Fortbildungsartikel verfügbar

Werbung
G
N
TB
©© Lecic / iStock
ZE
E
Zertifizierte
Zertifizierte
Fortbildung
Fortbildung
in Zusammenarbeit
in Zusammenarbeit
mitmit
3
Punkte
R
Ernährung bei ...
IFIZIE
RT
FO
PflegeKolleg
... Störungen der Wundheilung
Prüfen Sie den Ernährungsstatus!
RT
ILDU
... Entzündlich rheumatischer Erkrankung
Leinöl, Fisch & Co.: Bei Rheuma an Omega 3 denken!
... Demenz
Essen und Trinken? Einfach vergessen.
PflegeKolleg
Ernährung bei ...
... Störungen der Wundheilung
Prüfen Sie den Ernährungsstatus!
Wundheilung und Ernährung hängen eng zusammen. Damit der proliferative Wundheilungsprozess funktioniert, benötigt der Körper Eiweiße, Kohlenhydrate, Fette, Mineralstoffe, Spurenelemente, Ballaststoffe, Vitamine, Energie und Wasser. Diese Bausteine
müssen dem Körper über die Ernährung zugeführt werden. Geschieht dies nicht in ausreichender Menge und Qualität, kann es zur Störung der Wundheilung kommen.
Stressfaktoren
Nährstoffe
Grundumsatz
W
eil eine optimale Ernährung die Wundheilung unterstützt, sollte bei allen Patienten mit einer chronischen Wunde der
Ernährungszustand im Rahmen der pflegerischen
Anamnese analysiert werden. Dazu wird zunächst
der Grundumsatz eines Menschen bestimmt. Der
Grundumsatz ist die Energiemenge, die der Körper
pro Tag bei völliger Ruhe benötigt, allein um die
Stoffwechselabläufe zu gewährleisten. Frauen haben
grundsätzlich einen niedrigeren Grundumsatz. Folgende Formel gibt einen ungefähren Wert:
Männer: Körpergewicht in kg x 1,0 kcal x 24 Stunden. Für einen Beispielpatienten mit 85 kg ergibt
das: 85 x 1,0 x 24 = 2.040 kcal
Frauen: Körpergewicht in kg x 0,9 kcal x 24 Stunden. Für die Beispielpatientin mit 70 kg ergibt das:
70 x 0,9 x 24 = 1.512 kcal
Die benötigten Makronährstoffe sollten sich wie
folgt aufteilen: Der Anteil der Proteine in der Nahrung sollte bei 15–20%, der Kohlenhydrate bei 55%
und der Fette bei 25–30% liegen.
Mangelernährung berechnen
Optimale Ernährung unterstützt
die Wundheilung.
12
Mangelernährung kann Wundheilungsstörungen
verursachen. Bei vermeintlich ausreichender Energiezufuhr und trotzdem auftretender Wundheilungsstörung muss auf die Zusammensetzung,
Qualität und Quantität der Nährstoffe geachtet werden. Der Eiweißbedarf erhöht sich bei chronischen
Wunden nicht automatisch. Es erhöht sich aber der
Gesamtenergiebedarf, die prozentuale Zusammensetzung der einzelnen Nährstoffe sollte gleich bleiben. Die Erhöhung des Gesamtenergiebedarfs kann
mit dem so genannten Krankheitsfaktor, dessen
Ausgangsbasis der Grundumsatz ist, ermittelt werden. Für das Maß an körperlicher Aktivität wird ein
Multiplikator ermittelt, der Physical Activity Level
(PAL). Da eine Wunde für den Körper Stress bedeutet, erhöht sich der Energiebedarf entsprechend.
Verschiedene Krankheitsstress-Faktoren fungieren
daher als Multiplikatoren in unterschiedlicher Stärke (Tab. 1).
Gesamtenergiezufuhr erhöhen
Bei Wunden und/oder anderen konsumierenden
Erkrankungen muss die Gesamtenergiezufuhr
und somit auch absolut die Proteinzufuhr erhöht
werden, um dem Katabolismus von Körpereiweiß
entgegenzuwirken. Bei Dekubitus wird von den
NPUAP-Leitlinien 2009 eine Proteingabe von
1,25–1,5 g/kg Körpergewicht pro Tag empfohlen.
Diese Proteingabe sollte allerdings immer wieder
in Bezug auf die Nierenfunktion überprüft werden.
Eine Proteingabe von über 2 g/kg Körpergewicht
pro Tag – das entspricht 120 g für Frauen und 140
g für Männer – wird in der Literatur als nicht sinnvoll betrachtet, da dies zu einer Nieren- beziehungsweise Leberdysfunktion und vor allem beim
älteren Patienten zu Dehydration führen kann.
Zusätzlicher Eiweißbedarf
Häufig stehen Wundversorger vor der Frage, ob und
wie viel zusätzliches Eiweiß gegeben werden muss
beziehungsweise gegeben werden darf. Bei stark exsudierenden Wunden kann es erforderlich sein,
über den normalen Bedarf von 15% hinaus, Eiweiß
zuzuführen. Denn über das Exsudat wird Eiweiß
verloren. Dabei ist Wundexsudat von seiner Zusammensetzung her vergleichbar mit Blutserum. BlutHeilberufe / Das Pflegemagazin 2015; 67 (10)
©© silverjohn / iStock
K E Y WO R DS
Mangelernährung
Tab. 1: Das beeinflusst den Energiebedarf
Fallbeispiel
Stressmultiplikatoren
Krankheit
Krankheits- (Stress-)
faktor als Multiplikator
Kleine Operationen
1,2
Wunden unter 50 cm² Fläche
1,3–1,5
Wunden mit einer Fläche
über 50 cm²
1,5–1,9
Sepsis
1,4–1,6
Verbrennungen
2,1 und mehr
Physical Activity Level/PAL
Körperliche Aktivität
PAL-Multiplikator
Beispiel
Bettlägerigkeit / 1,2
Überwiegende
Bettlägerigkeit
Teilmobilität / 1,4–1,5
Das Bett wird für die Mahlzeiten und für Toilettengänge verlassen
Im Arbeitsprozess: überwiegend sitzende Tätigkeit
Mobilität / 1,6–1,7
Sitzende Tätigkeit ohne
sportlichen Ausgleich
Hohe Mobilität / 1,8–1,9
Überwiegend
stehende und
gehende Tätigkeit
Hohes Maß an körperlicher
Betätigung / 2,0–2,4
Bauarbeiter, Landwirte,
Hochleistungssportler
Demente mit
hohem Laufpensum
Unsere Beispielpatientin (70 kg, 165 cm) hat den
errechneten Grundumsatzbedarf von 1.515 kcal. Sie
ist teilmobil und kann das Bett zu den Mahlzeiten
und für Toilettengänge verlassen. Damit kommt sie
auf einen PAL Faktor von 1,5. Um den Energiebedarf
zu ermitteln, wird ihr Grundumsatz mit 1,5 multipliziert: 1.512 x 1,5 = 2.268 kcal. Zudem hat sie ein Ulcus
cruris venosum mit einer Wundfläche von ca. 50 cm².
Dieser Krankheitsfaktor kommt als Multiplikator
dazu: 2.268 x 1,5 = 3.402 kcal.
Fazit: Zur Aufrechterhaltung ihres Stoffwechsels und
zur Bewältigung der notwendigen Wundheilung
werden täglich 3.402 kcal benötigt.
Energie nach Nährstoffen
Prozentual gestaltet sich die Aufteilung der Nährstoffe so:
55% von 3.402 = 1.871 kcal in Form von Kohlenhydraten (435 g)
30% von 3.402 = 1.020 kcal in Form von Fetten (112 g)
15% von 3.402 = 510 kcal in Form von Eiweiß (118 g)
Für die Ermittlung der Gramm-Werte wurden jeweils
4,3 kcal pro Gramm Kohlenhydrate und Eiweiß sowie
9,1 kcal pro Gramm Fett zugrunde gelegt. Bei der
Beispielpatientin sollte der Eiweißanteil der Nahrung
demnach ungefähr 1,7 g pro Kilogramm Körpergewicht betragen.
Das Beispiel zeigt, dass es Sinn macht, den tatsächlichen Bedarf zu berechnen, denn die empfohlene
Höchstmenge für die Eiweißzufuhr liegt bei 2,0 g pro
Kilogramm Körpergewicht. Für gesunde Erwachsene
wird nach den D-A-CH-Referenzwerten eine Eiweißzufuhr von 0,8 g/kgKG pro Tag empfohlen.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGE) Referenzwerte 2008 in Grundsatzstellungnahme des MDS 2014, S.33, modifiziert
durch M.Gerber
serum enthält auf 100 ml 3 g Eiweiß. Übertragen
auf die Wundheilung heißt das, dass 100 ml tägliches Exsudat mit 3 g Eiweiß absolut täglich substituiert werden müsste. 3 g Eiweiß sind ungefähr in
20 g Quark (20% Fettstufe) enthalten.
Mikronährstoffe unterstützen Wundheilung
Auch die ausreichende Zufuhr von Mikronährstoffen besitzt Einfluss auf die Wundheilung. Von besonderer Bedeutung sind:
Vitamin D spielt eine Rolle bei der Osteoporoseprophylaxe. Es unterstützt den Einbau von Kalzium in
Heilberufe / Das Pflegemagazin 2015; 67 (10)
die Knochen. Vitamin D ist in Hering, Lachs, Rinderleber, Eigelb, Butter, Steinpilzen, Pfifferlingen
und Champignons enthalten.
Folat (natürliches Vitamin) beziehungsweise Folsäure (synthetische Form des Vitamins) ist beteiligt
an Zellteilung und Zellneubildung sowie wichtig für
den Proteinstoffwechsel. Folatmangel führt zur Erhöhung des Homocysteinspiegels. Homocystein
wiederum ist ein Faktor bei der Entstehung von Arteriosklerose. Folsäure ist u.a. enthalten in Spinat,
Erbsen, Brokkoli, Salat, Grünkohl, Porree, Kirschen,
Kichererbsen, Linsen und Mungbohnen.
Der Eiweißbedarf
erhöht sich bei
chronischen
Wunden nicht
automatisch.
13
PflegeKolleg
Es kann effektiver
sein, bevorzugte
Nahrungsmittel
zu ergänzen, anstatt sie komplett
auszutauschen.
Ernährung bei ...
Kalzium wird benötigt für Erhalt und Aufbau von
Knochensubstanz. Wichtig ist die Kombination mit
Vitamin D. Kalzium kommt vor in Milch und
Milchpodukten. Bei der Kalziumzufuhr ist zu beachten, dass ungesättigte Fettsäuren, die gleichzeitig aufgenommen werden, so genannte Kalkseifen
bilden. Das Kalzium ist dann für den Organismus
nicht verfügbar. Außerdem bewirkt die verstärkte
Aufnahme von Proteinen, dass Kalzium wieder ausgeschieden wird.
Arginin besitzt einen wundheilungsfördernden Effekt dadurch, dass es die Kollagensynthese stimuliert sowie die Lymphozytensynthese anregt. Die
Forschungsergebnisse zu diesem Thema sind jedoch
nicht übereinstimmend positiv. Studien, die den positiven Zusammenhang zwischen Arginin und
Wundheilung bestätigen, liegen (noch) nicht vor.
Arginin kommt in Haferflocken, Nüssen, Fleisch,
Schalentieren und Hülsenfrüchten vor.
Zink erhöht die Wirkung von Insulin, wirkt sich dadurch auf den Fett- und Zuckerspiegel in unserem
Blut aus. Es baut die roten und weißen Blutkörperchen mit auf, unterstützt Zellteilung und Wundheilung. Es ist essentiell für Aufbau und Degradation
des Bindegewebes und den Aufbau von Zellmembranen. Es ist enthalten in Fleisch, Getreide (vor allem Hafer), Salat, Gurken, Spargel, Kakao und Käse.
Vitamin C soll die Regeneration von Hautzellen befördern. Vitamin C in relevanten Mengen ist in
Obst, Kräutern (z.B. Petersilie), Paprika, in allen
Kohlsorten und Kartoffeln enthalten.
Bedarf ist nicht gleich Bedürfnis
Bedarfe können berechnet werden. Auf dieser
Grundlage kann eine individuell passende Ernährung zusammengestellt werden. Was aber, wenn die
Wundpatientin/der Wundpatient die erforderlichen
Energiemengen nicht verzehren kann oder mag?
Das Bedürfnis nach Ernährung kann deutlich vom
Bedarf abweichen. Deshalb gilt es, die tatsächlichen
Ernährungsgewohnheiten zu ermitteln: Was isst der
Patient/Bewohner? Wie sind die einzelnen Nährstoffe im Speiseplan vertreten (Menge)? Welche Produkte stehen auf dem Speiseplan, Fertigprodukte
oder frische Zubereitungen? Mit diesen Fragen
kann ermittelt werden, ob und bei welchen Nährstoffen eventuell Defizite bestehen. Ernährungsempfehlungen sollten immer die individuellen Vorlieben und Gewohnheiten berücksichtigen. Es kann
effektiver sein, bevorzugte Nahrungsmittel zu ergänzen, anstatt komplett austauschen zu wollen.
Wenn Menschen nicht mehr genug Energie zu sich
nehmen, ist es auch hilfreich, der wenigen Nahrung,
die sie verzehren, eine höhere Nährstoffdichte zu
14
Fazit für die Pflege
— Wundheilung ist auch abhängig von ausreichender Nährstoffzufuhr. Wundheilungsstörungen
resultieren nicht selten aus Mangelernährung.
— Bei bestehenden chronischen Wunden erhöht
sich der absolute Energiebedarf des betroffenen
Menschen.
— Mit einer Analyse der Ernährungsgewohnheiten
kann festgestellt werden, bei welchen Nährstoffe
Defizite bestehen. Auf der Basis dieser Analyse
kann die Ernährung passend auf die Wundheilung abgestimmt werden.
— Es gelten die Regeln für gesunde Ernährung.
Bedarf und Bedürfnis bezüglich der Ernährung
sollten im Einklang stehen.
geben. Das erreicht man zum Beispiel, indem man
ein natürliches Nahrungsmittel wie die gekochte
Kartoffel, nicht mit Milch zu Püree verarbeitet, sondern anstelle der Milch ein Kalorienkonzentrat verwendet. Das Ergebnis ist ein Kartoffelbrei, der so
aussieht und schmeckt wie gewohnt, aber einen höheren Nährstoffanteil aufweist.
Auch Eiweißkonzentrat kann in entsprechender
Menge als Anreicherung verwendet werden, wenn
der betreffende Mensch, beispielsweise weil er eine
Aversion gegen Fleisch hat, nicht genügend Eiweiß
mit der natürlichen Kost aufnimmt. Bedarf und Bedürfnis in der Ernährung sollten im Einklang stehen. Denn: Die beste Ernährung hat keine Wirkung,
wenn sie nicht verzehrt wird.
Madeleine Gerber
Krankenschwester, Ernährungsberaterin und Wundexpertin,
Lehrerin für Pflegeberufe
Initiative Chronische Wunden e.V.
Pölle 27/28, 06484 Quedlinburg
[email protected]
Heilberufe / Das Pflegemagazin 2015; 67 (10)
PflegeKolleg
Ernährung bei ...
... Entzündlich rheumatischen Erkrankungen
Leinöl, Fisch & Co.:
Bei Rheuma an Omega-3 denken
Rheuma – die Körperabwehr attackiert die eigenen Gelenke. Sie schwellen an, sind steif,
warm, schmerzen. Verschiedene Medikamente können das Fortschreiten der Krankheit
aufhalten, müssen aber dauerhaft eingenommen werden. Eine angepasste Ernährungstherapie kann das Immunsystem zusätzlich unterstützen, den Dauerangriff einzustellen
und die Medikamentendosis zu reduzieren.
K E Y WO R DS
Autoimmunerkrankungen
Entzündungsfördernde
Eicosanoide
Entzündungshemmende Eicosanoide
Omega-6-Fettsäuren
Omega-3-Eicosapentaensäure (EPA)
E
ntzündlich-rheumatische Erkrankungen sind
durch einen wechselvollen Verlauf gekennzeichnet. Zeiten von geringer Krankheitsaktivität oder Beschwerdefreiheit werden von Phasen
mit Schmerzen, Gelenkschwellungen, Morgensteifigkeit und Allgemeinsymptomen wie Müdigkeit,
Inappetenz oder sogar Fieber unterbrochen. Leider
kennt man weder die Ursache dieser als „Schübe“
bezeichneten Verschlechterungen, noch kann man
den Verlauf der Erkrankung vorher sagen. Eindeutig besteht eine genetische Veranlagung, wobei
mehrere Gene involviert sind, deren Zusammenwirken entscheidenden Einfluss auf den Verlauf der
Erkrankung hat. Zudem existieren auch schützende Gene, die ebenfalls modifizierend den Krank-
heitsverlauf bestimmen. Man nimmt an, dass zusätzlich zur erblichen Veranlagung ein auslösendes
Ereignis, zum Beispiel ein Virusinfekt, eine belastende Lebenssituation, ein bakterieller Infekt, möglicherweise auch eine langfristige ungünstige Ernährung hinzukommen müssen, um die Krankheit
auszulösen. Für alle diese Vermutungen gibt es wissenschaftliche Hinweise.
Immunsystem – In ständiger Bereitschaft
Kennzeichen der Autoimmunerkrankungen ist die
Unfähigkeit des Immunsystems, das auslösende Ereignis zu beseitigen. Hieraus resultiert eine dauernde Stimulierung, das Immunsystem ist in ständiger
Alarmbereitschaft. Im Krankheitsschub kommt es
E NT ZÜ N DU N GSH E M M E N D E E R NÄH RU N G
Ernährungstherapeutische, entzündungshemmende Maßnahmen werden unter A.D.A. (All Dietary Antiinflammatory Means) zusammenfassend beschrieben. Dazu können Pflegende Patienten raten:
16
— Begrenzen Sie die Zufuhr tierischer Fette, um die
Menge der entzündungsfördernden Arachidonsäure zu mindern. Fleischverzicht ist unnötig, aber
arachidonsäurearme Varianten wie artgerecht gehaltenes Wild und Geflügel sollten bervorzugt
werden. Fleisch von Pflanzenfressern enthält weniger Arachidonsäure als das von Raubtieren oder
omnivoren Tieren, wie Schweinen.
kundäre Pflanzenstoffe, die antioxidativ wirksam
sind. Verwenden Sie entzündungshemmende
Kräuter und Gewürze wie Bärlauch, Boretsch,
Brennnessel, Curcuma, Curry,
Gewürznelke, Ingwer, Kresse, Knoblauch, Majoran, Meerrettich, Oregano, Petersilie, Piment,
Rosmarin, Salbei, Schwarzkümmel, Sellerie, Thymian, Wacholder, Vanille, Zimt, Zwiebel.
— Essen Sie mehr Fisch und verwenden Sie geeignete Pflanzenöle wie Raps-, Walnuss-, Leindotter- oder Leinöl. So sorgen Sie für eine vermehrte
Zufuhr der pflanzlichen und tierischen Omega-3
Fettsäuren.
— Erhöhen Sie die Aufnahme von Spurenelementen, die für das Entzündungsgeschehen relevant
sind. Das sind vor allem Selen und Zink. Knochenfreundlich ist eine Ernährung mit ausreichend Vitamin D, Kalzium und Magnesium.
— Nehmen Sie ausreichend relevante Antioxidantien auf, besonders Vitamin C, E und K sowie se-
— Meiden Sie Lebensmittel, auf die Sie sensitiv
oder mit Unverträglichkeit reagieren.
Heilberufe / Das Pflegemagazin 2015; 67 (10)
©© merc67 / iStock
zum Angriff der Immunzellen auf körpereigenes
Gewebe, das Immunsystem kann nicht mehr zwischen „selbst“ (auto-) und fremd unterscheiden.
Warum körpereigenes Gewebe vom Immunsystem
in der Folge angegriffen wird, ist noch Gegenstand
der Forschung.
Omega-6 Arachidonsäure und
Omega-3 Eicosapentaensäure (EPA)
Es gibt mehr als 400 verschiedenen rheumatischen
Krankheitsbilder, für die es keine einheitliche Diät
geben kann. In diesem Beitrag soll es speziell um
entzündlich-rheumatische Erkrankungen gehen.
Eingeschlossen ist die Arthrose, denn die Zerstörung des Knorpels beruht ebenfalls auf Entzündungsvorgängen.
Die Ernährungstherapie macht notwendige Medikamente nicht überflüssig, sondern wirkt unterstützend, um die krankhaft gesteigerte Aktivität des
Immunsystems auf ein normales Maß zu vermindern. Spezielle Ernährungsmaßnahmen können
nicht nur die Reaktionsfreudigkeit der involvierten
Zellen normalisieren, sie senken auch die Menge der
gebildeten Entzündungsstoffe und vermindern die
Bildung reaktiver Sauerstoffradikale (ROS), die zur
Gewebsschädigung beitragen.
Hauptangriffspunkt der Ernährungstherapie sind
die entzündungsfördernden Eicosanoide. Diese
werden ausschließlich aus Arachidonsäure gebildet.
Dies ist eine Omega-6 Fettsäure. Ihr Gegenspieler
ist die Omega-3 Eicosapentaensäure (EPA). Aus ihr
entstehen Eicosanoide mit entzündungshemmender
Wirkung. Noch wichtiger jedoch ist Eigenschaft der
EPA, die Arachidonsäure aus den Immunzellen zu
Heilberufe / Das Pflegemagazin 2015; 67 (10)
verdrängen und so die Bildung von entzündungsfördernden Eicosanoiden zu unterdrücken.
Diese sehr wirksamen Fettsäuen, Arachidonsäure und EPA, kommen nur in Tieren vor, nicht aber
in Pflanzen. EPA findet sich in nennenswerten Mengen ausschließlich in Fischen, während Produkte
von Landtieren vor allem Arachidonsäure liefern.
Der tierische Organismus – und auch der des Menschen – bildet Arachidonsäure und EPA aus den
pflanzlichen Vorstufen Linolsäure bzw. Alpha-Linolensäure. Linolsäure und Alpha-Linolensäure finden sich reichlich in pflanzlichen Ölen und Fetten.
Die Bildung der Eicosanoide erfolgt durch Einbau
von Sauerstoff in die Arachidonsäure. Antioxidantien können diesen Prozess vermindern. Deshalb
wurde der Anstieg von entzündlich-rheumatischen
Erkrankungen während der letzten 20 Jahre auch
mit dem vermehrten Anfall von Sauerstoffradikalen in der Umwelt in Verbindung gebracht. Leider
haben einzelne Antioxidantien bei der Entzündungshemmung bisher enttäuscht. Ausnahmen
sind möglicherweise Vitamin E in einer Dosierung
nicht über 200 mg/Tag und Selen 50 µg/Tag. Wenn
im Rahmen einer gesunden Kost grundsätzlich auf
den Erhalt der Vitamine und Spurenelemente geachtet wird, ergibt das ein Benefit für den Patienten.
Es gibt mehr als
400 verschiedenen
rheumatischen
Krankheitsbilder,
für die es keine einheitliche Diät geben kann.
Entzündungshemmende Ernährungstherapie
Neuere Untersuchungen zeigen, dass durch die Ernährungstherapie eine Besserung des Langzeitverlaufs bei Patienten zu erwarten ist. Die Ernährungstherapie soll, auch wegen der damit verbundenen Risikominderung für kardiovaskuläre Komplikationen,
keinem Patienten mit entzündlich-rheumatischen
Hauptangriffspunkt
der Ernährungstherapie sind die entzündungsfördernden Eicosanoide.
17
PflegeKolleg
Ernährung bei ...
Fazit für die Pflege
— Die Ernährungstherapie macht notwendige
Medikamente nicht überflüssig, sondern wirkt
unterstützend, um die übermäßig gesteigerte
Aktivität des Immunsystems auf ein normales
Maß zu vermindern.
— Die entzündungshemmende Ernährung sollte
keinem Patienten mit einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung vorenthalten werden. Dies ist
auch mit Rücksicht auf das doppelt so hohe Risiko für die Koronare Herz-Krankheit (KHK) im Vergleich zur Normalbevölkerung von Bedeutung.
— Der Beginn der Ernährungstherapie sollte nach
Diagnose erfolgen. Durch eine ausreichende
Pharmakotherapie wird eine Remission angestrebt und nach frühestens drei Monaten kann
nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt
der Versuch einer Verminderung der Medikamente gemacht werden.
Die Fleischzufuhr
sollte auf zwei
Mahlzeiten von je
etwa 140 Gramm
pro Woche beschränkt werden,
fetter Fisch dagegen
wird empfohlen.
Erkrankungen vorenthalten werden. Dabei ist die Ernährungstherapie bei dieser Patientengruppe komplexer als bei Patienten mit Stoffwechselleiden. Oft
besteht zusätzlich eine Fehl- und Mangelernährung.
Außerdem ist wegen des Entzündungsprozesses und
der meistens notwendigen Cortisontherapie von Anfang an eine Osteoporoseprophylaxe erforderlich.
Zusätzlich bestehen bei Patienten mit entzündlichrheumatischen Erkrankungen häufiger als in der Allgemeinbevölkerung Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder -sensitivitäten. Nahrungsmittelsensitivitäten zeigen sich durch eine Verschlechterung des
Krankheitsgeschehens beim Genuss spezifischer Lebensmittel. Am häufigsten werden hier Fleisch und
andere tierische Produkte als Auslöser angegeben, jedoch kommen auch glutenhaltige Lebensmittel und
vieles andere in Betracht.
Weniger Fleisch, mehr Fisch
Ernährungstherapeutische Maßnahmen werden unter A.D.A-Maßnahmen (All Dietary Antiinflammatory Means) zusammenfassend beschrieben. Dabei
geht es um eine gezielte Auswahl der Nahrungsmittel und Getränke sowie maßvollen Umgang mit Genussmitteln. Es handelt sich aber nicht um eine extreme Diät, sondern um eine bewusste und genussorientierte Kost, wobei kleine Veränderungen realistischer durchzuführen und besser durchzuhalten
sind als große, radikale Umstellungen.
Empfohlen wird eine Verminderung der Fleischzufuhr auf zwei Mahlzeiten von je etwa 140 Gramm
Fleisch pro Woche, wobei das Fleisch von wildlebenden Tieren oder Pflanzenfressern wegen der höhere
Omega-3-Werte bevorzugt werden muss. Das Fleisch
18
von Allesfressern, wie dem Schwein, enthält mehr
Arachidonsäure. Es sollten nicht mehr als vier Eigelb
pro Woche verzehrt werden, wobei zum Backen ein
Eiersatz verwendet wird. Mit Milchprodukten wird
der Osteoporose vorgebeugt. Die A.D.A.-Maßnahmen
empfehlen, die Zufuhr der Arachidonsäure auf etwa
50 mg/Tag zu begrenzen, entsprechend 350 mg/Woche. Die empfohlene Zufuhr der EPA beträgt zu Beginn der Behandlung 900 mg/Tag. Dies kann durch
drei Mahlzeiten fetten Fisches pro Woche erreicht
werden. Da dieser Fischverzehr von den meisten Personen nicht akzeptiert wird, erfolgt in der Regel eine
Supplementierung mit Fischölkapseln für etwa zwei
Monate. Danach hat sich die EPA in den immunkompetenten Zellen angereichert und es genügt eine Erhaltungsdosis von etwa 300 mg EPA pro Tag. Diese
Menge wird mit einem Matjeshering pro Woche erreicht. Die Zusammensetzung der Nahrung kann
mit dem Ernährungsrechner (www.ernaehrungsrechner.de) schnell und zuverlässig kontrolliert werden. Da die Aufnahme der Fettsäuren in den Körper
großen individuellen Schwankungen unterliegt, sollten die Arachidonsäure und der EPA im Blut gemessen werden. Eine entzündungshemmende Wirkung
ist zu erwarten, wenn in den Körperlipiden das Verhältnis der Arachidonsäure zu EPA kleiner als 5:1 ist.
Ernährungstherapie ist Teamarbeit
Bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen bestehen nicht selten körperliche Einschränkungen, die das Einkaufen, die Zubereitung
und das Kauen erschweren. Deshalb sind für sie
Hilfsmittel, die durch einen Ergotherapeuten verordnet werden, zur Bewältigung des Alltags wichtig.
Mit geeigneten Küchenhilfen wie einem ergonomischen Messer, das der Patient in der Faust halten
kann, können sich Rheumakranke den Alltag wesentlich erleichtern.
Ebenso ist eine ausreichende physikalische Therapie und Bewegungstherapie erforderlich. Das impliziert, dass die Ernährungsintervention bei Patienten
mit entzündlich-rheumatischen Erkrankung stets in
einem Team erfolgen sollte. Die Deutsche Akademie
für Ernährungsmedizin beispielsweise bietet seit
zwei Jahren Seminare für Ernährungsteams an, in
denen diese Interaktionen geübt werden.
Prof. Dr. med.
Dr. med. habil. Olaf Adam
Präsident der Deutschen Akademie
für Ernährungsmedizin
Physiologikum der Ludwig-Maximilians-Universität München
Goethestr. 31, 80336 München
[email protected]
Heilberufe / Das Pflegemagazin 2015; 67 (10)
PflegeKolleg
Ernährung bei ...
... Demenz
Essen und Trinken?
Einfach vergessen.
Eine Demenz verändert das Ernährungsverhalten der Betroffenen und erhöht das
Risiko für eine Mangelernährung. Mit Verständnis und Unterstützung von Seiten der
Pflegenden können die Ernährungsprobleme jedoch minimiert werden.
D
ie neurologischen Veränderungen bei Demenz haben Auswirkungen auf das Ess- und
Trinkverhalten der Betroffenen. Hunger,
Durst und Sättigung werden immer weniger richtig
wahrgenommen. An Demenz Erkrankte können
entweder unter ständigem Hunger leiden oder fühlen sich satt, auch wenn sie wenig gegessen und getrunken haben. Schon in frühen Stadien der Demenz verändern sich Geruchs- und Geschmackssinn. Typisch ist eine Abneigung gegenüber sauren,
salzigen und bitteren Speisen. Süßes wird dagegen
bevorzugt. In fortgeschrittenem Stadium vergessen
die Betroffenen den Einkauf und die Zubereitung
der Speisen und das Essen und Trinken selbst. Mitunter lehnen sie Mahlzeiten ab, weil sie sich im
Glauben sehen, gerade schon gegessen zu haben
oder sie sich vor verdorbenen oder gar vergifteten
Lebensmitteln fürchten. Die Situation am Esstisch
wird nicht mehr verstanden, der Umgang mit Geschirr und Besteck ist nicht präsent, Tischmanieren
gehen verloren. Werden die Betroffenen deshalb von
Tischnachbarn beschimpft, ziehen sich manche zurück und verweigern ganz das Essen und Trinken.
Soziale Isolation und Depressionen können die Folgen sein.
Risiko Mangelernährung
Bei vielen Demenzkranken lassen sich eine innere
Unruhe und eine gesteigerte Aktivität beobachten.
Mobile Demente mit Bewegungsdrang sind Tag und
Nacht unterwegs und verbrauchen mit täglich 3.000
bis 4.000 kcal reichlich Energie.
Das veränderte Ess- und Trinkverhalten ist mit
einem erhöhten Risiko für eine Mangelernährung
verbunden: Die Folge sind Gewichtsverlust und Dehydratation. Kommen sedierende Medikamente,
Kau- und Schluckstörungen dazu, steigt das Risiko
zusätzlich. Mangelernährung trägt zum Fortschreiten der Demenz bei und erhöht das Risiko für Infektionen, Morbidität und Mortalität. Die Leitlinie
Heilberufe / Das Pflegemagazin 2015; 67 (10)
Klinische Ernährung in der Geriatrie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM)
empfiehlt daher, regelmäßig den Ernährungszustand älterer Menschen durch den Einsatz von
Screening- und Assessmentinstrumenten zu überwachen, um frühzeitig intervenieren zu können.
Dafür existieren bereits standardisierte Tests, mit
denen sich eine Mangelernährung und das Risiko
für diese zuverlässlich ermitteln lassen, zum Beispiel Mini Nutritional Assessments (MNA).
K E Y WO R DS
Neurologische
Veränderungen
Mangelernährung
Dehydration
Fingerfood
Problem der Dehydratation
Nach den D-A-CH-Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr liegt der Richtwert für die Höhe der Gesamtzufuhr von Wasser beim älteren Menschen bei
mehr als 1 ml/kcal Energieumsatz. „D-A-CH“ steht
für die drei Länder Deutschland, Österreich und
Schweiz, deren Fachgesellschaften diese Referenzwerte gemeinsam herausgeben. Ungefähr die Hälfte der benötigten Flüssigkeit wird bei bedarfsgerechter Energiezufuhr und durchschnittlichen Lebensbedingungen über die Nahrung zugeführt, der
Rest muss über Getränke zugeführt werden.
Häufig wird bei Empfehlungen zur Flüssigkeitsversorgung der Durchschnittswert von 1,5 bis 2 l
Trinkflüssigkeit pro Tag genannt. Gerade bei Demenzkranken ist jedoch die Flüssigkeitsversorgung
immer individuell anzupassen. So kann eine sehr
aktive Person bei einem täglichen Energiebedarf
von 3.000 kcal und mehr und einer eingeschränkter Nahrungszufuhr trotz 1,5 l Getränken pro Tag
dehydriert sein. Andere, weniger aktive Patienten,
die noch ausreichend wasserreiche Nahrung zu sich
nehmen, sind dagegen mit 1,2 l Getränken pro Tag
gut versorgt. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft
e.V. betont, dass gerade bei Demenzkranken das genaue Beobachten möglicher Anzeichen auf Unterernährung und Dehydratation, wie Gewichtsverlust
oder trockene Schleimhäute, wichtiger sei als das
starre Befolgen einer Empfehlung.
Demente haben
oft starken
Bewegungsdrang,
verbrauchen
täglich 3.000 bis
4.000 kcal.
19
PflegeKolleg
Ernährung bei ...
Notwendig: Aufmerksamkeit und Begleitung
©© Getty Images / Thinkstock
FR AG E N ZU R E SSB I O G R AFI E
— Wo und wie haben Sie gelebt? Stadt, Land,
in einer Klein- oder Großfamilie?
— Welche Mahlzeiten gab es und haben Sie mit
der Familie gemeinsam gegessen?
— Wurde bei Ihnen zuhause viel selbst gekocht?
Haben Sie gekocht oder wer?
— Was wurde zu den einzelnen Mahlzeiten
bevorzugt gegessen – warm oder kalt?
— Gab es besondere, traditionelle Gerichte an
Sonn- und Feiertagen?
— Erinnern Sie sich an Ihr Lieblingsessen
während der Kindheit?
— Welche Gerichte mochten Sie zum Frühstück,
Mittag- und Abendessen besonders gern
und welche haben weniger geschmeckt?
— Welche Tischsitten und -rituale waren üblich?
— Gab es mitunter auch unangenehme
Erlebnisse rund um das Essen?
— Haben Sie bei bestimmten Lebensmitteln/
Essensdüften besondere Erinnerungen?
Buchtipp
T.A. Vilgis, I. Lendner, R. Caviezel
Ernährung bei Pflegebedürftigkeit und Demenz. Lebensfreude
durch Genuss.
Springer-Verlag 2015.
ISBN 978-3-7091-1602-9; 34,04 €
20
Eine adäquate Ernährung von Demenzpatienten benötigt besondere Aufmerksamkeit und Begleitung.
Studien zeigen, dass spezielle pflegerische Maßnahmen den Ernährungs- und Gesundheitszustand von
dementen Personen verbessern. Dazu zählen
—Bezugspflege,
—mehr Zeit und Hilfe beim Essen,
—die besondere Gestaltung der Essumgebung,
—ein individuell angepasstes Trink- und Essensangebot sowie
—spezielle Verhaltens- und Kommunikationsstrategien.
Grundsätzlich gelten für Demenzkranke die gleichen Empfehlungen wie für gesunde ältere Menschen: Die Kost sollte ausreichend Energie, Nährstoffe und Flüssigkeit liefern, wobei bei Demenzkranken eine ausreichende Energie- und Flüssigkeitsaufnahme stets im Vordergrund stehen sollte.
Dies ist am ehesten mit einer ausgewogenen, vollwertigen Mischkost nach den Grundsätzen der
Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) zu
gewährleisten, die an die Verträglichkeit, Kompetenzen und Fähigkeiten des Seniors angepasst sein
muss. Akzeptieren die Kranken nur wenige Speisen
und Getränke, wird zunächst versucht, Energie und
Nährstoffe über Supplemente oder eine ballaststoffreiche Trinknahrung zu ergänzen.
Mobile Demenzkranke brauchen reichlich Energie. Vollmilch, Schnittkäse mit mehr als 45% Fett
i.Tr., Doppelrahmfrischkäse, Sahnequark, fettreiche Fleisch- und Wurstwaren sowie Fettfische sind
daher zu bevorzugen. Suppen, Soßen und Speisen
können mit Ölen, Butter, Sahne oder Schmand angereichert werden. Reichlich Energie liefern auch
Milchshakes und Trinkjoghurts mit etwas Sahne
oder Öl. Da Süßes bevorzugt wird, können auch pikante Speisen gesüßt werden. Ein Käsebrot kann
durchaus mit Sirup oder Marmelade bestrichen
werden, zu Salat- oder Tomatensoßen passen Honig
oder Zucker. Lässt sich damit der erhöhte Energiebedarf nicht decken, können Trinknahrungen oder
Energie- und Nährstoffkonzentrate helfen. Da sie
sehr sättigen, sollten sie nicht vor oder zu den Mahlzeiten getrunken werden, sondern zwischendurch.
Überredungsversuche zum Essen und Trinken sind
bei Demenzkranken wenig erfolgversprechend.
Eher wecken Redewendungen wie „Das schmeckt
köstlich. Probieren Sie mal“ oder genüssliches
Schmatzen das Interesse am Essen.
Zum Trinken anregen
Mineral- und Leitungswasser sind für die Flüssigkeitsversorgung empfehlenswert, schmecken den
meisten Demenzkranken jedoch nicht. Süße Säfte
und Nektare werden dagegen gerne getrunken und
können pur oder als Schorle zur FlüssigkeitsverHeilberufe / Das Pflegemagazin 2015; 67 (10)
PflegeKolleg
Mangelernährung trägt zum
Fortschreiten der
Demenz bei und
erhöht das Risiko
für Infektionen,
Morbidität und
Mortalität.
Für Demente mit
hohem Bewegungsdrang bietet sich eat by
walking an.
Ernährung bei ...
sorgung beitragen. Auch leicht gesüßte Kräuterund Früchtetees sind günstig. Getrunken werden
sollte zu allen Mahlzeiten und zwischendurch. Zur
Erinnerung dienen gefüllte Gläser oder Becher an
Plätzen, an denen sich der Senior überwiegend
aufhält oder häufig vorbeigeht. Da farblose Gläser,
weiße Becher oder Tassen schlecht erkannt werden,
sollte Geschirr in kräftigen Farben und farbige Getränke (Säfte, Schorlen mit Saft oder Sirup) gewählt werden. Rituale wie die Teestunde, der
Nachmittagskaffee, das Zuprosten oder Trinksprüche animieren zum Trinken. Auch das Geräusch des Flaschenöffnens oder des Einschenkens
laden zum Trinken ein.
Wichtiger als gesunde Kost sind für Demenzkranke vertraute und gewünschte Speisen. Viele Senioren lehnen Unbekanntes und Neues ab und bevorzugen Lebensmittel, die sie schon von Kindesbeinen an kennen. So essen Ältere Kartoffeln lieber
als Reis oder Nudeln. Auch einfache Gerichte, Eintöpfe und Suppen werden eher geschätzt als ein aufwändiges Menü. Manche Speisen oder Lebensmittel werden zudem abgelehnt, weil sie unliebsame Erinnerungen an Krieg, Hungerzeiten oder persönliche Erlebnisse wecken. Mit vertrauten Gerichten
und Ritualen dagegen fühlen sich gerade Demenzkranke heimisch, sie liefern Sicherheit und Orientierung. Soweit möglich sollten sie an der Speiseplangestaltung, beim Einkauf und bei der Vor- und
Zubereitung eingebunden werden. Denn das gemeinsame Planen der Mahlzeit, das Aussuchen der
Lebensmittel, das Waschen, Schneiden und Kochen,
der Geruch von Essensdüften und das Klappern von
Geschirr wecken die Lust auf das Essen.
Fingerfood und Eat by walking
Bei ungedeckter
Energie- und
Nährstoffzufuhr
werden Supplemente oder eine
ballaststoffreichen Trinknahrung empfohlen.
22
Feste Essenszeiten, gleichbleibende Sitzplätze, eine
entspannte Atmosphäre und eine Tischgemeinschaft, die die veränderten Manieren des Dementen akzeptiert, animieren zum Essen. Kann nicht
mehr mit Besteck umgegangen werden, ist Fingerfood die Lösung. Das Essen wird in kleinen Häppchen angeboten, die mit den Fingern gegriffen und
mit ein oder zwei Bissen gegessen werden können.
Dazu eignen sich kleine Kartoffeln, Kroketten, Buletten, Fingermöhren, stichfeste Aufläufe, Obststücke oder Brote. Durch die innere Unruhe hält es
viele dennoch nicht lange am Esstisch. Für Demente mit hohem Bewegungsdrang bietet sich eat by
walking an: An Imbiss-Stationen erhält der Senior
auch außerhalb der Essenszeiten Fingerfood und
Getränke, die er im Vorübergehen greifen kann.
Fazit für die Pflege
— Das veränderte Ess- und Trinkverhalten bei Menschen mit Demenz ist mit einem erhöhten Risiko
für eine Mangelernährung verbunden.
— Begleitung beim Essen, Fingerfood, Eat by walking – Pflegende können verschiedene Strategien anwenden, damit Patienten mit Demenz
ausreichend Nahrung zu sich nehmen.
— Greifen diese Maßnahmen nicht, müssen Energie
und Nährstoffe über Supplemente oder eine ballaststoffreichen Trinknahrung ergänzt werden.
— Wird der Energie- und Nährstoffbedarf auch dadurch nicht gedeckt, wird für Patienten in frühen und mittleren Demenzstadien der Einsatz
einer Sonden- oder parenteralen Ernährung
empfohlen.
Erstellen einer Ess- und Trinkbiografie hilfreich. In
Zusammenarbeit mit den Angehörigen wird erfragt,
was dem Senior früher gut geschmeckt hat, welche
Lebensmittel aus welchem Grunde nicht gegessen
wurden und wie die Mahlzeiten an Werk-, Sonnund Festtagen aussahen. Meistens sind es liebgewonnene Kleinigkeiten, die dazu beitragen, das Essen und Trinken zu genießen, zum Beispiel die gewohnte Tasse Kaffee zum Nachtisch, der gute Sonntagsbraten, ein Tischgebet. Wird dies bei der
Speiseplanerstellung berücksichtigt, kehrt bei den
meisten auch der Appetit und die Freude am Essen
zurück.
Kann der Energie- und Nährstoffbedarf durch
übliche Lebensmittel, Trinknahrungen und Supplemente nicht gedeckt werden, empfehlen die ESPEN
Guidelines on Enteral Nutrition und die Leitlinie
Klinische Ernährung in der Geriatrie für Patienten
in frühen und mittleren Demenzstadien den Einsatz einer Sonden- oder parenteralen Ernährung
über eine begrenzte Zeit. Dadurch kann eine Akutsituation mit geringer Nahrungs- und/oder Flüssigkeitsaufnahme oder hohem Bedarf überwunden
werden. Die künstliche Ernährung ist für Patienten
mit schwerer und fortgeschrittener Demenz nicht
empfehlenswert, da in diesem Stadium eine Verbesserung des Krankheitsverlaufes und der Lebensqualität unwahrscheinlich sind. In jedem Fall sollte die
Entscheidung immer individuell und nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung gefällt werden.
Beate Ebbers
Ess- und Trinkbiografie
Um herauszufinden, welche Speisen, Getränke und
Gewohnheiten rund um die Mahlzeiten positive
Gefühle hervorrufen, ist bei Demenzkranken das
Heilberufe / Das Pflegemagazin 2015; 67 (10)
R
TB
1. Wie viel Liter Flüssigkeit sollten Demenzkranke
durchschnittlichen pro Tag trinken?
A Empfohlen werden 1,5 bis 2 l Trinkflüssigkeit pro Tag.
B Täglich sollten 2 bis 3 l getrunken werden.
C Bei Demenzkranken muss die Flüssigkeitsversorgung immer individuell angepasst werden.
2. Welche Geschmacksrichtungen bevorzugen an
Demenz Erkrankte?
ASüß.
BSauer.
CBitter.
2. Mit welchem Test kann Mangelernährung oder
das Risiko dafür zuverlässig ermittelt werden?
A Mit den D-A-CH-Referenzwerten.
B Mit dem Mini Nutritional Assessments (MNA).
C Mit der NGASR-Skala.
4. In welchem Fall sollten Demenzpatienten klinisch ernährt werden, wenn der Nährstoffbedarf
auf andere Weise nicht gedeckt werden kann?
A Empfohlen wird es nur für Patienten in frühen und
mittleren Demenzstadien über eine begrenzte Zeit.
B Patienten mit schwerer und fortgeschrittener Demenz sollten klinisch ernährt werden.
C Patienten mit Demenz sollten grundsätzlich nicht
klinisch ernährt werden, sondern durch Begleitung
beim Essen zum Essen animiert werden.
5. Welches ist der Hauptangriffspunkt der Ernährungstherapie bei entzündlich-rheumatischen
Erkrankungen?
A Hauptangriffspunkt sind reaktive Sauerstoffradikale.
B Hauptangriffspunkt sind die entzündungsfördernden Eicosanoide.
C Hauptangriffspunkt ist die Arachidonsäure.
6. Welche Ernährung empfiehlt sich für Patienten
mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen?
Name, Vorname
Straße
ILDU
A Nicht zu viel Fisch essen und geeignete tierische
Fette verwenden.
B Die Zufuhr tierischer Fette begrenzen, um die
Menge der Arachidonsäure zu mindern.
C Antioxidantien grundsätzlich meiden.
7. Welche Auswirkungen können Nahrungsmittelsensitivitäten bei Patienten mit entzündlichrheumatischen Erkrankungen haben?
A Nahrungsmittelsensitivitäten folgt oft eine Verschlechterung des Krankheitsverlaufs.
B Die Gefahr, eine KHK zu erleiden, steigt signifikant.
C Sie beeinflussen das Wohlbefinden.
8. Wie viel Fleisch sollten Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen maximal pro
Woche essen?
A Zwei Mahlzeiten von je etwa 140 g Fleisch, wobei
das Fleisch von wildlebenden Tieren oder Pflanzenfressern bevorzugt werden muss.
B Zwei Mahlzeiten von je etwa 140 g Fleisch, dabei
das Fleisch von Allesfressern bevorzugen.
C Fleisch enthält viel entzündungshemmendes
Eiweiß, deshalb gibt es keine Beschränkung.
9. Wie sollte qualitaiv hochwertige Nahrung zusammengestzt sein?
A Der Anteil der Proteine sollte bei 15–20%, der Fette
bei 25–30% und der Kohlenhydrate bei 55% liegen.
B Der Anteil der Kohlenhydrate sollte bei 15–20%, der
Proteine bei 55% und der Fette bei 25–30% liegen.
C Der Anteil der Proteine sollte bei 15–20%, der Fette
bei 55% und der Kohlenhydrate bei 25–30% liegen.
10.Welchen wundheilungsfördernden Effekt besitzt Arginin?
A Arginin ist essentiell für Aufbau des Bindegewebes.
B Arginin stimuliert die Kollagensynthese und regt
die Lymphozytensynthese an.
C Arginin befördert die Aufnahme von Proteinen.
☐ Ich bin Abonnent/in von HEILBERUFE und möchte gegen
Gebühr (5 €/pro Zertifikat) postalisch teilnehmen.
☐ Ich habe kein HEILBERUFE Abo und möchte gegen Gebühr
(7,50 €/ pro Zertifikat) postalisch teilnehmen.
G
FO
(Es ist jeweils nur eine Antwort richtig.)
3
Punkte
E
ZE
IFIZIE
RT
Ernährung bei ...
RT
N
PflegeKolleg Fragebogen
Fernfortbildung
zum Mitmachen
Mit dem HEILBERUFE
PflegeKolleg können sich
alle Pflegekräfte unkompliziert fortbilden. Wenn
Sie 9 der 10 Fragen richtig
beantworten, erhalten Sie
ein anerkanntes Zertifikat,
das Ihnen 3 Punkte im
Rahmen der Registrierung beruflich Pflegender
(RbP – www.regbp.de)
beim Deutschen Pflegerat
(DPR) sichert.
So nehmen Sie teil
Am einfachsten füllen Sie
den Fragebogen unter
www.heilberufe.de
online aus. Unmittelbar
nach der Teilnahme erfahren Sie, ob Sie bestanden
haben und können sich
Ihr Zertifikat gleich ausdrucken.
Per Post senden Sie den
Fragebogen an:
Springer Medizin
Redaktion HEILBERUFE
Heidelberger Platz 3
14197 Berlin
(Fax: 030 82787 5505)
Die Online-Teilnahme ist
für Abonnenten der Zeitschrift HEILBERUFE
kostenlos; von NichtAbonnenten sowie bei
postalischer Einsendung
wird eine Bearbeitungsgebühr erhoben.
Teilnahmeschluss
ist der 29.02.2016
PLZ/Ort
E-Mail
Heilberufe / Das Pflegemagazin 2015; 67 (10)
Datum/Unterschrift
23
Herunterladen