haben, dann zwingt sie das Recht auch zur Einhaltung dieser Selbstbindung. Der Gedanke der Eigenverantwortung, der hinter Selbstverpflichtungen steht, ist begrüßenswert, und manche haben sich – wie zuletzt der Ausbildungspakt – auch als recht erfolgreich erwiesen. Häufig fällt das Ergebnis solcher Selbstverpflichtungen aber doch eher enttäuschend aus. Diese Ambivalenz findet sich auch im Corporate Governance Kodex. Die ihn begleitende Kommission hat gerade ihren Bericht vorgelegt und kommt zu dem Ergebnis, der Kodex habe sich „ohne Zweifel als Inbegriff von Standards guter Unternehmensführung fest etabliert.“ Nur fünf Empfehlungen würden von mehr als 10 Prozent der DAX-Unternehmen abgelehnt. Doch was hat diese hohe Akzeptanz tatsächlich bewirkt? Sie hat ganz offensichtlich nicht verhindert, dass Vorständen „Rundum-SorglosPakete“ gewährt wurden; und wenn man sich die aktuelle Auswertung der Kommission ansieht, dann ist auffällig, dass die Zustimmungsraten zu den Empfehlungen dort besonders gering sind, wo echte Verhaltensänderungen gefragt sind, wie etwa bei der Managerhaftung und bei der 17 Bundespräsident Dr. Horst Köhler bei seinem Festvortrag Begrenzung von Abfindungen. Wenn der Kodex aber keine echten Verhaltensänderungen anregt, dann bleibt seine Wirkung doch bescheiden. Dann hat er zwar eine nützliche Debatte über gute Unternehmensführung angestoßen, aber real wenig verändert. Vielleicht müssen wir also doch die gesetzlichen Regeln der Unternehmensführung anpassen – und hierüber wird ja auch bereits lebhaft diskutiert. Machen wir uns aber nicht vor, es gäbe ein Unternehmensrecht, das alles perfekt regelt. Rufen wir uns in Erinnerung: Moral kann man nicht per Gesetz verordnen. Meine Damen und Herren, im Grunde wären viele Selbstverpflichtungen und gesetzliche Regelungen überflüssig, wenn jeder sich so vertrauenswürdig verhielte, wie es dem Leitbild des ehrbaren Kaufmanns entspricht. Bereits im Mittelalter wurde in Kaufmannshandbüchern der „wahre und ehrliche Kaufmann“ gepriesen. Er zeichnet sich durch grundlegende Tugenden aus wie Ehrlichkeit, Vorsicht, die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen, Wagemut im richtigen Moment, Friedensliebe, 18 Ernsthaftigkeit, Höflichkeit, Klugheit, Ordnung und eine gute Erziehung – also eine Erziehung, die nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Werte. Die ehrbaren Kaufleute des Mittelalters verteilten einen Teil des Gewinns an die Armen und förderten darüber hinaus die Entwicklung von Infrastruktur und Kultur. Im Zuge der industriellen Revolution hat das Leitbild wohl später gelitten. Aber es gab immer wieder ehrbare Kaufleute, die es weiterentwickelt haben. Was gehört heute oder was könnte heute zu den Grundsätzen des ehrbaren Kaufmanns gehören? Ich denke, dazu gehören auf jeden Fall ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein, langfristiges Denken und die Orientierung am Ziel der Nachhaltigkeit. Vor allem aber geht es darum, dass die Führungskräfte in den Unternehmen selbst definieren, was für sie den ehrbaren Kaufmann ausmacht, dass sie sich an der gesellschaftlichen Wertediskussion beteiligen. Das ist mir eigentlich fast das Wichtigste: Sie sollen Flagge zeigen. Sie sollten den Dialog nicht scheuen, sondern vielmehr für die Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft kämpfen. Das gelingt nur, wenn sie zeigen, dass sie ernst nehmen, was die Gesellschaft beschwert und wenn sie vorleben, dass Anstand und Aufrichtigkeit eine Bedingung dafür bilden, nachhaltig Werte zu schaffen. Die erste Aufgabe von Unternehmen ist und bleibt natürlich, mit ihren Produkten und Dienstleistungen die Bedürfnisse ihrer Kunden zu befriedigen. Um das nachhaltig tun zu können, müssen sie investieren und dafür Gewinne erwirtschaften. Und dazu brauchen sie Vertrauen, das Vertrauen ihrer Mitarbeiter in das Unternehmen und in seine Führung, das Vertrauen der Geschäftspartner und das Vertrauen der Kunden in ihre Leistungen. Und Vertrauen entsteht durch Tugenden wie Wahrhaftigkeit, Mäßigung und Mut. Diese Tugenden müssen erlernt und gelebt werden, zum Beispiel durch ein glaubwürdiges Auftreten nach innen und außen, durch eine Kultur der Mäßigung und des Vorbilds bei den Managergehältern ebenso wie bei der Preisgestaltung auf Märkten mit geringem Konkurrenzdruck, durch Mut zur Innovation und zu In­ vestitionen in Neues. 19 Wer viel wagt und viel Verantwortung trägt und dabei Erfolg hat, der soll auch viel gewinnen können. Gesetzliche Höchstgrenzen für Gehälter halte ich für den falschen Weg. Denn sie dürften dem jeweils unterschiedlichen Zusammenspiel zwischen Risiko und Gewinn kaum gerecht werden. Es geht vielmehr darum, bei denjenigen, die Vorbild sein sollen – und ich füge hinzu: auch müssen – das Problembewusstsein zu schärfen und die Aufsichtsorgane zu stärken. Diese sollten dann eingreifen, wenn es an der Kultur der Mäßigung und des Vorbilds mangelt. Ich weiß, dass Maßlosigkeit nicht die Regel ist, aber wenn die Ausnahmen gerade dort passieren, wo die Öffentlichkeit besonders aufmerksam hinschaut, dann hat das Auswirkungen weit über die Einzelfälle hinaus. Dann entsteht eben der Eindruck: „Die Manager“ oder „die Unternehmer“ stopfen sich die Taschen voll. Und man darf sich dann auch nicht wundern, wenn das Bild der Sozialen Marktwirtschaft für viele zum Zerrbild wird. Unsere Wirtschaft wird getragen von den vielen Unternehmen, die abseits des Scheinwerferlichts und der Börsennachrichten auf dem Weltmarkt ausgesprochen erfolgreich – ja führend – sind. Das ist zum Glück die Basis. Ist es ein Zufall, dass viele von diesen erfolgreichen Unternehmern, lange bevor der Begriff „Corporate Social Responsibility“ in Mode kam, gesellschaftliche Verantwortung als selbstverständlichen Teil ihrer Arbeit gesehen haben? Vermutlich nicht. Es gab auch Unternehmer, die haben öffentlich gesagt: „Führen heißt Dienen.“ Ein Spruch von Herrn Merkle. So haben wohl diese Unternehmer schon früh verstanden, dass moralisches Verhalten dem Ruf eines Unternehmens förderlich, dass es Teil des dauerhaften, nachhaltigen Unternehmenswerts ist. Noch einmal: Vertrauen ist wichtig. Wer Vertrauen verspielt, der hat es schwer. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich sagen, bitten: Erarbeiten Sie sich Vertrauen und vor allem: Setzen Sie es nicht aufs Spiel. Es lohnt sich – nicht nur für die Unternehmen, sondern für uns alle! Ich danke Ihnen! 20 Josef Wieland Laudatio für Herrn Prof. Dr. Guido Palazzo Den diesjährigen Wissenschaftspreis des Max-Weber-Preises für Wirtschaftsethik erhält Prof. Dr. Guido Palazzo für seine wissenschaftlichen Beiträge auf dem Gebiet einer demokratietheoretischen Be­ gründung der ethischen Legitimität unternehmerischen Handelns in der globalen Welt. Ich möchte damit beginnen, den Preisträger vorzustellen. Er wurde 1968 geboren und ist verheiratet mit Bettina Palazzo. Bettina Palazzo ist Trägerin des Max-Weber-Sonderpreises aus dem Jahr 1998. Seit dem Jahr 2004 ist Guido Palazzo Assistenzprofessor und seit Mai dieses Jahres Professor für Unternehmensethik an der Universität Lausanne. Er studierte zunächst Betriebswirtschaftslehre an der Universität Bamberg und promovierte dann bei Professor Zimmerli an der Philosophischen Fakultät der Universität Marburg im Jahr 1999. In den Jahren 2000 bis 2003 hat er als Berater für Strategie eines Schweizer Beratungsunternehmens gewirkt. Der Preisträger ist also eine in Academia nicht häufig anzutreffende Mischung von Ressourcen wirtschaftlicher Praxis, betriebswirtschaftlicher Theorie und philosophischer Reflexion. Nun zu seiner wissenschaftlichen Leistung: Das gesellschaftliche Szenario, mit dem die Arbeiten von Guido Palazzo operieren, lässt sich etwa wie folgt zusammenfassen: Die gegenwärtige Globalisierung der Wirtschaft und der Gesellschaften, die kulturelle, politische und ökonomische Vernetzung der Bürger in einer sich entwickelnden Weltgesellschaft sind die strukturellen Parameter, in denen sich heute ökonomisches und politisches Handeln vollzieht. Dieses Kooperationsprojekt Weltgesellschaft basiert, anders als die demokratischen Nationalstaaten, auf keinem legitimierenden und legitimierten moralischen Konsens über die Prinzipien und Werte der Governance gesellschaftlichen Handelns in diesem sozialen Raum. Mit anderen Worten, es herrschen auch und vor allem für Unternehmen, die in dieser Globalisierung, so der Preisträger, eine 21 Prof. Dr. Josef Wieland bei seiner Laudatio große, entweder gesellschaftlich positive oder negative Rolle spielen können, keine „globally accepted norms of good corporate behaviour“1. Damit ist ein dreifaches Governancedefizit verbunden, das die Globalisierung als gelingendes Kooperationsprojekt zum wechselseitigen Nutzen aller Beteiligten permanent gefährdet. Zunächst haben wir es mit einem Regeldefizit zu tun: Auf der globalen Ebene gibt es keine oder nur wenige implizite oder explizite gemeinsame Regeln, also solche, die tatsächlich global geschaffen und darum auch global akzeptiert wurden. Informelle und formelle Regeln sind zum Beispiel Kultur und das Recht, die heute nationalstaatlich oder international, aber eben noch nicht global entwickelt sind. Diesem Regeldefizit folgt ein Erzwingungsdefizit auf globaler Ebene, das heißt nicht in allen Staaten wird – oder wird auf dem gleichen Niveau – darauf geachtet, dass die Regeln, die es auf nationalstaatlicher oder internationaler Ebene gibt, auch erzwungen werden. Schließlich existiert ein Organisationsdefizit auf globaler Ebene. Damit 22 ist gemeint, dass es nur wenige globale Organisationen gibt, die in der Lage sind, so etwas wie ein öffentliches Leben einer globalen Welt in ihren Regeln zu spiegeln oder zu organisieren. Heute können wir die United Nations oder die International Labour Organisation (ILO), die International Organization for Standardization (ISO), vielleicht auch manche Kirchen dazu zählen, aber im Prinzip leidet die Globalisierung an einem Organisationsdefizit. Diese Situation wird noch dadurch verschärft, dass wir gegenwärtig einen Wettbewerb um Normierungsmacht und die Macht, Spielregeln zu setzen, erleben. Die Länder der westlichen Welt, die seit vielen Jahrzehnten davon ausgehen, dass solche Initiativen aus ihren politischen Kulturen entstehen, müssen heute erleben, dass es vor allem große Schwellenländer wie die Volksrepublik China, Brasilien, Indien, Russland und einige andere Länder sind, die ebenfalls diese internationale und globale Normierungsmacht für sich beanspruchen. Diese knapp skizzierten Herausforderungen, und das ist vielleicht die eigentliche Triebkraft der Arbeiten von Guido Palazzo, könnten sich am Ende des Tages als eine Herausforderung für die Demokratie selbst herausstellen. Jeder, der sich ein wenig in der aktuellen Politik umsieht, wird die Sprengkraft dieser Situation sehr leicht verstehen. Und wenn wir uns dann einige globale Problemstellungen von fundamentaler Bedeutung, wie etwa die Klimaveränderung, Energie und Umwelt, den Zugang zu Wasser und Ernährung für alle Menschen dazurechnen, dann sehen wir, was hier auf dem Spiel steht. Vor dieser Folie beschäftigt sich Guido Palazzo mit den Möglichkeiten und Grenzen der Idee, durch den Einbezug neuer Akteure in die politische Arena das Governancedefizit in der global vernetzten Welt zu bearbeiten. Genauer gesagt interessieren ihn zwei der neuen Akteure: zum einen die Nichtregierungsorganisationen (NGOs) als politische Akteure der Zivilgesellschaft, zum anderen die Unternehmen als ökonomische Akteure, die mehr und mehr in den Prozess politischer Steuerung und Problemlösung einbezogen werden. Wir alle kennen die neue Begrifflichkeit, in der sich dieser Prozess vollzieht: Stakeholderdialoge, Multistakeholderdialoge, Corporate Citizenship, Corporate Social Re- 23 sponsibility, das sind einige der Schlagworte, die sich um die Aktivitäten dieser neuen Akteure in der politischen Arena entwickelt haben und mit denen die Hoffnung einhergeht, die globale Welt besser, besser im Sinne von effizienter, effektiver und legitimer zu steuern. Der Aspekt, der den Preisträger dabei zentral interessiert, ist die Frage nach der Beschaffenheit von politischen Diskursformen, die helfen, die Komplexität der globalen Welt abzuarbeiten. Er beginnt diese Studien mit seiner Promotion „Die Mitte der Demokratie: Über die Theorie de­ liberativer Demokratie von Jürgen Habermas“. Für ihn ist die entscheidende Frage: Kann es gelingen, eine zunehmende Effizienz bei der Lösung globaler Probleme der Entwicklung einer Weltgesellschaft mit der Legitimität des Engagements neuer Akteure zu verbinden? Immerhin ist zu bedenken, dass Nichtregierungsorganisationen und auch Unternehmen in einer demokratisch verfassten Gesellschaft keine den Spielregeln dieser politischen Form entsprechende Legitimierung zum politischen Engagement, vielleicht sogar zur Steuerung von Politik haben. Die Antwort, die er gibt – oder vielleicht bescheidener, die Richtung, in die er sucht –, lässt sich wie folgt skizzieren: Unternehmen mit ihren vielfältigen und gelegentlich für die Lösung globaler Probleme auch superioren Ressourcen sollen und müssen sich im eigenen und im gesellschaftlichen Interesse an der Bewältigung genau abgegrenzter öffentlicher Aufgaben beteiligen. Sie haben die Ressourcen, dies zu tun, aber die Frage ist, wer sie zu diesem gesellschaftlichen Handeln auch legitimiert. Dies kann letztlich, so der Preisträger, nur die Zivilgesellschaft sein. Es geht um einen demokratischen Meinungs- und Willensbildungsprozess unter der Kontrolle der Zivilgesellschaft, den er in Anlehnung an Jürgen Habermas als „deliberatives Verfahren“ bezeichnet. Nur so kann die Wahrnehmung gesellschaftlicher Anforderungen durch Unternehmen auch als gesellschaftlich legitim anerkannt werden. Es ist die Kommunikation der Zivilgesellschaft, welche die politische Öffentlichkeit und damit die Quelle von Legitimität bildet. Die Pointe an dieser theoretischen Idee von Guido Palazzo ist, dass die Gesellschaft, anders als in den gängigen BWL-Modellen, nicht Stakeholder der Unternehmen ist, sondern 24 Das Auditorium der 8. Max-Weber-Preisverleihung während der Rede von Prof. Dr. Josef Wieland umgekehrt die Unternehmen eben auch Stakeholder der Gesellschaft sind. Einfacher gesagt, für die Gesellschaft stellt sich die Frage, ob sie überhaupt ein Interesse an einem politischen Akteur namens „Unternehmen“ hat und wenn, zu welchen demokratietheoretischen Bedingungen. Die Antwort habe ich bereits skizziert, und die Grundideen dieser Antwort sind bereits in der im Jahr 2002 erschienenen Dissertationsschrift von Guido Palazzo ausgearbeitet. Er hat diese in den folgenden Jahren durch eigene und gemeinsame Artikel mit Andreas Scherer und Dorothee Baumann von der Universität Zürich weiter ausgearbeitet und in namhaften Managementorganen publiziert. Ich möchte zum Schluss meiner Lobrede das praktische Engagement von Guido Palazzo in der Organisierung der Diskurse, die er theoretisch als die richtigen bezeichnet, hervorheben. Mithilfe der Stiftung „Wert25 volle Zukunft. Stiftung für ethisches Handeln“ in Hamburg ist er dabei, eine Intranetplattform aufzubauen, die dem von ihm präferierten deliberativen Verfahren sehr nahe kommt. Auch hier glaube ich, ist etwas sehr Wichtiges für den Bereich der Wirtschafts- und Unternehmensethik nachzuvollziehen, nämlich dass es nicht allein darum geht, sich auf theo­ retische Deduktionen und analytische Deskriptionen zu konzentrieren, sondern sich eben tatsächlich auch in den öffentlichen ethischen Diskurs mit einzubringen. Mit dem Max-Weber-Preis 2008 würdigen die Kuratoren eine philosophische und demokratietheoretische Fundierung der heute bereits zum Schlagwort gewordenen Corporate-Responsibility-Bewegung, ja einen Beitrag zur Unternehmensethik überhaupt. Sie würdigen einen Beitrag zum unternehmensethischen Verständnis von Stakeholderdialogen als „ein Konzept von Zivilgesellschaft, welches die Konfliktlösungsmechanismen unmittelbar in die Lebenswelt der Bürgerinnen und Bürger einbindet“2. 1 Vgl. dazu Palazzo, Guido / Scherer, Andreas, 2006, Corporate Legitimacy as Deliberation: A Communicative Framework, in: Journal of Business Ethics, Vol. 66, No. 1, 71 ff. 2 Palazzo, Guido, 2002, Die Mitte der Demokratie: Über die Theorie deliberativer Demokratie von Jürgen Habermas, Baden-Baden, 22 26 Karl Homann Laudatio für Herrn Dr. Thomas Maak und Frau Johanna Weiß Sehr geehrter Herr Bundespräsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren. Wir kommen jetzt zur Verleihung des Max-Weber-Preises 2008 in den Kategorien „Lehrbuch“ und „Ausbildung“. Zunächst zum Lehrbuchpreis: Das Kuratorium hat diesen Preis Herrn Dr. Thomas Maak vom Institut für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen zuerkannt. Herr Dr. Maak hat großen Anteil an dem von ihm und dem Institutsleiter Professor Dr. Peter Ulrich verfassten, nicht weniger als 520 Seiten umfassenden Buch mit dem Titel „Integre Unternehmensführung: Ethisches Orientierungswissen für die Wirtschaftspraxis“. Wie bereits der Untertitel sagt, handelt es sich nicht nur um ein Lehrbuch für die Ausbildung an Hochschulen, es richtet sich ebenso an die Führungskräfte in der Praxis. Damit widerlegt es den Vorwurf der Theo­rielastigkeit und Praxisferne, welcher der deutschsprachigen Wirt­ schafts­ethik gelegentlich gemacht wurde. Thematisch befasst es sich mit einer großen Breite von Problemfeldern, bei denen ethische Fragen in der Unternehmensführung eine wichtige Rolle spielen. Entsprechend den verschiedenen Ebenen ist das Buch in drei Teile gegliedert mit den Leitworten „policies – processes – people“: Es geht also um die Probleme auf der politischen Ebene, der Organisationsebene und der Ebene der individuellen Verantwortung. Jeder dieser drei Teile enthält fünf Module. Darunter finden sich so wichtige Problemkreise wie: • Global Corporate Citizenship (Modul 2) • Stakeholder-Engagement und -Dialog (Modul 5) • Integritätssysteme (Modul 7) • Ethische Kompetenzbildung (Modul 14). 27 Um einen kleinen Einblick in das Werk zu geben, will ich kurz den Argumentationsgang wenigstens eines Moduls skizzieren. Ausgewählt habe ich eines, das ein höchst aktuelles Problemfeld behandelt und das in besonderer Weise auch die Handschrift von Herrn Dr. Maak trägt, das Modul 11 mit der Überschrift „Responsible Leadership – Die Grund­­lagen verantwortungsvoller Führung“. Hier wird zunächst gezeigt, dass Führung – im Gegensatz zu den meisten Arbeiten über dieses Thema – immer zentral und in jeder Hinsicht eine starke moralische Dimension aufweist. Darauf aufbauend wird die wichtigste Aufgabe von Führung im Unternehmen wie folgt bestimmt: „Verantwortliche Führung ist die Kunst des Aufbaus, der Gestaltung und der Pflege von integren und nachhaltigen Beziehungen zu allen Stakeholdern eines Unternehmens.“1 Grundlegendes Prinzip von Führung ist die wechselseitige emotionale, rechtlich-politische und soziale Anerkennung. Ausgestattet wird der Leader mit einem „moralischen Kompass“, dessen vier Himmelsrichtungen bestimmt werden als „Reflexionsvermögen und (selbst-)kritisches Denken“, „moralisches Bewusstsein“, „moralische Vorstellungskraft/ Fantasie“ und „Tugenden“. Das Modul erläutert abschließend in sehr aufschlussreicher Weise sechs Rollen, die ein Leader auszufüllen in der Lage sein und je nach Situation spielen muss: „Ein Responsible Leader dient anderen (Servant); ist Treuhänder von Werten und Ressourcen (Steward); trägt Sorge für eine moralische Infrastruktur und Integritätskultur (Architect); ist ein Agent verantwortlichen Wandels (Change Agent); er steht Followers mit Rat und Unterstützung zur Seite und ermöglicht moralisches Lernen und Entwicklung (Coach); und er kreiert moralische Bedeutungssysteme (Storyteller).“2 Sehr geehrter Herr Bundespräsident, meine Damen und Herren. Das Kuratorium befand diesen Beitrag von Herrn Dr. Maak des Max-WeberPreises in der Kategorie Lehrbuch für würdig und gratuliert ihm ganz herzlich zu dieser Anerkennung! 28 Prof. Dr. Dr. Karl Homann bei seiner Laudatio Ich komme nun zum Preis in der Kategorie „Ausbildung“. Das Kuratorium hat diesen Preis der Studentin der Fachhochschule Ansbach Frau Johanna Weiß zuerkannt. Sie hat eine bemerkenswerte, das gesetzte Limit von 15 Seiten genau einhaltende Studienarbeit zum Thema „Erfolg und Moral“ eingereicht, in der sie nach sehr reflektierten Überlegungen zu folgendem Ergebnis kommt: Ein Gegensatz von Erfolg und Moral mag kurzfristig bestehen, langfristig aber lässt er sich aufheben, wenn die Rahmenordnung des Wirtschaftens stimmt und wenn Verbraucher und, deren Nachfrageverhalten folgend, auch die Unternehmen ihre Interessen nachhaltig verfolgen. Sie beschließt mit dem Satz: „Wir sollten aufhören, an schnelle Lösungen zu glauben und ihnen zu vertrauen, damit es eine lebenswerte Zukunft geben kann und Wirtschaft, Umwelt, Gesellschaft und Familien wieder anfangen können zu funktionieren.“3 29 Ich will noch eine sehr prägnante Formulierung von Frau Weiß wiedergeben, die ich so noch nicht gelesen habe: „Also ist nicht nur Wirtschaft ohne Ethik unmoralisch, sondern auch Ethik ohne Wirtschaft.“4 Sie befindet sich mit diesem Gedanken in bester Gesellschaft: „Eine Moral, die die Sachkenntnis oder Wirtschaftsgesetze überspringen zu können meint, ist nicht Moral, sondern Moralismus, also das Gegenteil von Moral“5, sagte schon 1985 der heutige Papst Benedikt XVI. Frau Weiß hat mit dieser Arbeit gezeigt, dass man grundlegende Gedanken zur Moral der Marktwirtschaft flüssig, klar und ohne Schnörkel auf nur 15 Seiten vermitteln kann: Das ist eine reife Leistung, die das Kuratorium mit dem Nachwuchsförderpreis anerkennen will: Herzlichen Glückwunsch! 1 Maak, Thomas / Ulrich, Peter, 2007, Integre Unternehmensführung: Ethisches Orientierungswissen für die Wirtschaftspraxis, Stuttgart, 378. 2 Ebenda, 397. 3 Weiß, Johanna, 2007, Erfolg und Moral, Studienarbeit, Fachhochschule Ansbach. 4 Ebenda, 7. 5 Ratzinger, Joseph Kardinal, 1985, Marktwirtschaft und Ethik, Vortrag beim Symposium „Kirche und Wirt- schaft in der Verantwortung für die Zukunft der Weltwirtschaft“, November 1985, Rom. 30 Institut der deutschen Wirtschaft Köln Max-Weber-Preis für Wirtschaftsethik Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) fördert Forschung und Lehre im Bereich der Wirtschaftsethik und vergibt deshalb seit 1992 den Max-Weber-Preis für Wirtschaftsethik. Stifter der Auszeichnung ist der Unternehmer Klaus Tesch aus Wuppertal. Prämiert werden: • Dissertationen, Habilitationen und andere wissenschaftliche Veröffentlichungen, • Schul- und Lehrbücher, die sich mit wirtschaftsethischen Fragen beschäftigen, sowie • Schüler, Studenten und Auszubildende für Aufsätze und Hausarbeiten. V. l. n. r.: Prof. Dr. Josef Wieland, Klaus Tesch (Stifter des Max-Weber-Preises), Bundespräsident Dr. Horst Köhler, Prof. Dr. Guido Palazzo (Preisträger 2008), Dr. Thomas Maak (Preisträger 2008), Johanna Weiß (Preisträgerin 2008), Prof. Dr. Michael Hüther, Prof. Dr. Dr. Karl Homann 31 Preisträger des Max-Weber-Preises für Wirtschaftsethik 2008 Guido Palazzo Corporate (Social) Responsibility/Globale Governance Thomas Maak Integre Unternehmensführung: Ethisches Orientierungswissen für die Wirtschaftspraxis (Lehrbuchpreis) Johanna Weiß Studienarbeit: Erfolg und Moral (Ausbildungspreis) 2006 Michael Fürst Risiko-Governance: Die Wahrnehmung und Steuerung moralökonomischer Risiken Andrew Crane / Dirk Matten Business Ethics: A European Perspective (Schul-/Lehrbuchpreis) 2004 Joachim Fetzer Die Verantwortung der Unternehmung Bernd Noll Wirtschafts- und Unternehmensethik in der Marktwirtschaft (Schul-/Lehrbuchpreis) 2001 Andreas Wagner Unternehmensethik in Banken 1998 Josef Wieland Ökonomische Organisation, Allokation und Status Bettina Palazzo Unternehmensethik in Deutschland und den USA: Ein interkultureller Vergleich (Anerkennungspreis) 1996 Gerhard Blickle Kommunikationsethik im Management Udo Neugebauer Unternehmensethik in der Betriebswirtschaftslehre: Vergleichende Analyse ethischer Ansätze in der deutschsprachigen Betriebswirtschaftslehre Thomas Retzmann Wirtschaftsethik und Wirtschaftspädagogik: Eine fachdidaktische Ana­lyse von Möglichkeiten zur Förderung der moralischen Urteils- und Handlungskompetenz von Führungskräften 32 1994 Guido Krupinski Führungsethik für die Wirtschaftspraxis Alfred Jäger 1. Diakonie als christliches Unternehmen. 2. Diakonische Unternehmenspolitik. 3. Konzepte der Kirchenleitung für die Zukunft Max Klopfer Lerneinheit Wirtschaftsethik 1992 Albert Löhr Unternehmensethik und Betriebswirtschaftslehre: Untersuchungen zur theoretischen Stützung der Unternehmenspraxis Festredner anlässlich der Verleihung des Max-Weber-Preises 2008 Bundespräsident Dr. Horst Köhler 2006 Bundesminister und Vizekanzler Franz Müntefering 2004 Dr. Gerhard Cromme, Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex Schirmherrschaft: Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement 2001 Ministerpräsident Sigmar Gabriel 1998 Ministerpräsident Erwin Teufel 1996 Ministerpräsident Manfred Stolpe 1994 Bundesminister Dr. Norbert Blüm 1992 Ministerpräsident Johannes Rau 33 Forschungsbereich Wirtschaftsethik Den Dialog fördern Gesellschaft und Ökonomie Themen rund um Ethik und Ökonomie haben Konjunktur. Standortverlagerungen oder hohe Managergehälter schüren Emotionen. Manchen Bürgern gilt unsere Wirtschaftsordnung als ungerecht oder sogar unmoralisch. Den Unternehmen kann das nicht gleichgültig sein, sind sie doch auf ein wirtschaftsfreundliches Umfeld angewiesen, um produktiv und effizient zu sein und so den Wohlstand der Gesellschaft zu erhalten. Viele Firmen integrieren deshalb ethische Prinzipien und gesellschaftliches Engagement in ihre Arbeit. Forschung über Wirtschaftsethik Verständnis für ethische Werte, ökonomische Sachverhalte und deren Vereinbarkeit wachsen nicht von allein. Deshalb ist es notwendig zu informieren, zu diskutieren und Zusammenhänge zu erläutern. Das In­s­ titut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) möchte den Dialog zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und Unternehmen fördern und ausbauen. Wichtige Aufgaben bestehen darin, • zu verdeutlichen, welche normativ-ethischen Werte die Marktwirtschaft braucht, • darzulegen, welche Faktoren für Unternehmen unter ethischen Aspekten wichtig sind, • aufzuzeigen, welche Rolle der einzelne Mitarbeiter und die Führungskultur im Unternehmen dabei spielen, und • abzuleiten, welche allgemeingültigen, dauerhaften Regeln der Staat aus ethischer und wirtschaftlicher Sicht vorgeben sollte. Aktuelle Forschungsthemen Am Institut der deutschen Wirtschaft Köln wurde im Bereich Wirtschaftsethik bisher eine Vielzahl von Aspekten untersucht. Zu den wichtigsten Themenfeldern zählen: 34 Ordnungsethik. Regeln können den Unternehmen dabei helfen, ethisch zu handeln. Zum Teil kann die Politik solche Anforderungen festschreiben und so eine ethische Ordnung gestalten. Das IW Köln hat analysiert, welche Bedingungen der Staat schaffen kann und sollte, damit Unternehmen nicht nur wettbewerbsfähig bleiben, sondern gleichzeitig auch moralischen Ansprüchen genügen. Dafür sind allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe notwendig. Nur mithilfe objektiver Kriterien lassen sich Diskussionen versachlichen – wie beispielsweise die, ob Deutschland mehr soziale Sicherung oder mehr Markt und Wettbewerb braucht. Corporate Social Responsibility (CSR). Vielerorts übernehmen Firmen gesellschaftliche Verantwortung (CSR) – etwa in sozialen Projekten oder im Umweltschutz. Das IW Köln hat in verschiedenen Studien untersucht, wie dieses Engagement in Deutschland aussieht, warum Firmen sich einsetzen und welche Wirkungen diese Initiativen haben. Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit. Ein Fünftel der Deutschen arbeitete im Jahr 2006 schwarz, und in rund 3,6 Millionen Haushalten sind Menschen beschäftigt, ohne dass ihre Tätigkeiten angemeldet sind. Dadurch entgehen dem Fiskus und den Sozialversicherungen Einnahmen. Solche Regeln zu missachten, hat Konsequenzen für die Moral einer Gesellschaft. Ziel der Forschung ist es daher, auf Basis wirtschaftspsychologischer Erkenntnisse innovative wirtschaftspolitische Lösungen zu entwickeln, die helfen, Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit einzudämmen. Kirche und Wirtschaft. Auch wenn längst nicht mehr alle Deutschen sonntags die Messe besuchen, sind die Kirchen noch immer eine wichtige moralische Instanz. Doch welchen Einfluss haben sie auf Entwicklungen und Werte in der Wirtschaft? Diesem Zusammenhang hat das IW Köln mehrere Untersuchungen gewidmet und pflegt hierzu auch seit langem den Dialog mit Vertretern beider christlicher Konfessionen, zum Beispiel auf Tagungen mit katholischen und evangelischen Akademien als Partnern. Mit dieser Plattform soll das Verständnis zwischen Kirche und Wirtschaft weiter gefördert werden. 35 Wirtschaftsethik im IW Köln Das IW Köln ist wissenschaftlich und medial gut positioniert, um Fragen der Wirtschaftsethik noch besser in der öffentlichen Debatte zu platzieren. Mit einer vielseitigen Palette an Publikationen – vom wissenschaftlichen Sachbuch bis hin zur populären Broschüre und dem wöchentlich erscheinenden Informationsdienst iwd – sprechen wir vielfältige Zielgruppen an. Dazu gehören neben Wirtschaft und Wissenschaft auch Politik, Medien und Schulen. Dies alles verhilft uns zu einer prominenten öffentlichen Wahrnehmung. Ausschließlich wirtschaftsethischen Fragestellungen widmet sich der viermal im Jahr erscheinende „Wirtschaft- und Ethik-Infodienst“. Das IW Köln bemüht sich, die Diskussion über Markt und Moral in der Gesellschaft weiter zu intensivieren. Ziel ist es, insbesondere Menschen in den Dialog einzubinden, die der Wirtschaft kritisch gegenüberstehen und unzureichend über ökonomische Zusammenhänge unterrichtet sind. Gerne informieren wir Sie über unsere Arbeit. Ansprechpartner Dr. Hans-Peter Klös Geschäftsführer, Leiter Bildungspolitik und Arbeitsmarktpolitik Institut der deutschen Wirtschaft Köln Gustav-Heinemann-Ufer 84–88 50968 Köln Telefon: 0221 4981-710, Fax: 0221 4981–99710 [email protected] Dr. Dominik H. Enste Rechts- und Institutionenökonomik/Wirtschaftsethik Institut der deutschen Wirtschaft Köln Gustav-Heinemann-Ufer 84–88 50968 Köln Telefon: 0221 4981-730, Fax: 0221 4981-99730 [email protected] www.wirtschaft-und-ethik.de 36 Preisträger und Referenten 2008 Prof. Dr. Dr. Karl Homann, geboren 1943 in Everswinkel, ist Professor für Philosophie und Wirtschaftsethik an der Ludwig-Maximilians-Universität München; 1963 bis 1972 Studium der Philosophie, Germanistik und Katholischen Theologie an der Universität Münster, 1972 Promotion zum Dr. phil.; 1971 bis 1979 Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Münster, 1979 Promotion zum Dr. rer. pol.; 1985 Habilitation für Philosophie an der Universität Göttingen; 1986 bis 1990 Professor für Volkswirtschaftslehre und Philosophie an der Privatuniversität Witten/Herdecke; 1990 bis 1999 Professor für Wirtschafts- und Unternehmensethik an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät Ingolstadt der Katholischen Universität Eichstätt, erster Inhaber eines Lehrstuhls dieser Art in der Bundesrepublik Deutschland; seit 1999 Professor für Philo­ sophie unter besonderer Berücksichtigung der philosophischen und ethischen Grundlagen der Ökonomie (Wirtschaftsethik) an der Ludwig-MaximiliansUniversität München; seit 1997 Mitglied des Kuratoriums für die Vergabe des Max-Weber-Preises für Wirtschaftsethik. Prof. Dr. Michael Hüther, geboren 1962 in Düsseldorf, ist Direktor und Mitglied des Präsidiums des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW); 1982 bis 1987 Studium der Wirtschaftswissenschaften und der mittleren und neueren Geschichte an der Universität Gießen, Studienaufenthalt an der University of East Anglia, Norwich; 1987 bis 1989 Promotionsstudium der Wirtschaftswissenschaften, 1990 Abschluss des Promo­tionsverfahrens (Dr. rer. pol.); 1991 bis 1995 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Stab des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR), Wiesbaden; 1995 bis 1999 Generalsekretär des SVR (Leiter des wissenschaftlichen Stabs); 1999 bis 2004 Chefvolkswirt, 2001 bis 2004 Bereichsleiter Volkswirtschaft und Kommunikation der DekaBank, Frankfurt am Main; seit 2001 Honorarprofessor an der European Business School, Oestrich-Winkel; seit Juli 2004 Direktor und Mitglied des Präsidiums des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln. Prof. Dr. Horst Köhler, geboren 1943 in Skierbieszów (Polen), ist Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland; 1965 bis 1969 Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Tübingen; 1969 bis 1976 wissenschaftlicher Referent am Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung in Tübingen; 1976 bis 1981 Referent in der Grundsatzabteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft; 1977 Promotion zum Dr. rer. pol.; 1981 Eintritt in die CDU; 1981 bis 1982 Referent des Ministerpräsidenten Gerhard Stoltenberg in der Staatskanzlei Schleswig-Holstein; 1982 bis 1990 Tätigkeit im Ministerbüro, der 37 Grundsatzabteilung sowie der Internationalen Abteilung im Bundesministerium der Finanzen; 1990 bis 1993 Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen; 1993 bis 1998 Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes; 1998 bis 2000 Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in London; 2000 bis 2004 Geschäftsführender Direktor des Internatio­nalen Währungsfonds (IWF) in Washington, D. C.; seit 2003 Honorarprofessur an der Universität Tübingen; am 23. Mai 2004 Wahl zum Bundespräsidenten und seit 1. Juli 2004 Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Dr. Thomas Maak, geboren 1964 in Bielefeld, ist Forschungsdirektor am Institut für Wirtschaftsethik (IWE) der Universität St. Gallen und Dozent für Corporate Responsibility an eben dieser Institution; 1986 bis 1992 Studium der Betriebswirtschaftslehre an den Universitäten Bielefeld und Bayreuth sowie Tätigkeit an der Technischen Universität Dresden; ab 1993 Doktoratsstudium an der Universität St. Gallen, 1999 Promotion; 1995 bis 1999 wissenschaftlicher Assistent am IWE der Universität St. Gallen; 1999 bis 2001 Visiting Fellow an der School for International and Public Affairs der Columbia University, New York sowie am Business Ethics Institute der Georgetown University (McDonough School of Business) in Washington, D. C.; seit 2002 Mitglied des Executive Committee des European Business Ethics Network (EBEN); seit 2004 als Visiting Faculty and Senior Research Fellow Leiter eines globalen Forschungsprojekts zur Entwicklung verantwortlicher Führungskräfte im Rahmen der PwC-INSEAD Initiative on High-performing Organizations in INSEAD/Fontainebleau (Frankreich); im Rahmen seiner Forschung und Lehre widmet er sich vor allem den Themenbereichen Corporate Responsibility, Corporate Citizenship und Responsible Leadership; in seiner Beratungsarbeit und Führungs­ kräfteschulung hat er mit Unternehmen wie Shell, PricewaterhouseCoopers, Volkswagen, Deutsche Telekom und DONG Energy gearbeitet. Prof. Dr. Guido Palazzo, geboren 1968 in Waldbröl, ist Professor für Unternehmensethik an der School of Business and Economics der Universität Lausanne (Schweiz); 1989 bis 1999 Studium der Touristik, Betriebswirtschaft und Philosophie in Worms, Bamberg und Marburg; 2000 Promotion in Philosophie an der Philipps-Universität Marburg; Abschlüsse: Diplom-Betriebswirt (FH), Diplom-Kaufmann und Dr. phil.; seit 2003 Lehrtätigkeit zur Unternehmensethik in den Bachelor- und Masterprogrammen der Universitäten Lausanne und Lugano sowie in den MBA-Programmen der Universitäten Lausanne, Fribourg, Nottingham und INSEAD/Fontainebleau; seit 2007 Visiting Professor 38 an der Universität Nottingham; Forschungstätigkeit zu den Konsequenzen der Globalisierung für die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen, Schwerpunkte: Multistakeholderdialoge, Menschenrechte, globale Governance­ mechanismen, Wertschöpfungskettenanalyse, CSR-Strategie; Beratung von Unternehmen und NGOs in Fragen der Unternehmensethik und CSR; Mitglied einer Arbeitsgruppe der Weltgesundheitsorganisation zur Kontrolle von Tabak­ unternehmen; Mitgründer eines Internetprojekts, dessen Vision es ist, das weltweit vorhandene zivilgesellschaftliche Wissen über Unternehmen zu vereinen (www.global-demos.org). Klaus Tesch, geboren 1934 in Wuppertal, ist Stifter des Max-Weber-Preises für Wirtschaftsethik; 1954 bis 1955 Studium der Elektrotechnik in Wuppertal; seit 1955 geschäftsführender Gesellschafter der 1945 gegründeten Ernst Tesch GmbH + Co. KG in Wuppertal; 1992 Stifter des vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln verliehenen Max-Weber-Preises für Wirtschaftsethik. Johanna Weiß, geboren 1985 in Neuendettelsau, ist Studierende der Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Ansbach; 1992 bis 1996 Grundschule in Brodswinden; 1996 bis 2005 Theresien-Gymnasium in Ansbach, 2005 Abitur; seit September 2005 Ausbildung zur Bankkauffrau bei der RaiffeisenVolksbank eG Gewerbebank im Rahmen eines Verbundstudiums der Betriebswirtschaftslehre; seit Oktober 2006 Studium der Betriebswirtschaftslehre an der FH Ansbach; außerschulisches Engagement unter anderem in der Kinderund Jugendarbeit der evangelischen Kirchengemeinde Brodswinden und im Blauen Kreuz Ansbach. Prof. Dr. Josef Wieland, geboren 1951 in Bedburg-Broich (Erft), ist Professor für Allgemeine BWL mit Schwerpunkt Wirtschafts- und Unternehmens­ ethik an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG), Konstanz; Studium der Ökonomie und Philosophie an der Universität-Gesamthochschule Wuppertal, 1985 Abschluss als Dipl.-Ökonom; 1988 Promotion zum Dr. rer. oec.; 1995 Habilitation im Fach Volkswirtschaftslehre an der Privat­ universität Witten/Herdecke; seit 1995 Professor für Allgemeine BWL mit Schwerpunkt Wirtschafts- und Unternehmensethik an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG), Konstanz; seit 2001 Gastprofessor für Management und Ethik an der Universität Jiangsu in Zhenjiang (VR China); seit Sommer 2006 für zwei Jahre Gastprofessor für Corporate Social Responsibility an der Royal Holloway School of Management der University of Lon- 39 don; Wissenschaftlicher Direktor des Konstanz Institut für WerteManagement (KIeM); Direktor des Zentrums für Wirtschaftsethik (ZfW), dort Gründer des Anwenderrats für Wertemanagement; 1998 Träger des Max-Weber-Preises für Wirtschaftsethik des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, 2004 Träger des Preises für Angewandte Forschung (Landesforschungspreis) Baden-Württemberg; seit 2005 Mitglied des Kuratoriums für die Vergabe des Max-WeberPreises für Wirtschaftsethik. 40