Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Errege r Im Auftrag der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung 8B – Gesundheitswesen (Landessanitätsdirektion) Herausgeber: Hofrat Dr. Odo FEENSTRA Graz, 2002 (Update März 2005) Franz F. REINTHALER unter Mitarbeit von Viola BUCHRIESER Gebhard FEIERL Alfred GRÄNZ Reinhard KUBANEK Tillo MIORINI Marianne WASSERMANN-NEUHOLD Gilda WÜST Im Au f trag der St eiermärkischen Landesregierung n Fachab teilung 8B – Gesundheitswese Projektbegleitendes Gremium: Prim. Dr. Bernhard BAUER Dir. Dr. Christian BERGHOLD Doz. Dr. Günther BERGMANN Prim. Dr. Athanasios BOGIATZIS Prim. Dr. Helmut FORENBACHER Mag. Dr. Peter HANSAK Oberstadtphysikus Dr. Josef KÜNSTNER Dr. Herwig LINDNER Univ.-Prof. DDr. Egon MARTH Dr. Gebhard MAYR Univ.-Prof. Dr. Ingomar MUTZ OA. Dr. Gerhard SCHOBER Univ.-Prof. Dr. Christoph WENISCH Univ.-Prof. Dr. Werner ZENZ Autoren Univ.-Prof. Mag. Dr. rer.nat. Franz F. REINTHALER Ass. Prof. Dr. med. Gebhard FEIERL Mag. Dr. rer.nat. Gilda WÜST, Institut für Hygiene der Med. Universität Graz, Universitätsplatz 4, 8010 Graz Dr. med. Reinhard KUBANEK, Gesundheitsamt der Stadt Graz, Schmiedgasse 26, 8010 Graz Mag. Dr. rer.nat. Viola BUCHRIESER Mag. Dr. rer.nat. Tillo MIORINI, Institut für angewandte Hygiene, Ursprungweg 160, 8045 Graz Dr. med. Alfred GRÄNZ Dr. med. Marianne WASSERMANN-NEUHOLD, Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung 8B – Gesundheitswesen (Sanitätsdirektion), Paulustorgasse 4, 8010 Graz Konzeption, Layout und Produktion Classic-Werbeagentur-Verlag GmbH, Weinitzenstraße 1, 8045 Graz-Andritz 2 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Mehrere nach Mitteleuropa eingeschleppte Erkrankungen an viralem hämorrhagischem Fieber und nicht zuletzt die vielen Anthrax-Fehlalarme gaben den Anstoß, den steirischen Seuchenplan zu überarbeiten und in Form eines Handbuches aktualisiert herauszugeben. Primäres Ziel dabei ist es, dem Amtsarzt und dem erstversorgenden Arzt vor Ort, sei es im Bezirkskrankenhaus oder in der Praxis, eine strukturierte gebündelte Information über die Vorgangsweise im Anlassfall zur Verfügung zu stellen. Aber auch für Einsatzorganisationen, Behörden, Institutionen und Betroffene finden sich klare Schemata zur Ablauforganisation im Einsatzfall samt Checklisten, Merkblättern, Aufklärungsmaterial und weiterführenden (elektronischen) Adressen. Nur mit klar geregelten Zuständigkeiten und einer im Seuchenplan vorgesehenen straffen Ablauforganisation können – ähnlich wie in der Notfallmedizin – Krisensituationen in Teamarbeit erfolgreich Bewältigung finden; d. h. Patienten im Seuchenfall rasch optimal versorgt, Personal und Kontaktpersonen hinlänglich geschützt, Medien und Bevölkerung ausreichend sachlich informiert werden. Das gemeinsame Handeln gegen epidemisch Verbreitung findende Krankheitserreger hat nicht nur in anderen Staaten der europäischen Gemeinschaft, sondern auch in Österreich eine lange Tradition. So haben sich bereits 1851 in Paris und 1874 in Wien namhafte Experten der Problematik einer Übertragung von Krankheiten über Grenzen hinweg angenommen, und auch heute besteht diesbezüglich eine moderne handlungsfähige Struktur auf supranationaler Ebene. Der nunmehr vorliegende steirische Seuchenplan reiht sich nahtlos in diese europäischen Bestrebungen ein, indem er auf Basis internationalen und nationalen Wissens regionale Handlungsweisen vorgibt. Die steirische Landessanitätsdirektion in ihrem Selbstverständnis sieht sich als Anlauf-, Koordinierungs- und Unterstützungsstelle bei der Einleitung prompter, gezielter und angemessener Maßnahmen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Abschließend möchte ich mich als Herausgeber bei den Autoren, den Mitgliedern des projektbegleitenden Gremiums sowie bei all jenen, die durch ihre tatkräftige Mithilfe die Herausgabe des vorliegenden Werkes ermöglicht haben, herzlichst bedanken. Errege Hofrat Dr. Odo Feenstra Für das Zustandekommen dieser vorliegenden 1. Auflage des Steirischen Seuchenplanes bedanke ich mich bei den Mitautoren und den Mitgliedern des projektbegleitenden Gremiums sowie bei allen BehördenvertreterInnen für die freundliche Unterstützung. Mein besonderer Dank gilt den AnsprechpartnerInnen der Referenzzentralen, die die Korrektur der Erregerlisten durchführten. Es ist von großer Bedeutung, diesen steirischen Seuchenplan als Lose-BlattSammlung herauszugeben, um den laufend neuen Erkenntnissen und Erfahrungen aus der Praxis gerecht zu werden. Durch Nachlieferungen sollte dieses Handbuch regelmäßig aktualisiert und ergänzt werden. Alle Anregungen und kritischen Hinweise nehme ich gerne entgegen. Franz F. Reinthaler 3 r 4 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Gesamtinhalt A 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. Errege Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infektiöse Erreger Checkliste: Organisatorische Maßnahmen bei VHF, humane Affenpocken, Pest . . . . . . . . . . . . Checkliste – VHF: Verdachtsfall – Differenzialdiagnose – Endemiegebiete . . . . . . . . . . . . . . . . Checkliste – VHF: Kontaktpersonen – Differenzierung – Maßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Meldung – Erste Maßnahmen für den behandelnden Arzt beim Stellen der Verdachtsdiagnose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßnahmen der Landesgesundheitsbehörde (FA 8B) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Versand von diagnostischen Proben und Labordiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Isolierung – Hospitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlegung und Krankentransport. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßnahmen bei Kontaktpersonen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schutz- und Desinfektionsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Öffentlichkeitsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßnahmen im Todesfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 13 15 17 19 21 23 23 25 29 31 33 35 60 B Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relevanten Infektionskrankheiten I. Koordinationsstelle für Infektionskrankheiten an der Landessanitätsbehörde und Neuorientierung der Meldepflicht in der Steiermark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Meldepflichtige übertragbare Krankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Aufzählung der meldepflichtigen übertragbaren Krankheiten (Inhaltsverzeichnis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 II. Aufzählung der zusätzlich für die Steiermark wichtigen, nicht meldepflichtigen Krankheiten (Inhaltsverzeichnis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Anhang: Beispiele für Erhebungsbögen und Merkblätter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 C Maßnahmen nach Terrorangriffen durch biologische Waffen 1. 2. Milzbrand (Anthrax) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Pocken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 D Katastrophenhygiene am Beispiel von Überschwemmungen (Hochwasser) 1. 2. 3. 4. 5. Trinkwasserversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lebensmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine hygienische Hinweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präventivmedizinische Vorkehrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abfallentsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 345 346 346 346 347 r 6 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Errege Inhalt A Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infektiöse Erreger 1. 2. 3. 4. Checkliste: Organisatorische Maßnahmen bei VHF, humane Affenpocken, Pest . . . . . . . . . . . . Checkliste – VHF: Verdachtsfall – Differenzialdiagnose – Endemiegebiete . . . . . . . . . . . . . . . . Checkliste – VHF: Kontaktpersonen – Differenzierung – Maßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Meldung – Erste Maßnahmen für den behandelnden Arzt beim Stellen der Verdachtsdiagnose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Maßnahmen der Landesgesundheitsbehörde (FA 8B) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Versand von diagnostischen Proben und Labordiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Isolierung – Hospitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Verlegung und Krankentransport. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Maßnahmen bei Kontaktpersonen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1 Kontaktpersonen zu VHF und humane Affenpocken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.1 Differenzierung der Kontaktpersonen nach Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2 Kontaktpersonen zu Pest. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3 Quarantäne . . . . .� 10. Schutz- und Desinfektionsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1 Maßnahmen im peripheren Wohnbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2 Maßnahmen im Wohnbereich und peripheren Krankenhaus, wenn der Patient nicht transportfähig ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3 Maßnahmen beim Transport des Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Öffentlichkeitsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Maßnahmen im Todesfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1 Virushämorrhagische Fieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1.1 Übertragung und Endemiegebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1.2 Ausbrüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1.3 Diagnose und Infektiosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1.4 Ebola-VHF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1.5 Marburg-VHF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1.6 Lassa-Fieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1.7 Südamerikanische virushämorrhagische Fieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1.8 Krim-Kongo-hämorrhagisches Fieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1.9 Rifttal-Fieber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1.10 Hantavirus-Lungensyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2 Humane Affenpocken (Pocken siehe unter Teil C: Biowaffen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3 Pest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.4 SARS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 11 13 15 17 19 21 23 23 25 25 25 26 27 29 29 29 30 31 33 35 35 36 37 38 41 42 43 44 46 47 48 49 51 55 60 r 8 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse A Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infektiöse Erreger Virale Hämorrhagische Fieber (VHF)* Lungenpest humane Affenpocken * Von Mensch zu Mensch übertragbar 9 Errege r 10 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Errege 1. Checkliste: Organisatorische Maßnahmen bei VHF, humane Affenpocken, Pest Verfahrensweise beim Auftreten eines Verdachtsfalles (Arztpraxis, peripheres Krankenhaus) 1. Niedergelassener Arzt/Kliniker hat einen Verdacht und berät sich mit klinischem Experten (Kap. 4, S. 17/Anhang 1) Wenn Verdacht bestehen bleibt: Isolierung des Patienten vor Ort (z. B. Krankenhaus, Praxis) Probentransport zur erregerbezogenen Diagnostik vorbereiten Meldung an die Landesgesundheitsbehörde (FA 8B) Tel.: 0316 877 3535 oder außerhalb der Dienstzeit an die LWZ: 0 31 6/877-77 FA 8B organisiert Expertenteam bestehend aus: Klinischer Experte, Amtsarzt, Hygieniker (Anhang 1) Abklärung durch Expertenteam vor Ort [Anamnese + klinische Untersuchung (Diagnose)] Probentransport (Kap. 6, S. 21/Anhang 2) Am primären Ort des Auftretens veranlasst das Expertenteam die Schutzmaßnahmen, Dekontamination und Ermittlung der Kontaktpersonen (Amtsarzt) (Kap. 9, S. 25/Kap. 10, S. 29/ Anhang 5/6/7) Verdacht bleibt bestehen (Pest) oder wird durch Labordiagnose bestätigt (VHF, humane Affenpocken): Entscheidung über weitere Verfahrensweise durch Expertenteam Veranlassung des Transportes oder periphere Unterbringung Anforderung des Rotkreuz-Transportteams – Tel.: 0 31 6/47 15 55 Transport des Patienten durch Rotes Kreuz (HITT) (Kap. 8, S. 23/Anhang 3) Bestätigung der peripheren Unterbringung/ Betreuung des Patienten 2a. Aufnahme in HSI: Verfahrensweise nach innerbetrieblichem Schema (Kap. 8, S. 23/Anhang 3) 2b. Patient verbleibt im peripheren Krankenhaus, wenn Verlegung nicht möglich Weiterer Probentransport zur erregerbezogenen Diagnostik 11 Erweitertes Expertenteam berät zu Diagnostik und Therapie r 3. Erfassung von Kontaktpersonen durch den Amtsarzt (Kap. 9.1, S. 25/Anhang 5/6) a) Erfassung und Dokumentation (Namen, Adresse u. a.) (Anh. 5 und 6) und Einordnung in Risikogruppen (Kap. 9.1.1, S. 25) b) Entscheidung über Absonderungsmaßnahmen, klinische Beobachtung, Belehrung, postexpositionelle Prophylaxe Quarantäne (Kap. 9.3, S. 27/Anhang 4) (nur bei Kontaktpersonen für Lungenpest und (Affen)Pocken Anordnung durch Amtsarzt (ggf. zwangsweise) mittels Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde bzw. Magistrat Graz Transport mit Rettung oder Sicherheitsbehörde in die Quarantänestation 4. Desinfektoren – Stmk. KAGES Anforderung von Betreuungspersonal (Assistenzeinsatz/ Militärkommando) Unter Quarantäne im peripheren Krankenhaus oder zu Hause Dekontamination – Desinfektion (Kap. 10, S. 29/Anhang 7) Desinfektoren – Stadt Graz bzw. zuständige BH Desinfektionsanstalt der Stadt Graz Desinfektion vor Ort durch geschultes Krankenhausteam oder zuständige Desinfektoren der Bezirksverwaltungsbehörde Beratung für Maßnahmen im Todesfall durch das Expertenteam Öffentlichkeitsarbeit und Information an BMSG durch den Landessanitätsdirektor 12 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Errege 2. Checkliste – VHF: Verdachtsfall – Differenzialdiagnose – Endemiegebiete Verdacht auf VHF besteht bei Patienten, die 1. innerhalb der letzten drei Wochen vor Ausbruch des Fiebers entweder die Regionen eines Landes, in denen kürzlich VHF aufgetreten ist, besucht haben, oder 2. direkten Kontakt mit Blut, anderen Körperflüssigkeiten, Sekreten oder Ausscheidungen einer Person oder eines Tieres mit VHF hatten (Krim-Kongo auch durch Zeckenbiss übertragbar), oder 3. in einem Labor, in dem mit Erregern des VHF gearbeitet wird, tätig waren. Differenzialdiagnose bei fiebernden Patienten Malaria, Meningokokken-Sepsis, Gelbfieber, Dengue, Hanta-Virusinfektionen, Rickettsiosen, Leptospirose, Typhus abdominalis u. a. Endemiegebiete für VHF Ebola Afrika Kongo, Uganda, Sudan, Gabun, Elfenbeinküste Marburg Afrika Uganda, Kenia, Zimbabwe, Kongo Lassa Afrika Sierra Leone, Liberia, Guinea, Nigeria, Kongo, Mali, Senegal, Ghana, Elfenbeinküste, Burkina Faso Junin Südamerika Argentinien Machupo Südamerika Bolivien Sabia Südamerika Brasilien Guanarito Südamerika Venezuela Krim-Kongo HF Osteuropa frühere Sowjetunion (Krim), Balkan (Kosovo) Asien Naher und Mittlerer Osten Afrika Zaire, Nigeria, Kenia, Südafrika, Zimbabwe, Namibia Rifttal F Afrika Kenia, Somalia, Jemen, Saudi-Arabien Hanta LS Amerika USA, Kanada, Südamerika 13 r 14 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Errege 3. Checkliste – VHF: Kontaktpersonen – Differenzierung – Maßnahmen Kategorie Ia: Kontaktpersonen mit hohem Risiko Schleimhaut- oder invasiver Hautkontakt mit Körperflüssigkeiten oder Geweben Kategorie Ib: Kontaktpersonen mit erhöhtem Risiko Kontakt mit Körperflüssigkeiten oder Geweben auf intakter Haut oder als Aerosol Berührung von Körperflüssigkeiten eines VHF-infizierten Tieres Kategorie II: Kontaktpersonen mit mäßigem Risiko Pflegekontakt oder Kontakt mit Untersuchungsproben oder mit VHF-infizierten Tieren Kontakt mit der Leiche eines an VHF verstorbenen Patienten Kontakt mit kontaminierten Textilien Kategorie III: Kontaktpersonen mit geringem Risiko jegliche andere Art von Kontakten zum Patienten (z. B. allgemeine soziale Kontakte) medizinisches Personal, sofern intakte Schutzanzüge getragen wurden Maßnahmen bei Kontaktpersonen ohne Symptome Kategorie Ia Ib II III Beobachtung, Messen der Körpertemperatur + + + + Tätigkeitsverbot in „Risikobereichen“ + + – Allgemeines Tätigkeitsverbot + * * – Entf. * – – Absonderung im Krankenhaus + – – Abnahme einer Blutprobe (Verlaufsuntersuchung) + * + – – Virologische Diagnostik * + – – – + – – Ia Ib II III Beobachtung, Messen der Körpertemperatur + + + + Tätigkeitsverbot in „Risikobereichen“ + + + + Allgemeines Tätigkeitsverbot + + * * Absonderung zu Hause – – * * Absonderung im Krankenhaus + + Abnahme einer Blutprobe (Verlaufsuntersuchung) + + * + * + Virologische Diagnostik + + + + Postexpositionsprophylaxe (z. B. Ribavirin) + + * * Absonderung zu Hause Postexpositionsprophylaxe (z. B. Ribavirin) – Maßnahmen bei Kontaktpersonen mit Symptomen Kategorie * Einzelfallentscheidung 15 r 16 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Errege 4. Meldung – Erste Maßnahmen für den behandelnden Arzt beim Stellen der Verdachtsdiagnose Der Arzt, der als Erster den Verdacht auf eine hoch infektiöse Erkrankung feststellt, hat sofort zu veranlassen, dass sowohl der Erkrankte als auch anwesende Kontaktpersonen möglichst an Ort und Stelle verbleiben und keine weiteren unbeteiligten Personen hinzukommen. Der am Ort anwesende Arzt hat nach Beurteilung des Zustandes des Verdachtspatienten dringend notwendige Behandlungsmaßnahmen durchzuführen. Anschließend hat er sich zur Verifizierung des Verdachtes mit einem Experten auf dem Gebiet der Infektiologie (klinischer Experte) und einem Hygieniker zu beraten (Anhang 1). Liegt ein begründeter Verdacht vor, hat der am Ort anwesende Arzt unverzüglich Meldung an die Landesgesundheitsbehörde (Tel. 0 31 6/877-35 35) bzw. außerhalb der Dienstzeiten an die Landeswarnzentrale (Tel. 0 31 6/877-77, internationaler Notruf 112) zu erstatten. Der vor Ort anwesende Arzt sollte den raschen Versand von Untersuchungsmaterial in die hiefür ausgewiesenen Diagnostikzentren vorbereiten (siehe unter Anhang 2). Er hat dafür zu sorgen, dass anwesende Kontaktpersonen mit Angabe ihres Namens, ihrer Adresse und ihrer Telefonnummer dokumentiert werden. Das Expertenteam (Amtsarzt [Landessanitätsdirektion bzw. Bezirksverwaltungsbehörde], klinischer Experte und Hygieniker) hat mit dem anwesenden Arzt vor Ort darüber zu beraten, welche speziellen Maßnahmen im Bezug auf die vorliegende Erkrankung für den Patienten hinsichtlich Isolierung, Behandlung und ev. Transport, für anwesende Betreuungspersonen (Transportteam, Pflegeteam) hinsichtlich Schutzmaßnahmen oder Prophylaxe sowie für Kontaktpersonen hinsichtlich Isolierung und Prophylaxe zu treffen sind. Dabei sind die Art der Erkrankung, die akute Behandlungsnotwendigkeit, die Möglichkeit und Notwendigkeit einer Isolierung, die ev. Notwendigkeit und Verfügbarkeit einer Intensivtherapie, die Transportfähigkeit und die Verfügbarkeit einer Transportmöglichkeit in Betracht zu ziehen. Befindet sich der Krankheits- bzw. Verdachtsfall bereits in einer Krankenanstalt, hat die Landesgesundheitsbehörde im Einvernehmen mit dem o.a. klinischen Experten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Der klinische Experte bringt die leichte Schutzausrüstung (Notfallset) zur Abklärung des Verdachtsfalles mit. 17 r 18 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Errege 5. Maßnahmen der Landesgesundheitsbehörde (FA 8B) Die Landesgesundheitsbehörde (FA 8B) ist für die Einberufung und Koordination des Expertenteams und für alle weiteren Belange des aktuellen Krankheitsausbruches zuständig. Die Landesgesundheitsbehörde (FA 8B) wird so rasch wie möglich nach Eintreffen der Meldung durch den die Verdachtsdiagnose stellenden Arzt einen Amtsarzt an den Ort des Geschehens entsenden, welcher gemeinsam mit dem klinischen Experten und Hygieniker (= Expertenteam, siehe Anhang 1) weitere Maßnahmen wie Isolierung, Transport/Verlegung des Patienten, postexpositionelle Prophylaxe, Schutzmaßnahmen für Betreuungspersonen, Durchführung von Desinfektionsmaßnahmen, Erfassung und Absonderung von Kontaktpersonen, Freigabe von desinfizierten (dekontaminierten) Einrichtungen, Beendigung der Isolierung etc. in Abhängigkeit von der Art der Erkrankung veranlasst. Falls erforderlich, wird vom Amtsarzt nach Rücksprache mit dem klinischen Experten eine postexpositionelle Prophylaxe (z.B. bei Lungenpest innerhalb von acht Stunden, siehe Maßnahmen für Kontaktpersonen, S. 25) verordnet und deren Einnahme sichergestellt. Bei Verweigerung der Einnahme der Prophylaxe wird durch die Bezirksverwaltungsbehörde eine Absonderung (Quarantäne) der Kontaktperson für die Dauer der Inkubationszeit verfügt. Für die ev. anzuordnende Quarantäne (noch) gesunder Kontaktpersonen ist eine geeignete Einrichtung des Gesundheitsamtes der Stadt Graz vorhanden (siehe 9.3, S. 27). Die Landesgesundheitsbehörde (FA 8B) informiert umgehend das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen, Sektion VI, über den Erkrankungs- bzw. Verdachtsfall und wird auch im Weiteren über die aktuelle Sachlage berichten. Gegebenenfalls ist dort kurzfristig eine Koordinationsstelle einzurichten, die nationale und grenzüberschreitende Maßnahmen koordiniert. Sind bundesländerübergreifende Maßnahmen erforderlich, hat die Landesgesundheitsbehörde alle notwendigen Kontakte auf direktem, kürzestem Wege durchzuführen. 19 r 20 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Errege 6. Versand von diagnostischen Proben und Labordiagnostik Um keine Zeit zu verlieren, sollte das Untersuchungsmaterial für die mikrobiologische Diagnostik nach Möglichkeit bereits noch vom erstbehandelnden Arzt oder vom klinischen Experten abgenommen und unter Einhaltung der Sicherheitsvorschriften und gesetzlichen Bestimmungen per Kurier versandt werden (siehe Anhang 2). Die Verständigung des Kuriers erfolgt durch den klinischen Experten. Die primären Probengefäße müssen wasserdicht und unzerbrechlich sein (kein Glas), die sekundären Behältnisse müssen ebenso wasserdicht und mit einer aufsaugenden Einlage versehen sein. Die Außenverpackung muss als feste Verpackung entsprechenden Schutz für die Innenverpackungen bieten. Geprüfte Verpackungen werden vom klinischen Experten zum Einsatzort gebracht, zusätzlich werden sie beim Roten Kreuz (HITT) gelagert (Tel. siehe Anh. 3) oder bei Bedarf von Transportfirmen zur Verfügung gestellt. Der Transport der Proben sollte gekühlt (bei 4 °C) erfolgen. Die klinische Laboratoriumsdiagnostik ist auf das unbedingt Notwendige zu beschränken und hat unter erhöhten Sicherheitsbedingungen zu erfolgen. Malaria ist im Hinblick auf Tropenkrankheiten, insbesondere für virale hämorrhagische Fieber, die wichtigste Differenzialdiagnose und muss deshalb zuerst ausgeschlossen bzw. bestätigt werden. Es ist zu beachten, dass auch bei bestätigter Malaria „Entwarnung“ erst dann gegeben werden darf, wenn eine befriedigende Reaktion auf die Therapie eingetreten ist, da zusätzlich eine andere Infektion bestehen könnte. Falls der Verdacht auf das Vorliegen einer hoch kontagiösen Infektionskrankheit erst nach Versand von Blutproben oder anderen Untersuchungsmaterialien geäußert oder bestätigt wird, müssen die Proben so schnell wie möglich lokalisiert und entsprechend verpackt in ein Sicherheitslaboratorium gebracht werden. Die Personen, die Kontakt mit dem Untersuchungsmaterial hatten, müssen festgestellt werden (siehe Kapitel 9, S. 25). 21 r 22 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Errege 7. Isolierung – Hospitalisierung Der Patient soll, soweit möglich und vertretbar, so lange an seinem Aufenthaltsort (Wohnung, Arztpraxis usw.) verbleiben, bis eine ordnungsgemäße stationäre Unterbringung sowie ein den Anforderungen genügender Transport an den Ort der stationären Unterbringung gewährleistet werden kann. Befindet sich der Patient beim ersten Auftreten des Verdachtes auf das Vorliegen einer derartigen Erkrankung bereits auf einer Normalstation eines Krankenhauses, ist er unter Nutzung der bestehenden Möglichkeiten zu isolieren oder in ein Patientenzimmer mit Schleuse zu verlegen (siehe auch unter 10.2, S. 29). 8. Verlegung und Krankentransport Nach Bestätigung der Verdachtsdiagnose durch das Untersuchungslabor entscheidet das Expertenteam über den Transport des Patienten in eine Hochsicherheitsisoliereinheit (HSI). Den Auftrag an die zuständige Rettungsleitstelle zum Transport des Patienten erteilt der Amtsarzt. Das Bereit-schaftsteam (HITT = Hochinfektionstransportteam) wird über den Landesverband Steiermark des Roten Kreuzes (Abteilung Ausbildung und Katastrophenhilfsdienst, Tel. 0 31 6/68 33 88) oder außerhalb der Dienstzeiten über die Bezirksleitstelle GrazStadt, Tel. 0 31 6/47 15 55, verständigt. Bei gegebener Infektiosität sind vom Rettungspersonal eine entsprechende Schutzkleidung sowie Schutzrespiratoren zu tragen. Je nach Infektiosität des Patienten wird entweder der „Schutzanzug leicht“ oder der „Vollschutzanzug“ verwendet (siehe Anhang 3). Die Entscheidung hierüber trifft das Expertenteam. Das Begleitpersonal muss in der Handhabung der Schutzkleidung und Atemschutzgeräte ständig trainiert sein und die Rettungsleitstelle muss mindestens 1x pro Jahr derartige Einsätze üben. Während des Transportes darf kein infektiöses Material in die Umgebung des Transportmittels gelangen. Der Fahrer hat den direkten Kontakt zum Patienten oder dem Begleitteam zu vermeiden. Im Zielkrankenhaus ist der Patient, wenn möglich, direkt von außen in die Einrichtung für Intensivtherapie zu bringen. Bei Transport mit dem Transportinkubator darf dieser erst im Patientenzimmer geöffnet werden. Nach Abschluss des Krankentransportes müssen das Fahrzeug sowie die persönliche Schutzausrüstung vollständig dekontaminiert werden. Die Desinfektion findet in der Desinfektionsanstalt der Stadt Graz statt (siehe Kapitel 10, S. 29/Anhang 7). Transport in eine HSI nach Deutschland Entscheidet das Expertenteam, den Patienten in eine HSI einzuweisen und ist in Österreich noch keine derartige Einrichtung vorhanden, erfolgt der Transport über die Austrian Air Ambulance in eine HSI nach Deutschland (siehe Anhang 3). Der Auftrag an die Ärzteflugambulanz erfolgt von der Landesgesundheitsbehörde (FA 8B) und ergeht an die Austrian Air Ambulance in Wien, Tel. 01/401 44. Der Transport des Patienten erfolgt durch das Rote Kreuz (HITT) zum Flughafen Graz, wo der Patient von der Crew der OAFA übernommen wird. 23 r 24 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Errege 9. Maßnahmen bei Kontaktpersonen 9.1 Kontaktpersonen zu VHF und humane Affenpocken Absonderung im Krankenhaus sowie der Kategorie Ib im Einzelfall eine Absonderung am Wohnort oder im Krankenhaus anzuordnen. Sie sind definiert als Personen, die direkten Kontakt mit Blut, Harn oder Sekreten inkl. kontaminierten Verbänden des Patienten hatten, oder Personen, die den Patienten während der Erkrankung versorgten bzw. mit Untersuchungsmaterial (außer in einer HSI) des Patienten hantierten, oder Personen, die direkten Kontakt mit Verstorbenen von VHF/Affenpocken-Opfern hatten (entweder bewiesen oder bei starkem Verdacht), oder Personen, die direkten Kontakt mit an VHF/Affenpocken erkrankten Tieren oder mit deren Blut, Körperflüssigkeiten oder Kadaver hatten. Bei Kontaktpersonen mit Symptomen entscheidet das Expertenteam über eine eventuelle Einweisung in eine Einrichtung für Intensivtherapie oder in eine HSI-Einheit oder über eventuell notwendige medikamentöse (Postexpositions)Prophylaxe- und Therapiemaßnahmen. Entsprechende Medikamente (z. B. Ribavirin) sind in der Anstaltsapotheke im LKH Graz verfügbar (siehe Anhang 8). 9.1.1 Differenzierung der Kontaktpersonen nach Risiken Die gleichzeitige Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln oder das kurzzeitige Betreten von potenziell infektiösen Räumen stellt kein Infektionsrisiko dar. Solche Personen werden nur unter außerordentlichen Umständen von der Landesgesundheitsbehörde aufgefordert, sich zu melden. Kategorie Ia: Kontaktpersonen mit hohem Risiko Personen, die direkten Schleimhaut- oder invasiven Hautkontakt mit Blut, anderen Körperflüssigkeiten oder Geweben des Patienten hatten (z. B. durch eine Nadelstichverletzung, bei einem invasiven Eingriff, einer Reanimation oder einer Autopsie). Die Kontaktpersonen zu VHF/Affenpocken selbst sind nach derzeitigem Stand der medizinischen Wissenschaft nicht infektiös, solange die ersten Symptome auftreten. Sie müssen sich ab dem letzten Tag der Exposition über einen Zeitraum von 21 Tagen täglich 2x durch Messen ihrer Körpertemperatur kontrollieren und sorgfältig auf das Auftreten von Krankheitssymptomen achten (ggf. unter Kontrolle des Hausarztes). Weder Arbeit noch Bewegungsfreiheit müssen beschränkt werden, solange keine Symptome auftreten. Tritt jedoch während der Überwachungszeit Fieber über 38 °C auf, darf der Betroffene seine Wohnung nicht verlassen und muss dies der Koordinationsstelle für Kontaktpersonen (s. u.) melden. Diese teilt ihm mit, wo die Klärung der Symptome und die Isolierung erfolgen. Kategorie Ib: Kontaktpersonen mit erhöhtem Risiko Personen, die Kontakt mit Blut, anderen Körperflüssigkeiten oder Geweben des Patienten auf intakter Haut oder als Aerosol hatten (z. B. Krankenpflege- oder ärztliches Personal, Labormitarbeiter, Reinigungspersonal in vorbehandelnden Einrichtungen, ggf. Mitarbeiter externer Untersuchungslabors), Personen, die mit dem Blut, Exkreten, Geweben oder dem Kadaver eines Tieres, das nachweislich mit VHF infiziert war, in Berührung gekommen sind. Die angeführte Vorgangsweise muss jeder Kontaktperson bei der Registrierung durch den Amtsarzt mitgeteilt werden. Der erste Ansprechpartner für Kontaktpersonen ist die von der Landesgesundheitsbehörde (FA 8B) eingerichtete und unter ärztlicher Leitung stehende Koordinationsstelle. Kategorie II: Kontaktpersonen mit mäßigem Risiko Personen, die den Patienten gepflegt oder Untersuchungsproben von ihm bearbeitet haben (z. B. Mitglieder einer Lebens- oder Wohngemeinschaft, betreuende Freunde oder Nachbarn, ggf. vor der Krankenhausaufnahme konsultierte Ärzte, Krankentransportpersonal, Für Kontaktpersonen ohne Symptome der Kategorie Ia (siehe Checkliste S. 15) ist generell eine 25 r 9.2 Kontaktpersonen zu Pest betreuendes Krankenhauspersonal einschl. Ärzten, Reinigungspersonal etc.), Personen, die unmittelbaren Kontakt mit der Leiche eines an VHF verstorbenen Patienten oder dessen Verdächtigen hatten, bevor der Sarg verschlossen wurde, Personen, die Kontakt zu einem Tier hatten, das mit VHF infiziert war, Personen, die z. B. während eines längeren Fluges in unmittelbarer Nachbarschaft des Indexpatienten gesessen haben, sofern dieser bereits symptomatisch war, Personen, die direkten Kontakt mit der Kleidung, dem Bettzeug oder anderen Gegenständen hatten, die mit Blut, Urin oder anderen Körperflüssigkeiten des Patienten kontaminiert gewesen sein könnten. Kontaktperson ist, wer sich im selben Haushalt aufgehalten hat bzw. sich in nahem Kontakt zu einem Verdachts- oder Erkrankungsfall befand, oder direkten Kontakt zu Blut, Eiter oder Ausscheidungen hatte. Mit einer direkten Übertragung der Erreger von Mensch zu Mensch ist in der Regel nur bei der Lungenpest zu rechnen; dort ist das Risiko allerdings sehr hoch. Deshalb muss bei Kontaktpersonen von Lungenpest-Verdächtigen oder -Kranken umgehend eine präventive antibakterielle Therapie (unbedingt innerhalb von acht Stunden) begonnen werden. Bei Schwangeren und Kindern bis zum 8. Lebensjahr muss vom Amtsarzt der oben genannte klinische Experte kontaktiert werden. In jüngster Zeit sind gegen die genannten üblicherweise eingesetzten Antibiotika vereinzelt Resistenzen aufgetreten. Kategorie III: Kontaktpersonen mit geringem Risiko jegliche andere Art von Kontakten zum Indexpatienten (z. B. Aufenthalt im selben Raum, Benutzung derselben öffentlichen Transportmittel, allgemeine soziale Kontakte) medizinisches Personal, sofern intakte Schutzanzüge und Respiratoren getragen wurden Eine Quarantäne von Kontaktpersonen oder Ansteckungsverdächtigen ist nach eingeleiteter Chemoprävention und bei gesicherter weiterer Einnahme wahrscheinlich nicht notwendig oder kann als häusliche Absonderung erfolgen, wenn die Gesundheitskontrolle durch einen Arzt über den Zeitraum von einer Woche gewährleistet ist. Treten während dieser Zeit Symptome auf, muss dies der Betroffene in der Koordinationsstelle für Kontaktpersonen melden. Diese teilt ihm mit, wohin er sich zur Klärung seiner Symptome zu wenden hat. Anmerkung: Jede Kontaktperson muss registriert und einer Beobachtung unterzogen werden. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass eine molekularbiologische/serologische Untersuchung völlig asymptomatischer Kontaktpersonen grundsätzlich nicht angezeigt ist und die Laborkapazitäten überfordert. Die vorgeschlagene Kategorisierung der Kontaktpersonen nach ihrem potentiellen Risiko (siehe oben) hat sich in allen zwischenzeitlich aufgetretenen Fällen (EU) in der Praxis bewährt. Gegebenenfalls muss unverzüglich entschieden werden, ob Kontaktpersonen durch einen öffentlichen Aufruf zu bestimmten Verhaltensweisen veranlasst werden sollen (Messung der Körpertemperatur, Aufsuchen des zuständigen Gesundheitsamtes usw.). Besteht der Verdacht, dass unter den Passagieren eines Fluges ein Lungenpest-Kranker ist, gelten für den Patienten und alle Insassen des Flugzeuges die Regeln für Pest-Kranke und Kontaktpersonen. Eine Desinfektion des Innenraums ist erforderlich. Reste von Speisen sind einzusammeln und als gefährlicher Abfall zu entsorgen. Kontaminierte Kleidungsstücke, Textilien (evtl. Handgepäck) sollten möglichst noch im Flugzeug desinfiziert werden oder in Einmalsäcken (autoklavierbar) in Sonderabfallgebinden („schwarze Tonne“) zur Desinfektionsanstalt verbracht werden. Vom übrigen Gepäck der Passagiere geht keine Gefahr aus. Nur solche Personen, welche die Einnahme der Chemoprophylaxe verweigern, oder bei denen die Einnahme der Chemoprophylaxe nicht gesichert ist, sind abzusondern (Quarantäne) und sieben Tage lang sorgfältig zu überwachen. 26 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse 9.3 Quarantäne Errege Ausstattung und Personal Die Aktivierung der Quarantänestation, Dreihackengasse 49, 8020 Graz, erfolgt ausschließlich über Anordnung der Landessanitätsdirektion durch einen Amtsarzt des Gesundheitsamtes der Stadt Graz (siehe Anhang 4). Der Amtsarzt ist außerhalb der Dienstzeiten über die Bestattung, Tel. 887-720, erreichbar. Die Grundausstattung der Quarantänestation verfügt über ein Drei- und ein Zweibettzimmer, bei Bedarf sind weitere 6 Zimmer aktivierbar. Das Betreuungspersonal (max. 6 Personen) wird vom Bundesheer bereitgestellt, die Anforderung erfolgt über die Fachabteilung 7B für allgemeinen Katastrophenschutz (AKS). Anordnung der Quarantäne Wie schon für die Anhaltung zwecks Registrierung wird die Maßnahme nötigenfalls durch einen Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde (BH bzw. Magistrat Graz) und gegebenenfalls mit Hilfe der Exekutive verfügt. 27 r 28 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Errege 10. Schutz- und Desinfektionsmaßnahmen 10.1 Maßnahmen im peripheren Wohnbereich Übermantel, Mundschutz und Handschuhe vor Verlassen des Zimmers in entsprechende Säcke verbringen. Alle Utensilien verbleiben im Zimmer. Das HIT-Team verfügt über virusgeprüfte Desinfektionsmittel (siehe Anhang 7) und bringt die Desinfektionsmittel gemeinsam mit der Schutzausrüstung vor Ort. Wo immer möglich, werden Einwegartikel eingesetzt (Instrumente, Wäsche u. a.). Bis zur Abklärung der Diagnose durch den Laborbefund verlassen keine Pflegeutensilien, Instrumente oder Fäkalien etc. den Isolierbereich. Wenn keine Einweginstrumente verwendet werden, müssen diese im Bereich des benutzten Raumes (bzw. Vorraum) thermisch (90 °C 10 min) oder mittels Formaldehyd-Lösung (6%/1 h) desinfiziert werden. Die Sammlung der gebrauchten Einwegmaterialien erfolgt in Sonderabfallgebinden (Gebinde für gefährliche Abfälle = „schwarze Tonne“). Bis zum Erhalt des Laborbefundes entscheidet das Expertenteam über den Zutritt zum Wohnraum. Gegebenenfalls ist der Zugang durch die Behörde zu sichern. Bestätigt sich der Verdacht, wird von einem eigens geschulten Desinfektor eine gründliche Scheuer-/Wischdesinfektion mit einem virusgeprüften Desinfektionsmittel unter Anweisung des Expertenteams durchgeführt. (Arbeitsanweisung: Bodenschatz: Handbuch für den Desinfektor, S. 661.) Die Abfallgebinde werden außen mit einem virusgeprüften Desinfektionsmittel desinfiziert und nach Ablauf der Einwirkzeit zur Desinfektionsanstalt gebracht, einem Dampfdesinfektionsprozess (VDV-Verfahren 105 °C/5 min.) unterzogen und anschließend als Sonderabfall entsorgt (Transport zur EBS). Das Expertenteam hat Art und Umfang der Schutzausrüstung des Desinfektors festzulegen und gegebenenfalls weitere Desinfektionsmaßnahmen wie eine Raumdesinfektion mit Formaldehyd (nach TRGS 522) in die Wege zu leiten (Anh.7). 10.2 Maßnahmen im Wohnbereich und peripheren Krankenhaus, wenn der Patient nicht transportfähig ist Sofern das Krankenhaus über ein Abfalldesinfektionsgerät verfügt, hat das Expertenteam zu entscheiden, ob der Abfall vor Ort desinfiziert werden kann (Voraussetzung sind geeignete Räumlichkeiten sowie ein geprüftes, überwachtes dokumentiertes Verfahren und nachweislich geschultes Personal). Das Expertenteam leitet die Notfallisolierung ein. Im Krankenhaus werden eventuelle Patientenverlegungen eingeleitet und ggf. wird ein geschultes Betreuungsteam vor Ort gebracht. Bei Verdacht hat sofort eine Erstisolierung in einem Einzelzimmer (vorzugsweise mit Schleuse) stattzufinden. Stuhl, Harn und Blut werden einer Vordesinfektion mit einem virusgeprüften Desinfektionsmittel (6 %/ 6 h EWZ) unterzogen, anschließend erfolgt die Entsorgung über die Sonderabfallgebinde. Verständigung des Expertenteams und des HITTeams. Das HIT-Team bringt die entsprechenden Desinfektionsmittel (siehe Anhang 7) gemeinsam mit der Schutzausrüstung (leicht) vor Ort. Über eine etwaige Aufbereitung von wiederverwendbaren (teuren) Gegenständen hat das Expertenteam zu entscheiden. Anbringen eines Hinweisschildes: „Infektionszimmer – Zutritt nur mit Erlaubnis der Stationsführung“. Es hat prinzipiell nur noch gehobener medizinischer Dienst Zutritt. Vor Betreten des Zimmers Übermantel anziehen Mund-Nasen-Schutz anlegen Handschuhe anziehen Die laufende und die gezielte Desinfektion während der Pflege sind mit einem virusgeprüften Desinfektionsmittel von entsprechend geschultem Personal des gehobenen medizinischen Dienstes durchzuführen. Die Abschlussdesinfektion wird von einem eigens geschulten Desinfektor, im Krankenhaus von geschulten Mitarbeitern des gehobenen medizinischen Dienstes mittels Scheuer-/ 29 r Wischdesinfektion durchgeführt. Detailanweisungen obliegen dem Expertenteam (siehe Anhang 7; s. auch W. Bodenschatz: Handbuch für den Desinfektor, S. 661: Entwurf einer Arbeitsanweisung für den Desinfektor). Das Expertenteam hat Art und Umfang der Schutzausrüstung des Desinfektors festzulegen und gegebenenfalls weitere Desinfektionsmaßnahmen wie eine Raumdesinfektion bzw. Fahrzeugdesinfektion durch Vernebeln oder Verdampfen von Formaldehyd in die Wege zu leiten. Das Expertenteam hat Art und Umfang der Schutzausrüstung des Desinfektors festzulegen und gegebenenfalls weitere Desinfektionsmaßnahmen wie eine Raumdesinfektion mit Formaldehyd in die Wege zu leiten. Weiters hat das Expertenteam festzulegen, ob eine Dekontamination des HIT-Teams vor Ablegen der Schutzanzüge für nötig erachtet wird. Die Durchführung der Dekontaminations- und Desinfektionsmaßnahmen erfolgen in der Desinfektionsanstalt der Stadt Graz. 10.3 Maßnahmen beim Transport des Patienten Das Einsatzteam wird von geschulten Mitarbeitern (leichter Schutz) der Desinfektionsanstalt vorsichtig nach der sog. Bananentechnik ausgezogen. Der Patient wird vom HIT-Team übernommen. Sofern beim Transport in den Rettungswagen mit gröberen Kontaminationen zu rechnen ist, sind über den Schutzanzug Einmal-Plastiküberschürzen zu tragen, welche im Rettungsauto in Sonderabfallgebinde entsorgt werden. Der Patient wird in eine österreichische Hochsicherheitsisoliereinheit transportiert oder am Flughafen Graz von der Ärzteflugambulanz übernommen, die Dekontamination der Flugambulanz (Flugzeug und Personal) findet am Zielort statt. Bananentechnik: Mitarbeiter mit Schutzausrüstung leicht trägt drei Paar Handschuhe. Gebläsehaube und Gebläseeinheit werden entfernt und einer Desinfektion zugeführt; das erste Paar Handschuhe wird ausgezogen. Der Reißverschluss wird geöffnet, das nächste Paar Handschuhe ausgezogen. Der Mitarbeiter wird nun vorsichtig aus dem Anzug geschält, ohne seine Haut zu berühren. Nach Übergabe fährt das Rettungsfahrzeug mit den Sanitätern in die Desinfektionsanstalt. Der Rettungswagen wird einer gründlichen Scheuer-/ Wischdesinfektion mit einem virusgeprüften Desinfektionsmittel unterzogen. 30 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Errege 11. Öffentlichkeitsarbeit Informationen an die Presse Nach Bestätigung des Verdachtes durch den „Klinischen Experten“ wird die Presse ausschließlich durch den Landessanitätsdirektor oder durch von ihm autorisierte Vertreter informiert. Um eine ungestörte Arbeit des Expertenteams zu gewährleisten, empfiehlt es sich, zusätzlich einen „Pressesprecher“ vor Ort durch die Sanitätsbehörde zu nominieren. „Entwarnung“ Bei Nichtbestätigung der Verdachtsdiagnose oder nach Ablauf von Inkubationszeiten oder Erfahrungswerten über Sekundärfälle, Ablauf von Kleinepidemien und allenfalls Ergebnissen aus Umgebungs- oder Expositionsuntersuchungen, ggf. auch Chemoprophylaxe oder Riegelungsimpfungen können Quarantänemaßnahmen, Beschäftigungsverbote und Ähnliches (u. U. stufenweise) aufgehoben werden. Die entsprechenden Informationen erteilt die Gesundheitsbehörde über die Koordinationsstelle und autorisierte Pressesprecher wie oben. Bundesländerübergreifende bzw. internationale Maßnahmen und Informationen werden vom BMSG übernommen bzw. koordiniert die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen (Tel.: 01/711 00). 31 r 32 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Errege 12. Maßnahmen im Todesfall kommt in eine flüssigkeits- und gasdichte (Plastik)hülle, welche zugeschweißt und von außen fachgerecht mit einem Virusdesinfektionsmittel desinfiziert wird. Dann kommt die Leiche vorzugsweise zur Kremation in einen geeigneten Holzsarg, welcher über keine scharfen Kanten verfügen darf, da sie die Plastikhülle beschädigen könnten. Für Überführungen ins Ausland ist ein flüssigkeits- und gasdichter Sarg (Zinksarg) vorzuschreiben. Vor dem Weitertransport wird auch der Sarg äußerlich desinfiziert. Er bleibt bis zur endgültigen Überführung ins Ausland unter Aufsicht der Gesundheitsbehörde, ist in einem speziell gesicherten und ggf. bewachten Kühlraum aufzubewahren und darf ohne deren Zustimmung nicht mehr geöffnet werden. Eine Einbalsamierung oder jegliche andere Manipulation an der Leiche ist unter allen Umständen zu vermeiden. Die innere Leichenschau eines an einem importierten VHF verstorbenen Patienten setzt das Personal einem erheblichen Risiko aus und sollte deshalb grundsätzlich unterbleiben, wenn sie nicht unter S4-Bedingungen von in dieser Hinsicht besonders geschultem Personal ausgeführt werden kann. Gleichwohl muss eine Abklärung eines VHF-Verdachtsfalles auch post mortem angestrebt werden. Deshalb sollte von einem hierin erfahrenen Arzt eine begrenzte Anzahl von Proben (z. B. Urin, Liquor, Kardialblut, Gewebepunktate) entnommen werden. Dabei ist entsprechende Schutzkleidung zu tragen. Beim Probenversand sind die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen (vgl. oben) einzuhalten. Die Einsargung soll, ebenfalls unter Verwendung entsprechender Schutzkleidung, möglichst am Sterbeort (Isolierzimmer) erfolgen. Der Leichnam 33 r 34 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Errege 13. Erkrankungen 13.1 Virushämorrhagische Fieber Die klinische Diagnose eines VHF im Anfangsstadium ist aufgrund der unspezifischen allgemeinen Symptomatik schwierig. Das klinische Bild ist charakterisiert durch Fieber, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, thorakale bzw. abdominelle Schmerzen, Pharyngitis bzw. Halsschmerzen und gerötete Konjunktiven. Patienten mit schwerem VHF zeigen häufig Blutungen unter der Haut, in inneren Organen oder an Körperöffnungen, Schockzustände, Fehlfunktionen des Nervensystems, Koma, Delirium und Nierenversagen. Als virushämorrhagische Fieber (VHF) wird eine Gruppe von Erkrankungen bezeichnet, die von verschiedenen Virusgattungen ausgelöst werden kann (Tab. 1, S. 36). Die Erkrankung kann sowohl harmlos verlaufen als auch schwerwiegende, lebensbedrohende Formen annehmen. Alle Virusgattungen gehören zu den RNA-Viren, sind von einem tierischen Wirt (meist Nager oder Arthropoden) abhängig und dadurch auf das Verbreitungsgebiet ihres Wirtes beschränkt. Der Mensch ist kein natürliches Reservoir dieser Viren und wird nur durch Kontakt mit dem Wirtsorganismus infiziert. Trotzdem können manche Viren auch von Mensch zu Mensch übertragen werden. Die wichtigsten Beispiele hierfür sind Ebola-, Marburg-, Lassaoder Krim-Kongo-HF-Viren. Mit einigen wenigen Ausnahmen können virushämorrhagische Fieber nicht behandelt oder geheilt werden. Aufgrund der Zunahme des internationalen Reiseverkehrs werden virus-hämorrhagische Fieber (VHF) auch in Mitteleuropa häufiger. Bei klinischem Verdacht auf ein importiertes gefährliches VHF ist kritisch zu prüfen, ob der jeweilige Krankheitserreger in dem Herkunftsbzw. Reiseland endemisch ist und ob in letzter Zeit Krankheitsausbrüche zu verzeichnen waren. Tabelle 2, S. 37 gibt eine Übersicht über das bisher bekannte endemische Auftreten der wichtigsten aus verschiedenen Ländern nach Mitteleuropa importierten Krankheitserreger virusbedingter hämorrhagischer Fieber. 35 r Tabelle 1: VHF und deren Übertragbarkeit Mensch-zu-Mensch Familie Genus Virusbezeichnung Erkrankung Flaviviridae Flavivirus Gelbfieber-Virus Dengue-Typen 1–4-Virus Omsk-HF-Virus Kyasanur-Forest-Disease-Virus Gelbfieber Dengue HF Omsk HF Kyasanur Forest KH N N G G Bunyaviridae Phlebovirus Rift-Valley-Fieber-Virus Rifttal-Fieber (RVF) G Nairovirus Krim-Kongo-HF-Virus Krim-Kongo HF (CCHF) G Hantavirus Hantaan-Virus Seoul-Virus Puumala-Virus Dobrava/Belgrad-Virus renales Syndrom HFRS N Hantavirus Sin-Nombre- u. a. neuweltliche Hantaviren Lungensyndrom HPS G Arenavirus Lassa-Virus Lassa-Fieber G Junin-Virus Argentinisches HF G Machupo-Virus Bolivianisches HF G Guanarito-Virus Venezuelanisches HF G Sabia-Virus Brasilianisches HF G Marburg-Virus Marburg-Krankheit H Ebola-Virus Ebola-Krankheit H Arenaviridae Filoviridae Filovirus Mensch-zuMenschÜbertragung H: häufig, G: gelegentlich, N: nie 13.1.1 Übertragung und Endemiegebiete nicht bekannt. Rifttal-Fieber kann allerdings außer durch Insektenstiche auch durch Aerosole erregerhaltigen Blutes übertragen werden. Bei Gelbfieber und Denguefieber sind keine strikten Isoliermaßnahmen erforderlich, da sie (außer durch direkten Blutkontakt) nicht von Mensch-zu-Mensch übertragen werden und außerdem eines in Österreich bisher nicht etablierten Reservoir-VektorWirt-Zyklus bedürfen. Infektionen durch die in Europa verbreiteten Hantavirus-Subtypen nehmen meistens keinen hämorrhagischen Verlauf, sondern gehen mit einer Nephropathia epidemica einher. Als sehr viel gefährlicher ist dagegen das pulmonale Hantavirus-Syndrom durch das in Nordamerika endemische Sin-Nombre-Virus einzustufen. Aufgrund ihrer relativ hohen Letalität und ihres Potenzials zu Krankheitsausbrüchen durch eine direkte Mensch-zu-Mensch-Übertragung werden als gefährliche importierte Infektionskrankheiten gegenwärtig bestimmte hämorrhagische Fieber (Ebola, Lassa, Marburg, Krim-Kongo), die Lungenpest und Infektionen durch Orthopoxviren (Affenpocken) angesehen. Von anderen VHF mit hoher Letalität, wie Gelbfieber, Argentinischem-, Bolivianischem-, Brasilianischem-, Venezuelanischem-, Kyasanur-Wald- und Omsk-Hämorrhagischem Fieber sind größere Krankheitsausbrüche durch eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung 36 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Errege Tabelle 2: Endemiegebiete für VHF Ebola Afrika Kongo, Uganda, Sudan, Gabun, Elfenbeinküste Marburg Afrika Uganda, Kenia, Zimbabwe, Kongo Lassa Afrika Sierra Leone, Liberia, Guinea, Nigeria, Kongo, Mali, Senegal, Ghana, Elfenbeinküste, Burkina Faso Junin Südamerika Argentinien Machupo Südamerika Bolivien Sabia Südamerika Brasilien Guanarito Südamerika Venezuela Krim-Kongo HF Osteuropa frühere Sowjetunion (Krim), Balkan (Kosovo) Asien Naher und Mittlerer Osten Afrika Zaire, Nigeria, Kenia, Südafrika, Zimbabwe, Namibia Rifttal F Afrika Kenia, Somalia, Jemen, Saudi-Arabien Hanta LS Amerika USA, Kanada, Südamerika 13.1.2 Ausbrüche 13.1.2.1 Aktuelle Ausbrüche siehe unter http://www.who.int/disease-outbreak-news/ oder http://www.promedmail.org/pls/askus/f?p=2400:1000 13.1.2.2 letzte Ausbrüche Tabelle 3: Ausbrüche von VHF seit 1997 Dez. 1998 – Mai 1999: Marburg Kongo Juni – Juli 1999: Krim-Kongo HF Russland Nov. 1999 – März 2000: Marburg Kongo Mai – Juni 2000: Krim-Kongo HF Afghanistan Sept. – Okt. 2000: Rifttal-Fieber Jemen, Saudi-Arabien Aug. 2000 – Jän. 2001: Ebola Uganda Mai 2001 Krim-Kongo HF Kosovo Okt. 2001 Krim-Kongo HF Afghanistan Dez. 2001 – Mai 2002 Ebola Gabun, Kongo Mai 2004 - August 2004 Ebola Südsudan Februar 2003 - Jänner 2004 Ebola Kongo März 2003 Krim-Kongo HF Mauretanien April 2004 Lassa Sierra Leone 37 r 13.1.3 Diagnose und Infektiosität Risikoeinschätzung bei Verdachtsfällen von VHF Eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit, an einem VHF erkrankt zu sein, besteht bei fiebernden Patienten, die sich vor Beginn der Symptome in keinem Endemiegebiet aufgehalten haben, Verdachtsdiagnose Ein begründeter VHF-Verdacht ergibt sich insbesondere bei einem febrilen (>38,5 °C) Patienten, der sich bis zu drei Wochen vor Erkrankungsbeginn in einem Endemiegebiet oder in einem Gebiet aufgehalten hat, in dem in den vergangenen zwei Monaten Fälle von VHF aufgetreten sind, und sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er dort in Kontakt mit Körperflüssigkeiten an VHF erkrankter lebender oder verstorbener Personen oder VHFinfizierter Tiere (Affen, Nagetiere, Fledermäuse) gekommen sein könnte oder an einer hämorrhagischen Diathese oder einem ungeklärten Schock leidet. Gleiches gilt für einen febrilen Patienten, der im In- oder Ausland in einem Labor oder sonstigen Einrichtungen gearbeitet hat, in denen ein Umgang mit VHF-Erregern, erregerhaltigem Material, VHF-infizierten Tieren oder VHF-erkrankten Personen möglich ist. oder Personen, die zwar in einem Endemiegebiet waren bzw. Kontakt mit einem an VHF erkrankten Patienten hatten, Symptome jedoch erst nach mehr als 21 Tagen, gerechnet ab dem letztmöglichen Zeitpunkt einer Infektion, auftraten. Eine mäßige Wahrscheinlichkeit auf Vorliegen eines VHF besteht bei fiebernden Patienten, die sich innerhalb der letzten 21 Tage vor Beginn von Symptomen in einem Endemiegebiet aufgehalten haben, dort jedoch keinem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt waren, oder in keinem Endemiegebiet waren, jedoch während der letzten 21 Tage vor Beginn von Symptomen in einem dazu angrenzenden Gebiet, und Zeichen einer schweren Erkrankung mit Organversagen und/oder Hämorrhagien entsprechend einem VHF haben. Verdacht auf ein VHF besteht bei Patienten, die innerhalb der letzten drei Wochen vor Ausbruch des Fiebers entweder die Regionen eines Landes, in denen kürzlich VHF aufgetreten ist, besucht haben, Eine hohe Wahrscheinlichkeit auf Vorliegen eines VHF besteht bei einem fiebernden Patienten, der 1. sich während der letzten 3 Wochen vor Krankheitsbeginn in einem Endemiegebiet aufgehalten hat und sich dort mehr als 4 Stunden in einem Haus aufgehalten oder gelebt hat, in dem Personen mit Fieber und Verdacht auf VHF waren, oder direkten Kontakt mit Blut, anderen Körperflüssigkeiten, Sekreten oder Ausscheidungen einer Person oder eines Tieres mit VHF hatten, oder in einem Labor, in dem mit Erregern des VHF gearbeitet wird, tätig waren. oder als Krankenpfleger arbeitete und mit kranken fiebernden Patienten mit Verdacht auf VHF, deren Körperflüssigkeiten, Geweben oder Leichen solcher Patienten Kontakt hatte, Das hämorrhagische Krim-Kongo-Virus wird neben Kontakt mit Blut und Sekreten erkrankter Personen auch durch den Biss bestimmter Zecken sowie durch Kontakt mit dem Fleisch gesunder Wirte der Zecken (Hasen, Vögel) übertragen. oder als Mitarbeiter in einem Labor oder einem anderen Arbeitsbereich Kontakt mit Körperflüssigkeiten, Geweben oder Leichen derartiger Patienten hatte, Die Wahrscheinlichkeit, sich mit einem der Erreger des VHF angesteckt zu haben, wird als extrem gering eingeschätzt, wenn keine dieser Voraussetzungen gegeben ist. oder ein Patient, der ursprünglich in die Gruppe jener mit geringer oder mäßiger Infektionswahr- 38 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse scheinlichkeit (s. oben) fiel und ein Organversagen und/oder Hämorrhagien entwickelt hat. 2. innerhalb der letzten 3 Wochen vor Krankheitsbeginn in keinem Endemiegebiet war, aber einen Patienten mit Verdacht auf VHF pflegte oder mit Körperflüssigkeiten, Geweben oder Leichen solcher Patienten Kontakt hatte, Errege Meningokokken-Sepsis, Gelbfieber, andere VHF [Dengue, Hanta], Rickettsiosen, Leptospirose, Typhus abdominalis, Intoxikation, bei immunsupprimierten Patienten auch ein Herpes simplex oder Varicella-Zoster-Virus) in Betracht. Bereits bei der Differenzialdiagnose und bei allen weiteren Maßnahmen ist unbedingt auf die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen zu achten. Es empfiehlt sich, für solche Fälle bereits ein entsprechendes Notfallset (Tab. 4) zusammengestellt zu haben. Bei dem hierzulande üblichen Hygienestandard geht nur in seltenen Fällen – bei entsprechend hoher Viruskonzentration und ausgeprägter Virulenz – von einem VHF-Patienten eine reale Gefährdung Dritter aus. oder 3. der mit diagnostischen Proben, Geweben oder Kulturen von Patienten mit VHF bzw. Verdachtsfällen Kontakt hatte. Differenzialdiagnose Als Differenzialdiagnose kommen bei fiebernden Personen, die endemische VHF-Gebiete besucht haben, eher andere Krankheiten (wie Malaria, Tabelle 4: Notfallset für den VHF-Verdachtsfall 2 filtrierende Halbmasken der Schutzstufe FFP3S 2 Arbeitsschutzbrillen mit seitlichem Spritzschutz 2 OP-Kopfhauben 2 flüssigkeitsdichte Plastikschürzen (besser: Schutzanzug, Overall) 2 hinten schließende Stoffkittel mit langen Ärmeln 4 Einmal-Plastiküberschuhe 2 Paar lange Schutzhandschuhe 1 Paket unsteriler Handschuhe mittlerer Größe Checkliste für den erstbehandelnden Arzt (siehe Anhang 1) 1 spezieller Anamnesebogen (siehe Anhang 5) Checkliste zur Kontaktpersonenerfassung (siehe Anhang 6) Infektiosität Während der Inkubationszeit findet nach heutigen Erkenntnissen keine Übertragung von Mensch zu Mensch statt. Der Beginn einer möglichen Infektiosität entspricht somit der kürzesten Inkubationszeit (2 Tage). Die Gefahr einer Übertragung von Mensch zu Mensch besteht vor allem in den späteren Stadien der Erkrankung, wenn durch Blutungen, Erbrechen, Durchfall, Husten u. a. infektiöses Material in die Umgebung gelangen kann. Nach dem derzeitigen Stand des Wissens scheint eine aerogene Übertragung nur in Ausnahmefällen, z. B. bei extensiver Lungenbeteiligung, möglich zu sein. In der Anfangsphase der Erkrankung bestehen zumeist keine Symptome, bei denen für Kontaktpersonen ein erhöhtes Risiko besteht, mit Körperflüssigkeiten (Erbrochenem, Durchfall, Blut) in Kontakt zu kommen, sodass die allgemeinen Sicherheitsvorkehrungen im Umgang mit Infektionskrankheiten ausreichen. Nähere Angaben zur Infektiosität sind der Tabelle 5 zu entnehmen. 39 r 40 Kontaktinfektion sexueller Kontakt Tröpfcheninfektion Kontakt mit infizierten Nagetieren oder deren Exkreten Kontaktinfektion sexueller Kontakt enger Kontakt Tröpfcheninfektion? Kontaktinfektion sexueller Kontakt Tröpfcheninfektion? Zeckenbiss Tröpfcheninfektion Kontaktinfektion sexueller Kontakt Schlachtung infizierter Tiere Flohbiss Einatmung von kontaminiertem Material Tröpfcheninfektion Lassa-Fieber Ebola-Fieber Marburg-Fieber Krim-KongoFieber Pest (Lungen-) Infektionsmodus Aerosol und Partikel in der Atemluft Blut Speichel? alle Körperflüssigkeiten und Sekrete Blut alle Körperflüssigkeiten und Sekrete Blut Sperma alle Körperflüssigkeiten und Sekrete Blut Sperma Blut alle Körperflüssigkeiten und Sekrete Urin Rachensekret Übertragungsmedien 1–7 (+) Tage 3–12 Tage 3–9 Tage (anfänglich geringe Infektiosität) 2–21 Tage (anfänglich geringe Infektiosität) 3–21 Tage (anfänglich geringe Infektiosität, bei Lungenbeteiligung hoch) Inkubationszeit für Kontrollzwecke 7 Tage ohne Therapie 2 Tage mit Therapie 2 Wochen bis zu 3 Monaten bis zu 3 Monaten (Samen) bis zu 2–3 Monaten Dauer der Infektiosität nach Erkrankungsbeginn Tab. 5: Infektiosität und nötige Überwachung ausgewählter hochinfektiöser Erkrankungen bis mindestens 7 Tage nach Kontakt (1–2 Wochen) bis mindestens 12 Tage nach Kontakt (1–2 Wochen) bis mindestens 9 Tage nach Kontakt (1–2 Wochen) bis mindestens 16 Tage nach Kontakt (2–3 Wochen) bis mindestens 21 Tage nach Kontakt (3–4 Wochen) Nötige Dauer der Überwachung von Kontaktpersonen Isolierung, Antibiotikaprophylaxe Temperaturmessung, nach Temperaturerhöhung Isolierung Temperaturmessung, nach Temperaturerhöhung Isolierung Temperaturmessung, nach Temperaturerhöhung Isolierung Temperaturmessung, nach Temperaturerhöhung Isolierung Art der Überwachung der Kontaktpersonen Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse 13.1.4 Ebola-VHF Errege in verschiedenen inneren Organen sowie generalisierte Endothelzellschädigungen, die offenbar für den Kreislaufschock und die Blutungsneigung verantwortlich sind. Das Ebola-Virus wurde erstmals 1976 im Sudan und Zaire dokumentiert. Das pantrope Ebola-Virus, ein Filovirus, verursacht herdförmige Nekrosen Erreger Filovirus Verbreitung DR Kongo, Uganda, Sudan, Gabun, Elfenbeinküste, Westafrika Reservoir Unbekannt Inkubationszeit 2–21 Tage Letalität 50–90%, während der Schwangerschaft: 100% Dauer der Infektiosität Bis zu 3 Monate Impfung Keine Übertragung Die Übertragung der Infektion von Mensch zu Mensch erfolgt durch Kontakt mit infektiösem Blut, Sekreten, Organen oder Samen oder durch den Kontakt mit infizierten Tieren. Eine Übertragung auf dem Luftweg kann unter Normalbedingungen ausgeschlossen werden. Fallklassifizierung Möglich: entfällt Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und epidemiologischem Zusammenhang Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Klinisches Bild Die Krankheit beginnt plötzlich mit schweren Störungen des Allgemeinbefindens: Unwohlsein, Schüttelfrost, schwere Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Muskelschmerzen. Nach dem dritten Tag folgen Anorexie, Übelkeit, Erbrechen und Diarrhöe. Weitere Symptome sind masernähnliche Ausschläge, Blutungen aus Nase, Zahnfleisch oder der Haut, Hämatemesis, Melaena, Rachenentzündung, Konjunktivitis, Petechien, Ekchymosen und extreme Lethargie. Ca. 50–80% der Patienten versterben unter dem Bild eines kardio-pulmonalen Schocks. Die Letalität nimmt bei sekundären und tertiären Krankheitsfällen ab. Labor Schwere Thrombozytopenie, frühe Lymphozytopenie gefolgt von Neutrophilie. Leukopenie, erhöhte Werte für Transaminasen (GOT, GPT). Laborkriterien für die Diagnose Positive Virusisolierung Positive Hautbiopsie (Immunhistochemie) Nachweis von Nukleinsäure des Ebola-Virus Positiver serologischer Befund, evtl. erst im späteren Krankheitsstadium Differenzialdiagnose Andere viral bedingte hämorrhagische Fieber, verursacht durch z. B. Marburg-Virus oder Lassa-Virus (Westafrika), Hanta-Virus; Krim-Kongohämorrhagisches Fieber. 41 r 13.1.5 Marburg-VHF importierten grünen Meerkatzen infiziert. Weitere Einzelfälle sind aus Zimbabwe (1975) und Kenya (1980 und 1987) bekannt. In der Republik Kongo kam es 1999 zu einem Ausbruch mit über 20 bestätigten Fällen. Das Marburg-Virus wurde erstmals 1967 bei einem simultanen Ausbruch in Labors in Marburg, Frankfurt und Belgrad beschrieben. Das medizinische Personal hatte sich beim Kontakt mit aus Uganda Erreger Filovirus Verbreitung Uganda, Kenya, Zimbabwe, Kongo Reservoir Unbekannt Inkubationszeit 5–10 Tage Letalität 30–70% Dauer der Infektiosität 3 Monate im Samen Impfung Keine Übertragung Die Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt mit infektiösem Blut, Sekreten, Organen oder Samen (Mensch-zu-Mensch) oder durch den Kontakt mit infizierten Tieren. Fallklassifizierung Möglich: entfällt Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und epidemiologischem Zusammenhang Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Klinisches Bild Die Krankheit beginnt plötzlich mit schweren Störungen des Allgemeinbefindens: Unwohlsein, Schüttelfrost, schwere Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Muskelschmerzen. Nach dem dritten Tag folgen Anorexie, Übelkeit, Erbrechen und Diarrhöe. Weitere Symptome sind masernähnlicher Ausschlag, Blutungen aus Nase, Zahnfleisch oder der Haut, Hämatemesis, Melaena, Rachenentzündung, Konjunktivitis, Ekchymoses, Petechien und extreme Lethargie. Labor Schwere Thrombozytopenie, frühe Lymphozytopenie gefolgt von Neutrophilie, Leukopenie, erhöhte Werte für Transaminasen (GOT, GPT). Laborkriterien für die Diagnose Positive Virusisolierung Positive Hautbiopsie (Immunhistochemie) Nachweis von Nukleinsäure des Marburg-Virus Positiver serologischer Befund, evtl. erst im späteren Krankheitsstadium 42 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse 13.1.6 Lassa-Fieber Errege Klinisches Bild Allmählicher Krankheitsbeginn mit Unwohlsein, anhaltendem oder intermittierendem Fieber, Frösteln, Kopfschmerzen, wunder Kehle, Husten, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhöe, Myalgien, Rückenschmerzen und Konjunktivitis. In schweren Fällen treten Hypotension oder Schock, Kreislaufbeschwerden, Bradykardie, Perikarderguss, Pneumonie, Pleuraerguss, Aszites, Hämorrhagien, Bluthusten, Enzephalopathie und Ödeme des Gesichtes und Halses auf. Lassa-Fieber kann auch mit Hautausschlägen, Petechien oder Ekchymosen einhergehen. Das Lassa-Virus wurde erstmals 1969 in Nigeria beschrieben. Lassa-Fieber ist eine durch ein Arenavirus hervorgerufene, in West- und Zentralafrika endemische Viruszoonose. Gegenwärtig wird mit 100.000 Erkrankungen und 5000 Todesfällen/Jahr gerechnet. Ein Ausbruch in Sierra Leone von Jänner 1996 bis April 1997 umfasste 823 Fälle. Übertragung Chronisch infizierte Nagetiere (Mastomys natalensis) stellen das Erregerreservoir dar. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt durch direkten oder indirekten Kontakt mit virushaltigen Nagerexkrementen, Exkreten, Speichel oder dem Kadaver infizierter Tiere. Die Übertragung kann außerdem durch direkten Kontakt mit Blut, Gewebe, Sekreten oder Urin von Patienten oder durch Sexualkontakt erfolgen. Eine Infektion über den Luftweg ist nur bei Patienten mit sehr hoher Viruslast möglich. Erreger Arenavirus Verbreitung Sierra Leone, Liberia, Guinea, Nigeria, Elfenbeinküste, Ghana, Senegal, Burkina Faso, Gambia, Mali, Kamerun Reservoir Mastomys natalensis, Affen u. a. Inkubationszeit 6–21 Tage Letalität Ca. 5–20% der hospitalisierten Fälle. Bei Schwangeren in über 80% der Fälle Verlust des Föten Dauer der Infektiosität Bis zu 3 Monate Impfung Im Test Prophylaxe Ribavirin Fallklassifizierung Möglich: entfällt Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und epidemiologischem Zusammenhang Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Laborkriterien für die Diagnose Positive Virusisolierung Nachweis von Nukleinsäure des Lassavirus Positiver serologischer Befund, evtl. erst im späteren Krankheitsstadium Differenzialdiagnose Malaria, (Meningokokken)Sepsis, Gelbfieber, Denguefieber, Hanta-Virus-Infektion, andere VHF (Ebola), ggf. Rickettsiosen, Leptospirose, Typhus abdominalis, Intoxikation (!). Labor Leukopenie, Albuminurie, frühe Lymphozytopenie mit nachfolgender Neutrophilie, gestörte Thrombozytenfunktion bei normaler oder nur geringfügig verminderter Thrombozytenzahl. 43 r 13.1.7 Südamerikanische virushämorrhagische Fieber Argentinisches hämorrhagisches Fieber (Junin) Bolivianisches hämorrhagisches Fieber (Machupo) Brasilianisches hämorrhagisches Fieber (Sabia) Venezuelanisches hämorrhagisches Fieber (Guanarito) Erreger Arenavirus Verbreitung Argentinien, Bolivien, Venezuela, Brasilien Reservoir Nager Inkubationszeit 7–16 Tage Letalität 5–30% Impfung Im Test Therapie und Prophylaxe Ribavirin Übertragung Die Übertragung auf den Menschen erfolgt in erster Linie durch die Inhalation von Nagetierexkrementen. Viren in der Umwelt können durch sekundäre Aerosolbildung während landwirtschaftlicher Tätigkeiten, durch Verzehr oder Kontakt mit verletzter Haut zu einer Infektion führen. Mensch-zuMensch-Übertragung tritt selten auf, es bestehen aber dokumentierte Fälle bei medizinischem Personal oder in Familienverbänden. Eine Häufung der Infektionen ist von Mai bis Juni zu beobachten. Symptome und Funktionsstörungen der Nieren gekennzeichnet ist. Das Virus vermehrt sich im Monozyten-Makrophagen-System unter Schädigung der immunkompetenten Zellen. Es kommt zu Störungen der Blutgerinnung, einer allgemeinen Permeabilitätsstörung durch Endothelläsionen und damit zu Blutungen und Schock. Die übliche Inkubation beträgt 8 bis 12 Tage. Der Erreger ist das zur Familie Arenaviridae gehörende Junin-Virus. Die Krankheit wird seit 1958 nur in Argentinien, hauptsächlich bei Landarbeitern der Pampas nordwestlich von Buenos Aires, aber auch in der Provinz Buenos Aires selbst und in den Provinzen Cordoba, La Pampa und Santa Fe diagnostiziert. Gegenwärtig werden jährlich etwa 1000 Erkrankungen mit Häufung im Mai gemeldet. Reservoir des Junin-Virus sind wild lebende kleine Nagetiere (Calomys musculinus und Calomys laucha) und Hausmäuse. Die Infektion verläuft bei ihnen latent mit einer wahrscheinlich lebenslangen Viruspersistenz und Ausscheidung des Erregers mit Urin und Speichel. Zur Infektion des Menschen kommt es über Hautverletzungen, in die das Virus bei Kontakt mit verunreinigten und infizierten Feldfrüchten gelangt, durch direkten Kontakt mit Nagern, wahrscheinlich auch durch Einatmen von infiziertem Staub oder alimentär über infizierte Nahrung. Übertragungen von Mensch zu Mensch kommen vor, sind aber selten. Klinisches Bild Akute, fieberhafte Viruserkrankung mit einer Dauer von 7 bis 15 Tagen. Beginn mit Unwohlsein, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen; Injektion der Konjunktiven, anhaltendem Fieber und Schweiß, Erschöpfung. Es können Petechien, Ekchymosen und Erytheme des Gesichtes, Halses und oberen Thorax auftreten. Enantheme mit Petechien am weichen Gaumen sind häufig. Bei schweren Fällen kommen noch Epistaxis, Hämatemesis, Melaena, Hämaturie, gingivale Hämorrhagie, Enzephalopathie, Intentionstremor und verzögerte Sehnenreflexe, Bradykardie und Hypotension mit klinischem Schock dazu. 13.1.7.1 Argentinisches hämorrhagisches Fieber Das Argentinische hämorrhagische Fieber ist eine fieberhafte, durch Nager übertragene Zoonose, die durch ausgedehnte Blutungen, neurologische 44 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse 13.1.7.2 Bolivianisches hämorrhagisches Fieber Errege Allgemeinen milder ist: etwa ein Drittel der Patienten zeigen Komplikationen mit Hämorrhagien, Schock und zentralnervösen Störungen. Inapparente Infektionen sind selten, Rückfälle scheinen vorzukommen. ist eine fieberhafte, durch Nager übertragene Zooanthroponose, die durch Blutungen und zentralnervöse Störungen gekennzeichnet ist und durch das Machupo-Virus, Familie Arenaviridae, hervorgerufen wird und im Nordosten Boliviens endemisch ist. Die Inkubationszeit beträgt üblicherweise 7–14 Tage. 13.1.7.3 Brasilianisches hämorrhagisches Fieber Seit Oktober 1993 ist das Brasilianische hämorrhagische Fieber aus der Umgebung von Sao Paulo bekannt, das klinisch dem Argentinischen hämorrhagischen Fieber ähnelt. Gegenwärtig werden etwa 300 Fälle pro Jahr gemeldet. Der Erreger, das Sabia-Virus, Familie Arenaviridae, scheint mit dem Junin-Virus immunologisch verwandt zu sein. Es erkranken vorwiegend in der Landwirtschaft beschäftigte Männer mit einer Häufung in den trockenen Monaten April bis September. Das Reservoir des Machupo-Virus sind wild lebende kleine Nager (Calomys callosus), die während der Trockenzeit bis in die Häuser gelangen. Sie sind latent infiziert und scheiden das Virus mit dem Urin aus. Der Mensch infiziert sich über kontaminierte Lebensmittel, virushaltiges Wasser und direkt durch Kontakt mit Nagern oder infektiöse Materialien, wobei der Erreger in Hautläsionen gelangt. Die Übertragung der Krankheit von Mensch zu Mensch kommt vor, ist aber selten. 13.1.7.4 Venezuelanisches hämorrhagisches Fieber (Guanarito) Hierbei handelt es sich um eine 1989 bekannt gewordene, mit hoher Letalität verlaufende und durch ein Arenavirus, das Guanarito-Virus, hervorgerufene und in ländlichen Gegenden auftretende Erkrankung. Ihre Symptomatik ähnelt der des Argentinischen hämorrhagischen Fiebers. Kleinnager stellen das Erregerreservoir. Der Krankheitsverlauf entspricht dem der übrigen viralen hämorrhagischen Fieber, wenn er auch im 45 r 13.1.8 Krim-Kongo-hämorrhagisches Fieber Das hämorrhagische Krim-Kongo-Fieber wurde erstmals 1944 auf der Halbinsel Krim beschrieben. Dokumentierte Ausbrüche fanden sich 2001 in Kosovo, Albanien, Iran, Pakistan und in Südafrika. Erreger Nairovirus (Bunyavirus) Verbreitung Krim, Kertsch-Halbinsel, Kasachstan, Usbekistan, Rostov- und Astrakhan-Regionen Russlands, Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Irak, arabische Halbinsel, Pakistan, Westchina, tropisches Afrika, Südafrika, Mauretanien Reservoir Zecken, Kühe, Schafe, Ziegen und Kamele Inkubationszeit 2–5 Tage (bei Übertragung durch Zecken) 5–9 Tage (bei nosokomialen Infektionen) Letalität Die Letalität liegt abhängig vom Virusstamm bei 10–50%, wobei die Letalität bei sekundären und tertiären Krankheitsfällen abnimmt Dauer der Infektiosität 2 Wochen Impfung Keine Prophylaxe Repellent (z. B. Permethrin) Übertragung Das Virus wird hauptsächlich durch HyalommaZecken übertragen, die gleichzeitig ein wichtiges Erregerreservoir darstellen (diese Zecken kommen ausschließlich in wärmeren Regionen südlich des Balkans vor). Domestizierte Tiere wie Kühe, Schafe, Ziegen und Kamele stellen ebenfalls ein bedeutendes Reservoir dar. Eine Übertragung des Erregers kann auch durch Kontakt mit infektiösem tierischem Blut (Inhalation von infiziertem Blut z. B. beim Schächten von Tieren möglich) oder Muskelfleisch erfolgen. Nosokomiale Infektionen werden relativ häufig beschrieben. 4. Tag kann es zu Blutungen aus Nase, Gaumen, Lungen, Magen und Uterus, Hämatemesis, Hämaturie, Melaena und Ekchymosen sowie zu hepatorenalem und pulmonalem Versagen kommen. Fallklassifizierung Möglich: entfällt Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und epidemiologischem Zusammenhang Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Labor Leukopenie oder Leukozytose, Lymphopenie, schwere Thrombozytopenie, erhöhte Transaminase-Werte. Klinisches Bild Häufig plötzlicher Beginn mit Fieber (mit relativer Bradykardie), Schüttelfrost, Rigor, starken Kopf, Muskel- und Gelenkschmerzen, ausgeprägtem Krankheitsgefühl, Schwindel, Anorexie. In einigen Fällen treten Übelkeit, Erbrechen, Leibesschmerzen, vergrößerte Leber und Diarrhöe auf. Ab dem 2.–5. Tag kommen Mattigkeit, Depressionen, Müdigkeit, Röte des Gesichtes und der Brust, thorakale und abdominale Petechien, Konjunktivitis sowie hämorrhagische Enantheme im Pharynx hinzu. Ab dem Laborkriterien für die Diagnose Isolierung des Virus Nachweis von Nukleinsäure des VHF-Virus Positiver serologischer Befund, evtl. erst im späteren Krankheitsstadium Differenzialdiagnose Andere viral bedingte hämorrhagische Fieber, Rickettsiosen. 46 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse 13.1.9 Rifttal-Fieber Errege krankungen des Menschen treten meist nach einer Inkubation von 3 bis 12 Tagen während oder nach Epizootien auf. Die Symptomatik ähnelt bei unkompliziertem Verlauf dem anderer generalisierter Viruskrankheiten. Rifttal-Fieber ist eine in Afrika vorkommende bedeutende Arbovirusinfektion der Hauswiederkäuer, charakterisiert durch Aborte und eine extrem hohe Letalität bei Jungtieren (enzootische Hepatitis). ErErreger Phlebovirus (Bunyaviridae) Verbreitung Ostafrika, Mauretanien, Ägypten, Südafrika, Jemen, Saudi-Arabien, Madagaskar Reservoir Unbekannt (Wiederkäuer?) Inkubationszeit 3–12 (in der Regel 2–6) Tage Letalität 1% Impfung Aktive Immunisierung für Risikogruppen Prophylaxe Geeignete Kleidung, Repellents, Moskitonetze Übertragung Der Erreger wird in der Tierpopulation durch Aedes-/Mansonia- und Culexmücken verschiedener Arten übertragen. Während bei Tieren die direkte Infektion keine wesentliche Rolle spielt, ist dieser Übertragungsweg für den Menschen von besonderer Bedeutung und scheint wesentlich häufiger zu sein als die Übertragung durch Stechmücken. Der Mensch infiziert sich dabei entweder über direkten Kontakt mit Organen und Blut erkrankter Tiere oder über Aerosole, die von erkrankten oder toten Schafen und Rindern ausgehen und dann eingeatmet werden. Kontaktinfektionen von Mensch zu Mensch sind dagegen nicht sicher nachgewiesen, obwohl von der Untersuchung virushaltigen menschlichen Blutes oder Organmaterials eine hohe Infektionsgefahr ausgeht. Zahlreiche Laborinfektionen wurden bekannt. Eine interkontinentale Verschleppung der Krankheit durch infizierte Menschen und Tiere ist bereits vorgekommen. Klinisches Bild Zumeist verläuft das RVF im Menschen als unspezifische, febrile Erkrankung mit plötzlichem Beginn. Das Fieber wird begleitet von Kopf- und Muskelschmerzen. Bereits 3–4 Tage nach Beginn der febrilen Phase kommt es bei ca. 1% der Patienten zu einer fulminanten Hepatitis, häufig mit letalem Ausgang. Ca. 1–2 Wochen nach Abklingen der febrilen Phase kann es zum Auftreten einer meist letalen Enzephalitis kommen. Des Weiteren tritt bei ca. 1% der Patienten 2–3 Wochen nach Fieberabfall eine akute Retinitis auf, die zur völligen Erblindung führen kann. Labor Aktivierte Lymphozyten im peripheren Blut, Thrombozytopenie, mäßiggradige CRP-Erhöhung im Serum. Differenzialdiagnose Malaria, Denguefieber, Gelbfieber, weitere Arbovirosen. Leptospirosen, Rickettsiosen, Lassa-Fieber und weitere hämorrhagische Fieber, Virale Hepatitiden. 47 r 13.1.10 Hantavirus-Lungensyndrom ren. Als Erreger wurde ein von Nagern ausgeschiedenes Virus vom Genus Hantavirus nachgewiesen, die Krankheit wurde deshalb als Hantavirus-Lungensyndrom (hantavirus pulmonary syndrome, HPS) bezeichnet. Erstmalig kam es 1993 im Südwesten der USA zu hochfieberhaften und häufig mit hoher Letalität verlaufenden Erkrankungen, deren Leitsymptome schwerste Störungen der Lungenfunktionen waErreger Bunyavirus, Subtypen: Sin Nombre, Black Creek Canal, Bayou, New York, Andes Verbreitung USA, Kanada, Argentinien, Chile, Bolivien, Paraguay, Mexiko, Venezuela, Peru, Europa Reservoir Nager Inkubationszeit 5–42 (in der Regel 12–16) Tage Letalität 40% Impfung Keine Prophylaxe Keine Übertragung finden), beobachtet. Verursacht wurden diese Erkrankungsfälle durch ein dem Puumala-Subtyp verwandtes Hanta-Virus. Chronisch infizierte Nagetiere (verschiedene Mäuse- und Ratten-Spezies) sind das Reservoir. Übertragung auf den Menschen erfolgt wahrscheinlich durch infektiöse Aerosole der Nagerexkremente (z. B. in staubhaltiger Luft in alten Scheunen, Dachböden o. Ä.), oder durch Biss von infizierten Nagern. Saisonale Häufung Herbst und Winteranfang. Kontaktinfektionen von Mensch zu Mensch scheinen bei den südamerikanischen Formen, insbesondere durch das Andes-Virus, möglich zu sein. Labor Thrombozytopenie, Neutrophilie, atypische Lymphozyten, erhöhte Serumwerte für Laktatdehydrogenase. Differenzialdiagnose Anfangs andere viral bedingte hämorrhagische Fieber, Leptospirose. Klinisches Bild Labordiagnostischer Nachweis Beginn mit Fieber, Frösteln, Myalgien und Unwohlsein gefolgt von Dyspnoe, Husten, interstitiellen und alveolaren Infiltraten, zum Teil auch Blutungen. Auch in Deutschland wurde bereits mehrfach ein Krankheitsbild mit ausschließlich pulmonaler Symptomatik, teilweise monatelang anhaltend (ähnlich einer antibiotikaresistenten Bronchitis mit beeinträchtigtem Allgemeinbe- Positiver Befund mit mindestens einer der nachfolgend aufgeführten Methoden: Virusisolierung, Nukleinsäure-Nachweis (z. B. PCR) und ggf. Sequenzierung zur Differenzierung, IgM-Antikörper-Nachweis (z. B. ELISA, IFT), IgG-Antikörper-Nachweis (vierfacher Titeranstieg in zwei Proben, z. B. IFT, ELISA). 48 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse 13.2 Humane Affenpocken Errege Zunahme der seit 1970 bekannten Erkrankungsfälle in den tropischen Regenwaldgebieten von Kamerun, Liberia, Nigeria, Sierra Leone, Gabun, Kongo, der Elfenbeinküste und der Zentralafrikanischen Republik könnte auf den nachlassenden Schutz der mittlerweile eingestellten Pockenschutzimpfung zurückgeführt werden. (Pocken siehe unter Teil C: Biowaffen) Das Affenpocken-Virus verursacht eine generalisierende exanthemische Infektion. Es ist immunologisch mit anderen menschenpathogenen Orthopoxviren eng verwandt. Es besteht deshalb mit ihnen eine völlige Kreuzimmunität. Die neuerliche Erreger Orthopoxvirus Verbreitung Tropische Regenwälder Zentral- und Westafrikas Reservoir Wahrscheinlich Nager, besonders Hörnchen Affen gelten als Zufallswirte Inkubationszeit 7–21 Tage (meist 10–14 Tage) Letalität 2–10% Dauer der Infektiosität Bis zur vollständigen Abheilung der Läsionen Impfung Bei beruflich Exponierten kann ein Impfstoff vom CDC angefordert werden Verdachtsfall Mittleres Risiko: Patient mit rasch einsetzendem Fieber, der fünf bis 17 Tage vor Krankheitsbeginn: sich in einem Endemiegebiet aufhielt (afrikanischer Regenwald) oder mit einem an humanen Affenpocken Erkrankten Kontakt hatte oder mit Affen oder anderen Tierarten als mögliche Infektionsquelle Kontakt hatte oder in einem Laboratorium bzw. in einer anderen Einrichtung hinsichtlich humanen Affenpocken verdächtigen Aerosolen (auch aus Tierkadavern aus Endemiegebieten) ausgesetzt war nicht gegen Pocken geimpfte Personen, die in einem Endemiegebiet leben oder längere Zeit arbeiten, nicht gegen Pocken geimpfte Personen, die in Endemiegebieten an Abenteuerreisen teilgenommen haben, „Rucksack“- und Campingtouristen. Hohes/besonderes Risiko: nicht gegen Pocken geimpfte Personen, die innerhalb der letzten drei Wochen vor Krankheitsbeginn direkten Kontakt mit wahrscheinlich an Affenpocken erkrankten Affen oder anderen Tieren oder deren Kadavern hatten, und ein bis drei Tage nach Fieberbeginn ein zunächst makulöses, dann pustulöses Exanthem mit generalisierter Lymphadenopathie entwickelt hat. Menschen oder Tiere mit Affenpocken gepflegt oder sich in Räumen aufgehalten haben, in denen kranke Menschen oder Tiere gepflegt wurden, Risikoabschätzung bei Verdachtsfällen Geringes Risiko: Hotelreise in Endemiegebiete ohne Kontakt mit infektionsverdächtigen Personen, Affen oder anderen Tieren als mögliche Infektionsquelle, Ausbruch der Erkrankung mehr als drei Wochen nach letztem Kontakt mit möglicher Infektionsquelle, gegen Pocken geimpfte Personen. mit der Leiche eines wahrscheinlich an humanen Affenpocken verstorbenen Patienten Kontakt hatten (z. B. Obduktion oder Bestattung, einschließlich Vorbereitung), direkten Kontakt mit hinsichtlich humanen Affenpocken verdächtigen Untersuchungsmaterialien hatten. 49 r Übertragung Die Übertragung auf den Menschen erfolgt durch Kontakt mit infizierten Tieren (Hörnchen, Ratten, Primaten) durch Biss, Umgang (als „Haustier“), Kontakt mit tierischem Blut und Sekreten, Nahrungsaufnahme (infiziertes Affenfleisch) und Tröpfcheninfektion. Die Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch ist ansteigend, möglicherweise aufgrund des nachlassenden Pockenimpfschutzes. in den ersten 3 bis 4 Krankheitstagen, Abfall auf < 38 °C und Wiederanstieg zumeist um den 5./6. Tag bei Übergang in Pustelstadium. Bei nicht Geimpften erscheinen häufig Ulzerationen auf den Schleimhäuten der Mundhöhle mit Pharyngitis und Tonsillitis, Konjunktivitis mit Lidödem sowie sehr schmerzhafte Läsionen im Genitalbereich. Selten treten Erblindung und entstellende Narben als Dauerschäden auf. Schwerste, tödlich verlaufende hämorrhagische Formen sind selten. Milde Verlaufsformen mit weniger als 10 Pockeneffloreszenzen sind beobachtet worden. Das Auftreten von subklinischen Infektionen wird diskutiert. Das klinische Labor ist wenig aussagekräftig. Klinisches Bild 1. Präeruptives Stadium: Plötzlich einsetzendes Fieber (am zweiten Tag 38,5–40,5 °C) mit starken Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Halsschmerzen, Husten, Unwohlsein und Prostration, z. T. Durchfall. Häufig treten Lymphknotenschwellungen (zervikal, inguinal) vor Beginn des Exanthems auf. 2. Eruptives Stadium: Normalerweise beginnt die Krankheit am ersten Tag mit typischem Enanthem (Oropharynx) und Exanthem im Gesicht, an den Händen, Unterarmen; zentripetale Ausbreitung über den Körper mit nachfolgender Entwicklung von Rötung und pockentypischen uniformen Effloreszenz-Stadien (Makula, Bläschen, Pusteln und Krusten) innerhalb weniger Tage bei ca. 80% der Patienten. In 20% polymorphes Exanthem ähnlich wie bei Varizellen. Die Läsionen heilen nach Austrocknung und Desquamation mit Narbenbildung ab. Gegen Pocken Geimpfte entwickeln weniger Effloreszenzen als nicht geimpfte Personen. In der Regel biphasischer Fieberverlauf mit erstem Gipfel Leitsymptomatik plötzliches Fieber: 38,5–40,5 °C mit rascher Entwicklung von Enanthem und Läsionen im Oropharynx Lymphknotenschwellung (ca. 87% der Patienten) pockenähnliches Exanthem (uniformes Auftreten nur einer Effloreszenzart: z. B. Bläschen oder Pusteln) Differenzialdiagnose Präeruptives Stadium: Grippe, Typhus abdominalis, Leptospirose, VHF. Exanthematisches Stadium: Windpocken, Herpeszoster, Scharlach, Masern, Tanapox-Infektion. 50 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse 13.3 Pest Errege schen übertragen werden kann. Durch systemische Ausbreitung der Erreger über den Blutweg kann sich aus der Beulen- eine Lungenpest entwickeln. Diese Form der Erkrankung kann durch Tröpfcheninfektion direkt auf andere Menschen übertragen werden und ist hoch infektiös. Übertragung Erregerreservoir sind wild lebende Nagetiere, v. a. Ratten, von denen die Pestbakterien durch Rattenflöhe auch auf den Menschen übertragen werden können. Diese Art der Infektion führt zur Beulenpest, die wiederum durch Flöhe oder Kontakt mit erregerhaltigem Material (s. u.) auf andere Men- Infektiös sind: Sekrete von Infektionsherden, Eiter, respiratorische Sekrete (Lungenpest), Blut. Erreger Yersinia pestis Verbreitung Es bestehen derzeit begrenzte Endemiegebiete in Amerika, Afrika, Asien, Russland, Kasachstan. Pesterreger mit einer Multiresistenz wurden von Patienten aus Madagaskar isoliert Reservoir Wild lebende Nagetiere und deren Flöhe bilden das natürliche Erregerreservoir Inkubationszeit Lungenpest 1–2 Tage, Beulenpest bis zu 6 Tagen Letalität Unbehandelt: 50–90% Behandelt: 15% Dauer der Infektiosität 7 Tage ohne Therapie, 2 Tage mit Therapie Impfung Eine Impfung für Risikopersonen ist möglich, in Österreich aber nicht aktuell verfügbar Verdachtsfall Eine hoch fieberhafte Erkrankung mit akutem Beginn, mäßiger Leukozytose, zunehmender Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes und schmerzhafte Schwellungen von Lymphknoten – regionäre Lymphadenitis vor allem inguinal, axillar oder zervikal = Beulenpest oder Symptome einer schweren (hämorrhagischen) Bronchitis oder Pneumonie oder radiologischer Nachweis einer Pneumonie = Lungenpest oder klinische Hinweise auf eine septische Allgemeininfektion. kultureller Nachweis und/oder fluoreszenzmikroskopischer Nachweis (Speziallaboratorien) derartiger Erreger in Lymphknoten-Punktat, Blut, Eiter oder Sputum. Laborkriterien für die Diagnose Isolierung von Y. pestis aus einer klinischen Probe Nachweis einer spezifischen Antikörper-Reaktion gegen Y. pestis F1-Antigen Für Wahrscheinlichkeit: Erhöhter Antikörper-Titer gegen Y. pestis F1Antigen (Fraktion 1) im Serum (ohne dokumentierte spezifische Veränderung) bei Patienten ohne Pestimpfung in der Anamnese Nachweis von F1-Antigen in einer klinischen Probe durch Fluoreszenz-Assay Fallklassifizierung Möglich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf mit wahrscheinlichen Laborergebnissen Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf mit bestätigenden Laborergebnissen Ansteckungsverdacht Enger Kontakt – z. B. Aufenthalt im selben Raum – zu einem Lungenpest-Kranken oder einem Verdachtsfall oder direkter Kontakt zu Blut, Eiter oder Ausscheidungen eines an Pest Erkrankten oder Verdächtigen. Bestätigte Diagnose Typische Klinik (s. u.) und mikroskopischer Nachweis von gramnegativen, ovoiden, bipolar anfärbbaren Stäbchen (Giemsa- oder Wayson-Färbung), 51 r Pestsepsis Die Pestsepsis ist eine fortschreitende, bakterielle Infektion. Sie kann als primäre Septikämie mit fehlender sichtbarer regionaler Lymphadenitis entstehen, aber auch als Folge der Beulenpest. Die Patienten geraten in ein „toxisches“ Stadium mit Fieber, Lethargie, Verwirrtheit und Delirium. Als Ausdruck der toxischen Schädigung des Herzens kommt es zu Tachykardien und Arrhythmien. Milz und Leber sind vergrößert. Petechien und Blutungen können den Beginn einer Verbrauchskoagulopathie anzeigen. Präterminal treten Nierenversagen, Ileus und andere Zeichen des Schocks auf. Mit der Einschleppung der Lungenpest ist kaum zu rechnen, zumal diese Pestform als Komplikation einer septikämischen Pest nach natürlicher Infektion über verschiedene Floharten oder als Folge einer Tröpfcheninfektion von an Lungenpest Erkrankten rasch schwerste Gesundheitsstörungen mit häufiger Todesfolge hervorruft, die mit einer Fernreise nicht vereinbar sind. Das klinische Bild wird durch eine fulminant verlaufende fieberhafte hämorrhagische Pneumonie geprägt. Eine interkontinentale Verschleppung von Yersinia pestis über infizierte Flöhe und Säugetiere ist denkbar, hat jedoch gegenwärtig keine praktische Bedeutung. Sicher wirksame Impfstoffe sind bisher nicht verfügbar. (Primäre) Lungenpest Von allen Formen der Erkrankung entwickelt sich die Lungenpest am schnellsten. Die primäre Lungenpest beginnt plötzlich mit Schüttelfrost, Fieber, Kopfschmerzen, Myalgien, Abgeschlagenheit und Schwindel. Pulmonale Zeichen, wie Husten mit dünnflüssigem, blutig-serösem Auswurf, Thoraxschmerzen, Tachypnoe und Dyspnoe, treten typischerweise am zweiten Tag der Erkrankung auf. Auch gastrointesintale Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall wurden beobachtet. Klinisches Bild Die Pest ist durch ein rasches Auftreten von Fieber und anderen systemischen Manifestationen einer gramnegativen bakteriellen Infektion charakterisiert. Beim Menschen sind die Beulenpest, Pestsepsis, Lungenpest und Pharyngitis mit zervikaler Lymphadenitis bekannt. Beulenpest Die Beulenpest wird meist durch den Stich eines infizierten Flohs verursacht, kann aber auch gelegentlich durch direkte Inokulation von infiziertem Gewebe oder von Flüssigkeiten (z. B. Stiche einer kontaminierten Nadel) entstehen. Das Krankheitsbild beginnt akut mit hohem Fieber, Schüttelfrost, Schwindelgefühl, Kopf- und Gliederschmerzen. Es besteht ein schweres Krankheitsgefühl. Innerhalb von 1 bis 2 Tagen entsteht eine stark schmerzhafte, häufig bläulich livide verfärbte Schwellung einer Lymphknotengruppe proximal der Stelle der Infektion. Da Flöhe oft in die Beine stechen, sind häufig femorale und inguinale Lymphknoten primär betroffen. Axilläre und zervikale Lymphknoten rangieren in der Häufigkeit an zweiter Stelle. In seltenen Fällen kommt es zur spontanen Eröffnung der Beule mit Drainage nach außen. Normalerweise schreitet die Krankheit rasch fort. Gegen Ende der ersten Krankheitswoche werden weitere Lymphknotengruppen und bei etwa 10% der Fälle werden im Rahmen der Generalisierung (wahrscheinlich hämatogene Streuung) sekundär auch verschiedene Organe, insbesondere die Lunge (sekundäre Lungenpest), befallen. In seltenen Fällen entwickelt sich eine Meningitis. Pest-Pharyngitis Die Pest-Pharyngitis tritt mit Fieber, trockenem Hals, zervikaler Lymphadenitis und Kopfschmerzen auf. Prognose Die verschiedenen Manifestationen der Pest gehen fast stets abschließend in eine allgemeine Septikämie über, oft begleitet von massiven Blutungen in die Haut (Verbrauchskoagulopathie). Letale Verläufe enden im Multi-Organversagen. Unbehandelt ist die Pest in mehr als 50% aller Fälle einer Beulenpest und in fast allen Fällen einer septischen, Lungenund meningealen Pest tödlich. Die überstandene Erkrankung hinterlässt eine sehr gute Immunität, die wahrscheinlich lebenslang erhalten bleibt. Therapie Bereits der Verdachtsfall begründet den sofortigen Beginn einer antibiotischen Therapie (unbedingt innerhalb von acht Stunden; möglichst zuvor Untersuchungsmaterial abnehmen), z. B. mit Tetrazyklin, Chloramphenicol, Trimethoprim-Sulfamethoxazol oder Streptomycin. 52 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Prophylaxe bei möglicher Exposition (bis zum Ausschluss, bei nachgewiesener Exposition während der angegebenen Dauer) Erwachsene: Ciprofloxacin 500 mg p. o. alle 12 h für 7 d oder Levofloxacin 500 mg p. o. alle 24 h für 7 d oder Doxycyclin 200 mg p. o. alle 24 h für 7 d Kinder: Ciprofloxacin* 30–40 mg/kg/d p. o. aufgeteilt auf 2 Dosen während 7 d Schwangere: Amoxicillin 500–1000 mg/d aufgeteilt auf 2 Dosen während 7 d * Auch wenn Ciprofloxacin für Kinder nicht registriert ist 53 Errege r 54 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse Errege 13.4 Schweres Akutes Respiratorisches Syndron (SARS) Bei Auftreten eines SARS-Verdachtsfalles wird dieser bis zur Frage des Transportes so wie ein VHF-Verdachtsfall gehandhabt (siehe 1.Checkliste: Organisatorische Maßnahmen bei VHF). Bei Transportfähigkeit entscheidet der klinische Experte gemeinsam mit dem Team über die Einweisung des Patienten in eine steirische Krankenanstalt. Der Transport erfolgt durch das Rote Kreuz (HITT). Erreger: Als Erreger von SARS wurde ein neuer Typ des Coronavirus gefunden. Die bisher bekannten humanen Corona-Viren sind harmlos („Schnupfen-Viren“), während der neue Corona-Typ eine schwere Lungenentzündung verursachen kann. Verbreitung: Im Zeitraum November 2002 bis Juni 2003 sind weltweit über 8000 Fälle bekannt geworden. Hauptsächlich betroffen sind China (Hongkong, Shanxi, Provinz Guangdong), Taiwan, Vietnam (Hanoi), Singapur und Kanada (Toronto). Aktuelle Zahlen sind unter http://www.who.int zu finden. Bei allen Fällen außerhalb des asiatischen Raumes handelt es sich um PatientInnen, welche sich vorher im Fernen Osten aufgehalten hatten oder mit einem Patienten, der an dem beschriebenen Syndrom erkrankt war, engeren Kontakt hatten. Infektiöses Material: Vor allem Sekrete aus dem Respirationstrakt, Stuhl-Virusausscheidung wurde über mehrere Wochen beobachtet, Blut. Dauer der Inkubation: maximal 10 Tage Symptomatik: Bei den bisher beobachteten Fällen beginnt das Krankheitsbild ähnlich wie eine Grippe, d.h. plötzlicher Beginn mit hohem Fieber und Muskelschmerzen. Zusätzlich bestehen Frösteln oder Schüttelfrost, Husten, Halsschmerzen, Kurzatmigkeit und Atemnot. In der Folge kann sich eine Lungenentzündung entwickeln. Weitere Symptome können sein: Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit, Krankheitsgefühl, Verwirrtheit, Ausschlag und Durchfall. Reservoir: Im Rahmen der Epidemie sind erkrankte Menschen die einzige Quelle für die Infektion. Bei wildlebenden chinesischen Kleinsäugern (z. B. Zibetkatze, Waschbärhund) wurden mittlerweile dem SARS-Virus ähnliche Coronaviren nachgewiesen, sodass anzunehmen ist, dass die Infektion primär von solchen Tieren ausging. Letalität: 3-5 %, steigt mit dem Alter des Erkrankten bis auf 50%. Therapie: Wie bei allen viralen Erkrankungen kann im Wesentlichen nur symptomatisch behandelt werden (fiebersenkende Mittel, Beatmung ...). Infektionsweg: Nachdem es sich bei den bisher beobachteten Übertragungen hauptsächlich um Pflegepersonal in Krankenhäusern und Familienangehörige handelt, also um Personen, die in einem engen Kontakt zu den Erkrankten stehen, geht man derzeit davon aus, dass die Übertragung über Tröpfchen stattfindet. Schmierinfektion mittels direkter und indirekter Übertragung wird ebenfalls vermutet. Derzeit besteht kein Hinweis, dass SARS über Post, Waren oder Tiere übertragen wird. Nach heutigem Wissenstand wird SARS erst mit Auftreten der respiratorischen Symptome übertragen. Eine Übertragung von asymptomatischen Personen ist unwahrscheinlich. Laut Studien können die mit SARS assoziierten Coronaviren bis zu 96 Stunden im Patientenstuhl und bis zu 48 Stunden auf Oberflächen außerhalb des Körpers überleben. Prophylaxe: Derzeit ist keine Impfung verfügbar. Immunität: Derzeit ist unklar, ob eine durchgemachte SARS Coronavirus Infektion eine anhaltende Immunität vor Re-Infektion hervorruft, oder das erneute Auftreten der Erkrankung SARS verhindern kann. Differentialdiagnose: Differentialdiagnostisch kommen zu Beginn der Erkrankung im febrilen Stadium andere Virusinfektionen wie zum Beispiel Influenza oder in Endemiegebieten Denque-Fieber in Betracht. Nach Beginn der respiratorischen Symptome müs- 55 r sen zusätzlich alle Erreger typischer und atypischer Pneumonien bedacht werden SARS-Maßnahmen auf den österreichischen Flughäfen (Poster und Informationsblätter) eingestellt. Alle anderen sanitätsbehördlichen Maßnahmen bezüglich der SARS - Verdachtfälle und der wahrscheinlichen SARS - Fälle sowie der Kontaktpersonen sind jedoch im Anlaßfall wie bisher einzusetzen. Diagnostik: Aus den meisten Materialien kann die Diagnose mittels PCR und Kultur und teilweise im Elektronenmikroskop gestellt werden. Im Serum können 10-21 Tage nach Krankheitsbeginn spezifische Antikörper nachgewiesen werden. Ein Verdachtsfall, der die klinischen Kriterien erfüllt, sollte nicht aufgrund eines negativen Laborbefundes ausgeschlossen werden. Die Virusvermehrung ist etwa 10 Tage nach Krankheitsbeginn am stärksten, zuvor können die derzeit verwendeten Tests wegen zu geringer Sensitivität trotz bestehender Infektion negativ ausfallen. Behandlung von Kontaktpersonen zu SARS-Fällen Prinzipiell ist zu unterscheiden, ob es sich um Kontakt zu einem SARS-Verdachtsfall oder zu einem wahrscheinlichen SARS-Fall handelt. Weiters ist zu unterscheiden, ob es sich um einen engen Kontakt oder um einen eher oberflächlichen Kontakt handelt. 1. Kontakt zu SARS-Verdachtsfällen a) Enge Kontaktpersonen1) Von engen Kontaktpersonen werden die Personalien festgehalten. Es gelten keine Beschränkungen in der Ausübung der alltäglichen Aktivitäten, solange keine Symptome aufgetreten sind. Des Weiteren werden enge Kontaktpersonen darauf hingewiesen, dass für sie innerhalb 10 Tage nach Kontakt zum symptomatischen SARS-Fall ein Erkrankungsrisiko besteht. Es muss eine Aufklärung über die SARS Anfangssymptome erfolgen. Zusätzlich ist am 5. Tag nach Exposition eine medizinische Kontrolluntersuchung durch die/den zuständigen Amtsärztin/- arzt durchzuführen. Beim Auftreten von Symptomen muss eine unverzügliche telefonische Kontaktaufnahme mit einem Arzt erfolgen, um auf den engen Kontakt zum SARS-Fall hinzuweisen. Untersuchungsmaterial: Stuhlprobe (positiv erst einige Tage nach Krankheitbeginn), Sputum (wenn produziert, kein Speichel), Nasopharynxaspirat, Material von Bronchiallavage, EDTA-Blut, Serum (initial und im Verlauf zum Nachweis der Konversion und zur Titerkontrolle). Ebenfalls geeignet ist Rachenspülwasser, weniger geeignet sind Nasenspülflüssigkeit oder Nasenabstriche. Proben sind gekühlt zu transportieren. Die Verpackung und Beförderung muss den Vorschriften für Klasse 3 Erreger entsprechen und ist dem Teil A, Anhang „Probentransport, S60 zu entnehmen. Die Untersuchungsstelle muss telefonisch vorinformiert werden. Reisewarnung: Der Unterschied zwischen einer Reisewarnung und einer Reiseempfehlung in Bezug auf geplante Auslandsreisen besteht darin, dass bei einer Reisewarnung keine Stornogebühren zu zahlen sind, während bei einer Reiseempfehlung eine Kulanzlösung mit den Reisebüros gefunden werden muss (z.B. Umbuchungen). Nähere Hinweise über die Abstufung von Reiseempfehlungen/Reisewarnung sind auf der Homepage des BM für auswärtige Angelegenheiten (http://www.bmaa.gv.at) zu finden, welches für das Aussprechen einer Reisewarnung zuständig ist. 1) Enger Kontakt ist definiert als „Zusammenleben mit oder Behandlung/Pflege von SARS-Fällen oder direkter Kontakt mit Atemsekreten oder anderen Körperflüssigkeiten eines SARSFalles“. Weitere Informationsblätter sind im Gesundheitsamt der Stadt Graz (Dr. Reinhard Kubanek; 0316 872-3217) erhältlich. b) Personen OHNE engen Kontakt zu SARS-Fällen Hier ist die Erhebung der Personalien nicht notwendig, auch bedarf es keiner Kontrolluntersuchungen. Es wird auf das geringe Erkrankungsrisiko hingewiesen. Es muss eine Aufklärung über die SARSAnfangssymptome erfolgen. Beim Auftreten von Symptomen muss eine unverzügliche telefonische Kontaktaufnahme mit einem Arzt erfolgen, um auf den engen Kontakt zum SARS-Fall hinzuweisen. Information für Ein- und Ausreisende: Gemäß Mitteilung des österreichischen Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen werden mit 9. Juli 2003 - nachdem auch Taiwan als letztes der gefährdeten Gebiete von der WHO-Liste genommen wurde - die 56 Maßnahmen bei Erkrankungen durch selten importierte, hoch infek tiöse 2. Kontakt zu wahrscheinlichen SARS-Fällen a) Enge Kontaktpersonen2) (wahrscheinlicher SARS-Fall hatte bereits Symptome!) Von engen Kontaktpersonen werden die Personalien festgehalten. Weiters müssen sich diese Personen für 10 Tage in sogenannte „häusliche Quarantäne“ begeben. Darunter ist zu verstehen: Wohnung nicht verlassen, keine Arbeitserlaubnis, möglichst wenige BesucherInnen (für die MitbewohnerInnen gelten KEINE Aktivitätsbeschränkungen). Außerdem müssen diese Personen 2 x täglich Fieber messen und auf andere SARS Anfangssymptome achten. Es ist täglich der/dem zuständigen Amtsärztin/-arzt über den Gesundheitszustand Bericht zu erstatten. Falls es zur Erkrankung kommt, muss sofort medizinische Hilfe gesucht werden. In jedem Fall ist am 5. Tag eine Kontrolluntersuchung durch die/den zuständigen Amtsärztin/-arzt durchzuführen. Errege Wahrscheinliche SARS-Fälle und SARS-Verdachtsfälle dürfen nicht gemeinsam isoliert werden. Ebenso dürfen Kontaktpersonen ohne Symptome nicht gemeinsam mit wahrscheinlichen SARS-Fällen oder SARS-Verdachtsfällen untergebracht werden. Personalschutz: Bei jedem Kontakt mit einem SARS-Verdachtsfall oder einem wahrscheinlichen SARS-Fall sind folgende Maßnahmen notwendig: Mundschutz (Mund-Nasen-Maske, FFP3 mit Ventil), auf den dichten Sitz der Maske ist besonderes Augenmerk zu legen Augenschutz Schutzkleidung (Einmal-Kittel mit langen Ärmeln und Bündchen, Einmal- Overall, fremdbelüfteter Schutzanzug nur bei aerosolproduzierenden Maßnahmen erforderlich) Handschuhe, über die Bündchen reichend Hygienische Händedesinfektion mit alkoholischem Desinfektionsmittel nach Ablegen der Handschuhe und Abnehmen der Maske (alle für die Hygienische Händedesinfektion in der Expertenliste der ÖGHMP angeführten, gegen Viren wirksame Mittel sind geeignet) 2) Hierzu zählen in diesem Fall auch Flugpassagiere, welche während des Fluges in derselben Sitzreihe oder max. 2 Sitze bzw. Sitzreihen entfernt vom wahrscheinlichen SARS-Fall mit Symptomen saßen. b) Personen OHNE engen Kontakt (wahrscheinlicher SARS-Fall hatte bereits Symptome!) Für diese Personen gelten dieselben Vorschriften wie für enge Kontaktpersonen von SARS-Verdachtsfällen. Personalschutzmaßnahmen sind auch bei allen Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten im Patientenzimmer einzuhalten. Personal, das einen SARSVerdachtsfall ohne ausreichende Schutzmaßnahmen gepflegt hat, ist für maximal 10 Tage oder bis der Verdacht ausgeräumt ist, in häusliche Quarantäne zu schicken (siehe oben). Hygienemaßnahmen Vorgehen bei SARS-Verdachtsfällen: Alle verdächtigen Patienten müssen unverzüglich isoliert werden. Geeignete Untersuchungen zum Nachweis von SARS und anderen Krankheitsursachen sind durchzuführen. Personal, das einen SARS-Verdachtsfall pflegt, darf im selben Dienst keine anderen Patienten pflegen. Patiententransport außerhalb des Krankenhauses: Vor Beginn des Transportes wird das aufnehmende Krankenhaus über die Einweisung des Patienten und über seine Verdachtsdiagnose / Erkrankung informiert. Die Isolierung des aufzunehmenden Patienten kann dort vorbereitet und der Schutz anderer Patienten eingeleitet werden. Das Tragen von Einmalhandschuhen, Schutzkittel und Atemschutzmaske (FFP3) wird empfohlen. Personen, die unmittelbar Kontakt zum Patienten haben, sollten eine geeignete Schutzbrille tragen, um eine Übertragung des SARS- Erregers durch Aerosole/Handkontakt zu Sekreten/Exkreten und Unterbringung von SARS-Verdachtsfällen und wahrscheinlichen SARS-Fällen: Patienten sollten in Isolierzimmern mit negativem Innendruck oder zumindest in Einzelzimmern mit eigener Nasszelle und WC oder in Zimmern in einem eigenen Trakt mit gemeinschaftlichen Sanitäreinrichtungen (Kohortenisolierung) untergebracht werden. 57 r anschließender Hand-Auge-Kontakt zu vermeiden. Falls es der Gesundheitszustand des Patienten zulässt, sollte er mit einem Mund-Nasen- Schutz versorgt werden. Unmittelbar nach Transport ist eine Scheuerwischdesinfektion sämtlicher zugänglicher Flächen und Gegenstände mit einem viruswirksamen Desinfektionsmittel durchzuführen. Nach Ablegen der Schutzkleidung ist eine Händedesinfektion mit einem viruswirksamen Desinfektionsmittel durchzuführen. SARS-Fällen sind regelmäßig und im Rahmen der Schlussdesinfektion zu desinfizieren. Die Verwendung aller im Expertisenverzeichnis der Österreichischen Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie und Präventivmedizin - ÖGHMP angeführten gegen Viren wirksamen Flächendesinfektionsmittel ist möglich. Betten: Für Matratzen sind wischdesinfizierbare Überzüge zu verwenden. Patientengeschirr und Besteck: Einmalgeschirr und Einmalbesteck sind zu verwenden. Ambulante Versorgung/ Arztpraxis: Bei Verdacht auf eine SARS-Erkrankung ist der betroffene Patient bis zur Einweisung in ein Krankenhaus bzw. bis zur stationären Aufnahme in einem separaten Raum, getrennt von anderen Patienten unterzubringen. Personen, die unmittelbar Kontakt zum Patienten haben, sollen sich mit einem Schutzkittel, Schutzbrille, Einweghandschuhen und einem Mund-NasenSchutz schützen. Nach Verlegung des Patienten soll eine Schlussdesinfektion des Raumes erfolgen. Medizinische Geräte: Medizinische Geräte wie Stethoskop oder Blutdruckmessgerät dürfen nicht aus dem Patientenzimmer entfernt werden und sind täglich sowie im Rahmen der Schlussdesinfektion auf geeignete Weise zu desinfizieren. Geräte, die aus dem Patientenbereich ausgeschleust werden müssen, sind einer gründlichen Wischdesinfektion und einer geeigneten Aufbereitung zu unterziehen. Abfallentsorgung: Bei einem SARS-Verdachtsfall ist der Abfall in dichten Kunststoffsäcken zu asservieren. Wenn sich der Verdacht bestätigt, ist der Abfall im medizinischen Bereich einer thermischen Desinfektion zu unterziehen oder er ist gemäß ÖNORM S 2104 Pkt. 4.3 (2) (Stand 1999) in einem Deckelfass für medizinische Abfälle zu entsorgen. Patiententransport innerhalb des Krankenhauses: Beim Verlassen des Zimmers hat der Patient eine Atemschutzmaske (FFP3 ohne Ventil) zu tragen. Für das Begleitpersonal gelten die oben angeführten Personalschutzmaßnahmen. Der Kontakt zu anderen Patienten oder Besuchern ist zu vermeiden. Unmittelbar nach den Maßnahmen in der Zieleinrichtung sind die Kontaktflächen und das Transportmittel vor erneuter Nutzung wie unten beschrieben zu desinfizieren. Meldepflicht: SARS ist gem. der VO nach dem Epidemiegesetz (BGBl II Nr. 210a/2003) eine meldepflichtige Erkrankung und ist seitens des BMGF auch an die WHO und an die EU Kommission zu melden. Das Standardformular nach WHO (siehe Anhang) soll verwendet werden. Download unter http://www.bmgf.gv.at/cms/site/. Bettwäsche und Patientenkleidung: Bei einem SARS-Verdachtsfall ist Bettwäsche und Patientenkleidung in dichten Kunststoffsäcken zu asservieren. Wenn sich der Verdacht bestätigt, ist eine Vernichtung der Wäsche zu empfehlen. Wäsche kann auch in dampfdurchlässigen Kunststoffsäcken verschlossen und durch Autoklavieren oder auf andere Art (z. B. chemisch) desinfiziert werden. Wäsche von SARS-Verdachtsfällen und wahrscheinlichen SARSFällen darf nicht ohne vorherige Desinfektion in eine Wäscherei gebracht werden. Wenn möglich, soll Einmalwäsche verwendet werden. Flächendesinfektion: Alle Flächen in der Umgebung von SARS-Verdachtsfällen und wahrscheinlichen Falldefinition nach WHO (vom Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen und der EU Kommission anerkannt): Ein Verdachtsfall von SARS ist gegeben, wenn ein Erkrankungsbeginn nach dem 1. Februar 2003 und hohes Fieber (> 38 ºC) und eines oder mehrere respiratorische Symptome1) (Husten, Kurzatmigkeit, Atemnot) und 58 hn e gM e na ßdnuarhc m h esne l bt e n M a ß n a h m eOnr gbaeni i sEar tkor rains kc u i Vi m H Fp ,o rPtei setr tue n, dh oA cfhf einnpf oe ck kt ie öns e E r r e ger mindestens eine der folgenden Expositionen vorliegen: - Enger Kontakt2) innerhalb der letzten 10 Tage vor Beginn der Symptome mit einem wahrscheinlichen SARS Fall, - Aufenthalt innerhalb der letzten 10 Tage vor Beginn der Symptome in einem der Gebiete3), aus welchen Krankheitsherde gemeldet wurden. ein Autopsiebefund mit Hinweisen auf Akutes Atemnotsyndrom (ARDS) ohne feststellbare Ursache vorliegt. Ausschlusskriterium: Vorliegen einer labordiagnostisch gesicherten anderen Diagnose, die das Krankheitsbild vollständig erklären kann Referenzzentrum: Die Referenztätigkeit wird vom Institut für Virologie der Universität Wien, Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien, Tel.: 01/404 90-79517 ärztliche Auskünfte, -79555 Dr. Stephan Aberle, Fax: 01/40490 - 9795 (Diagnostik) sowie von der Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) - Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Wien, Währinger Straße 25 a, 1096 Wien, Tel.: 01/405 15 57; Fax: 01/502 39 00 (Epidemiologie) wahrgenommen. 1) Mögliche zusätzliche Symptome: Kopfschmerzen, Muskelsteifigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Verwirrtheit, Ausschlag oder Durchfall 2) Enger Kontakt ist definiert als „Zusammenleben mit oder Behandlung/Pflege von SARS-Fällen oder direkter Kontakt mit Atemsekreten oder anderen Körperflüssigkeiten eines SARS-Falles“. 3) Gebiete mit SARS-Krankheitsherden sowie lokaler Weiterverbreitung in der Bevölkerung: Ein wahrscheinlicher Fall von SARS ist gegeben, wenn die Kriterien für einen SARS-Verdachtsfall erfüllt sind (siehe oben) und mindestens eine der folgenden Bedingungen vorliegt: - Röntgenbefund weist auf Pneumonie hin oder - Bestehen eines akuten Atemnotsyndroms (ARDS) - Labordiagnostischer Nachweis von SARS Coronavirus Reisehinweise des Bürgerservice des BMAA: 01 531 15-4411 und www.bmaa.gv.at SARS Hotline des BMSG: 0800-20 16 11 www.gesundheit.bmsg.gv.at/cms/site/ hier sind unter dem Titel „Gesundheitswesen“ die: 1) Richtlinie über Hygienemaßnahmen bei Schwerem Akutem Respiratorischem Syndrom - SARS und das 2) SARS- Meldeformular Ein Post-mortem-Fall ist gegeben, wenn eine ungeklärte Atemwegserkrankung mit Todesfolge sowie 59 14. Anhang Anhang 1: Verdachtsdiagnose, Meldung, Expertenteam 61 Anhang 2: Labordiagnostik – Probentransport 63 Anhang 3: Patiententransport 65 Anhang 4: Quarantäne für Kontaktpersonen 67 Anhang 5: Patientendatenblatt 69 Anhang 6: Kontaktpersonenerfassung, Informationsblätter 73 Anhang 7: Desinfektion, Dekontamination 84 Anhang 8: Medikamentenbevorratung 85 Anhang 9: Maßnahmen im Todesfall – Kontaktadressen 85 60 Organisatorische Maßnahmen bei VHF, Pest und Aff enpock en Anhang 1: Verdachtsdiagnose, Meldung, Expertenteam Liegt ein begründeter Verdacht vor, hat der am Ort anwesende Arzt unverzüglich Meldung an die Landesgesundheitsbehörde (FA 8B) (Tel. 0 31 6/877- 35 35) bzw. außerhalb der Dienstzeiten an die Landeswarnzentrale (0 31 6/877-77, internationaler Notruf 112) zu erstatten. Während der Dienstzeiten übernimmt die FA 8B die Koordination, sendet einen Amtsarzt vor Ort und rekrutiert ein Expertenteam aus Amtsarzt, Infektiologen und Hygieniker. Außerhalb der Dienstzeiten informiert die Landeswarnzentrale die Landesgesundheitsbehörde und das Expertenteam. LKH Leoben, Abteilung für Kinder und Jugendliche Prim. Univ.-Prof. Dr. Ingomar Mutz, 0 38 42/401-23 30 oder 0 67 6/627 83 20, E-Mail: [email protected] LKH Hörgas-Enzenbach, Abteilung für Innere Medizin Prim. Dr. Bernhard Bauer, 0 31 24/501 40 01 oder 0 66 4/512 93 40 oder 0 31 6/38 22 43, E-Mail: [email protected] Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, LKH Graz Ao. Univ.-Prof. Dr. Werner Zenz, 0 31 6/385-26 05, E-Mail: [email protected] Infektiologen (klinische Experten): Hygieniker: Institut für Hygiene der Med. Universität Graz Univ.-Prof. DDr. Egon Marth, 0 31 6/380-43 66 bzw. 0 66 4/357 54 69, E-Mail: [email protected] Infektiologie der Med. Universitätsklinik Graz; LKH Graz Univ. Prof. Dr. Robert Krause, 0 31 6/385-817 96 oder 0 67 6/510 97 44, E-Mail: [email protected] Ass.Prof.: Dr. Gebhard Feierl, 0 31 6/380-43 83, E-Mail: [email protected] Ass.Prof. Dr. Andrea Grisold 0316/380-43 59 E-Mail: [email protected] Abt. für Innere Medizin, LKH Graz-West Prim. Dr. Helmut Forenbacher, 0 31 6/54 66-43 12 oder 0 66 4/182 77 47 Institut für Krankenhaushygiene und Mikrobiologie, Stiftingtalstraße 14, 8036 Graz Prim. Dr. Athanasios Bogiatzis, 0 31 6/340-57 01 oder 0 66 4/325 15 74, E-Mail: [email protected] Vertretung: OA Dr. Gerhard Schober, 0 31 6/54 66-143 60 oder Dr. Herwig Lindner, 0 31 6/54 66-143 67, E-Mail: [email protected] 61 62 Organisatorische Maßnahmen bei VHF, Pest und Aff enpock en Anhang 2: Labordiagnostik – Probentransport Nocht-Institutes für Tropenmedizin in Hamburg: Bernhard-Nocht-Straße 74, D-20359 Hamburg, Tel.: 0049/40/428 18 460, Fax: 0049/40/428 18 378. Diagnostische Proben müssen in einem Labor, in dem mit den hier in Betracht kommenden Erregern der Risikogruppe drei (Yersinia pestis) und vier (VHF, Affenpocken) nach Richtlinie 90/679/ EWG Artikel 16 und Anhang V und Artikel 18, 93/88/EWG des Rates Anhang I und dem „Laboratory Biosafety Manual“ der WHO, 2. Ausgabe 1993 gearbeitet werden kann, verarbeitet werden. Zum Schutz der Arbeitnehmer ist die Verordnung biologische Arbeitsstoffe BGBl. II, Nr. 237/1998 anzuwenden. Pest-Referenzzentrum und Untersuchungslabor für Pest Inst. für med. Mikrobiologie und Hygiene Wien, Univ.-Prof. Dr. Günter Wewalka, Währinger Straße 25 a, 1096 Wien, Tel.: 01/405 15 57. Der Versand von Untersuchungsmaterial sollte unbedingt vorher mit dem diagnostizierenden Labor abgesprochen werden. Untersuchungen sind in folgenden weiteren Labors möglich Virale Hämorrhagische Fieber, humane Affenpocken In Österreich steht ein Referenzzentrum für hämorrhagische Fieber zur Verfügung: Klinisches Institut für Virologie der Med. Universität Wien, Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien, Tel.: 01/427779501. 1. Abteilung Klinische Mikrobiologie des Hygiene-Instituts der Med. Universität Wien, Kinderspitalgasse 15, 1090 Wien, Leiter: Univ.-Prof. Dr. M. Rotter, Tel.: 01/4277-99999. 2. Institut für Hygiene und Mikrobiologie, Krankenhaus der Elisabethinen Linz, Fadingerstraße 1, 4010 Linz, Leiter: Univ.-Prof. Dr. H. Mittermayer, Tel.: 0 73 2/76 76-36 80. Eine Diagnostik der von Mensch zu Mensch übertragbaren viralen hämorrhagischen Fieber erfolgt derzeit jedoch nur im L4-Labor des Bernhard- Untersuchungsmaterial: Erkrankung Erregernachweis ab 3. Erkrankungstag Antikörpernachweis am 5. bis 8. Erkrankungstag Ebola- und Marburg-Fieber Biopsat (Leber, Milz, Niere, Lymphknoten), Blut ca. 5 ml Blut Lassa-Fieber Blut (mit und ohne Heparin), Urin, Rachenspülflüssigkeit, Bioptat (Leber, Knochenmark) ca. 5 ml Blut Krim-Kongo-Fieber, südamerikan. VH-Fieber Blut (mit und ohne Heparin), bluthaltige Körpersekrete ca. 5 ml Blut Lungenpest Sputum, Blutkultur Affenpocken Bläscheninhalt, Abstrich von Hautläsionen, Hautbiopsat 63 Probentransport Zwischen der Sekundärverpackung und der Außenverpackung muss eine Liste beigelegt werden, die den Inhalt einzeln aufführt. EU-geprüfte Verpackungen für den Transport von diagnostischen Proben der Risikogruppen 3 und 4 (für Klasse 6.2 mit UN-Nummer) sind beim HITT (Rotes Kreuz) bzw. klinischen Experten verfügbar. Der Transport von diagnostischen Proben erfolgt nach den jeweils gültigen gesetzlichen Bestimmungen gemäß österreichischer Postordnung (Postgesetz 1997, BGBl. I 18/1999 idgF.), ADR (Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße), IATA-DGR (Gefahrgutvorschriften der International Air Transport Association, Ausgabe 2000/1997). Art der Verpackung für „Diagnostische Proben“, von denen bekannt oder anzunehmen ist, dass sie Mikroorganismen der Risikogruppen 3 oder 4 beinhalten: Innenverpackung bestehend aus einem oder mehreren wasserdichten Primärbehältern (nicht aus Glas), einer wasserdichten Sekundärverpackung und absorbierendem Material zwischen der ersten und zweiten Verpackung. Wenn mehrere Gefäße in eine zweite Verpackung eingesetzt werden, müssen sie einzeln eingewickelt werden, damit eine gegenseitige Berührung ausgeschlossen ist. Die Menge des absorbierenden Materials, z. B. saugfähige Watte, muss ausreichen, den gesamten Inhalt aller Gefäße aufzunehmen. Die Außenverpackung muss entsprechenden Schutz für die Innenverpackung bieten und mit einer UN-Nummer gekennzeichnet sein. Der Transport der Proben nach Hamburg für die Diagnostik auf VHF und Affenpocken erfolgt (falls notwendig auch unter Bereitstellung der geeigneten sekundären und tertiären Transportgefäße) durch die Firmen 1. World Courier (Austria) GmbH; Objekt 885/023, 1300 Wien, Tel. 01/70 07-326 57, Fax 01/70 07326 22 oder 2. Der Kurier, Schabes & OEG, Triester Straße 138, 1230 Wien, Tel. 01/661-60, Fax 01/661 60-20 Hersteller von Verpackungen für infektiöse Stoffe gem. Klasse 6.2: Karl Pawel, Verpackungsunternehmen GmbH, Hellingstraße 2, 1020 Wien, Tel. 01/602 13 22, Fax 01/603 25 28 64 Organisatorische Maßnahmen bei VHF, Pest und Aff enpock en Anhang 3: Patiententransport Rotes Kreuz: Hochinfektionstransportteam Bedarf an medizinischen Geräten (z. B. Beatmungseinheit, Defibrillator) Abholort des Patienten Zugang zum Abholort unter Berücksichtigung der Größe des Inkubators Transportziel (mit Namen und Telefonnummer des Ansprechpartners) Zugang zur Einrichtung für Intensivtherapie Das Bereitschaftsteam HITT (Hochinfektionstransportteam) wird über den Landesverband Steiermark des Roten Kreuzes (Abteilung Ausbildung und Katastrophenhilfsdienst, Tel. 0 31 6/68 33 88) oder außerhalb der Dienstzeiten über die Bezirksleitstelle Graz-Stadt, Tel. 0 31 6/47 15 55, unter Bekanntgabe folgender Daten, verständigt: Name und Rückrufnummer des Amtsarztes des Expertenteams Verdachtsdiagnose Inkubator oder Krankentrage Schutzanzüge Geeignet sind Schutzanzüge der Schutzklasse Type 4; CE-Kategorie III (z. B. Nufab), Respiratorhauben der Schutzstufe TH3P (Schutzfaktor 500), P3-Filter, desinfizierbare Schuhe und lange Schutzhandschuhe. Schutzanzug leicht Vollschutzanzug • • • • • • • • • • • • Schutzanzug (je 2/Person) Schutzmaske (FFP3) 2 Paar Handschuhe/Person, lange Ausführung Schutzbrillen desinfizierbares Schuhwerk HITT-Einsatzdurchführung: Abfahrt zum Einsatzort Entscheidung vor Ort betreffend Schutzausrüstung Anlegen der Schutzkleidung und Kontrolle Fahrer bleibt im Fahrzeug Abklären der Zugangswege (Größe des Inkubators) Weiträumige Absperrung des Transportraumes Transport des Inkubators/Krankentrage zum Patienten Medizinische Maßnahmen für Transport (Venenzugang, Katheter, Intubation) Patient in Inkubator/Krankentrage verbringen (wenig Personal) Schutzanzug (je 2/Person) Respirationshaube 2 Paar Handschuhe/Person, lange Ausführung Gebläseeinheit und Tragegurt Atemschutzfiltersätze (je 3 Filter/Person) Abdichtband desinfizierbares Schuhwerk Verschließen des Inkubators und Kontrolle Transport des Inkubators/Krankentrage zum Fahrzeug Herstellung und Überprüfung der Transportbereitschaft Information der Einrichtung am Zielort über Transportbeginn und ungefähre Eintreffzeit Transportwege in Zieleinrichtung absperren lassen Patient in Zieleinrichtung übergeben Ablegen der Schutzkleidung in Schleuse Transportinkubator und Schutzkleidung gemäß Checkliste ver-/entsorgen 65 Transport in die Hochsicherheitsisoliereinheit (HSI) Bis zur Fertigstellung einer Hochsicherheitsisoliereinheit (HSI) in Österreich erfolgt der Transport des Patienten über die Ärzteflugambulanz in eine HSI nach Deutschland. 2. Behandlungszentrum Leipzig Die Sonderisoliereinheit befindet sich im Städtischen Klinikum „St. Georg“ Leipzig, Klinik für Innere Medizin; Delitzscher Straße 141; 04129 Leipzig, Tel.: 0049/341/909-40 05 oder 0049/341/ 17 77 61-82 44, Fax: 0049/341/909-26 30; E-Mail: [email protected] Austrian Air Ambulance-Ärzteflugambulanz Assistenz GmbH (OAFA): Telefon 01/401 44 Der Transport erfolgt vom Flughafen Graz mit einem Ambulanzjet, der mit speziellen Schutz- und Isolationsmaßnahmen für den Transport von hochinfektiösen Patienten ausgerüstet ist. Der Transport wird nach den internen Verfahrensanweisungen der OAFA durchgeführt. Leiter: Prof. Ruf, Telefon: 0049/341/909-26 01, Vertretung: Dr. Grünewald, Telefon: 0049/341/ 909-26 22, Diensthabender Oberarzt: Telefon: 0049/341/90940 05 Bei Bedarf sind weitere Behandlungszentren in Deutschland zu kontaktieren: 1. Behandlungszentrum Hamburg Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg, Bernhard-Nocht-Straße 74, D-20359 Hamburg, Tel.: 0049/40/428 18-0 Abteilung für Virologie, Leiter: Prof. Dr. Herbert Schmitz, Tel.: 0049/40/428 18-460, Vertretung: Dr. Stephan Günther, Tel.: 0049/40/428 18-0 Siehe unter http://www.rki.de/ 66 Organisatorische Maßnahmen bei VHF, Pest und Aff enpock en Anhang 4: Quarantäne für Kontaktpersonen Aktivierung über Anordnung der Landessanitätsdirektion: Diensthabender Amtsarzt des Gesundheitsamtes der Stadt Graz, erreichbar über Tel. 0 31 6/ 872-32 00 oder außerhalb der Dienstzeiten 887-720. Die Bestellung der Verpflegung erfolgt beim Chefkoch im Geriatrischen Gesundheitszentrum, Albert-Schweitzer-Gasse 36 (0 bis 24 Uhr: beim Portier). Abholung und Transport nach Absprache mit dem Küchenchef. Quarantänestation: Dreihackengasse 49, 8020 Graz Das Betreuungspersonal (max. 6 Personen) wird vom Österreichischen Bundesheer zur Verfügung gestellt. Der Assistenzeinsatz wird über die Katastrophenschutzbehörde der Landesregierung – FA 7B an die Landeshauptfrau sowie an das Militärkommando weitergeleitet. FA 7B: HR Dr. Kurt Kalcher, Tel. 0 31 6/877-34 85 oder 0 67 6/86 66 34 85. Tel. 0 31 6/71 19 31 (Desinfektionsanstalt) Arztzimmer: 0 31 6/71 19 31-12 Dreibettzimmer: 0 31 6/71 19 31-15 Zweibettzimmer: 0 31 6/71 19 31-16 Schlüssel zur Quarantänestation: 1. Gesundheitsamt (Amtshausportier muss außerhalb der Dienstzeiten telefonisch vorinformiert werden) 2. Desinfektionsanstalt (alle Desinfektoren; Schlüssel sperrt auch das Einfahrtstor) 3. Liegenschaftsverwaltung Militärkommando 1. Der Leiter Stabsarbeit: Obst. Walter Bendl, 0 31 6/25 03-330 01 2. Garnisonsoffizier: 0 31 6/25 03-0 3. Militärkommando: leitender Sanitätsoffizier, Dr. Gebhard Mayr, 0 31 6/25 03-330 30 oder 0 66 4/231 64 50. Die Räumung und Einrichtung der Ergänzungszimmer übernimmt die Feuerwehr, welche über den Portier der Feuerwache Lendplatz erreichbar ist (Räumungsplan siehe Anhang). Die Instruktion der quarantänepflichtigen Personen sowie des Betreuungspersonals erfolgt nach internen Verfahrensanweisungen durch das Gesundheitsamt der Stadt Graz. 67 68 Organisatorische Maßnahm en bei VHF Anhang 5: Patientendatenblatt Datum: ........................................................................................................ Familienname: .................................................................. Vorname: ................................................................................. Adresse: ........................................................................................................................................................................................... Tel.: .............................................................................................................. Geburtsdatum: ........................................................................................ Datum des Beginns der Erkrankung: ....................................................................................... zuständige Bezirksverwaltungsbehörde: .................................................. Tel.: ............................................................. Fragen zur Abschätzung der Wahrscheinlichkeit eines VHF: 1. Kontakt mit einem an VHF Erkranktem und/oder begründetem Verdachtsfall oder mit Körperflüssigkeiten/Gewebe eines solchen Patienten? ja unbekannt nein 2. Aufenthalt in einem Endemiegebiet innerhalb der letzten drei Wochen? ja unbekannt nein Wenn ja, gab es irgendeinen Kontakt zu Tieren? ja nein ja nein Art des Kontaktes .......................................� Gab es Unternehmungen in freier Natur? Art der Unternehmungen..........................� 3. Ort/Orte einer möglichen Exposition In welcher Art erfolgte die mögliche Exposition? ........................................................... Datum der Exposition: ................................................................................................... Fieber Pharyngitis Erbrechen Schock 4. Symptome: 5. Labor: Lymphopenie Kopfschmerzen Diarrhöe Exanthem Myalgie blutige Diarrhöe Blutungen Thrombozytopenie erhöhte GOT Weitere wichtige Informationen für die Klinik: ................................................................................................................ ............................................................................................................................................................................................................ ............................................................................................................................................................................................................ 69 6. Wie viele Personen waren an der Pflege des Patienten beteiligt oder hatten Kontakt zu dessen Körperflüssigkeiten? Eine Liste mit Name, Adresse und Tel.-Nr. dieser Personen ist anzulegen (für weitere Personen ist eine zusätzliche Liste anzulegen). Name, Adresse, Telefon 1. ............................................................................................................................................................................................................. 2. ............................................................................................................................................................................................................... 3. ............................................................................................................................................................................................................... 4. ............................................................................................................................................................................................................... 5. ............................................................................................................................................................................................................... 6. ................................................................................................................................................................................................................. 7. .................................................................................................................................................................................................................. 8. ................................................................................................................................................................................................................. 9. ................................................................................................................................................................................................................... 10. ................................................................................................................................................................................................................... 7. Fluggesellschaften/Flugnummern/Datum der Ausreise aus dem Endemiegebiet ........................................................................................................................................................................................................................... ............................................................................................................................................................................................................................ Zwischenaufenthalte während der Rückreise .................................................................................................................................... ............................................................................................................................................................................................................................� ............................................................................................................................................................................................................................ Traten während der Reise Symptome auf? nein unbekannt ja Traten während einer Zwischenlandung Symptome auf? nein unbekannt ja 70 Organisatorische Maßnahm en bei VHF Anhang 6: Kontaktpersonenerfassung Zum Indexerkrankungsfall (Name, Erkrankung): ............................................................................................................... Datum: .................................................................... Kontaktperson (Name): ...............................................................................................................................................................� .. Wohnanschrift: ............................................................................................................................................................................. Berufssitz: ........................................................................ Erreichbarkeit in den nächsten 3 Wochen (Tel., Handy, sonstige): Privat: .................................................................................� Dienststelle: ...................................................................... sonstige: ............................................................................ Kontaktpersonenzuordnung, Kategorie: ................. Verfügte Maßnahmen (siehe Checkliste 3): Temperaturmessung überprüft am: Prophylaxe erhalten am: Arbeitsverbots-Bescheid abgeschickt: Aufhebungsbescheid abgeschickt: Wohnungsisolierung überprüft am: Termin- und sonstige Vereinbarungen: Obige Vereinbarungen werden zur Kenntnis genommen, das Informationsblatt der zugehörigen Kategorie übernommen und die Einhaltung der darin angeordneten Maßnahmen zugesichert. Datum, Unterschrift der Kontaktperson 71 72 Organisatorische Maßnahm en bei VHF Anhang 6a: Informationsblatt für Kontaktpersonen Kategorie II – mit Symptomen Sehr geehrte/r Frau/Herr .....................................................................! Da Sie laut Erhebung Pflegekontakt o. Kontakt mit Untersuchungsproben hatten Kontakt mit einer an VHF verstorbenen Person hatten Kontakt mit kontaminierten Gegenständen hatten oder Kontakt mit einem infizierten Tier (Pflege, Untersuchungsproben) hatten besteht für Sie nur eine mäßige Möglichkeit sich infiziert zu haben, da krankmachende Keime praktisch nur durch direkten Haut-/Schleimhautkontakt mit Körperflüssigkeiten des Erkrankten (z. B. Erbrochenes, Blut, Stuhl) übertragen werden. Wegen der im Rahmen der Erhebung durch Sie angeführten Symptome ist es zu Ihrer persönlichen sowie zur allgemeinen Sicherheit notwendig, dass Sie nachfolgend angekreuzte Punkte bis zur Abklärung der Symptomatik verlässlich einhalten: Ab sofort müssen Sie bis zum ......................... täglich zweimal 5 Minuten lang die Achseltemperatur messen. Beim Auftreten von Fieber oder einem der nachfolgend angeführten Krankheitssymptome, wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Brustschmerzen, Bauchschmerzen, Rachenentzündung, Halsschmerzen oder Rötung der Augen, ist unverzüglich die Koordinationsstelle unter Tel. .................................................... zu verständigen. Diese teilt Ihnen dann mit, wo bzw. wie die weitere Abklärung des Krankheitsbildes erfolgen wird. Arbeitsverbot in „Risikobereichen“ Allgemeines Arbeitsverbot Bezüglich des Arbeitsverbotes wird Ihnen in den nächsten Tagen ein entsprechender schriftlicher Bescheid von der Bezirksverwaltungsbehörde übermittelt werden, wobei auch eine Information bezüglich der Rückvergütung des Verdienstentganges beigelegt sein wird. Absonderung zu Hause Zur Verlaufskontrolle sind Blutabnahmen im .............................................................................................................. am ........................................ um ................................ notwendig. Um pünktliches Erscheinen wird höflichst ersucht. Als medikamentöse Vorsorge müssen Sie folgendes Medikament: ...................................................................... in folgender Dosierung .................................................................. einnehmen. Bei Unverträglichkeit bitte unverzüglich die Koordinationsstelle anrufen. Für Fragen steht Ihnen die eingerichtete Koordinationsstelle unter Tel. ................................................................ gerne zur Verfügung. Datum ................................... 73 Stempel 74 Organisatorische Maßnahm en bei VHF Anhang 6b: Informationsblatt für Kontaktpersonen Kategorie III – mit Symptomen Sehr geehrte/r Frau/Herr .....................................................................! Da Sie laut Erhebung mit einer an .................................................. erkrankten Person nur allgemeinen sozialen Kontakt Kontakt mit intaktem Schutzanzug hatten besteht für Sie nur eine geringe Möglichkeit sich infiziert zu haben, da krankmachende Keime praktisch nur durch direkten Haut-/Schleimhautkontakt mit Körperflüssigkeiten des Erkrankten (z. B. Erbrochenes, Blut, Stuhl) übertragen werden. Wegen der im Rahmen der Erhebung durch Sie angeführten Symptome ist es zu Ihrer persönlichen sowie zur allgemeinen Sicherheit notwendig, dass Sie nachfolgend angekreuzte Punkte bis zur Abklärung der Symptomatik verlässlich einhalten: Ab sofort müssen Sie bis zum ......................... täglich zweimal 5 Minuten lang die Achseltemperatur messen. Beim Auftreten von Fieber oder einem der nachfolgend angeführten Krankheitssymptome, wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Brustschmerzen, Bauchschmerzen, Rachenentzündung, Halsschmerzen oder Rötung der Augen, ist unverzüglich die Koordinationsstelle unter Tel. .................................................... zu verständigen. Diese teilt Ihnen dann mit, wo bzw. wie die weitere Abklärung des Krankheitsbildes erfolgen wird. Arbeitsverbot in „Risikobereichen“ Allgemeines Arbeitsverbot Bezüglich des Arbeitsverbotes wird Ihnen in den nächsten Tagen ein entsprechender schriftlicher Bescheid von der Bezirksverwaltungsbehörde übermittelt werden, wobei auch eine Information bezüglich der Rückvergütung des Verdienstentganges beigelegt sein wird. Absonderung zu Hause Zur Verlaufskontrolle sind Blutabnahmen im .............................................................................................................. am ........................................ um ................................ notwendig. Um pünktliches Erscheinen wird höflichst ersucht. Als medikamentöse Vorsorge müssen Sie folgendes Medikament: ...................................................................... in folgender Dosierung .................................................................. einnehmen. Bei Unverträglichkeit bitte unverzüglich die Koordinationsstelle anrufen. Für Fragen steht Ihnen die eingerichtete Koordinationsstelle unter Tel. ................................................................ gerne zur Verfügung. Datum ................................... 75 Stempel 76 Organisatorische Maßnahm en bei VHF Anhang 6c: Informationsblatt für Kontaktpersonen Kategorie Ia – ohne Symptome Sehr geehrte/r Frau/Herr .....................................................................! Da Sie laut Erhebung mit einer an .................................................. erkrankten Person Schleimhaut- oder invasiven Hautkontakt mit Körperflüssigkeiten oder Gewebe hatten, besteht für Sie eine hohe Wahrscheinlichkeit sich infiziert zu haben, da krankmachende Keime durch direkten Haut-/Schleimhautkontakt mit Körperflüssigkeiten des Erkrankten (z. B. Erbrochenes, Blut, Stuhl) übertragen werden. Zur persönlichen und allgemeinen Sicherheit ist es daher notwendig, dass Sie vorerst stationär im Krankenhaus zur Beobachtung aufgenommen werden. Bezüglich des Arbeitsverbotes wird Ihnen in den nächsten Tagen ein entsprechender schriftlicher Bescheid von der Bezirksverwaltungsbehörde übermittelt werden, wobei auch eine Information bezüglich der Rückvergütung des Verdienstentganges beigelegt sein wird. Datum ................................... 77 Stempel 78 Organisatorische Maßnahm en bei VHF Anhang 6d: Informationsblatt für Kontaktpersonen Kategorie Ib – ohne Symptome Sehr geehrte/r Frau/Herr .....................................................................! Da Sie laut Erhebung mit einer an .................................................. erkrankten Person Kontakt mit Körperflüssigkeiten o. Gewebe auf intakter Haut o. als Aerosol hatten oder Körperflüssigkeiten eines VHF-infizierten Tieres berührten, besteht für Sie eine erhöhte Wahrscheinlichkeit sich infiziert zu haben, da krankmachende Keime durch direkten Haut-/Schleimhautkontakt mit Körperflüssigkeiten des Erkrankten (z. B. Erbrochenes, Blut, Stuhl) übertragen werden. Zur persönlichen und allgemeinen Sicherheit ist es daher notwendig, dass Sie die nachfolgend angekreuzten Punkte verlässlich einhalten: Ab sofort müssen Sie bis zum ......................... täglich zweimal 5 Minuten lang die Achseltemperatur messen. Beim Auftreten von Fieber oder einem der nachfolgend angeführten Krankheitssymptome, wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Brustschmerzen, Bauchschmerzen, Rachenentzündung, Halsschmerzen oder Rötung der Augen, ist unverzüglich die Koordinationsstelle unter Tel. .................................................... zu verständigen. Diese teilt Ihnen dann mit, wo bzw. wie die weitere Abklärung des Krankheitsbildes erfolgen wird. Zur Verlaufskontrolle sind Blutabnahmen im .............................................................................................................. am ........................................ um ................................ notwendig. Um pünktliches Erscheinen wird höflichst ersucht. Als medikamentöse Vorsorge müssen Sie folgendes Medikament: ...................................................................... in folgender Dosierung .................................................................. einnehmen. Bei Unverträglichkeit bitte unverzüglich die Koordinationsstelle anrufen. Ihre Tätigkeit als ............................................................ dürfen Sie vorerst bis auf Widerruf nicht ausüben. Ein diesbezüglicher schriftlicher Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde wird Ihnen in den nächsten Tagen zugestellt werden. Eine Absonderung zu Hause ist notwendig. Datum ................................... 79 Stempel 80 Organisatorische Maßnahm en bei VHF Anhang 6e: Informationsblatt für Kontaktpersonen Kategorie II – ohne Symptome Sehr geehrte/r Frau/Herr .....................................................................! Da Sie laut Erhebung Pflegekontakt o. Kontakt mit Untersuchungsproben hatten Kontakt mit einer an VHF verstorbenen Person hatten Kontakt mit kontaminierten Gegenständen hatten oder Kontakt mit einem infizierten Tier (Pflege, Untersuchungsproben) hatten besteht für Sie nur ein mäßiges Risiko sich infiziert zu haben, da krankmachende Keime praktisch nur durch direkten Haut-/Schleimhautkontakt mit Körperflüssigkeiten des Erkrankten (z. B. Erbrochenes, Blut, Stuhl) übertragen werden. Zur eigenen und zur allgemeinen Sicherheit sind jedoch folgende angekreuzte Punkte verlässlich einzuhalten: Ihre Tätigkeit als ............................................................ dürfen Sie vorerst bis auf Widerruf nicht ausüben. Ein diesbezüglicher schriftlicher Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde wird Ihnen in den nächsten Tagen zugestellt werden. Im Alltag bestehen keine Einschränkungen, solange keine Krankheitssymptome wie Fieber, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Brustschmerzen, Bauchschmerzen, Rachenentzündung, Halsschmerzen oder Rötung der Augen auftreten. Es ist notwendig ab sofort bis zum .............................. täglich zweimal 5 Minuten lang die Achseltemperatur zu messen. Beim Auftreten von Fieber oder eines der oben angeführten Krankheitssymptome darf die Wohnung nicht mehr verlassen werden und ist unverzüglich die Koordinationsstelle unter Tel. ............................................................... zu verständigen. Diese teilt Ihnen dann mit, wo bzw. wie die weitere Abklärung des Krankheitsbildes erfolgen wird. Datum ................................... 81 Stempel 82 Organisatorische Maßnahm en bei VHF Anhang 6f: Informationsblatt für Kontaktpersonen Kategorie III – ohne Symptome Sehr geehrte/r Frau/Herr .....................................................................! Da Sie laut Erhebung mit einer an .................................................. erkrankten Person nur allgemeinen sozialen Kontakt hatten Kontakt mit intaktem Schutzanzug hatten besteht für Sie nur eine geringe Möglichkeit sich infiziert zu haben, da krankmachende Keime praktisch nur durch direkten Haut-/Schleimhautkontakt mit Körperflüssigkeiten des Erkrankten (z. B. Erbrochenes, Blut, Stuhl) übertragen werden. Es bestehen keine Einschränkungen im Alltag, solange keine Krankheitssymptome wie Fieber, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Brustschmerzen, Bauchschmerzen, Rachenentzündung, Halsschmerzen oder Rötung der Augen auftreten. Zur eigenen und allgemeinen Vorsorge ist es notwendig, ab sofort bis .............................. täglich zweimal 5 Minuten lang die Achseltemperatur zu messen. Beim Auftreten von Fieber oder eines der oben angeführten Krankheitssymptome darf die Wohnung nicht mehr verlassen werden und ist unverzüglich die Koordinationsstelle unter Tel. ............................................................... zu verständigen. Diese teilt Ihnen dann mit, wo bzw. wie die weitere Abklärung des Krankheitsbildes erfolgen wird. Datum ................................... 83 Stempel Anhang 7: Desinfektion, Dekontamination Für die Desinfektion sind virusgeprüfte Desinfektionsmittel einzusetzen. Diese werden beim Roten Kreuz gelagert und bei Bedarf vom HITT zur Verfügung gestellt: Laufende Desinfektion während der Pflege: Kohrsolin (3%/Einwirkzeit: 5 Stunden). Gezielte Desinfektion (bei Verunreinigung mit Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen): Sterillium Virugard, anschließend Desinfektion mit Kohrsolin (6%/Einwirkzeit: 6 Stunden). Händedesinfektionsmittel: Sterillium Virugard (Einwirkzeit: 2 Minuten) über Klinikanforderung Abschlussdesinfektion: Mittels Kohrsolin Scheuer-/Wischdesinfektion (Detailanweisungen obliegen dem Expertenteam; siehe auch W. Bodenschatz: Handbuch für den Desinfektor, S. 661: Entwurf einer Arbeitsanweisung für den Desinfektor). Flächendesinfektionsmittel: z. B. Kohrsolin (3%/Einwirkzeit: 5 Stunden) Körperflüssigkeiten: z. B. Kohrsolin (6%/Einwirkzeit: 6 Stunden) Dekontamination des Rettungsteams und des Fahrzeuges: Durch Desinfektoren in der Desinfektionsanstalt der Stadt Graz mittels virusgeprüftem Desinfektionsmittel. Tel. 0 31 6/71 19 31 Bezugsquellen: Beiersdorf GesmbH; Laxenburger Str. 151, 1100 Wien, Tel.: 01/614 00-0, [email protected], Kontaktperson Steiermark: Werner Tüchler, Tel. 0 66 4/524 08 31 oder Bode Chemie Hamburg; Melanchthonstraße 27, D-22525 Hamburg Telefon: 0049 (40) 540 06-0 Telefax: 0049 (40) 540 06-200 Raumdesinfektion bzw. wenn erforderlich HITTFahrzeugdesinfektion mit Formaldehyd: Zuständig für die Durchführung: ärztliche Direktion des LKH-Univ. Klinikums Graz; Dr. Strampfer; Tel. 0 31 6/385-35 96 oder 0 31 6/ 385-801 29. 84 Organisatorische Maßnahm en bei VHF Anhang 8: Medikamentenbevorratung Die Organisation übernimmt die Apothekerkammer Stmk.: Ribavirin (Rebetol, Virazole) sowie wichtige Antibiotika (Ciprofloxacin, Rifampicin u. a.) sind in der Anstaltsapotheke des LKH-Klinikum Graz verfügbar: Mag. Dr. Gerhard Kobinger: Tel. 0 31 6/82 50 62; Fax: 0 31 6/82 50 62-4 E-mail: [email protected] LKH-Klinikum Graz Außerhalb der Dienstzeiten über die Notrufnummern erreichbare Pharmagroßhändler: Stabsstelle Anstaltsapotheke, Auenbruggerplatz 1 A, 1. Obergeschoß Frau Mag. Ellinor Haudek: 0 31 6/385–22 43 Wochenende und feiertags (8 bis 17 Uhr): Tel. 0 31 6/385-22 08 Außerhalb dieser Dienstzeiten ist der diensthabende Apotheker über die Zentrale 0 31 6/385-0 erreichbar. Sollten Antibiotika nicht in ausreichender Menge in der Anstaltsapotheke lagernd sein, werden sie über den Apothekengroßhandel an die nächstgelegene Apotheke geliefert. Fa. Herba/Chemosan, Graz Tel. 0 31 6/80 25-31 00 od. auf Handy 0 66 4/346 66 63 umgeleitet. Fa. Phoenix, Graz Tel. 0 31 6/60 72-89 00 oder automatisch umgeleitet auf Handy Fa. Kwizda, Graz Tel. 0 31 6/80 82-0 Anhang 9: Maßnahmen im Todesfall – Kontaktadressen Krematorium Graz: Alte Poststraße 345 (Verwaltung: 343), 8020 Graz, Tel.: 0 31 6/887-716 oder 717 Dem beauftragten Bestattungsunternehmen und dessen Personal ist Anleitung und Unterstützung bei ihrer Tätigkeit zu geben. Kontaktadresse: Krematorium Knittelfeld: Freiheitsallee 57 (Verwaltung: Hauptplatz 15), 8720 Knittelfeld, Tel.: 0 35 12/843 07 oder 0 35 12/832 11-305 Fachvertretung Wirtschaftskammer, Fachgruppe der Bestattung, Tel.: 0 31 6/601-481 Eduard Schreiner, Annengasse 4; 8350 Fehring, Tel.: 0 31 55/22 26-0 oder 0 66 4/182 44 95 85 86 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk rankheit Inhalt B Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relevanten Infektionskrankheiten I. Koordinationsstelle für Infektionskrankheiten an der Landessanitätsbehörde und Neuorientierung der Meldepflicht in der Steiermark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Meldepflichtige übertragbare Krankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Aufzählung der meldepflichtigen übertragbaren Krankheiten (Inhaltsverzeichnis) .� 99 II. Aufzählung der zusätzlich für die Steiermark wichtigen, nicht meldepflichtigen Krankheiten (Inhaltsverzeichnis) .� 100 Anhang: Beispiele für Erhebungsbögen und Merkblätter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 87 en 88 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk B Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relevanten Infektionskrankheiten 89 rankheit en 90 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk rankheit I. Koordinationsstelle für Infektionskrankheiten an der Landessanitätsbehörde und Neuorientierung der Meldepflicht in der Steiermark 1. Prinzipiell sollen alle Ausbrüche in der Steiermark an die Landessanitätsdirektion (FA 8B; Tel.: 0 31 6/877-35 35) gemeldet und von einer Koordinationsstelle weiter behandelt werden. Diese über die gesetzliche Meldepflicht hinausgehenden Meldungen können vom behandelnden Arzt, vom Labor, von den jeweiligen Amtsärzten, Schul- oder Heimleitern oder jedweder Privatperson erfolgen (vorzugsweise telefonisch). Die Landessanitätsdirektion (FA 8B) übernimmt die notwendige Koordination, um möglichst effektiv die Ursachen des Ausbruchs zu erheben (unter Einbeziehung aller verfügbaren Ressourcen an Behörden, Referenzzentralen etc). Neben dem Management des OutbreakGeschehens erfolgt die Aufklärung der Öffentlichkeit über den Stand der Erhebungen und über evt. notwendige Vorbeugemaßnahmen. Zusätzlich wird nach erfolgter Abklärung eine Zusammenfassung über das stattgefundene Ausbruchgeschehen in Form eines Abschlussberichtes erstellt. Am Jahresende werden diese Daten für die Steiermark zusammengefasst und veröffentlicht. Aus bisherigen Erfahrungen sind Ausbrüche insbesondere bei folgenden Erkrankungen zu erwarten: Botulismus Cholera Diphtherie EHEC Hepatitis A Kinderlähmung Legionellen Lepra Leptospirose Masern Meningokokken Milzbrand Papageienkrankheit Paratyphus Pest Tularämie Typhus Virales hämorrhagisches Fieber Die Größenordnung an Meldungen mit diesen Erregern wird insgesamt als relativ gering einzuschätzen sein. Zu erwarten sind wenige Fälle von Legionellose, Masern, Paratyphus, Typhus, Hepatitis A und EHEC-Infektionen. Die Meldung erfolgt in diesen Fällen somit über ein „duales Meldesystem“, d. h. wie bisher an die zuständige Gesundheitsbehörde und durch die Labors an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Durchfallerkrankungen Hepatitis A Masern Infektionen mit Meningokokken Legionellosen 3. Meldungen von Erregern aus der Gruppe der „bakteriellen Lebensmittelvergiftungen“ erfolgen von den Labors direkt an die zuständige Gesundheitsbehörde (Bezirkshauptmannschaft, Magistrat). Der Befund an den einsendenden Arzt wird mit dem Kommentar versehen: „Meldepflichtiger Krankheitserreger, die Meldung an die zuständige Gesundheitsbehörde erfolgte bereits durch das Labor“, womit dieser von der getätigten Meldung informiert wird. Ausgenommen sind Infektionen mit EHEC bzw. Botulismus: bei diesen Krankheitsbildern soll eine „duale Meldung“ erfolgen. Die zuständige Gesundheitsbehörde, die nunmehr deutlich früher über „Lebensmittelvergiftungen“ in ihrem Zuständigkeitsbereich in- 2. Über die derzeit gehandhabte gesetzliche Meldepflicht durch den behandelnden Arzt hinausgehend, werden von den Labors besondere seuchenhygienerelevante Erreger auch in Einzelfällen direkt an diese Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion gemeldet. Sinn dieser „Surveillance“: geeignete und früh einsetzende Maßnahmen zur Vermeidung weiterer Krankheitsfälle (z. B. EHEC); außerdem sind etliche dieser Erreger bzw. Erkrankungen von besonderem öffentlichem Interesse: 91 en formiert wird, wird damit in die Lage versetzt, evt. Infektionsquellenerhebungen effizienter zu betreiben, sodass auch die Lebensmittelaufsicht sinnvoll Proben ziehen kann, wenn verdächtige Speisen noch vorhanden sind. Außerdem soll bei der Erhebung ein vorgefertigter Fragebogen vom erhebenden Beamten ausgefüllt werden. Darin enthalten sind einerseits wichtige epidemiologische Parameter, andererseits werden auch jene Maßnahmen schriftlich festgehalten, die im speziellen Fall in die Wege geleitet worden sind. Diese Erhebungsbögen werden in weiterer Folge (im Regelfall monatlich) an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion weitergeleitet. nationsstelle sollte also über die aktuelle epidemiologische Situation informiert sein. Beispiel 2: Zerkarien-Dermatitis: Obwohl nicht meldepflichtig, sollten Informationen über gehäuft auftretende Gesundheitsprobleme durch Zerkarien der Koordinationsstelle gemeldet werden und die eingeleiteten Maßnahmen (z. B. Schließung eines Badeteiches) abgesprochen und akkordiert sein. Zusammenfassung 1. Schaffung einer Koordinationsstelle an der Landessanitätsdirektion. 2. Diese ist zuständig für die Koordination der Abklärung von Ausbrüchen. 3. Die Meldung von Ausbrüchen kann vom behandelnden Arzt, vom Labor, von den jeweiligen Amtsärzten, Schul- oder Heimleitern oder jedweder Privatperson direkt an die Koordinationsstelle erfolgen. 4. Die Meldung besonderer seuchenhygienerelevanter Erreger erfolgt zusätzlich über die Labors an die Koordinationsstelle (die normale Meldepflicht für den behandelnden Arzt bleibt aufrecht). 5. Die Meldung sporadischer Fälle an „bakterieller Lebensmittelvergiftung“, ausgenommen EHEC und Botulismus, erfolgt durch die Labors an die zuständige Gesundheitsbehörde. Der Hinweis am Befund „meldepflichtiger Krankheitserreger, die Meldung erfolgte bereits vom Labor“ informiert den behandelnden Arzt über die erfolgte Meldung. 6. Außerdem sollen zusätzlich steiermarkrelevante, nicht meldepflichtige Infektionskrankheiten, die von besonderem öffentlichem Interesse sind, von der Koordinationsstelle bearbeitet werden. 4. Ebenfalls über die gesetzl. Meldepflicht hinausgehend sollen vom behandelden Arzt/ Krankenhaus auch bei Infektionen, wo erst Erkrankungen und Sterbefall meldepflichtig sind, schon bei begründetem klinischem Verdacht das zuständige Gesundheitsamt und die Koordinationsstelle verständigt werden, wenn dies für eine möglichst rasche Einleitung zur Verhütung der Weiterverbreitung notwendig erscheint. Beispiel Diphtherie: Die Falldefinition beruht im Gegensatz z. B. von Meningokokkensepsis auf dem Labornachweis. Besonders bei Auftreten in einer Gemeinschaftseinrichtung oder zur aktiven Suche eventuell weiterer enger Kontaktpersonen sollen notwendige Erhebungen raschestmöglich eingeleitet werden können. 5. Besondere steiermarkrelevante infektiologische Themenbereiche, die über die normale Meldepflicht hinausgehen, sollen ebenfalls von der Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion bearbeitet werden. Beispiel 1: FSME ist in der Steiermark endemisch und daher von besonderem Interesse. Die Koordi- 92 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk II. Meldepflichtige übertragbare Krankheiten Meldungen sind nicht dazu da, um unnötige Mehrarbeiten zu bescheren oder irgendwo abgelegt zu werden, sondern sind unabdingbare Voraussetzungen einer effizienten Interventionsepidemiologie. Trends, Zusammenhänge und eventuelle Ausbrüche können nur auf Grundlage eines prompten effektiven Meldesystems frühzeitig erkannt werden. rankheit Haushaltes (der Leitung der Anstalt) betraute Person 5. die Vorsteher öffentlicher und privater Lehranstalten und Kindergärten in Bezug auf die ihrer Leitung unterstehenden Schüler, Lehrpersonen und Schulbediensteten 6. der Wohnungsinhaber oder die an seiner Stelle mit der Obsorge für die Wohnung betraute Person 7. Inhaber von Gast- und Schankgewerben sowie deren behördlich genehmigte Stellvertreter bezüglich der von ihnen beherbergten oder bei ihnen bediensteten Personen 8. der Hausbesitzer oder die mit der Handhabung der Hausordnung betraute Person 9. bei Milzbrand, Papageienkrankheit, Rotz, Wutkrankheit sowie Bissverletzungen durch wutkranke oder wutverdächtige Tiere, Tularaemie, Bang’scher Krankheit, Trichinose und Leptospiren-Erkrankungen auch Tierärzte, wenn sie in Ausübung ihres Berufes von der erfolgten Infektion eines Menschen oder von dem Verdacht einer solchen Kenntnis erlangen 10. der Totenbeschauer Oft ist schon der erstversorgende Arzt fachlich zur Anordnung von freiheitseinschränkenden Maßnahmen wie Isolierung gezwungen; mit der Meldung an das zuständige Gesundheitsamt und insbesondere im Falle eines Seuchenalarms erhält er durch die Meldung eine sanitätsbehördliche und ggf. auch fachkompetente Rückendeckung. A Gesetzliche Meldepflicht (Auszug aus dem Epidemiegesetz 1950 BGBl. Nr. 186/1950, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 191/ 1999) Meldung („Erstattung der Anzeige“) Die Meldung hat an die Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt), in deren Gebiet sich der Kranke oder Krankheitsverdächtige aufhält oder der Tod eingetreten ist, unter Angabe des Namens, des Alters und der Wohnung und, soweit möglich, unter Bezeichnung der Krankheit binnen 24 Stunden zu erfolgen. (Die Verpflichtung zur Anzeige obliegt den unter Z. 2 bis 8 bezeichneten Personen nur dann, wenn ein in der obigen Aufzählung unter Z. 1 bis 7 früher genannter Verpflichteter nicht vorhanden ist.) Erhebungen über das Auftreten einer Krankheit Die Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt) hat sich wegen Einleitung und Durchführung der vorgeschriebenen Erhebungen und Vorkehrungen unverzüglich mit der zuständigen Gemeindebehörde ins Einvernehmen zu setzen. Über jede Anzeige sowie über jeden Verdacht des Auftretens einer anzeigepflichtigen Krankheit haben die zuständigen Behörden durch die ihnen zur Verfügung stehenden Ärzte unverzüglich die zur Feststellung der Krankheit erforderlichen Erhebungen und Untersuchungen einzuleiten. Zur Meldung (Anzeige) verpflichtete Personen 1. Der zugezogene Arzt, in Kranken-, Gebär- und sonstigen Krankenanstalten der Leiter der Anstalt oder der durch besondere Vorschriften hiezu verpflichtete Vorstand einer Abteilung 2. die zugezogene Hebamme 3. die berufsmäßigen Pflegepersonen, die mit der Pflege des Kranken befasst sind 4. der Haushaltungsvorstand (Leiter einer Anstalt) oder die an seiner Stelle mit der Führung des Kranke, Krankheitsverdächtige und Ansteckungsverdächtige sind verpflichtet, den zuständigen Behörden die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und sich den notwendigen ärztlichen Untersuchungen sowie der Entnahme von Untersuchungsmaterial zu unterziehen. 93 en B Meldepflichtige übertragbare Krankheiten adresse und Bezeichnung der Krankheit des Betroffenen). Meldepflichten nach Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950 idgF, und der Verordnung betreffend anzeigepflichtige übertragbare Krankheiten, BGBl. II Nr. 456/2001: Meldepflichtig sind in erster Linie der zugezogene Arzt in Krankenanstalten der Leiter der Anstalt Meldepflichten nach dem Tuberkulosegesetz, BGBl. Nr. 127/1968 idgF: Verdachtsfälle, Erkrankungen, Sterbefälle an Lepra Cholera Fleckfieber (Flecktyphus), Gelbfieber Wochenbettfieber übertragbarer Kinderlähmung Jede Erkrankung und jeder Todesfall an Tuberkulose, die ärztlicher Behandlung oder Überwachung bedarf. bakterieller Lebensmittelvergiftung (Salmonellosen, Shigellosen, Campylobacteriose, Yersiniose, EHEC (enterohämorrhagische Escherichia coli), Staphylokokkus aureus, Botulismus und durch andere übertragbare Krankheitserreger hervorgerufene Lebensmittelvergiftungen) Masern Milzbrand Papageienkrankheit Paratyphus Pest Pocken Legionärskrankheit Rotz übertragbarer Ruhr Wutkrankheit (Lyssa) sowie Bissverletzungen durch wutkranke oder wutverdächtige Tiere Tularämie Typhus infektiöser Hepatitis (Hepatitis A, B, C, D, E und G) virusbedingtem hämorrhagischem Fieber Die Anzeige ist innerhalb von 3 Tagen an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten (Name, Anschrift, Geburtsdatum). Meldepflichtig sind jeder mit dem Erkrankungs- oder Todesfall befasste Arzt in Krankenanstalten, Kuranstalten, Pflegeheimen der ärztliche Leiter bzw. der zur ärztlichen Aufsicht verpflichtete Arzt der Totenbeschauer oder Prosektor der Leiter der militärischen Dienststelle, die zur ärztlichen Betreuung von Angehörigen des Bundesheeres berufen ist Meldepflicht nach AIDS-Gesetz 1993, BGBl. Nr. 728: Erkrankungen, Sterbefälle an Bang’scher Krankheit (durch Brucella species bedingte Krankheiten) Diphtherie übertragbarer Gehirnentzündung (alle virusbedingten Meningoenzephalitiden) übertragbarer Genickstarre (alle bakteriellen Meningitiden) Keuchhusten Trachom Leptospiren-Erkrankung Malaria Rückfallfieber Scharlach Trichinose Jede manifeste Erkrankung an AIDS (Nachweis einer HIV-Infektion und zumindest einer Indikatorerkrankung gem. VO BGBl. Nr. 35/1994) und jeder Todesfall, wenn anlässlich der Totenbeschau oder Obduktion festgestellt wurde, dass zum Zeitpunkt des Todes eine Erkrankung an AIDS bestanden hat (ein Todesfall ist auch dann zu melden, wenn bereits eine Meldung über den vorausgegangenen Krankheitsfall erfolgt ist). Die Meldung ist innerhalb einer Woche nach Feststehen der Diagnose schriftlich an das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen zu erstatten (Anfangsbuchstabe des Vor- und Familiennamens, Geburtsdatum, Geschlecht, relevante anamnestische und klinische Angaben). Das vom Ministerium aufgelegte Meldeformular ist für die Meldung zu verwenden. Todesfälle bedingt durch subakute spongiforme Encephalopathien Die Anzeige ist innerhalb von 24 Stunden an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Gebiet sich der Betroffene aufhält bzw. der Tod eingetreten ist, zu erstatten (Name, Alter, Wohn- 94 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Meldepflichtig sind jeder freiberuflich tätige Arzt in Krankenanstalten der ärztliche Leiter der Totenbeschauer oder der Prosektor Erkrankungsdatum, Alter, Geschlecht, Wohnort, familiäre Verhältnisse, Beruf/Schule, Kardinalsymptome und Schwere der Erkrankung; eventuell vermutete Infektionsquelle; Therapie; eventuell Impfstatus u. ä. m. Die Erhebung der Kontaktpersonen erfolgt nach demselben Schema (asymptomatisch/symptomatisch); insbesondere ist auf Geschwister in anderen Kindergärten und Schulklassen sowie auf in Lebensmittelbetrieben Beschäftigte zu achten. Bei Beschäftigung oder Wohnort in anderen Bezirken ist das jeweils zuständige Gesundheitsamt umgehend zu verständigen. Weitere Maßnahmen: Sicherzustellen ist auch, dass insbesondere bei Meningokokkenalarm die behandelnden Ärzte auch über die Bezirksgrenze hinaus verständigt werden. Bei Urlaubern und Heimkehrern ist allenfalls über die Landessanitätsdirektion auch Verbindung mit der Gesundheitsbehörde im Heimatort aufzunehmen. Es empfiehlt sich dringend, über getroffene Maßnahmen (Aufklärung über individuelles Hygieneverhalten, Chemoprophylaxe, angeordnete Hygienemaßnahmen in Gemeinschaftseinrichtungen etc.) eine nachvollziehbare Dokumentation anzulegen. Die genannten Aufzeichnungen dienen erforderlichenfalls auch als Grundlage für weitergehende Erhebungen der Koordinationsstelle in der Landessanitätsdirektion. U. a. können „Attack-Raten“ für die Planung einer Impfaktion oder durch das einfache Zeichnen einer „epidemischen“ Kurve schon wertvolle Hinweise über die Ausbreitung einer Kleinepidemie gewonnen werden. Meldepflicht nach Geschlechtskrankheitengesetz, StGBl. Nr. 152/1945: rankheit Tripper Syphilis Weicher Schanker Lymphogranuloma iniguale Beschränkte Meldepflicht Wenn eine Weiterverbreitung der Krankheit zu befürchten ist oder sich der Kranke der ärztlichen Behandlung bzw. Beobachtung entzieht, ist Meldung an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten. Meldepflicht gem. Zoonose-Richtlinie (Erlass v. BMGF: GZ 92.700/2-I/ B/8/2004) Brucellose und ihre Erreger Campylobacteriose und ihre Erreger Echinokokkose und ihre Erreger Listeriose und ihre Erreger Salmonellose und ihre Erreger Trichinellose und ihre Erreger Tuberkulose, verursacht durch Mycobacterium bovis Verotoxinbildende Escherichia coli C Aufgaben des zuständigen Gesundheitsamtes D Early warning Epidemiologische Erhebung Gemäß § 5 des Epidemiegesetzes hat der Amtsarzt unverzüglich die zur Feststellung der Krankheit erforderlichen Erhebungen und Untersuchungen einzuleiten. Das kann von einem einfachen Telefonat mit dem behandelnden Arzt und der betroffenen Familie über gezielte Anamnesen anhand vorstrukturierter Fragebögen, Ortsaugenschein bis zur Initiierung einer Fall-Kontroll-Studie reichen. Ergeben sich dabei zeitliche und/oder örtliche Häufungen („Cluster“) oder kommt es zu einem Ausbruch in einer „Gemeinschaftseinrichtung“, sind jedenfalls folgende Aufzeichnungen erforderlich: Das Gesundheitsministerium schickt per E-mail aus einem EU-Netzwerk entnommene Nachrichten von lokalen Krankheitsausbrüchen bis in die Bezirkshauptmannschaft. Umgekehrt sind auch Ausbrüche in Österreich über das Gesundheitsministerium bekannt zu geben. 95 en Erlass des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen vom 26. Mai 2004, GZ: 92.700/2-I/ B/8/04: Umsetzung der Zoonose-RL, soweit dies durch die Gesundheitsbehörden zu erfolgen hat Mit 12. Juni 2004 hat Österreich die Richtlinie 2003/99/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 17. November 2003 zur Überwachung von Zoonosen und Zoonoseerregern und zur Änderung der Entscheidung 90/424/EWG des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 92/117/ EWG des Rates in nationales Recht umzusetzen und die Regelungen entsprechend anzuwenden. Diese Richtlinie regelt die Überwachung von Zoonosen und Zoonosenerregern, die Überwachung diesbezüglicher Antibiotikaresistenzen, die Untersuchung lebensmittelbedingter Krankheitsausbrüche und den Austausch von Informationen über Zoonosen und Zoonoseerreger. In Anhang I sind als jedenfalls überwachungspflichtige Zoonosen und Zoonoseerreger genannt: Brucellose und ihre Erreger Campylobacteriose und ihre Erreger Echinokokkose und ihre Erreger Listeriose und ihre Erreger Salmonellose und ihre Erreger Trichinellose und ihre Erreger Tuberkulose, verursacht durch Mycobacterium bovis Verotoxinbildende Escherichia coli Gemäß Artikel 8 Abs. 2 der RL untersucht die zuständige Behörde (nach dem österr. Epidemiegesetz ist dies grundsätzlich die Bezirksverwaltungsbehörde) lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche (das Auftreten einer mit demselben Lebensmittel in Zusammenhang stehenden Krankheit und/oder Infektion in mindestens zwei Fällen beim Menschen oder eine Situation, in der sich die festgestellten Fälle stärker häufen als erwartet). Im Zuge der Untersuchungen werden Daten über die epidemiologischen Merkmale, die potenziell implizierten Lebensmittel und die potenziellen Ursachen des Ausbruchs erfasst. Die Untersuchungen umfassen so weit möglich auch angemessene epidemiologische und mikrobiologische Untersuchungen. Über diese Vorkommnisse ist der Kommission von Österreich jährlich ein Kurzbericht als Teil des Zoonoseberichtes nach Anhang IV Teil E zu übermitteln. Die österreichische Agentur für Gesundheit- und Ernährungssicherheit (AGES) ist im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen einerseits als nationales Referenzlabor nach Artikel 10 der RL tätig (hinsichtlich Listeriose und E. coli ist dies vorläufig das Institut für Hygiene und Sozialmedizin der Medizinischen Universität Innsbruck, hinsichtlich Echinokokken die Abteilung für Hygiene und medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Universität Wien). Andererseits ist die AGES mit der Zusammenstellung des jährlich an die Kommission zu übermittelnden Zoonoseberichtes betraut. Referenzlabors (Details siehe http://www.bmgf.gv.at) Die Zusammenstellung des Zoonosenberichtes und die Funktion der Kontaktstelle der AGES für die Referenzlabors obliegt dem Kompetenzzentrum für Infektionsepidemiologie der AGES, Währingerstraße 25a, 1090 Wien (Tel: 01/405 15 57-41, Fax: 01/402 39 00, e-mail:[email protected]). 96 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Brucellose Campylobacteriose Echinokokkose Listeriose Salmonellose Trichinellose Tuberkulose durch M. bovis Verotoxinbildende Escherichia coli rankheit Österr. Agentur für Gesundheit und Ernährungs-sicherheit (AGES), Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling Inst. f. Hygiene der Medizinischen Universität Graz Klin. Inst. f. Hygiene und medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Universität Wien Institut für Hygiene und Sozialmedizin der Medizinischen Universität Innsbruck Österr. Agentur für Gesundheit und Ernährungs-sicherheit (AGES), Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene Graz Klin. Inst. f. Hygiene und medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Universität Wien Österr. Agentur für Gesundheit und Ernährungs-sicherheit (AGES), Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene Wien Institut für Hygiene und Sozialmedizin der Medizinischen Universität Innsbruck Zu den Aufgaben der Gesundheitsbehörden auf Landesebene: Bei den angeführten Krankheiten handelt es sich um meldepflichtige Krankheiten nach dem Epidemiegesetz 1950 (die bisher nicht meldepflichtigen Erkrankungen Echinokokkose, Tuberkulose, verursacht durch Mycobacterium bovis und Listeriose werden der Meldepflicht durch eine Verordnung nach § 1 Abs. 2 Epidemiegesetz 1950 unterworfen). Auf den Erlass vom 13. Februar 2002, GZ 21.700/5-VIII/D/5/02 betreffend Meldepflicht für infektiöse Erkrankungen für Labors sei nochmals hingewiesen. Gemäß § 5 Epidemiegesetz 1950 hat die Bezirksverwaltungsbehörde über jeden Verdacht des Auftretens einer anzeigepflichtigen Krankheit durch die ihnen zur Verfügung stehenden Ärzte unverzüglich die zur Feststellung der Krankheit erforderlichen Erhebungen und Untersuchungen einzuleiten. Gemäß § 6 Epidemiegesetz 1950 sind über jeden Fall einer anzeigepflichtigen Krankheit sowie über jeden Verdachtsfall neben den nach § 5 erforderlichen Erhebungen ohne Verzug die zur Verhütung der Weiterverbreitung notwendigen Vorkehrungen für die Dauer der Ansteckungsgefahr zu treffen. Die zur Feststellung der Krankheit erforderlichen Erhebungen und die zur Verhütung der Weiterverbreitung notwendigen Vorkehrungen erfordern es, auch Nachforschungen hinsichtlich der Krankheitsquelle durchzuführen, da diese ja gegebenenfalls als weitere Infektionsquelle bestehen könnte. Wird der Bezirksverwaltungsbehörde durch eine Anzeige nach § 3 Epidemiegesetz (dies kann auch durch ein nationales Referenzlabor erfolgen) der Verdacht von Erkrankungen an einem obgenannten Erreger bekannt, sind die erforder-lichen Erhebungen zur Feststellung der Krankheitsquelle durchzuführen. Wenn auf Grund der dem Referenzlabor zur Verfügung stehenden Daten Krankheitsfälle bekannt sind, die auf Grund der Laborparameter vermutlich von derselben Infektionsquelle herrühren, und die Betroffenen im Bereich mehrerer Bezirksverwaltungsbehörden anzutreffen sind, so wird das Referenzlabor die zuständige(n) Landessanitätsdirektion(en) informieren. Die Information hat schriftlich (auch per Fax oder e-mail) zu erfolgen. Dieser(n) kommt dann die Aufgabe zu, für die erforderliche Koordination der betroffenen Bezirksverwaltungsbehörden zu sorgen, um möglichst effektiv die Ursache des Ausbruchs abzuklären. Zu diesem Zweck wird aus der Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen die Einrichtung einer Kontaktstelle bei der Landesgesundheitsbehörde als sinnvoll und notwendig 97 en erachtet (auf das steirische Modell sei verwiesen). Wenn mehrere Bundesländer betroffen sind, erfolgt die bundesländer-übergreifende Koordination durch das Ressort (BMGF). Wenn ein Lebensmittel bzw. Kontakt mit Tieren als Infektionsquelle in Verdacht stehen, sind die Lebensmittelaufsichtsorgane und Veterinärbehörden zwecks Probenziehung einzubeziehen. Erhärtet sich der Verdacht, sind weitere Maßnahmen im Lebensmittel- und Veterinärbereich nach den einschlägigen Bestimmungen durch diese Organisationseinheiten zu treffen. Sofern nach der Art der Erkrankung eine Weiterverbreitung von Mensch zu Mensch möglich ist, sind die nach der Lage des Falles erforderlichen sanitäts-polizeilichen Maßnahmen zu treffen. Es besteht die Möglichkeit, im Sinne der Zuhilfenahme eines nichtamtlichen Sachverständigen auf die fachliche Expertise der AGES bei der Abklärung eines Krankheitsausbruches zurückzugreifen, sofern die AGES dazu bereit ist (sofern die AGES Hilfestellung zu leisten bereit ist, trägt die Kosten die AGES). Um Rückfragen von Betroffenen über die Legitimation der AGES in solchen Fällen hintanzuhalten, hat eine schriftliche Beauftragung (durch die BVB oder Gesundheitsbehörde auf Landesebene direkt an die AGES) zu erfolgen. In diesen Fällen ist es zulässig, der AGES zur Erfüllung ihrer sachverständigen Tätigkeit im Auftrag der Behörde personenbezogene Daten zu übermitteln, soweit dies zur Erfüllung dieser ihr übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Jährlich hat die Gesundheitsbehörde jedes Bundeslandes (Amt der Landesre-gierung) für den Zoonosebericht bis 12. März jedes Jahres an die AGES, Kompetenzzentrum für Infektionsepidemiologie, einen Bericht in Form der beiliegenden Tabelle über die lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüche des Vorjahres zu übermitteln. Es wird ersucht, diesen Erlass an die mit der Vollziehung des Epidemiegesetzes betrauten Behörden im jeweiligen Vollzugsbereich weiterzuleiten und seine Einhaltung zu überwachen. Für die Bundesministerin AIGNER 98 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk rankheit Meldepflichtige übertragbare Erkrankungen AIDS .......................................................................................................................................................101 Amöbenruhr1) ........................................................................................................................................ 109 Botulismus2) ...... ...................................................................................................................................111 Brucellose (Bang’sche Krankheit) .........................................................................................................113 Campylobacteriose2) .............................................................................................................................115 Cholera .........................................................................................................................................................119 Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) .........................................................................................................121 Diphtherie ............ ...................................................................................................................................125 Echinokokkose, alveoläre .....................................................................................................................129 Echinokokkose, zystische .....................................................................................................................131 2) EHEC-Infektion ....................................................................................................................................133 Fleckfieber, Typhus exanthematicus .......................................................................................................137 Gelbfieber ................................................................................................................................................139 Gonorrhoe (Tripper) ........................................................................................................................................................141 Haemophilus influenzae Typ b3) ..............................................................................................................143 Hepatitis A ............. .................................................................................................................................145 Hepatitis B ...............................................................................................................................................151 Hepatitis C ............ ..................................................................................................................................157 Hepatitis D ..............................................................................................................................................161 Hepatitis E ............. ................................................................................................................................163 Keuchhusten ..............................................................................................................................................165 Legionärskrankheit (Legionellose) ...........................................................................................................169 Lepra ............................................................................................................................................................173 Listeriose ..............................................................................................................................................175 Leptospirose (Morbus Weil, Schweinehüterkrankheit) .............................................................................178 Lymphogranuloma venereum (L. inguinale, Durand-Nicolas-Favre-Krankheit) .....................................180 Malaria ......................................................................................................................................................182 Masern ......................................................................................................................................................184 Meningokokken-Erkrankung3) ....................................................................................................................188 Pneumokokkeninfektion3) ....................................................................................................................196 Poliomyelitis (übertragbare Kinderlähmung) ..........................................................................................198 Rotz ...........................................................................................................................................................202 Rückfallfieber ..............................................................................................................................................204 Salmonellose (S. non typhi, non-paratyphi)2) ..........................................................................................206 Scharlach ...................................................................................................................................................208 Shigellose2) ................. .................................................................................................................................212 Staphylokokkenintoxikation2) ....................................................................................................................216 Syphilis (Lues) ............ .................................................................................................................................218 99 en Tollwut (Rabies, Lyssa) ........................................................................................................................................................222 Trachom (Körnerkrankheit, Ägyptische Augenentzündung) ..................................................................226 Trichinellose ............ ..................................................................................................................................228 Tuberkulose ............ .................................................................................................................................232 Tularämie ..............................................................................................................................................238 Typhus abdominalis und Paratyphus .......................................................................................................240 Weicher Schanker (Ulcus molle) .......................................................................................................244 Wochenbettfieber Yersiniose2) .......................................................................................................................................................246 ..............................................................................................................................................248 Zusätzlich für die Steiermark wichtige, nicht meldepflichtige Krankheiten Borreliose ...................................................................................................................................................243 FSME ............................................................................................................................................................247 Influenzavirus-Infektionen .....................................................................................................................249 Kopflausbefall (Pediculosis capitis) Informationsblatt: Kopfläuse MRSA-Infektion ........................................................................................................251 .....................................................................................................................254 ........................................................................................................................................256 Mumps (Parotitis epidemica) .....................................................................................................................262 Norovirus-Infektion ........................................................................................................................................................266 Rotavirus-Infektion ........................................................................................................................................................268 Röteln (Rubella) ........................................................................................................................................................272 Scabies (Krätze) ........................................................................................................................................................274 Toxokarose ...............................................................................................................................................278 Windpocken ...............................................................................................................................................282 Zerkarien-(Bade-)Dermatitis ....................................................................................................................286 ) zu übertragbare Ruhr ) zu bakterielle Lebensmittelvergiftung 3 ) zu bakterielle Meningitis 1 2 Bemerkungen: Pest, Pocken und virushämorrhagische Fieber siehe unter Teil A. Bakterielle Meningitiden: Der Begriff „übertragbare Genickstarre“ muss historisch gesehen werden und unter Berücksichtigung der jüngeren medizinischen Nomenklatur exakt definiert werden. Es fallen unter diesen Begriff alle bakteriellen Meningitiden, insbesondere solche, die durch Haemophilus influenzae b, Neisseria meningitidis, Streptokokken, E.coli und Pneumokokken bedingt sind. Im Folgenden soll nur auf Haemophilus influenzae b, Pneumokokken und Neisseria meningitidis eingegangen werden. Meningoenzephalitiden: Der Begriff „übertragbare Gehirnhautentzündung“ entstammt einer Zeit, als eine differenzierte Erregerdiagnostik noch nicht möglich war und daher lediglich eine symptomatische Beschreibung der meldepflichtigen Krankheit getätigt wurde. Nach heutiger medizinischer Kenntnis sind unter diesem Begriff alle virusbedingten Meningoenzephalitiden einzuordnen. Hierunter fallen insbesondere Meningoenzephalitiden, die bedingt sind durch Herpes, Masern, FSME. Der Erreger ist bei der Meldung jeweils gesondert anzuführen. 100 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Meldepflichtige übertragbare Erkrankungen rankheit AIDS Erreger: HIV-1 und HIV-2 gelten als Erreger des erworbenen Immunmangelsyndroms, dessen schwerste Form AIDS ist. Die beiden Virustypen HIV-1 und HIV-2 unterscheiden sich in molekularen und virologischen Eigenschaften, morphologisch sind sie nicht zu differenzieren. Epidemiologie: Vorkommen weltweit. Nach Schätzungen von UNAIDS und der WHO lebten Ende 1999 über 34 Millionen Menschen weltweit mit einer HIV-Infektion oder AIDS. Mehr als 95% aller HIV-Infizierten leben in Entwicklungsländern. In Österreich sind bis zum Juli 2002 2.159 Personen an dem Vollbild der HIV-Infektion AIDS erkrankt, 1.306 dieser Menschen sind an ihrer Erkrankung verstorben. Übertragungswege: Jeder Infizierte ist lebenslang potenziell ansteckungsfähig. Die Ansteckungsfähigkeit ist in den ersten Wochen nach der Infektion, bevor sich Antikörper gebildet haben, besonders hoch. Danach sinkt die Infektiosität in der Regel und nimmt bei fortgeschrittenem Immundefekt und dem Auftreten klinischer Symptome wieder zu. Lokale Faktoren, wie gleichzeitig vorliegende andere sexuell übertragbare Infektionen, können vor allem die sexuelle Übertragung durch Steigerung sowohl der Infektiosität als auch der Suszeptibilität erheblich erleichtern und stellen damit wichtige Kofaktoren für eine Übertragung von HIV dar. Blut, Samenflüssigkeit und Vaginalsekret weisen bei HIV-Infizierten in der Regel die höchsten Viruskonzentrationen auf. Eine Übertragung durch Muttermilch ist ebenfalls möglich. Bei einigen Patienten konnte HIV in geringen Konzentrationen auch in anderen Körperflüssigkeiten nachgewiesen werden. Bis auf wenige in der Literatur beschriebene Einzelfälle können die HIV-Infektionen einem der drei Hauptübertragungswege zugeschrieben werden: Ungeschützter Geschlechtsverkehr (Analverkehr, Vaginalverkehr, orogenitale Kontakte, 85% aller Infektionen), der/die rezipierende Partner/Partnerin hat grundsätzlich ein größeres Risiko als der insertierende Partner Einbringung von erregerhaltigem Blut oder Blutprodukten in die Blutbahn (Gebrauch von Spritzbestecken durch mehrere Personen – „Na- deltausch“ bei i.v.-Drogengebrauchern, Transfusion von kontaminierten Blutkonserven oder Gerinnungspräparaten). Die Übertragungswahrscheinlichkeit einer HIV-Infektion durch eine kontaminierte Blutkonserve liegt bei annähernd 100%. Seit Oktober 1985 werden alle Blutspender auf HIV-Antikörper getestet. Blutspenden, die HIV-Antikörper enthalten, werden verworfen. Darüber hinaus werden Personen, die ein Infektionsrisiko für sich nicht sicher ausschließen können, durch den Spenderselbstausschluss aufgefordert, von der Spende Abstand zu nehmen. Durch diese Maßnahmen konnte das statistische Risiko einer HIV-Übertragung durch eine zum Zeitpunkt der Spende unerkannt gebliebene HIV-Infektion des Spenders (diagnostisches Fenster) auf etwa einen Fall pro 1,000.000 Spenden reduziert werden. Die Übertragung von HIV durch Inokulation von Blut spielt jedoch auch heute noch eine bedeutsame Rolle bei Personen, die Drogen intravenös applizieren und dabei Injektionsbestecke gemeinsam benutzen. I.v.-Drogengebraucher sollten daher unkomplizierten Zugang zu sterilen Einmalspritzen und Kanülen erhalten und immer nur ihre eigene Spritze verwenden. Sie sollten auch auf die Notwendigkeit einer sicheren Entsorgung gebrauchter Spritzen hingewiesen werden, um eine Gefährdung Dritter möglichst auszuschließen Prä-, peri- oder postnatal (durch Stillen) von der infizierten Mutter auf ihr Kind. Das Risiko der HIV-Übertragung von einer infizierten Mutter auf ihr Kind betrug vor der Einführung von präventiven Maßnahmen in europäischen Studien zwischen 15% und 25%. Heute kann die Übertragungswahrscheinlichkeit durch eine antiretrovirale Behandlung während der Schwangerschaft in Verbindung mit einer Entbindung durch primäre Sektio vor Einsetzen der Wehen auf unter 2% gesenkt werden. HIV kann auch 101 en über die Muttermilch zur Infektion der Kinder führen. In Ländern, in denen die ausreichende Ernährung der Säuglinge durch künstliche Säuglingsnahrung gewährleistet ist, sollten HIV-infizierte Mütter ihre Kinder daher nicht stillen Körperkontakte im alltäglichen sozialen Miteinander, die gemeinsame Benutzung von Geschirr, Besteck u. Ä. sowie die gemeinsame Benutzung sanitärer Einrichtungen stellen kein Infektionsrisiko dar. HIV wird nicht über Tröpfcheninfektion und nicht durch Insektenstiche übertragen. Die Übertragungswahrscheinlichkeit von HIV hängt neben Art und Dauer der Exposition sowie der Viruskonzentration von einer Reihe weiterer Faktoren ab. Zu diesen Faktoren zählen u. a. die Virulenz des Erregers, der Transfer von HIV-haltigen Zellen und die Immunabwehr des Betroffenen. Das Risiko einer HIV-Übertragung durch eine einmalige Exposition kann bestenfalls als statistische Wahrscheinlichkeit angegeben werden, die letztendlich für die Beurteilung eines individuellen Einzelfalls nur von sehr bedingter Aussagekraft ist. Da es sich bei Blut und Genitalsekreten um unterschiedliche Viruskompartimente handelt, kann aus einer unter der Nachweisgrenze liegenden Viruslast im Blut nicht auf eine fehlende Ansteckungsfähigkeit bei ungeschützten sexuellen Kontakten geschlossen werden. Diagnostik der HIV-Infektion: Die Einleitung einer HIV-Diagnostik ist in der Regel nur zulässig nach vorheriger Aufklärung und Beratung des Patienten und mit dessen Zustimmung. Die Diagnostik der HIV-Infektion stützt sich im Wesentlichen auf den Nachweis spezifischer Antikörper. Spezifische Antikörper erscheinen in der Regel vier Wochen bis drei Monate nach der Infektion. Der Nachweis der Antikörper erfolgt in zwei Schritten: mit einem Antikörpersuchtest und bei positiver Reaktion in diesem Test mit einem nachfolgenden Bestätigungstest. In seltenen Fällen kann es im Suchtest zu unspezifischen Reaktionen kommen. Hiermit ist vor allem zu rechnen, wenn eine Autoimmunerkrankung vorliegt oder kurz vor der Blutabnahme eine polyklonale Immunstimulation, z. B. im Rahmen einer Malariainfektion oder anderer parasitärer, viraler oder bakterieller Infektionen, abgelaufen ist. Auch bei Schwangerschaft kann es zur Induktion kreuzreaktiver Antikörper kommen. Erst nach Vorliegen eines positiven Bestätigungstestes (ein positives Untersuchungsergebnis muss durch eine zweite Blutuntersuchung bestätigt werden) sollte der Patient über seine HIV-Infektion informiert werden. Es wurden bisher in der Literatur nur vereinzelt Fälle berichtet, bei denen Antikörper erst später als drei Monate nach Infektion nachweisbar waren. Sind auch sechs Monate nach möglicher Exposition noch keine spezifischen Antikörper nachweisbar, kann eine Infektion mit großer Sicherheit ausgeschlossen werden. Klinik der HIV-Infektion: Der wesentliche, die Klinik der HIV-Infektion bestimmende Faktor ist die Unfähigkeit des infizierten Organismus, HIV zu eliminieren und seine Ausbreitung im Organismus langfristig zu unterbinden. Hieraus folgt, dass die HIV-Infektion bzw. die durch sie verursachte Immunschwäche und die daraus resultierenden Krankheitsbilder kontinuierlich – wenn auch mit von Patient zu Patient unterschiedlicher Geschwindigkeit – fortschreiten. HIV-Primärerkrankung: Sechs Tage bis sechs Wochen nach der Infektion wird bei einem Teil der Infizierten ein akutes mononukleoseähnliches Krankheitsbild mit Fieber, akuter Lymphknotenschwellung, diskretem Exanthem des Stammes und schmerzhaften Schluckbeschwerden beobachtet. In seltenen Fällen bestehen Symptome einer flüchtigen Meningoenzephalitis. Das in der Regel auf ein bis zwei Wochen limitierte, akute Krankheits-bild ist häufig so schwach ausgeprägt, dass es nicht zum Arztbesuch veranlasst, oder es wird bei den differenzialdiagnostischen Überlegungen vergessen, an eine akute HIV-Infektion zu denken. Weiterer klinischer Verlauf: Der Nachweis HIVspezifischer Antikörper kann danach der einzige Hinweis auf eine bestehende Infektion mit HIV sein. Die asymptomatische Infektion kann Monate bis viele Jahre dauern. In diesem Stadium können indolente, mehrere Regionen betreffende Lymphknotenschwellungen und Milzvergrößerungen auftreten und über lange Zeit persistieren. Die allmähliche Ausbreitung des Virus im Organismus manifestiert sich nach sehr unterschiedlicher Zeit in einer zunehmenden klinischen Symptomatik. Die individuellen Verläufe und Krankheitsbilder sind von bemerkenswerter Vielfalt. Eine klinische Symptomatik kann gefolgt sein von Phasen völli- 102 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk ger oder weitgehender Beschwerdefreiheit. Andererseits können sich die Komplikationen, die durch einen schweren Immundefekt bedingt sind, auch aus scheinbar völliger Gesundheit akut entwickeln. Häufige Symptome sind unspezifische Störungen des Allgemeinbefindens, Veränderungen an Haut und Schleimhäuten und gastrointestinale Beschwerden. Gelegentlich findet sich eine diskrete neurologische Symptomatik. Der schwere Immundefekt (AIDS) manifestiert sich in der überwiegenden Mehrzahl der bis dahin unerkannten und nicht prophylaktisch behandelten Fälle (70%) in Form lebensbedrohlicher opportunistischer Infektionen. Die bedeutsamsten sind die Pneumonien durch Pneumocystis carinii, Oesophagitiden durch Candida albicans sowie durch Toxoplasmen verursachte zerebrale Abszesse. Bei den opportunistischen Krankheitserregern handelt es sich meist um ubiquitäre und/oder persistierende Keime. Reaktivierungen von Tuberkulosen sind nicht selten. Auch bei Streptokokkenpneumonien ist daran zu denken, dass sie erstes Zeichen eines HIV-bedingten Immundefektes sein können. In über 20% der Fälle führt eine maligne Neubildung zur AIDS-Diagnose. Die häufigsten sind KaposiSarkome, die nicht wie die klassische Form nur kutan auftreten, sondern häufig auch den Gastrointestinaltrakt, das lymphoretikuläre System und die Lungen befallen, sowie B-Zell-Lymphome. Bei HIV-infizierten Frauen ist an die Möglichkeit aggressiver Zervix-Karzinome zu denken. Die häufigsten Todesursachen sind nicht mehr beherrschbare Komplikationen von Infektionen. Therapie: Zur Therapie der HIV-Infektion stehen mittlerweile eine Reihe von Substanzen zur Verfügung. Aufgrund der raschen Erkenntnisfortschritte wird bezüglich der Frage nach der Indikation für einen Behandlungsbeginn und der Wahl der sinnvollsten Kombinationen auf die regelmäßig aktualisierten Konsensusempfehlungen zur antiretroviralen Therapie der HIV-Infektion verwiesen. Der jeweils aktuelle Stand der Empfehlungen findet sich u. a. auch auf den Internet-Webseiten des Robert-Koch-Instituts (http://www.rki.de). Konsens besteht darüber, dass für Personen mit HIV-bedingten Symptomen und Erkrankungen eine klare Behandlungsindikation besteht. Desweiteren besteht Einigkeit darüber, dass eine Behandlung möglichst beginnen sollte, bevor schwere rankheit Komplikationen z. B. in Form opportunistischer Infektionen auftreten. Umstritten ist vor allem die Frage, wann asymptomatische HIV-Infizierte eine Therapie beginnen sollen. Für einen frühen Behandlungsbeginn spricht, dass behandelbare Infektionskrankheiten im Allgemeinen so früh wie möglich therapiert werden sollten, um infektionsbedingte Schädigungen so gering wie möglich zu halten. Gegen einen frühen Behandlungsbeginn spricht, dass die tägliche Medikamenteneinnahme zu einer deutlichen körperlichen und psychischen Belastung werden kann, insbesondere wenn sie bei asymptomatischen Patienten zu einem stärkeren Krankheitsgefühl und einer Minderung der Lebensqualität, z.B. durch Nebenwirkungen, beiträgt. Medizinische und psychosoziale Betreuung von HIV-Infizierten: Bei Bestehen einer HIV-Infektion müssen regelmäßige Kontrolluntersuchungen erfolgen. Umfang und Häufigkeit sollten sich an der bestehenden Symptomatik und den vorangehenden Befunden orientieren. Diese Untersuchungen sollten die Bestimmung der Zahl der T-Helferzellen und der Viruslast umfassen. Die Untersuchungsergebnisse erlauben dem behandelnden Arzt die Beurteilung des individuellen Verlaufs und die Bestimmung des geeigneten Zeitpunktes für den Beginn therapeutischer oder prophylaktischer Interventionen. Eine weitgehende ambulante Betreuung ist möglich und hat sich bewährt. Wenn die ambulante Betreuung gewährleistet ist, kann die Dauer stationärer Aufenthalte auf ein Minimum beschränkt werden. Teil der ärztlichen Betreuung ist es, den HIV-Infizierten über Infektionswege und mögliche Schutzmaßnahmen zur Verhütung einer Übertragung von HIV zu informieren. Im Hinblick auf eine medikamentöse Therapie ist der Patient ausführlich über Möglichkeiten und Begleitaspekte (Compliance, Gefahr der Resistenzentwicklung, Wirksamkeit und Nebenwirkungen) aufzuklären und dauerhaft unterstützend zu begleiten. Patienten sind anzuhalten, insbesondere vor invasiven Eingriffen, wie z. B. beim Zahnarzt, die behandelnden Ärzte über die bei ihnen bestehende HIV-Infektion in Kenntnis zu setzen. Frauen im gebärfähigen Alter sind darüber aufzuklären, dass bei einer Schwangerschaft die Infektion prä- oder perinatal sowie beim Stillen auf das Kind übertragen und mit welchen Maßnahmen dieses Risiko minimiert wer- 103 en den kann. Frauen, bei denen eine antiretrovirale Therapie eingeleitet wird, müssen darüber aufgeklärt werden, dass das Risiko einer Schädigung des Fetus bei Eintreten einer Schwangerschaft unter der Therapie mit antiretroviralen Medikamenten derzeit nicht abgeschätzt werden kann. meinsamen Nutzung von Spritzen und die Notwendigkeit einer sicheren Entsorgung gebrauchter Spritzen hinzuweisen. Die Diagnose einer HIV-Infektion hat für das Sexualleben weitreichende Konsequenzen. Die richtige Anwendung von Kondomen kann Infektionsrisiken minimieren. Die Schwierigkeiten, ansteckungssicheres Sexualverhalten („safer sex“) regelmäßig und strikt zu praktizieren, dürfen nicht unterschätzt werden. Der Arzt muss diesen Problemen gegenüber aufgeschlossen sein. Eine fortlaufende Motivierung und Beratung ist erforderlich. Wenn das Einverständnis des Patienten vorliegt, sollten bestehende Probleme und mögliche Lösungen gemeinsam mit dem Partner oder der Partnerin des Patienten/der Patientin erörtert werden. Wenn ein Infektionsrisiko bestanden hat oder noch besteht, ist mit dem Patienten die Durchführung eines HIV-Antikörpertestes zu erwägen. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Schwangerschaft vorliegt oder Kinderwunsch besteht. In jedem Fall müssen Methoden der Infektionsverhinderung erörtert werden, wie z. B. die Benutzung steriler oder sorgfältig gereinigter Spritzbestecke sowie die korrekte Benutzung von Kondomen und geeigneten Gleitmitteln bei Sexualkontakten. Bei sehr kurz zurückliegenden oder fortbestehenden Infektionsrisiken (z. B. in serodiskordanten Partnerschaften) kann auch auf die Möglichkeit einer medikamentösen Postexpositionsprophylaxe (siehe unten) hingewiesen werden, die aber keinesfalls die empfohlenen Maßnahmen zur Expositionsprophylaxe (z. B. Kondombenutzung) ersetzen kann. Aus der Diagnose einer HIV-Infektion können sich weitere schwerwiegende psychosoziale Probleme ergeben. Für die häufig sehr schwierige Bewältigung dieser Probleme stehen an vielen Orten besondere Einrichtungen zur Verfügung, wie z. B. AIDS-Hilfe, Selbsthilfegruppen, psychosoziale Beratungsstellen u. Ä. Der behandelnde Arzt sollte eine enge Zusammenarbeit mit derartigen Einrichtungen anstreben. Die Verhinderung bzw. der Abbau von Diskriminierungen HIV-Infizierter oder durch HIV-Gefährdeter sind ein wesentlicher Teil der Präventionsbemühungen. Die Präventionsbotschaften sind umso glaubwürdiger, je weniger sie diskriminierende Elemente enthalten. Hier kann der Arzt durch sein eigenes Handeln und durch sein Einwirken auf seine Patienten wichtige Beiträge leisten. Prävention: Beim Fehlen einer kurativen Therapie und eines vor der Infektion schützenden Impfstoffs ist die Verhinderung der Infektion entscheidend. Zwei wirksame Wege sind zu unterscheiden: Der Nichtinfizierte wie der Infizierte müssen Infektionsrisiken vermeiden oder sich vor ihnen schützen. Beide müssen wissen, wie sie sich zu verhalten haben, um Infektionen zu verhindern und dieses Wissen problemgerecht umsetzen. Der Arzt hat hier wichtige Aufgaben zu erfüllen. Für viele ist der Hausarzt die nächstliegende Informationsund Beratungsstelle. Von ihm wird sachkundiger Rat erwartet. Die häufigsten Fragen betreffen die Ansteckungswege und ihre Risiken. Es ist immer wieder darauf hinzuweisen, dass HIV nur beim Geschlechtsverkehr, durch Inokulation von erregerhaltigem Material oder von der Mutter auf das Kind übertragen werden kann. Umgekehrt müssen die Risiken von Sexualkontakten mit neuen oder wechselnden Partnern klar angesprochen werden. Drogenabhängige sind auf die Gefahren der ge- Hygieneregeln: Bei der Behandlung von HIV-Infizierten und AIDS-Patienten ist die Beachtung anerkannter Regeln der Hygiene unerlässlich. Es sind die gleichen Vorsichtsmaßnahmen, die sich zur Verhinderung einer Hepatitis B-Virus-Infektion bewährt haben. Oberstes Ziel ist die Vermeidung einer Kontamination. Bei allen Manipulationen, bei denen ein Kontakt mit virushaltigen Körperflüssigkeiten möglich ist, müssen daher Schutzhandschuhe getragen werden. Wo virushaltige Aerosole entstehen können, sind Mundschutz und Schutzbrille zu benutzen. Alle scharfen oder spitzen Gegenstände, die mit Blut oder Körperflüssigkeiten verunreinigt sein könnten, müssen ohne Gefährdung Dritter in durchstichsicheren Behältern entsorgt werden. Von einer HIV-Exposition muss ausgegangen werden bei Verletzung mit HIV-kontaminierten Instrumenten bzw. Injektionsbestecken 104 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Benetzung offener Wunden und Schleimhäute mit HIV-kontaminierten Flüssigkeiten ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit einer HIV-infizierten Person Gebrauch von HIV-kontaminiertem Injektionsbesteck und Transfusion von HIV-kontaminiertem Blut oder Blutprodukten Übertragungen sind möglich vor allem durch Blut, Sperma und Vaginalsekret. Grundsätzlich gilt, je länger die Verweildauer infektiöser Flüssigkeiten auf Wunden, geschädigter Haut oder auf Schleimhäuten ist, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung. Bei perkutanen Verletzungen mit HIV-Exposition besteht ein Übertragungsrisiko von etwa 1:300, Schleimhautexposition und Exposition entzündlich veränderter Hautpartien haben ein Infektionsrisiko von weit unter 1:1000. Eine postexpositionelle Prophylaxe (PEP) nach akzidentellen Verletzungen mit kontaminierten Instrumenten oder nach Wund- oder Schleimhautkontamination mit HIV-haltigen (Körper)Flüssigkeiten kann das Infektionsrisiko senken. Die prophylaktische Behandlung sollte so schnell wie möglich nach dem Kontaminationsereignis begonnen werden und wird im Regelfall über einen Zeitraum von 28 Tagen durchgeführt. Da die zur PEP eingesetzten Medikamente für diese Indikation nicht zugelassen sind, bedarf die Durchführung rankheit einer HIV-PEP der ausdrücklichen Zustimmung und ausführlichen Aufklärung des Betroffenen. Ein Erfolg der Prophylaxe lässt sich nicht garantieren. Mögliche Nachteile einer HIV-PEP betreffen hauptsächlich die Verträglichkeit der Medikamente. Im Vordergrund stehen hierbei zunächst akute Nebenwirkungen während der ersten zwei Wochen der Einnahme (meist gastrointestinale Nebenwirkungen, Übelkeit), die jedoch in der Regel dann abklingen oder nach Beendigung der Therapie reversibel sind. Voraussetzung für die ärztliche Empfehlung einer HIV-PEP ist grundsätzlich ein mit relevantem Übertragungsrisiko erfolgter Kontakt zwischen einer HIV-negativen und einer HIV-infizierten Person (Indexperson). Bei unbekanntem HIV-Serostatus, bzw. wenn die klinische Diagnose einer HIV-Infektion nicht wahrscheinlich ist, sollten die Empfehlungen zurückhaltend gehandhabt werden. Zur Beurteilung des HIV-Expositionsrisikos und zur Abwägung des Nutzens und der Risiken einer HIVPEP sollte ein in der HIV-Therapie erfahrener Arzt hinzugezogen werden. Dies kann auch nach einer vorläufigen, notfallmäßigen Einleitung einer HIVPEP geschehen. 1. Berufliche Exposition Sofortmaßnahmen: Nach jeder HIV-Exposition sollten zunächst die folgenden Sofortmaßnahmen unverzüglich (in Sekunden) in der nachfolgenden Reihenfolge eingeleitet werden (ggf. kann anschließend an die Sofortmaßnahmen telefonisch weiterer Rat eingeholt werden, s. S. 108): Kontamination von geschädigter Haut, Augen oder Mundhöhle Stich- oder Schnittverletzungen Blutfluss fördern durch Druck auf das umliegende Gewebe (Ž 1 Minute) Intensive Spülung mit nächstmöglich Erreichbarem: hochprozentiger (für die Mundhöhle unvergällter) Alkohol, Wasser oder isotone Kochsalzlösung, ggf. PVP-Jodlösung1) Intensive antiseptische Spülung bzw. Anlegen eines antiseptischen Wirkstoffdepots Ggf. systemische, medikamentöse Postexpositionsprophylaxe Unfalldokumentation Erster HIV-Antikörpertest, Hepatitis-Serologie ) für Haut: Hautantiseptikum auf Basis von Alkohol; für Wunden: >80% Ethanol-basierte Präparate oder hochprozentig Alkohol-basiertes Präparat + PVP-Iod; fürs Auge: z. B. isotone wässrige PVP-Jodlösung 2,5%. 1 105 en Indikation zur HIV-PEP bei beruflicher HIV-Exposition PEP empfehlen bei Perkutane Verletzung mit Injektionsnadel oder anderer Hohlraumnadel (Körperflüssigkeit mit hoher Viruskonzentration: Blut, Liquor, Punktatmaterial, Organmaterial, Viruskulturmaterial) Tiefe Verletzung (meist Schnittverletzung), sichtbares Blut Nadel nach intravenöser Injektion Indexpatient hat AIDS oder eine hohe HI-Viruskonzentration PEP anbieten bei Oberflächliche Verletzung (z. B. mit chirurgischer Nadel) Kontakt zu Schleimhaut oder verletzter/geschädigter Haut mit Flüssigkeiten mit hoher Viruskonzentration PEP nicht empfehlen (aber auf Wunsch durchführen) bei Perkutaner Kontakt mit anderen Körperflüssigkeiten als Blut (wie Urin oder Speichel) Kontakt von intakter Haut mit Blut (auch bei hoher Viruskonzentration) Haut- oder Schleimhautkontakt mit Körperflüssigkeiten wie Urin und Speichel 2. Nicht-berufliche Exposition Sofortmaßnahmen: Nach einer möglichen HIV-Exposition auf sexuellem Wege (z. B. Kondom gerissen, kein Kondom verwendet) sollte, soweit möglich und so schnell wie möglich, potenziell infektiöse Körperflüssigkeit von der Schleimhaut abgespült werden. Nach einer Exposition bei eindringendem Geschlechtsverkehr sollte der Penis unter fließendem Wasser mit Seife gewaschen werden. Dazu die Vorhaut zurückziehen und Eichel sowie Innenseite der Vorhaut reinigen. Eine Scheiden- oder Darmspülung nach einer Exposition bei rezeptivem Geschlechtsverkehr wird wegen des möglichen Verletzungsrisikos dagegen nicht empfohlen. Nach der Aufnahme von Samenflüssigkeit in den Mund empfiehlt es sich, diese möglichst umgehend und vollständig auszuspeien. Danach sollte die Mundhöhle vier- bis fünfmal kurz (etwa 15 Sek.) mit Wasser oder – falls verfügbar – mit möglichst hochprozentigem Alkohol gespült werden. Nach Durchführung dieser Sofortmaßnahmen möglichst unverzüglich Konsultation einer HIV-Ambulanz. Nach Untersuchung und Beratung ggf. Beginn einer medikamentösen Postexpositionsprophylaxe. HIV-Antikörpertest, Hepatitisserologie, ggf. Untersuchung auf weitere STDs. Indikation zur HIV-PEP nach sexueller und anderer HIV-Exposition PEP empfehlen bei Transfusion von HIV-haltigen Blutkonserven oder Erhalt von mit hoher Wahrscheinlichkeit HIVhaltigen Blutprodukten Ungeschützter vaginaler oder analer Geschlechtsverkehr (z. B. infolge eines geplatzten Kondoms) mit einer HIV-infizierten Person Gebrauch HIV-kontaminierten Injektionsbestecks durch mehrere Drogengebrauchende gemeinsam oder nacheinander PEP anbieten bei Ungeschützter oraler Geschlechtsverkehr mit der Aufnahme von Sperma des HIV-infizierten Partners in den Mund PEP nicht empfehlen (aber auf Wunsch durchführen) bei Küssen und andere Sexualpraktiken ohne Sperma-/Blut-Schleimhautkontakte sowie S/M-Praktiken ohne Blut-zu-Blut-Kontakte Verletzung an herumliegendem, nicht ordnungsgemäß entsorgtem gebrauchtem Spritzenbesteck zur Injektion von Drogen, Medikamenten oder Insulin 106 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Falls der HIV-Status der potenziellen Infektionsquelle nicht bekannt ist und auch nicht kurzfristig geklärt werden kann, sollte eine medikamentöse PEP bei einem übertragungsrelevanten Kontakt nur dann erfolgen, wenn die Personengruppe, aus der die Indexperson stammt, eine HIV-Prävalenz in einer Größenordnung von mindestens 10 bis 20% aufweist. Eine Stichverletzung an einer herumliegenden Injektionsnadel (z. B. bei spielenden Kindern) ist in der Regel keine Indikation zu einer medikamentösen HIV-PEP. Ebenso ist eine routinemäßige HIV-PEP nach Vergewaltigung bei der gegebenen epidemiologischen Situation in Österreich nicht indiziert. Dies schließt nicht aus, dass besondere Umstände im Einzelfall für die Durchführung einer PEP sprechen können. Medikamentöse PEP: Falls die Entscheidung zu Gunsten einer medikamentösen Postexpositionsprophylaxe ausfällt, sollte so rasch wie möglich die erste Medikamentendosis eingenommen werden. In Zweifelsfällen kann auch zunächst notfallmäßig mit der Medikamenteneinnahme begonnen werden. Ein Abbruch der Prophylaxe, falls bei näherer Kenntnis des Unfallhergangs oder der Umstände eine solche unnötig erscheint, ist zu jedem Zeitpunkt möglich. Ansonsten beträgt die empfohlene Dauer der Prophylaxe 28 Tage. Sofern bei der potenziellen Infektionsquelle die Behandlungsanamnese oder bestehende Medikamentenresistenzen bekannt sind, sollte die zur PEP verwendete Medikamentenkombination entsprechend angepasst werden. In allen anderen Fällen kann die folgend aufgeführte Standard-Kombination verwendet werden. Standardprophylaxe Combivir® 2 x 1, entsprechend Retrovir® (Zidovudin, 300 mg) und Epivir® (Lamivudin, 150 mg) + Crixivan® 3 x 2 (eine Kapsel enthält 400 mg Indinavir). Falls der HIV-positive Patient schon längere Zeit mit diesen Medikamenten behandelt wurde, könnte es bereits zu Resistenzen gegen diese Medikamente gekommen sein. Falls eine fachliche Beratung durch die HIV-Spezialambulanz innerhalb von 2 Stunden nicht möglich ist, sollte in jedem Fall mit der Standardprophylaxe begonnen werden. Falls die Virusbelastung messbar ist und bekannt ist, dass der Patient Combivir und Crixivan ein- rankheit nimmt, sollte diese Prophylaxeform nicht gewählt werden. Alternativprophylaxe a) Zerit ® 2 x 1 (eine Kapsel enthält 40 mg Stavudin) + Videx® 400 mg 1 x 1 (eine Kapsel enthält 400 mg Didanosin) + Kaletra® 2 x 3 (eine Kapsel enthält 133,3 mg Lopinavir und 33,3 mg Ritonavir) b) Zerit® 2 x 1 + Videx® 2 x 1 + Viracept® 2 x 5 (eine Kapsel enthält 250 mg Nelfinavir) Die Medikamente für die Standardprophylaxe sind in den Apotheken sämtlicher steirischer Landeskrankenhäuser lagernd, die Alternativmedikamente in der Apotheke des LKH Graz und im LKH Graz West. Mit der HIV-Ambulanz sollte in jedem Fall Rücksprache gehalten werden. Die Medikamente haben teilweise beträchtliche Nebenwirkungen und bedürfen besonderer Einnahmevorschriften. Experten sollten zu Rate gezogen werden, wenn einer der folgenden Punkte zutrifft Der Zeitraum zwischen möglicher Exposition und Beginn einer Prophylaxe ist länger als 24 Stunden Es besteht ein hohes Expositionsrisiko aufgrund massiver Inokulation von virushaltigem Material Art und Infektionsgefährdung durch das verursachende Instrument der akzidentellen Verletzung ist weitgehend unklar Die exponierte Person ist (vermutlich) schwanger Die Index-Person wurde lange antiretroviral vorbehandelt und eine Resistenz der Viren ist nachgewiesen oder wahrscheinlich Erhebliche unerwünschte Wirkungen des initialen Prophylaxeregimes stellen eine Durchführung dieser Prophylaxe in Frage oder machen eine Umstellung erforderlich Für die Desinfektion sind Mittel und Verfahren mit nachgewiesener Wirksamkeit gegen HIV zu verwenden. Die Mittel des Expertisenverzeichnisses der ÖGHMP und der Liste des Robert-Koch-Instituts, die zur Inaktivierung von Viren geeignet bzw. als 107 en solche gekennzeichnet sind, werden für die Flächendesinfektion empfohlen, jedoch mit den jeweils für die HIV-Inaktivierung angegebenen Anwendungsbedingungen (Gutachten des Herstellers). Für die hygienische Händedesinfektion sind als Arzneimittel zugelassene Mittel geeignet, die 70 bis 85 Vol.% Alkohol enthalten. Instrumente sollten thermisch desinfiziert werden, sofern ihre Materialbeschaffenheit dies zulässt. Für die chemische Instrumentendesinfektion sollten Mittel aus der Desinfektionsmittelliste der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (mhp-Verlag, Wiesbaden), vorwiegend auf der Wirkstoffbasis von Formaldehyd bzw. Glutaraldehyd, verwendet werden, deren Wirksamkeit gegen HIV belegt ist. Aufgaben des Amtsarztes: im Bedarfsfall Aufklärung und Beratung. Meldepflicht: Erkrankungs- und Todesfall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt direkt an das BMSG (mit einem dort zu beziehenden Merkblatt). Falldefinition nach BMGF AIDS (Acquired Immunodeficiency Syndrome – Erworbenes Immundefektsyndrom) und HIVInfektion 1. AIDS Klinik: Umfasst alle HIV-infizierten Personen, die einen der 28 klinischen Befunde aufweisen, welche in der Falldefinition der Europäischen AIDS-Überwachung aufgeführt sind. Diagnosekriterien I. Erwachsene und Jugendliche: Falldefinition der Europäischen AIDS-Überwachung 1993 II. Kinder unter 13 Jahren: Europäische Falldefinition für die AIDS-Überwachung bei Kindern in der geänderten Fassung von 1995 Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Entfällt Bestätigt: Ein Fall, welcher der Europäischen AIDS-Falldefinition entspricht 2. HIV-Infektion Klinik: Die Diagnose beruht auf den Laborkriterien für die HIV-Infektion oder einer AIDS-Diagnose. Laborkriterien für die Diagnose I. Erwachsene, Jugendliche und Kinder ab 18 Monaten Positives Ergebnis eines HIV-Antikörper-Screeningtests, bestätigt durch einen anderen HIVAntikörpertest Nachweis von HIV-Nukleinsäure (RNS oder DNS) Nachweis von HIV mittels HIV-p24-Antigentests, einschließlich Neutralisationstest HIV-Isolierung (Viruskultur) II. Kinder unter 18 Monaten Positive Ergebnisse bei zwei getrennten Bestimmungen (außer Nabelschnurblut) anhand eines oder mehrerer der folgenden HIV-Nachweistests: Nachweis von HIV-Nukleinsäure (RNS oder DNS) HIV-p24-Antigentest, einschließlich Neutralisationstest, bei einem Kind im Alter ab einem Monat HIV-Isolierung (Viruskultur) Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Entfällt Bestätigt: Ein Fall mit Laborbestätigung oder ein Fall, welcher der Europäischen AIDS-Falldefinition entspricht Referenzzentrum Klinisches Institut für Virologie der Univ. Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartner: Prof. Dr. Elisabeth Puchhammer, Prof. Dr. Franz X. Heinz, Tel.: 01/40490-79500 Fax: 01/40490-9795 E-Mail: [email protected] HIV-Ambulanz HIV-Station im LKH Graz West, Med. 1 Tel.: 0 31 6/54 66-43 86 Außerhalb der Regeldienstzeiten: 0316/54 66-43 41 Steirische AIDS-Hilfe, Schmiedgasse 38, A-8010 Graz Tel.: 0 31 6/81 50 50 Fax.: 0 31 6/81 50 50-6 E-Mail: [email protected] Homepage: http://www.aids-hilfe.at 108 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Amöbenruhr rankheit 1) Erreger: Entamoeba histolytica Verbreitung: Weltweit, insbesondere in tropischen und subtropischen Gebieten mit schlechten hygienischen Verhältnissen. Infektionsweg: Ingestion der infektiösen, reifen Zysten. Fäko-orale Übertragung durch kontaminiertes Trinkwasser oder Lebensmittel (auch durch Fliegen möglich). Extraintestinale Manifestationen können bei hämatogener Dissemination entstehen. Dauer der Inkubation: Sehr unterschiedlich, wenige Tage bis mehrere Wochen oder Jahre (in der Regel 2 bis 4 Wochen). Symptomatik: Die intestinalen Beschwerden reichen von einer akuten, fulminanten, fieberhaften Erkrankung mit blutig-schleimigen Durchfällen bis hin zu einer milden Erkrankungsform oder asymptomatischen Infektion. Ein leichter Verlauf kann mit abdominellen Krämpfen und blutig tingierten oder schleimigen Diarrhöen abwechselnd mit beschwerdefreien Intervallen oder Verstopfung einhergehen. Bei länger bestehender Infektion kann das Beschwerdebild und der makroskopische Aspekt der Kolonschleimhaut einer ulzerösen Kolitis oder auch einer karzinomatösen Veränderung ähneln. Eine wichtige lokale Komplikation stellt die Darmperforation mit nachfolgender Peritonitis dar. Durch narbige Abheilung der Schleimhautulzera können Obstruktionen entstehen. Amöben können die Darmschleimhaut durchdringen und hämatogen in andere Organe streuen. Diese invasive Form wird bisweilen erst durch bakterielle Begleitinfektionen des Darmes getriggert. Die häufigste Form der extraintestinalen Amöbose ist der Leberabszess. Differenzialdiagnose: Shigellenruhr, Infektion mit Campylobacter, E. coli oder Salmonellen. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Kolonkarzinom. Bakteriell bedingte Abszesse, Echinokokkuszysten, hepatozelluläres Karzinom. Diagnostik: Nachweis von Vegetativformen in frischen Stuhlproben (sehr selten von Zysten). Therapie: Metronidazol ) zu übertragbare Ruhr Prophylaxe: Allgemeine Nahrungs- und Trinkwasserhygiene bei Reisen in Endemiegebiete. Aufgaben des Amtsarztes: Zahlenmäßige Erfassung (Surveillance), Reiseanamnese. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Falldefinition nach RKI Klinik: Klinisches Bild vereinbar mit Amöbose mit mindestens einem der folgenden Merkmale: Bauchkrämpfe Entzündung des Dickdarms oder Dünndarms Diarrhöe Abszessbildung in extraintestinalen Organen Labordiagnostischer Nachweis Intestinale Manifestationen: Mikroskopischer Direktnachweis im Stuhl oder Biopsiematerial Extraintestinale Manifestationen: erstmaliger Nachweis von E. histolytica-Antigen im Serum Fallklassifizierung Klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild der Amöbose bei fehlendem labordiagnostischem Nachweis und Nachweis eines epidemiologischen Zusammenhangs mit einer durch labordiagnostischen Nachweis bestätigten Infektion (Inkubationszeit variabel von 1 bis 2 Tagen bis zu Jahren, in der Regel 2 bis 4 Wochen). Epidemiologischer Zusammenhang: Gemeinsame Expositionsquelle wie z. B. kontaminierte Lebensmittel oder kontaminiertes Wasser; sexuelle Übertragung durch Oral-Anal-Verkehr Klinische und durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild der Amöbose und labordiagnostischer Nachweis Durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte asymptomatische Infektion: Labordiagnostischer Nachweis vorhanden, Angaben zum klinischen Bild nicht ermittelbar 1 109 en Referenzzentrum Abt. für med. Parasitologie Wien (Leiter: Univ.Prof. Dr. Herbert Auer) Klinisches Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie (Vorstand: Univ.Prof. Dr. Manfred Rotter), Med. Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Herbert Auer Tel.: 01/404 90-794 31 oder 01/404 90-794 43 Fax: 01/404 90-97 94 E-Mail: [email protected] 110 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Botulismus rankheit 2) Erreger: Clostridium botulinum Verbreitung: Ubiquitäres Vorkommen der Sporen im Erdreich und Meeresboden und im Intestinaltrakt von Tieren (einschließlich Fischen). Infektionsweg: Ingestion oder Inhalation von Botulinumtoxinen, die unter anaeroben Bedingungen bei Temperaturen zwischen 3 und 50 °C gebildet werden können. In erster Linie sind nicht adäquat zubereitete Konserven (meist hausgemacht, selten industriell gefertigt) betroffen. Wenn entsprechende Nahrungsmittel vor dem Verzehr nicht ausreichend gekocht werden, kann es zu lebensbedrohlichen Intoxikationen kommen. Selten wurden Erkrankungen durch Toxinresorption aus mit C. botulinum infizierten Wunden beschrieben (Wundbotulismus). Der „infantile“ Botulismus wird verursacht durch eine Besiedelung des MagenDarm-Traktes von Säuglingen oder Erwachsenen mit veränderter Anatomie oder veränderter bakterieller Besiedlung mit der Vegetativform von C. botulinum. Die Toxinbildung erfolgt hierbei in vivo. Eine häufige Quelle der Clostridiumsporen bei der infantilen Form ist Honig. In Österreich wurde das Auftreten von Säuglingsbotulismus und Wundbotulismus bislang nicht dokumentiert. Obwohl betroffene Patienten häufig relevante Mengen an Clostridien und Toxinen mit dem Stuhl ausscheiden, sind bisher keine direkten Menschzu-Mensch-Übertragungen beschrieben worden. Dauer der Inkubation: 12 bis 36 Stunden, teilweise jedoch auch mehrere Tage, abhängig von der aufgenommenen Toxinmenge. Je früher die Symptomatik beginnt, desto ausgeprägter sind die Intoxikation und die Letalität. Die Inkubationsdauer bei infantilem Botulismus ist schwer bestimmbar, da der Zeitpunkt der Aufnahme der Clostridiumsporen meist unbekannt ist. Dauer der Ausscheidung: Bei Fällen von Säuglingsbotulismus wurde eine Ausscheidung über Wochen bis Monate dokumentiert. Patienten mit klassischem Botulismus scheiden den Erreger, wenn überhaupt, nur für kurze Zeit aus. Symptomatik: Zu Beginn der Erkrankung: häufig Übelkeit, Durchfälle oder Obstipation. Weite) zu bakterielle Lebensmittelvergiftung rer klinischer Verlauf: verschwommenes Sehen, Doppelbilder, Lichtscheue, Schluckstörungen, trockener Mund. In aller Regel manifestiert sich anschließend eine symmetrische, absteigende, schlaffe Parese. Die Patienten sind bei vollem Bewusstsein und meist fieberfrei. Eine eventuelle Gabe von Antitoxin und die unterstützende symptomatische, intensivmedizinische Therapie sollten möglichst frühzeitig begonnen werden. Mit dieser Behandlung ließ sich die Letalität des klassischen Botulismus auf ca. 10% senken. Die Rekonvaleszenz kann mehrere Monate bis Jahre andauern. Die häufigste Erkrankungsform ist der „infantile“ Botulismus. Typischerweise beginnt die Erkrankung mit Obstipation, Verweigerung der Nahrungsaufnahme, Ruhelosigkeit. Mit fortschreitender Intoxikation treten Schluckstörungen, Ptosis der Augenlider und eine zunehmende muskuläre Hypotonie auf, beginnend mit dem Verlust der Kopfkontrolle. Einige Säuglinge werden respiratorisch insuffizient. Differenzialdiagnose: Poliomyelitis, Tetanus, Tollwut, Enzephalitiden und Intoxikationen anderer Genese. Therapie: Eventuell Antitoxin, symptomatische Therapie (z B. künstliche Beatmung; Harnblasenkatheterismus). Ggf. chirurgische Wundversorgung. Bei infantilem Botulismus keine Antitoxingabe, ausschließlich symptomatische Therapie. Antibiose nur bei Sekundärinfektionen. Immunität: Es entwickelt sich keine Immunität. Diagnostik: Nachweis des Toxins in Serum-, Stuhloder Nahrungsmittelproben. Die Erregeranzucht aus dem Stuhl bzw. Wundabstrich ist meist schwierig. Bei Säuglingsbotulismus gelingt der Toxinnachweis selten. Aufgrund des aktuellen Wissensstandes, dass sowohl Serumproben als auch Stuhlkulturen 2-3 Tage nach einer Botulinumtoxin-Aufnahme nur mehr zu ca. 30% positiv sind, sollte menschliches Probenmaterial so rasch als möglich an ein geeignetes Labor (z.B. das Referenzlabor für Botulismus in Innsbruck) gesandt werden. 2 111 en Kontrolluntersuchungen: Untersuchungen von Stuhlproben im Sinne einer Umgebungsuntersuchung sind nicht indiziert. Im Rahmen der Abklärung von möglichen Infektionsquellen sollte jedoch auch nach anderen Botulismusfällen gesucht werden. Von Erkrankten sollten detaillierte Nahrungs-Anamnesen erhoben werden und verdächtige Lebensmittel möglichst schnell für gezielte Untersuchungen sichergestellt werden. Quarantäne- und Desinfektionsmaßnahmen: Beim klassischen Botulismus sind Quarantäne- und Desinfektionsmaßnahmen nur beschränkt notwendig. Implizierte Lebensmittel und kontaminierte Gegenstände müssen vor Vernichtung detoxifiziert werden (Aufkochen für mind. 10 Minuten oder Behandlung mit H0Cl (3%) oder Peressigsäure (1%) ebenfalls für 10 Minuten). Der Stuhl der Patienten bedarf keiner besonderen Behandlung. Generelle Prävention: Kommerzielle Hersteller von Dosen werden gut kontrolliert, so liegt das Hauptaugenmerk der Prävention in der Aufklärung von nicht-kommerziellen Lebensmittelproduzenten. Beim Einkochen von Gemüse sollte eine Aufkochzeit von 10 Minuten beachtet werden, um etwaige Botulinumtoxine unwirksam zu machen. Generell sollten aufgebeulte Konserven nicht konsumiert werden. Keine Gabe von Honigprodukten an Säuglinge. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle (auch bei sporadischen Fällen) und ggf. Veranlassung von Lebensmitteluntersuchungen. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Falldefinition des BMGF Klinik: Klinisches Bild vereinbar mit Botulismus, z.B. Diplopie, getrübte Wahrnehmung, leichte Bulbärparalyse, evtl. rasch fortschreitende symmetrische Paralyse. Laborkriterien für die Diagnose Nachweis von Botulinumtoxin in Serum, Stuhl, Mageninhalt oder Lebensmitteln des Patienten Isolierung von Clostridium botulinum aus dem Stuhl Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und epidemiologischem Zusammenhang Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Referenzzentrum Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin der Medizinischen Universität Innsbruck; Sektion Hygiene, Bereich Bakteriologie Schöpfstraße 41, 6020 Innsbruck Leiter des Referenzzentrums: A.o. Univ.-Prof. DDr. Reinhard Würzner [email protected] & A.o.Univ.-Prof.Dr. Markus Nagl [email protected] Tel.: 0512 507 3401, Fax: 0512 507 2870 Homepage: http://www.uibk.ac.at/c/c5/reflabs In der Steiermark: Zusätzliche Meldung durch das Labor direkt an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. 112 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Brucellose (Bang’sche Krankheit) rankheit Erreger: Brucella spp. Verbreitung: Brucella abortus (Morbus Bang, Seuchenhaftes Verwerfen der Rinder): weltweit, insbesondere in gemäßigten und tropischen Gebieten, in denen Rinderzucht betrieben wird. Brucella melitensis (Maltafieber): Tritt vermehrt bei Schafen und Rindern im Mittelmeerraum, Afrika und Südamerika auf. Brucella suis: Hauptsächlich bei Schweinezüchtereien Nordamerika verbreitet, in Europa bei Hausund Wildschweinen sowie bei Hasen. Infektionsweg: Infizierte Nutztiere (Kühe, Ziegen, Schweine, Schafe) scheiden den Erreger mit der Milch, dem Stuhl und Urin aus. Eine sehr hohe Erregerdichte wurde in Plazentagewebe und Lochien nachgewiesen. Bei direktem, engem Kontakt (Aerosole, perkutan) mit verseuchten Tieren oder deren Ausscheidungen, Totgeburten oder Eihautresten und bei Verzehr von nichtpasteurisierten Milchprodukten, Weichkäse oder rohen Fleischprodukten kann es zu humanen Infektionen kommen. Diese sind meist durch berufsbedingte Exposition verursacht; in Österreich treten hauptsächlich im Ausland erworbene Lebensmittelinfektionen mit B. melitensis auf (Gastarbeiter aus - oder Urlauber in Mittelmeerländern). Dauer der Inkubation: Eine Woche bis mehrere Monate, in der Regel 5 bis 60 Tage. Symptomatik: In der Phase der lokalen, lymphogenen Ausbreitung der Brucellen kann es zum Auftreten unspezifischer Prodromalsymptome wie Müdigkeit, mäßiges Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen kommen. Nach einem kurzen beschwerdefreien Intervall kommt es zu einem raschen Temperaturanstieg bis 40 °C. Typisch ist ein undulierender Fieberverlauf (die Fieberschübe können 1–3 Wochen anhalten) mit profuser Schweißneigung. Es wurden jedoch auch intermittierende Verläufe oder febris continua beschrieben. Im Stadium der Organmanifestation können Hepatosplenomegalie, gelegentlich begleitet von einem Ikterus, und Lymphadenopathie auftreten. Nach einigen Tagen beginnt meist die Rekonvaleszenzphase. Es kann jedoch über Monate hinweg, insbe- sondere bei B. melitensis-Infektionen, nach einigen beschwerdefreien Tagen zum Wiederauftreten der Symptomatik kommen. Relativ häufig treten komplizierend Arthritiden und Spondylitiden (Befall der Brust- und Lendenwirbel), Manifestationen am Genitourethraltrakt (Orchitis, Epididymitis), neurologische Ausfälle (periphere Neuritiden, Meningoenzephalitiden) und Manifestationen am Herzen hinzu. Diese hinterlassen oft dauerhafte Schäden. Die Letalität der unbehandelten Erkrankung liegt bei ca. 2%. Humane Infektionen mit B. abortus verlaufen häufig mild oder inapparent. Diagnostik: Versuch der Erregeranzucht aus dem Blut, Knochenmark, Urin, Liquor oder Biopsaten (histologischer Nachweis von nicht verkäsenden granulomatösen Veränderungen). Serologischer Nachweis von spezifischen Antikörpern, evtl. Kontrolle der Therapie über Antikörperverlauf möglich. Differenzialdiagnose: Typhus abdominalis, Lymphome, Tuberkulose, Tularämie, Borreliose, viral bedingte Hepatitiden, Influenza. Therapie: Doxycyclin plus Rifampicin (6 Wochen) oder Cotrimoxazol plus Rifampicin. In ca. 5% der therapierten Fälle kommt es zu Rückfällen, diese sind meist nicht durch resistente, sondern persistierende sensitive Erreger verursacht, sodass die gleiche Medikation nochmals verabreicht werden kann. Bei Therapie in der akuten Phase (während der ersten 3 Monate) sind die Heilungsaussichten nahezu 100%, später zwischen 60 bis 80%. Immunität: Nach durchgemachter Erkrankung besteht eine lang anhaltende Immunität. Prophylaxe: Sanieren der Nutztierbestände; Vorsicht beim Umgang mit potenziell infektiösen Tieren; der Verzehr von nicht pasteurisierten Milchprodukten sollte vermieden werden (nicht nur wegen der Brucellen). Personen, die an einer Brucellose erkrankt sind oder waren, sind von einer Blutspende ausgeschlossen. 113 en Aufgaben des Amtsarztes: Kontaktaufnahme mit dem Referenzzentrum bei endemisch vorkommendem Morbus Bang. Kontaktaufnahme mit der Veterinärbehörde bei Verdacht auf nicht importierte Infektion. Für einen wahrscheinlichen Fall: ein einziger hoher Titer Meldepflicht: Erkrankung und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und epidemiologischem Zusammenhang oder Fall mit einem isolierten hohen Titer Falldefinition des BMGF Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Klinik: Klinisches Bild vereinbar mit Brucellose, z. B. akutes oder schleichend einsetzendes Fieber, nächtliche Schweißausbrüche, außergewöhnliche Müdigkeit, Anorexie, Gewichtsverlust, Kopf- und Gelenkschmerzen. Referenzzentrum Laborkriterien für die Diagnose Robert-Koch-Gasse 17, 2340 Mödling Nachweis einer spezifischen Antikörperreaktion Nachweis von Brucella sp. in einer klinischen Probe durch Immunfluoreszenz Isolierung von Brucella sp. aus einer klinischen Probe Ansprechpartner: Mag. Gabriele Romanek AGES - Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH Institut für Veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling Tel.: 02236 46640 345 Fax: 02236 24716 E-mail: [email protected] 114 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Campylobacteriose rankheit 2) Erreger: Insbesondere Campylobacter jejuni (etwa 95%) und C. coli Vorkommen: Campylobacter ist weltweit wahrscheinlich der häufigste Erreger der bakteriell bedingten Durchfallserkrankung. In Europa treten die Infektionen in der warmen Jahreszeit vermehrt auf. C.jejuni und C.coli spielen somit auch eine bedeutende Rolle als Ursache einer Reisediarrhoe. Wie bei vielen Enteritiden anderer Genese sind auch bei Campylobacter-Infektionen Kinder unter 6 Jahren besonders häufig betroffen. Als Besonderheit findet man aber eine weitere Häufung bei jungen Erwachsenen zwischen 18 und 35 Jahren. In Österreich steht die Campylobacteriose (nach der Salmonellose) an zweiter Stelle der gemeldeten lebensmittelassoziierten Erkrankungen mit steigender Tendenz. Reservoir: Das hauptsächliche Erregerreservoir sind warmblütige Wild-, Nutz- und Haustiere (Vögel und Säugetiere). Der Erreger kann als Kommensale des Geflügeldarmtrakts angesehen werden, kommt aber auch im Darmtrakt anderer warmblütiger Tiere vor, ohne dass diese klinische Symptome einer Erkrankung zeigen. Infektionsweg: Die Campylobacteriose des Menschen ist vorzugsweise eine nahrungsmittel-bedingte Infektion. Unzureichend erhitztes oder rekontaminiertes Geflügelfleisch und -produkte (nicht aber Eier) bilden die Hauptinfektionsquelle. Weitere Infektionsquellen sind unpasteurisierte Milch, kontaminiertes Trinkwasser und Haustiere (besonders durchfall-kranke junge Hunde und Katzen) sowie rohes Faschiertes. Eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch ist wegen der geringen Infektionsdosis von 500-1000 Keimen (insbesondere bei Kindern) möglich. Auch Infektionen beim Baden in kontaminierten Oberflächengewässern wurden beschrieben. Krankheitsübertragende Lebensmittel und Wasser werden primär von ausscheidenden Tieren kontaminiert. Die Erreger vermögen einige Zeit in der Umwelt oder in Lebensmitteln zu überleben, können sich aber nicht außerhalb des Wirtsorganismus vermehren. Inkubationszeit: In der Regel 2 bis 3 Tage, in Einzelfällen 1 bis 10 Tage. ) zu bakterielle Lebensmittelvergiftung 2 Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Die Patienten sind potenziell infektiös, solange Erreger im Stuhl ausgeschieden werden (2-4 Wochen). Bei Immundefizienz, zB bei AIDS-Patienten, ist mit einer längeren Dauer zu rechnen. Symptomatik: Viele Infektionen verlaufen asymptomatisch. Manifeste Erscheinungen einer Infektion mit C. jejuni oder C. coli bieten gewöhnlich das Bild einer akuten Enteritis, die nicht von Enteritiden anderer Genese zu unterscheiden ist. Häufig bestehen 12-24 Stunden vor Auftreten der enteritischen Symptome Prodromi mit Fieber (38-40°C), Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Myalgien, Arthralgien und Müdigkeit. Die häufigsten Symptome sind Diarrhoen, Bauchschmerzen bzw. -krämpfe, Fieber und Müdigkeit. Die Diarrhoen können zwischen breiigen bis massiv wässrigen, auch blutigen Stühlen variieren. Die Krankheit dauert in der Regel einen Tag bis zu einer Woche, mitunter auch länger. Die seltenen protrahierten oder chronischen Verläufe betreffen meist resistenzgeminderte und immundefiziente Personen. Als seltene Komplikationen können das GuillainBarré-Syndrom sowie reaktive Arthritiden auftreten. Die Infektionen sind gewöhnlich selbstlimitierend, aber bei 5-10% der unbehandelten Patienten können Rezidive entstehen. Diagnostik: Die Sicherung der Diagnose erfolgt durch Anzucht des Erregers aus einer möglichst frischen Stuhlprobe. Therapie: In der Regel ist die Krankheit selbstlimitierend. Eine symptomatische Therapie mit Volumen- und Elektrolytsubstitution ist in den meisten Fällen ausreichend. Eine antibiotische Therapie ist lediglich indiziert bei Patienten mit hohem Fieber und schwerem Krankheitsverlauf. Auch bei immunsupprimierten Patienten oder Sepsis und Persistenz der Symptome für länger als eine Woche ist eine antibiotische Therapie erforderlich. Mittel der Wahl sind Makrolide und Chinolone (Gyrasehemmer). Bei letzteren wird jedoch eine zunehmende Resistenzentwicklung beobachtet. 115 en Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen Während der Dauer ihrer Erkrankung sollten Patienten zu Hause bleiben und die angeführten Hygienemaßnahmen beachten. Nach Abklingen des Durchfalls können Gemeinschafts-einrichtungen wieder besucht werden. Bei Kleinkindern in Kindertagesstätten ist wegen der Möglichkeit einer direkten Übertragung von Mensch zu Mensch jedoch weiterhin Vorsicht geboten. Isolierungsmaßnahmen und Einschränkungen der Zulassung (zB Kindergarten, Schule) beschränken sich besonders auf Personen, denen die Problematik der Übertragung nicht vermittelt werden kann. Für Kontaktpersonen sind keine besonderen Maßnahmen erforderlich, solange keine enteritischen Symptome auftreten. Personen, die an einer Campylobacter-Infektion erkrankt sind oder bei denen der Verdacht auf eine Erkrankung besteht, dürfen nicht in Lebensmittelbetrieben tätig sein. Diese Personen dürfen beim Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen bestimmter Lebensmittel nicht tätig sein, wenn sie mit Lebensmitteln in Berührung kommen. Das gilt auch für Beschäftigte in Küchen von Gaststätten und sonstigen Einrichtungen mit oder zur Gemeinschaftsverpflegung. Hygienemaßnahmen In Gesundheitseinrichtungen ist während der gesamten Erkrankungsdauer eine laufende Desinfektion aller Gegenstände und Flächen durchzuführen, die in Kontakt mit infektiösen Ausscheidungen des Kranken gekommen sind oder sein können. Ein Einzelzimmer wäre – wie prinzipiell bei allen Durchfallerkrankungen – wünschenswert. Im kommunalen Bereich ist eine Flächendesinfektion generell nicht erforderlich. Die wichtigste Maßnahme zur Prophylaxe der Übertragung ist das Waschen der Hände mit warmen Wasser und Seife vor allem nach jedem Besuch der Toilette oder nach Kontakt mit vermutlich kontaminierten Gegenständen (Windeln). Bei stillenden Müttern wird vor dem Stillen allerdings eine Händedesinfektion mit einem alkoholischen Präparat empfohlen. Eine Desinfektion der Toiletten ist nicht notwendig, die Anwendung von haushaltsüblichen WCReinigern reicht aus. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Nach Abklingen des Durchfalls (geformter Stuhl). Ein schriftliches ärztliches Attest ist nicht erforderlich. Ausschluss von Ausscheidern: Es gibt keinen medizinischen Grund, asymptomatischen Kindern, die Campylobacter ausscheiden, den Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen zu untersagen. Diese Praxis, Kinder nach Abklingen des Durchfalls, ohne bakteriologische Kontrolluntersuchungen Gemeinschaftseinrichtungen wieder besuchen zu lassen, hat sich seit Jahren in vielen Ländern bewährt. Kontaminierte Nahrungsmittel, nicht aber asymptomatische Ausscheider, sind die relevanten Infektionsquellen. Ausschluss von Kontaktpersonen: Nicht erforderlich, solange keine enteritischen Symptome auftreten. Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Es ist keine wirksame Prophylaxe bekannt. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle insbesondere bei Ausbruchsgeschehen oder Hinweis auf Infektionen, die von einer Gemeinschaftseinrichtung ausgehen. Entscheidung über die Arbeitszulassung von Personen, die im Lebensmittelbereich tätig sind. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). In der Steiermark: Zusätzliche Meldung sporadischer Fälle durch das Labor an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Bei Verdacht auf Ausbruchsgeschehen erfolgt auch eine Meldung an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. 116 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Falldefinition des BMGF Klinik: Klinisches Bild vereinbar mit Campylobacteriose, z. B. Diarrhöe unterschiedlichen Schweregrades. Laborkriterien für die Diagnose Isolierung von Campylobacter sp. aus einer klinischen Probe Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und epidemiologischem Zusammenhang Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung rankheit Referenzzentrum Institut für Hygiene der Medizinischen-Universität Graz Universitätsplatz 4, 8010 Graz Ansprechpartner: Ass. Prof. Dr. Gebhard Feierl Tel.: 0 31 6/380-43 83 E-Mail: [email protected] Merkblatt http://www.hygiene-graz.at/bakteriologie/ downloads.ihtml 117 en 118 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Cholera rankheit Erreger: Vibrio cholerae - ein Gram-negatives, kommaförmiges Bakterium, das das sogenannte Choleratoxin bildet. Anhand von Oberflächenantigenen wird es in verschiedene Gruppen eingeteilt. Die Gruppen O1 und O139 können Cholera verursachen. Verbreitung: weltweit, insbesondere indischer Subkontinent, Zentral- und Südamerika. Der Biotyp El-Tor ist der Erreger, der heute am häufigsten Cholera verursacht. und Exitus in wenigen Stunden. Die Letalität der unbehandelten Erkrankung kann bis zu 60% betragen (bei Vibrio comma). Bei Vibio El-Tor liegt sie zwischne 10 und 30 %. Bei rechtzeitiger Substitutionstherapie ist die Prognose gut (Letalität 1%). Infektionsweg: Hauptsächlich durch Aufnahme von kontaminiertem Trinkwasser oder Nahrungsmittel (durch Faeces oder Erbrochenes von Erkrankten oder Carriern verunreinigt). Seltener ist die direkte Übertragung von Mensch zu Mensch. Der Mensch ist wahrscheinlich das einzige Reservoir. Die asymptomatische Ausscheidung des Erregers ohne jegliche Anzeichen einer Infektion ist sehr häufig (die Manifestationsrate liegt unter 2%). Auch nach durchgemachter Erkrankung können die Erreger noch monatelang ausgeschieden werden. Möglicherweise dienen auch Planktonbestandteile als Reservoir, die ihrerseits Fische und Schalentiere kontaminieren können. Wenn Temperatur, Elektrolyt -und Nährstoffegehalt entsprechen, können die Vibrionen im Wasser jahrelang überleben. Differenzialdiagnose: Durchfälle anderer Genese, u. a. hervorgerufen durch Infektion mit enterotoxinbildenden Escherichia coli, Campylobacter, Shigellen, Salmonellen oder Staphylokokken sowie durch Malaria, Amöben oder Intoxikationen. Dauer der Inkubation: einige Stunden bis 5 Tage, in der Regel 2 bis 3 Tage. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Solange Erreger im Stuhl nachweisbar sind. Symptomatik: Die Erkrankung beginnt ohne Prodromalsymptome mit zunehmend weichen, dann mehr und mehr wässrigen Stuhlentleerungen. Seltener leiden die Patienten auch unter Erbrechen. Bei schweren Erkrankungsformen kommt es zu profusen, wässrigen, schmerzlosen Durchfällen (Reiswasser-Stühle) mit Flüssigkeitsverlusten bis zu 20 l/Tag. Die Patienten leiden unter starken Wadenkrämpfen, es kommt zu zunehmender Exsiccose, Elektrolytentgleisung und Azidose. Ohne Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution trüben die Patienten zunehmend ein und es kommt aufgrund von Nierenversagen und Kreislaufkollaps zum Exitus letalis. Eine seltene Variante mit einem faudroyanten Verlauf ist die Cholera Sicca (fulminans): Ohne Erbrechen oder Durchfall mit Flüssigkeitsansammlung im Darm, mit Kreislaufkollaps Therapie: Ausgleich des Elektrolyt- und Flüssigkeitshaushaltes, wenn möglich per os (z. B. 2% Glukoselösung + Elektrolyte). Die Gabe von Antibiotika spielt eine untergeordnete Rolle. Die mindern bei schweren Verläufen Dauer und Intensität der Diarrhoe. In Frage kommen: Co-Trimoxazol, Tetracyclin oder Ciprofloxacin. Diagnostik: Methode der Wahl ist die Anzucht des Erregers aus Stuhl oder Erbrochenem. Eine Anzucht aus Lebensmitteln oder Trinkwasser ist möglich. Der direkte mikroskopische Nachweis im Stuhl (Dunkelfeldmikroskopie) ist wenig sensitiv und spezifisch. Der Nachweis spezifischer Antikörper (z. B. Widal-Agglutination) ist etwa ab dem 10. Tag nach Krankheitsbeginn möglich. Prophylaxe, Immunität: Die Cholera ist eine der vier international vorgeschriebenen Quarantänekrankheiten. Die natürliche Immunität nach einer druchgemachten Infektion ist unvollständig. Aktive Immunisierung: Als Reisefimpfung ist gegen Cholera nur noch in Ausnahmefällen auf Verlangen des Ziel- oder Transitlandes erforderlich. Eine WHO-Empfehlung besteht nicht. Durch diese spezifische Prophylaxe entsteht jedoch nur ein unvollständiger ( 50 bis 60 % Schutzrate), passagerer (3 bis 6 Monate) Schutz (auch keine Wirksamkeit bei 0:139 Stämmen). Eine passive Imminisierung ist nicht möglich. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Nach klinischer Genesung und drei negativen aufeinander folgenden Stuhlbefunden im Abstand von ein bis zwei Tagen. 119 en Die erste Stuhlprobe sollte frühestens 24 Stunden nach Ende einer Antibiotikatherapie erfolgen. Ein schriftliches ärztliches Attest ist erforderlich. In der Steiermark: Zusätzliche Meldung durch das Labor direkt an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Ausschluss von Ausscheidern: Die Übertragung von Choleravibrionen erfolgt unabhängig davon, ob Krankheitszeichen bestehen oder nicht, u. a. von Mensch zu Mensch (fäkal-oral) und durch kontaminierte Nahrungsmittel. Deshalb sollten Ausscheider erst nach drei negativen aufeinander folgenden Stuhlbefunden die Einrichtung wieder besuchen. Eine Wiederzulassung bedarf der Zustimmung des Gesundheitsamtes. Falldefinition des BMGF Ausschluss von Kontaktpersonen: Da asymptomatische Infektionen bzw. leichte Verläufe die Mehrzahl sind, müssen Personen für fünf Tage nach dem letzten Kontakt mit Erkrankten oder Ansteckungsverdächtigen vom Besuch einer Gemeinschaftseinrichtung ausgeschlossen werden. Am Ende der Inkubationszeit ist eine Stuhlprobe zu entnehmen und ein negativer Befund nachzuweisen. Ein schriftliches ärztliches Attest ist erforderlich. Hygienemaßnahmen zur Verhütung von Infektionen: Stationäre Aufnahme von Erkrankten mit Isolierung ist vorgeschrieben. Die Übertragung von Cholera-Vibrionen kann wirksam durch Vermeiden von fäkal-oralen Schmierinfektionen, vor allem durch Händehygiene, verhütet werden. Personen, die eventuell Kontakt mit Stuhl oder Erbrochenem eines an Cholera Erkrankten hatten, sollen sich für die Dauer der Inkubationszeit die Hände nach jedem Stuhlgang und vor der Zubereitung von Mahlzeiten gründlich waschen, die Hände mit Einmal-Papierhandtüchern abtrocknen und anschließend desinfizieren (alkoholisches Händedesinfektionsmittel). Klinik: Klinisches Bild vereinbar mit Cholera, z. B. wässrige Diarrhöe und/oder Erbrechen. Unterschiedlicher Schweregrad. Laborkriterien für die Diagnose Isolierung von Choleratoxin produzierendem Vibrio cholerae 01 oder 0139 aus Stuhl oder Erbrochenem Nachweis einer spezifischen antitoxinen und vibrioziden Antikörperreaktion Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und epidemiologischem Zusammenhang Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Referenzzentrum AGES – Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene Wien Währinger Straße 25 a, 1096 Wien Ansprechpartner:Dr. Steliana Huhulescu Tel.: 01/405 15 57 Fax: 01/402 39 00 E-Mail: [email protected] Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Es ist keine wirksame postexpositionelle Prophylaxe bekannt. Aufgaben des Amtsarztes: Ermittlung der Infektionsquelle (Reiseanamnese u. a). Bei endemischem Auftreten Rücksprache mit dem Referenzlabor. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). 120 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) Die 1920 erstmals beschriebene Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) zählt zu den Prionenerkrankungen und stellt eine seltene neurodegenerative Erkrankung dar, die sporadisch, erworben und familiär auftreten kann und zum Tode führt. Die sporadische Form ist am häufigsten, sie tritt weltweit mit der gleichen Häufigkeit von ca. 1 Fall pro Million Einwohner pro Jahr auf. In den letzten Jahren ist diese Erkrankung zunehmend in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt aufgrund des epidemischen Auftretens der bovinen spongiformen Enzephalopathie bei Rindern in Großbritannien und der Wahrscheinlichkeit einer alimentären Übertragung auf den Menschen in Form der Variante der CJK (vCJK). Auftreten: Zumeist tritt die CJK sporadisch, d. h. ohne nachweisbare Ursache auf; das mediane Erkrankungsalter liegt bei 64 Jahren, die mediane Krankheitsdauer bei 4 Monaten. Ca. 10 bis 15% aller CJK sind genetisch bedingt und werden autosomal dominant vererbt (darunter die seltene Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Krankheit und die Fatale familiäre Insomnie). Zu den erworbenen Formen zählt Kuru, eine neurodegenerative Erkrankung in einer bestimmten Sprachgruppe in Papua-Neuguinea nach rituell-kannibalischem Verzehr menschlichen Gehirns. Daneben besteht die Möglichkeit einer unbeabsichtigten Übertragung im Rahmen medizinischer Eingriffe sowie über Nahrungsaufnahme. Die mit BSE bei Rindern in Verbindung stehende vCJK beim Menschen ist bis jetzt in Großbritannien und Frankreich aufgetreten. Zurzeit (Februar 2005) sind 170 Fälle mit vCJK bekannt. In Österreich konnte noch kein Fall einer vCJK nachgewiesen werden. Infektiöses Agens: Der Begriff „Prion“ steht für „proteinaceous infectious particle“. Laut Hypothese fungiert als Krankheitserreger ein Protein, das durch Änderung der Molekülstruktur von körpereigenen Enzymen nicht abgebaut werden kann und anscheinend die Fähigkeit hat, sich ohne nachweisbare Nukleinsäure – was gegen eine Virushypothese spricht – zu replizieren bzw. die Umwandlung eines nicht pathogenen Proteins in eine krankheitsauslösende Form bewirkt. Das ent- rankheit standene pathogene Prion-Protein reichert sich im Gehirn an und führt zu Nervenzelluntergang. Diagnose: Zu Beginn der Erkrankung zeigen die Patienten Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen, im weiteren Verlauf Bewegungsstörungen, Persönlichkeitsveränderungen, Seh- und Gleichgewichtsstörungen und Demenz. Nach zumeist rasch fortschreitender Symptomatik führt die Krankheit unweigerlich zum Tod. Neben den klinischen Symptomen gelten als bewährte Untersuchungsmethoden EEG, Liquoruntersuchung und Magnetresonanztomografie (MRT). Bei sporadischer CJK (sCJK) zeigt das EEG häufig generalisiert oder lateralisiert typische periodische triphasische Potentiale über eine Dauer von mindestens 10 Sekunden. Ein sensitiver Parameter ist auch die Bestimmung des 14-3-3 Proteins im Liquor; der Nachweis dieses Proteins, das bei Nervenzelluntergang freigesetzt wird, ist allerdings nicht als spezifisch anzusehen, in der Zusammenschau mit der Klinik jedoch sehr hilfreich für die Beurteilung eines Verdachtsfalles. Diese Liquoruntersuchung wird im Klinischen Institut für Neurologie im AKH Wien angeboten. In der t2-gewichteten MRT kommen bei sCJK oft symmetrische Hyperintensitäten in den vorderen Stammganglien zur Darstellung, bei vCJK hingegen findet sich Hyperintensität im hinteren Thalamusabschnitt bds. Um eine möglichst genaue Erfassung der Verdachtsfälle einer CJK zu gewährleisten, bestehen definierte klinische Überwachungskriterien, wodurch noch nicht gesicherte Fälle in „wahrscheinliche“ und „mögliche“ CJK eingeteilt werden können. Übertragung: Eine Übertragung kann als „iatrogene CJK“ durch Gabe menschlicher Hypophysenhormone, durch Transplantation von Leichendura und -Kornea und durch neurochirurgische Operationsinstrumente erfolgen. Der Zeitraum zwischen Exposition und Auftreten erster klinischer Symptome liegt zwischen 1 und 30 Jahren. 1996 wurde erstmals eine Variante der CJK bei jungen Patienten in Großbritannien diagnostiziert, die sich sowohl im klinischen Verlauf als auch pathomorphologisch von anderen CJK-Erkrankungen unterscheidet. Als Auslöser wird der Konsum BSE-infizierten tieri- 121 en schen Gewebes angesehen. Im Gegensatz zu den anderen CJK-Formen findet sich bei der vCJK pathologisches Prion-Protein und Infektiosität auch im lymphatischen Gewebe, wie den Rachenmandeln. Es stellt sich somit die Frage einer zwischenmenschlichen Übertragung durch Blutzellen. Bei Personen mit häufiger bzw. regelmäßiger Bluttransfusion scheint die Erkrankung jedoch nicht gehäuft aufzutreten. Allerdings sind mittlerweise 2 vCJK-Infektionen als wahrscheinliche Folge einer Übertragung durch Bluttransfusion beschrieben. Um das Risiko einer Übertragung zu vermeiden, wurden Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Vorsichtsmaßnahmen: Hypophysenhormone werden heute in den Industrieländern rekombinant hergestellt, auch bei Duratransplantation bestehen strenge Sicherheitsbestimmungen und Einschränkungen, körpereigene Transplantate wie Fascia lata werden bevorzugt, auch werden strengere Voruntersuchungen am Spendergewebe durchgeführt sowie modifizierte Verarbeitungsmethoden angewendet. Um das theoretische Risiko einer Übertragung durch Blutprodukte auszuschließen, werden Spender erst nach sorgfältiger Auswahl zugelassen, z. B. werden Personen mit längerem Aufenthalt in Großbritannien oder mit positiver Familienanamnese bezüglich CJK von der Blutspende ausgeschlossen, weiters Empfänger menschlicher Hypophysenhormone oder von Duratransplantaten. In Österreich wird seit längerem eine Leukozytendepletion, bei der die weißen Blutzellen aus Blutkonserven entfernt werden, durchgeführt. In der normalen Krankenpflege und beim Umgang mit Erkrankten besteht kein Anhaltspunkt für ein erhöhtes Übertragungsrisiko, es genügen die herkömmlichen Hygienemaßnahmen. Bei neuropathologischen Untersuchungen und bei Obduktionen hingegen sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich. Beim Umgang mit potentiell infektiösem Gewebsmaterial (vor allem ZNS-Gewebe) von Patienten mit Verdacht auf CJK müssen penetrierende Verletzungen unbedingt vermieden werden. Bei Kontakt mit infektiösem Gewebe sollte intakte Haut mit 1mol/L NaOH dekontaminiert werden, gefolgt von ausgiebiger Spülung. Bei tiefen Hautverletzungen oder penetrierenden Wunden kann eine chirurgische Exzision diskutiert werden, anschließend könnte Prednisolon 60 mg täglich oral für 7 Tage, dann 45 mg für weitere 7 Tage unter entsprechendem Magenschutz gegeben werden (A. Aguzzi, Lancet 1997). Verletzungen sollen im Referenzzentrum gemeldet werden. Reste und kontaminierte Einmalartikel werden als infektiöser Abfall zur Verbrennung gebracht. Neurochirurgische Operationsinstrumente dürfen nach einem Eingriff bei einem Patienten mit CJK-Verdacht nicht wiederverwendet werden, es sei denn, dass eine andere Diagnose gestellt werden kann. Instrumente und kontaminierte Oberflächen nach Sektion sollten zunächst sorgfältig von groben Verunreinigungen gesäubert und dann chemisch /thermisch dekontaminiert werden, d. h. Einwirken von 2N NaOH (80 g per Liter) über eine Stunde oder 1 N NaOH über zwei Stunden und Instrumente nachfolgend bei 134 °C mindestens eine Stunde dampfsterilisieren. Alternativ kann für nicht autoklavierbare Instrumente oder Oberflächen 2,5–5% NaOCl (mind. 16.500 ppm freies Chlor, frisch hergestellt) mit mehr als 2 Stunden Einwirkzeit verwendet werden. Therapie: Derzeit kann eine wirksame Therapie noch nicht angeboten werden. Eine Reihe von Substanzen, die in In-vitro-Tests vielversprechend wirkten, indem sie die Produktion pathologischen Prion-Proteins zu verhindern schienen bzw. die Infektiosität herabsetzten, erwiesen sich in unterschiedlichen tierexperimentellen Studien als nicht eindeutig effizient oder wurden noch nicht getestet. Therapiestudien mit Flupirtine, einem Analgetikum, Quinacrin und Chlorpromazin sind zurzeit im Laufen: Die beisher bekannt gewordenen Ergebnisse sind allerdings enttäuschend. Meldung: Verdachtsfälle sollten von den Klinikern bzw. niedergelassenen Ärzten im Referenzzentrum gemeldet werden, wo die Fälle in „mögliche“ oder „wahrscheinliche“ CJK eingestuft werden und je nach Fall eine ausführliche Anamnese mit Angehörigen des Patienten durchgeführt sowie der weitere klinische Verlauf verfolgt wird. Bei Versterben ist im Verdachtsfall eine Obduktion des Gehirns zur Sicherung der Diagnose gemäß einer entsprechenden Verordnung obligat, eine histologische Untersuchung und ein immun-zytochemischer Nachweis der Ablagerung von pathologischem Prion-Protein kann im Klinischen Institut für Neurologie, Universität Wien, AKH, durchgeführt werden. Bei neuro-pathologischer Bestätigung der Diagnose 122 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk rankheit einer CJK muss im Sterbefall die Meldung gemäß Epidemiegesetz durch den behandelnden Arzt bzw. die Klinik an das zuständige Gesundheitsamt erfolgen. – Gleichgewichts-, Koordinationsstörungen – unwillkürliche Muskelzuckungen – Demenz Aufgaben des Amtsarztes: Zahlenmäßige Erfassung (Surveillance). Rücksprache mit dem Referenzzentrum. Bei häuslichem Todesfall Anordnung der sanitätsbehördlichen Obduktion. (c) und EEG ohne CJK-typische Veränderungen (d) und MRT mit verstärktem Signal im hinteren Thalamus beidseits oder (a) und immunzytochemischer Nachweis von PrP in der Tonsillenbiopsie Meldepflicht: Todesfälle subakuter spongiformer Encephalopathien durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Falldefinition nach BMGF/WHO Sporadische CJK (sCJK) Gesichert: neuropathologische Diagnosestellung Wahrscheinlich: fortschreitende Demenz (Abbau geistiger Fähigkeiten) und typisches EEG und/oder 14-3-3-Nachweis im Liquor (bei Krankheitsdauer unter 2 Jahren) sowie 2 der folgenden 4 Symptome: – unkontrollierte Muskelzuckungen – Seh- oder Gleichgewichts- bzw. Koordinationsstörungen – Bewegungsstörungen – Wachkoma Möglich: wie wahrscheinlich, aber ohne Laborunterstützung (nicht typisches oder kein EEG, 14-3-3-Nachweis negativ) und Krankheitsdauer < länger als 2 Jahre Variante der CJK (vCJK) Gesichert: neuropathologische Diagnosestellung Wahrscheinlich: (a) fortschreitende neuropsychiatrische Störung, Krankheitsdauer > 6 Monate alternative Diagnose, iatrogene Exposition und familiäre CJK ausgeschlossen (b) und 4 der folgenden Symptome: – frühe psychiatrische Symptome (z. B. Depression, Wahnvorstellungen) – schmerzhafte Missempfindungen Möglich: Wie wahrscheinlich, jedoch ohne typische MRT Obwohl diese Diagnosekriterien relativ hohe Sensitivität und Spezifität besitzen, muss betont werden, dass das (teilw.) Fehlen dieser Kriterien für mögliche oder wahrscheinliche CJK eine derartige Diagnose nicht ausschließt. Die definitive Diagnose kann jedoch nur neuropathologisch im Rahmen einer Hirnautopsie bzw. – in seltenen Fällen – Biopsie gestellt werden. Charakteristischerweise weist die Groß- und Kleinhirnrinde spongiforme, d. h. nur mikroskopisch sichtbare kleinvakuolig aufgelockerte Veränderungen und Nervenzelluntergang auf. Immunzytochemisch finden sich in unterschiedlicher Ausprägung Ablagerungen des pathologischen Prion-Proteins. Referenzzentrum Österreichisches Referenzzentrum zur Erfassung und Dokumentation menschlicher Prion-Erkrankungen Wien (ÖRPE) Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Herbert Budka Klinisches Institut für Neurologie der Med. Universität Wien, AKH E 04 J Währinger Gürtel 18–20 Postfach 48 A-1097 Wien Tel.: 01/404 00-55 01, 55 73 Fax: 01/404 00-55 11, 55 73 E-Mail: [email protected] [email protected] Siehe auch Richtlinie für den Schutz vor einer Übertragung der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit bei invasiven Eingriffen vom BMSG, Dez. 2001 http://www.bmsg.gv.at/bmsg/relaunch/gesundheit/ 123 en 124 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Diphtherie rankheit Erreger: Corynebacterium diphtheriae Vorkommen: Infektionen durch C. diphtheriae werden weltweit beobachtet. Die meisten Erkrankungen treten in gemäßigten Klimazonen mit einem saisonalen Morbiditätsgipfel im Herbst und Winter auf. Reservoir: Der Mensch ist das einzige Reservoir für C. diphtheriae. Infektionsweg: Eine Übertragung erfolgt aerogen durch Tröpfcheninfektion (Face-to-face-Kontakt), bei der Hautdiphtherie durch Schmierinfektion. Das Risiko einer Übertragung durch Erkrankte ist höher als das durch asymptomatische Träger (Ausscheider). Von 100 nicht immunen Exponierten kommt es bei etwa 10 bis 20 zu einer Infektion (Kontagionsindex 0,1–0,2). Eine indirekte Übertragung durch kontaminiertes Material ist prinzipiell möglich, aber selten. Inkubationszeit: Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 2 bis 5 Tage, selten bis zu 8 Tagen. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Eine Ansteckungsfähigkeit besteht, solange der Erreger in Sekreten und Wunden nachweisbar ist. In der Regel betrifft dies bei Unbehandelten einen Zeitraum von 2 Wochen, selten mehr als 4 Wochen; bei antibakterieller Behandlung nur 2 bis 4 Tage. Klinische Symptomatik: Bei Diphtherie-Erkrankungen in gemäßigten Klimazonen ist primär überwiegend der Respirationstrakt betroffen. Die Primärinfektion des Respirationstraktes betrifft hauptsächlich die Tonsillopharyngeal-Region, es kann aber (in absteigender Reihenfolge der Häufigkeit) auch eine laryngeale, nasale oder tracheobronchiale Primärinfektion vorliegen. Die Krankheit beginnt meist allmählich mit Halsschmerzen, Temperaturen bis zu 39 °C, Schluckbeschwerden. Später kommt es zu Heiserkeit, Stridor, Gaumensegellähmungen, Lymphknotenschwellungen. Es entsteht eine Tonsillitis/Pharyngitis mit grau-weißen Pseudomembranen, die oft die Tonsillen überschreiten und sich auf Gaumen und Uvula, gegebenenfalls auch bis zum Kehlkopf, ausbreiten. Bei dem Versuch, die Membranen zu entfernen, kommt es meist zu Blutungen. Als charakteristisch gilt ein süßlicher Geruch. Die Schwellung im Bereich des Halses kann unter Umständen so massiv sein, dass es zur Obstruktion der Atemwege (Krupp) und zum Ersticken kommen kann. Bei Kehlkopfdiphtherie dominieren zunächst Husten und Heiserkeit. Bei Patienten mit nasaler Diphtherie zeigt sich oft ein serosanguinöser einoder beidseitiger Ausfluss aus der Nase. Die Haut-/Wunddiphtherie kommt vor allem in den Tropen vor, in westlichen Ländern insbesondere in bestimmten Gruppen, z. B. bei Obdachlosen, Alkoholikern und Drogensüchtigen. Es findet sich normalerweise eine Infektion mit C. diphtheriae auf dem Boden einer präexistierenden Dermatose/ Verletzung. Das klinische Bild gleicht dem anderer sekundärer bakterieller Hautinfektionen. Systemische Manifestationen (z. B. Tachykardie, Kreislaufkollaps) sind hauptsächlich auf die Wirkung des Diphtherietoxins zurückzuführen. Die wichtigsten Komplikationen sind neben der Obstruktion des Respirationstraktes die Myokarditis und Polyneuropathie. Letztere können als Spätkomplikationen noch Wochen nach der akuten Erkrankung auftreten. Die Neuropathie betrifft üblicherweise zuerst die Hirnnerven und führt zu Doppelbildern, verwaschener Sprache und Schluckstörungen (Flüssigkeit rinnt beim Trinken aus der Nase). Zu den selteneren Komplikationen gehören Nierenversagen, Enzephalitis, Hirninfarkt, Lungenembolie und Endokarditis. Der Tod tritt als Folge einer Atemwegsobstruktion oder eines Herzversagens ein. Die Letalität der Diphtherie liegt heute bei 5 bis 10%, unter ungünstigen Verhältnissen steigt sie bis zu 25%. Diagnostik: Bei klinischem Verdacht auf eine Diphtherie ist sofort eine Labordiagnostik einzuleiten: Versuch des Erregernachweises aus Rachen- (unter der Pseudomembran!), und Nasen- oder Wundabstrichen. Die Abstriche sind vor Beginn der spezifischen Therapie zu entnehmen. Das Labor sollte im voraus informiert werden. In Referenzlabors wird zusätzlich zur Erregerkultur der Nach- 125 en weis des Diphterietoxins (z. B. ELEK-Test) bzw. des Diphtherietoxin-Gens (z. B. PCR) durchgeführt. Therapie: Das noch nicht zellgebundene Toxin sollte durch die sofortige Gabe von Antitoxin neutralisiert werden. Ein solches Präparat ist dzt. in Österreich nicht verfügbar. Als Alternative sollte ein üblichen Immunglobulin (100 ml/kg) intravenös verabreicht werden. Die Gabe des Antitoxins (20.000-100.000 E) muss bei klinischem Verdacht sogleich d.h. vor Einlangen des Ergebnisses der bakteriologischen Untersuchung erfolgen. Wenn ein spezifisches antitoxisches Serum nicht verfügbar ist (wie zur Zeit - 2004 - in Österreich), wird für die Behandlung die intravenöse Gabe eines unspezifischen Immunglobulins in einer Dosierung von 0,4 bis 1 g/kg als langsame, mehrstündige Infusion empfohlen. Diese Präparate enthalten das komplette Antikörperspektrum an Immunglobulin G, das in der Normalbevölkerung vorhanden ist. Im Zweifelsfall kann beim Hersteller der Antikörpergehalt der einzelnen Produkte bzw. Chargen erfragt werden. Durch eine gleichzeitig begonnene antibiotische Therapie werden die toxinproduzierenden Keime eliminiert. Als Mittel der Wahl werden Penicillin oder Erythromycin empfohlen; andere Antibiotika, z. B. Azithromycin, Clarithromycin, Tetrazykline, Rifampicin und Clindamycin, sind ebenfalls wirksam. Je nach dem Zustand des Patienten kann die antibiotische Behandlung oral, intramuskulär oder intravenös erfolgen. Die Dauer soll 14 Tage betragen. Eine frühzeitig (bereits beim klinischen Verdachtsfall!) einsetzende Behandlung beeinflusst den Krankheitsverlauf entscheidend. Komplikationen können eine intensivmedizinische Behandlung erfordern, z.B. Intubation und Behandlung von Herzinsuffizienz oder Herzrhythmusstörungen, Dialyse. Präventiv- und Bekämpfungsmaßnahmen Die Prophylaxe besteht in der aktiven Immunisierung mit einem Toxoid-Impfstoff. Die erzeugte antitoxische Immunität verhindert Erkrankungen weitgehend, nicht aber eine Infektion bzw. Kolonisation, so dass auch unter Geimpften Keimträger vorkommen können. Die Diphtherie-Impfung sollte bei allen Personen ohne ausreichenden Impfschutz (d. h. bei fehlender oder unvollständiger Grundimmunisierung oder wenn die letzte Auffrischimpfung länger als 10 Jahre, bei Personen über 60 Jahre länger als 5 Jahre zurückliegt) durchgeführt werden. Bei Angehörigen folgender Gruppen ist das ständige Aufrechterhalten eines ausreichenden Impfschutzes besonders indiziert: medizinisches Personal, das engen Kontakt zu Erkrankten haben kann Personal in Laboratorien mit Diphtherie-Risiko Personal in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr Aussiedler, Flüchtlinge und Asylbewerber aus Gebieten mit Diphtherie-Risiko, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, sowie das Personal dieser Einrichtungen Bedienstete des Grenzschutzes und der Zollverwaltung Reisende in Regionen mit Diphtherie-Risiko (eine Reise von bis dato Ungeimpften in ein Infektionsgebiet sollte frühestens nach der 2. Impfung angetreten werden) Die Impfung gegen Diphtherie sollte in der Regel als Kombinationsimpfung (mit Tetanus, Pertussis, Polio) durchgeführt werden. Bei bestehender Diphtherie-Impfindikation und ausreichendem Tetanus-Impfschutz sollte monovalent gegen die übrigen Erreger geimpft werden. Nichtgeimpfte Erwachsene oder Personen mit fehlendem Impfnachweis sollten 2 Impfungen im Abstand von 4–8 Wochen und eine 3. Impfung 6 bis 12 Monate nach der 2. Impfung erhalten. Eine unterbrochene Grundimmunisierung kann noch nach vielen Jahren entsprechend vervollständigt werden. Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen Erkrankte oder erkrankungsverdächtige Personen sollten stationär behandelt, in der Einrichtung isoliert und nur von Personal mit aktuellem Impfschutz betreut werden. Die Isolierung darf erst aufgehoben werden, wenn nach Beendigung der Therapie bei drei – frühestens 24 Stunden nach Absetzen der Antibiotika im Abstand von 2 Tagen entnommenen – Nasen- und Rachenabstrichen ein negatives Untersuchungsergebnis vorliegt. Eine weitere Kontrolle im Abstand von 2 Wochen soll das negative Ergebnis sichern. 126 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Personen, die an Diphtherie erkrankt oder dessen verdächtig sind, dürfen in Gemeinschaftseinrichtungen keine Lehr-, Erziehungs-, Pflege-, Aufsicht- oder sonstigen Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den dort Betreuten haben, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit durch sie nicht mehr zu befürchten ist. Entsprechend dürfen auch die in Gemeinschaftseinrichtungen Betreuten mit Diphtherie-Infektionen die dem Betrieb der Gemeinschaftseinrichtung dienenden Räume nicht betreten, Einrichtungen der Gemeinschaftseinrichtung nicht benutzen und an Veranstaltungen der Gemeinschaftseinrichtung nicht teilnehmen. Maßnahmen in der Umgebung erkrankter Personen Zur Verhütung der Übertragung des Erregers sind adäquate Desinfektionsmaßnahmen in der Umgebung eines Erkrankten (Wohnung, Gesundheitseinrichtung) erforderlich (s. S. 127). Personen, in deren Wohngemeinschaft nach ärztlichem Urteil eine Erkrankung oder ein Verdacht auf Diphtherie aufgetreten ist, dürfen in einer Gemeinschaftseinrichtung nicht tätig sein bzw. diese nicht besuchen, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit durch sie nicht mehr zu befürchten ist. Epidemiologisch wichtig sind so genannte „enge Kontaktpersonen“. Dies sind Personen, die während der Ansteckungsfähigkeit eines an bestätigter Diphtherie Erkrankten engen Kontakt zu diesem hatten (d. h. der Atemluft des Erkrankten ausgesetzt waren oder Körperkontakt hatten). Zum Personenkreis der engen Kontaktpersonen können gehören: im Haushalt des Patienten lebende Personen, Mitschüler, Kinder der gleichen Gruppe einer Kindereinrichtung, Erzieher und Betreuer, medizinische Pflegekräfte, Arbeitskollegen, Freunde. Bei allen engen Kontaktpersonen sollten Nasen- und Rachenabstriche durchgeführt werden sollte für einen Zeitraum von 7 Tagen eine Beobachtung der Gesundheit bezüglich des Auftretens klinischer Symptome erfolgen (Gesundheitskontrolle) sollte – unabhängig vom Impfstatus – eine präventive antibiotische Therapie, z. B. mit Erythromycin (oral) oder Penicillin G für 7 Tage rankheit durchgeführt werden; ebenso müssen symptomlose Keimträger (Carrier) toxinbildender Stämme, die in der Umgebung eines Patienten entdeckt wurden, antibiotisch behandelt werden. Ihnen kann am dritten Tag nach dem Beginn der antimikrobiellen Therapie der Besuch von Gemeinschaftsrinrichtungen wieder gestattet werden. Asymptomatische Kontaktpersonen, welche die letzte Diphtherie-Boosterdosis vor mehr als 10 bzw. 5 Jahren erhalten haben, welche nicht vollständig gegen Diphtherie immunisiert sind oder welche keinen Nachweis des Diphtherie-Impfstatus besitzen, sollten eine Booster-Dosis mit einem aktiven DiphtherieImpfstoff oder Diphtherie-Kombinationsimpfstoff erhalten. Die Wiederzulassung zu einer Gemeinschaftseinrichtung kann erfolgen bei behandelten Kontaktpersonen am 3. Tag nach Beginn der antimikrobiellen Behandlung bei Kontaktpersonen ohne antimikrobielle Therapie, wenn bei drei Nasen- und Rachenabstrichen (Abstand von 2 Tagen) ein negatives Untersuchungsergebnis vorliegt (bei behandelten Keimträgern sind ebenfalls drei negative Befunde erforderlich), im Ausnahmefall 7 Tage nach dem letzten Kontakt Hygienemaßnahmen zur Verhütung von Infektionen: Eine Desinfektion der häuslichen Umgebung und der Einrichtung, die eine erkrankte Person besucht hat, kann erforderlich sein und sollte nach Rücksprache mit einem Hygieniker erfolgen. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle und bei Bedarf Einleitung von Präventivmaßnahmen im Sinne der oben genannten Empfehlungen. Meldepflicht: Erkrankung und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). In der Steiermark: Zusätzliche Meldung durch das Labor direkt an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Besonders bei Auftreten in einer Gemeinschaftseinrichtung oder zur aktiven Suche eventueller weiterer enger Kontaktpersonen sollen vom behandelnden Arzt/Krankenhaus schon bei begründetem klinischem VERDACHT zwecks möglichst rascher Einleitung der Erhebungen das 127 en zuständige Gesundheitsamt und die Koordinationsstelle verständigt werden. Falldefinition des BMGF Klinik: Klinisches Bild vereinbar mit Diphtherie, z. B. Erkrankung der oberen Atemwege mit Halsschmerzen, leichtem Fieber und Pseudomembran der Tonsille(n), des Rachens und/oder der Nasenschleimhaut. Laborkriterien für die Diagnose Isolierung von toxinbildendem Corynebacterium diphtheriae aus einer klinischen Probe Histopathologische Diagnose der Diphtherie Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf ohne Laborbestätigung und ohne epidemiologischem Zusammenhang Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf entweder mit Laborbestätigung oder mit epidemiologischem Zusammenhang Referenzzentrum Institut für spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Med. Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartner: Dr. P. Rendi-Wagner oder Andrea Mikolasek Tel.: 01/40490 64865 oder 64861 E-Mail: [email protected] [email protected] Referenzzentrum für Diphtheriediagnostik Speziesbestimmung und Toxintestung (kein direktes Patientenmaterial) AGES – Institut für medizinische Mikrobiolgoie und Hygiene Linz Ansprechpartner: MR Dr. Reinhold Bauer oder Dr. Monika Kaindl Derfflingerstr. 2, 4020 Linz Tel.: 0 73 2/781 991 Fax: 0 73 2/781 991-30 Ansprechpartner: Prim. Dr. Univ.-Prof. Dr. Ingomar Mutz LKH Leoben, Vordernberger Straße 42, 8700 Leoben Tel. 0 38 42/401 23 30 Mobil: 0676/ 627 83 20 Fax: 0 38 42/432 60 E-Mail: [email protected] 128 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Echinokokkose, alveoläre rankheit Synonyme: Fuchsbandwurm-Krankheit, Alveokokkose, alveolar echinococcosis, alveolar hydatid disease Erreger: Larvenstadien (Finnen) des Echinococcus multilocularis („Fünfgliedriger Fuchsbandwurm“) Geographische Verbreitung: Das geographische Vorkommen des E. multilocularis ist auf die nördliche Hemisphäre beschränkt, mit Endemiegebieten in Mitteleuropa (Deutschland, Schweiz, Österreich), Frankreich, Belgien, Dänemark, Liechtenstein, Luxemburg, Niederlande, Polen, Slowakei, Tschechien, Türkei, Iran, Nord- und Zentraleurasien (Russische Föderation, Weißrussland, Ukraine, Moldavien, Georgien, Armenien, Aserbeidschan, Usbekistan, Kasachstan, Turkmenistan, Tadschikistan, Kirgisien; China, Japan) und Nord-Amerika (USA, Kanada). Lebenszyklus des Erregers: Die erwachsenen, 2 bis 3 mm großen Fuchsbandwürmer leben (oft zu mehreren tausend) im Dünndarm von Füchsen (gelegentlich von Hunden und Katzen). Alle ein bis zwei Wochen schnüren sie das letzte, etwa 500 Eier enthaltende Glied ab, das mit dem Kot in die Umwelt gelangt. Diese Bandwurmglieder müssen nun von einem geeigneten Zwischenwirt (Kleinnager) gefressen werden. Im Darm der natürlichen Zwischenwirte schlüpfen Larven aus den in den Bandwurmgliedern befindlichen Eiern, welche die Schleimhaut penetrieren und über den Blutweg in die Leber (selten in andere Organe) gelangen, wo sie zu wurzel- bis schlauchförmigen, die Leber infiltrierenden Finnen heranwachsen. Innerhalb dieses Finnengewebes werden (im natürlichen Zwischenwirt) von einer Keimschicht „Köpfchen“ (Protoscoleces) gebildet, aus denen sich wiederum erwachsene Bandwürmer entwickeln können, wenn sie von einem Fuchs gefressen werden; damit ist der Lebenskreislauf geschlossen. Übertragung: Der Mensch erwirbt die Infektion durch orale Aufnahme von Echinococcus-Eiern (oder Bandwurmgliedern) aus der Fuchslosung (oder Hunde- bzw. Katzenkot) durch Schmutzund Schmierinfektion über kontaminiertes Wasser, kontaminierte Vegetabilien, Erde oder auch durch Kontakt mit dem Fell infizierter Füchse. Krankheit: Die Inkubationszeit der alveolären Echinokokkose beträgt viele (5 bis 15) Jahre, die Le- talität ist hoch. Hauptlokalisationsorgan ist die Leber (99%), auch die Lunge und andere der Leber benachbarte Organe (z. B. Muskulatur, Zwerchfell) können per continuitatem von den Finnen des „Fuchsbandwurms“ befallen werden; auch Metastasierung von Keimschichtgewebe in andere Organe (z. B. in das ZNS) ist möglich. Die häufigsten Symptome sind Schmerzen im Epigastrium sowie Ikterus; gelegentlich sind es aber Müdigkeit, Gewichtsverlust, Hepatomegalie sowie pathologisch veränderte Leberwerte (Differenzialdiagnose: Primäres Leberkarzinom, Gallenblasen-, Gallengangskarzinom, hypertrophe Leberzirrhose), die zur Diagnose „alveoläre Echinokokkose“ führen. Diagnose: Meist ist es die klinische Symptomatik, die den Patienten veranlasst, den Arzt aufzusuchen. Mit einer sorgfältig erhobenen (Reise-)Anamnese, vor allem aber durch Einsatz bildgebender Verfahren (Ultraschall des Abdomen, Lungenröntgen, Computertomographie, MRI), können die inhomogen strukturierten, oft durch die Präsenz von scholligen Verkalkungen charakterisierten pathologischen Leberveränderungen gut lokalisiert und ihre Dimensionen festgestellt werden. Die klinische Verdachtsdiagnose kann aber erst durch den Nachweis spezifischer Antikörper mittels parasitologisch-serologischer Tests (ELISA; Westernblot) abgesichert werden. Die Sensitivität der serologischen Tests ist hoch; fast jede Infektion kann (im Referenzzentrum) serologisch detektiert werden. Therapie: Die Behandlung der alveolären Echinokokkose umfasst sowohl chirurgische Interventionen (immer in Kombination mit anthelminthischer Therapie) als auch ausschließlich chemotherapeutische Behandlung mit Benzimidazolderivaten, insbesondere dem Albendazol (oder Mebendazol). Da die E. multilocularis-Finnen in ihrem Wachstum einem bösartigen Tumor ähneln, sollte die Diagnose möglichst frühzeitig gestellt werden; nur so ist eine vollständige Heilung möglich. Meist besteht das therapeutische Vorgehen aus chirurgischer Intervention und begleitender, prä- und postoperativer anthelminthischer Therapie mit Al- 129 en bendazol. Die anthelminthische Behandlung muss in den meisten Fällen viele Monate, mitunter sogar Jahre verabreicht werden, allenfalls ist sie lebenslang durchzuführen. Nach Absetzen des Anthelminthikums muss eine engmaschige klinische, radiologische und parasitologisch-serologische Überwachung über viele Jahre erfolgen. Die Lebertransplantation wird heute nur noch als Ultima ratio angesehen, da sich die Rezidiv- und Metastasierungsrate bei Transplantationspatienten als sehr hoch erwiesen hat. Prophylaxe: Echinococcus-Eier weisen eine extrem hohe Resistenz gegen Kälte und gegen zahlreiche Chemikalien (Formalin, Äthanol, Glutaraldehyd und viele kommerziell erhältliche Desinfektionsmittel) auf und können deshalb viele Monate infektionstüchtig bleiben. Trockenheit und hohe Temperaturen töten Echinococcus-Eier hingegen in kurzer Zeit ab. Zur Vermeidung von Infektionen (bzw. zur Verringerung des Infektionsrisikos) sollten daher in Endemiegebieten folgende Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden: 1. Sorgfältiges und intensives Händewaschen nach dem Beeren-, Pilze- und Holzsammeln oder anderen Tätigkeiten in Wald und auf dem Feld (z. B. Heuernte) in Endemiegebieten. 2. Tieffrieren bei –18 bis –20 °C reicht nicht aus, um Echinococcus-Eier unschädlich zu machen; ein Abtöten ist nur bei –70 bis –80 °C (mindestens 24 Stunden) möglich. 3. Potentiell mit Echinococcus sp. infizierte Füchse, Hunde oder Katzen sollen mit großer Sorgfalt und nur mit Einmalhandschuhen angegriffen werden. 4. Personen, die Kontakt mit infizierten Endwirten oder deren Fäzes hatten, sollen sich einer parasitologisch-serologischen Untersuchung auf das Vorhandensein von Echinococcus-spezifischen Antikörpern in bestimmten Zeitintervallen (4 Wochen, 6, 12 und 24 Monate nach Exposition) unterziehen. 5. Personen mit erhöhtem Infektionsrisiko (z. B. Jäger, Landwirte, Tierärzte, Laborpersonal) sollen jährlich auf spezifische Antikörper gegen Echinococcus sp.-Antigene untersucht werden („serologische Prophylaxe“). Würmern variiert, in Vorarlberg sind durchschnittlich 35% der Füchse infiziert. E. multilocularis in natürlichen Zwischenwirten: Der Durchseuchungsgrad von Kleinnagern (v. a. Feldmäuse) mit E. multilocularis ist in Österreich nicht bekannt. Alveoläre Echinokokkose des Menschen: Während der letzten 15 Jahre wurden durchschnittlich 2 bis 3 Fälle alveolärer Echinokokkose pro Jahr in Österreich dokumentiert; die tatsächliche jährliche Inzidenz dürfte aber etwa 5 Fälle betragen. Die Hauptendemiegebiete liegen im Westen (Tirol, Vorarlberg, Salzburg), Fälle alveolärer Echinokokkose sind aber auch aus Niederösterreich, der Steiermark und aus Kärnten bekannt. Es ist allerdings zu vermuten, dass die alveoläre Echinokokkose in ganz Österreich heimisch ist. Aufgaben des Amtsarztes: Zahlenmäßige Erfassung (Surveillance). Meldepflicht: Es besteht seit dem Jahre 2004 Meldepflicht; Darüberhinaus besteht von Seiten des BMGF der Auftrag zur Erfassung und Dokumentation aller Fälle alveolärer Echinokokkose in Österreich durch das österreichische Referenzzentrum für Parasitosen (ÖRZP) Referenzzentrum Abt. für med. Parasitologie Wien (Leiter: Univ. Prof. Dr. Herbert Auer) Klinisches Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie (Vorstand: Univ.Prof. Dr. Manfred Rotter), Med. Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Herbert Auer Tel.: 01/404 90-794 31 oder 01/404 90-794 43 Echinococcus multilocularis und die alveoläre Echinokokkose in Österreich Fax: E. multilocularis im Endwirt: Der Durchseuchungsgrad von Füchsen mit adulten E. multilocularis- 01/404 90-97 94 E-Mail: [email protected] 130 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Echinokokkose, zystische rankheit Synonyme: Hundebandwurm-Krankheit, cystic echinococcosis, (cystic) hydatid disease Erreger: Larvenstadien (Finnen) des Echinococcus granulosus („Dreigliedriger Hundebandwurm“) Geographische Verbreitung: Weltweit, hoch endemische Gebiete finden sich im Mittelmeerraum, der Russischen Föderation und den angrenzenden unabhängigen Staaten sowie im nördlichen und östlichen China, Nord- und Ostafrika, Australien und Südamerika. In Nord- und Mitteleuropa ist die Prävalenz niedrig. Lebenszyklus des Erregers: Die erwachsenen, 3 bis 6 mm großen Hundebandwürmer leben (oft zu mehreren tausend) im Dünndarm von Hunden und anderen Kaniden (= Endwirte). Alle ein bis zwei Wochen schnüren sie das letzte, 1.000 bis 1.500 Eier enthaltende (ca. 1 mm lange) Glied ab, das mit dem Kot in die Umwelt gelangt. Diese Bandwurmglieder müssen nun von einem geeigneten Zwischenwirt (z. B. Schaf, Rind, Schwein) gefressen werden. Im Darm der natürlichen Zwischenwirte schlüpfen Larven aus den in den Bandwurmgliedern befindlichen Eiern, welche die Schleimhaut penetrieren und über den Blutweg in die Leber oder andere Organe (z. B. Lunge, Milz, Herz, Gehirn) gelangen, wo sie zu blasenförmigen Finnen heranwachsen. Innerhalb dieser „Wasserblasen (= Hydatiden)“ werden von einer Keimschicht tausende „Köpfchen“ (Protoscoleces) gebildet, aus denen sich wiederum erwachsene Bandwürmer entwickeln können, wenn sie von einem Hund gefressen werden; damit ist der Lebenskreislauf geschlossen. Die klinische Symptomatik ist von der Organlokalisation abhängig, beim Leberbefall sind es vor allem Schmerzen im (rechten) Epigastrium, eine Lungenechinokokkose ist vor allem durch Atemnot und Hämoptysen charakterisiert. Diagnose: Meist ist es die klinische Symptomatik, die den Patienten veranlasst, den Arzt aufzusuchen. Mit einer sorgfältig erhobenen (Reise-)Anamnese, vor allem aber durch Einsatz bildgebender Verfahren (Ultraschall des Abdomen, Lungenröntgen, Computertomographie, MRI) können zystische Veränderungen in den befallenen Organen gut lokalisiert und ihre Dimensionen festgestellt werden. Die klinische Verdachtsdiagnose kann aber erst durch den Nachweis spezifischer Antikörper mittels parasitologisch-serologischer Tests (Enzymimmuntest/ELISA; Westernblot/WB) abgesichert werden. Bei einer Leberechinokokkose kann mit einer serologischen Sensitivität von 85 bis 95% gerechnet werden, Echinococcus-Zysten in der Lunge sind in 60 bis 80% der Fälle serologisch „erkennbar“. Übertragung: Der Mensch erwirbt die Infektion durch orale Aufnahme von Echinococcus-Eiern (oder Bandwurmgliedern) aus dem Hundekot durch Schmutz- und Schmierinfektion über kontaminiertes Wasser, kontaminierte Vegetabilien oder durch Kontakt mit dem Fell infizierter Hunde. Therapie: Nach wie vor wird die vollständige Entfernung der Echinococcus-Zysten durch einen chirurgischen Eingriff angestrebt, da er eine vollständige Heilung des Patienten zur Folge haben kann. Allerdings sollte jede chirurgische Intervention von einer perioperativen, antihelminthischen Chemotherapie mit Benzimidazolderivaten (v. a. Albendazol) begleitet sein, um den Parasiten einerseits durch die präoperative Behandlung zu schwächen, andererseits bei einer intraoperativen Verletzung (iatrogen-bedingten) einer Aussaat von Keimschichtgewebe (und/oder Protoscoleces) vorzubeugen. Krankheit: Die Inkubationszeit der zystischen Echinokokkose beträgt Monate bis Jahre. Hauptlokalisationsorgan ist die Leber (60–70% der Fälle), in etwa 20% der Fälle ist die Lunge befallen; in 10 bis 20% können aber auch andere Organe (z. B. Milz, Herz, Muskulatur, Nieren, ZNS) betroffen sein, Multiorganbefall ist möglich. Seit Mitte der 80er Jahre steht auch die PAIRTechnik – d. i. die durch Ultraschall kontrollierte Punktion (P), Aspiration (A), Instillation von protoskoliziden Substanzen (z. B. 95% Alkohol, hypertone NaCl-Lösung) (I) und Reaspiration (R) des Zysteninhalts – zur Verfügung, die in jedem Fall mit einer periinterventionalen antihelminthischen 131 en Therapie (mindestens 4 Tage Präoperativtherapie und 1 Monat Postoperativtherapie mit Albendazol) kombiniert werden muss. Die PAIR-Technik wird vor allem bei inoperablen Manifestationen der Echinokokkose, bei Patienten, die eine Operation ablehnen, bei „jungen“, unilokulären, aber auch vesikulären, multiseptierten Zysten unterschiedlicher Größe angewendet; darüber hinaus stellt die PAIR-Methode eine Alternative bei Auftreten von Rezidiven und bei Chemotherapieversagern dar. Die Rezidivrate erwies sich bei PAIR-behandelten Patienten (mittlerweile sind es weltweit mehrere hundert Patienten) als extrem niedrig. In Österreich ist bislang noch niemand mittels PAIR-Technik behandelt worden. Die (ausschließliche) Behandlung von Patienten mit zystischer Echinokokkose mit Antihelminthika (v. a. Albendazol) ist bei Inoperabilität sowie bei Multizysten- und Multiorganbefall indiziert. Dabei ist meist eine Therapiedauer von mehreren Monaten bis Jahren und ein ambulantes „monitoring“ über mehrere Jahre nötig. Prophylaxe: Echinococcus-Eier weisen eine extrem hohe Resistenz gegen Kälte und gegen zahlreiche Chemikalien (Formalin, Äthanol, Glutaraldehyd und viele kommerziell erhältliche Desinfektionsmittel) auf und können deshalb viele Monate infektionstüchtig bleiben. Trockenheit und hohe Temperaturen töten Echinococcus-Eier hingegen in kurzer Zeit ab. Zur Vermeidung von Infektionen (bzw. zur Verringerung des Infektionsrisikos) sollten daher in Endemiegebieten folgende Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden: 1. In Gebieten hoher Prävalenz von E. granulosus sollte auf den Genuss von Salaten (und anderen rohen, nicht schälbaren Vegetabilien) verzichtet werden. 2. Tieffrieren bei –18 bis –20 °C reicht nicht aus, um Echinococcus-Eier unschädlich zu machen; ein Abtöten ist nur bei –70 bis –80 °C (mindestens 24 Stunden) möglich. 3. Potenziell mit Echinococcus sp. infizierte Hunde sollen mit großer Sorgfalt und nur mit Einmalhandschuhen angegriffen werden. 4. Regelmäßige Untersuchung und Entwurmung von Hunden, wenn diese in Endemiegebiete (z. B. Mittelmeerraum) mitgereist sind oder Hunde von dort mitgebracht wurden. 5. Personen, die Kontakt mit infizierten Endwirten oder deren Fäzes hatten, sollen sich einer parasitologisch-serologischen Untersuchung auf das Vorhandensein von Echinococcus-spezifischen Antikörpern in bestimmten Zeitintervallen (4 Wochen, 6, 12 und 24 Monate nach Exposition) unterziehen. 6. Personen mit erhöhtem Infektionsrisiko (z. B. Jäger, Landwirte, Tierärzte, Laborpersonal) sollen jährlich auf spezifische Antikörper gegen Echinococcus sp.-Antigene untersucht werden („serologische Prophylaxe“). Echinococcus granulosus und die zystische Echinokokkose in Österreich E. granulosus im Endwirt: Der Durchseuchungsgrad von Hunden mit adulten E. granulosus ist unbekannt, muss aber als sehr gering angesehen werden; vermutlich nur vereinzeltes, herdförmiges Auftreten (z. B. im Osten und Süden). E. granulosus in natürlichen Zwischenwirten: Vereinzelt Nachweise von E. granulosus-Finnen in Schweinen in Niederösterreich, im Burgenland und in der Steiermark. Zystische Echinokokkose des Menschen: Während der letzten 15 Jahre wurden durchschnittlich 35 Fälle zystischer Echinokokkose pro Jahr in Österreich dokumentiert; tatsächlich dürfte die jährliche Inzidenz aber zwischen 50 und 100 Fällen betragen. Zwei Drittel der Patienten stammen aus E. granulosus-Endemiegebieten (v. a. aus dem Mittelmeerraum), ein Drittel der Patienten sind österreichischen Ursprungs. Aufgaben des Amtsarztes: Zahlenmäßige Erfassung (Surveillance). Meldepflicht: Es besteht seit dem Jahre 2004 Meldepflicht; Darüberhinaus besteht von Seiten des BMGF der Auftrag zur Erfassung und Dokumentation aller Fälle alveolärer Echinokokkose in Österreich durch das österreichische Referenzzentrum für Parasitosen (ÖRZP) Referenzzentrum Abt. für med. Parasitologie Wien (Leiter: Univ.Prof. Dr. Herbert Auer) Klinisches Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie (Vorstand: Univ.Prof. Dr. Manfred Rotter), Med. Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Herbert Auer Tel.: 01/404 90-794 31 oder 794 43 Fax: 01/404 90-97 94 E-Mail: [email protected] 132 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk EHEC-Infektion rankheit 2) Erreger: enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) Vorkommen: Weltweit. Reservoir: Wiederkäuer, vor allem Rinder, Schafe und Ziegen, aber auch Wildwiederkäuer (v. a. Rehe und Hirsche) werden als Hauptreservoir für EHEC angesehen. Infektionsweg: Die Menge an Bakterien, die man aufnehmen muss, um zu erkranken, scheint extrem gering zu sein (anscheinend genügen manchmal 100 Bakterien!) Der Verzehr von bestimmten unbehandelten tierischen Lebensmitteln, wie ungenügend erhitztem Rindsfaschierten und unpasteurisierter Milch ist die häufigste Ursache für eine EHEC-Infektion. Aber auch andere infizierte Lebensmittel, wie Joghurt, Salami, Käse, rohes Gemüse oder unpasteurisierter Apfelsaft wurden bei Ausbrüchen als Ursache gefunden. Diese Bakterien konnten als Bestandteil der Darmflora von Rindern in ca. 8% nachgewiesen werden, unsachgemäße Schlachtung kann zur Weiterverbreitung der Keime führen. Weitere Infektionsursachen stellen direkter Kontakt mit Tieren (Streichelzoo), über die Umwelt (z.b. mit Kuhmist gedüngte Wiesen) oder aber die direkte Übertragung von Mensch zu Mensch dar. Inkubationszeit: Die Inkubationszeit beträgt meist 1 bis 3 Tage, kann aber auch bis zu 8 Tagen dauern. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Eine Ansteckungsfähigkeit besteht, solange EHEC-Bakterien im Stuhl nachgewiesen werden. In der Regel dauert die Keimausscheidung 5 bis 10 (bis 20) Tage, kann aber (besonders bei Kindern) auch über einen Monat betragen. Vereinzelt kommt es nach einer Erkrankung zur wochen- bzw. monatelangen Ausscheidung von EHEC bei klinisch unauffälligem Bild. Klinische Symptomatik: Viele EHEC-Infektionen verlaufen klinisch inapparent und bleiben daher oft unerkannt. Etwa ein Drittel der manifesten Erkrankungen tritt als leichter Durchfall in Erscheinung. Die Erkrankung beginnt in der Regel mit wässrigen Durchfällen, die im Verlauf der Erkrankung zunehmend wässrig-blutig erscheinen und ein der Ruhr ähnliches Bild aufweisen können. ) zu bakterielle Lebensmittelvergiftung Begleitsymptome sind Übelkeit, Erbrechen und zunehmende Abdominalschmerzen, selten Fieber. Bei 10 bis 20% der Erkrankten entwickelt sich als schwere Verlaufsform eine hämorrhagische Kolitis mit Leibschmerzen, blutigem Stuhl und häufig mit Fieber. Säuglinge, Kleinkinder, alte Menschen und abwehrgeschwächte Personen erkranken erfahrungsgemäß häufiger schwer. Komplikationen: Hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) mit hämolytischer Anämie, Nierenversagen bis zur Anurie und thrombotischer Mikroangiopathie sowie thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP) mit Thrombozytopenie, Hautblutungen, hämolytischer Anämie und neurologischen Veränderungen. Diese schweren Komplikationen treten unabhängig von der Schwere der vorangegangenen Durchfallserkrankung in etwa 5 bis 10% der symptomatischen EHEC-Infektionen auf. Die Symptomatik hängt vom Ort der Primärschäden durch die Toxine ab. Die Letalität bei HUS und TTP ist besonders im Kindesalter hoch (ca. 5 %), oft kommt es zum akuten Nierenversagen mit Dialysepflicht, seltener zum irreversiblen Nierenfunktionsverlust mit nachfolgender chronischer Dialysepflichtigkeit. Diagnostik: Bei Vorliegen einer Diarrhöe mit Blutbeimengung sollte in jedem Fall eine Stuhluntersuchung veranlasst werden. Bei entsprechendem Verdacht auf EHEC-Infektion oder bei Abklärung eines Ausbruchs sollte am Einsendeformular das Anforderungsprofil genau angegeben werden. (In den meisten Labors werden nur blutige Stühle auf EHEC untersucht!) Da bei Auftreten der postinfektiösen Komplikationen (HUS, TTP) der Erreger im Stuhl oft nicht mehr nachgewiesen werden kann, sollte in diesem Fall eine serologische Untersuchung (AK-Bestimmung) durchgeführt werden. Therapie: Eine antibakterielle Therapie ist nicht angezeigt. Sie kann die Bakterienausscheidung verlängern und zur Stimulierung der Toxinbildung führen. Die Behandlung der Krankheitssymptome von HUS und TTP kann nur symptomatisch erfolgen. 2 133 en Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen Während der gesamten Erkrankungsdauer ist bei stationärer Aufnahme eine laufende Desinfektion aller Gegenstände und Flächen durchzuführen, die in Kontakt mit infektiösen Ausscheidungen des Kranken gekommen sind oder sein können. Ein Einzelzimmer wäre – wie prinzipiell bei allen Durchfallerkrankungen – wünschenswert. Im privaten Bereich ist v. a. die Aufklärung der Familienmitglieder über evtl. Übertragungsmöglichkeiten und entsprechender Küchenhygiene wichtig: Leib- und Bettwäsche, Taschen- und Handtücher, Windeln bei mind. 60 °C waschen Eigenes Handtuch, Waschlappen Gezielte Desinfektion bei Verunreinigungen des Toilettensitzes (z. B. Danclor®‚ Tenn als 0,5%ige Lösung) Gründliches Händewaschen nach Toilettenbesuch bzw. nach dem Wickeln Bei stillenden Frauen Händedesinfektion vor dem Stillvorgang Schulen und ähnliche Gemeinschaftseinrichtungen inkl. Säuglingsheime und Kindergärten: Lehrer, Schüler und Schulbedienstete, die an EHEC erkrankt sind, dürfen Einrichtungen der Schule oder ähnliche Einrichtungen nicht betreten und nicht an deren Veranstaltungen teilnehmen, bis nach der Entscheidung des Gesundheitsamtes eine Weiterverbreitung der Krankheit durch sie nicht mehr zu befürchten ist. Lebensmittelbetriebe: Personen, die an EHEC-Infektionen erkrankt oder dessen verdächtig sind, dürfen so lange beim gewerbsmäßigen Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen von Lebensmitteln nicht tätig sein oder beschäftigt werden, bis nach der Entscheidung des Gesundheitsamtes eine Weiterverbreitung der Krankheit durch sie nicht mehr zu befürchten ist. Dies gilt sinngemäß auch für Beschäftigte in Küchen von Gaststätten, Kantinen, Krankenhäusern, Säuglings- und Kinderheimen (sowie im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung). Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Nach klinischer Genesung und dem Vorliegen von drei aufeinander folgenden negativen Stuhlbefunden im Abstand von ein bis zwei Tagen. Ein schriftliches ärztliches Attest ist erforderlich. Ausschluss von Ausscheidern: Im Regelfall bis zum Vorliegen von drei negativen aufeinander folgenden Stuhlproben (Abstand ein bis zwei Tage). Bei längerer Ausscheidung des Erregers soll in Absprache mit dem Gesundheitsamt eine individuelle Lösung erarbeitet werden, um ggf. eine Zulassung zu ermöglichen. Ausschluss von Kontaktpersonen: Nach Feststellung der Erkrankung beim Indexpatienten ist der Ausschluss einer Kontaktperson nicht erforderlich, solange keine enteritischen Symptome auftreten und die Einhaltung der Hygienemaßnahmen gewährleistet ist. Gerade bei diesem Erreger sollten in Umgebungsuntersuchungen drei Stuhlproben je Kontaktperson untersucht werden. Etwaige Isolate sind an das nationale Referenzzentrum zusammen mit einem Begleitschein (siehe Homepage Referenzzentrum) weiterzuleiten. Hygienemaßnahmen zur Verhütung von Infektionen: Die Übertragung von EHEC-Bakterien kann wirksam durch Vermeiden von fäkal-oralen Schmierinfektionen, vor allem durch Händehygiene, verhütet werden. Personen, die eventuell Kontakt mit Stuhl eines an EHEC-Enteritis Erkrankten hatten, sollen sich für die Dauer der Inkubationszeit die Hände nach jedem Stuhlgang und vor der Zubereitung von Mahlzeiten gründlich waschen, die Hände mit Einmal-Papierhandtüchern abtrocknen und anschließend desinfizieren (alkoholisches Händedesinfektionsmittel). Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Es ist keine wirksame Prophylaxe bekannt. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle (auch bei sporadischen Fällen) und Durchführung von Umgebungs- und Kontrolluntersuchungen. Entscheidung über die Wiederzulassung in öffentlichen Einrichtungen. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). In der Steiermark: Die Landessanitätsdirektion der Steiermark bittet um zusätzliche Meldung durch das Labor direkt an die Koordinationsstelle. 134 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Falldefinition des BMGF Bestätigt: Fall mit Laborbestätigung Klinik: Klinisches Bild vereinbar mit EHEC-Infektion, z. B. Diarrhöe (oft blutig) und Unterleibskrämpfe. Mögliche Komplikationen durch hämolytisches urämisches Syndrom (HUS) oder thrombotischthrombozytopenische Purpura (TTP). Merkblatt für EHEC-Infektionen www.hygiene-graz.at/bakteriologie Laborkriterien für die Diagnose Toxinnachweis, z. B. durch ELISA Isolierung von E. coli einer serologischen Gruppe, die bekanntermaßen enterohämorrhagische Erkrankungen verursacht Serologische Bestätigung bei Patienten mit HUS oder TTP Für Wahrscheinlichkeit: Nachweis der für Stx1/ Stx2-Produktion kodierenden Gene Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Laborbestätigtes Isolat ohne klinische Angaben oder Fall mit klinischen Symptomen und epidemiologischem Zusammenhang rankheit Referenzzentrum Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin der Medizinischen Universität Innsbruck; Sektion Hygiene, Bereich Bakteriologie Schöpfstraße 41, 6020 Innsbruck Leiter des Referenzzentrums: A.o. Univ.-Prof. DDr. Reinhard Würzner [email protected] & Dr. Dorothea Orth, [email protected] Tel.: 0512 507 3883 oder 3850, Fax: 0512 507 9870 Homepage: http://www.uibk.ac.at/c/c5/reflabs 135 en 136 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Fleckfieber, Typhus exanthematicus rankheit Erreger: Rickettsia prowazekii, R. typhi, Orienta tsutsugamushi Verbreitung: Heute wird durch die Kleiderlaus übertragenes epidemisches Fleckfieber (R. prowazekii) nur noch sehr selten und nur außerhalb Europas (Lateinamerika, Afrika, Afghanistan, Himalaja-Gebiet) beobachtet. Enges Zusammenleben unter ungünstigen hygienischen Bedingungen ist Voraussetzung für die Verbreitung, da die Laus den fiebernden oder toten Körper verlässt, aber sich nicht weit fortbewegen kann. Armut, das Fehlen von adäquater Trinkwasserversorgung und die daraus resultierende mangelnde Körperpflege sowie seltenes Waschen von Leib- und Bettwäsche begünstigen den Vektor Kleiderlaus. Infektionsweg: Reservoir ist der Mensch. Übertragung durch Kleiderlaus (Pediculus humanus). Die Erreger werden von der Laus während des Saugaktes mit den Faeces abgegeben bzw. werden bei Verletzung der Läuse freigesetzt. Rickettsien gelangen über kleine Hautläsionen (Kratzen) in den menschlichen Organismus. Eine Ansteckung ist auch durch Inhalation von kontaminierten Läusefaeces möglich. Während der Fieberphase und auch noch 2–3 Tage nach Entfieberung können die Erreger von den Läusen während des Saugaktes aufgenommen werden. Infizierte Läuse sterben innerhalb von 1 bis 3 Wochen, keine Weitergabe an die Nachkommen. Dauer der Inkubation: 1–2 Wochen. Symptomatik: An der Lausbissstelle entsteht kein Eschar. Die Erkrankung beginnt plötzlich mit starken Kopf- und Gliederschmerzen, Schüttelfrost und rasch ansteigendem hohem Fieber. Es besteht ausgeprägtes Krankheitsgefühl, die Patienten sind benommen (typhös) und lethargisch. Meist kommt es am 4.–6. Krankheitstag zum Auftreten eines in der Achselregion beginnenden Exanthems. Dieses breitet sich rasch zentrifugal aus. Nur das Gesicht sowie Hand- und Fußflächen bleiben frei. Anfangs besteht das Exanthem aus rosafarbenen, nichtkonfluierenden, wegdrückbaren Flecken. Innerhalb der nächsten Tage entwickelt sich daraus ein dunkelrotes, konfluierendes, makulopapulöses Exanthem, teilweise mit petechialen Blutungen. Abhängig von der Virulenz des Erregers leiden die Patienten zusätzlich unter unproduktivem Husten, Tinnitus oder Taubheit. Bei frühzeitiger Therapie ist die Prognose gut. Bei unkompliziertem Verlauf verschwinden die durch die Toxinämie verursachten Symptome auch ohne Therapie nach ca. 2 Wochen. Die Rekonvaleszenz verläuft häufig sehr protrahiert. Die Letalität der unbehandelten Erkrankung liegt zwischen 10 und 40%. Insbesondere alte Menschen sind sehr gefährdet. Bei Kindern findet man meist milde Verläufe. Im menschlichen Körper persistierende Rickettsien können 10–30 Jahre nach der ursprünglichen Infektion (abnehmende Immunität!) erneut zu einer generalisierten Infektion führen (Brill-Zinsser´sche Krankheit). Diese verläuft meist milder; es besteht hierbei keine Assoziation mit Läusen. Der Verlauf des murinen Fleckfiebers, hervorgerufen durch R. typhi (übertragen durch Rattenflöhe; Reservoir sind Ratten) ist ähnlich, jedoch wesentlich milder. Das murine Fleckfieber ist in den Tropen und Subtropen verbreitet. Das Japanische Fleckfieber oder TsutsugamushiFieber kommt in Japan und Südostasien vor. Der Erreger, Orienta tsutsugamushi, wird von blutsaugenden Larven bestimmter Milbenarten übertragen. Reservoire sind verschiedene Nagetiere. Die Symptomatik ist ähnlich dem epidemischen Fleckfieber, jedoch kommt es gewöhnlich zu einem Eschar an der Bissstelle und zu einer Lymphadenitis. Therapie: Tetracycline (Doxycyclin). Differenzialdiagnose: Meningokokkeninfektion, Typhus abdominalis, Masern, Röteln, Syphilis II, Leptospirose, Rückfallfieber, Infektiöse Mononukleose. Prophylaxe, Immunität: Bekämpfung der Läuse, Verbesserung der hygienischen Bedingungen. Ergänzend sind laufende Desinfektion und Schlussdesinfektion zur Dekontamination der Umgebung (Staub!) durchzuführen. Notwendig sind auch die Isolierung der Erkrankten (bis zur Entlausung), das Ermitteln von Infektionsquellen und Kontaktpersonen sowie die Absonderung und gesundheitliche Beobachtung der Kontaktpersonen und ansteckungs- 137 en verdächtigen Personengruppen (für 15 Tage nach der Entlausung). Für Pflegepersonal und Desinfektoren, die unmittelbar in einem Infektionsherd tätig sind, ist fest abschließende Schutzkleidung wichtig (Schutzimpfung mit formaldehyd-inaktiviertem Impfstoff wäre für ausgewählte Risikogruppen in Betracht zu ziehen. Teilweise besteht eine Kreuzimmunität zwischen endemischem und murinem Fleckfieber). Personen, die an Flecktyphus erkrankt waren, sind vom Blutspenden ausgeschlossen. Diagnostik: Die klinische Symptomatik bei entsprechender Anamnese ist entscheidend. Nachweis von spezifischen Antikörpern in im Abstand von 10 bis 14 Tagen gewonnenen Serumproben mittels WeilFelix-Reaktion (positiv ab 2. Krankheitswoche, cave: relativ geringe Sensitivität und Spezifität), IF und KBR (2.–3. Krankheitswoche). Erregeranzucht aus dem Blut ist in embryonierten Hühnereiern oder im Versuchstier möglich (nach Serumgewinnung sollte das Blutgerinnsel innerhalb von 1 bis 2 Stunden unter Einhaltung der Kühlkette in Kultur gebracht oder bei –70 °C gelagert werden); die Anzucht ist Speziallaboratorien vorbehalten. Aufgaben des Amtsarztes: zahlenmäßige Erfassung (Surveillance). Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Falldefinition nach RKI Klinisches Bild: Klinisches Bild vereinbar mit Fleckfieber, charakterisiert durch plötzlichen Fieberanstieg, Kopfschmerzen, generalisierte Schmerzen, makulopapulösen Ausschlag. Nukleinsäure-Nachweis (PCR) aus klinischen Materialien (z. B. Blut, Gewebe) Fallklassifizierung Klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit Fleckfieber und Nachweis eines epidemiologischen Zusammenhangs mit einer durch labordiagnostischen Nachweis bestätigten Infektion (Inkubationszeit ca. 1–2 Wochen). Epidemiologischer Zusammenhang: gemeinsame Expositionsquelle wie z. B. Kleiderläuse Klinisch und durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit Fleckfieber und labordiagnostischer Nachweis Durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte asymptomatische Infektion: Labordiagnostischer Nachweis bei fehlendem klinischem Bild Nur durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Infektion: Labordiagnostischer Nachweis vorhanden, Angaben zum klinischen Bild nicht ermittelbar Referenzzentrum: Keines Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Gerold Stanek Klinisches Institut für Hygiene der MedizinischenUniversität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Postfach 12 oder 37 Tel.: 01/404 90-794 10 Fax: 01/404 90-794 26 E-Mail: [email protected] Information zum Ausbruch in Burundi: http://www.rki.de/INFEKT/EPIBULL/97/9720.PDF Labordiagnostischer Nachweis Positiver Befund mit mindestens einer der nachfolgend aufgeführten Methoden: IgM-Antikörper-Nachweis (z. B. ELISA) IgG-Antikörper-Nachweis (≥ vierfacher Titeranstieg in zwei Proben) Antikörper-Nachweis mittels KBR (≥ vierfacher Titeranstieg in zwei Proben) Immunofluoreszenzmikroskopie in Gewebeproben, Milz, Lunge etc. 138 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Gelbfieber rankheit Erreger: Flavivirus (RNA) Verbreitung: Tropisches Afrika (10. südlicher bis 15. nördlicher Breitengrad), tropisches Mittelund Südamerika (40. südlicher bis 20. nördlicher Breitengrad). Gelbfieberfrei sind sowohl die Karibik, Indien als auch Südost-Asien. identifiziert). Höchste Letalität in der Altersgruppe zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Infektionsweg Urbanes Gelbfieber: Das Virus zirkuliert zwischen Stechmücken (Aedes aegypti) und Mensch. Der Mensch ist einziger Vertebratenwirt. Busch- oder Dschungelgelbfieber: Enzootie unter Primaten, Mensch selten betroffen. Vektor: Aedes spez., Haemagogus spez. (Stechmücke). Therapie: Symptomatisch. Dauer der Inkubation: 3–6 Tage. Symptomatik: Gelbfieber ist eine akute Viruserkrankung von kurzer Dauer und mit unterschiedlichen Schweregraden. Meist keine Prodromalsymptome. Plötzlicher, schneller Fieberanstieg (39–40 °C), Kopfschmerzen, retroorbitale Schmerzen, Unruhe, Übelkeit, lumbosakrale und abdominelle Schmerzen, rel. Bradykardie (Farget‘s Zeichen). Febris continua für 3 bis 4 Tage. Nach einer kurzen Remission von 1 bis 2 Tagen erfolgt ein zweiter Fieberanstieg, der mit dem Auftreten von Organmanifestationen einhergeht. Meist für 2 bis 3 Tage zunehmende Symptomatik, in schweren Fällen bis hin zu Leberkoma, Niereninsuffizienz oder massiver hämorrhagischer Diathese. Zentralnervöse Symptome wie zerebrale Krampfanfälle oder Verwirrtheit (eventuell Myokardbeteiligung) werden beobachtet. Differenzialdiagnose: Alle viral bedingten hämorrhagischen Fieber, z. B. Dengue. Rickettsiosen, Virushepatitiden, Leptospirose, Malaria. Diagnostik: Versand von heparinisiertem Blut (ca. 4 °C, Kühlkette muss gewährleistet sein). Virusnachweis aus dem Blut (während der ersten 5–7 Krankheitstage), Nachweis von spezifischen Antikörpern (ab 8. bis 10. Krankheitstag). Immunität und Prophylaxe: 1. Schutzimpfung. Für die aktive Immunisierung wird nach Empfehlungen der WHO der lebende, abgeschwächte, in Hühnereiern vermehrte 17DErregerstamm verwendet. Diese Gelbfieberimpfung gilt ab dem 2. Lebensjahr als sicher und gut verträglich. CAVE: bei Hühnereiweißallergie. Die Konversionsrate beträgt ca. 99%, der Schutz beginnt 10 Tage nach Impfung, die Schutzdauer beträgt mindestens 10 Jahre. Nach durchgemachter Infektion (auch inapparent) besteht lebenslange Immunität. 2. Schutz vor Mückenstichen. Aufgaben des Amtsarztes: Zahlenmäßige Erfassung (Surveillance). Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Charakteristische Trias: Ikterus, Albuminurie, Hämatemesis. Früh auftretende Leukopenie mit Maximum am 5. Krankheitstag. Bei nicht letalem Ausgang heilt die Erkrankung ohne chronische Organschäden aus, vereinzelt ist die Rekonvaleszenz prolongiert. Letalität: Ca. 10–50% der klinisch diagnostizierten Fälle (mild oder inapparent verlaufende Gelbfieberinfektionen werden jedoch häufig nicht 139 en Falldefinition nach BMGF Klinik: Plötzlich einsetzende Krankheit mit konstitutionellen Symptomen, gefolgt von einer kurzen Remission und Rückfallfieber, Hepatitis, Albuminurie und in manchen Fällen Nierenversagen, Schock und generalisierten Hämorrhagien. Laborkriterien für die Diagnose Nachweis einer spezifischen Gelbfieber-Antikörper-Reaktion bei Patienten ohne Gelbfieberimpfung in der Anamnese und Ausschluss von Kreuzreaktionen mit anderen Flaviviren. Isolierung des Virus Nachweis des Gelbfieberantigens Nachweis von Gelbfieber-Nukleinsäure Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und epidemiologischem Zusammenhang Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Referenzzentrum Klinisches Institut für Virologie der Medizinischen Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Tel.: 01/404 90-795 00 Fax: 01/40490-9795 E-Mail: [email protected] 140 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Gonorrhoe (Tripper) rankheit Erreger: Neisseria gonorrhoeae Infektionsweg: Die Infektion erfolgt beim Geschlechtsverkehr. Andere Infektionsquellen sind denkbar, in der Praxis jedoch extrem selten, weil Gonokokken außerhalb des Körpers schnell durch Licht, Trockenheit und Kälte inaktiviert werden. Epidemiologie: Die Gonorrhoe ist weltweit, jedoch mit unterschiedlicher Inzidenz verbreitet. Die Dunkelziffer ist vor allem in der Dritten Welt sehr hoch. In den letzten beiden Jahren ist auch in Österreich wieder ein deutlicher Anstieg der Fallzahlen zu verzeichnen. Klinik: Die akute Gonorrhö wird unterteilt in die akute Phase und die chronische Phase. Nach einer Inkubationszeit von 2 bis 7 Tagen kommt es zu einer Entzündung der Harnröhre, die mit Rötung und Schwellung des Orificium urethrae sowie Schmerzen beim Urinieren einhergeht. Aus der Urethra entleert sich ein eitriges Sekret. Bei der Frau verläuft die Infektion meist blander und bleibt deshalb häufig unerkannt. Wenn allerdings die Bartholin-Drüse befallen ist, entwickelt sich in diesem stark innervierten Gebiet eine äußerst schmerzhafte Entzündung (Bartholinitis). Rektale und Rachen-Gonorrhö, die durch Analverkehr bzw. durch Cunnilingus oder Fellatio erworben wird, bleiben oft symptomlos. Unbehandelt verschwinden die lokalen Symptome in der chronischen Phase, eine aszendierende Verbreitung der Erreger im Gewebe ist die Folge: Beim Mann dominieren Prostatitis und Epididymitis; die entzündliche Reaktion ist nur noch schwach und die Eiterbildung gedrosselt, so dass sich allenfalls über Nacht noch etwas Eiter in der Urethra ansammelt und dann noch vor dem ersten Wasserlassen als „Bonjour-Tröpfchen“ am Orificium austritt. Bei Frauen sind die Folgen schlimmer; die Adnexitis, im Extremfall auch eine Peritonitis sind belastend und schmerzhaft. Oftmals ergibt sich eine Verstärkung der Symptome während der Menstruation, teilweise mit Ausbildung von Exanthemen. Selten (1–3%) kommt es zu einer hämatogenen Streuung der Erreger mit den Folgen einer Arthritis (bes. im Kniegelenk), Konjunktivitis oder Endokarditis. Spätfolge bei Männern ist die Harnröhrenstriktur. Bei Frauen kommt es nicht selten zu Tubenverklebungen, die eine Sterilität bedingen. Prophylaxe: Die sicherste Prophylaxe einer Gonorrhö liegt in der Benutzung von Kondomen. Therapie: Siehe Richtlinien zur Therapie der klassischen Geschlechtskrankheiten und Sexually Transmitted Diseases der Arbeitsgruppe für STD und dermatologische Mikrobiologie der ÖGDV. (Anm.: Zunehmend finden sich Resistenzen nicht nur gegen Penicillin sondern auch auf Chinolone und Tetracycline). www.univie.ac.at/Immundermatologie/download/ std.pdf Aufgaben des Amtsarztes Entgegennahme der Meldungen nach dem Geschlechtskrankheitengesetz (GK-G, siehe Meldepflicht) Vorladung des Erkrankten oder Krankheitsverdächtigen (z. B. Kontaktpersonen, Infektionsquellen) in das Gesundheitsamt Nach vorgenommener Untersuchung entscheidet der AA, ob der/die Erkrankte in der Behandlung eines niedergelassenen Arztes verbleiben kann oder eine ambulante oder stationäre Betreuung in einer Krankenanstalt notwendig ist Nach Abschluss der Behandlung kann der AA die gesundheitliche Überwachung des Behandelten anordnen und hat wieder zu entscheiden, wo bzw. durch wen diese zu erfolgen hat Einholung der ärztlichen Behandlungsbestätigungen und der Untersuchungsergebnisse bei nach dem GK-G gemeldeten Personen Gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen: wöchentliche amtsärztliche Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten Entgegennahme der monatlichen Fallzahlmeldungen (s. u.) Meldepflicht (beschränkt): Nur wenn eine Weiterverbreitung der Krankheit zu befürchten ist oder sich der Kranke der ärztlichen Behandlung bzw. 141 en Beobachtung entzieht, an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Zur ziffernmäßigen Erfassung der Neuerkrankungen an Geschlechtskrankheiten (Gonorrhoe, Syphilis, Ulcus molle, Lymphogranuloma venereum) monatliche Meldung an das Gesundheitsamt gemäß Erlass des damaligen Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz, Zl. II-51.740/ 3-5/85. Falldefinition des BMGF Klinik: Klinisches Bild vereinbar mit Gonorrhoe, z. B. Urethritis, Zervizitis oder Salpingitis. Laborkriterien für die Diagnose Isolierung von Neisseria gonorrhoeae aus einer klinischen Probe Nachweis von Neisseria gonorrhoeae-Antigen oder -Nukleinsäure Nachweis gramnegativer intrazellulärer Diplokokken im urethralen Abstrich des Mannes (Anm.: im urethralen und/oder cervicalen Abstrich der Frau können nur in ca. 50% einer genitalen Gonorrhoe gramnegative intracelluläre Diplokokken nachgewiesen werden). Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Entfällt Bestätigt: Fall mit Laborbestätigung Referenzzentrum Magistratsabteilung 15 STD-Ambulatorium Wien Neutorgasse 20 Ansprechpartner: Prim. Dr. Silvia Mayerhofer, Dr. Eva Vinzelj 1013 Wien Tel.: 01/531 14-877 81 Fax: 01/531 14-99-877 89 E-Mail: [email protected] 142 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Haemophilus influenzae Typ b rankheit 3) Erreger: Haemophilus influenzae Übertragung: Durch Tröpfcheninfektion bei engem Kontakt von Mensch zu Mensch, d. h. durch Husten, Niesen, körpernahen Sprechkontakt oder Küssen. Hierbei spielen vor allem gesunde Keimträger, das sind Personen, die die Krankheitserreger im Nasen-Rachen-Raum haben, ohne selbst krank zu sein, eine große Rolle. Inkubationszeit: Nicht genau bekannt. Ansteckungsfähigkeit: Bis zu 24 Stunden nach Beginn einer Antibiotika-Therapie. Klinik: Beginn meist akut mit hohem Fieber, Erbrechen und starken Kopfschmerzen. Nach wenigen Stunden kann eine deutliche Nackensteifigkeit auftreten. Der weitere Verlauf hängt von der schnellen Krankheitserkennung und frühzeitigen Behandlung ab. Therapie: Jede Meningitis ist ein medizinischer Notfall. Schon bei einem Ansteckungsverdacht sollte sofort ein Arzt hinzugezogen werden. Die Behandlung des Erkrankten erfolgt in der Regel stationär im Krankenhaus. Prophylaxe und Immunität: Aktive Impfung ab dem 3. Lebensmonat. Invasive Haemophilusinfluenzae-Typ-b-Erkrankungen können durch eine rechtzeitig begonnene und vollständige Immunisierung verhindert werden. Wiederzulassung in Schulen und Gemeinschaftseinrichtungen Zulassung nach Krankheit: Nach antibiotischer Therapie und nach Abklingen der klinischen Symptome. Ein schriftliches ärztliches Attest ist nicht erforderlich. Ausschluss von Ausscheidern: Wegen der großen Zahl von Keimträgern sind Umgebungsuntersuchungen nicht sinnvoll. Ein Ausschluss eines Ausscheiders ist nicht erforderlich, solange bei ihm keine meningitis- oder epiglottitisverdächtigen Symptome auftreten. Ausschluss von Kontaktpersonen: Nicht erforderlich, wenn eine medikamentöse Prophylaxe nach Exposition durchgeführt wird (siehe unten). ) zu bakterielle Meningitis Hygienemaßnahmen zur Verhütung von Infektionen: Wirksame Maßnahmen sind nicht bekannt. Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Zum Schutz empfänglicher Personen ist bei Erkrankung eines Kindes an einer Haemophilus-influenzaeMeningitis oder -Epiglottitis eine Chemoprophylaxe der Kontaktpersonen im Haushalt oder der Kindereinrichtung unter folgenden Bedingungen empfehlenswert: In einem Haushalt mit Kindern unter vier Jahren, die unvollständig oder nicht gegen Haemophilusinfluenzae-Typ b (Hib) immunisiert sind, sollen alle Personen (nicht jedoch Schwangere) eine Rifampicin-Prophylaxe für vier Tage erhalten. In Kindereinrichtungen mit ungeimpften Kindern unter vier Jahren wird eine Prophylaxe für alle Kinder derselben Gruppe und deren Betreuer (nicht jedoch für Schwangere) empfohlen. Eine Chemoprophylaxe ist nicht mehr sinnvoll, wenn der Kontakt zum Indexpatienten mehr als sieben Tage zurückliegt. Dosis und Dauer der Rifampicin-Prophylaxe nach Lebensalter Säuglinge im ersten Lebensmonat erhalten 10 mg/kg KG/Tag in einer Einzeldosis über vier Tage Ältere Säuglinge und Kinder unter zwölf Jahren erhalten 20 mg/kg KG/Tag in einer Einzeldosis über vier Tage Kinder über zwölf Jahre und Erwachsene erhalten 600 mg/Tag in einer Einzeldosis über vier Tage Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle und bei Bedarf Einleitung von Präventivmaßnahmen im Sinne der oben genannten Empfehlungen. Meldepflicht: Erkrankung und Sterbefall einer Meningitis durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). 3 143 en Falldefinition nach BMSG Klinisches Bild: Klinisches Bild vereinbar mit invasiver Erkrankung; z. B. Bakteriämie, Meningitis, Arthritis, Epiglottitis, Osteomyelitis oder Zellulitis. Laborkriterien für die Diagnose Isolierung von Haemophilus influenzae Typ B aus normalerweise sterilen Proben Nachweis von Haemophilus influenzae – Nukleinsäure in normalerweise sterilen Proben Für Wahrscheinlichkeit: Nachweis des H.-influenzae-Antigens in normalerweise sterilen Proben Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischen Verlauf mit Antigen-Nachweis wie oben Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Referenzzentrum AGES – Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene Graz Beethovenstraße 6; 8010 Graz Ansprechpartnerin: Dr. Sigrid Heuberger Tel.: 0 31 6/32 16 43-0 Fax: 0 31 6/38 84 70 E-Mail: [email protected] Fallklassifizierung Möglich: Fall mit klinischer Epiglottitis ohne Laborbestätigung oder mit Identifizierung nur in nicht sterilen Proben 144 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Hepatitis A rankheit Erreger: Hepatitis-A-Virus (HAV) HAV ist thermostabil und säureresistent. HAV wird durch Kochen innerhalb von 5 Minuten zerstört, wogegen Temperaturen von 60 °C über 10–12 Stunden nur eine teilweise Inaktivierung zur Folge haben. Aufgrund dieser Stabilität bleibt HAV in ungenügend gekochten Lebensmitteln infektionstüchtig, was für die Epidemiologie der Erkrankung von Bedeutung ist. Aufgrund des Fehlens einer Lipidhülle ist HAV resistent gegen organische Lösungsmittel. Sichere Methoden der Inaktivierung sind Autoklavieren und die Verwendung von Chlorund Aldehydpräparaten als Desinfektionsmittel. Reservoir: Der Mensch ist der Hauptwirt und wahrscheinlich das einzige Reservoir von Hepatitis-A-Viren. Infektionsweg: Die Übertragung erfolgt gewöhnlich fäkal-oral durch Kontakt- oder Schmierinfektion, entweder direkt im Rahmen enger Personenkontakte oder indirekt durch kontaminierte Lebensmittel, Wasser oder Gebrauchsgegenstände. Epidemische Ausbrüche werden meist durch kontaminiertes Trinkwasser, Badewasser oder Lebensmittel, besonders häufig Muscheln oder Austern sowie fäkaliengedüngtes Gemüse und Salate hervorgerufen. Eine Übertragung durch Blut und Blutprodukte (auch mehrmalig genutzte Spritzenbestecke bei Drogenabhängigen) ist möglich, kommt jedoch nur sehr selten vor. Dauer der Infektiosität: Die Virusausscheidung – und damit die Infektiosität – beginnt etwa 1–2 (maximal 3) Wochen vor Auftreten der Symptome und hält noch etwa eine weitere Woche an. Die Virusausscheidung ist in der ersten Phase, also in der Inkubationszeit, am stärksten und nimmt dann kontinuierlich ab. Eine dauernde Ausscheidung wurde bislang nicht beobachtet. Risikofaktoren beengte Wohnverhältnisse Reisen Hepatitis-A-Fälle in Kindergärten, Kinderheimen oder Institutionen für Behinderte kontaminiertes Trinkwasser bei kleinen Wasserversorgungsanlagen, die nicht dem Standard entsprechen berufliche Exposition (Kanalarbeiter, Mitarbeiter in Abwasserentsorgungsbetrieben) oral-anale Sexualpraktiken Verbreitung: Weltweit. In Österreich tritt die Krankheit nur mehr sporadisch auf, das gilt auch für die Länder West- und Nordeuropas. Es sind hauptsächlich eingeschleppte Fälle, die für lokalisierte Epidemien verantwortlich sind. Die Ausbreitung der Krankheit erfolgt hier hauptsächlich über fäkal kontaminierte Wasserversorgungsanlagen (Hausbrunnen) oder durch orale Übertragung in Kindergärten und Volksschulen. Insgesamt besteht in Europa, wie auch in Nordamerika, ein deutliches Süd-Nord-Gefälle in der Inzidenz der Hepatitis A. Inkubationszeit: Die Inkubationszeit beträgt 15–50 Tage, im Mittel 30 Tage. Klinisches Bild: Bei Kindern verläuft die Infektion im Gegensatz zu Erwachsenen häufig asymptomatisch. In den meisten manifesten Fällen verläuft die Infektion akut mit abruptem Beginn unspezifischer Prodromalsymptome, die aus Fieber, Krankheitsgefühl, Schwäche, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen sowie Arthralgien und Myalgien bestehen. Gelegentlich, in erster Linie bei Kindern mit subklinischen Verläufen, finden sich auch grippale Symptome wie Pharyngitis, Husten und Kopfschmerzen. Mit dem Auftreten des Ikterus nehmen die Prodromalerscheinungen ab, bestehen bleiben allerdings häufig Anorexie und Müdigkeit. Bereits in der Frühphase besteht oft eine Abneigung gegen Alkohol und gegen Tabak. Die für den Patienten auffälligsten Erscheinungen sind neben der Gelbsucht der dunkle Urin und der lehmfarbene Stuhl. In Abhängigkeit von der cholestatischen Komponente findet sich auch ein mehr oder weniger starker Juckreiz. Der Verlauf ist akut oder subakut. Im Allgemeinen sind die Patienten innerhalb von 3 bis 6 Monaten komplett wiederhergestellt. Im Gegensatz zur Hepatitis E besteht kein Unterschied im Verlauf bei schwangeren und nicht schwangeren Frauen. Eine 145 en fetale Schädigung oder ein gehäuftes Auftreten von Abortus wird bei Hepatitis A nicht beobachtet. Auch HIV-infizierte Personen neigen nicht zu schwereren Krankheitsverläufen. Bei Hepatitis A treten keine chronischen Infektionen, daher auch keine Folgeerkrankungen auf. Die durchgemachte Erkrankung hinterlässt eine lebenslange Immunität. Eine fulminante Hepatitis mit akutem Leberversagen ist eine seltene Komplikation der Hepatitis A. Die fulminante Hepatitis wird kaum bei Kindern beobachtet und steigt in ihrer relativen Häufigkeit mit dem Lebensalter an. Vorbestehende Leberkrankheiten und chronische Formen der Hepatitis C und Hepatitis B erhöhen das Risiko einer fulminanten Hepatitis noch weiter. Das akute Leberversagen ist durch zunehmenden Ikterus, Koagulopathie, Irritabilität und Lethargie als Zeichen der Enzephalopathie gekennzeichnet und kann zum Hirnödem und zum Tod durch Multiorganversagen führen. Ebenfalls selten ist eine cholestatische Hepatitis. Die Prognose ist hier allerdings sehr gut. Vor allem bei Kindern werden gelegentlich rekurrierende Infektionen beobachtet. Nach Wochen bis Monaten der Beschwerdefreiheit kommt es zum Wiederauftreten der Symptome und der typischen Laborbefunde sowie zur neuerlichen Virusausscheidung. Mehrfache derartige Episoden sind bei Kindern möglich. Auch hier ist die Prognose sehr gut. Ein Relaps bei Hepatitis A hat nichts mit einer chronischen Verlaufsform zu tun, wie sie bei Hepatitis B und C vorkommt. Diagnose: Charakteristisch für alle Formen der Virushepatitis ist der Anstieg der Transaminasen in der Größenordnung von 500 bis 5000 U/l und des Serumbilirubins. Die spezifische Diagnose der Hepatitis A erfolgt durch den Nachweis von IgMAntikörpern, die für etwa 3–6 Monate persistieren. IgG-Antikörper, die in der Folge auftreten, bleiben über Jahrzehnte nachweisbar und signalisieren Immunität. Der Nachweis des Virus oder des Virusantigens aus dem Stuhl hat für die Praxis keine Bedeutung. Therapie: Eine spezielle Therapie für Hepatitis A ist nicht verfügbar. Die Behandlung besteht in Bettruhe oder zumindest Vermeidung körperlicher Anstrengung. Eine spezielle Diät, außer einer leichten, fettarmen Wunschkost und dem Verzicht auf Alkohol, ist nicht erforderlich. Eine medikamentöse Behandlung ist üblicherweise nicht indiziert. Bei cholestatischer Hepatitis kann die kurzfristige Gabe von Corticosteroiden nützlich sein. Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen: Beim Umgang mit an Hepatitis A Erkrankten und ihren Kontaktpersonen ist zu berücksichtigen, dass der Höhepunkt der Virusausscheidung und damit der Gipfel der Infektiosität in der späten Inkubationsphase, d. h. 1–2 Wochen vor Ausbruch des Ikterus, liegt. Bei Auftreten des Ikterus lässt sich bei etwa der Hälfte der Erkrankten mittels des immunologischen Antigentests kein Virus mehr im Stuhl nachweisen. Bei den meisten Patienten mit Hepatitis A ist eine Krankenhauseinweisung nicht notwendig, sofern sie zu Hause ausreichend versorgt werden. Inwieweit Bettruhe eingehalten werden muss, ist vom Zustand des Patienten abhängig; strikte Bettruhe ist meist nicht nötig. Krankenhausinfektionen mit dem Hepatitis-A-Virus sind außerordentlich selten. Da der Stuhl praktisch die einzige bedeutsame Infektionsquelle ist, gilt auch hier die Händehygiene als wichtigste Maßnahme. Beim Umgang mit Stuhl oder fäkal kontaminierten Bereichen sind Handschuhe und gegebenenfalls auch Schutzkleidung zu tragen. Eine strikte Isolierung von Patienten im Einzelraum, außer wenn es sich um unkooperative handelt, ist nicht erforderlich. In Institutionen für Behinderte, aber auch in Kindergärten und Kinderheimen ist es beim Auftreten von Hepatitis-A-Fällen unerlässlich, besondere Sorgfalt beim Umgang mit Stuhl walten zu lassen. Wenn immer möglich, sollten Erkrankte in häusliche Pflege entlassen werden. Manchmal kann eine temporäre Sperre der Institution, z. B. bei Kindergärten, die Infektionskette unterbrechen. Besteht der Verdacht einer Infektionsübertragung über Trinkwasser (z. B. bei mehreren Erkrankungen innerhalb einer Familie), so ist die Wasserversorgungsanlage zu untersuchen und gegebenenfalls bis zur Durchführung von Desinfektionsmaßnahmen zu sperren. Das Risiko einer Infektionsübertragung durch Wasser besteht vor allem bei Einzelversorgungsanlagen (Hausbrunnen etc.). Personen, die an Hepatitis A erkrankt oder dessen verdächtig sind, dürfen in Gemeinschaftseinrichtungen keine Lehr-, Erziehungs-, Pflege-, Aufsichts- oder sonstigen Tätigkeiten ausüben, bei 146 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk denen sie Kontakt zu den dort Betreuten haben, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit durch sie nicht mehr zu befürchten ist. Personen, die an Hepatitis A erkrankt oder dessen verdächtig sind, dürfen nicht tätig sein oder beschäftigt werden beim Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen von Lebensmitteln, wenn sie dabei mit diesen in Berührung kommen, oder in Küchen von Gaststätten und sonstigen Einrichtungen mit oder zur Gemeinschaftsverpflegung. Kontaktpersonen sind über Übertragungswege, Symptome und präventive Maßnahmen zu informieren. Eine Isolierung von Kontaktpersonen ist bei bestehendem Impfschutz und nach früher durchgemachter Erkrankung nicht erforderlich. Nach einer postexpositionellen Schutzimpfung, die so früh wie möglich durchgeführt werden sollte, ist mit einem Impfschutz 1 bis 2 Wochen nach Impfung zu rechnen. Immunprophylaxe: Die passive Immunisierung mit Immunglobulinen ist nur mehr in Einzelfällen indiziert und wird vor allem dann durchgeführt, wenn der Schutz sehr rasch erforderlich ist. Dies sollte bei Reisenden kaum mehr nötig sein, hat aber in der postexpositionellen Prophylaxe im rankheit Rahmen von Ausbrüchen eine Bedeutung. Bei der postexpositionellen Prophylaxe muss die Immunglobulingabe innerhalb von zwei Wochen nach der Exposition durchgeführt werden, da sonst die Wirksamkeit nicht mehr gesichert ist. Wichtigste Maßnahme ist die aktive Immunisierung mit inaktivierten Impfstoffen. Die in Österreich erhältlichen Hepatitis-A-Impfstoffe sind stabil und sehr gut verträglich. Ihre Wirksamkeit ist hoch. Indiziert ist sie insbesondere für alle Personen mit erhöhtem Risiko. Diese sind: Reisende in Gebiete mit hoher HAV-Durchseuchung Personal medizinischer Einrichtungen, z. B. Pädiatrie und Infektionsmedizin Personal von Laboratorien für Stuhluntersuchungen Personal in Kinderkrippen, Kindergärten und Kinderheimen Personal in Einrichtungen für geistig Behinderte Personal in Lebensmittelbetrieben Kanalisations- und Klärwerksarbeiter homosexuelle Männer Küchen- und Reinigungspersonal in medizinischen Einrichtungen Postexpositionelle Prophylaxe (aus: Österreichischer Impfplan 2002) Postexpositionelle Prophylaxe bei Hepatitis A: Zur Prophylaxe stehen zur Verfügung: 1. Immunglobuline (HAV-Ig) mit definiertem AK-Gehalt gegen Hepatitis-A-Virus, welche in der Fachinformation die postexpositionelle Hepatitis-A-Prophylaxe als Indikationsgebiet ausweisen. 2. Aktive Immunisierung mit Totimpfstoff (HAV-Impfung) Zur Komplettierung des Impfschutzes wird eine Auffrischung je nach Impfstoff nach einem Jahr empfohlen. Twinrix® wird zur postexpositionellen Prophylaxe nicht empfohlen. Folgendes Vorgehen kann bei Kontakt mit diagnostisch gesichertem Krankheitsfall als sinnvolle Überlegungsgrundlage für die Beratung und Empfehlung dienen: Art der Exposition Immunglobulin1 Impfung Haushaltskontakt HAV-Ig optional2 Sexualkontakt HAV-Ig optional2 Neugeborene von Erkrankten HAV-Ig – Fortsetzung auf Seite 144 147 en Postexpositionelle Prophylaxe Art der Exposition (Fortsetzung) Immunglobulin1 Impfung Kleinkinderbetreuungsstätte für nicht immune Angestellte mit Kontakt Kinder im selben Raum bzw. mit gemeinsamer Toilettenbenutzung deren Haushaltskontakte HAV-Ig HAV-Ig – optional2 optional2 HAV-Impf. Schule: enge Kontaktpersonen3 Kontaktpersonen bzw. gemeinsame Toilettenbenutzung HAV-Ig – optional2 HAV-Impf. Kinderheime, Betreuungsinstitutionen, Kasernen etc. enge Kontaktpersonen3 Kontaktpersonen bzw. gemeinsame Toilettenbenutzung HAV-Ig – optional2 HAV-Impf. – – HAV-Ig – optional2 HAV-Impf. – HAV-Impf. Betreuungspersonal im Spital Kleinepidemie im Spital enge Kontaktpersonen Kontaktpersonen bzw. gemeinsame Toilettenbenutzung Ausbruch durch Kontamination von Trinkwasser oder Lebensmitteln 1 Nicht später als bis zum 14. Tag nach der Exposition; Personen, welche HAV-Ig erhalten, können zusätzlich auch die aktive Impfung bekommen. Ist eine postexpositionelle passive Immunisierung infolge eines Engpasses an spezifischem Hyperimmunglobulin nicht möglich, so ist die aktive Immunisierung als Ersatzmaßnahme bei Personen > 1 Jahr jedenfalls durchzuführen. 2 Die aktive Immunisierung ist bei diesen Personen als medizinisch sehr sinnvoll anzusehen und gewährt einen Langzeitschutz, hat allerdings auf die momentane Ausbruchsverhinderung keinen rasch wirksamen Einfluss. Vor allem für Personen, bei denen wieder mit ähnlichen Situationen (z. B. Kindergärtnerinnen) gerechnet werden muss, ist die Impfung dringend zu empfehlen. 3 Als „enge Kontaktpersonen“ gelten: – alle Kontaktpersonen im Haushalt bzw. Wohnverband oder Schlafraumverband, – alle Kontaktpersonen in Kindergarten, Kindertagesstätte oder Krabbelstube, – in der Schule (oder altersähnlichen Einrichtungen) jedoch nur die Sitznachbarn und die persönlichen Freunde mit gemeinsamer Freizeitgestaltung, nicht aber alle Klassenkameraden oder die Lehrpersonen. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Zwei Wochen nach Auftreten der ersten Symptome bzw. eine Woche nach Auftreten des Ikterus. Ein schriftliches ärztliches Attest ist nicht erforderlich. Ausschluss von Ausscheidern: Individuelle Entscheidung des Amtsarztes. Ausschluss von Kontaktpersonen: Nicht erforderlich nach früher durchgemachter Krankheit, bei bestehendem Impfschutz, bzw. ein bis zwei Wochen nach postexpositioneller Schutzimpfung. Vom Ausschluss kann abgesehen werden, wenn in Absprache mit der Gesundheitsbehörde die Einhaltung einer wirksamen Händehygiene gewährleistet ist. Hygienemaßnahmen zur Verhütung von Infektionen: Die Übertragung des Erregers kann wirksam durch Vermeiden einer fäkal-oralen Schmierin- fektion, vor allem durch Händehygiene, verhütet werden. Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Kinder und Jugendliche sollten bei engem Kontakt zum Erkrankten, wie er z. B. im Haushalt, in Kindertagesstätten, in Kinderheimen und vereinzelt auch in Schulen vorkommt, so bald wie möglich eine postexpositionelle aktive Schutzimpfung, ggf. zusätzlich eine Prophylaxe mit Immunglobulin erhalten. Erfolgt eine Immunisierung innerhalb von zehn Tagen nach Kontakt, ist es in ca. 80% der Fälle noch möglich, eine Infektion zu verhindern; bei späteren Gaben ist die Schutzrate deutlich niedriger. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle (auch bei sporadischen Fällen) und ggf. Sanierung von Infektionsquellen. Einleitung von Maßnahmen wie oben angeführt. 148 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). In der Steiermark: zusätzliche Meldung durch das Labor direkt an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Falldefinition des BMSG Klinik: In symptomatischen Fällen klinisches Bild vereinbar mit Hepatitis, z. B. schleichender Beginn der Symptome und Gelbsucht oder erhöhte Serumkonzentration der Transaminasen. Laborkriterien für die Diagnose IgM-Antikörper gegen Hepatitis-A-Virus (AntiHAV) positiv Antigen-Nachweis im Stuhl Nukleinsäure-Nachweis im Serum Fallklassifizierung Möglich: Entfällt rankheit Wahrscheinlich: Fall mit epidemiologischem Zusammenhang, der der klinischen Falldefinition entspricht Bestätigt: Fall mit Laborbestätigung, der der klinischen Falldefinition entspricht Referenzzentrum Institut für spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Medizinischen Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartnerin: Dr. P. Rendi-Wagner, Andrea Mikolasek Tel.: 01/404 90-648 65 oder 64861 Fax: 01/40490 64899 E-Mail: [email protected] oder [email protected] Merkblatt http://www.bmsg.gv.at/bmsg/relaunch/gesundheit/ 149 en 150 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Hepatitis B rankheit Erreger: Hepatitis-B-Virus (HBV) Stabilität: HBV ist sehr widerstandsfähig und behält seine Infektiosität über lange Zeit, so etwa im Serum bei einer Temperatur von 30 bis 32 °C über zumindest 6 Monate oder bei einer Temperatur von –20 °C über 15 Jahre. Auch Temperaturen von 60 °C über 4 Stunden führen zu keinem Verlust der Infektionstüchtigkeit. Sicher inaktiviert wird HBV bei Temperaturen von >80 °C über 5 min. Übertragung: HBV hat ein enges Wirtsspektrum, das auf Menschen und einige andere Primaten beschränkt ist. Damit ist die einzige praktisch relevante Infektionsquelle der Mensch. Übertragen wird HBV in erster Linie direkt von Mensch zu Mensch durch sexuellen Kontakt, durch direkten Kontakt mit Blut und anderen Körperflüssigkeiten sowie als vertikale Übertragung während der Geburt von der Mutter zum Kind (häufigster Übertragungsweg in Endemiegebieten). Indirekte Infektionswege sind die Übertragung durch Bluttransfusionen und Blutprodukte sowie durch kontaminierte Kanülen, Spritzen und Instrumente. Infektionen sind auch bei Tätowierungen, Piercing und Ohrringstechen mit nicht ordnungsgemäß aufbereiteten Instrumenten dokumentiert. Eine Übertragung durch Tröpfcheninfektion, durch Wasser oder durch Insektenstiche ist nicht nachgewiesen. Dauer der Infektiosität: Infektiosität besteht bereits in der Inkubationszeit und bleibt in der akuten Phase erhalten. Bei chronisch persistierenden Infektionen ist die Infektiosität laufend oder zumindest intermittierend gegeben. Marker für die Infektiosität sind HBV-DNS und HBe-Antigen im Serum. Der Nachweis von HBs-Antigen allein ist nicht mit hoher Infektiosität gleichzusetzen, da DNS-freie HBs-Antigen-Partikel im Überschuss produziert werden. 100%ig auszuschließen ist dabei allerdings eine Infektiosität nicht, da HBV-DNS und HBe-Antigen eventuell unter der Nachweisgrenze liegen können. Es besteht jedoch keinesfalls ein hohes Übertragungsrisiko. Verbreitung: Weltweit mit unterschiedlicher Häufigkeit. Hepatitis B ist eine der häufigsten Viruserkrankung des Menschen, die zu chronischem Verlauf führen kann( weltweit > 350.000 chronische Virusträger). In Europa treten HBV-Infektionen überwiegend sporadisch auf. Die chronische Trägerrate liegt bei unter 1% der Bevölkerung. Die Zahl der chronisch mit HBV infizierten Personen wird in Österreich auf 42.000 geschätzt. Von diesen werden voraussichtlich 0,5% wegen Leberkarzinom und 2% wegen Leberzirrhose eine Behandlung im Krankenhaus benötigen. Inkubationszeit: Die Inkubationszeit beträgt 30 bis 180, in der Mehrzahl der Fälle 60–90 Tage. Der Verlauf der Infektion erfolgt in vier Stadien: Stadium I ist durch Immuntoleranz gekennzeichnet und entspricht der Inkubationszeit. Bei gesunden Erwachsenen dauert dieses Stadium etwa 2–4 Wochen, bei Infektionen in der Neugeborenenperiode kann es über Jahrzehnte bestehen bleiben. Die Virusreplikation erfolgt hier ungehindert, wegen der fehlenden Immunantwort finden sich keine erhöhten Transaminasen und keine Krankheitszeichen. Im Blut nachzuweisen sind HBV-DNS, HBs-Antigen, HBe-Antigen und Antikörper gegen HBc-Antigen. Stadium II ist wegen der sich nunmehr entwickelnden Immunantwort durch Zelluntergang, Entzündung und die Symptome einer aktiven Hepatitis gekennzeichnet. Bei akutem Verlauf der HBV-Infektion dauert dieses Stadium 3–4 Wochen, bei chronischem Verlauf viele Jahre oder Jahrzehnte und führt zur Zirrhose und anderen Komplikationen inklusive hepato-zellulärem Karzinom. In diesem Stadium dauert die Virusreplikation – allerdings auf einem niedrigeren Niveau – weiter an. Dementsprechend bleiben HBV-DNS, HBs-Antigen und HBe-Antigen weiterhin nachweisbar. Transaminasen sind als Zeichen des Zellunterganges erhöht. Eine dauerhafte Heilung ist umso wahrscheinlicher, je heftiger die Immunantwort und damit der Transaminasenanstieg und die klinischen Krankheitszeichen sind. 151 en Im Stadium III kommt die aktive Virusreplikation zum Erliegen. Die Virus-DNS im Blut sinkt drastisch ab. HBe-Antigen ist nicht mehr nachweisbar, statt dessen finden sich Antikörper gegen HBe-Antigen. Die Infektion endet allmählich und die Transaminasen werden normal. HBs-Antigen bleibt allerdings noch länger nachweisbar. Im Stadium IV ist die Immunität ausgebildet. Eine Reinfektion oder eine Reaktivierung wird unwahrscheinlich. Anstatt des HBs-Antigens sind nunmehr Antikörper dagegen zu finden. HBV-DNS ist nicht mehr nachweisbar. Klinik: In der Symptomatik besteht eine deutliche Altersabhängigkeit. Der Ikterus als Leitsymptom einer Hepatitis ist bei Kindern unter 5 Jahren in weniger als 10% der Fälle ausgeprägt, findet sich jedoch in 30–50% bei älteren Kindern und Erwachsenen. Bei manifesten Infektionen entsprechen die klinischen Erscheinungen denen der akuten Hepatitis (siehe Hepatitis A, Klinik). Der Regelfall ist die akute Verlaufsform. In der Neugeborenenperiode (90%) oder bei inadäquater Immunantwort (bei Erwachsenen in 5-10%) verläuft die Infektion chronisch. Bei akuter Hepatitis erfolgt die Abheilung meist innerhalb von 6 Monaten. Viele Infektionen bleiben klinisch inapparent. Persistiert das HBs-Antigen mehr als sechs Monate, liegt definitionsgemäß eine chronische Hepatitis B vor. Bei dieser können Phasen einer klinisch aktiven Infektion mit symptomfreien Intervallen abwechseln. In letzterem Falle spricht man von einem „gesunden“ HBVTräger. Eine spontane Serokonversion, also eine Abheilung der chronischen Hepatitis, tritt mit einer Häufigkeit von 5% pro Jahr auf. Geht eine asymptomatische chronische HBV-Infektion in eine chronische Hepatitis über, so ist in etwa 15–25% der Fälle ein vorzeitiger Tod durch Leberzirrhose oder hepatozelluläres Karzinom zu erwarten. Die Gefahr, an einer Leberzirrhose zu sterben, ist bei einer chronischen HBV-Infektion um das 12- bis 79-fache erhöht. Bei bestehender Zirrhose kann nach Jahrzehnten ein hepatozelluläres Karzinom auftreten. Das relative Sterberisiko ist gegenüber nichtinfizierten Personen bis zu 150 Mal höher. Eine fulminante Hepatitis mit Tod durch Leberversagen ist bei etwa 0,5–1% der Fälle zu beobachten. Bei vorbestehenden Lebererkrankungen und bei Koinfektion mit Hepatitis D kann dieser Prozentsatz höher liegen. Schwangere Frauen sind im Vergleich zu nicht schwangeren durch eine Hepatitis B nicht stärker gefährdet. Eine Erkrankung gegen Ende der Schwangerschaft oder eine bestehende chronische Infektion zum Zeitpunkt der Entbindung führt erst während der Geburt zu einer Infektion des Kindes, da das HBV die Plazentaschranke nicht durchbricht. Die Gefahr für das Neugeborene hängt vom Infektionsstatus der Mutter ab. Bei HBe-Antigenpositiven Müttern werden 20–50% aller Kinder infiziert. Ist im mütterlichen Blut nur HBs-Antigen vorhanden, erfolgt die Infektion in weniger als 10% der Fälle. Da eine hohe Wahrscheinlichkeit einer chronischen Infektion des Neugeborenen besteht (90%), ist bei HBe- und/oder HBs-Antigen-positiven Müttern eine Immunprophylaxe des Neugeborenen durch aktive und passive Immunisierung indiziert (siehe auch Mutter-Kind-Pass). Nach einer Lebertransplantation bei chronischer Hepatitis B erfolgt häufig eine Reinfektion des Transplantates. Infektiosität: HBV kann während der Inkubationszeit, der akuten Krankheitsphase und bei chronischen Infektionen durch Blut und andere virushaltige Körperflüssigkeiten übertragen werden. Hinweis auf die Infektiosität ist das Vorhandensein von HBV-DNS oder von HBe-Antigen und/oder HBs-Antigen im Serum. Die Übertragungswahrscheinlichkeit ist umso höher, je höher die Virusmenge im Blut ist. Das Vorhandensein von HBeAntigen korreliert mit hoher Infektiosität. Diagnose: Die Hepatitis B lässt sich klinisch nicht von anderen akuten oder chronischen Formen der Virushepatitis unterscheiden. Neben den allgemeinen Laborparametern wie Transaminasen und Serumbilirubin ist in erster Linie der serologische Nachweis von Virusantigenen und -antikörpern für die Diagnose von Bedeutung. Darüber hinaus, vor allem bei unklaren Verläufen und zur Therapiekontrolle, ist die Bestimmung von HBV-DNS (z. B. mittels PCR) sinnvoll. Für die Diagnose der akuten Hepatitis B ist der Nachweis von HBs-Antigen, HBe-Antigen und von IgM-Antikörpern gegen HBc-Antigen pathognomonisch. Bei normalem Verlauf der Erkrankung 152 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk verschwinden zunächst HBe-Antigen und dann HBs-Antigen nach einigen Wochen und werden von Anti-HBe und Anti-HBs abgelöst. Das Auftreten von Anti-HBs weist auf die Elimination des Virus aus der Leber hin. Auch die IgM-Antikörper gegen HBc-Antigen verschwinden mit Ende der Virusreplikation, während Anti-HBc-IgG-Antikörper meist lebenslang nachweisbar bleiben. Für die serologische Diagnose der chronischen Hepatitis (Definition: Persistenz von HBs-Antigen für mehr als sechs Monate) sind wiederum die Marker für eine Virusreplikation HBe-Antigen, HBs-Antigen und HBV-DNS maßgeblich. Therapie: Wie bei anderen akuten Formen der Virushepatitis sind die Vermeidung körperlicher Anstrengung, der Verzicht auf Alkohol und auf fette Speisen die wichtigsten Maßnahmen. Eine medikamentöse Therapie ist derzeit nur bei chronischen Formen der Hepatitis B indiziert. Eine antivirale und immunstimulatorische Therapie ist nur bei chronischer Hepatitis sinnvoll und zielführend. Mit Interferon Alpha bestehen bereits jahrelange positive Erfahrungen. Die Behandlung kann zu einer anhaltenden Remission führen, die eine weitere Therapie nicht mehr erforderlich macht. Da der Erfolg einer Interferontherapie von der aktiven Immunantwort des Patienten abhängt, diese aber schwer voraussagbar oder in manchen Fällen nicht zu erwarten ist, werden auch Nukleosidanaloga, die einen direkten Einfluss auf die Virusreplikation haben, in der Therapie eingesetzt. Erfolgversprechende Daten liegen in erster Linie für Lamivudin und für Famciclovir und Adefovir dipivoxil vor. Immunprophylaxe: Die Indikation für eine passive Immunisierung mit Immunglobulinen ist heute auf spezielle Situationen eingeschränkt. Sie wird in der postexpositionellen Prophylaxe bei ungeimpften Personen im medizinischen Bereich (am besten innerhalb von 6-8h, nicht später als 1 Woche nach Kontakt) und bei Neugeborenen (noch im Kreissaal) von HBe- und/oder HBs-Antigen-positiven Müttern angewandt. In beiden Fällen soll mit der Immunglobulingabe eine simultane aktive Immunisierung erfolgen. Die WHO hat empfohlen, eine generelle Hepatitis-B-Impfung zur weltweiten Eradikation der Erkrankung einzuführen. Die österreichischen Gesundheitsbehörden haben sich dieser Empfehlung angeschlossen und empfehlen nunmehr eine generelle Impfung aller Kinder. Ne- rankheit ben der allgemeinen Impfung der Kinder ist die Impfung für all jene Personen zu empfehlen, die in medizinischen Berufen tätig sind und bei denen ein Kontakt mit Blut und anderen infektiösen Körperflüssigkeiten zu erwarten ist. Die Impfung für diese Personengruppe wird von der Unfallversicherung kostenlos angeboten und es wird der Impferfolg überprüft und der Termin für eine Auffrischungsimpfung aufgrund des HBs-Antikörpertiters festgelegt. Die Impfung ist außerdem folgenden Personengruppen anzuraten Hämodialysepatienten, Hämophilen oder Patienten, die regelmäßig Bluttransfusionen erhalten müssen geistig behinderten Pfleglingen und deren Pflegepersonal Immunsupprimierten mit malignen Erkrankungen Haushaltsangehörigen von HBe- und/oder HBs-Antigen-Trägern, sofern sie nicht bereits immun oder nicht selbst HBe- und/oder HBsAntigen-Träger sind Reisende in Gebiete mit hoher Hepatitis-BDurchseuchung, wenn ein enger Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung zu erwarten ist in Sicherheitsdiensten tätigen Personen (Exekutivbeamte, Rettungspersonal) Sexualpartnern von HBe- und/oder HBs-Antigen-positiven Personen Personen mit häufigem Wechsel der Sexualpartner Prostituierten intravenös konsumierenden Drogenabhängigen weiters wird die Impfung Menschen mit Leberkrankheiten oder einer chronischen HepatitisC-Infektion angeraten, da durch eine zusätzliche Hepatitis-B-Infektion mit einer höheren Komplikationsrate zu rechnen ist Prävention: Ziel präventiver Maßnahmen ist die Unterbrechung der Infektionskette. Dies wird sowohl durch Maßnahmen der Expositions- als auch der Immunprophylaxe erreicht. Entsprechend den bekannten Risikofaktoren richten sich die Maßnahmen in erster Linie gegen die sexuelle und die perinatale Übertragung sowie gegen berufliche und iatrogene Exposition. Weitere wichtige 153 en Schwerpunkte der Prävention sind die Vermeidung von Nadeltausch und unsterilen Praktiken beim intravenösen Drogenkonsum und die Einhaltung von grundlegenden Hygienemaßnahmen bei Tätowierung, Piercing und Ohrringstechen. Zur Verhinderung der sexuellen Übertragung wird die Verwendung von Kondomen propagiert. Durch Spenderscreening und Testung von Blutkonserven ist das Hepatitis-B-Risiko durch Blut und Blutprodukte in Österreich klein geworden. Dennoch bleibt die Forderung aufrecht, Bluttransfusionen nur bei klarer Indikationsstellung vorzunehmen. Schutz vor Verletzungen durch spitze und schneidende Gegenstände, sachgerechte Entsorgung oder Aufbereitung von kontaminiertem Material sowie die Einhaltung grundlegender hygienischer Maßnahmen sind gegen berufliche und nosokomiale Risken wirksam. Darüber hinaus hat die Impfung bei beruflich Exponierten einen besonderen Stellenwert. Das Risiko einer perinatalen Übertragung wird durch Testung der Schwangeren und durch nachfolgende Immunprophylaxe der Neugebore- Postexpositionelle Prophylaxe (aus: Österreichischer Impfplan 2004) Hepatitis-B-Immunprophylaxe im Fall einer möglichen Exposition mit HBV-haltigem Material (Nadelstichverletzungen oder ähnliche Infektionsereignisse) Für geimpfte Personen gilt generell: Keine Maßnahmen notwendig, wenn: – bei exponierter Person der Anti-HBs-Wert nach Gl ≥ 100 mlE/ml betrug und die letzte Impfung nicht mehr als 5 Jahre zurückliegt, oder – wenn innerhalb der letzten 12 Monate ein Anti-HBs-Wert von ≥ 100 mlE/ml gemessen worden ist (unabhängig vom Zeitpunkt der Gl) Eine sofortige Boosterimpfung (ohne weitere Maßnahmen) wird empfohlen, wenn – der Anti-HBs-Wert nach der Grundimmunisierung ≥ 100 mlE/ml betragen hat und die letzte Impfung 5 bis 10 Jahre zurückliegt (= ähnliches Vorgehen wie bei Tetanus). Eine sofortige serologische Testung und aktive Impfung der exponierten Person wird empfohlen, wenn: – die Person nicht bzw. nicht vollständig geimpft ist oder – die Person „Non-“ oder „Low-Responder“ ist (Anti-HBs-Wert nach Gl < 20 mlE/ml oder < 100 mlE/ml) oder – der Impferfolg nie kontrolliert worden ist oder – die letzte Impfung länger als 10 Jahre zurückliegt. Die zusätzliche Gabe von HBV-Immunglobulin – so rasch wie möglich – ist in diesem Fall vom Testergebnis abhängig: Aktueller Anti-HBs-Wert in mlE/ml Gabe von HBV-Immunglobulin ≥ 100 20–100 < 20 Nicht innerhalb von 48 Stunden zu bestimmen Nicht oder unvollständig geimpft nen von HBe-Antigen- und/oder HBs-Antigen-positiven Müttern vermindert. Maßnahmen für Infizierte und Kontaktpersonen: Das Übertragungsrisiko innerhalb der Familie oder nein nein ja ja ja im Freundeskreis kann bei Einhaltung allgemein üblicher häuslicher Hygiene selbst dann als gering eingeschätzt werden, wenn eine hohe Virämie vorliegt. Das gemeinsame Benutzen von z. B. Nagelscheren, Zahnbürsten oder Rasierapparaten sollte 154 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk unterbleiben. Unbedingt ist das Eindringen von Blut einer infizierten Person in die Blutbahn oder das Gewebe einer anderen Person zu vermeiden. Familienangehörige und Sexual-Partner HBsAgpositiver Personen sollten unbedingt geimpft und der Impferfolg sollte überprüft werden. HBV-Träger dürfen Gemeinschaftseinrichtungen besuchen bzw. ihrer Tätigkeit in diesen nachgehen. Bei HBV-infizierten Kindern mit ungewöhnlich aggressivem Verhalten, mit Blutungen oder akuten, generalisierten Dermatitiden muss eine individuelle Entscheidung durch das Gesundheitsamt getroffen werden. Eltern und Betreuer sollten über ein bekanntes Infektionsrisiko informiert und auf die Wichtigkeit der Impfung besonders hingewiesen werden. Invasive Tätigkeiten, bei denen eine Verletzungsgefahr für den Arzt besteht (z. B. bei Operationen in beengtem Operationsfeld, bei unterbrochener Sichtkontrolle, bei Operationen mit langer Dauer, bei Operationen, bei denen mit den Fingern in der Nähe scharfer/spitzer Instrumente gearbeitet wird, bei Operationen mit manueller Führung bzw. Tasten der Nadel oder beim Verschließen einer Sternotomie) sollten nur von Personen durchgeführt werden, die nachweislich eine Immunität gegen Hepatitis-B-Virus besitzen, entweder als Folge einer ausgeheilten Infektion oder nach erfolgreicher Hepatitis-B-Schutzimpfung. Generell sollte zu Beginn einer chirurgischen Ausbildung geklärt sein, dass der angehende Arzt kein HBV-Träger ist (HBsAg; HBeAg- und/oder HBV-DNS-negativ) und gegen Hepatitis B immun ist. Chronische HBV-Träger in nichtmedizinischen Berufen, die ebenfalls Tätigkeiten mit Verletzungsgefahr durchführen (Maniküre, Pediküre, Tätowierungen) müssen in gleicher Weise wie medizinisches Personal die Regeln der Infektionsprävention beachten und sich regelmäßig durch Fachkräfte darin schulen lassen. Desinfektion: Die einfachste Methode, um HBV zu inaktivieren, ist Erhitzen auf > 80 °C, mindestens für 10 Min. Deshalb sind zur Sterilisation von Instrumenten möglichst thermische Verfahren anzuwenden, s. auch neue Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene. Für die Desinfektion von Oberflächen sind Mittel auf der Wirkstoffbasis Aktivchlor, Perverbindungen bzw. rankheit Aldehyde einzusetzen, während zur Händedesinfektion hautverträgliche Mittel auf der Wirkstoffbasis Alkohole bzw. Aktivchlor verwendet werden sollten. Auf eine genügend lange Einwirkungszeit ist zu achten. Ausführliche Informationen über geeignete Mittel und Verfahren zur Inaktivierung von Viren können dem Expertisenverzeichnis der ÖGHMP oder der Liste der vom Bundesgesundheitsamt geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren (http://www.rki.de/GESUND/DESINF/DESINFLI.HTM) bzw. der Liste der DGHM (http://www. dghm.org) entnommen werden. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Sobald das Allgemeinbefinden den Besuch der Gemeinschaftseinrichtungen gestattet. Ausschluss von Ausscheidern (hier: Carriern): Kinder, aber auch Personal, dürfen Gemeinschaftseinrichtungen besuchen bzw. ihrer Tätigkeit nachgehen. Eine Ausnahme von dieser Regel sind Kinder mit ungewöhnlich aggressivem Verhalten (Beißen), mit Blutungen oder akuten, generalisierten Dermatiden. Hier muss die Entscheidung individuell getroffen werden. Ausschluss von Kontaktpersonen: nicht erforderlich. Hygienemaßnahmen zur Verhütung von Infektionen: Vermeidung von Blutkontakten. Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Aktive bzw. passive Schutzimpfung innerhalb von 6 bis 8 Stunden, nach 1 Woche nur mehr aktive Schutzimpfung. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle und beratende Tätigkeit über Maßnahmen, wie oben angeführt. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Falldefinition des BMGF Klinik: In symptomatischen Fällen klinisches Bild vereinbar mit Hepatitis, z. B. schleichender Beginn 155 en der Symptome und Gelbsucht oder erhöhte Serumkonzentration der Transaminasen. Laborkriterien für die Diagnose IgM-Antikörper gegen Hepatitis-B-Kernantigen (Anti-HBc) positiv Nachweis von HBV-Nukleinsäure im Serum Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: HbsAg-positiver Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf wie akute Hepatitis Bestätigt: Fall mit Laborbestätigung Referenzzentren Klinisches Institut für Virologie der Medizinischen Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartnerin: Univ.-Prof. Dr. Heidemarie Holzmann Tel.: 01/404 90-79522 Fax: 01/40490-9795 E-Mail: [email protected] Institut für Hygiene der Med. Universität Graz Universitätsplatz 4, 8010 Graz Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Harald H. Kessler Tel.: 0 31 6/380-43 63 oder 77 17 Fax: 0 31 6/380-96 49 E-Mail: [email protected] Merkblätter http://www.bmsg.gv.at/bmsg/relaunch/gesundheit/ http://www.hygiene-graz.at/erreger/frameset.html Österreichischer Impfplan: www.bmgf.gv.at 156 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Hepatitis C rankheit Erreger: Hepatitis-C-Virus (HVC) Reservoir: Der Mensch ist die einzige relevante Infektionsquelle. HCV findet sich im Blut, aber auch in anderen Körperflüssigkeiten wie Speichel, Schweiß, Tränen, Sperma und Muttermilch. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch Blut. Die Übertragungswahrscheinlichkeit steigt mit zunehmender Virusmenge. Verbreitung: Weltweit. Schätzungsweise bis zu 5 Millionen Menschen in der EU sind HCV-Antikörper-positiv. Die Durchseuchung ist in den mediterranen Ländern höher als in den übrigen EU-Staaten; in Österreich wird sie auf maximal 1% der Bevölkerung geschätzt. Infektionswege: Die Beurteilung der Übertragungsrisiken ist sehr schwierig, da beim Hepatitis- C-Virus die infektiöse Dosis nicht bekannt ist. Typischerweise ist die Hepatitis C eine Posttransfusionshepatitis. Transfusion HCV-positiver Blutkonserven oder Verabreichung kontaminierter Blutprodukte waren bis zur Einführung der serologischen Testsysteme der häufigste Übertragungsweg. Jetzt nimmt der intravenöse Drogenkonsum mit Nadeltausch oder Verwendung unsterilen Materials den wichtigsten Platz ein. Weitere Infektionsmöglichkeiten bestehen durch mangelhafte hygienische Zustände in Tätowier- und Piercingstudios, bei Mani- und Pediküre, beim Frisör (Rasierklingen), bei Akupunktur und blutenden Zahnbehandlungen. Die sexuelle Übertragung scheint ein sehr seltenes Ereignis zu sein. Die Prävalenz der Hepatitis C ist in stabilen Partnerschaften (sowohl in hetero- als auch in homosexuellen Beziehungen) sehr gering. Das vertikale Übertragungsrisiko (von der Mutter auf das Kind) scheint ebenfalls sehr gering zu sein (durchschnittlich 3–5%). Bei bis zu einem Drittel der HCV-Infektionen bleibt der Übertragungsweg und damit der Risikofaktor unklar. Dauer der Infektiosität: Die Infektion bleibt bestehen, solange eine Virusreplikation erfolgt. Da ein sehr großer Teil der HCV-Infektionen chronisch verläuft, können infizierte Personen über Jahrzehnte eine Infektionsquelle darstellen. Inkubationszeit: Die Inkubationszeit beträgt 15– 150, im Mittel 40–50 Tage. Klinik: Die überwiegende Zahl der akuten Infektionen verläuft symptomlos. Maximal 20% der Patienten entwickeln eine klinische Symptomatik. Am häufigsten sind leichte Krankheitsbilder, die sich in erster Linie in Müdigkeit, Übelkeit und/ oder Zeichen eines grippalen Infektes äußern. Ikterus ist ein seltenes Ereignis. Bei etwa 20–50% aller akuten Hepatitis-C-Infektionen kommt es zu einer Spontanheilung, bei etwa 50–80% zu einer Chronifizierung. Bei Viruspersistenz über mehr als 6 Monate spricht man von einer chronischen HCVInfektion; sind gleichzeitig die Leberenzyme über diesen Zeitraum erhöht, von einer chronischen Hepatitis C. Bei etwa drei Viertel der chronisch Infizierten verläuft die Hepatitis C mild und meist ohne Krankheitszeichen, während es etwa bei einem Viertel nach durchschnittlich 20 Jahren zu einer Leberzirrhose kommt. Die Zirrhose kann sich schneller entwickeln, wenn zusätzliche Risikofaktoren wie Alkoholabusus vorliegen. Bei Patienten mit Hepatitis-C-induzierter Leberzirrhose besteht das Risiko der Entwicklung eines hepato-zellulären Karzinoms. Extrahepatische Manifestationen einer Hepatitis C sind selten und können eine Vaskulitis der kleinen Gefäße, Kryoglobulinämie, Glomerulonephritis, Porphyria cutanea tarda und gelegentlich auch ein B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom umfassen. Diagnose: Die Klinik der HCV-Infektion ist in den meisten Fällen, wenn überhaupt vorhanden, uncharakteristisch. Daher erfolgt die Diagnose oft an Hand eines Zufallsbefundes. Erhöhte Leberenzyme (besonders ALT) und Anti-HCV-Antikörper sind meist die einzigen Hinweise auf das Vorliegen einer Hepatitis C. Oft ist es auch nur ein Antikörperbefund allein, der zur Diagnose führt. Antikörper sind frühestens 4 Wochen nach der Infektion nachweisbar. Nach 6 Wochen entwickeln 80% der Infizierten Antikörper, nach 12 Wochen sind es mehr als 90%. Wegen der geringen Spezifität des Anti-HCV-Antikörper-Nachweises muss ein positiver Befund immer mittels eines Nachweises vira- 157 en ler RNA aus dem Serum bestätigt werden. Dieser Nachweis gelingt meist ab einem Zeitpunkt von 1 bis 2 Wochen nach Eintritt der Infektion. Zur Aussage über den Grad der Leberschädigung ist eine histologische Untersuchung erforderlich. Leberzirrhose und hepatozelluläres Karzinom werden auch durch bildgebende Verfahren erfasst. Therapie: Therapieziel ist die Negativierung der Serum-HCV-RNA. Interferon Alpha wird seit Jahren in der Therapie der chronischen Hepatitis C verwendet. Die aktuelle Therapie der chronischen Hepatitis C besteht aus pegyliertem Interferon Alpha und Ribavirin. Durch diese Kombinationstherapie wird eine Steigerung des dauerhaften Ansprechens auf bis zu 50% erhofft. Im Stadium der Zirrhose mit Komplikationen ist eine Lebertransplantation zu erwägen. Für Patienten mit chronischer Hepatitis C ist eine Impfung gegen Hepatitis A und Hepatitis B zu empfehlen. Prävention: Da eine Impfung derzeit nicht zur Verfügung steht, bieten die im Folgenden angeführten Vorsichtsmaßnahmen den einzigen Schutz. Folgende Punkte sollten beachtet werden: Ein Übertragungsrisiko innerhalb einer Familie bzw. unter Haushaltsangehörigen ist sehr gering Verwendung eigener Toiletteartikel (Rasierer, Zahnbürsten, Nagelscheren, Nagelfeilen usw.) Übertragung bei gemeinsamer Verwendung von Küchengeräten und Handtüchern äußerst unwahrscheinlich Übertragung durch Kuss auf Wange oder auf andere unverletzte Hautstellen nicht möglich Vorsicht bei offenen Wunden (Einmalhandschuhe) und Kontakt mit Blut Übertragung bei Sexualpartnern Übertragung durch Zungenkuss äußerst unwahrscheinlich – Zahnfleischbluten (z. B. bei Parodontose) stellt möglicherweise ein Risiko dar Sexuelle Übertragung sehr selten – Kondom bei Geschlechtsverkehr während der Menstruation und bei Sexualpraktiken mit Verletzungsrisiko Vertikales Übertragungsrisiko (von der Mutter auf das Kind) sehr gering Mütterliche Hepatitis-C-Infektion derzeit eher keine Indikation für Kaiserschnitt Hepatitis-C-Übertragung durch Stillen sehr unwahrscheinlich, daher derzeit kein Einwand gegen das Stillen Verwendung von Einmalspritzen und -nadeln bei intravenös Drogenabhängigen Bekanntgabe der Erkrankung vor einem chirurgischen Eingriff und vor einer Zahnbehandlung, jedoch besteht keine generelle Informationspflicht der Infizierten über ihre Erkrankung. Die Zulassung bei Vorliegen einer chronischen Hepatitis C zu einer Gemeinschaftseinrichtung (z. B. Kindereinrichtung, Schule) kann erfolgen, sobald das Allgemeinbefinden den Besuch der Einrichtung wieder erlaubt, unabhängig davon, ob der Erreger zu diesem Zeitpunkt im Blut noch nachweisbar ist. Eine Ausnahme von dieser Regel stellen nur Personen mit ungewöhnlich aggressivem Verhalten (Beißen), einer Blutungsneigung oder einer generalisierten Dermatitis dar. In diesen Fällen muss die Entscheidung über die Zulassung zu einer Gemeinschaftseinrichtung durch das Gesundheitsamt individuell getroffen werden. Desinfektion: Die sicherste Methode, HCV zu inaktivieren, ist durch Erhitzen. Deshalb sind zur Desinfektion von Instrumenten thermische Verfahren anzuwenden. Für die Desinfektion von Oberflächen sind Mittel auf der Wirkstoffbasis Aktivchlor, Perverbindungen bzw. Aldehyde einzusetzen, während zur Händedesinfektion hautverträgliche Mittel auf der Wirkstoffbasis Alkohole bzw. Aktivchlor verwendet werden sollten. Ausführliche Informationen über geeignete Mittel und Verfahren zur Inaktivierung von Viren können dem Expertisenverzeichnis der ÖGHMP oder der Liste der vom Bundesgesundheitsamt geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren (http://www.rki.de/GESUND/DESINF/DESINFLI. HTM) bzw. der Liste der DGHM (http://www. dghm.org) entnommen werden. 158 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle und beratende Tätigkeit über Maßnahmen wie oben angeführt. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Falldefinition des BMGF Klinik: In symptomatischen Fällen klinisches Bild vereinbar mit Hepatitis, z. B. schleichender Beginn der Symptome und Gelbsucht oder erhöhte Serumkonzentration der Transaminasen. Laborkriterien für die Diagnose Nachweis HCV-spezifischer Antikörper Nachweis von HCV-Nukleinsäure in klinischen Proben rankheit Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Entfällt Bestätigt: Symptomatischer Fall mit Laborbestätigung Referenzzentrum Institut für Hygiene der Med. Universität Graz Universitätsplatz 4, 8010 Graz Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Harald H. Kessler Tel.: 0 31 6/380-43 63 oder 77 17 Fax: 0 31 6/380-96 49 E-Mail: [email protected] Merkblatt http://www.bmsg.gv.at/bmsg/relaunch/gesundheit/ http://www.uni-graz.at/hygwww/cmd.html 159 en 160 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Hepatitis D rankheit Erreger: Hepatitis D wird durch ein unvollständiges hepatotropes RNA-Virus hervorgerufen, das vom gleichzeitigen Vorhandensein des Hepatitis-B-Virus abhängig ist Verbreitung: Das Virus ist mit unterschiedlicher regionaler Prävalenz weltweit verbreitet. In Österreich sind HDV-Infektionen selten. Übertragung: Wie bei HBV ist der Mensch die einzige praktisch relevante Infektionsquelle. Die Infektionswege entsprechen denen von HBV, wobei sowohl eine simultane Übertragung von HBV und HDV als auch eine zeitlich verschobene, als Superinfektion auf eine bestehende chronische HBVInfektion möglich ist. Das Risiko einer sexuellen Übertragung von HDV scheint gering zu sein, eine perinatale Übertragung ist selten. Dies dürfte in Zusammenhang mit dem gegenüber HBV sowohl in der akuten als auch in der chronischen Infektionsphase deutlich niedrigeren Virustiter stehen. Häufig ist die Übertragung von HDV bei intravenös konsumierenden Drogenabhängigen. Dauer der Infektiosität: Die Infektiosität bleibt während der gesamten Dauer der Virusreplikation, also in der Inkubationszeit und in der akuten sowie der chronischen Krankheitsphase bestehen. Inkubationszeit: Die Inkubationszeit entspricht jener der Hepatitis B. Klinik: Personen, die mit HBV und HDV koinfiziert sind, neigen zu schwereren Verlaufsformen der akuten Hepatitis und haben ein Risiko von 2 bis 20%, eine fulminante Hepatitis zu entwickeln. In den meisten Fällen der simultanen Übertragung verläuft die Krankheit akut, lediglich 10% der Infizierten entwickeln eine chronische Hepatitis. Erfolgt allerdings eine Superinfektion auf eine chronische HBV-Infektion, so ist in bis zu 95% der Fälle eine chronische Hepatitis D zu erwarten. Diese schreitet meist rasant fort und führt frühzeitig zur Leberzirrhose. Ein hepatozelluläres Karzinom bei chronischer HDV-Infektion ist seltener, wohl deshalb, weil die rasch progrediente Lebererkrankung zum Tode führt, bevor sich ein Karzinom entwickeln kann. Diagnose: Die spezifische Diagnose wird durch den serologischen Nachweis von Antikörpern gegen HD-Antigen im Serum gestellt. Antikörper der IgM-Klasse sind sowohl bei der akuten als auch bei der chronischen HDV-Infektion zu finden. Der serologische Nachweis von HD-Antigen im Serum ist unsicher und daher nicht zum Ausschluss einer Infektiosität geeignet. Durch Virusnukleinsäurenachweis, z. B. mittels PCR, ist eine zuverlässige Detektion der Virämie im Serum möglich. Therapie: Als spezifische Maßnahme steht derzeit nur eine Therapie mit Interferon Alpha-2b zur Verfügung. Grundsätzlich muss jedoch festgestellt werden, dass jede Form der antiviralen Therapie, die eine Elimination des Hepatitis-B-Virus zur Folge hat, auch die Hepatitis D zum Erliegen bringt. Prävention: Für die Prävention der Hepatitis D gelten die für Hepatitis B und andere durch Blut übertragbare Infektionen empfohlenen Richtlinien. Die Immunisierung gegen Hepatitis B schützt auch vor einer Hepatitis D. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle bei Hinweis auf gehäuftes Auftreten oder bei sporadischen Infektionen innerhalb von Gesundheitseinrichtungen. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Falldefinition nach RKI Klinisches Bild Klinisches Bild vereinbar mit akuter Hepatitis, charakterisiert durch akuten/subakuten Krankheitsbeginn mit Ikterus oder erhöhten Serumtransaminasen. Labordiagnostischer Nachweis Nachweis einer HBV-Infektion (HBsAg-positiv oder HBV-Nukleinsäure-Nachweis, z. B. PCR) und positiver Befund mit mindestens einer der nachfolgend aufgeführten Methoden: HDV-Nukleinsäure-Nachweis (z. B. PCR) 161 en Labordiagnostischer Nachweis vorhanden, Angaben zum klinischen Bild nicht ermittelbar, soweit keine chronische Infektion mit dem Hepatitis-D-Virus bekannt ist. HDV-Antigen-Nachweis Anti-HDV-IgM-Nachweis Fallklassifizierung Klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung: Entfällt Klinisch und durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit akuter Hepatitis und labordiagnostischer Nachweis, soweit keine chronische Infektion mit dem Hepatitis-D-Virus bekannt ist. Durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte asymptomatische Infektion: Labordiagnostischer Nachweis bei fehlendem klinischen Bild, soweit keine chronische Infektion mit dem Hepatitis-D-Virus bekannt ist. Nur durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Infektion: Referenzzentren Klinisches Institut für Virologie der Medizinischen Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Heidemarie Holzmann Tel.: 01/404 90 79522 Fax: 01/40490-9795 E-Mail: [email protected] Merkblatt http://www.bmsg.gv.at/bmsg/relaunch/gesundheit/ 162 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Hepatitis E rankheit Erreger: Hepatitis-E-Virus (HEV) Übertragung: In der Epidemiologie ähnelt die Hepatitis E der Hepatitis A. Hepatitis E wird auf fäkaloralem Weg übertragen, wobei das wichtigste Vehikel fäkal kontaminiertes Trinkwasser sein dürfte. Das Virus wird während der Inkubationszeit und in der frühen akuten Krankheitsphase mit dem Stuhl ausgeschieden. Die Virusmenge ist im Allgemeinen geringer als bei der Hepatitis A. HEV dürfte auch leichter durch Umwelteinflüsse inaktiviert werden als HAV. Daraus erklärt sich auch die geringe Wahrscheinlichkeit einer sekundären Ausbreitung von HEV-Infektionen im Vergleich zur Hepatitis A. Hepatitis E verursacht sowohl große Ausbrüche als auch bis zu 50% der Fälle von akuter sporadischer Hepatitis bei Kindern und Erwachsenen in Endemiegebieten. Im Gegensatz zum Hepatitis-A-Virus scheint bei HEV eine Übertragung von Mensch zu Mensch ungewöhnlich zu sein, da Sekundärfälle in Familien kaum beobachtet werden und Ausbrüche gewöhnlich selbstlimitiert sind. Reservoir: Neben den Menschen infiziert HEV auch Schimpansen und andere Affenarten sowie Hausschweine. Die epidemiologische Bedeutung dieser Wirte ist unklar. Verbreitung: Das geographische Verbreitungsgebiet der Hepatitis E reicht von Mittel- und Lateinamerika über Afrika nach Südost- und Ostasien. In Europa und in den USA wurden bislang keine Ausbrüche registriert. Die meisten Fälle, die in diesen Regionen diagnostiziert werden, betreffen Reisende, die aus Endemiegebieten zurückkehren. Inkubationszeit: Die Inkubationszeit beträgt 15– 60, im Mittel 40 Tage. Klinik: Klinisch bietet die Hepatitis E das typische Bild einer akuten Hepatitis mit oft cholestatischer Komponente. Chronische Verlaufsformen treten nicht auf. Wie auch bei der Hepatitis A scheint die klinische Manifestation altersabhängig zu sein. Anikterische und/oder subklinische Infektionen treten häufig bei Kindern auf. Die größte Wahrscheinlichkeit einer klinisch manifesten Erkrankung liegt bei Erwachsenen in jungem und mittlerem Alter. Der klinische Verlauf der Hepatitis E ist im Allgemeinen gutartig. Ein ungewöhnlich hohes Risiko, eine fulminante Hepatitis zu entwickeln, haben allerdings schwangere Frauen, die im dritten Trimenon mit HEV infiziert werden. Bei Epidemien wurde hier eine Letalität von 10–40% beobachtet. Diagnose: Neben den allgemeinen klinischen Symptomen, die auf eine Hepatitis hinweisen, ist die Reiseanamnese zur Erstellung einer Verdachtsdiagnose wesentlich. Zur spezifischen Diagnose einer Hepatitis-E-Infektion ist der Nachweis von Antikörpern gegen HEV möglich. Antikörper gegen HEV treten bereits in der frühen Infektionsphase auf. Die Differenzierung von Antikörpern der IgG- und IgM-Klasse lässt einen Rückschluss auf eine akute oder auf eine bereits abgelaufene Infektion zu. Therapie: Eine spezifische Therapie der Hepatitis E ist nicht verfügbar und wegen des meist gutartigen Verlaufes der Infektion auch nicht erforderlich. Untersuchungen an infizierten Hepatozyten weisen auf eine Wirkung von Ribavirin und von Interferon Alpha hin. Sonst gelten die allgemeinen Prinzipien einer symptomatischen Therapie wie Bettruhe und Verzicht auf Alkohol und fette Speisen. Immunprophylaxe: Eine Impfung gegen HEV existiert noch nicht, ist aber in Entwicklung. Es besteht keinerlei Kreuzimmunität zwischen HAV und HEV. Die bei uns erhältlichen Immunglobulinpräparationen enthalten keine protektiven Antikörper gegen HEV. Mit HEV-Antikörpern angereicherte gepoolte Immunglobuline sind nicht verfügbar. Wegen der fehlenden Möglichkeiten der Immunprophylaxe sollten Schwangere, die beabsichtigen, in ein Endemiegebiet zu reisen, aufgrund der Gefahr einer fulminanten Hepatitis die Notwendigkeit der Reise und das damit verbundene Risiko besonders sorgfältig abwägen. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Nach Abklingen der Krankheitssymptome. 163 en Ausschluss von Kontaktpersonen: Nicht erforderlich. Hygienemaßnahmen zur Verhütung von Infektionen: Die Übertragung des Erregers kann wirksam durch Vermeiden einer fäkal-oralen Schmierinfektion, vor allem durch Händehygiene, verhütet werden. Fallklassifizierung Klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit akuter Hepatitis und Nachweis eines epidemiologischen Zusammenhangs mit einer durch labordiagnostischen Nachweis bestätigten Infektion (Inkubationszeit ca. 15–64 Tage). Epidemiologischer Zusammenhang: Mensch-zu-Mensch-Übertragung oder gemeinsame Expositionsquelle wie z. B. kontaminierte Lebensmittel oder kontaminiertes Wasser Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Keine. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle und beratende Tätigkeit über Maßnahmen wie oben angeführt. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Klinisch und durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Erkrankung: Falldefinition nach RKI Durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte asymptomatische Infektion: Klinisches Bild vereinbar mit akuter Hepatitis, charakterisiert durch akuten/subakuten Krankheitsbeginn mit Ikterus oder erhöhten Serumtransaminasen. Labordiagnostischer Nachweis Positiver Befund mit mindestens einer der nachfolgend aufgeführten Methoden bei Ausschluss einer akuten Hepatitis A, B und C sowie anderer Ursachen einer akuten Hepatitis: Nukleinsäure-Nachweis (z. B. PCR) HEV-IgM-Antikörper-Nachweis (z. B. ELISA) HEV-IgG-Antikörper-Nachweis (Ž vierfacher Titeranstieg in zwei Proben, z. B. ELISA) Klinisches Bild vereinbar mit akuter Hepatitis und labordiagnostischer Nachweis Labordiagnostischer Nachweis bei fehlendem klinischem Bild Nur durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Infektion: Labordiagnostischer Nachweis vorhanden, Angaben zum klinischen Bild nicht ermittelbar Referenzzentrum keines IMerkblatt http://www.bmsg.gv.at/bmsg/relaunch/gesundheit/ 164 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Keuchhusten rankheit Erreger: Bordetella pertussis. Infektionen mit B. parapertussis können ebenfalls zu einem keuchhustenähnlichen Krankheitsbild führen, das aber meist leichter und kürzer als bei einer Erkrankung durch B. pertussis verläuft. Vorkommen: Die höchste Inzidenz wird in Mitteleuropa im Herbst und Winter beobachtet, jedoch ist die Saisonalität nicht besonders stark ausgeprägt. Reservoir: Der Mensch ist das einzige Reservoir für B. pertussis. B. parapertussis wird bei Menschen und Schafen gefunden. Infektionsweg: Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion bei engem Kontakt. Auch gegen Pertussis geimpfte Kinder können nach Erreger-Kontakt vorübergehend Träger von Bordetella sein. Ein lang dauernder Trägerstatus bei Gesunden ist bisher nicht dokumentiert worden. Auch Jugendliche und Erwachsene spielen als Überträger eine zunehmende Rolle. Inkubationszeit: 7–14 (20) Tage. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Die Ansteckungsfähigkeit beginnt am Ende der Inkubationszeit, erreicht ihren Höhepunkt während der ersten beiden Wochen der Erkrankung und klingt dann allmählich ab (insgesamt etwa 3 Wochen). Bei Durchführung einer antibiotischen Therapie verkürzt sich die Dauer der Ansteckungsfähigkeit auf etwa 5 Tage nach Beginn der Therapie. Klinische Symptomatik: Pertussis ist in der Regel eine Erkrankung über mehrere Wochen bis Monate. Die typische Pertussis wird in drei Stadien eingeteilt: Stadium catarrhale (Dauer 1–2 Wochen): Es ist durch grippeähnliche Symptome wie Schnupfen, leichten Husten, Schwäche und mäßiges Fieber gekennzeichnet. Stadium convulsivum (Dauer 4–6 Wochen): In diesem Stadium kommt es zu anfallsweise auftretenden Hustenstößen (Stakkatohusten), gefolgt von inspiratorischem Ziehen. Die Hustenattacken gehen häufig mit Hervorwürgen von zähem Schleim und anschließendem Erbrechen einher. Die Attacken können sehr zahlreich sein und treten gehäuft nachts auf. Äußere Anlässe (z. B. körperliche Anstrengung) und psychische Faktoren können sie auslösen. Das typische Keuchen besteht in der Hälfte der kindlichen Fälle, es kommt durch die plötzliche Inspiration gegen eine geschlossene Glottis am Ende des Anfalles zustande. Fieber fehlt oder ist nur geringfügig ausgeprägt. Wenn es vorhanden ist, deutet es in der Regel auf eine bakterielle Sekundärinfektion hin. Stadium decrementi (Dauer 6–10 Wochen): Es kommt zum allmählichen Abklingen der Hustenanfälle. Pertussis kann bei Erwachsenen häufig nur als länger dauernder Husten ohne die typischen Hustenanfälle verlaufen. Auch bei Säuglingen findet man häufig kein ganz charakteristisches Bild. Komplikationen können insbesondere im ersten Lebensjahr auftreten. Die häufigsten Komplikationen sind Pneumonien (15–20% der stationär behandelten Pertussis-Patienten) und Otitis media durch Sekundärinfektionen mit Haemophilus influenzae oder Pneumokokken, seltener mit Streptococcus pyogenes oder Staphylococcus aureus. In seltenen Fällen werden Krampfanfälle beobachtet. In Einzelfällen kann es zum Auftreten einer Enzephalopathie kommen, die oft Dauerschäden hinterlässt. Plötzliche Todesfälle können, insbesondere bei Säuglingen, vereinzelt auftreten. Diagnostik: Bei einer „klassischen“ KeuchhustenSymptomatik wird die Diagnose in der Regel durch den klinischen Befund gestellt, wobei man von einer Treffsicherheit von 80 bis 85% ausgehen kann. Eine Indikation für eine weiterführende Diagnostik besteht bei längerem Husten ohne typische Hustenanfälle bei Kindern, aber auch bei Geimpften, Adoleszenten und Erwachsenen. Insbesondere in frühen Stadien ist ein kultureller Nachweis von B. pertussis und B. parapertussis aus Nasopharyngealabstrichen der diagnostische Standardtest. Im Stadium convulsivum findet man bei 20–80% der Patienten eine Leukozytose mit 165 en Lymphozytose. BSG und CRP sind nicht oder nur leicht erhöht. Prophylaxe: aktive Schutzimpfung ab dem 3. Lebensmonat (Auffrischungen alle 10 Jahre). Therapie: Eine antibiotische Therapie beeinflusst Dauer und Heftigkeit der Hustenattacken häufig nicht wesentlich, da sie in der Regel nicht früh genug eingesetzt wird, um eine deutliche klinische Verbesserung zu erzielen. Sie ist jedoch zur Unterbrechung der Infektionskette von wesentlicher Bedeutung. Der Einsatz von Antibiotika ist sinnvoll, solange der Patient Bordetellen ausscheidet (Ende der Inkubationszeit, Stadium catarrhale, frühes Stadium convulsivum). Das Mittel der Wahl ist Erythromycin, aber auch andere Makrolide wie Azithromycin, Clarithromycin und Roxithromycin sind wirksam. Als Alternative zu den Makroliden ist die Anwendung von Cotrimoxazol möglich. – Unter Amoxicillin wurden Therapieversager beobachtet, es sollte nicht mehr verwendet werden. Oralcephalosporine sind gegen Bordetellen inaktiv und sollten ebenfalls nicht angewendet werden. Der Nutzen von Antitussiva, Sedativa und Neuroleptika ist umstritten. Bei zähem Schleim können Mukolytika versucht werden. Eine ruhige Umgebung, reichliche Flüssigkeitszufuhr und häufige kleine Mahlzeiten sind wichtige unterstützende Maßnahmen. Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen: Patienten mit Pertussis, die in einem Krankenhaus behandelt werden, sollten für 5 Tage nach Beginn einer antibiotischen Behandlung von anderen Patienten getrennt untergebracht werden. Eine Wiederzulassung zu Gemeinschaftseinrichtungen kann frühestens 5 Tage nach Beginn einer effektiven Antibiotikatherapie erfolgen. Ein schriftliches ärztliches Attest ist nicht erforderlich. Ohne antimikrobielle Behandlung ist eine Wiederzulassung frühestens 3 Wochen nach Auftreten der ersten Symptome möglich. Für enge Kontaktpersonen besteht die Empfehlung einer Chemoprophylaxe mit Erythromycin. Geimpfte Kontaktpersonen sind vor der Erkrankung weitgehend geschützt, können aber vorübergehend Bordetellen beherbergen und damit eine Infektionsquelle darstellen. Diese Personen sollten vorsichtshalber eine Chemoprophylaxe erhalten, wenn sich in ihrer Umgebung gefährdete Personen, wie z. B. Säuglinge und Kinder mit kardialen oder pulmonalen Grundleiden, befinden. Ein Ausschluss der Kontaktpersonen von Gemeinschaftseinrichtungen ist nicht erforderlich, solange kein Husten auftritt. Bei Husten sind Untersuchungen zur Feststellung oder zum Ausschluss von Pertussis angezeigt. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Ohne antimikrobielle Behandlung ist eine Wiederzulassung erst drei Wochen nach Auftreten der ersten Symptome gefahrlos möglich. Frühestens fünf Tage nach Beginn einer effektiven Therapie mit Erythromycin können Patienten eine Gemeinschaftseinrichtung wieder besuchen. Ein schriftliches ärztliches Attest ist nicht erforderlich. Ausschluss von Ausscheidern: Entfällt. Ausschluss von Kontaktpersonen: Bei Husten sind Untersuchungen zur Feststellung oder zum Ausschluss von Pertussis angezeigt. Ein Besuchsverbot für Kontaktpersonen zu einem Indexpatienten in der häuslichen Gemeinschaft ist nicht vorgesehen. Hygienemaßnahmen zu Verhütung von Infektionen: Wirksame Maßnahmen sind nicht bekannt. Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Ungeimpften engen Kontaktpersonen wird eine Prophylaxe mit Erythromycin für 14 Tage empfohlen. Aufgaben des Amtsarztes Bei Bedarf Einleitung von Präventivmaßnahmen im Sinne der oben genannten Empfehlungen. Meldepflicht Erkrankung und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Falldefinition nach BMGF Klinik: Klinisches Bild vereinbar mit Keuchhusten, z. B. mindestens 2 Wochen andauernder Husten mit einem der folgenden Symptome: Hustenanfälle, Keuchen beim Einatmen oder posttussives Erbrechen ohne sonstige erkennbare Ursachen. 166 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Laborkriterien für die Diagnose Nachweis einer spezifischen Pertussis-Antikörper-Reaktion bei Patienten, die nicht kürzlich geimpft wurden Nachweis von Nukleinsäure Isolierung von Bordetella pertussis aus einer klinischen Probe Fallklassifizierung Möglich: Ein Fall, der der klinischen Falldefinition entspricht Wahrscheinlich: Ein Fall mit epidemiologischem Zusammenhang, der der klinischen Falldefinition entspricht Bestätigt: Ein Fall mit Laborbestätigung rankheit Referenzzentrum Institut für spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Medizinischen Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartner: Dr. P. Rendi-Wagner, Andrea Mikolasek Tel.: 01/427 76 48-65 oder 64861 Fax: 01/403 83 43-90 E-Mail: [email protected] [email protected] 167 en 168 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Legionärskrankheit (Legionellose) rankheit Erreger: Die epidemiologisch wichtigste Art ist Legionella pneumophila Verbreitung: Legionellen sind in natürlichem Süßwasser weit verbreitet, kommen aber zumeist nur in sehr geringen Keimzahlen vor. Temperaturen zwischen 25 °C und 50 °C, stagnierendes Wasser, korrodierte Rohrleitungen, Sedimentbildung, Gummi und Kunststoffoberflächen sowie Vorhandensein von Protozoen sind begünstigende Faktoren für eine starke Vermehrung der Legionellen. Solche Verhältnisse finden die Legionellen vor allem in künstlichen Systemen, in denen sich warmes Wasser befindet. Temperaturen bis 55 °C überleben die Keime ohne Schaden, erst über 60 °C sterben sie ab. Übertragung: Legionellen werden durch Inhalation von legionellenhaltigen Aerosolen von Warmwasser beim Duschen, offenen Kühltürmen von Klimaanlagen, Raumluftbefeuchtungsanlagen, Whirlpools, Kühlwasser von zahnärztlichen Bohrern usw. übertragen. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch wurde bisher nicht nachgewiesen. Bei Infektionen mit Legionellen spielen Risikofaktoren wie immunsuppressive Therapie, chronische Erkrankungen sowie Rauchen und Alkohol eine Rolle. Bekannt ist, dass Männer häufiger erkranken als Frauen. Im Jahr 2004 wurden in Österreich 57 Fälle von Legionärskrankheit diagnostiziert und dem Nationalen Referenzzentrum für Legionella-Infektionen (NRLI) gemeldet. Als Infektionsquellen für die in den Jahren 1995 bis 2004 in Österreich diagnostizierten Erkrankungsfälle müssen zu ca. 20 % Warmwasserversorgungsanlagen von Krankenhäusern in Österreich und zu ca. 25 % von Hotels im Inland und Ausland angenommen werden. Inkubationszeit: Tage. 2 bis 10 Tage, meist 5 bis 6 Krankheitsbild: Bei der Legionärskrankheit, der pneumonischen Verlaufsform der Legionellose, tritt nach einem grippeähnlichen Prodromalstadium hohes Fieber, häufig mit Schüttelfrost, trockener Husten und Muskel- und Kopfschmerzen auf. Die Beteiligung anderer Organe als der Lunge kann zu Diarrhöe, Verwirrtheit sowie Leber- und Nierenfunktionsstörungen führen. Legionellen können auch ein zweites Krankheitsbild, das Pontiac-Fieber, verursachen. Es handelt sich um eine akute respiratorische Erkrankung ohne Lungenbeteiligung. Nach einer Inkubationszeit von maximal 48 Stunden beginnt das Pontiac- Fieber mit Kopf- und Gliederschmerzen, respiratorischen Symptomen und hohem Fieber. Die Krankheitszeichen bilden sich innerhalb weniger Tage zurück. Die Erkrankung hat eine gute Prognose. Eine labordiagnostische Absicherung findet daher äußerst selten statt. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch wurde nicht nachgewiesen. Letalität: 10–20%. Diagnose: Das klinische Bild, die laborchemischen Befunde und der röntgenologische Befund sind nicht krankheitsspezifisch. Die Diagnose erfolgt durch einen labordiagnostischen Nachweis: Kultur von Legionellen aus Sekreten der Lunge, aus Lungengewebe oder Blut Nachweis von Legionella-Antigen im Harn Nachweis von Legionella-Antikörpern im Serum Nachweis von Legionellen im direkten Immunfluoreszenztest oder in der PCR in Sekreten der Lunge und aus Lungengewebe Therapie: Legionellen-wirksame Antibiotika, vor allem Makrolide und Gyrasehemmer. Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen: Bei ätiologisch ungeklärten Lungenentzündungen im Erwachsenenalter besteht immer die Möglichkeit einer Legionellose. Bei schweren klinischen Verläufen ist eine stationäre Behandlung angezeigt. Maßnahmen zur Absonderung der Patienten sind nicht erforderlich. Auch für Kontaktpersonen sind keine speziellen Maßnahmen erforderlich. Bei einer bestätigten Legionellose sollte versucht werden, die Infektionsquelle aufzuklären; dabei ist ein 169 en Zeitraum von 2 bis 10 Tagen vor Erkrankungsbeginn zu berücksichtigen. Maßnahmen bei Ausbrüchen: Bei Ausbrüchen ist es wichtig, die Quelle der Erregerstreuung schnell zu erkennen und zu eliminieren, um weitere Infektionen zu verhindern. Zur raschen Dekontamination von Wassersystemen können eine Chlorung oder vorübergehende Erhitzung des Wassers auf über 70 °C eingesetzt werden. Die Durchführung dieser Maßnahmen bedarf einer gründlichen Planung. Vorbeugung: Die Vorbeugung der Legionärskrankheit richtet sich auf Maßnahmen, welche einer Vermehrung der Legionellen im Wasser entgegenwirken oder eine Exposition zu legionellenhaltigem Wasser verhindern, wie z. B.: Warmwasserversorgungssysteme bei 55 °C betreiben, wobei dafür die Speichertemperatur etwa 60 °C betragen muss Vermeidung von Stellen mit stagnierendem Wasser, z. B. tote Leitungsabschnitte abtrennen, Warmwasserspeichervolumen auf eine regeltechnisch notwendige Mindestgröße beschränken Entlüftungsrohre so kurz wie möglich bauen ausreichende Wärmedämmung von Warm- und Kaltwasserleitungen Warmwasserzirkulation so nahe wie möglich an die Entnahmestellen heranführen ggfs. bakteriendichte Filter an Wasserauslässen einsetzen Aerosolbildung vermeiden, z. B. keine Duschköpfe mit feinem Stahl verwenden Mundpflege bei Patienten im Krankenhaus nicht mit Leitungswasser vornehmen Sanierung: Sanierungsmöglichkeiten von legionellenkontaminierten Wassersystemen sind: Thermische Sanierung von Warmwassersystemen durch intermittierendes Aufheizen der Anlage auf mindestens 70 °C. An den zu sanierenden Auslässen muss eine Temperatur von > 65 °C während 5 min. gemessen werden. Auf die Gefahr des Ausfalls von Kalk oder der Korrosion von verzinkten Leitungen wird hingewiesen Chemische Desinfektion mit Natriumhypochlorit. 30–60 mg freies wirksames Chlor müssen erreicht werden. Während der Behandlung darf keine Trinkwasserentnahme stattfinden UV-Desinfektion; es werden zentrale Anlagen angeboten, in denen nach Ultraschallbehandlung Legionellen durch UV-Strahlen abgetötet werden. Eine Wirkung gegen Legionellen, die sich in der Peripherie vermehren, wird nicht erreicht Kupfer-Silber-Ionisation: Kupfer- und Silberionen haben bakterizide Wirkung. Die zulässigen Höchstkonzentrationen für Trinkwasser sollen aber auch im Warmwasser nicht überschritten werden Anodische Oxidation: Erzeugung von unterchloriger Säure aus Wasser mit ausreichendem Gehalt an Chlorid. Freies wirksames Chlor muss im Leitungssystem nachweisbar sein Sanierungsmaßnahmen sind notwendig, wenn die Anlage als Quelle für eine Legionella-Infektion verdächtig ist Leitungen in Krankenanstalten kontaminiert sind, die Stationen mit Risikopatienten (Transplantationspatienten) versorgen siehe auch Erlass GW 06.1-14/94-14 vom 19. Dezember 2001 Überwachung: Eine periodische Überwachun von Warmwasser-Großanlagen auf Legionellen ist für Krankenhäuser in der Steiermark vorgeschrieben (Erlass GW 06.1-14/94-14 vom 19. Dezember 2001). Solche Untersuchungen werden teilweise auch in öffentlichen Bädern, Pflegehei men und Hotels sowie bei offenen Kühltürmen vorgenommen. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle (auch bei sporadischen Fällen; Reiseanamnese) und ggf. Veranlassung von Sanierungsmaßnahmen. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt und des diagnostizierenden Labors an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). In der Steiermark: Zusätzliche Meldung durch das Labor direkt an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Zur Absicherung der Diagnose, zur Durchführung von Umgebungsuntersuchungen nach dem Epidemiegesetz und bei reiseassoziierten Legionellosefällen wegen der Meldung an das europäische Netzwerk EWGLINET soll mit der 170 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk nationalen Referenzzentrale für Legionella-Infektionen Kontakt augenommen werden. Falldefinition nach BMGF Legionärskrankheit Klinik: Pneumonie Pontiac-Fieber Klinik: Selbstbegrenzende grippeähnliche Erkrankung, gekennzeichnet durch Fieber, Kopfschmerzen, Myalgie und Husten ohne Auswurf. Spontane Genesung der Patienten ohne Behandlung nach 2 bis 5 Tagen. Keine Anzeichen einer Pneumonie. Die folgenden Falldefinitionen sind für die Legionärskrankheit international gebräuchlich: Bestätigt: Fall einer Pneumonie mit Isolierung einer Legionella aus Sekreten des Respirationstraktes, Lungengewebe oder Blut mindestens vierfachem Titeranstieg von Antikörpern gegen Legionella pneumophila Serogruppe 1 Legionella-Harnantigen-Nachweis Wahrscheinlich: Fall einer Pneumonie mit rankheit Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf, der aufgrund der Laboruntersuchung als wahrscheinlich (siehe oben) eingestuft wurde, oder Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und epidemiologischem Zusammenhang Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Referenzzentrale für Legionella-Infektionen AGES – Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene Wien Währinger Straße 25a, 1096 Wien Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Günther Wewalka Tel.: 01/405 15 57 Fax: 01/402 39 00 E-Mail: [email protected] Fragebogen für die Meldung epidemiologischer Informationen zu Patienten mit Legionella-Infektionen: http://www.hygienemonitor.at/hyg2000/ hyg20000201.html Merkblatt http://www.bmsg.gv.at/bmsg/relaunch/ gesundheit/welcome.htm mindestens vierfachem Titeranstieg von Antikörpern gegen Legionella pneumophila, andere als Serogruppe 1 oder gegen andere LegionellaSpezies Nachweis von Legionellen im direkten Immunfluoreszenztest oder in der PCR in Sekreten der Lunge oder in Lungengewebe einzelnem hohen Titer von Antikörpern gegen Legionella pneumophila oder andere Legionellen (Antikörper gegen Legionella pneumophila, andere als Serogruppe 1 oder gegen andere Legionella-Spezies sind oft unspezifisch, daher sollen nur Fälle mit kompatiblem klinischen Bild berücksichtigt werden) Fallklassifizierung Möglich: Entfällt 171 en 172 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Lepra rankheit Erreger: Mycobacterium leprae Verbreitung: hauptsächlich in ländlichen Gebieten SO-Asiens, des indischen Subkontinents, des tropischen Afrikas und Südamerikas; vereinzelte autochthone Fälle im Süden der USA, auf Hawaii und einigen pazifischen Inseln. Infektionsweg: Die Infektiosität des Erregers ist gering. Der genaue Übertragungsweg ist noch nicht bekannt. Langfristiger enger Kontakt mit unbehandelten Leprakranken scheint jedoch eine Rolle zu spielen. Die Patienten scheiden größere Mengen Erreger mit dem Nasensekret oder auch aus kutanen Ulzera aus. Der Eintritt des Erregers erfolgt möglicherweise über den Respirationstrakt oder durch kleinere Hautläsionen. Eine transplazentare Übertragung auf den Fetus erscheint möglich. Reservoir: Der Mensch stellt das einzige relevante Reservoir dar. Dauer der Inkubation: 9 Monate bis 20 Jahre, in der Regel 4–8 Jahre (bei Kindern unter 5 Jahren ist Lepra extrem selten). Symptomatik: Der Aussatz ist eine chronische Erkrankung mit überwiegender Lokalisation in der Haut und in den Nerven. Es können aber bisweilen auch die oberen Atemwege, die Augen, das Knochenmark und die Hoden betroffen sein. Die Erkrankung umfasst ein weites ineinander übergehendes Spektrum an Schweregraden und Manifestationsformen. Die beiden polaren Manifestationsformen sind die tuberkuloide Verlaufsform bei intakter zellulärer Immunantwort (Granulombildung) und die lepromatöse Lepra bei inadäquater Immunreaktion. Zwischen diesen beiden Extremformen unterscheidet man drei weitere so genannte Borderline-Verlaufsformen. Die Mehrzahl der Fälle wird einem dieser drei Borderline-Typen zugeordnet. Die WHO unterscheidet zwischen einer paucibazillären Form (eher der tuberkuloide Typ) ohne Erregernachweis und einer multibazillären Form (eher der lepromatöse Typ), bei der der Erregernachweis gelingt. Bei der tuberkuloiden Lepra finden sich solitäre oder vereinzelte Hautläsionen, die scharf begrenzt, anästhetisch oder hypästhetisch sind. Es können sich entweder ulzeröse Veränderungen mit leicht erhobenem Randwall und „heilendem“ Zentrum oder plaqueartige, gleichmäßig infiltrierte, leicht erhabene, hypopigmentierte (dunkle Haut) oder erythematöse (helle Haut) Herde entwickeln. Die Läsionen sind bilateral asymmetrisch und jucken nie. Die Beteiligung der peripheren Nerven ist bei der tuberkuloiden Verlaufsform von großer Bedeutung. Es kommt zu Sensibilitätsverlusten, Muskelatrophien, Deformitäten und traumatischen Amputationen mit entsprechenden sozialmedizinischen Konsequenzen (kleinere Verletzungen oder Verbrennungen werden aufgrund des fehlenden Schmerzreizes nicht bemerkt bzw. nicht adäquat versorgt; auf dieser Basis können sich schlecht heilende Ulzera u. Ä. entwickeln). Häufig kann eine Verdickung des Nervus auricularis magnus, des N. radialis, ulnaris, peroneus superficialis oder tibialis posterior getastet werden. Die lepromatöse Verlaufsform zeichnet sich durch das Entstehen von multiplen diffusen, nodulären, papulären oder makulären Hautläsionen aus (häufig symmetrisch verteilt). Die Beteiligung der Nasen-Rachen-Schleimhaut kann bis zur völligen Zerstörung des Nasenseptums und des Kehlkopfes führen. Das blutig-schleimige Nasensekret ist meist infektiös. Am Auge kann sich die Erkrankung als Keratitis oder Iritis manifestieren. Eine länger bestehende lepromatöse Lepra führt bei Männern häufig zu einer Atrophie der Hoden mit nachfolgender Gynäkomastie. Die Borderline-Verlaufsformen zeigen Merkmale beider polaren Formen, die Symptomatik ist in der Regel im Fluss. Bei unbehandelten Patienten entwickeln sich die Borderline-Formen meist in Richtung lepromatöser multibazillärer Lepra. Komplizierend können die so genannten Leprareaktionen hinzutreten. Die Typ-1-Leprareaktion beginnt plötzlich, ohne Prodromalsymptome, meist sind Patienten mit einer Borderline-lepromatösen Erkrankungsform betroffen. Innerhalb weniger Stunden entwickelt sich eine deutliche Rötung und Schwellung der Hautläsionen und 173 en meist eine sehr schmerzhafte periphere Neuritis. Diese Reaktion stellt eine Immunreaktion (Typ IV) dar. Sie kann sowohl vor als auch während und noch monatelang nach Therapie auftreten. Das auslösende Antigen ist auch noch nach dem Abtöten der Erreger im Körper vorhanden. Um Spätschäden zu vermeiden, ist eine sofortige therapeutische Intervention notwendig. Bei Patienten mit einer Borderline-lepromatösen oder lepromatösen Erkrankungsform kann es nach Therapiebeginn zum Auftreten einer Typ-2-Leprareaktion kommen. Diese entspricht einer Reaktion auf eine übermäßige Antigen-Antikörper-Komplexbildung (Typ-III-Immunreaktion). Die Patienten sind febril und schwerst krank. Häufig wird ein Erythema nodosum leprae (mit Ulkusbildung), Neuritis, Iridozyklitis oder Orchitis beobachtet. Therapie: Kombinationstherapie mit Dapson, Rifampicin, Ofloxacin oder Clofazimin (nicht bei Hellhäutigen). Gabe unter Aufsicht. Wundreinigung, Versorgung der betroffenen Gliedmaßen. Differenzialdiagnose: Hautinfiltrationen, hervorgerufen durch Lymphome, Lupus erythematodes, Lues, Leishmaniose, Kaposi-Sarkom, Hautpilzerkrankungen, Neurofibromatose. Prophylaxe, Immunität: Möglicherweise reduziert die BCG-Impfung das Risiko einer manifesten Leprainfektion. Nur ein kleiner Teil der Infektionen zeigt klinische Symptome (möglicherweise aufgrund der langen Latenzzeit). Diagnostik: Mikroskopischer Nachweis der Erreger in Hautscarifizierung, Hautbiopsien (Gewebssaftausstrichen) betroffener Areale, z. B. Ohrläppchen, Wangen, Hüften oder in Nervenbiopsien. Färbung nach ZiehlNeelsen. Der Nachweis von säurefesten Stäbchen in Nervenbiopsien ist beweisend für Lepra. Nachweis von spezifischen Antikörpern gegen PGL-1-Antigen. Aufgaben des Amtsarztes: Zahlenmäßige Erfassung (Surveillance). Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). In der Steiermark: zusätzliche Meldung durch das Labor direkt an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Falldefinition nach RKI Klinisches Bild: Klinisches Bild vereinbar mit Lepra, das meist chronisch verläuft und folgende Formen annehmen kann: Indeterminierte Lepra: früheste Erkrankungsmanifestation mit einzelnen, hypopigmentierten, makulösen Hautläsionen Tuberkuloide Lepra: vereinzelte, gut abgegrenzte, hypopigmentierte, am Rande oft papulös elevierte, sensibilitätsgestörte Hautareale; periphere Hautnerven meist unilateral verdickt Lepromatöse Lepra: zahlreiche beidseitig, symmetrisch angeordnete makulopapulöse Läsionen der Haut oder Schleimhaut der oberen Atemwege, die sich zu knotigen und flächenhaften Infiltrationen entwickeln Borderline-Lepra: Erkrankungsformen mit Charakteristika beider Formen Labordiagnostischer Nachweis Positiver Befund mit mindestens einer der nachfolgend aufgeführten Methoden: mikroskopischer Nachweis säurefester Stäbchen in Untersuchungsproben aus Haut, Nasenabstrich, peripheren Nerven (Biopsie) von verdächtigen Hautarealen für Lepra charakteristische histologische Veränderungen in Gewebeproben (z. B. Haut, Lymphknoten) Nukleinsäure-Nachweis (z. B. PCR) Nachweis eines einmalig hohen PGL-1-Antikörpertiters (z. B. ELISA) Fallklassifizierung Klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung: Entfällt Klinisch und durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit Lepra und labordiagnostischer Nachweis Referenzzentrum: Keines Ansprechpartner: Dr. Mag. Alexander Indra AGES – Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene Wien Währinger Straße 25a, 1096 Wien Tel.: 01/405 15 57 Fax: 01/402 39 00 E-Mail: [email protected] 174 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Listeriose rankheit Erreger: Listeria monocytogenes ist die weitaus bedeutendste humanpathogene Species Vorkommen: Weltweit. Listerien kommen ubiquitär in der Umwelt vor. Reservoir: Listerien sind im landwirtschaftlichen Bereich weit verbreitet. Häufig werden die Bakterien im Tierfutter, besonders oft in verdorbener Silage oder im Abwasser sowie auch im Erdreich gefunden. L. monocytogenes kann im Stuhl gesunder Menschen und im Kot von Tieren nachgewiesen werden, wo der Erreger Bestandteil der normalen Darmflora sein kann. Eine Kontamination von Lebensmitteln mit Listerien kann auf verschiedenen Stufen der Gewinnung und Bearbeitung erfolgen. Insbesondere Lebensmittel tierischer Herkunft wie Rohmilch und rohes Fleisch können während der Gewinnung, z.B. beim Melken oder beim Schlachten, und auch über die Umwelt kontaminiert werden. Bei Lebensmitteln, die aus oder mit rohem Fleisch oder Rohmilch hergestellt werden, ist daher nicht auszuschließen, dass bereits das Ausgangsmaterial Ursache für ein Vorkommen von Listerien im Endprodukt ist. Die Verarbeitung und Behandlung der kontaminierten Rohstoffe führt nicht immer zu einer Abtötung der Bakterien, beispielsweise bei Rohmilchweichkäse, Rohwurst oder Hackfleisch. Listerien sind häufig auch in lebensmittelverarbeitenden Betrieben zu finden und als sog. Hauskeime gefürchtet. Dies kann zu einer Rekontamination derjenigen Lebensmittel führen, die einem Erhitzungsprozess oder einem anderen Listerien-abtötenden Herstellungsverfahren unterzogen wurden. Neben einer Vielzahl tierischer Lebensmittel wie Fleisch, Fleischerzeugnisse, Fleischzubereitungen, Wurst, Fisch, Fischerzeugnisse, Milch, Milchprodukte, Käse u. a. werden Listerien nicht selten auch auf pflanzlichen Lebensmitteln, z.B. vorgeschnittenen Salaten, gefunden. Infektionsweg: Die Aufnahme des Erregers erfolgt hauptsächlich durch den Verzehr von kontaminierten tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln. Erkrankungen wurden u. a. durch Käse, Butter, Rohkostsalat sowie bestimmte Fleisch- und Fischerzeugnisse (z.B. kalt geräucherter Fisch) ausge- löst. Eine Weiterverbreitung ist ggf. auch durch gesunde Ausscheider auf fäkaloralem Weg möglich, aber eher selten. Eine besondere Infektionsmöglichkeit ist durch den direkten Kontakt mit infizierten Tieren oder kontaminiertem Erdboden gegeben. Für abwehrgeschwächte Patienten in Krankenhäusern besitzen Listerien als Erreger nosokomialer Infektionen Bedeutung. Sie können sowohl durch Lebensmittel als auch durch Keimträger bei gesundem Personal eingeschleppt werden. Eine Infektion von Neugeborenen erfolgt transplazentar, während der Geburt bei Durchtritt durch den Geburtskanal oder postnatal durch Kontakt. Inkubationszeit: Da es sich nicht um eine zyklische Allgemeininfektion, sondern um eine zur Generalisierung neigende Lokalinfektion handelt, kann eine Inkubationszeit im herkömmlichen Sinne nicht angegeben werden. Nach Aufnahme einer hohen Erregerdosis im Rahmen einer Lebensmittelinfektion können sich Krankheitserscheinungen nach 1–7 Tagen entwickeln. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Infizierte Personen können den Erreger über den Stuhl für mehrere Monate ausscheiden. Bei Müttern von infizierten Neugeborenen sind die Erreger in Lochialsekreten und Urin etwa 7–10 Tage nach der Entbindung nachweisbar, selten länger. Klinische Symptomatik: Die Aufnahme von Listerien führt u. U. nur zu einer lokalen Besiedlung des Intestinaltraktes, bei immunkompetenten Menschen kommt es nur selten zu einer Infektion und noch seltener zu einer Erkrankung, die dann sehr häufig nur als leichte, uncharakteristische fieberhafte Reaktion verläuft. Die Gefahr einer manifesten Erkrankung besteht hauptsächlich für abwehrgeschwächte Personen wie Neugeborene, alte Menschen, Patienten mit chronischen Erkrankungen (z.B. Tumoren, AIDS), Personen mit GlukokortikoidTherapie, Transplantierte und Schwangere. Die manifeste Listeriose äußert sich mit grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Muskelschmerzen sowie u. U. auch Erbrechen und Durchfall. Es kann zur Sepsis 175 en kommen, die klinisch häufig nicht von einer Sepsis anderer Genese unterschieden werden kann. Eine weitere wesentliche Manifestation ist die eitrige Meningitis. Vereinzelt kommt es ausschließlich zu einer Enzephalitis, meistens einer Rhombenzephalitis, mit diversen neurologischen Ausfällen, Ataxie und/oder Bewusstseinsstörung. Grundsätzlich kann im Verlaufe einer Listeriose jedes Organ befallen werden. Nach Kontakt mit infizierten Tieren oder kontaminiertem Erdboden kann es zum Auftreten von lokalen papulösen oder pustulösen Hautläsionen kommen. Bei Schwangeren verläuft die Erkrankung in der Regel unter einem relativ unauffälligen grippeähnlichen Bild. Dabei besteht die Möglichkeit eines Überganges der Infektion auf das ungeborene Kind mit der Gefahr, dass das Kind infiziert zur Welt kommt oder es zu einer Früh- oder Totgeburt kommt. Bei der neonatalen Listeriose werden eine Frühinfektion (Auftreten der Symptomatik in der 1. Lebenswoche) und eine Spätinfektion (Auftreten der Symptomatik ab der 2. Lebenswoche) unterschieden. Die Frühinfektion ist manchmal durch Hautläsionen (Granulomatosis infantiseptica) gekennzeichnet. Säuglinge mit einer Spätinfektion werden meist zum regulären Termin geboren und nehmen den Erreger auf, während sie den Geburtskanal passieren. Sie erkranken häufig an einer Meningitis. Diagnostik: Ein Erregernachweis kann aus Blut, Liquor, Eiter, Vaginalsekret, Lochien, Stuhl, Mekonium oder autoptischem Material erfolgen. Die Art des Nachweises richtet sich nach der zu erwartenden Begleitflora in der Probe. Therapie: Als Medikament der ersten Wahl gilt Ampicillin hoch dosiert, eventuell kombiniert mit einem Aminoglykosid. In zweiter Linie ist Cotrimoxazol zu empfehlen. Die Therapiedauer sollte angesichts der Gefahr von Rezidiven mindestens 14 Tage betragen. Trotz gezielter Therapie besteht eine relativ hohe Letalität der manifesten Listeriose (in den letzten Jahren verliefen etwa 30% der Listerien-Erkrankungen tödlich). Die Eigenschaft der intrazellulären Vermehrung erschwert das Wirken vieler Antibiotika. Kontrolluntersuchungen: Die Untersuchung von Stuhlproben des Patienten und seiner Angehörigen ist nicht zielführend. Das Hauptziel der amtsärztlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit Listerien-Erkrankungen liegt in der Ermittlung der Infektionsquelle, um etwaige Ausbrüche zu verhindern. Es sollte deshalb eine gezielte Untersuchung von epidemiologisch involvierten Lebensmitteln und Abstrichen aus dem Kühlschrank des Patienten veranlasst werden. Etwaige Isolate von L. monocytogenes sind an das nationale Referenzzentrum mit einem Begleitschein (siehe Homepage) weiterzuleiten. Quarantäne- und Desinfektionsmaßnahmen: Bei Infektionen mit L. monocytogenes nur beschränkt notwendig. Auf Grund der Möglichkeit von nosokomialen Infektionen muss auf Neugeborenenstationen eine strikte Einhaltung allgemeiner Hygieneregeln gefordert werden. Generelle Prävention: Eine sichere Verhinderung von Infektionen ist nach derzeitigem Wissensstand nicht möglich. Der Einhaltung einer strengen Küchenhygiene kommt eine wichtige Rolle zur Vermeidung von Listeriose zu. Frisch gekochte Speisen sollten bei Lagerung im Kühlschrank abgedeckt werden, damit keine nachträgliche Keimeinbringung durch rohe Lebensmittel erfolgen kann. Händewaschen bevor und nachdem man mit Fleisch, Gemüse, Salat u. a. möglicherweise kontaminierten Materialien gearbeitet hat sowie das Händewaschen generell nach einem Toilettenbesuch sind ebenso zu fordern wie saubere Handtücher zum Trocknen der Hände und getrennte Arbeitsflächen für Fleisch, rohes Gemüse und für verzehrfertige Speisen. Große Anstrengungen werden derzeit in der Lebensmittelindustrie unternommen, durch Kontrollen im Produktionsverfahren die Lebensmittel weitgehend frei von Listerien zu halten. Das Infektionsrisiko kann jedoch vermindert werden, wenn sich der Verbraucher, insbesondere Menschen mit geschwächter Abwehrkraft, daran halten, Fleisch- und Fischgerichte vollständig durchzugaren Rohmilch abzukochen und Hackfleisch (Faschiertes) nicht roh zu essen Impfung: Eine Impfprophylaxe gegen Listeriose ist bislang nicht verfügbar. Sie erscheint angesichts der permanenten Exposition des Verbrauchers auf der 176 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk einen und der relativ geringen Erkrankungshäufigkeit auf der anderen Seite auch wenig sinnvoll. Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen: Erkrankte Personen sollten schnellstmöglich eine effiziente Therapie erhalten. Spezielle Maßnahmen für Kontaktpersonen sind nicht erforderlich. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle (auch bei sporadischen Fällen) und Durchführung von Umgebungs- und Kontrolluntersuchungen unter Beiziehung der Lebens-mittelaufsicht. Rücksprache mit dem Referenzzentrum. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt; lt. BGBL Nr. 254/2004). In der Steiermark: Bitte um Meldung durch den behandelnden Arzt oder das Labor auch direkt an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Falldefinition nach BMGF Klinik: Infektion durch L. monocytogenes, die mehrere verschiedene klinische Symptome verursachen kann, einschließlich Totgeburt, Listeriose des Neugeborenen, Meningitis, Bakteriämie oder lokalisierte Infektionen. rankheit Laborkriterien für die Diagnose Isolierung von L. monocytogenes aus einer normalerweise sterilen Probe (z. B. Blut oder Liquor cerebrospinalis oder seltener Gelenks-, Pleuraoder Perikardflüssigkeit) Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Entfällt Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Referenzzentrum Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin der Medizinischen Universität Innsbruck; Sektion Hygiene, Bereich Bakteriologie Schöpfstraße 41, 6020 Innsbruck Leiter des Referenzzentrums: A.o. Univ.-Prof. DDr. Reinhard Würzner [email protected] und Dr. Ingrid Heller, [email protected] Tel.: 0512 507 3878 oder 3883 oder 3850, Fax: 0512 507 9860 Homepage: http://www.uibk.ac.at/c/c5/reflabs 177 en Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Leptospirose (Morbus Weil, Schweinehüterkrankheit) rankheit Erreger: Leptospira interrogans (mehrere Serogruppen) Verbreitung: Weltweit. Infektionsweg: Eindringen der Leptospiren durch die Haut (Mikrotraumen) oder Schleimhaut. Vorkommen hauptsächlich im feuchten Milieu (Süßwasserseen, Reisfelder, Schweinekogel u. Ä.). Als Reservoir dienen abhängig vom Serotyp insbesondere Nagetiere (hauptsächlich Ratten und Mäuse) und auch verschiedene Haus- und Nutztiere (Anthropozoonose). Diese scheiden den Erreger mit dem Urin aus. Meist erfolgt der Kontakt mit dem Erreger berufsbedingt (Bauern, Metzger, Kanalarbeiter u. Ä.), seltener badeassoziiert. Dauer der Inkubation: 7–14 Tage. Symptomatik: Plötzlicher Beginn mit hohem Fieber, Schüttelfrost, Konjunktivitis, Kopf- und Gliederschmerzen (sehr typisch: starke Wadenschmerzen). Die Patienten leiden unter einem ausgeprägten Krankheitsgefühl, sie sind schläfrig, aber erweckbar. Bisweilen können während des 5–7 Tage dauernden Generalisationsstadiums ein passageres Exanthem und eine geringfügige Lymphadenopathie auftreten. Nach kurzer Entfieberung beginnt bei einem kleinen Teil der Patienten das Stadium der Organmanifestation mit einem erneuten Fieberanstieg. Bei Infektionen mit L. icterohaemorrhagiae (M. Weil) steht die schwere Leber- und Nierenbeteiligung klinisch im Vordergrund. Für einige Tage kann es zu einem ausgeprägten Ikterus mit relativ geringer Transaminasenerhöhung und einer interstitiellen Nephritis mit Niereninsuffizienz bis hin zu Anurie kommen. Durch immunologische Phänomene können Thrombozytopenie und ein „capillary-leakage-Syndrom“ mit ausgeprägter hämorrhagischer Diathese auftreten. Gleichzeitig kann eine seröse Meningitis beobachtet werden. Unbehandelt sterben ca. 20–30% der Betroffenen, v. a. ältere Menschen, in dieser Krankheitsphase an hepatorenalem Versagen, ARDS oder Herzrhythmusstörungen. Unbehandelt kann die Krankheitssymptomatik 3–4 Wochen anhalten; die Rekonvaleszenzphase dauert häufig mehrere Monate. Deutlich häufiger als die ausgeprägte Symptomatik bei M. Weil werden anikterische, meist gutartig verlaufende Krankheitsbilder beschrieben. Hierbei steht eine seröse Meningitis (40%), selten Meningoenzephalitis im Vordergrund. Bei mehr als 95% der Patienten kann eine Leptospirurie beobachtet werden. Die Patienten entfiebern nach 7–10 Tagen. Sehr häufig verlaufen Infektionen mit L. interrogans spez. mild oder asymptomatisch. Therapie: Eine Antibiose mit Penicillinen oder Tetracyclinen ist wahrscheinlich nur während des Generalisationsstadiums wirksam. Im Stadium der Organmanifestation ist die symptomatische Therapie, insbesondere Dialyse, entscheidend. Differenzialdiagnose: Influenza, Virushepatitiden, Malaria, Typhus, Hantavirus-Infektion, Arbovirusinfektionen u. a. Gelbfieber, Dengue, abakterielle Meningitiden, Japanische Enzephalitis, Rickettsiosen. Prophylaxe, Immunität: Für besonders exponierte Personen besteht die Möglichkeit einer aktiven Impfung mit abgetöteten Erregern. Die Erkrankung hinterlässt eine typspezifische Immunität. Diagnostik: Nachweis des Erregers mittels Anzucht während der Generalisationsphase aus dem Blut, später aus dem Liquor (Dunkelfeld). Häufig kann der Erreger mittels Urinkultur nachgewiesen werden. Der Antikörpernachweis gelingt meist ab dem 10. Krankheitstag. Die Diagnose sollte klinisch anhand von Symptomatik und Anamnese gestellt werden, um rechtzeitig eine antibiotische Therapie beginnen zu können. Maßnahmen für Kontaktpersonen Keine, der erkrankte Mensch spielt in der Infektionskette keine Rolle (Anthropozoonose). Aufgaben des Amtsarztes Nur bei gehäuftem Auftreten: Ermittlung der Infektionsquelle und bei Bedarf Sanierungsmaßnahmen (z. B. Entwesung). 178 178 en Meldepflicht Erkrankung und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). In der Steiermark: zusätzliche Meldung durch das Labor direkt an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Falldefinition nach BMGF Klinik: Klinisches Bild vereinbar mit Leptospirose, z. B. Fieber, Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Myalgie, Bindehautinsuffizienz und seltener: Meningitis, Ausschlag, Gelbsucht oder Niereninsuffizienz. Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Entfällt Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischen Verlauf und Laborbestätigung. Referenzzentrum: Keines Ansprechpartnerin: Maria Müller, dipl. MTA AGES – Institut für Veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling Robert-Koch-Gasse 17, 2340 Mödling Tel.: 0 22 36/466 40-335 Fax: 02236 24716 E-Mail: [email protected] Laborkriterien für die Diagnose Isolierung von Leptospira aus einer klinischen Probe Nachweis eines spezifischen Anstiegs des Leptospirose-Agglutinationstiters Nachweis von Leptospira in einer klinischen Probe durch Immunfluoreszenz Nachweis von Leptospira-IgM-Antikörpern im Serum 179 179 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Lymphogranuloma venereum (L. inguinale, Durand-Nicolas-Favre-Krankheit) rankheit Erreger: Chlamydia trachomatis (L-Serovare) Verbreitung: Tropen (Mittel- und Südamerika, West/Ostafrika, Südostasien), in Europa kommt die Erkrankung (selten) in Hafenstädten vor. Infektionsweg: Übertragung durch Ausfluss, oral oder Schmierinfektion. Dauer der Inkubation: 15–21 Tage. Symptomatik: An der Infektionspforte Bildung eines schmerzlosen Knötchens, Bläschens oder eines Ulkus, welches meist unbemerkt abheilt. Nach frühestens einer Woche mäßig schmerzhafte Vergrößerung der regionalen Lymphknoten mit Verpackung zu großen Paketen; Entwicklung multipler nach außen perforierender Abszesse, die ein eitriges, später milchig-seröses Sekret absondern. In diesem Stadium Befall weiterer Lymphknotenstationen. Durch Verlegung der Lymphwege kann es zu einem Lymphstau und damit zu einer Elephantiasis kommen. Diagnostik: Nach Antikörpermarkierung können die Erreger indirekt mit Hilfe eines Fluoreszenzmikroskops sichtbar gemacht werden. Als serologische Tests: Enzymimmunoassay (EIA) und die Polymerasekettenreaktion (PCR). Therapie: Antibiotika (Doxyzyklin, Erythromycin) für 2 Wochen. Zur Therapie siehe: Richtlinien zur Therapie der klassischen Geschlechtskrankheiten und Sexually Transmitted Diseases der Arbeitsgruppe für STD und dermatologische Mikrobiologie der ÖGDV www.univie.ac.at/Immundermatologie/download/ std.pdf Kontaktpersonen: Eine Therapie der Kontaktpersonen lässt sich wegen der langen Inkubationszeit nicht immer durchführen, da diese entweder nicht bekannt oder nicht erreichbar sind. Prävention: Die Maßnahmen der Prävention entsprechen den allgemeinen Grundsätzen der Verhütung sexuell übertragbarer Krankheiten. Aufgaben des Amtsarztes (AA) Entgegennahme der Meldungen nach dem Geschlechtskrankheitengesetz (GK-G, siehe Meldepflicht) Vorladung des Erkrankten oder Krankheitsverdächtigen (z. B. Kontaktpersonen, Infektionsquellen) in das Gesundheitsamt Nach vorgenommener Untersuchung entscheidet der AA, ob der/die Erkrankte in der Behandlung eines niedergelassenen Arztes verbleiben kann oder eine ambulante oder stationäre Betreuung in einer Krankenanstalt notwendig ist Nach Abschluss der Behandlung kann der AA die gesundheitliche Überwachung des Behandelten anordnen und hat wieder zu entscheiden, wo bzw. durch wen diese zu erfolgen hat Einholung der ärztlichen Behandlungsbestätigungen und der Untersuchungsergebnisse bei nach dem GK-G gemeldeten Personen Gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen: wöchentliche, amtsärztliche Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten Entgegennahme der monatlichen Fallzahlmeldungen (s. u.) Meldepflicht (beschränkt): Nur wenn eine Weiterverbreitung der Krankheit zu befürchten ist oder sich der Kranke der ärztlichen Behandlung bzw. Beobachtung entzieht, an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Zur ziffernmäßigen Erfassung der Neuerkrankungen an Geschlechtskrankheiten (Gonorrhoe, Syphilis, Ulcus molle, Lymphogranuloma venereum) monatliche Meldung an das Gesundheitsamt gemäß Erlass des damaligen Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz, Zl. II-51.740/3-5/85. Referenzzentrum: Keines Ansprechpartnerin: Dr. Eva Vinzelj Magistratsabteilung 15; STD-Ambulatorium Wien; Neutorgasse 20, 1013 Wien Tel.: 01/531 14 87-781, Fax: 01/531 14 99-877 89 E-Mail: [email protected] 180 180 en 181 181 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Malaria rankheit Erreger: Protozoen der Gattung Plasmodium. Es existieren verschiedene Plasmodienarten, die humanpathogen sind: Plasmodium falciparum (Erreger der Malaria tropica), Plasmodium ovale und Plasmodium vivax (Erreger der Malaria tertiana), Plasmodium malariae (Erreger der Malaria quartana). Plasmodien sind intrazelluläre Parasiten; ihr Entwicklungszyklus umfasst zwei Teilzyklen im menschlichen Wirt und in der Überträgermücke. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Eine direkte Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich. Vorkommen: Die Malaria ist eine tropentypische Krankheit und weltweit eine der bedeutendsten Infektionskrankheiten. Sie tritt in tropischen und subtropischen Regionen aller Kontinente – außer Australien – in etwa 100 Ländern endemisch auf. 90% der Erkrankungen ereignen sich in Afrika. Weitere Endemiegebiete mit hoher Erkrankungshäufigkeit befinden sich in Indien und in Südamerika (Amazonasbecken). Klinische Symptomatik: Jede Malaria beginnt mit uncharakteristischen Beschwerden wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, gelegentlich Durchfall sowie allgemeinem Krankheitsgefühl. Häufig werden solche Anzeichen daher als grippaler Infekt oder Magen-Darm-Infektion fehlinterpretiert. Das klinische Bild der Malaria wird durch die Vorgänge bei der Schizogonie bestimmt. Die Intensität der Manifestation einer Plasmodien-Infektion hängt vom Grad der Immunität des Infizierten ab. Die mehrfache Infektion in einem Endemiegebiet bewirkt eine zeitlich begrenzte so genannte SemiImmunität, die eine schwere Erkrankung verhindert. Nichtimmune sind am stärksten gefährdet, unter ihnen besonders Kleinkinder und ältere Menschen. Persistierende Hypnozoiten können zu Rezidiven führen. Wegen der langen Latenzperiode zwischen einem Tropenaufenthalt und dem späten Auftreten einer Malaria kommt es nicht selten zu einer Fehldiagnose. Reservoir: Für humanpathogene Plasmodien ist der Mensch der einzige Wirt. Eine Vielzahl weiterer Plasmodienarten ist unter natürlichen Bedingungen nicht auf den Menschen übertragbar. Infektionsweg: In der Regel erfolgt die Übertragung der Plasmodien durch den Stich einer blutsaugenden weiblichen Stechmücke der Gattung Anopheles, bei dem mit dem Speichel der Mücke Sporozoiten in die menschliche Blutbahn gelangen. Seltene, mitunter praktisch wichtige Sonderformen einer Infektion außerhalb eines Endemiegebietes sind Transfusionsmalaria, weiters die so genannten Flughafenmalaria, bei der die Infektion durch importierte infektiöse Mücken entweder im Flugzeug, auf einem Flughafen oder in dessen unmittelbarer Umgebung erfolgt, bzw. die so genannte „Baggage-Malaria“, bei der die infizierenden Mücken im Gepäck von Flugreisenden importiert werden. Inkubationszeit: Infektionen durch P. falciparum: ab 7–15 Tage, P. vivax und P. ovale: 12–18 Tage, P. malariae: 18–40 Tage. Längere Inkubationszeiten sind bei allen Formen möglich. Die Bildung von Ruheformen (Hypnozoiten) aus Sporozoiten in der Leberzelle kann bei P. vivax Rezidive bis zu 2 Jahren, bei P. ovale bis zu 5 Jahren nach Infektion bewirken. Bei P. malariae sind Latenzzeiten bis zu 40 Jahren beschrieben. Malaria tropica: Es handelt sich um die gefährlichste Malaria-Art, sie ist bei Nichtimmunen unbehandelt mit einer Letalität von über 20% verbunden. Erste Anzeichen sind Abgeschlagenheit, Kopf- und Gliederschmerzen sowie unregelmäßige Temperaturen. Der Fiebertyp ist kein diagnostisches Kriterium für eine Malaria tropica, da es nur selten zum Auftreten eines rhythmischen Wechselfiebers kommt. Weitere klinische Befunde sind Splenomegalie, Durchfall, häufig auch Hepatomegalie und Thrombopenie. Bei Auftreten von zentralnervösen Erscheinungen, z. B. Krampfanfällen, Bewusstseinstrübungen bis zum Koma muss mit einer schweren Verlaufsform (zerebrale Malaria) gerechnet werden. Weitere Komplikationsmöglichkeiten sind hämolytische Anämie, Niereninsuffizienz, Kreislaufkollaps sowie disseminierte intravasale Koagulopathien. 182 182 en Malaria tertiana: Sie wird durch P. vivax bzw. P. ovale hervorgerufen und beginnt plötzlich mit Fieber und uncharakteristischen Beschwerden. Innerhalb weniger Tage erfolgt oft eine Rhythmisierung der Fieberanfälle, die dann alle 48 Stunden auftreten. Typischerweise kommt es in den späten Nachmittagsstunden zum Schüttelfrost, in dessen Verlauf das Fieber sehr schnell auf Werte um 40 °C ansteigt. Nach einer 3- bis 4-stündigen Fieberdauer fällt die Temperatur abrupt unter starken Schweißausbrüchen auf Normalwerte ab. Der tödliche Verlauf einer Malaria tertiana ist eine absolute Seltenheit. Malaria quartana: Sie wird durch P. malariae hervorgerufen und tritt seltener als andere MalariaArten auf (etwa 1% aller nach Europa importierten Malaria-Erkrankungen). Das klinische Bild wird durch Fieber im 72-Stunden-Rhythmus bestimmt. Hypnozoiten gibt es nicht. Diagnostik: Mikroskopische Untersuchung des so genannten Dicken Tropfens und auch dünner Blutausstriche (Giemsa-Färbung) auf Plasmodien. Der Nachweis von Plasmodien ist beweisend für das Vorliegen einer Malaria, dagegen schließt ein negatives Untersuchungsergebnis die Erkrankung nicht sicher aus. Bei klinischem Verdacht und negativen Befunden muss die Untersuchung mehrmals wiederholt werden (3x innerhalb von 48 Stunden). Therapie: Die Behandlung einer Malaria tropica sollte unbedingt stationär und möglichst in einer Einrichtung mit tropenmedizinischer Erfahrung sowie intensivmedizinischen Möglichkeiten erfolgen. Präventivmaßnahmen: Eine Schutzimpfung gegen Malaria steht weiterhin nicht zur Verfügung. Die Möglichkeiten zur Vorbeugung der Erkrankung umfassen daher die Expositionsprophylaxe und die Chemoprophylaxe. Maßnahmen für Kontaktpersonen: Für Kontaktpersonen sind keine Maßnahmen einzuleiten, da eine Übertragung von Mensch zu Mensch nicht möglich ist. Aufgaben des Amtsarztes: Zahlenmäßige Erfassung (Surveillance) und Bearbeitung des Merkblattes vom BMSG. Meldepflicht: Erkrankung und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Fallklassifizierung nach BMGF Klinik: Klinisches Bild vereinbar mit Malaria, z. B. Fieber und allgemein damit verbundene Symptome wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Schüttelfrost, Schweißausbrüche, Myalgie, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhöe und Husten. Laborkriterien für die Diagnose Nachweis von Malaria-Parasiten im Blutausstrich Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Entfällt Bestätigt: Episode laborbestätigten Vorhandenseins von Malariaparasiten im Blut (bei symptomatischen oder asymptomatischen Patienten) Im übrigen orientieren sich seit 2004 die Österr. Fachgesellschaften an den Malarialeitlinien der Deutschen Tropenmed. Gesellschaft. http://www.dtg.mwn.de/wb/11.htm Referenzzentrum Abteilung für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin des Institutes für Pathophysiologie der Universität Wien, Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien. Leiter: Univ.-Prof. Dr. Herwig Kollaritsch Ansprechpartnerin: Dr. Eva Jeschko Tel.: 01/403 83 43-11 Fax: 01/403 83 43-90 E-Mail: [email protected] 183 183 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Masern rankheit Erreger: Genus Morbillivirus aus der Familie der Paramyxoviren Vorkommen: Masern sind weltweit verbreitet. Aus globaler Sicht ist die Bedeutung der Masern in Entwicklungsländern, besonders in Afrika, am größten. Hier gehören sie zu den zehn häufigsten Infektionskrankheiten und der Anteil tödlicher Verläufe ist besonders hoch (weltweit noch immer Hauptursache von durch Impfung vermeidbarer Todesfälle im Kindesalter). Die österreichweite Durchimpfungsrate von ca. 80% ist noch immer zu gering, um eine Übertragung von Mensch zu Mensch zu unterbinden und das Virus auszurotten. Reservoir: Das natürliche Reservoir des Masernvirus bilden infizierte und akut erkrankte Menschen. Infektionsweg: Masern – eine der ansteckendsten Krankheiten – werden im direkten Kontakt durch das Einatmen infektiöser Exspirationströpfchen (Sprechen, Husten, Niesen) oder durch infektiöse Sekrete aus Nase oder Rachen übertragen. Das Masernvirus führt bereits bei kurzer Exposition zu einer Infektion und löst bei über 95% der ungeschützten Infizierten klinische Erscheinungen aus. Inkubationszeit: 8–10 Tage bis zum Beginn des katarrhalischen Stadiums, 14 Tage bis zum Ausbruch des Exanthems. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Die Ansteckungsfähigkeit besteht etwa 9 Tage, sie beginnt bereits ca 1 Woche vor Auftreten des Exanthems und hält bis 4 Tage nach Auftreten des Exanthems an. Unmittelbar vor Erscheinen des Exanthems ist sie am größten. Klinische Symptomatik: Masern ist eine systemische, sich selbst begrenzende Virusinfektion mit zweiphasigem Verlauf. Die Erkrankung beginnt mit Fieber, Konjunktivitis, Schnupfen, Husten und einem Enanthem am Gaumen. Pathognomonisch sind die oft nachweisbaren Koplik-Flecken (kalkspritzerartige weiße Flecken an der Mundschleimhaut). Das charakteristische makulopapulöse Masernexanthem (bräunlich-rosafarbene konfluierende Hautflecken) entsteht am 3.–7. Tag nach Auftreten der initialen Symptome. Es beginnt im Gesicht und hinter den Ohren und bleibt 4–7 Tage bestehen. Beim Abklingen ist oft eine kleieartige Schuppung zu beobachten. Am 5.–7. Krankheitstag kommt es zum Temperaturabfall. – Eine Masernerkrankung hinterlässt lebenslange Immunität. Die Masernvirus-Infektion bedingt eine transitorische Immunschwäche von etwa 6 Wochen Dauer. Die Folgen können bakterielle Superinfektionen sein, am häufigsten Otitis media, Bronchitis, Pneumonie und Diarrhöen. Eine besonders gefürchtete Komplikation, die akute postinfektiöse Enzephalomyelitis, zu der es in 0,1% der Fälle kommt, tritt etwa 4–7 Tage nach Auftreten des Exanthems mit Kopfschmerzen, Fieber und Bewusstseinsstörungen bis zum Koma auf. Bei etwa 10–20 % der Betroffenen endet sie tödlich, bei etwa 20–30 % muss mit Residualschäden am ZNS gerechnet werden. Die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) stellt eine sehr seltene Spätkomplikation (1–5 Fälle pro 1 Mio. Erkrankungen) dar, die sich nach durchschnittlich 6–8 Jahren manifestiert. Beginnend mit psychischen und intellektuellen Veränderungen entwickelt sich ein progredienter Verlauf mit neurologischen Störungen und Ausfällen bis zum Verlust zerebraler Funktionen. Die Prognose ist stets infaust. Abgeschwächte Infektionsverläufe (mitigierte Masern) werden bei Menschen beobachtet, bei denen infolge mütterlicher oder transfundierter Antikörper (Neugeborene oder nach Antikörpersubstitution) oder einer nicht vollständig ausgebildeten Impfimmunität die Virusreplikation beeinträchtigt bzw. gestört ist und eine reduzierte Virämie vorliegt. Das Exanthem ist in diesen Fällen nicht voll ausgebildet, so dass eine klinische Diagnose erschwert ist; mit Ansteckungsfähigkeit muss jedoch gerechnet werden. Bei Immunsupprimierten oder bei zellulären Immundefekten verläuft die Maserninfektion zwar nach außen hin schwach – das Masernexanthem tritt nicht oder nur atypisch in Erscheinung –, dagegen können sich als schwere Organkomplikationen eine progrediente Riesenzellpneumonie oder die Masern-Einschlusskörper-Enzephalitis entwickeln, die mit einer Letalität von etwa 30% einhergehen. 184 184 en Diagnostik: Die Masern weisen ein relativ typisches klinisches Bild auf, so dass in der Vergangenheit Laboruntersuchungen zur Bestätigung der klinischen Diagnose zu den Ausnahmen zählten. Mit Einführung der Schutzimpfungen ist das Krankheitsbild bei uns wesentlich seltener geworden, so dass insbesondere bei jüngeren Ärzten diagnostische Unsicherheit besteht und die Labordiagnostik eine zunehmende Bedeutung erlangt hat. Für die Labordiagnostik steht ein breites Spektrum von Methoden zur Verfügung, die den Nachweis spezifischer Antikörper und den Virusnachweis umfassen. Der Nachweis der virusspezifischen IgM-Antikörper als Marker eines aktuellen Krankheitsgeschehens stellt derzeit die schnellste und sicherste Methode dar, die in der Regel mit dem Ausbruch des Exanthems positiv ausfällt, jedoch bei bis zu 30% der an Masern Erkrankten am 1.–3. Exanthemtag noch negativ sein kann. IgMAntikörper können bis zu 6 Wochen und länger persistieren, so dass auch retrospektiv die Diagnose einer exanthematischen Erkrankung möglich ist. Bei Geimpften mit Reinfektionen, die keine deutliche IgM-Antwort zeigen, bedeutet ein negativer Befund keinen Ausschluss der Diagnose „Masern“. In diesen Fällen sollte möglichst eine weitere Serumprobe im Abstand von 7–10 Tagen untersucht werden. Der positive Nachweis der MasernvirusRNA mittels der RT-PCR in Patientenproben, die kurz nach dem Exanthembeginn entnommen wurden, bestätigt wie der IgM-Nachweis die akute Erkrankung, ein negativer Virusgenom-Nachweis bedeutet jedoch keinen Ausschluss der Erkrankung. Dieser relativ aufwändige, in Speziallaboratorien durchgeführte Nachweis ermöglicht eine anschließende genotypische Charakterisierung des vorliegenden Masernvirusgenoms. Das ist für die Unterscheidung von Impf- und Wildviren, für epidemiologische Analysen, aber unter Umständen auch für die Erkennung von Transmissionswegen und Infektionsquellen von Bedeutung. Präventive Maßnahmen: Entsprechend den Impfempfehlungen wird eine (zweimalige) Impfung – vorzugsweise mit MMR-Impfstoff – auch allen ungeimpften und noch nicht erkrankten Personen in medizinischen Einrichtungen zur Behandlung von Kindern sowie in Kindertagesstätten, Kinderheimen u. Ä. empfohlen. Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen: Personen, die an Masern erkrankt oder dessen verdächtig sind, dürfen in Gemeinschaftseinrichtungen keine Lehr-, Erziehungs-, Pflege-, Aufsichtsoder sonstigen Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den dort Betreuten haben, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit durch sie nicht mehr zu befürchten ist. Dieses Verbot gilt entsprechend auch für die in Gemeinschaftseinrichtungen Betreuten mit Masern. Sie dürfen die dem Betrieb der Gemeinschaftseinrichtung dienenden Räume nicht betreten oder Einrichtungen benutzen und an Veranstaltungen der Gemeinschaftseinrichtung nicht teilnehmen. Eine Wiederzulassung zum Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen ist nach Abklingen der klinischen Symptome, jedoch frühestens 5 Tage nach Exanthemausbruch möglich. Für empfängliche Personen, die in der Wohngemeinschaft Kontakt zu einem Masernerkrankungsfall hatten, gilt der Ausschluss vom Besuch einer Gemeinschaftseinrichtung für die Dauer von 14 Tagen nach der Exposition. Der Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen ist für diese Personen dann möglich, wenn ein Impfschutz besteht, eine postexpositionelle Schutzimpfung durchgeführt wurde oder eine früher abgelaufene Erkrankung ärztlich bestätigt ist. Darüber hinaus sollten zur Verhütung der Weiterverbreitung der Masern gegebenenfalls auch Kontakte zu ärztlich bestätigten Masern, die sich an anderer Stelle als in der Wohngemeinschaft ereignet haben, Beachtung finden. Bei ungeimpften, immungesunden Kontaktpersonen kann der Ausbruch der Masern durch eine rechtzeitige (innerhalb von 72 Stunden) postexpositionelle Impfung wirksam unterdrückt werden. Bei abwehrgeschwächten Patienten und chronisch kranken Kindern ist eine postexpositionelle Prophylaxe von Masern auch als passive Immunisierung durch eine Gabe von spezifischem humanem Immunglobulin innerhalb von 2–3 Tagen nach Kontakt möglich. Maßnahmen bei Ausbrüchen: Bei einem Masernausbruch in einer Gemeinschaftseinrichtung ergeben sich Maßnahmen des Gesundheitsamtes im Zusammenwirken mit der Leitung der Einrichtung und den beteiligten Ärzten. Mindestens bei der Indexerkrankung und sonst bei ausgewählten 185 185 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk rankheit Erkrankungsfällen sollte die Diagnose labordiagnostisch gesichert werden. von 14 Tagen vom Besuch der Einrichtung ausgeschlossen werden. Bei Masernausbrüchen in einer Gemeinschaftseinrichtung sollten alle Mitarbeiter, bei Kindereinrichtungen auch die Eltern der betreuten Kinder über die Erkrankungen, das Infektionsrisiko und die Möglichkeiten des Schutzes informiert werden. Hygienemaßnahmen zu Verhütung von Infektionen: Wirksame Maßnahmen sind nicht bekannt. Die weitere Ausbreitung kann durch die postexpositionelle Immunisierung ungeimpfter bzw. nur einmal geimpfter Kontaktpersonen (Riegelungsimpfung), die möglichst innerhalb der ersten 3 Tage nach Exposition erfolgen sollte, verhindert werden. (In größeren Einrichtungen und Schulen ist eine Riegelungsimpfung meist auch noch zu einem späteren Zeitpunkt sinnvoll.) Neuaufnahmen sind nur möglich, wenn ein Impfschutz besteht oder eine früher abgelaufene Erkrankung ärztlich bestätigt ist. Zur Begrenzung des Ausbruchs sollten Kontakte inkubierter empfänglicher Personen aus der betroffenen Einrichtung zu anderen Einrichtungen oder Gemeinschaften (z. B. in Sportvereinen, auf Schulfesten und Gruppenfahrten) während der Inkubationszeit von 14 Tagen nach Möglichkeit unterbleiben. Ob bei einem Masernausbruch in einer größeren Gemeinschaftseinrichtung nicht geschützte Personen, die aus medizinischen oder persönlichen Gründen keine Postexpositionsimpfung erhalten können, für einen bestimmten Zeitraum vom Besuch der Einrichtung ausgeschlossen werden, ist eine Ermessensentscheidung der zuständigen Gesundheitsbehörde, bei der die Umstände des Einzelfalles abzuwägen wären. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Nach Abklingen der klinischen Symptome. Frühestens fünf Tage nach Exanthemausbruch. Ein schriftliches ärztliches Attest ist nicht erforderlich. Ausschluss von Ausscheidern: Entfällt. Ausschluss von Kontaktpersonen: Nicht erforderlich bei bestehendem Impfschutz, nach postexpositioneller Schutzimpfung oder nach früher durchgemachter Krankheit. Sonstige Personen sollen für die Dauer der mittleren Inkubationszeit Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Bei ungeimpften, immungesunden Kindern kann der Ausbruch der Wildmasern durch den Lebendimpfstoff wirksam unterdrückt werden, wenn dieser innerhalb der ersten drei Tage nach Exposition verabreicht wird („lnkubationsimpfung“). Bei abwehrgeschwächten Patienten und chronisch kranken Kindern ist die Prophylaxe von Masern mit humanem Immunglobulin (innerhalb von zwei bis drei Tagen nach Kontakt) möglich. Aufgaben des Amtsarztes: Bearbeitung von Ausbruchsgeschehen gemäß Empfehlungen (siehe oben). Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). In der Steiermark: zusätzliche Meldung durch das Labor direkt an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Falldefinition nach BMGF Klinik: Klinisches Bild vereinbar mit Masern, d. h. länger als 3 Tage anhaltendes Exanthem und Fieber >38 °C und eines oder mehrere der folgenden Symptome: Husten, Schnupfen, Koplik-Flecke, Konjunktivitis. Laborkriterien für die Diagnose Nachweis von IgM-Antikörpern gegen Masern bei Patienten, die nicht kürzlich geimpft wurden Nachweis einer spezifischen Antikörperreaktion gegen Masern bei Patienten, die nicht kürzlich geimpft wurden Nachweis des Masernvirus (keine Impfstämme) in einer klinischen Probe 186 186 en Fallklassifizierung Möglich: Fall mit ärztlicher Masern-Diagnose Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf Bestätigt: Fall mit Laborbestätigung oder Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und epidemiologischem Zusammenhang. Ein Fall mit Laborbestätigung braucht der klinischen Falldefinition nicht zu entsprechen Referenzzentrum Klinisches Institut für Virologie der Medizinischen Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Heidemarie Holzmann Univ.-Prof. Dr. Therese Popow Tel.: 01/404 90 79521 oder 79522 Fax: 01/40490-9795 E-Mail: [email protected] [email protected] 187 187 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Meningokokken-Erkrankung rankheit 3) Erreger: Neisseria meningitidis Reservoir: Mensch. Übertragung: Meningokokken werden zwar durch Aerosole verbreitet, aber für eine Ansteckung ist ein sehr enger persönlicher Kontakt, ein so genannter Kissing-Kontakt zwischen zwei Menschen notwendig. Meistens kommt es bei einer Infektion mit Meningokokken lediglich zu einer Besiedelung des Rachens. Diese Besiedelung dauert einige Monate und hat eine Wirkung ähnlich einer Impfung. Es entsteht eine wichtige breit gestreute natürliche Immunität. Eine Übertragung durch Wasser oder andere Lebensmittel findet nicht statt. Meningokokken sind sehr empfindliche Bakterien. Sie können nur Sekunden außerhalb des menschlichen Körpers überleben. Sie können nicht in der Luft oder auf Haushaltsgegenständen überleben. Ebenso können sie nicht durch Wasser in Wasserleitungen oder in Schwimmbädern übertragen werden. Die Entwicklung einer Erkrankung tritt selten und nur sporadisch auf. In Österreich wird etwa ein Fall pro 100.000 Einwohner und Jahr registriert. Nichtsdestotrotz lösen schon einzelne Erkrankungen extreme emotionale sowie soziale Anspannungen innerhalb einer Gemeinschaft aus. Die Vorbeugungsmöglichkeiten sind leider nur begrenzt und basieren hauptsächlich auf der Früherkennung einer Erkrankung sowie dem Verhindern von Sekundärfällen. Meningokokkenmeningitis Meningokokkensepsis Petechien Petechien Fieber Fieber Nackensteifheit Bauchschmerzen, Diarrhöe, Erbrechen Lichtempfindlichkeit Tachypnoe, Tachykardie Bewusstseinsstörungen Kalte Hände und Füße Erbrechen Abnormer Tonus Starke Kopfschmerzen Myalgie, Arthralgie Bewusstseinsstörungen Inkubationszeit: zwischen 2 und 10 Tagen. Klinik: Meningokokken verursachen hauptsächlich zwei Arten von Erkrankungen: Meningitis und/oder Sepsis. Die Krankheit kann sich in ein oder zwei Tagen, manchmal jedoch innerhalb weniger Stunden entwickeln. Die klinischen Symptome Meningitis und Meningokokken-Sepsis sind überlappend: Die meisten Patienten mit einer akuten Meningokokkeninfektion zeigen ein typisches Exanthem. Im Frühstadium kann das Exanthem makulopapulös sein. Es entwickeln sich rasch petechiale Hautblutungen von unterschiedlicher Größe und Ausdehnung bis hin zur Purpura fulminans. Petechien ) zu bakterielle Meningitis 3 verblassen unter Druck nicht. Patienten im Frühstadium einer Meningokokkeninfektion können nur die allgemeinen Symptome eines fieberhaften Infektes zeigen, womit eine eindeutige Diagnose nicht möglich ist. Meningokokkeninfektionen können sich aber foudroyant entwickeln. Es ist daher wichtig, dass die Eltern angehalten werden, ihr Kind laufend (d. h. auch in der Nacht) zu beobachten und bei einer Verschlechterung unverzüglich den Hausarzt oder den Notdienst zu benachrichtigen. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Solange Erreger aus dem Nasen-Rachen-Raum isoliert werden kön- 188 188 en nen. Patienten sind bis 24 Stunden nach Beginn einer antibakteriellen Therapie als infektiös zu betrachten. Diagnostik: Das primäre Ziel muss der kulturelle Erregernachweis sein. Ein Isolat liefert das Optimum an Information für den Kliniker und den Epidemiologen. Die Proben für die bakteriologische Diagnostik sollten so bald wie möglich nach Spitalsaufnahme des Patienten gewonnen werden. Für die Mikroskopie eignen sich Liquor und Hautaspirat von allenfalls vorhandenen Petechien. Für die Kultur kommen primär Blut und Liquor in Frage. Bei einer frühzeitigen Antibiotikagabe ist jedoch die Erfolgsquote vor allem aus einer Blutkultur niedrig. Hier ist ein zusätzlicher Rachen-/ Tonsillenabstrich (nötigenfalls transnasal) zu empfehlen. Bei Fällen im Säuglings- oder Kleinkindalter können Rachenabstriche von Familienangehörigen (vor Verabreichung der Prophylaxe) mitunter diagnostisch mitverwertet werden. Ein weiteres, auch nach Antibiotikagabe noch aussichtsreiches Material für eine bakteriologische Kultur ist ein Aspirat/Biopsat aus den Hautblutungen. Für die serologische Diagnose steht ein Antikörper-ELISA zur Verfügung. IgG- und IgM-Antikörper werden quantitativ in Enzyme Immunoassay Units (EIU) angegeben. Eine optimale Aussage liefert ein Serumpaar, wobei die Zweitprobe ca. 14–21 Tage nach der Erstprobe zu entnehmen wäre. Die quantitative Auswertung ermöglicht auch eine Abklärung aus nur einer Serumprobe in der Rekonvaleszenz. Eine solche Probe eignet sich – ebenfalls auf ELISA-Basis – auch für den Nachweis der gruppenspezifischen Kapsel-Polysaccharide und damit zu einer Serogruppendiagnose. Untersuchungsmaterial bei Verdacht auf eine systemische Meningokokken-Erkrankung: Mikroskopie: Liquor nativ, Hautaspirat Antigen-Nachweis (Latex-Agglutination): Liquor Kultur: Blut, Liquor, Rachenabstrich, Hautaspirat/Biopsat Non-culture-Diagnose: PCR: EDTA- oder Citratblut (2,5 ml), (Heparinblut eignet sich dafür nicht). Liquor (0,5 ml, nicht zentrifugiert, z. B. in einem Eppendorf-Hütchen). Werden die Blut- und Liquorproben nicht binnen 24 Stunden verschickt, sollten sie eingefroren aufbewahrt werden. Kühlung während des Postwegs ist nicht erforderlich. Serologie: Akutserum und Rekonvaleszentenserum 14–21 Tage danach oder vor Entlassung (0,5–1 ml). Antibiotikatherapie: Bei Verdacht führt eine SOFORTIGE Antibiotikatherapie durch den erstbehandelnden Arzt zu einer signifikanten Reduktion der Sterblichkeit bei Meningokokkeninfektionen. Kontraindikationen, vor allem bei bekannter Penicillin-Allergie, sind zu berücksichtigen. Rifampicintherapie zu unterziehen, da die Wirkung von Penicillin G bezüglich der Elimination der Erreger von der Schleimhaut des Nasen-RachenRaums unsicher ist. Ausnahme davon ist die vorangegangene Therapie mit Ceftriaxon oder anderen Cephalosporinen der dritten Generation. Vor Entlassung des Indexpatienten aus dem Krankenhaus wird empfohlen, ihn zusätzlich einer 189 189 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk rankheit Antibiotikadosierung Initialdosis Erwachsene Penicillin G 2 Mio. E (1200 mg) Ceftriaxon Max. 4 g Kinder < 9 Jahre 1 Mio. E (600 mg) 80–100 mg/kg Kinder < 1 Jahr 0,5 Mio. E (300 mg) 100 mg/kg Maßnahmen bei Meningokokken-Erkrankungen: Bei Verdacht auf eine Meningokokken-Erkrankung muss eine sofortige Krankenhauseinweisung veranlasst werden. Patienten müssen bis zu 24 Stunden nach Beginn einer spezifischen Therapie abgesondert werden (so genannte Respiratory isolation). In dieser Zeit ist für das Pflegepersonal die Beachtung grundlegender Hygienemaßnahmen, wie das Tragen von Schutzkitteln, Handschuhen, Nasen-MundSchutz und Händedesinfektion erforderlich. Aufklärung von Kontaktpersonen: Nach Auftreten eines Meningokokkenfalles ist es wichtig, den betroffenen Personenkreis zu informieren. Gedruckte Informationen sollen an alle Kontaktpersonen (auch wenn keine Notwendigkeit einer Prophylaxe besteht), verteilt werden. Sofort nach einer Erkrankung in einer Schule, in einem Kindergarten etc. sollte die Gesundheitsbehörde mit den entsprechenden Direktionen oder Leitern Kontakt aufnehmen, um die Eltern mit genauer und zeitgerechter Information zu versorgen. Enge Kontaktpersonen sind alle Haushaltsmitglieder Personen, bei denen der begründete Verdacht besteht, dass sie mit oropharyngealen Sekreten des Patienten in Berührung gekommen sind, z. B. Intimpartner, enge Freunde, evtl. Banknachbarn in der Schule, medizinisches Personal, z. B. bei Mund-zu-Mund-Beatmung, Intubation und Absaugen des Patienten ohne Mundschutz In Schulen und anderen Gemeinschaftseinrichtungen wird der Kreis der engen Kontaktpersonen entscheidend vom Verhalten der Betroffenen abhängig sein. So kann es z. B. in Schulen mit turbulentem Pausenverhalten (Anhusten, Anniesen, Anspucken) schwierig sein, den Kreis der Kontaktpersonen zu begrenzen, während dies in anderen Schulen durchaus möglich sein kann. Die Entscheidung, ob nur Banknachbarn und enge Freunde oder die ganze Schulklasse als enge Kontaktpersonen angesehen werden, muss daher die Sanitätsbehörde in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation treffen. Die Betroffenen sollen über die nachstehend angeführten Punkte informiert werden Es gibt eine Meningokokken-Erkrankung Die Möglichkeit für weitere Erkrankungen ist gering Es ist wichtig, die Symptome dieser Erkrankung zu kennen (insbesondere Fieber oder Petechien) Bei Verdacht soll der Hausarzt sofort verständigt werden Laut Absonderungsverordnung sind Kranke und Krankheitsverdächtige abzusondern. Nach den Richtlinien des CDC umfasst eine so genannte Respiratory Isolation für die ersten 24 Stunden ab Beginn der Chemotherapie: Unterbringung des Patienten in einem Einzelzimmer Verwendung von Gesichtsmasken für Personal, das in Kontakt mit dem Patienten tritt Händedesinfektion nach Kontakt mit dem Patienten oder mit Gegenständen, die mit Nasopharyngealsekreten des Patienten kontaminiert sind Die Durchführung von Umgebungsuntersuchungen (z. B. mikrobiologische Untersuchung von Nasoph aryngealabstrichen von Kontaktpersonen) wird für entbehrlich erachtet, da die Entscheidung für die Durchführung der Chemoprophylaxe aufgrund der zeitlichen Verzögerung (Untersuchungsdauer bis zu 3 Tagen) nicht von einem positiven Meningokokkennachweis abhängig gemacht werden darf. Chemoprophylaxe: Bei Personen des gemeinsamen Haushaltes sowie Personen, die in den letzten 7 Tagen vor Erkrankungsbeginn in engem persönlichen 190 190 en Kontakt zu einem Patienten mit Meningokokkeninfektion standen, ist eine Chemoprophylaxe durchzuführen. Die Indikation zur Chemoprophylaxe für den erwähnten Personenkreis gilt auch für den Fall einer bakteriellen Konjunktivitis durch Meningokokken. Da das Risiko von Zweiterkrankungen außerhalb des erwähnten Personenkreises als gering einzustufen ist, ist eine generelle Chemoprophylaxe bei allen Schulkameraden oder Arbeitskollegen des Patienten nicht indiziert. Lediglich bei Ausbrüchen (mehr als eine Erkrankung binnen eines Monats innerhalb eines bestimmten Personenkreises) sollte die Chemoprophylaxe von der Sanitätsbehörde auf einen größeren Personenkreis ausgedehnt werden. Die Indikation zur Chemoprophylaxe in Betreuungseinrichtungen für Kleinkinder und Kindergärten sollte fallspezifisch entschieden werden. Die Chemoprophylaxe muss unverzüglich, am besten innerhalb von 24 Stunden nach Diagnosestellung durchgeführt werden. Das Risiko einer Sekundärerkrankung ist innerhalb der ersten 7 Tage nach einer Erkrankung am höchsten, sinkt in den folgenden Wochen aber rapide ab. Infektionen nach entsprechender Chemoprophylaxe sind selten. Da es jedoch trotz adäquater Chemoprophylaxe zu Zweitinfektionen bei Kontaktpersonen kommen kann, müssen diese über mögliche Frühsymptome informiert werden. Chemoprophylaxe für Kontaktpersonen bei Meningokokken-Erkrankungen, Lj. (Lebensjahr), Lm. (Lebensmonat) Chemoprophylaxe Dosierung absolute Kontraindikationen Rifampicin p.o. Eremfat® Rifoldin® Rimactan® Erwachsene: 2 x 600 mg tgl. p.o. > 1. Lm.–12. Lj.: 2 x 10 mg/kg KG tgl. p.o. < 1. Lm. 2 x 5 mg/kg KG tgl. p.o. Therapiedauer: 2 Tage akute Hepatitis, Verschlussikterus, schwere Leberschäden, Gravidität, Stillperiode Ciprofloxacin Ciproxin® 500 mg p.o. als einmalige Dosis Für Kinder und Jugendliche <18. Lj. wird Ciprofloxacin nicht empfohlen, kann jedoch bei Vorliegen einer Kontraindikation gegenüber anderen Antibiotika ausnahmsweise gegeben werden: >= 20 kg Körpergewicht 500 mg p.o. als einmalige Dosis < 20 kg Körpergewicht 20–30 mg/KG in 2 Dosen über einen Tag Gravidität, Überempfindlichkeit gegenüber Ciprofloxacin und anderen Chinolonen Ceftriaxon Rocephin® 250 mg i. m. einmalig <12 Lj.: 125 mg i. m. einmalig Überempfindlichkeit gegenüber Penicillin, Cephalosporinen oder Lidocain, Neugeborene mit Bilirubin-Encephalopathie-Risiko Impfprophylaxe: Im Fall des Auftretens einer Meningokokken-Erkrankung durch die Serogruppen C, A, Y und W-135 sollten die Kontaktpersonen, bei denen eine Chemoprophylaxe durchgeführt wird, zusätzlich auf die Möglichkeit einer Impfung hingewiesen werden. Zur individuellen Prophylaxe sollen Personen mit Immundefekten, insbesondere Komplement-/Pro- perdindefekten, Hypogammaglobulinaemie und Asplenie, geimpft werden. In den Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut Deutschland wird für Risikogruppen nach dem 2. Lebensjahr eine Ergänzung des Konjugatimpfstoffes mit dem PolysaccharidImpfstoff empfohlen. Gegen Erkrankungen durch Meningokokken der Serogruppe B (in Österreich 191 191 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk die am häufigsten vorkommende Serogruppe – 55% Gruppe B, 39% Gruppe C, Daten 2001) gibt es nach wie vor keinen Impfstoff. Prävention: Für eine aktive Immunisierung gegen Meningokokken stehen in Österreich ein Polysaccharidimpfstoff (Mencevax®) und ein Serogruppe- C-Konjugat-Impfstoff zur Verfügung. Der tetravalente Polysaccharidimpfstoff umfasst die Serogruppen C, A, Y und W-135. Er ist empfehlenswert bei Reisen in epidemische/hyperendemische Länder (z. B. Meningitisgürtel Nord-Afrika, Pilgerreise zur Hadj, Saudi-Arabien = Impfpflicht). Er bietet im Allgemeinen für 3 Jahre Schutz, danach ist wieder eine Impfung indiziert. Dieser Impfstoff ist nicht wirksam bei Kindern unter 2 Jahren. Der Serogruppe-C-Konjugat-Impfstoff ist für die Serogruppe C wirksam. Im Gegensatz zum tetravalenten Polysaccharidimpfstoff bietet ein Konjugat-Impfstoff einen Langzeitschutz und ist boosterfähig. Er ist bei Säuglingen nach dem vollendeten 2. Monat und bei Kleinkindern wirksam. Desinfektion: Eine laufende Desinfektion ist für Sekrete aus dem Nasopharyngealtrakt und für mit Nasopharyngealsekret kontaminiertes Material angezeigt. Die Notwendigkeit zur Durchführung einer Raumluftdesinfektion besteht nicht. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Nach Abklingen der klinischen Symptome. Ein schriftliches ärztliches Attest ist nicht erforderlich. rankheit Mittel der Wahl. Für Kinder wird es über 2 Tage in folgender Dosierung gegeben: 2 x 10 mg/kg KG/Tag. Die maximale Einzeldosis bei Erwachsenen ist 600 mg. Bei Säuglingen unter einem Monat beträgt die Tagesdosis 2 x 5 mg/kg KG/Tag. Enge Kontaktpersonen sind z. B. alle Mitglieder einer Wohngemeinschaft, die Kinder der gleichen Gruppe in Einrichtungen mit Kindern unter 6 Jahren und Kontaktpersonen in Einrichtungen mit haushaltsähnlichem Charakter (Internate, Wohnheime etc.). Für enge Kontaktpersonen ist eine Prophylaxe bis zum 10. Tag nach dem letzten Kontakt zu einem Erkrankten sinnvoll. (Weiter gehende Empfehlungen enthalten die Mitteilungen der STIKO für Kontaktpersonen zu einem Fall einer invasiven Meningokokken-Infektion.) Bei einem Auftreten von mehreren Erkrankungen durch den gleichen impfpräventablen Erregertyp innerhalb von Tagen oder wenigen Wochen (Cluster) in einer Gemeinschaftseinrichtung kann die zuständige Gesundheitsbehörde eine Impfung der Kinder und Beschäftigten der Einrichtung empfehlen. Aufgaben des Amtsarztes: Unverzügliche Erhebung und Einleitung von Präventivmaßnahmen im Sinne der oben genannten Empfehlungen. Kontaktaufnahme mit der Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion und ggf. öffentliche Impfaktion. Hygienemaßnahmen zur Verhütung von Infektionen: Wirksame hygienische Maßnahmen sind nicht bekannt. Meldepflicht: Gemäß Erlass des BM. f. Gesundheit und Konsumentenschutz vom 25. 1. 1995 sind nicht nur Fälle von Meningokokken-Meningitis, sondern auch Fälle von Meningokokken-Sepsis zu melden. Es sollte zusätzlich eine möglichst rasche Meldung an die Landessanitätsbehörde und an das Referenzzentrum für Meningokokken erfolgen. Eine schnelle bakteriologische Anzüchtung und Typisierung der Keime ist anzustreben. Die Meldung hat durch den jeweiligen behandelnden Arzt bzw. die jeweilige Krankenanstalt zu erfolgen. Es ist Aufgabe der zuständigen Gesundheitsbehörde, das Risiko von Sekundärfällen durch gezielte Maßnahmen zu vermindern. Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Kulturen aus dem Nasen-Rachen-Raum sind für die Entscheidung zur Chemoprophylaxe unbrauchbar. Für enge Kontaktpersonen gilt Rifampicin als Erkrankung und Sterbefall (sowohl Meningitis als auch Sepsis) durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Ausschluss von Trägern und Kontaktpersonen: 5 bis 10% aller Personen sind Träger von Meningokokken im Nasen-Rachen-Raum. Bei Epidemien sind bis zu 90% Träger möglich. Ein Ausschluss von Trägern ist daher nicht vertretbar. Ein Ausschluss asymptomatischer Personen vom Besuch einer Gemeinschaftseinrichtung ist nicht erforderlich. Bei klinischen Symptomen ist eine Arztkonsultation umgehend angezeigt. 192 192 en In der Steiermark: zusätzliche Meldung durch das Labor direkt an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Falldefinition des BMGF Klinik: Klinisches Bild vereinbar mit Meningokokken-Erkrankung, z. B. Meningitis und/oder Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom, kann rasch fortschreiten zur Purpura fulminans, Schock und Tod. Andere Manifestationen sind möglich. Laborkriterien für die Diagnose Isolierung von Neisseria meningitidis aus einer normalerweise sterilen Probe – z. B. Blut oder Liquor cerebrospinalis (CSF) oder seltener Gelenk-, Pleura- oder Perikardflüssigkeit Nachweis von N. meningitidis-Nukleinsäure aus einer normalerweise sterilen Probe Nachweis von N. meningitidis-Antigen aus einer normalerweise sterilen Probe Mikroskopischer Nachweis gramnegativer Diplokokken aus einer normalerweise sterilen Probe Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Klinisches Bild ohne Laborbestätigung, das mit einer invasiven Meningokokken-Erkrankung vereinbar ist Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischen Verlauf und Laborbestätigung Wichtig: Asymptomatische Träger sind nicht zu melden. Referenzzentrum AGES - Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene Graz Beethovenstraße 6, 8010 Graz Ansprechpartnerin: Dr. Sigrid Heuberger Tel.: 0 31 6/32 16 43-0 Fax: 0 31 6/38 84 70 E-Mail: [email protected] Begleitscheine und Merkblätter der Meningokokkenzentrale http://www.ages.at Für Wahrscheinlichkeit: einziger erhöhter Meningokokken-Antikörper-Titer im Serum des Rekonvaleszenten. 193 193 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Ornithose, Psittakose, Papageienkrankheit rankheit Erreger: Chlamydia psittaci Vorkommen: Weltweit. Reservoir: Reservoire von C. psittaci sind vor allem Vögel und verschiedene Haustiere (z. B. Katzen, Hunde, Ziegen, Schafe, Kühe). Chlamydien-Stämme von Psittaciden (Papageienartige) weisen eine höhere Humanpathogenität auf als Stämme von anderen Tierarten. Für den Menschen spielen allerdings Zuchtvögel von Tierfarmen, wie z. B. Truthühner, Enten, aber auch Tauben, als Infektionsquelle die wichtigste Rolle (daher die Krankheitsbezeichnung „Ornithose“). Infektionsweg: C. psittaci kommt bei infizierten Tieren in respiratorischen Sekreten, Exkrementen und Federn vor und kann bei Raumtemperatur selbst bei Austrocknung ca. 4 Wochen infektiös bleiben. Die Übertragung auf den Menschen (insbesondere bei Kontakt mit infizierten Vögeln) erfolgt aerogen, aber auch durch unmittelbare Berührung der Vögel, sehr selten von Mensch zu Mensch. Infizierte Vögel können asymptomatisch oder schwer krank sein. Sie scheiden den Erreger mit dem Kot aus. Unbehandelt werden 10% der infizierten Vögel zu asymptomatischen Dauerausscheidern. Inkubationszeit: Die Inkubationszeit beträgt etwa 1–4 Wochen. Eine exakte Dauer der Ansteckungsfähigkeit kann nicht angegeben werden. Symptomatik: Das klinische Bild kann außerordentlich vielfältig sein, nahezu jedes Organ kann betroffen sein. Gewöhnlich handelt es sich um eine hochfieberhafte Erkrankung mit Kopfschmerzen und atypischer Pneumonie. Die Pneumonien sind häufig durch einen plötzlichen Beginn mit Schüttelfrost, hohem Fieber, trockenem Husten, Bradykardie und Kopfschmerzen gekennzeichnet. Der Schweregrad reicht von leichten bis zu tödlich verlaufenden Erkrankungen, bei denen respiratorische Symptome im Vordergrund stehen. Systemische Manifestationen sind seltener, sie sind vorwiegend durch Fieber, Husten, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Hepatomegalie, gastrointestinale Beschwerden und Bewusstseins- störungen gekennzeichnet. Aber auch Erkrankungsbilder wie Endokarditis, Myokarditis, Perikarditis, Enzephalitis, Arthritis und Konjunktivitis sind möglich. Diagnostik: Der Erregernachweis kann durch Kultur des Sputums in bestimmten Zelllinien oder durch Nachweis der Erreger-DNA erfolgen. Die Anzüchtung von C. psittaci ist jedoch schwierig und bleibt wenigen Speziallaboratorien vorbehalten. Häufig wird die Diagnose durch den Nachweis spezifischer Antikörper im Serum gestellt. Therapie: Mittel der Wahl Tetrazykline (Doxycyclin). Alternativ ist eine Therapie mit Makroliden wie Erythromycin und mit Azithromycin möglich. Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen: Für Kontaktpersonen sind keine besonderen Maßnahmen erforderlich. Maßnahmen bei Ausbrüchen: Ein gehäuftes Auftreten (z. B. bei Risikogruppen wie Vogelbesitzern, Beschäftigten in Geflügelfarmen oder in der Geflügelschlachtung, Tierpflegern, Tierärzten usw.) erfordert die Zusammenarbeit von Gesundheitsbehörden und Veterinärbehörden, um Schutzmaßnahmen für Beschäftigte und Maßnahmen zur Bekämpfung von Ausbrüchen einzuleiten. Aufgaben des Amtsarztes: Abklärung gehäuft auftretender Infektionen in Zusammenarbeit mit den Veterinärbehörden. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). In der Steiermark: zusätzliche Meldung durch das Labor direkt an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. 194 194 en Falldefinition nach RKI Klinisches Bild Klinisches Bild vereinbar mit Ornithose, charakterisiert durch Fieber, Kopfschmerzen, Hautausschlag, respiratorische Symptomatik, oftmals atypische Pneumonie. Labordiagnostischer Nachweis Positiver Befund mit mindestens einer der nachfolgend aufgeführten Methoden: Chlamydia-psittaci-Antigen-Nachweis mit monoklonalen Antikörpern (z. B. ELISA) Erregerisolierung (kulturell) in Zellkulturen Nukleinsäure-Nachweis (z. B. PCR-Nachweis des MOMP1-Gens) Fallklassifizierung Klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung Klinisches Bild vereinbar mit Ornithose und Nachweis eines epidemiologischen Zusammenhangs mit einer durch labordiagnostischen Nachweis bestätigten Infektion (Inkubationszeit ca. 1–4 Wochen). Epidemiologischer Zusammenhang: Gemeinsame Expositionsquelle wie z. B. infizierte Vögel Klinisch und durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Erkrankung Klinisches Bild vereinbar mit einer Ornithose und labordiagnostischer Nachweis Durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte asymptomatische Infektion Labordiagnostischer Nachweis bei fehlendem klinischem Bild Nur durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Infektion Labordiagnostischer Nachweis vorhanden, Angaben zum klinischen Bild nicht ermittelbar Referenzzentrum Klinisches Institut für Hygiene der Medizinischen Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Gerold Stanek Postfach 12 oder 37 Tel.: 01/404 90-794 10 Fax: 01/404 90-79426 E-Mail: [email protected] [email protected] 195 195 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Pneumokokkeninfektion rankheit 3) Erreger: Streptococcus pneumoniae Verbreitung: Pneumokokken-Infektionen kommen endemisch vor. Sie treten zu allen Jahreszeiten auf, der Mensch ist natürliches Erregerreservoir. Pneumokokkenerkrankungen sind in Österreich sehr häufig, sie werden jedoch nur selten als solche erfasst. Man schätzt, dass pro Jahr etwa 18.000 Fälle von Lungenentzündung durch Pneumokokken auftreten. Angesichts der Schwere und der beachtlichen Erkrankungszahlen sind Pneumokokkenerkrankungen jedenfalls zu den wichtigsten Infektionserkrankungen in Österreich zu zählen. Infektionsweg: Das natürliche Habitat der Pneumokokken ist die Schleimhaut des oberen Respirationstraktes. Ungefähr 40–70% gesunder Erwachsener sind Keimträger. Pneumokokkeninfektionen gehen in der Regel von der eigenen Flora aus (endogene Infektionen). Die Übertragung von Mensch zu Mensch erfolgt über Tröpfcheninfektion oder oralen Kontakt. Prädisponierende Faktoren sind kardiopulmonale Grundleiden, vorausgegangene Infektionen (z. B. Influenza), Milzexstirpation oder Komplementdefekte. Dauer der Inkubation: Nicht genau bekannt. Man geht von 1 bis 3 Tagen aus. Symptomatik: Die wichtigsten Pneumokokkeninfektionen sind die Lobärpneumonie und die Bronchopneumonie. Weitere Infektionen sind die akute Exazerbation bei der chronischen Bronchitis, die Otitis media, Sinusitiden, die Meningitis und das Ulcus corneae. Schwere Pneumokokkeninfektionen gehen häufig mit einer Sepsis einher. Therapie: Das Antibiotikum der Wahl ist noch immer das Penicillin. Alternative sind die Makrolid- Antibiotika. Österreichweit besteht bei S. pneumoniae eine Prävalenz der Erythromycin-Resistenz von insgesamt 10% und der Tetrazyklin-Resistenz von 7%. Die Prävalenz der Makrolid-Resistenz zeigt große Unterschiede in verschiedenen Regionen Österreichs. Immunität: Für die Immunisierungsprophylaxe steht der Impfstoff Pneumo 23 Vaccine® zur Verfügung. Bei Kleinkindern unter 2 Jahren kann ein 7-valenter Konjugat-Impfstoff Prevenar® geimpft ) zu bakterielle Meningitis werden. Kinder unter 2 Jahren tragen das höchste Risiko, an einer invasiven Pneumokokkeninfektion zu erkranken. Durch eine Impfung mit dem konjugierten Impfstoff konnte nachweislich eine Reduktion von invasiven Infektionen, aber auch von Otitis media erzielt werden. Das vermehrte Auftreten von antibiotikaresistenten Pneumokokkenstämmen unterstreicht ebenso die Wichtigkeit der Impfung. Impfindikationen: Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens wie z. B.: Chronische kardiovaskuläre und pulmonale Erkrankungen Chronische Leber- und Nierenerkrankungen Diabetes mellitus und andere Stoffwechselkrankheiten Erkrankungen der blutbildenden Organe Personen mit einer HIV-Infektion oder anderen Formen der Immundefizienz Vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie oder vor einer Organtransplantation Funktionelle oder anatomische Asplenie Alle Personen über 65 Jahre Aufgaben des Amtsarztes: Zahlenmäßige Erfassung (Surveillance) und Impfberatung. Meldepflicht: Erkrankungs- und Sterbefall einer Meningitis durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Falldefinition nach RKI Klinisches Bild Klinisches Bild vereinbar mit Pneumokokkenerkrankung mit einer der folgenden Krankheitsausprägungen: Meningitis Sepsis Septische Arthritis Osteomyelitis Bakterielle Peritonitis 3 196 196 en Labordiagnostischer Nachweis Positiver Befund mit mindestens einer der nachfolgend aufgeführten Methoden: Erregerisolierung (kulturell) aus Blut, Liquor oder anderem, normalerweise sterilem Material Antigennachweis aus Blut, Liquor oder anderem, normalerweise sterilem Material Durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte asymptomatische Infektion: Entfällt Nur durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Infektion: Labor-diagnostischer Nachweis vorhanden, Angaben zum klinischen Bild nicht ermittelbar Fallklassifizierung Klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit invasiver Pneumokokken-Erkrankung bei fehlendem labordiagnostischem Nachweis und Nachweis eines epidemiologischen Zusammenhangs mit einer durch labordiagnostischen Nachweis bestätigten Infektion (Inkubationszeit: ca. 1–3 Tage) Klinisch und durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit invasiver Pneumokokken-Erkrankung und labordiagnostischer Nachweis Referenzzentrum AGES – Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene Graz Beethovenstraße 6, 8010 Graz Ansprechpartnerin: Dr. Sigrid Heuberger Tel.: 0 31 6/32 16 43-0 Fax: 0 31 6/38 84 70 E-Mail: [email protected] 197 197 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Poliomyelitis (übertragbare Kinderlähmung) rankheit Erreger: Poliomyelitis-Viren (Genus Enterovirus, Familie Picornaviridae) Wegen der fehlenden Lipidhülle ist das Virus resistent gegen lipidlösliche Mittel (Äther, Chloroform, Detergenzien). Vorkommen: Polio-Viren waren weltweit verbreitet; vor Einführung der oralen Impfung war die Verbreitung auch in Mitteleuropa so ausgeprägt, dass der Kontakt mit dem Erreger meist schon im Kindesalter erfolgte. Im Jahre 1988 initiierte die WHO auf der Basis des weltweiten Einsatzes der oralen Polio-Vakzine (OPV) das Globale Poliomyelitis-Eradikationsprogramm, das ursprünglich die Eradikation der Poliomyelitis bis zum Jahre 2000 zum Ziel hatte. In der WHO-Region Europa wurden letztmalig 1998 in der Türkei 26 Polio-Erkrankungen gemeldet, seit 1999 sind keine autochthonen Polio-Erkrankungen mehr bekannt geworden. Im Juni 2002 wurde die europäische Region von der WHO offiziell als poliofrei erklärt. 2001 traten Poliomyelitisfälle noch in Indien, Pakistan, Afghanistan und in Nigeria und vereinzelt in weiteren vier afrikanischen Staaten auf. Im Jahr 2004 kam es von Nigeria aus zu einer erneuten Ausbreitung, insbesonders auf dessen Nachbarländer und auf den Sudan. Reservoir: Das einzige Reservoir für Polio-Viren ist der Mensch. Infektionsweg: Das Polio-Virus wird hauptsächlich fäkal-oral übertragen. Schon kurz nach Infektionsbeginn kommt es zu massiver Virusreproduktion in den Darmepithelien, so dass 106–109 infektiöse Viren pro Gramm Stuhl ausgeschieden werden können. Wegen der primären Virusvermehrung in den Rachenepithelien kann das Virus kurz nach Infektion auch aerogen übertragen werden. Schlechte hygienische Verhältnisse begünstigen die Ausbreitung von Polio-Infektionen. Inkubationszeit: In der Regel 5–14 Tage (in Einzelfällen bis maximal 35 Tage). Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Eine Ansteckungsfähigkeit besteht, solange das Virus ausgeschieden wird. Das Polio-Virus ist in Rachensekreten frühestens 36 Stunden nach einer Infektion nachweisbar und kann dort etwa eine Woche persistieren. Die Virusausscheidung im Stuhl beginnt nach 72 Stunden und kann mehrere Wochen dauern. In Einzelfällen, z. B. bei Immuninkompetenten, kann sie auch länger dauern. Säuglinge seropositiver Mütter sind wegen des Vorhandenseins diaplazentar übertragbarer IgG-Antikörper in den ersten Lebensmonaten gegen eine Infektion geschützt. Klinische Symptomatik: Die Mehrzahl der Infektionen (> 95%) verlaufen asymptomatisch unter Ausbildung von neutralisierenden Antikörpern (inapparente Infektion). Manifeste Krankheitsverläufe können verschiedener Art sein: Abortive Poliomyelitis: Nach einer Inkubationsperiode von etwa 6–9 Tagen kommt es bei 4–8% der Infizierten zu kurzzeitigen unspezifischen Symptomen wie Fieber, Übelkeit, Halsschmerzen, Myalgien und Kopfschmerzen; Zellen des ZNS sind bei dieser Form nicht von der Infektion betroffen. Infiziert das Polio-Virus Zellen des ZNS, kommt es zu einer nichtparalytischen (1–2%) oder zu einer paralytischen (0,1–1%) Poliomyelitis: Nichtparalytische Poliomyelitis (aseptische Meningitis): Etwa 3–7 Tage nach der abortiven Poliomyelitis kommt es zu Fieber, Nackensteifigkeit, Rückenschmerzen und Muskelspasmen. Im Liquor finden sich eine lymphozytäre Pleozytose, normale Glukosespiegel und normale oder etwas erhöhte Proteinspiegel. Paralytische Poliomyelitis: Nach einem oder mehreren Tagen kommt es bei Patienten mit nichtparalytischer Poliomyelitis neben schweren Rücken-, Nacken- und Muskelschmerzen zur schnellen oder schrittweisen Entwicklung von Paralysen. Mitunter erscheint die Erkrankung biphasisch, die Symptome der aseptischen Meningitis bessern sich zunächst, aber nach etwa 2–3 Tagen kommt es zu einem Fieberanstieg und Auftreten von Paralysen. Dieser biphasische und rasche Verlauf der Erkrankung ist bei Kindern häufiger als bei Erwachsenen. Die motorische Schwäche tritt üblicherweise asymmetrisch auf und kann Bein- (am häufigsten), Arm-, Bauch-, Thorax- oder Augenmuskeln betreffen. Die bulbäre Form tritt seltener auf und hat 198 198 en wegen der Schädigung von zerebralen bzw. vegetativen Nervenzentren eine schlechte Prognose. Postpolio-Syndrom: Jahre oder Jahrzehnte nach der Erkrankung kann es zu einer Zunahme der Paralysen mit Muskelschwund kommen. Man nimmt an, dass es infolge einer chronischen Überlastung und nachfolgenden Degeneration der ursprünglich nicht durch die Krankheit geschädigten Motoneuronen zu dieser chronisch progredient verlaufenden Muskelschwäche kommt (die Axone der nicht geschädigten Motoneuronen haben Verzweigungen zur Versorgung der denervierten Muskelzellen gebildet und müssen nach schweren Erkrankungen fünf- bis zehnmal so viele Muskelzellen versorgen wie bei Gesunden). Für eine persistierende PolioVirus-Infektion gibt es beim Postpolio-Syndrom keine Hinweise. Diagnostik: Virusnachweis: Zum Nachweis von Polio-Viren eignen sich am besten Stuhlproben, Rachenabstriche oder -spülwasser und bei ZNSManifestation Liquor. Aus dem Stuhl gelingt die Erregerisolierung in den ersten 14 Tagen der Erkrankung zu 80%. Antikörpernachweis: Zum serologischen Nachweis einer frischen Polio-Virus-Infektion ist die Untersuchung eines Serumpaares (mindestens 4facher Titeranstieg im Neutralisationstest bei zwei Seren, die im Abstand von 7–14 Tagen gewonnen sind) notwendig. Therapie: Da eine spezifische Therapie mit antiviralen Substanzen nicht verfügbar ist, erfolgt die Behandlung symptomatisch, dabei ist die pflegerische Betreuung außerordentlich aufwendig. Im Anschluss an die akute Behandlung sind meist längere physiotherapeutische und orthopädische Nachbehandlungen erforderlich. Präventiv- und Bekämpfungsmaßnahmen Eine generelle Auffrischung des Impfschutzes im Erwachsenenalter wird nicht empfohlen, bei Ungeimpften sollte die Grundimmunisierung entsprechend den Angaben des Herstellers nachgeholt werden bzw. sollten Impfungen, die an der vollständigen Grundimmunisierung fehlen, mit IPV ergänzt werden. Angehörige folgender Gruppen sollten über eine aktuelle Polio-Impfimmunität verfügen (Auf- frischung der Polio-Impfimmunität durch IPV, falls die letzte Impfstoffgabe länger als 10 Jahre zurückliegt, ggf. Grundimmunisierung oder Ergänzung fehlender Impfungen): Personen mit berufsbedingt möglichem engen Kontakt zu Poliomyelitis-Kranken oder zu Polio-Virus in Laboratorien Reisende in noch bestehende Polio-Endemiegebiete Aussiedler, Flüchtlinge oder Asylbewerber aus Polio-Endemiegebieten, die in Gemeinschaftsunterkünften leben (sowie das Personal dieser Einrichtungen) Kontaktpersonen zu an Poliomyelitis Erkrankten Maßnahmen bei Kindern mit akuten schlaffen Lähmungen: Die WHO verlangt auch von Ländern, in denen seit Jahrzehnten keine Fälle von Poliomyelitis aufgetreten sind, eine strenge Überwachung von Poliomyelitis-Verdachtsfällen. Alle Fälle von akuten schlaffen Lähmungen (acute flacid paralysis = AFP) bei Kindern bis zum vollendeten 15. Lebensjahr müssen an das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen gemeldet und diagnostisch abgeklärt werden. Bei solchen Fällen, die sich zumeist als Guillain-Barré-Syndrom erweisen, müssen zum Ausschluss einer Poliomyelitis zwei Stuhlproben, die innerhalb von 14 Tagen nach Erkrankungsbeginn gewonnen wurden, an der Nationalen Referenzzentrale auf Enteroviren untersucht werden. Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen: Besteht der Verdacht auf eine Poliomyelitis, so muss eine sofortige Krankenhauseinweisung erfolgen. Polio-Infizierte sollten räumlich getrennt von anderen Patienten untergebracht werden. Konsequente Hygienemaßnahmen tragen zur Verhütung von Infektionen bei. Dazu gehören insbesondere die Vermeidung von fäkal-oralen Schmierinfektionen durch Händewaschen und -desinfektion, auch bei Kontaktpersonen. Bei nicht geimpften Kontaktpersonen sollte so früh wie möglich eine postexpositionelle Schutzimpfung mit IPV-Impfstoff erfolgen. Eine Wiederzulassung zu Schulen und sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen ist frühestens 3 Wochen nach Krankheitsbeginn möglich. Bei Kontaktpersonen ist ein Ausschluss von Gemeinschaftseinrichtungen bei bestehendem 199 199 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Impfschutz oder nach postexpositioneller Schutzimpfung nicht erforderlich. Bei ungeimpften Kontaktpersonen ist eine Wiederzulassung nach 3 Wochen möglich. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Frühestens drei Wochen nach Krankheitsbeginn. Ein schriftliches ärztliches Attest ist erforderlich. Ausschluss von Ausscheidern: Entfällt. Ausschluss von Kontaktpersonen: Nicht erforderlich bei bestehendem Impfschutz oder nach postexpositioneller Schutzimpfung. Ansonsten ist eine Wiederzulassung nach drei Wochen möglich. Hygienemaßnahmen zur Verhütung von Infektionen: Vermeidung von fäkal-oralen Schmierinfektionen durch Händewaschen und -desinfektion während der Inkubationszeit bei Kontaktpersonen. Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Alle exponierten und empfänglichen Personen müssen so früh wie möglich eine aktive Schutzimpfung erhalten. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle und bei Bedarf Einleitung von Präventivmaßnahmen im Sinne der oben genannten Empfehlungen. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). rankheit In der Steiermark: Zusätzliche Meldung durch das Labor direkt an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Falldefinition nach BMGF Klinik: Klinisches Bild vereinbar mit Poliomyelitis, z. B. akutes Einsetzen schlaffer Paresen eines oder mehrerer Glieder mit herabgesetzten oder fehlenden Sehnenreflexen in den gelähmten Gliedern ohne sonstige erkennbare Ursache und ohne kognitive Sensibilitätsstörungen. Laborkriterien für die Diagnose Nachweis von Poliovirus-Nukleinsäure Isolierung des Poliovirus aus einer klinischen Probe Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Ein Fall, der der klinischen Falldefinition entspricht Bestätigt: Ein Fall mit Laborbestätigung, der der klinischen Falldefinition entspricht Referenzzentrale AGES – Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene Wien Währinger Straße 25a, 1096 Wien Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Günther Wewalka Tel.: 01/405 15 57 Fax: 01/402 39 00 E-Mail: [email protected] 200 200 en 201 201 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Rotz rankheit Erreger: Burkholderia mallei Verbreitung: Asien, Nordafrika. Übertragung: Der Erreger kann nach direktem Kontakt mit erkrankten Tieren (Pferde, Esel und andere Einhufer) oder indirekt über kontaminierte Lebensmittel und Trinkwasser aufgenommen werden. Eintrittspforten sind Haut und Schleimhäute. Inkubationszeit: Je nach Eintrittspforte: (1–5 Tage bei Haut- und 10–14 Tage bei Lungeninfektion). Klinik: Akute und chronische Haut- und Schleimhautinfektionen mit Nah- und Fernmetastasen Rotzknötchen), akuten Lungeninfektionen und meist tödlichen Septikämien. Diagnose: Isolation des Erregers hauptsächlich aus Blut oder Abszesseiter, je nach Organbefall, aber auch aus Nasenschleim oder Sputum. Therapie: Doxycyclin, Chloramphenicol, Ciprofloxacin. Aufgaben des Amtsarztes: Rücksprache mit der Veterinärbehörde. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Referenzzentrum: Keines Ansprechpartnerin: Maria Müller, dipl. MTA AGES - Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH Institut für Veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling Robert-Koch-Gasse 17, 2340 Mödling Tel.: 02236 46640 335 Fax: 02236 24716 E-mail: [email protected] 202 202 en 203 203 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Rückfallfieber rankheit Erreger: Borrelia sp. v.a. Borrelia recurrentis, Borrelia duttoni Verbreitung: B. recurrentis: Nordafrika, vereinzelte Herde in Asien und Südamerika Immunität: Es entsteht eine zeitlich begrenzte, typspezifische Immunität. B. duttoni: Afrika, Saudi-Arabien, Iran, Indien, Zentralasien, vereinzelt Amerika und Südeuropa Diagnostik: Bei B. recurrentis gelingt der Erregernachweis meist mikroskopisch im Blutausstrich oder im dicken Tropfen (Giemsafärbung). Bei B. duttoni ist dies aufgrund der geringeren Erregerdichte schwieriger. Eine Erregeranzucht aus dem Blut während einer Fieberattacke mittels Kultur oder im Versuchstier ist nur in Speziallaboratorien möglich. Infektionsweg: B. recurrentis wird von Kleiderläusen übertragen (deshalb epidemische Häufung möglich, hauptsächlich während kriegerischer Auseinandersetzungen, Hungersnöten u. Ä.). Die Erreger werden bei Verletzung der Laus freigesetzt und dringen durch die intakte Haut ein. Der Mensch ist das einzige bekannte Reservoir für das Läuserückfallfieber. B. duttoni wird von Leder-Zecken übertragen (endemisches Fleckfieber), hier dienen neben dem Menschen die lebenslang infizierten Vektoren und Nagetiere als Reservoir. Dauer der Inkubation: 5–15 Tage, in der Regel 8 Tage. Symptomatik: Nach hämatogener oder lymphogener Streuung des Erregers in die Organe kommt es während der zyklischen Vermehrungsphasen zu Fieberschüben, die von einem ausgeprägten Krankheitsgefühl, Ikterus, einem petechialen Exanthem sowie in ca. 10–30% der Fälle von neurologischen Erscheinungen begleitet sein können. Häufig wird gleichzeitig Hepatosplenomegalie sowie pulmonale Symptomatik beobachtet. Der erste Fieberschub dauert ca. 3–6 Tage an. Nach einem fieberfreien Intervall von ca. 1 Woche kommt es meist zu einem erneuten, ca. 2–3 Tage andauernden Fieberanfall. Bei Befall mit B. recurrentis werden häufig 1–2 (max. 5) und bei B. duttoni 3 (max. 13) Rückfälle beobachtet. Dauer und Schwere der Anfälle sind in der Regel rückläufig. Die Letalität der unbehandelten Erkrankung liegt bei dem heute sehr seltenen epidemischen Rückfallfieber bei 5–50%, bei der endemischen Form bei ca. 2–5%. Therapie: Tetracyclin (Doxycyclin), evtl. Erythromycin. Cave: Herxheimer Reaktionen. Differenzialdiagnose: Malaria, Rickettsiosen, Leptospirose, Typhus abdominalis, Dengue-Fieber. Maßnahmen für Kontaktpersonen: Untersuchung der Kontaktpersonen und ggf. Kleiderlausbekämpfung. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle und Einleitung von Präventivmaßnahmen (Entwesungsmaßnahmen). Meldepflicht: Erkrankung und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde. Falldefinition nach RKI Klinisches Bild: Klinisches Bild vereinbar mit Läuserückfallfieber, charakterisiert durch Fieberschübe von 2 bis 9 Tagen Dauer, unterbrochen durch fieberfreie Phasen von 2 bis 4 Tagen Dauer. Während der Fieberschübe oft flüchtige petechiale Hautausschläge. Labordiagnostischer Nachweis Erregernachweis im Dunkelfeld, Phasenkontrast oder im gefärbten Ausstrich aus Blut (entweder direkt oder nach Tierpassage) Fallklassifizierung Klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit Läuserückfallfieber und Nachweis eines epidemiologischen Zusammenhangs mit einer durch labordiagnostischen Nachweis bestätigten Infektion (Inkubationszeit ca. 5–15 Tage) Klinisch und durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Erkrankung: 204 204 en Klinisches Bild vereinbar mit Läuserückfallfieber und labordiagnostischer Nachweis Durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte asymptomatische Infektion: Labordiagnostischer Nachweis bei fehlendem klinischen Bild Nur durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Infektion: Labordiagnostischer Nachweis vorhanden, Angaben zum klinischen Bild nicht ermittelbar Referenzzentrum Klinisches Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Postfach 12 oder 37 Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Gerold Stanek Tel.: 01/404 90-79410 Fax: 01/404 90-79426 E-Mail: [email protected] [email protected] 205 205 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Salmonellose (S. non typhi, non-paratyphi) rankheit 2) Erreger: Salmonella sp., v. a. S. Enteritidis und S. Typhimurium Verbreitung: Weltweit. Infektionsweg: Hauptsächlich durch Verzehr von kontaminierten Speisen, z. B. rohe oder unzureichend gekochte Eier und Geflügelprodukte, seltener Rohmilch und Fleischprodukte. Fäkal-orale Übertragung von Mensch zu Mensch ist ebenso möglich, jedoch aufgrund der „erforderlichen“ Infektionsdosis von 103–105 Erregern extrem selten. Ein besonderes Risiko stellen diesbezüglich infizierte Kleinkinder und inkontinente Personen dar. Reservoir: Als Reservoir dienen hauptsächlich verschiedene Haus- und Nutztiere (insbesondere Geflügel). Dauer der Inkubation: 6–72 (12–36) Stunden. Dauer der Ausscheidung: Nach dem Sistieren der Durchfälle scheiden die meisten Menschen durchschnittlich 4–5 Wochen Salmonellen aus. Kleine Kinder tendieren dazu, Salmonellen länger auszuscheiden. Länger als ein Jahr dauernde Ausscheidungen sind extrem selten. Symptomatik: Die Erkrankung beginnt akut mit abdominellen Schmerzen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und dem Leitsymptom der wässrigen, meist nicht blutigen Durchfälle. Fieberreaktionen bis 39–40 °C können in der Anfangsphase auftreten. Insbesondere bei Kleinkindern und älteren Menschen kann es schnell zu einer schweren Dehydratation kommen. Die Symptome dauern meist einige Tage an. Aus der meist auf das Jejunum begrenzten Enterokolitis kann sich ein septikämisches Krankheitsbild mit extraintestinalen Manifestationen wie u. a. Abszessbildungen, Meningitis, Endokarditis, Pneumonie, Pyelonephritis, Cholezystitis, Osteomyelitis (insbesondere bei Patienten mit Sichelzellanämie) und Arthritis (reaktiv) entwickeln. Bei AIDS-Patienten kann es zu wiederholt auftretenden Salmonellenseptikämien kommen. Die Gesamtletalität ist niedrig. Aufgrund der Dehydratation und der Endotoxinresorption sind jedoch Kleinkinder und alte Menschen durchaus gefährdet. Inapparente und milde Krankheitsverläufe sind häufig. ) zu bakterielle Lebensmittelvergiftung 2 Therapie: Symptomatisch. Patienten mit Enterokolitis sollten nur in besonderen Fällen antibiotisch behandelt werden. Ciprofloxacin, Ofloxacin, bei Kindern Cotrimoxazol, Amoxycillin. Aufgrund der Resistenzproblematik sollte in diesen Fällen ein Antibiogramm angestrebt werden. Differentialdiagnose: Durchfälle anderer Genese, u. a. hervorgerufen durch Rotaviren, Adenoviren, Campylobacter, Shigellen, Yersinien oder Escherichia coli. Diagnostik: Nachweis des Erregers durch Anzucht aus dem Stuhl, aus Rektalabstrichen oder ggf. aus Blut oder Eiter. Prävention und Bekämpfung Verhütung der Übertragung in Lebensmittelbetrieben Personen, die an Salmonellose erkrankt oder dessen verdächtig sind, dürfen beim gewerbsmäßigen Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen der Lebensmittel nicht tätig sein oder beschäftigt werden, wenn sie dabei mit den Lebensmitteln in Berührung kommen. Dies gilt sinngemäß auch für Beschäftigte in Küchen von Gaststätten, Kantinen, Krankenhäusern, Säuglings- und Kinderheimen, Kinderkrippen, Kindergärten sowie in weiteren Bereichen der Gemeinschaftsverpflegung. In Gesundheitseinrichtungen sollte während der gesamten Erkrankungsdauer eine laufende Desinfektion aller Gegenstände und Flächen durchgeführt werden, die mit potentiell infektiösen Ausscheidungen des Kranken in Berührung gekommen sind oder sein können. Toilettensitz und Toilettendeckel sowie Bettgestell, Waschbecken, Badewanne sind ggf. mit einem Desinfektionsmittel zu behandeln. Dabei ist die Einwirkzeit zu beachten. Zur Händedesinfektion sind alkoholische Desinfektionsmittel geeignet. Im kommunalen Bereich ist eine Flächendesinfektion generell nicht erforderlich. Die wichtigste Maßnahme zur Prophylaxe der Übertragung von Salmonellen ist das Waschen der Hände vor allem nach jedem Besuch der Toilette, vor der Essenszubereitung, nach Kontakt mit vermutlich kontami- 206 206 en nierten Gegenständen (Windeln) und Nahrungsmitteln (z. B. Geflügel). Händewaschen führt zwar nicht zur vollständigen Erregerelimination, wohl aber zur drastischen Reduzierung der Keimzahl an den Händen. Bei stillenden Müttern wird vor dem Stillen allerdings eine Händedesinfektion mit einem alkoholischen Präparat empfohlen. Eine Desinfektion der Toiletten von Salmonellenausscheidern ist nicht notwendig, die Anwendung von WC-Reinigern, ggf. täglich, reicht aus. Kontrolluntersuchungen: Kontrolluntersuchungen sind, mit Ausnahme von Personen, die im Lebensmittelbereich arbeiten, weder aus medizinischer noch aus epidemiologischer Sicht zielführend. Gesunde Ausscheider stellen üblicherweise ein nahezu vernachlässigbares Übertragungsrisiko dar. Problematisch sind Kinder unter 6 Jahre, weil in diesem Fall eine fäkal-orale Verschleppung leichter möglich ist. Auch Personen mit geistiger oder körperlicher Behinderung sind gesondert zu beurteilen. Fäkal-orale Übertragungen sind aber auch hier vor allem in der akuten Phase der Erkrankung zu erwarten. Wenn eine entsprechende Basishygiene gewährleistet werden kann, ist es daher nicht notwendig, den Kindergartenbesuch vom „Freisein von Salmonellen“ abhängig zu machen. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Nach Abklingen des Durchfalls (geformter Stuhl). Ein schriftliches ärztliches Attest ist nicht erforderlich. Ausschluss von Ausscheidern: Es gibt keinen medizinischen Grund, asymptomatischen Kindern, die Enteritissalmonellen ausscheiden, den Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen zu untersagen. Diese Praxis, Kinder aufgrund ihres klinischen Befundes, vor allem nach Abklingen des Durchfalls, ohne bakteriologische Kontrolluntersuchungen Gemeinschaftseinrichtungen wieder besuchen zu lassen, hat sich seit Jahren in vielen Ländern bewährt. Kontaminierte Nahrungsmittel, nicht aber asymptomatische Ausscheider, sind die relevanten Infektionsquellen. Ausschluss von Kontaktpersonen: Nicht erforderlich, solange keine enteritischen Symptome auftreten. Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Es ist keine wirksame Prophylaxe bekannt. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle (evtl. unter Beiziehung der Lebensmittelaufsicht) insbesondere bei Ausbruchgeschehen oder Hinweis auf Infektionen, die von einer Gemeinschaftseinrichtung ausgehen. Entscheidung über die Arbeitszulassung von Personen, die im Lebensmittelbereich oder in Gemeinschaftseinrichtungen tätig sind. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). In der Steiermark: zusätzliche Meldung sporadischer Fälle durch das Labor an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Bei Verdacht auf Ausbruchsgeschehen erfolgt auch eine Meldung an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Falldefinition nach BMGF Klinik: Klinisches Bild vereinbar mit Salmonellose, z. B. Diarrhöe, Unterleibsschmerzen, Übelkeit und manchmal Erbrechen. Der Erreger kann auch extraintestinale Infektionen verursachen. Laborkriterien für die Diagnose Isolierung von Salmonella (non-typhi, non-paratyphi) aus einer klinischen Probe Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Laborbestätigtes Isolat ohne klinische Angaben oder Fall mit klinischen Symptomen und epidemiologischem Zusammenhang Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Referenzzentrum AGES – Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene Graz; Beethovenstraße 6, 8010 Graz Ansprechpartner: Dr. Christian Berghold Dr. Christian Kornschober Tel.: 0 31 6/32 16 43-0 Fax: 0 31 6/38 84 70 E-Mail: [email protected] Begleitscheine und Merkblätter: www.ages.at 207 207 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Scharlach rankheit Erreger: Streptococcus pyogenes (Streptokokken der Gruppe A) Vorkommen: Racheninfektionen durch S. pyogenes sind weltweit verbreitet. Sie gehören zu den häufigsten bakteriellen Erkrankungen im Kindesalter und weisen einen Gipfel in der Altersgruppe der 4- bis 7-Jährigen auf. Ausbrüche sind allerdings auch in allen anderen Altersgruppen möglich. Die Prävalenz dieser Erkrankungen ist sehr stark vom ökonomischen Status und der persönlichen Hygiene abhängig. Die Symptome können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein und reichen von leichten Halsschmerzen mit minimal auffälligem Untersuchungsbefund bis zu hohem Fieber, starken Halsschmerzen mit ausgeprägtem Erythem und Schwellung der Pharynxschleimhaut sowie eitrigem Exsudat. Die Erkrankung kann begleitet sein von einer Sinusitis, Otitis media oder Pneumonie. Die wichtigste lokale Komplikation ist der Peritonsillarabszess. Reservoir: Das Reservoir für S. pyogenes ist der Mensch. Insbesondere in den Wintermonaten ist eine asymptomatische Besiedlung des Rachens bei bis zu 20% der Bevölkerung nachweisbar. An Scharlach kann man mehrmals erkranken. Haut- und Weichteilinfektionen durch S. pyogenes können die Haut, das Unterhautgewebe, Muskeln und Faszien betreffen. Impetigo contagiosa (ansteckende Borkenflechte, Pyodermie) ist eine oberflächliche Hautinfektion, die häufig im Gesicht (insbesondere um Mund und Nase) und an den Beinen auftritt. Es bilden sich vesikulöse oder pustulöse Effloreszenzen, die aufbrechen und zu Verkrustungen führen. Fieber tritt bei der Impetigo nicht auf und der Patient macht keinen kranken Eindruck. Bei Fieber sollte an eine Beteiligung tieferer Gewebsschichten gedacht werden. Infektionsweg: Die Streptokokken-Pharyngitis wird hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion übertragen, selten durch kontaminierte Lebensmittel und Wasser. Eitrige Hautinfektionen durch S. pyogenes entstehen durch Kontakt- bzw. Schmierinfektion. Enges Zusammenleben (z. B. in Schulen, Kasernen, Heimen) begünstigt in jedem Lebensalter die Ausbreitung des Erregers. Inkubationszeit: Die Inkubationszeit beträgt 2–4 Tage. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Patienten mit einer akuten Streptokokken-Infektion, die nicht spezifisch behandelt wurde, können bis zu 3 Wochen kontagiös sein. Nach Beginn einer wirksamen antibiotischen Therapie erlischt die Ansteckungsfähigkeit nach 24 Stunden. Klinische Symptomatik: S. pyogenes kann eine Vielzahl von Krankheitsbildern verursachen, wichtige Gruppen sind: lokale eitrige Infektionen des Rachens oder der Haut generalisierte und toxinvermittelte Krankheitsbilder Spätfolgen der Infektion Lokalisierte Erkrankungen des Rachens (Tonsillopharyngitis) äußern sich mit Halsschmerzen, Fieber, Schüttelfrost, Unwohlsein und besonders bei Kindern mit Bauchbeschwerden und Erbrechen. Weitere wesentliche Streptokokken-Infektionen der Haut und Weichteile sind das Erysipel, phlegmonöse Entzündungen des Subkutangewebes sowie nekrotisierende Fasciitiden (Fasciitis necroticans, flesh eating disease), welche die oberflächlichen und/oder tiefer gelegenen Muskelfaszien sowie die Muskeln (Myositis) befallen können. Generalisierte Infektionen können bei jeder lokalisierten Erkrankung entstehen. Das Einschwemmen des Erregers in die Blutbahn kann zur S. pyogenes-Sepsis führen. Eine spezielle Form – die Puerperalsepsis – besitzt in den weniger entwickelten Ländern heute noch eine erhebliche Bedeutung. Zu den toxinvermittelten Erkrankungen zählen Scharlach und das Streptokokken-Toxic-ShockSyndrome (STSS). Der Scharlach ist eine Streptokokken-Infektion, meist eine Angina, die von einem charakteristischen Exanthem begleitet wird. Das Exanthem entsteht durch die Einwirkung eines der pyrogenen Streptokokken-Exotoxine (Superantigene). 208 208 en Das Scharlachexanthem, bestehend aus kleinfleckigen Papeln, beginnt am ersten oder zweiten Krankheitstag am Oberkörper und breitet sich zentrifugal unter Aussparung der Handinnenflächen und Fußsohlen aus. Zu den zusätzlichen Symptomen gehören die periorale Blässe und die Himbeerzunge (vergrößerte Papillen auf einer belegten Zunge, die sich später schält). Das Exanthem verschwindet nach 6 bis 9 Tagen. Einige Tage danach kommt es zur Abschuppung der Haut, insbesondere der Handinnenflächen und Fußsohlen. Eine Immunität wird immer nur gegen das bei der abgelaufenen Infektion vorherrschende Toxin erzeugt; das bedeutet, dass mehrfache Erkrankungen an Scharlach möglich sind. Das Streptokokken-Toxic-Shock-Syndrome wird nach heutiger Kenntnis ebenfalls wesentlich durch die erythrogenen Toxine (Superantigene) verursacht. Durch Schock und Multiorganversagen wird eine Letalitätsrate von rund 30% erreicht. Wegen des raschen und potenziell tödlichen Verlaufes ist es bei einem sich entwickelnden STSS besonders wichtig, frühzeitig die Diagnose zu stellen, um eine effektive intensivmedizinische Behandlung durchführen zu können. Spätfolgen von Streptokokken-Infektionen können das akute rheumatische Fieber (ARF) und die akute Glomerulonephritis (AGN) sein. Das ARF tritt nur nach Racheninfektionen mit einer durchschnittlichen Latenz von 18 Tagen auf. Die Latenzzeit für die AGN beträgt nach Racheninfektionen ca. 10 Tage, nach Hautinfektionen ca. 3 Wochen. Diagnostik: Methode der Wahl ist der kulturelle Nachweis von S. pyogenes. Typischerweise wird er aus Tonsillen/Rachen- oder Wundabstrichen, Punktaten oder Blutkulturen geführt. Der Antikörpernachweis erfolgt mittels AntiStreptolysin O-Test. Therapie: Therapie der Wahl bei Rachen- und Hautinfektionen mit S. pyogenes ist die 10-tägige Gabe von Penicillin (oral oder parenteral). Ein kürzeres Regime erhöht die Rückfallquote. Bei PenicillinAllergie ist die Gabe von Erythromycin indiziert, allerdings sind Resistenzen bekannt. Alternative Therapiekonzepte mit einer 5- bis 10-tägigen Gabe verschiedener Oral-Cephalosporine oder Makrolide zeigen ähnlich gute Ergebnisse. Co-trimoxazol und Chinolone wirken nicht zuverlässig. Tetrazykline oder Sulfonamide sind zur Behandlung nicht geeignet. Bei schweren systemischen Infektionen (Sepsis, STSS, Fasciitis necroticans) wird eine Gabe von Clindamycin zusätzlich zur parenteralen PenicillinTherapie empfohlen. Patienten mit rheumatischem Fieber sollten eine Rezidivprophylaxe mit Penicillin erhalten. Bezüglich der Dauer der Prophylaxe gibt es keine einheitliche Auffassung. Sie sollte mindestens über 5 Jahre gegeben werden, nach einem Rezidiv lebenslang. Präventive Maßnahmen: Eine Schutzimpfung existiert nicht. Eine S.-pyogenes-Infektion sollte rasch erkannt und schnellstmöglich antibiotisch behandelt werden. Das Auftreten von S.-pyogenes-Infektionen im Krankenhaus verpflichtet zu besonderen Hygienemaßnahmen: Maske bei Patientenkontakt (1 m Umkreis) bis 24 Stunden nach Beginn der antibiotischen Behandlung. Das frühzeitige Einleiten einer 10-tägigen antibiotischen Therapie verkürzt zugleich die Zeit der Kontagiosität und reduziert die Wahrscheinlichkeit einer Nachfolgeerkrankung nach einer Pharyngitis. Symptomlose Keimträger werden nicht behandelt. Nach einer Erkrankung ist die Wiederzulassung zu einer Gemeinschaftseinrichtung unter antibiotischer Therapie und bei Fehlen von Krankheitszeichen ab dem 2. Tag möglich. Für Kontaktpersonen sind keine speziellen Maßnahmen erforderlich, sie sollten jedoch über ihr Infektionsrisiko und die mögliche Symptomatik aufgeklärt werden, um im Erkrankungsfall den rechtzeitigen Arztbesuch und eine Therapie zu gewährleisten. Personen, die an Scharlach oder sonstigen Streptococcus pyogenes-Infektionen erkrankt oder dessen verdächtigt sind, dürfen in Gemeinschaftseinrichtungen keine Lehr-, Erziehungs-, Pflege-, Aufsichts- oder sonstigen Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den dort Betreuten haben, bis nach ärztlichem Attest eine Weiterverbreitung der Krankheit durch sie nicht mehr zu befürchten ist. Entsprechend dürfen auch die in Gemeinschaftseinrichtungen Betreuten mit Streptokokken-Infektionen die dem Betrieb der Gemeinschaftseinrichtung dienenden Räume nicht betreten, Einrichtungen der Gemeinschaftseinrichtung nicht benutzen und an Veranstaltungen der Gemeinschaftseinrichtung nicht teilnehmen. 209 209 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Prophylaxe bei Kontaktpersonen von Patienten mit Erkrankung durch A-Streptokokken (inkl. Scharlach): Kontaktpersonen sollten sorgfältig beobachtet werden. Bei Auftreten von Krankheitssymptomen sollte ein Tonsillen-Rachen-Abstrich auf A-Streptokokken durchgeführt werden Alle symptomatischen Patienten mit positivem Abstrichergebnis und Patienten mit Zeichen einer Scharlacherkrankung (ohne Rücksicht auf das Abstrichergebnis) sollten antibiotisch behandelt werden Bei Kleinepidemien in Familien oder Gemeinschaftseinrichtungen (= drei oder mehr Erkrankungsfälle innerhalb eines Monats) kann die gleichzeitige Abstrich-Entnahme und Behandlung der Personen mit positivem Abstrich erfolgreich sein Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Bei antibiotischer Behandlung und ohne Krankheitszeichen ab dem zweiten Tag; ansonsten nach Abklingen der Krankheitssymptome. Ein schriftliches ärztliches Attest ist nicht erforderlich. Ausschluss von Ausscheidern: Nicht erforderlich. Ausschluss von Kontaktpersonen: Nicht erforderlich. Hygienemaßnahmen zur Verhütung von Infektionen: Das Desinfizieren von Oberflächen und Gebrauchsgegenständen ist nicht notwendig. Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Keine. Ausnahme: Patienten mit Zustand nach rheumatischem Fieber haben ein erhöhtes Risiko für ein Rezidiv und sollten daher Penicillin erhalten. rankheit Falldefinition nach RKI Klinik: Klinisches Bild vereinbar mit Scharlach mit folgenden drei Symptomen: Pharyngitis, feinfleckiges Exanthem, Enanthem. Labordiagnostischer Nachweis: Positiver Befund mit mindestens einer der nachfolgend aufgeführten Methoden: Erregerisolierung (kulturell) aus Pharyngealsekret (Rachenabstrich) Antigennachweis aus dem Tonsillen-Rachenabstrich Antikörpernachweis im Anti-Streptolysin O-Test Fallklassifizierung Klinisch epidemiologisch bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit Scharlach bei fehlendem labordiagnostischem Nachweis und Nachweis eines epidemiologischen Zusammenhanges (Inkubationszeit ca. 2–4 Tage) mit einer klinisch und durch labordiagnostischen Nachweis bestätigten Erkrankung Klinisch und durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit Scharlach und labordiagnostischer Nachweis Durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte asymptomatische Infektion: Entfällt Referenzzentrum: Keines Ansprechpartner: Prim. Univ.-Prof. Dr. Ingomar Mutz LKH Leoben, Vordernberger Straße 42, 8700 Leoben Tel.: 0 38 42/401 23 30 mobil: 0676/627 832 0 Fax: 0 38 42/432 60 E-Mail: [email protected] Aufgaben des Amtsarztes: Bei Ausbrüchen ev. Erhebung der Infektionsquelle und Einleitung von Präventivmaßnahmen. Meldepflicht: Erkrankung und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). 210 210 en 211 211 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Shigellose rankheit 2) Erreger: Das Genus Shigella umfaßt Gram negative, unbewegliche, fakultativ anaerob wachsende Stäbchenbakterien der Familie Enterobacteriaceae. Anhand ihrer biochemischen Merkmale und spezifischen O-Antigene werden Shigellen in 4 Spezies o.a. Untergruppen (UG) unterteilt: S. dysenteriae (UG A), S. flexneri (UG B), S. boydii (UG C), S. sonnei (UG D). In Österreich werden ca. 80% der Shigellosen durch Shigella sonnei verursacht. Übertragung: Die Übertragung erfolgt meist durch Fall sein. Eine Ausscheidung über einen längeren direkte oder indirekte Schmierinfektion über kon- Zeitraum ist selten. taminierte Hände. Die Infektion kann sich indirekt Klinik: Die Krankheit variiert zwischen leichten über Lebensmittel, Trinkwasser, Badewasser oder Verlaufsformen mit geringer wässriger Diarrhoe kontaminierte Gegenstände verbreiten. Gegebeund schweren Erkrankungen. Das Auftreten blutig nenfalls, vor allem in Entwicklungsländern, spielen schleimiger Stühle entspricht dem klinischen Bild Fliegen als Überträger eine Rolle. Die Infektionsdoder Ruhr (daher die Bezeichnung Shigellenruhr, sis ist bei Shigellen sehr niedrig. Bereits eine miniBakterienruhr). Die typische Bakterienruhr beginnt male Menge (10-100 Keime) genügt, um klinische mit Fieber, krampfartigen Bauchschmerzen und Symptome auszulösen. Der Grund dafür liegt in wässrigem Durchfall. Beimengungen von Schleim, einer im Vergleich zu Salmonellen relativ hohen Eiter, Blut, die bei leichtem Verlauf jedoch fehlen Säuretoleranz. können, sind für Ruhrstühle charakteristisch. In Reservoir: Als Infektionsquelle kommt ausschließ- typischen Fällen kommt es täglich zu 20 bis 30 lich der Mensch in Frage (Kranke, Rekonvaleszente Entleerungen, die mit schmerzhaftem Stuhldrang und symptomlose Ausscheider). Es können alle (Tenesmen) verbunden sind. Die jeweils abgesetzAltersgruppen erkranken, besonders disponiert te Stuhlmenge ist gering. Abdominale Krämpfe sind Kinder im Vorschulalter und in den ersten sind typisch für eine Shigellose; es kann auch Schuljahren, sowie alte, in ihrer Immunabwehr zu anderen Symptomen wie Erbrechen kommen. geschwächte Menschen. Die Ansteckungsgefahr ist Bei schweren Formen kommt es im Dickdarm zu vor allem von der Menge der ausgeschiedenen Er- Epithelnekrosen und Geschwürbildung. Die Dauer reger und der Stuhlkonsistenz sowie dem hygieni- der Erkrankung variiert abhängig vom Verlauf und schen Verhalten der Infizierten abhängig. Deshalb beträgt im Durchschnitt 7 Tage. Etwa die Hälfte geht die größte Gefahr von akut Erkrankten aus. aller Shigellosen hat einen abortiven Verlauf, der als leichter, kurzzeitiger Durchfall ohne Blut im Verbreitung: Weltweit. In Mitteleuropa sind Stuhl auftritt. Diese Formen sind epidemiologisch Shigella sonnei und Shigella flexneri endemisch. besonders gefährlich, weil sie meist nicht erkannt Infektionen mit Shigella dysenteriae und Shigella werden. boydii sind fast stets importiert. Schlechte hygienische Verhältnisse und beengte Wohngemeinschaf- Diagnose: Das Leitsymptom einer Shigellenruhr ten (Lager, Kinder- und Altenheime, Kindergärten) sind schleimig-blutige („himbeergeleeartig“) begünstigen die Ausbreitung. Bedeutung für die Stühle, die unter kolikartigen Bauchschmerzen Morbidität haben auch Touristen und einreisende und Tenesmen entleert werden (bei leichten VerPersonen aus Endemiegebieten. laufsformen ist der Stuhl wässrig). Klinisch und anamnestisch lässt sich daraus aber lediglich eine Inkubationszeit: 1 bis 7 Tage, meist 36 bis 72 StunVerdachtsdiagnose ableiten. Ein mikroskopisches den. Präperat zum Nachweis fäkaler Leukozyten ermögDauer der Ansteckungsfähigkeit: Eine Anste- licht ebenfalls nur eine Verdachtsdiagnose. Dazu ckungsfähigkeit besteht vor allem während der wird frischer Stuhl, möglichst schleimig blutiges akuten Infektion (d.h. solange die Person Krank- Material, mit zwei Tropfen Methylenblaulösung heitssymptome zeigt) und solange der Erreger auf einem Objektträger vermischt und mit einem mit dem Stuhl ausgeschieden wird; dies kann 1 Deckglas abgedeckt. Bei der Mikroskopie sind >als - 4 Wochen nach der akuten Krankheitsphase der 10 Leukocyten/Gesichtsfeld hinweisend auf eine ) zu bakterielle Lebensmittelvergiftung 2 212 212 en invasive bakterielle Infektion. <50 Leukocyten/ Gesichtsfeld sowie makroskopisch sichtbares Blut auf eine Shigellose. Die Diagnose Shigellose kann erst durch die bakteriologische Stuhluntersuchung gestellt werden. Als Untersuchungsmaterial eignet sich am besten frischer Stuhl (ev. auch frisch entnommene Rektalabstriche). Zumindest die Rektalabstriche müssen in gepuffertem Medium transportiert werden. Differenzialdiagnose: Differenzialdiagnostisch sind eine Vielzahl anderer Erreger von Darminfektionen sowie nichtinfektiöse Ursachen abzugrenzen. Leichte Verlaufsformen der Shigellenruhr können z. B. mit Salmonellosen und anderen Lebensmittelvergiftungen verwechselt werden. Bei Vorliegen blutiger Stühle ist auch an Infektionen mit Campylobacter, Yersinia enterocolitica, enteroinvasive und enterohämorrhagische E. coli, Clostridium difficile, Aeromonas, bei Rückkehr aus warmen Ländern an eine Amöbiasis, bei älteren Personen zusätzlich an Karzinome, bei Kindern an eine Invagination zu denken. Therapie: Während bei Patienten in gutem Allgemeinzustand Bettruhe und Diät ausreichen, können bei geschwächten und sehr jungen oder sehr alten Patienten therapiebedürftige Flüssigkeitsverluste auftreten. Eine Chemotherapie verkürzt die Krankheitsdauer und reduziert die Erregerausscheidung. In Industrieländern werden Shigella-Infektionen meist durch S. sonnei verursacht. Es handelt sich oft um milde Erkrankungen, wonach eine Antibiotika-Therapie nicht zwingend ist. Die Chemotherapie hat sich aufgrund der weit verbreiteten und sich schnell entwickelnden Resistenz der Shigellen grundsätzlich nach dem Antibiogramm zu richten. Für Erwachsene werden als Therapie der Wahl Chinolne, wie z.B. Ciprofloxacin oder Ofloxacin (zweimal täglich 0,4 g) verabreicht. Bei sensiblen Stämmen werden Kinder mit Ampicillin (oral täglich 50mg/kg) oder Sulfonamid-Trimethoprim=CoTrimoxazol (zweimal täglich 10-15mg/kg) für die Dauer von 5 Tagen behandelt. Falls die Shigellen gegen diese Antibiotika resistent sind ist bei Kindern eine Therapie mit Pivmecillinam möglich. Prävention: Shigellen werden oft über Toilettenanlagen in Schulen und Kindergärten weiterverbreitet, daher ist in diesen Bereichen immer eine ausreichende Hygiene notwendig. Aufgrund des geringeren „Hygienebewusstseins“ von Kleinkindern sollte vor allem in Kindergärten die Händehygiene nach dem Besuch der Toilette geübt und kontrolliert werden. Persönliche Hygiene steht beim Auftreten von Shigellen-Erkrankungen an oberster Stelle! Lehrer, Schüler, Schulbedienstete und Beschäftigte sowie Besucher weiterer Kindergemeinschaftseinrichtungen, die an Shigellenruhr erkrankt oder dessen verdächtig sind, dürfen Einrichtungen der Schule und ähnliche Einrichtungen nicht benutzen und an deren Veranstaltungen nicht teilnehmen, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit durch sie nicht mehr zu befürchten ist. Personen, die an Shigellenruhr erkrankt oder dessen verdächtig sind oder Shigellen ausscheiden, dürfen beim gewerbsmäßigen Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen von Lebensmitteln nicht tätig sein oder beschäftigt werden, wenn sie dabei mit diesen in Berührung kommen. Dies gilt sinngemäß auch für Beschäftigte von Gaststätten, Kantinen sowie weiteren Bereichen in der und zur Gemeinschaftsverpflegung. Desinfektion: In Gesundheitseinrichtungen sollte während der gesamten Erkrankungsdauer eine laufende Desinfektion aller Gegenstände und Flächen durchgeführt werden, die mit infektiösen Ausscheidungen des Kranken in Berührung gekommen sind oder sein können. Die Händedesinfektion ist mit einem alkoholischen Desinfektionsmittel durchzuführen. Im kommunalen Bereich ist eine Flächendesinfektion generell nicht erforderlich. Die wichtigste Maßnahme zur Prophylaxe der Übertragung von Shigellen ist das Waschen der Hände vor allem nach jedem Besuch der Toilette oder nach Kontakt mit vermutlich kontaminierten Gegenständen (Windeln). Händewaschen führt zwar nicht zur vollständigen Erregerelimination, wohl aber zur drastischen Reduzierung der Keimzahl an den Händen. Bei Schwangeren wird vor dem Stillen allerdings eine Händedesinfektion mit einem alkoholischen Präparat empfohlen. Eine Desinfektion der Toiletten von Shigellenausscheidern ist nicht notwendig, die Anwendung von WC-Reinigern, ggf. täglich, reicht aus. 213 213 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Nach klinischer Genesung und dem Vorliegen von drei negativen Stuhlproben im Abstand von ein bis zwei Tagen. Die erste Stuhlprobe sollte frühestens 24 Stunden nach Ende einer Antibiotikatherapie erfolgen. Ein schriftliches ärztliches Attest ist erforderlich. Ausschluss von Ausscheidern: Im Regelfall bis zum Vorliegen von drei aufeinander folgenden Stuhlproben (im Abstand von ein bis zwei Tagen) ohne Erregernachweis. Bei längerer Ausscheidung des Erregers soll in Absprache mit dem Gesundheitsamt eine individuelle Lösung erarbeitet werden, um ggf. eine Zulassung zu ermöglichen. Ausschluss von Kontaktpersonen: Es ist kein Ausschluss erforderlich, solange keine enteritischen Symptome auftreten. Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Es ist keine wirksame Prophylaxe bekannt. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle insbesondere bei Ausbruchsgeschehen oder Hinweis auf Infektionen, die von einer Gemeinschaftseinrichtung ausgehen. Entscheidung über die Zulassung von Personen, die im Lebensmittelbereich oder in Gemeinschaftseinrichtungen tätig sind. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). In der Steiermark: Zusätzliche Meldung sporadischer Fälle durch das Labor an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Bei Verdacht auf Ausbruchsgeschehen erfolgt auch rankheit eine Meldung an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Falldefinition nach BMGF Klinik: Erkrankung unterschiedlichen Schweregrades, gekennzeichnet durch Diarrhöe, Fieber, Übelkeit, Krämpfe und Tenesmen. Laborkriterien für die Diagnose Isolierung von Shigella sp. aus einer klinischen Probe Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und epidemiologischem Zusammenhang Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Referenzzentrum AGES-Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene Graz Beethovenstrasse 6, 8010 Graz Ansprechpartner: Mag. Dr. Ingeborg Lederer Dr. Gerda Höger Tel.: 0316 32 16 43 0 Fax: 0316 38 84 70 E-Mail.: [email protected] Downloads www.ages.at 214 214 en INFORMATIONSBLATT über Shigellen Shigellose Die Shigellose ist eine übertragbare Krankheit welche durch Shigellen (Bakterien) verursacht wird. Die Infektion wird über den Stuhl eines Erkrankten oder eines infizierten Trägers (Person ohne Krankheitszeichen) weitergegeben. Übertragung Durch Schmierinfektion direkt von Mensch zu Mensch oder indirekt über kontaminierte (mit Shigellen verunreinigte ) Gegenstände, Türklinken, Wäsche etc., über kontaminierte Lebensmittel, über kontaminiertes Trinkwasser, Badewasser Inkubationszeit Die ersten Krankheitszeichen treten bei einer Infektion mit Shigellen nach 1-7 Tagen auf , in der Regel innerhalb von 1 bis 3 Tagen. Dauer der Ansteckungsfähigkeit Eine Ansteckungsfähigkeit besteht vor allem während der akuten Infektion (d.h. solange die Person Krankheitssymptome zeigt) und solange der Erreger mit dem Stuhl ausgeschieden wird; dies kann 1 bis 4 Wochen nach der akuten Krankheitsphase der Fall sein. Eine Ausscheidung über einen längeren Zeitraum ist selten. Krankheitszeichen und Diagnose Der Verlauf dieser Erkrankung kann stark schwanken: von leichter Magen-Darm-Verstimmung bis hin zu einer schweren Erkrankung. Die Erkrankung beginnt meist mit wässrigem Durchfall, der in einen schweren Durchfall mit blutig-schleimigen Stühlen übergehen kann. Weitere Syptome die auftreten können: Übelkeit, Bauchschmerzen, Fieber. Die Diagnose wird im Labor durch den Nachweis der Shigellen aus dem Stuhl bestättigt. Vorbeugung Wenn Personen an Shigellose erkrankt sind helfen einfache Maßnahmen eine Übertragung der Shigellen auf andere Personen zu vermeiden: Sauberkeit auf der Toilette [Abwaschen des Sitzbrettes, des Griffes der Wasserspülung, der Türklinke und des Wasserhahnes mit einem Desinfektionsmittel (z. B.: Danchlor) nach jedem Stuhlgang] gründliche Händehygiene durch Händewaschen mit Seife nach Benützung der Toilette, ergänzt durch ein Händedesinfektionsmittel mit Alkohol Händewaschen vor dem Essen keine Gemeinschaftshandtücher verwenden: erkrankte Personen sollen eigene Handtücher und Badetücher verwenden. Leib- und Bettwäsche ist mit mindestens 60°C zu waschen. Kontaktpersonen (insbesondere innerhalb der Familie) müssen eine besonders gründliche Händehygiene einhalten. 215 215 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Staphylokokkenintoxikation rankheit 2) Erreger: Staphylococcus aureus (enterotoxinbildend) Verbreitung: Weltweit. Infektionsweg: Aufnahme des enterotoxinhaltigen Lebensmittels, insbesondere Milch, Eiprodukte, Fleisch, Pasteten, Cremes, Krabbenfleisch, aber auch Fertiggerichte. Zur Enterotoxinbildung im Lebensmittel müssen mehr als 105 S. aureus-Zellen/g Lebensmittel gebildet werden. Diese massive Vermehrung wird je nach Ausgangskontamination des Lebensmittels bei einer Lagertemperatur von über 10 °C über mehrere Stunden erreicht. Da die Enterotoxine sehr hitzestabil sind, werden diese bei Temperaturen von 70 bis 100 °C erst nach mehreren Stunden inaktiviert. Nachträgliche Kurzzeiterhitzung tötet zwar den Erreger ab, lässt aber das Enterotoxin unbeschadet. Die Kontamination erfolgt vorwiegend über die Hände. Dauer der Inkubation: 1 bis 4 (max. 6) Stunden. Symptomatik: Plötzlicher Beginn mit Übelkeit, Erbrechen und Kreislaufbeschwerden, später folgen wässrige Durchfälle; mitunter schockähnliches Zustandsbild mit Blutdruckabfall. Dauer der Erkrankung: 12 bis 24 Stunden. Therapie: Symptomatisch. Prävention: Sachgemäßer Umgang mit Lebensmitteln und Beschäftigungsverbot für Personen mit eitrigen Hautinfektionen. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle bei Ausbruchsgeschehen. Ev. Kontaktaufnahme mit der Lebensmittelaufsicht bei Hinweis auf Infektionsquellen in öffentlichen Einrichtungen (z. B. Gaststätten). Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). In der Steiermark: Zusätzliche Meldung sporadischer Fälle durch das Labor an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Bei Verdacht auf Ausbruchsgeschehen erfolgt auch eine Meldung an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Referenzzentrum: Keines AGES – Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene Graz; Beethovenstraße 6, 8010 Graz Ansprechpartner: Dr. Christian Berghold Tel.: 0 31 6/32 16 43-0 Fax: 0 31 6/38 84 70 E-Mail: [email protected] Differenzialdiagnose: alle anderen Formen der akuten Lebensmittelintoxikation (Bacillus cereus, Clostridium perfringens). Diagnostik: Nachweis von Erregern oder Entertoxin aus Erbrochenem, Stuhl und Lebensmittel. Hinweis: Folgende Kriterien erhärten den Verdacht auf eine Lebensmittelintoxikation durch Staphylokokken-Enterotoxine: Inkubationszeit unter 6 Stunden Keimzahl > 105 KBE/g bzw. ml und/oder Enterotoxinnachweis im Lebensmittel Enterotoxinbildungsvermögen der isolierten Stämme aus dem Lebensmittel und ev. der Patientenprobe ) zu bakterielle Lebensmittelvergiftung 2 216 216 en 217 217 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Syphilis (Lues) rankheit Erreger: Treponema pallidum Übertragung: Die Übertragung erfolgt immer durch direkten Kontakt mit dem Erkrankten, in der Regel beim Geschlechtsverkehr, weil diese Erreger außerhalb des Körpers extrem empfindlich gegenüber chemischen und physikalischen Einflüssen sind. Eintrittspforte für die Ansteckung sind kleinste Läsionen der scheinbar gesunden Haut und Schleimhaut. Betroffen sind der Genital- und Analbereich, selten sind extragenitale Manifestationen, z. B. in der Mundhöhle. Eine Sonderform stellt die diaplazentare Übertragung der Erreger nach dem 4. Schwangerschaftsmonat mit Infektion der Feten dar (Lues connata). Sofern es nicht zum Absterben der Frucht kommt, erfolgt die Geburt eines sowohl körperlich wie auch geistig schwer geschädigten Kindes. Wichtig für die Klinik der Erkrankung ist die relativ lange Generationszeit der Erreger von etwa 35 Stunden. Verbreitung: Weltweit. Reservoir: Der einzige bekannte Wirt ist der Mensch. Klinik: Der klinische Verlauf der Lues lässt sich in drei Stadien unterteilen. Lues I (Primärstadium): Nach einer Inkubationszeit von durchschnittlich 3 Wochen entwickelt sich an der Inokulationsstelle der Primäraffekt. Man versteht darunter eine schmerzlose Induration, die später geschwürartig zerfällt (sog. Harter Schanker). Dieses Ulcus durum ist hochkontagiös. Aus ihm entsteht durch Streuung der Erreger auf dem Lymphweg der Primärkomplex, d. h. es kommt zum – ebenfalls nahezu schmerzlosen – Anschwellen des lokalen Lymphknotens. Nach ca. 4 Wochen verschwindet dieses Stadium I, um nach 4–8 Wochen in die Lues II (Sekundärstadium) einzumünden. Trotz einer heftigen humoralen Immunantwort haben sich die Erreger in der Zwischenzeit auf dem Lymph- und Blutweg ausgebreitet, was für den Betroffenen teilweise unbemerkt, teilweise mit uncharakteristischen Beschwerden wie Fieber, Abgeschlagenheit und Kopfschmerz einhergeht. Hauptsymptome der Lues II sind neben einer Polyadenopathie ein nicht juckendes, makulöses, mit dem Glasspatel wegdrückbares Exanthem, das neben dem Rumpf und den Beugeseiten der Extremitäten auch die Handflächen und Fußsohlen befallen kann. Enanthemische Formen sind die Plaques muqueuses, mit grauweißen, opaken Flecken auf den Schleimhäuten. In diesen sowie den nässenden Exanthemen finden sich reichlich Erreger. Das Sekundärstadium der Lues ist ebenfalls kontagiös. Das Exanthem klingt nach 2–3 Wochen ab. Es kann während der folgenden Jahre immer wieder rezidivieren, wobei neben dem „Halsband der Venus“, einer Leukodermie im Halsbereich, und dem „Stirnband der Venus“, einer Anreihung von papulösen Syphiliden an der Stirn-Haar-Grenze, auch Condylomata lata im Genital- und Analbereich auftreten können. Die Lues II kann aber auch als Lues latens stumm enden, um plötzlich nach Monaten oder Jahren die Lues III (Tertiärstadium) zu begründen. Die Syphilis ist jetzt sowohl an der Haut als auch in fast allen Organen lokalisiert, in diesem Stadium aber nicht mehr infektiös. Die Immunreaktion hat zwar die meisten Erreger beseitigt, dennoch sind noch Keime in Nischen vorhanden, wodurch die Entzündungsreaktion aufrechterhalten wird. An der Haut dominiert das serpiginöse Syphilid, eine girlandenförmige Anordnung schmerzhafter Granulome, die ulzerieren und dann vernarben. In den inneren Organen bilden sich Knoten von gummiartiger Konsistenz, die Gummen. Die Lues III ist durch eine starke Gewebedestruktion gekennzeichnet, die selbst Knochen einbezieht. Besonders gefürchtet ist die Mesaortitis luetica, welche die Gefahr einer Aneurysma-Bildung und einer Aortenruptur mit nachfolgender Massenblutung beinhaltet. Eine weitere Gefahr liegt in der Beteiligung des Zentralnervensystems. Manifestationen der Lues am ZNS werden auch als Lues IV bezeichnet. Die luetische Meningitis kann bereits im Stadium II auftreten. Die progressive Paralyse ist psychisch durch einen zunehmenden Abbau der intellektuellen Fähigkeiten und physisch durch Ataxie und Sprachstörungen geprägt. Eine Degeneration der 218 218 en Rückenmarkshinterstränge mit den entsprechenden neurologischen Ausfällen wird als Tabes dorsalis bezeichnet. Auch eine Atrophie des N. opticus kann auftreten. Der klassische Verlauf der Lues tritt nicht bei jedem Patienten auf. In jedem Stadium kann eine Spontanheilung eintreten, so dass etwa nur bei der Hälfte der Infizierten das Spätstadium erreicht wird. Differenzialdiagnose venerischer Ulzera Ulcus durum Ulcus molle Klinische Erscheinung Erreger Schmerzlos Primär erhaben Derbe Konsistenz Treponema pallidum subsp. pallidum Schmerzhaft Wie „ausgestanzt“ Weiche Ränder Haemophilus ducreyi Diagnose: Ein direkter Erregernachweis ist nur mikroskopisch im Dunkelfeld möglich. Erfolgreich ist dieses Verfahren nur während der hoch kontagiösen Phasen der Lues, also aus dem Ulcus durum des Stadiums I, aus Hautläsionen des Stadiums II, aus Lymphknotenpunktaten oder Haut- und Schleimhautveränderungen des Lues connata etc. Die serologische Diagnostik wird frühestens 2–3 Wochen nach der Infektion positiv. Therapie: Eine Gefahr bei der Luestherapie ist die Jarisch-Herxheimer-Reaktion. Sie tritt 1–2 Stunden nach der ersten Applikation der Chemotherapeutika auf. Durch das massenhafte Absterben der Bakterien im Organismus wird dieser mit Antigenen überschwemmt, was eine anaphylaktische Reaktion nach sich zieht. Durch Verabreichung von Kortikosteroiden kann dieser Reaktion vorgebeugt werden. Zur Therapie siehe: Richtlinien zur Therapie der klassischen Geschlechtskrankheiten und Sexually Transmitted Diseases der Arbeitsgruppe für STD und dermatologische Mikrobiologie der ÖGDV. www.univie.ac.at/Immundermatologie/download/ std.pdf Aufgaben des Amtsarztes Entgegennahme der Meldungen nach dem Geschlechtskrankheitengesetz (GK-G, siehe Meldepflicht) Vorladung des Erkrankten oder Krankheitsverdächtigen (z. B. Kontaktpersonen, Infektionsquellen) in das Gesundheitsamt Nach vorgenommener Untersuchung entscheidet der AA, ob der/die Erkrankte in der Behandlung eines niedergelassenen Arztes verbleiben kann oder eine ambulante oder stationäre Betreuung in einer Krankenanstalt notwendig ist Nach Abschluss der Behandlung kann der AA die gesundheitliche Überwachung des Behandelten anordnen und hat wieder zu entscheiden, wo bzw. durch wen diese zu erfolgen hat Einholung der ärztlichen Behandlungsbestätigungen und der Untersuchungsergebnisse bei nach dem GK-G gemeldeten Personen Gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen: wöchentliche, amtsärztliche Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten Entgegennahme der monatlichen Fallzahlmeldungen (s. u.) Meldepflicht (beschränkt): Nur wenn eine Weiterverbreitung der Krankheit zu befürchten ist oder sich der Kranke der ärztlichen Behandlung bzw. Beobachtung entzieht an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Zur ziffernmäßigen Erfassung der Neuerkrankungen an Geschlechtskrankheiten (Gonorrhoe, Syphilis, Ulcus molle, Lymphogranuloma venereum) monatliche Meldung an das Gesundheitsamt gemäß Erlass des damaligen Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz Zl. II-51.740/ 3–5/85. Falldefinition nach BMGF 219 219 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Syphilis, primäre (Frühsyphilis) Klinik: Stadium der Infektion mit Treponema pallidum, das durch einen oder mehrere Schanker (Ulcera) gekennzeichnet ist. Schanker können im klinischen Erscheinungsbild erheblich variieren. Laborkriterien für die Diagnose Nachweis des spezifischen IgM mittels EnzymImmunoassay (EIA) Nachweis von T. pallidum in klinischen Proben durch Dunkelfelduntersuchung, Direktnachweis von fluoreszenzmarkiertem Antikörper (DFATP) oder gleichwertige Methoden Für Wahrscheinlichkeit: Reaktiver serologischer Test nontreponemal: VDRL-Test [in den Veneral Disease Research Laboratories, USA, entwickelt] oder RPRTest [Rapid Plasma Reagin]; treponemal: FTA-ABS-Test [Fluoreszenz-Treponemen-Antikörper-Absorptionstest] oder MHA-TPTest [Mikrohämagglutinationstest auf Antikörper gegen T. pallidum]) Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und einem oder mehreren UIcera (Schanker), die mit der primären Syphilis vereinbar sind; sowie reaktiver serologischer Test Bestätigt: Ein Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Syphilis, sekundäre (Spätsyphilis) Klinik: Stadium der Infektion mit T. pallidum, das durch lokalisierte oder diffuse mukokutane Läsionen gekennzeichnet ist, oft mit generalisierter Lymphadenopathie. Das Primärulkus kann noch vorhanden sein. Laborkriterien für die Diagnose Nachweis von T. pallidum in klinischen Proben durch Dunkelfelduntersuchung, Direktnachweis von fluoreszenzmarkiertem Antikörper (DFATP) oder gleichwertige Methoden rankheit Reaktiver serologischer Test nontreponemal: VDRL-Test [in den Veneral Disease Research Laboratories, USA, entwickelt] oder RPRTest [Rapid Plasma Reagin]; treponemal: FTA-ABS-Test [Fluoreszenz-Treponemen-Antikörper-Absorbtionstest] oder MHA-TPTest [Mikrohämagglutinationstest auf Antikörper gegen T. pallidum]) Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und reaktivem serologischem Test Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Syphilis, latente Klinik: Stadium der Infektion mit T. pallidum, bei dem Organismen im Körper der infizierten Person ohne Beschwerden oder Befunde persistieren. Laborkriterien für die Diagnose Nachweis einer positiven Reaktion mit spezifischem EIA, aber negativer Labortest auf infektiöse Syphilis (siehe primäre und sekundäre Syphilis) Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Keine auf Syphilis hindeutenden klinischen Befunde oder Beschwerden und positiver Labortest wie oben angegeben Bestätigt: Entfällt Referenzzentrum Magistratsabteilung 15; STD-Ambulatorium Wien; Neutorgasse 20, 1013 Wien Ansprechpartner: Prim. Dr. Silvia Mayerhofer und Dr. Eva Vinzelj Tel.: 01/531 14 87-781 Fax: 01/531 14 99-877 89 E-Mail: [email protected] Für Wahrscheinlichkeit: 220 220 en 221 221 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Tollwut (Rabies, Lyssa) rankheit Erreger: neurotrope Viren der Familie der Rhabdoviren, Genus Lyssaviren Vorkommen: Die Tollwut ist in weiten Teilen der Welt verbreitet. Nach einer Schätzung der WHO werden jährlich rund 35.000 Tollwuterkrankungen beim Menschen registriert. Die weltweit höchsten Erkrankungszahlen finden sich in Süd- und Südostasien. Im Herbst 1991 wurde auch in Österreich mit der oralen Immunisierung der Fuchspopulation begonnen. In Grenzgebieten zu Ungarn und Slowenien (im Jahr 2002: 24 tollwütige Tiere im Lavanttal) sowie über illegale Tiertransporte ist derzeit noch immer mit eingeschleppten Fällen zu rechnen. Reservoir: Von der Tollwut befallen werden in unseren Breiten hauptsächlich wild lebende Fleischfresser wie Füchse, Dachse, Marder, Marderhunde, Waschbären sowie Rehe, Hirsche, Wildschweine und bei den Haustieren Weidetiere (Rinder, kleine Wiederkäuer, Pferde) sowie Hunde und Katzen. Die häufigste Infektionsquelle für Tiere ist der Fuchs, der das Hauptvirusreservoir darstellt. Der Hund bleibt durch seine Nähe zum Menschen häufigste Infektionsquelle für diesen. Seit einigen Jahren wurde in Europa auch ein Tollwutvirus-Reservoir bei Fledermäusen auffällig. – In Amerika finden wir Reservoire bei Stinktieren, Waschbären, Fledermäusen und Füchsen. Infektionsweg: Die weitaus überwiegende Zahl der menschlichen Krankheitsfälle erfolgt durch den Biss eines wutkranken Tieres. Relevant ist die Lokalisation des Bisses und die Schwere der Verletzung: Bisse am Kopf, Gesicht und in den Nacken sowie in die nervenreichen Finger sind sehr gefährlich, die Mortalitätsrate ist sehr hoch. Sie sinkt bei Verletzungen der oberen Extremitäten, des Körpers und der Beine. Bissen gleichzusetzen sind auch Verletzungen, die sich eine Person beim Hantieren im Maul eines wutkranken Tieres zuzieht, wie es vor allem bei Tierärzten und Landwirten möglich ist. Eine geringe Rate der Virushaftung besteht bei Bagatellverletzungen, zum Beispiel bei Kratzwunden und beim Belecken von Hautläsionen. Bei Bespeichelung von frischen Wunden liegt die Mortalität bei 0,1%. Bei Wunden, die älter als 24 Stunden sind, ist die Infektionsgefahr sehr gering. Das Virus kann in makroskopisch unverletzte Haut nicht eindringen. Dagegen sind Infektionen durch Bespeichelung der Schleimhäute (Konjunktiva, Mund- und Genitalschleimhaut) möglich. Infektionen durch Abbalgen von an der Tollwut verendeten Tieren und beim Schlachten von erkrankten Rindern sind beschrieben worden; hier handelt es sich aber zumeist um Verletzungen mit dem Messer oder durch Knochensplitter, an denen infektiöses Virus haftete. Eine Infektion durch Kontakt mit Blut, Urin oder Stuhl von einem wutkranken Tier ist bisher noch nicht beschrieben worden. Eine aerogene Übertragung der Wutkrankheit wurde in Fledermaushöhlen beobachtet. Auch bei der Herstellung eines Tollwutimpfstoffes kam es durch Aerosolbildung zur Infektion von zwei Personen. Eine Infektion von Mensch zu Mensch kommt nur unter außergewöhnlichen Umständen vor. Wegen der Empfindlichkeit des Virus in der Außenwelt ist eine Übertragung der Wutkrankheit über Beeren oder Pilze bisher noch nicht beobachtet worden, eine indirekte Übertragung der Wutkrankheit über mit Speichel benetzte Gegenstände oder gesunde Tiere ist nicht zu befürchten. Inkubationszeit: In der Regel 3–8 Wochen, selten kürzer als 9 Tage, in Einzelfällen bis zu einem oder sogar mehreren Jahren. Die Zeit bis zum Ausbruch der klinischen Symptomatik ist abhängig von der Lokalisation der Bissstelle. Bei ZNS-nahen Eintrittspforten werden kürzere Inkubationszeiten beschrieben. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Die vorhandenen Kenntnisse stützen sich auf Ergebnisse epizootologischer Studien. So wurde festgestellt, dass Hunde und Katzen gewöhnlich 3–7 Tage vor Auftreten von klinischen Symptomen sowie während der gesamten Dauer der Erkrankung das Virus im Speichel ausscheiden und damit ansteckend sind. Klinische Symptomatik: Die Tollwut lässt sich beim Menschen in drei Stadien einteilen: 1. Prodromalstadium: Es bestehen Fieber sowie uncharakteristische Beschwerden, z. B. Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit. Weiterhin werden 222 222 en Brennen, Jucken und vermehrte Schmerzempfindlichkeit im Bereich der Bisswunde angegeben. 2. Exzitationsstadium („rasende Wut“): Typisch ist eine ausgeprägte Hydrophobie. Beim Schlucken kommt es zu Krämpfen der Schlundmuskulatur, wodurch eine erhebliche Angst vor dem Trinken besteht. Speichel fließt aus dem Mund, um den Speichel nicht schlucken zu müssen. Bereits die optische oder akustische Wahrnehmung von Wasser führt zu Unruhe und Krämpfen, die sich auf die gesamte Muskulatur erstrecken können. Der Gemütszustand wechselt zwischen aggressiver und depressiver Verstimmung. 3. Paralyse („stille Wut“): Es kommt zum Nachlassen der Krämpfe und der Unruhe, es stellen sich zunehmend Lähmungen, vor allem der Hirnnerven, ein. Der Tod tritt in der Regel im Koma und unter den Zeichen der Atemlähmung ein. Zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und dem Tod liegen maximal 7 Tage. Bei klinischer Manifestation führt die Erkrankung immer zum Tod. Diagnostik: Während der Inkubationszeit kann eine Infektion durch das Tollwutvirus noch nicht diagnostiziert werden. Die Tollwutdiagnose ist zunächst eine klinische Verdachtsdiagnose und kann erst präfinal durch Labormethoden bestätigt werden, wenn auch nicht immer mit Sicherheit. Nachweise von Antigen können mit dem Kornealtest, in Speichelproben durch PCR und in Hautbiopsien mit Hilfe des direkten Immunfluoreszenztests versucht werden. Antikörpernachweise in Serum- und Liquorproben sind sicherer. Antikörper treten, wenn überhaupt, kurz vor Ausbruch der Krankheitssymptome auf. Sehr sicher ist der direkte Immunfluoreszenztest, der postmortal an Nervengeweben des Hippocampus oder des Kleinhirns ausgeführt werden kann. Therapie: Die Behandlung erfolgt symptomatisch unter intensivmedizinischen Bedingungen (Kontrolle von Atmung, Kreislauf, ZNS-Symptomen). Ist die Krankheit bereits ausgebrochen, verläuft sie immer tödlich. Präventive Maßnahmen PräexpositionelIe Tollwutprophylaxe: Für die prä(und auch für die postexpositionelle) Tollwutimpfung beim Menschen steht in Österreich derzeit nur mehr die Purified Chick Embryo Cell Vaccine (PCEC) Rabipur® zur Verfügung. Die vorbeugende Impfung ist besonders für „high risk persons“ wie für das Personal in der Tollwutimpfstoffproduktion, Forschung, Diagnostik und für Tierärzte und deren Hilfspersonal in Endemiegebieten angezeigt. Empfehlenswert ist die Impfung bei Jägern, Tierpräparatoren, Entwicklungshelfern und Querfeldeinreisenden in Gebieten mit endemischer Hundetollwut. Personen, die beruflich häufig mit Fledermäusen zu tun haben, sollten prophylaktisch gegen die Tollwut immunisiert werden. Nach einer kompletten Grundimmunisierung beträgt die Schutzdauer 3–5 Jahre. Zur Festlegung des exakten Auffrischungszeitpunktes ist eine Titerkontrolle empfehlenswert. Eine Auffrischungsimpfung ist bei Titern < 0,5 IE/ml Serum indiziert. Postexpositionelle Tollwutbehandlung (PET): Die PET besteht aus der lokalen Behandlung der Wunde und der Verabreichung (Therapie) von Impfstoff. Die Entscheidung, ob eine postexpositionelle Tollwutbehandlung erforderlich ist oder nicht, obliegt den Impfärzten an den Impfstellen, die sich nach den Empfehlungen der obersten österreichischen Gesundheitsbehörde richten. Alle Bissverletzungen und Kratzer sind sofort mit Seife und Wasser und/ oder mit einem Detergenz (zum Beispiel Benzalkoniumchlorid) zu waschen und anschließend mit 70%igem Äthanol beziehungsweise alkoholischer oder wässriger Jodlösung zu behandeln. Durch die chemische und physikalische Reinigung wird die Wahrscheinlichkeit der Aufnahme des Tollwutvirus aus dem Wundbett in die Muskelzellen und seine dortige Vermehrung reduziert. Bei einer schwereren Verletzung ist simultan mit dem Impfstoff RabiesImmunglobulin human (20 IE/kg KG) einzusetzen. Wenn es anatomisch möglich ist, sollte die Hälfte der Menge des R-Igh um die Wunde infiltriert und in die Wunde instilliert werden. Der Rest ist i.m. in das Gebiet des Glutealmuskels zu verabreichen. Bei bereits gegen die Wutkrankheit immunisierten Patienten ist nach einer Exposition die Verabreichung von R-Igh nicht erforderlich. In Österreich wird seit 1990 von der österreichischen Gesundheitsbehörde für die PET das ZagrebImpfschema nach Vodopija empfohlen: Am Tag 0 werden zwei Impfdosen bilateral (je eine Dosis am linken und am rechten Oberarm) vorzugsweise in den Deltamuskel gegeben und je eine Impfdosis am Tag 7 und am Tag 21. Die Injektion des Impfstof- 223 223 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk fes in den Glutealmuskel induziert eine geringere Antikörperkonzentration und sollte vermieden werden. Die ersten Dosen sollten sobald als möglich, auf jeden Fall innerhalb von 48 Stunden nach der Exposition verabreicht werden. Angesichts der hohen Kosten von Impfstoff und Immunglobulin bleibt immer noch die Frage offen, ob diese biogenen Arzneimittel allzu großzügig eingesetzt werden sollten. Von 1984 bis 1993 erhielten 14.367 Personen eine PET. Die Analyse der Impfprotokolle ergab aber, dass mindestens 75% davon nicht gerechtfertigt waren. Durch die orale Immunisierung der Fuchspopulation in West- und Mitteleuropa gelang es, die Inzidenz der Wuterkrankungen bei Wild und Haustieren beträchtlich zu senken und damit die Gefahr menschlicher Erkrankungen zu minimieren. Damit kann von der allzu großzügigen Auslegung der Impfindikation für die PET abgegangen werden, wenn auch die Fuchswut noch in den östlichen Anrainerstaaten präsent ist. Von einer Tilgung der Tollwut in Osteuropa ist man allerdings noch weit entfernt. Es kann aber rankheit auch durch den Import von Hunden aus Ländern, in denen die Tollwut noch endemisch ist, zu einem lokalen Ausbruch kommen. Die Indikation zur postexpositionellen Tollwutbehandlung wird aus der Wertung verschiedener Umstände erarbeitet, nämlich der Seuchenlage im betreffenden Gebiet, der für die Verletzung verantwortlichen Tierart, der Art der Verletzung und vor allem auch der Umstände, die zum Tierkontakt beziehungsweise zur Exposition geführt haben. Da in Österreich ungefähr 4.000 Menschen jährlich von Hunden verletzt werden, sollte immer der Rat eines Tierarztes für die Beurteilung der Unfallsituation eingeholt werden, der die angeborenen Aggressionsformen (Territorialverteidigung, Verteidigung gegen Artgenossen und Dominanzverhalten) gegenüber einem krankhaften Verhalten des Tieres (wutverdächtig) zu unterscheiden vermag. Gerade dieser Punkt ist für die Beurteilung des Expositionsrisikos von großer Bedeutung. Indikationen für eine postexpositionelle Tollwutimmunprophylaxe Grad der Exposition Art der Exposition Immunprophylaxe* (Beipackzettel beachten) durch ein tollwutverdächtiges oder tollwütiges Wild- oder Haustier Berühren/Füttern von Tieren, Belecken der intakten Haut durch einen TollwutImpfstoffköder Berühren von Impfstoffködern bei intakter Haut II Knabbern an der unbedeckten Haut, oberflächliche, nicht blutende Kratzer durch ein Tier, Belecken der nicht intakten Haut Kontakt mit der Impfflüssigkeit eines beschädigten Impfstoffköders mit nicht intakter Haut Impfung III jegliche Bissverletzung oder Kratzwunden, Kontamination von Schleimhäuten mit Speichel (z. B. durch Lecken, Spritzer) Kontamination von Schleimhäuten und frischen Hautverletzungen mit der Impfflüssigkeit eines beschädigten Impfstoffköders Impfung und einmalig simultan mit der ersten Impfung passive Immunisierung mit TollwutImmunglobulin (20 IE/kg Körpergewicht) I keine Impfung * Die einzelnen Impfungen und die Gabe von Tollwut-Immunglobulin sind sorgfältig zu dokumentieren. 224 224 en Ist eine Exposition durch ein verdächtiges, aber bekanntes Tier erfolgt, sollte dieses zur Beobachtung 10 Tage isoliert werden und beim exponierten Menschen die Impfung begonnen werden. Ein infektiöses Tier zeigt in dieser Zeit typische Tollwutsymptome. Sollten keine Symptome auftreten, können weitere Impfungen bei den exponierten Menschen eingestellt werden. Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen: Der Verdacht auf eine Tollwuterkrankung beim Menschen erfordert eine sofortige stationäre Einweisung und Betreuung des Patienten unter intensivmedizinischen Bedingungen. Kontaktpersonen mit Wunden, bei denen der Verdacht einer Kontamination mit dem Speichel von erkrankten Personen bestand, sollten umgehend immunisiert werden. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle (Auslandsanamnese). Bei Hinweis auf Infektion im Inland, Rücksprache mit der Veterinärbehörde. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Fallklassifizierung Möglich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf ohne Laborbestätigung Wahrscheinlich: Entfällt Bestätigt: Ein Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Referenzzentrum Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, Abt. III/A/1 Radetzkystraße 2, 1031 Wien Ansprechpartner: MR Dr. Magdalena Arrouas Tel.: 01/711 00-4103 Fax: 01/711 00-14760 E-Mail: [email protected] Untersuchungsstelle AGES – Institut für Veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling Robert-Koch-Gasse 17, 2340 Mödling Ansprechpartnerin: Dr. Elisabeth Vanek Tel.: 0 22 36/466 40-312 Fax: 0 22 36/247 16 E-Mail: [email protected] Falldefinition nach BMGF Klinik: Tollwut ist eine akute Enzephalomyelitis, die fast immer innerhalb von 10 Tagen nach dem ersten Symptom zum Koma oder zum Tod führt. Laborkriterien für die Diagnose Nachweis viraler Antigene durch direkte Fluoreszenztechnik in einer klinischen Probe (vorzugsweise aus dem Gehirn oder den die Haarfollikeln im Nacken umgebenden Nerven) Nachweis von Rabies-Nukleinsäure in einer klinischen Probe Isolierung (Zellkultur oder Versuchstier) des Tollwutvirus aus Speichel, Liquor cerebrospinalis (CSF) oder Gewebe des ZNS Nachweis eines Tollwut neutralisierenden Antikörpertiters < 5 (vollständige Neutralisation) in Serum oder CSF einer nichtgeimpften Person 225 225 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Trachom (Körnerkrankheit, Ägyptische Augenentzündung) rankheit Erreger: Chlamydia trachomatis Die Serotypen A–C verursachen das Trachom, eine in den Tropen verbreitete chronisch rezidivierende Erkrankung der Bindehäute und der Hornhaut. Die Serotypen D–K verursachen sexuell übertragbare urogenitale Infektionen (und Augeninfektionen) sowie nach perinataler Übertragung Neugeborenen-Infektionen. Die Serotypen L1, L2 und L3 verursachen das Lymphogranuloma venereum, eine sexuell übertragbare Krankheit, die vorwiegend in den Tropen vorkommt. Vorkommen: Das Trachom tritt nahezu ausschließlich in tropischen Ländern mit mangelhaften hygienischen Verhältnissen auf. Es stellt weltweit die häufigste Augenkrankheit und nach dem Katarakt die zweithäufigste Ursache einer Erblindung dar. Es wird angenommen, dass etwa 150 Millionen Menschen infiziert sind, von denen es bei etwa 6 Millionen zu einer Erblindung gekommen ist. Infektionsweg: Übertragung von infektiösem Augensekret erfolgt vorwiegend mit den Händen (Schmierinfektion), aber auch durch Fliegen. Inkubationszeit: Die Inkubationszeit beträgt etwa 1–3 Wochen. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Eine exakte Dauer der Ansteckungsfähigkeit kann aufgrund der chronisch-persistierenden Infektionen mit asymptomatischen Verlaufsformen nicht angegeben werden. Symptomatik: Die Erstinfektion erfolgt meist im Kindesalter und verursacht eine chronische Infektion mit follikulärer Keratokonjunktivitis. Häufig treten Reinfektionen und bakterielle Superinfektionen auf. Im Endstadium kommt es zu Vernarbungen, Gefäßeinsprossungen, Pannusbildung, Entropium und Erblindung. Andere Verlaufsformen der Infektion können als follikuläre Konjunktivitis auftreten. Diagnostik: Die Anzucht erfolgt in der Zellkultur aus Konjunktivalabstrichen, die Spezialtupfer und Transportmedien voraussetzen. Nachweis spezifischer DNA mittels Nukleinsäureamplifikationsmethoden (z. B. PCR). Nachweis von spezifischen Antikörpern der IgA-, IgM- und IgG-Klasse in gepaarten Serumproben. Nach C.-trachomatis-Infektionen können IgAund IgG-Antikörper monate- oder sogar jahrelang nachweisbar bleiben. Daher dürfen positive serologische Befunde bei fehlender Symptomatik nicht zwangsläufig als persistierende Infektion interpretiert werden. Therapie: Zur Therapie werden Tetrazykline (Doxycyclin) während mehrerer Wochen verabreicht. Aufgaben des Amtsarztes: Zahlenmäßige Erfassung (Surveillance). Meldepflicht: Durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde. Falldefinition des BMSG für Infektionen mit C. trachomatis (Serovare D–K) Klinik: Klinisches Bild vereinbar mit Chlamydiatrachomatis-Infektion, Trachom und andere Augeninfektionen, Urethritis, Epididymitis, Zervizitis, akute Salpingitis, Adnexitis, Peritonitis, Perihepatitis Laborkriterien für die Diagnose einer sexuell übertragenen Chlamydieninfektion Isolierung von C. trachomatis in Zellkultur aus einer Probe aus dem Urogenitaltrakt Nachweis von C. trachomatis in einer klinischen Probe aus dem Urogenitaltrakt durch Nachweis von Antigen oder Nukleinsäure Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Entfällt Bestätigt: Fall mit Laborbestätigung 226 226 en Referenzzentrum Klinisches Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Postfach 12 oder 37 Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Gerold Stanek Tel.: 01/404 90-794 10 Fax: 01/404 90-794 26 E-Mail: [email protected] [email protected] 227 227 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Trichinellose rankheit Synonyme: Trichinose, trichinellosis Erreger: Adulttiere und Larven von Trichinella spiralis s. l. (insgesamt differenziert man heute 10 verschiedene Genotypen, sieben davon auf Artniveau: T. spiralis s. str., T. nativa, T. nelsoni, T. pseudospiralis, T. britovi, T. murrelli, T. papuae) Geographische Verbreitung: Die Trichinellen kommen weltweit bei Karnivoren als auch Allesfressern sowie dem Menschen vor. (Ein Wirtswechsel ist für die weitere Entwicklung der Trichinen obligatorisch.) Darüber hinaus sind aber auch Tiere empfänglich, die nur ausnahmsweise Fleisch fressen (z. B. Pferde). Man nimmt an, dass weltweit etwa 11 Millionen Menschen mit Trichinen infiziert sind; mehr als 10.000 Krankheitsfälle wurden der „International Commission on Trichinellosis (ICT)“ in den Jahren 1995 bis 1997 gemeldet; die meisten dieser Fälle wurden in Rumänien, Jugoslawien, Russland und Argentinien beobachtet. Hauptursache für diese Ausbrüche war trichinöses Schweinefleisch, aber auch Fleisch anderer Tiere konnte als Infektionsquelle ermittelt werden: Fleisch von Bären (Grönland, Kanada, USA, Japan, Osteuropa, China), Walrossen (Kanada, Alaska), Pumas (USA), Füchsen (Italien), Schafen (China), Warzenschweinen (Afrika) und Hunden (Slowakei). In Mitteleuropa ist die Trichinellose eine selten gesehene Krankheit; so wurden in Deutschland während der letzten Jahre maximal 10 (importierte) Krankheitsfälle pro Jahr gemeldet. Der letzte größere Ausbruch erfolgte im Jahre 1998 in Nordrhein-Westfalen (51 Fälle), die Infektionsquelle war aus Spanien importiertes Schweinefleisch. Lebenszyklus des Erregers Die Trichinen zählen zu den kleinsten Würmern überhaupt, die adulten Trichinellen („Darmtrichinen“) weisen eine Körperlänge von 1,5 mm bis 3 mm und einen Körperdurchmesser von 36 µm (beide Geschlechter) auf; sie leben im oberen Teil des Dünndarmes. Ein Trichinellen-Weibchen setzt zwischen 1.000 und 2.000 Larven ab, die neugeborenen L1-Larven sind 80 µm lang und 7–8 µm dick. Die infektiösen L1-Larven („Muskeltrichinen“) messen etwa 1 mm Länge und weisen einen Körperdurchmesser von 36 µm auf. Sie leben als strikte Anaerobier in einer adaptierten Muskelzelle, die als Ammenzelle („nurse cell“) bezeichnet wird; darin können sie viele Monate, ja sogar Jahre, am Leben bleiben. Nach der oralen Aufnahme häuten sich die Muskeltrichinellen im Dünndarm des (neuen) Wirtes viermal (innerhalb von 30 Stunden) und werden zum Adultus. Übertragung Die Transmission der Trichinellen kann über einen sylvatischen und/oder einen domestischen Zyklus erfolgen: Der sylvatische Zyklus umfasst verschiedene wild lebende Raubtiere und Aasfresser (in gemäßigten Zonen z. B. Fuchs, Wolf, Wildschwein, Bär, Schleichkatze, Puma), im domestischen Zyklus zirkulieren die Trichinellen zwischen Hausschwein und Ratten, letztere dienen als Reservoir. Sowohl der sylvatische als auch der domestische Zyklus kann Ausgangspunkt für Infektionen des Menschen sein, der die Infektion – wie auch andere Wirte – durch orale Aufnahme von rohem oder nicht garem Fleisch erwirbt; die aufgenommenen Trichinenlarven werden durch Einwirkung von Verdauungsenzymen im Magen aus ihrer Kapsel befreit und mit der Darmperistaltik passiv in den oberen Teil des Dünndarms transportiert, wo sie – an der Zottenbasis – in Darmepithelzellen eindringen. Innerhalb von 24–30 Stunden durchlaufen sie in der Darmschleimhaut eine rasche Entwicklung zum Adulttier (siehe oben). Die Männchen sterben nach der Begattung der Weibchen rasch ab, die Weibchen „gebären“ während der folgenden fünf Tage zwischen 1.000 und 2.000 Larven, die in die Lamina propria eindringen und über Lymphgefäße und den Pfortaderkreislauf in den arteriellen Kreislauf gelangen. In den Kapillaren verlassen die Larven das Blutgefäßsystem und dringen in verschiedene Zellen ein; allerdings können sie nur in Skelettmuskelzellen überleben. Innerhalb von 20 Tagen ist die Ammenzelle ausgebildet, in der sie viele Monate und Jahre am Leben bleiben können. Nach 6 bis 12 Monaten beginnt die Verkalkung 228 228 en der Parasitenkapsel, erst wesentlich später (unter Umständen nach vielen Jahren) jene der Larven. schweren Krankheitsverläufen auf. Eine Erhöhung des IgE-Spiegels ist häufig zu beobachten. Krankheit: Der Mensch gilt für Trichinella als hoch empfänglich, der Schweregrad der Infektion hängt von der Anzahl der aufgenommenen Muskeltrichinen und von der Immunabwehr des Menschen ab. Man nimmt heute an, dass mehr als 70 aufgenommene Trichinenlarven zu einer klinischen Manifestation führen. Die Inkubationszeit beträgt – je nach Infektionsdosis und Schweregrad – zwischen 7 und 30 Tage, gelegentlich bis zu 46 Tage. Der Verlauf der akuten Krankheitsperiode umfasst zwei Phasen, die enterale und die vor allem durch Entzündungsreaktionen charakterisierte parenterale Phase. Im diagnostischen Procedere aber kommt den parasitologisch-serologischen Untersuchungen besondere Bedeutung zu, da die klinische Verdachtsdiagnose erst durch den Nachweis spezifischer Antikörper (z. B. ELISA, Westernblot) abgesichert werden kann. Zirkulierende Antikörper können im Einzelfall bereits in der zweiten Woche post infectionem detektiert werden, in anderen Fällen gelingt der Antikörpernachweis jedoch erst in der 3. oder gar 4. Woche p. i. Die enterale Phase beginnt, insbesondere bei stärkerem Befall, bereits nach 2 bis 7 Tagen mit Durchfällen, Bauchschmerzen, Nausea, Erbrechen; diese Symptomatik dauert meist etwa eine Woche (kann aber mitunter auch mehrere Wochen anhalten). In der Folge (Beginn der parenteralen Phase) treten hohes Fieber, Schüttelfrost, ausgeprägte Myalgien, periorbitale Ödeme sowie Eosinophilie auf. Gefährliche, manchmal zum Tode führende Manifestationen sind: Myokarditis, Enzephalitis, Bronchopneumonie, Sepsis, Kreislaufversagen, Nebenniereninsuffizienz, Psychosen, Krampfanfälle, Koma. Klinische Manifestationen von Seiten des Zentralnervensystems treten in 10 bis 24% der Fälle auf. Die parenterale Phase kann mehrere Wochen und sogar Monate dauern. Diagnose: Die Diagnostik der Trichinellose wird durch die gemeinsame Wertung der Anamnese (Reise-, Essverhalten), des klinischen Bildes (siehe oben) und der Laborbefunde gestellt. Das Blutbild ist bei einer Trichinellose deutlich pathologisch verändert; bei einer ausgeprägten Leukozytose (bis 24.000 Zellen/mm3) und Eosinophilie (40– 80%; bis zu 8.700 Zellen/mm3) sollte in jedem Fall eine Trichinellose differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden. Die Blutsenkung kann dabei durchaus normal sein, die muskelspezifische Kreatinkinase, die Laktatdehydrogenasefraktionen 4 und 5, die Aldolase sowie die Aminotransferase können hingegen zum Teil deutlich erhöht sein; sie reflektieren die Zerstörung quer gestreifter Muskulatur. Hypalbuminämie tritt nur bei sehr Der Nachweis trichinenspezifischer DNS durch eine PCR ist heute grundsätzlich möglich und erlaubt eine nähere Bestimmung der Art bzw. des Genotypen. Therapie: Die Behandlung der Trichinellose besteht aus der Kombination symptomatischer und kausaler Maßnahmen; die symptomatischen Maßnahmen umfassen Bettruhe, die Verabreichung von Analgetika und Antipyretika sowie – in schweren Fällen, insbesondere bei kardialen und ZNS-Manifestationen – von Kortikosteroiden. Für die antihelminthische Therapie steht vor allem der Wirkstoff Albendazol zur Verfügung. Prophylaxe: Der Mensch hat drei Möglichkeiten der Prävention: 1. Grundsätzlich kein Fleisch essen, das roh oder nicht sicher gar ist. 2. Abtöten der Parasiten durch Erhitzen: Temperaturen von mindestens 65 °C töten Trichinella-Larven sicher ab; es ist allerdings darauf zu achten, dass diese Temperaturen auch im Kern größerer Fleischstücke erreicht werden. 3. Abtöten der Parasiten durch Tieffrieren: Einfrieren des Fleisches bei –15 °C über 20 Tage oder bei – 23 °C über 10 Tage (bei einer Schichtdicke von bis zu 15 cm) tötet die Trichinella-Larven ab. Bestrahlen des Fleisches tötet ebenfalls die Trichinella-Larven ab, ist aber in Ländern der EU nicht zugelassen. Räuchern, Pökeln und Trocknen sind keine ausreichenden Maßnahmen zur Abtötung der Parasiten. Trichinella spiralis s. l. und die Trichinellose in Österreich Heute kommt T. spiralis s. l. in Österreich vor allem in Füchsen vor. Aufgrund molekularbiologischer 229 229 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Untersuchungen wissen wir mit Sicherheit, dass in Österreich Trichinella spiralis s. str. vorkommt; das Vorkommen von T. britovi wird vermutet. Die letzten sicher autochthonen Fälle traten 1969 in Tirol und Salzburg auf. Bei den während der letzten drei Jahrzehnten den österreichischen Sanitätsbehörden gemeldeten Trichinellose-Fällen handelt es sich ausschließlich um importierte Fälle. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle, ggf. Kontaktaufnahme mit der Veterinärbehörde. Zahlenmäßige Erfassung (Surveillance). Meldepflicht: Erkrankung und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Es besteht darüber hinaus von Seiten des BMGF der Auftrag zur Erfassung und Dokumentation möglichst aller Trichinellose-Fälle in Österreich rankheit durch das österreichische Referenzzentrum für Parasitosen (ÖRZP). Referenzzentrum Abt. für med. Parasitologie Wien (Leiter: Univ.Prof. Dr. Herbert Auer) Klinisches Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie (Vorstand: Univ.Prof. Dr. Manfred Rotter), Med. Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Herbert Auer Tel.: 01/404 90-794 31 oder 01/404 90-794 43 Fax: 01/404 90-97 94 E-Mail: [email protected] 230 230 en 231 231 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Tuberkulose rankheit Erreger: Der häufigste Erreger von Tuberkulose-Infektionen des Menschen ist Mycobacterium tuberculosis Vorkommen: Weltweit. Besonders betroffen sind die afrikanischen Länder südlich der Sahara, der Süden und Osten Asiens, einige lateinamerikanische Staaten und auch die Nachfolgestaaten der Sowjetunion. In Österreich unterliegen Pensionisten (25% der österreichweiten Fälle) und Personen aus sozial benachteiligten Gruppen der Gesellschaft einem höheren Tuberkulose-Infektions- und Erkrankungsrisiko. Besonders gefährdet sind generell enge Kontaktpersonen von an offener (d. h. infektiöser) Tuberkulose Erkrankten, Personen mit einer unzureichend behandelten früheren Tuberkulose sowie HIV-Infizierte und Patienten mit Krankheiten oder Behandlungen, die zu einer dauerhaften Schwächung des Immunsystems führen. Reservoir: Für M. tuberculosis sind Menschen das einzige relevante Reservoir. Infektionsweg: Die Infektion erfolgt fast immer aerogen durch feinste Exspirationströpfchen (Aerosole), die insbesondere beim Husten und Niesen freigesetzt werden. Die Infektion mit Tuberkulose erfolgt nicht so leicht wie bei anderen durch Aerosole übertragbaren Krankheiten (wie z. B. Varizellen). Unter einer infektiösen Lungentuberkulose (offene Tuberkulose) versteht man Erkrankungen, bei denen der Krankheitsherd Anschluss an die Luftwege hat. Ob es zur Infektion kommt, hängt von der Häufigkeit und Intensität des Kontakts, der Menge und Virulenz der inhalierten Erreger und der Disposition der exponierten Person ab. Von extrapulmonalen Tuberkulosen (Lymphknoten, Urogenitalsystem, Knochen, Gelenke, Verdauungsorgane) geht nur dann ein Infektionsrisiko aus, wenn der Krankheitsherd durch Fisteln einen Kontakt nach außen erhält. Eine Übertragung durch nicht pasteurisierte Milch infizierter Rinder ist prinzipiell möglich, jedoch in Mitteleuropa nicht mehr von Bedeutung, da der Rinderbestand weitestgehend tuberkulosefrei ist. Inkubationszeit: Die Inkubationszeit kann Wochen bis viele Monate betragen. Eine infektiöse Lungentuberkulose tritt in der Regel 6 Monate nach einer Infektion auf, jedoch kann eine Erkrankung auch wesentlich früher, sogar vor einer Tuberkulinkonversion, auftreten. Das Erkrankungsrisiko ist in den ersten beiden Jahren nach der Infektion am höchsten. Reaktivierungen latenter Herde können jedoch noch nach Jahrzehnten auftreten. Der Zeitraum zwischen einer Erstinfektion und einer positiven Tuberkulinreaktion beträgt im Mittel 6 Wochen (bis zu 12 Wochen). Diese zeitliche Verzögerung (sog. „präallergische Phase“) ist bei der Bewertung von Tuberkulin-Testergebnissen bei Kontaktpersonen Tuberkulosekranker zu berücksichtigen (s. Tuberkulintest). Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Die Ansteckungsfähigkeit der Lungentuberkulose ist am höchsten, solange säurefeste Stäbchen mikroskopisch nachweisbar sind (im Sputum, abgesaugten Bronchialsekret oder Magensaft). Die Infektiosität von Patienten, bei denen lediglich ein kultureller oder molekularbiologischer Keimnachweis gelingt, ist demgegenüber wesentlich geringer. Erkrankte Kinder stellen sehr selten eine Ansteckungsquelle dar. Unter einer wirksamen antituberkulösen Kombinationstherapie sind Patienten, die mit einem sensiblen Stamm infiziert sind, innerhalb von 2 bis 3 Wochen meist nicht mehr infektiös. Klinische Symptomatik: Die Häufigkeit, mit der sich eine Tuberkulose bei gegebener Exposition entwickelt, ist von verschiedenen Faktoren (u. a. Virulenz der Erreger, Alter, Abwehrlage des Infizierten, Infektionsdosis) abhängig. Die Tuberkulose manifestiert sich bei etwa 80% der Erkrankten als Lungentuberkulose, kann aber jedes Organ befallen. Dementsprechend vielgestaltig präsentiert sich diese Erkrankung. Der Verlauf nach einer Primärinfektion kann in verschiedene Stadien eingeteilt werden, auf die hier nicht näher eingegangen wird. Initiale Symptomatik: Meist keine charakteristischen Erscheinungen, mögliche Allgemeinsymptome sind Einschränkungen des Allgemeinbefindens, Gewichtsabnahme, Konzentrationsstörungen, Fie- 232 232 en ber, vermehrtes Schwitzen (besonders nachts), Appetitmangel, Müdigkeit, allgemeine Schwäche, Zeichen eines grippalen Infektes. Erkrankte Kinder sind in über der Hälfte der Fälle asymptomatisch oder fallen nur durch ein mangelndes Gedeihen auf. Respiratorische Beschwerden können in Form von Husten, Thoraxschmerzen und Atemnot auftreten. Jeder länger als drei Wochen bestehende Husten sollte unbedingt abgeklärt werden. Bei blutigem Auswurf ist eine sofortige Abklärung erforderlich! Bei ungünstiger Abwehrlage (z. B. Immunschwäche, immunsuppressive Therapie, prädisponierende Krankheiten wie Diabetes mellitus, Leberzirrhose, Alkoholkrankheit, Silikose) kann es neben der lymphogenen Ausbreitung zusätzlich durch eine primäre Generalisation zu einem Befall weiterer Organe kommen. Besonders gefährdet durch eine primär hämatogene Aussaat sind Säuglinge und Kleinkinder. Die Hauptkomplikationen einer primären Generalisation sind die Miliartuberkulose und die tuberkulöse Meningitis. Letztere ist heute selten geworden; damit geht aber auch die Gefahr einher, dass sie gar nicht oder erst spät erkannt wird. Durch hämatogene Aussaat und Reaktivierung eines Organherdes können sich nachfolgend u. a. Knochen-, Gelenk- oder Urogenitaltuberkulose entwickeln. Diagnostik 1. Tuberkulintest Zum Nachweis einer Infektion durch einen Erreger aus dem M.-tuberculosis-Komplex ohne Erkrankung steht nur der Tuberkulintest zur Verfügung. Die Interpretation der Befunde des Tuberkulintests kann durch eine mögliche Kreuzreaktion aufgrund einer Infektion mit ubiquitären Mykobakterien (Umweltmykobakterien) und durch eine vorausgegangene BCG-Impfung erschwert sein. Dieses Problem eingeschränkter Spezifität betrifft alle Applikationsformen des Tuberkulintests. Die Tuberkulintestung sollte nach der Mendel-Mantoux-Methode erfolgen. Ein negatives Testergebnis schließt eine Tuberkulose jedoch nicht sicher aus. Einerseits kann das Testergebnis aufgrund des Untersuchungszeitpunktes in der präallergischen Phase noch negativ sein. Darüber hinaus ist auch bei schwerem generalisiertem Verlauf, wie bei der Miliartuberkulose, das Ergebnis in etwa der Hälfte der Fälle falsch negativ. Serologische Testverfahren sind in den letzten Jahren entwickelt worden und stehen in der nächsten Zeit zur Verfügung. 2. Röntgendiagnostik Neben den bakteriologischen Nachweisverfahren spielt die Röntgendiagnostik in der Erkennung und Verlaufsbeurteilung der Lungentuberkulose auch weiterhin eine entscheidende Rolle. Sie gehört neben der Kontaktanamnese und der bakteriologischen Diagnostik zu einer vollständigen Abklärung der o. g. Symptome. Darüber hinaus ist sie zur Früherkennung der Erkrankung bei Tuberkulin-positiven Kontaktpersonen und in der Rezidivdiagnostik hilfreich. 3. Bakteriologische Diagnostik Die kulturelle Anzucht der Mycobakterien ist trotz aller molekularbiologischer Entwicklungen immer noch der Goldstandard und unabdingbar für eine Resistenztestung. DerErregernachweis erfolgt in der Regel aus Sputum, Bronchialsekret oder Trachealsekret, ist aber auch aus Magensaft, Urin, Pleuraexsudat, Liquor, anderen Punktionsproben bzw. Biopsieproben möglich. Isoliermaßnahmen stellen sowohl für den Betroffenen als auch für das Personal eine erhebliche Belastung dar. Sie sollten daher einerseits nicht unbegründet angeordnet, andererseits in berechtigten Fällen aber beherzt umgesetzt werden. In der Praxis besteht oft das Problem, dass zum Zeitpunkt des klinischen Verdachtes einer Tuberkulose die mikrobiologischen Befunde zur Abklärung der Infektiosität fehlen oder vorhandene Befunde nicht ausreichend Auskunft geben. Im Folgenden soll daher diskutiert werden, bei welcher Befundkonstellation auf das Vorliegen einer offenen oder einer geschlossenen Tuberkulose geschlossen werden kann. Ziehl-Neelsen positiv Wegen der geringen Spezifität der Untersuchung nach Ziehl-Neelsen kann beim Nachweis säurefester Stäbchen aus dem Sputum (bei Kindern Magensaft) nur bei entsprechender Klinik auf das Vorliegen einer offenen Tuberkulose geschlossen werden. Ein positiver Befund nach Ziehl-Neelsen und eine positive molekularbiologische Untersuchung auf Mycobacterium tuberculosis-Komplex 233 233 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk machen eine offene Tuberkulose sehr wahrscheinlich. Bei Ziehl-Neelsen-positiven und molekularbiologisch negativen Ergebnissen ist der Verdacht auf eine primäre Tuberkulose hingegen gering, der Befund spricht eher für den Nachweis nicht tuberkulöser Mykobakterien. Ziehl-Neelsen negativ Bei einem einzelnen negativen Befund nach ZiehlNeelsen ist die Aussage sowohl von der Qualität des gewonnenen Materials als auch von der Sputumaufbereitung abhängig. Ein negativer Befund nach durch Bronchiallavage im betroffenen Arreal gewonnenem Material und nach Anreicherung macht eine offene Tuberkulose sehr unwahrscheinlich. Bei Sputumuntersuchung nach Anreicherung wird diskutiert, dass aufgrund der Nachweisgrenze von 103 bei dieser Untersuchung Befunde nur dann falsch negativ sein können, wenn die ausgeschiedene Erregermenge so gering ist, dass eine Infektion anderer Menschen eher als unwahrscheinlich angesehen wird. Ist das Ergebnis nach Ziehl-Neelsen negativ, aber alle molekularbiologischen Untersuchungen positiv, so kann man vom Vorliegen einer so genannten offenen Tuberkulose mit geringer Keimzahlausscheidung ausgehen und der Verdacht auf eine primäre Tuberkulose muss als hoch angesetzt werden. Daher kann – unabhängig von der Art der Aufbereitung – eine offene Tuberkulose nach einem negativen Sputum keineswegs ausgeschlossen werden. Zum verlässlichen Ausschluss sollten drei negative Sputumproben nach Anreicherung, die an drei aufeinander folgenden Tagen gewonnen wurden, vorliegen. Der Ausschluss einer offenen Tuberkulose kann nur nach negativem kulturellen Egebnis erfolgen. Radiologischer Verdacht Bei onkologischen Fragestellungen kommt es vor, dass radiodiagnostisch auffällige Veränderungen, die als Sekundarien eines Malignoms gedeutet werden, in der histologischen Untersuchung nach Probeexzision ein für Tuberkulose typisches Entzündungsbild zeigen. Wegen der klinisch gänzlich anderen Anamnese ist zu diesem Zeitpunkt oftmals noch keine Untersuchung nach Ziehl-Neelsen erfolgt oder es sind keine säurefesten Stäbchen nachweisbar. Natürlich stehen derartige Befunde rankheit mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht im Zusammenhang mit einer offenen Tuberkulose, trotzdem kann eine verlässliche Aussage nur durch die oben erwähnten Sputumuntersuchungen getroffen werden. Therapie: Die Behandlung der Tuberkulose erfolgt ausschließlich mit einer Kombination von Medikamenten, da bei einer Erkrankung an Tuberkulose immer Erreger vorhanden sind, die natürlicherweise gegen ein bestimmtes Medikament resistent sind. Darüber hinaus unterscheiden sich die Medikamente in ihren Wirkmechanismen und Wirkorten (Zytosol, Lysosom etc.), so dass die Erreger auf unterschiedlichen Stufen abgetötet oder ihre Vermehrung gestoppt wird. Als Standard-Kurzzeittherapie der Lungentuberkulose wird eine Chemotherapie angesehen, die sich über einen Zeitraum von 6 Monaten erstreckt. In der Initialphase erfolgt eine Kombinationstherapie mit Isoniazid (INH), Rifampicin (RMP), Pyrazinamid (PZA) und Ethambutol (EMB) oder Streptomycin (SM) über eine Dauer von 2 Monaten. In der Stabilisierungsphase wird über einen Zeitraum von 4 Monaten INH und RMP gegeben. Falls kein erhöhtes Risiko für eine Resistenz gegen Antituberkulotika besteht, werden im Kindesalter in der Initialphase nur drei Medikamente eingesetzt (RMP, INH und PZA). Für die erfolgreiche Durchführung einer Standard-Kurzzeittherapie sind entscheidende Voraussetzungen, dass die Medikamente vertragen werden, keine Resistenzen vorliegen und eine gute Therapieadhärenz des Patienten besteht. Die Medikamenteneinnahme erfolgt in einer täglichen Einzeldosis, da es aufgrund der langen Generationszeit auf die erreichte Spitzenkonzentration ankommt. Falls die tägliche Gabe nicht dauerhaft gewährleistet ist, kann für einzelne Fälle in der Stabilisierungsphase und nach Ausschluss von Resistenzen eine Umstellung auf eine intermittierende Gabe 2- bis 3-mal pro Woche erwogen werden. Diese sollte möglichst unter direkter Überwachung der Medikamenteneinnahme durchgeführt werden. Werden die Kulturen später als 3 Monate nach Therapiebeginn negativ oder liegt ein ausgedehnter Befund vor, so verlängert sich die Therapie in der Stabilisierungsphase um weitere 6 Monate nach kultureller Negativierung. Eine längere Therapiedauer ist auch bei kompliziertem Verlauf der Erkrankung (z. B. Befall mehrerer Organe) erforderlich und wird von 234 234 en manchen Autoren auch für HIV-positive Patienten empfohlen (2 Monate INH, RMP, PZA und SM; danach für 7 Monate INH und RMP). Bei gleichzeitiger Therapie der HIV-Erkrankung mit ProteinaseInhibitoren oder nicht nukleosidischen Inhibitoren der reversen Transkriptase muss aufgrund der vielfältigen Wechselwirkungen mit RMP immer ein in der Therapie der HIV-Tuberkulose-Koinfektion erfahrener Arzt hinzugezogen werden. Bei Vorliegen eines Stammes mit einer Multiresistenz wird nach Austestung aller zur Verfügung stehenden Medikamente und individuellem Resistenzmuster therapiert. Grundsätzlich sollte bei Nachweis von Resistenzen gegen die eingesetzten Medikamente die Therapie um mindestens zwei wirksame Medikamente erweitert werden. In manchen Fällen muss auch eine chirurgische Intervention in die Therapieplanung einbezogen werden. Maßnahmen für Patienten Eine Krankenhausbehandlung ist bei offener Tuberkulose, insbesondere bei schwerem Verlauf oder Problemen der Behandlung und Betreuung im Wohnmilieu, indiziert. Multiresistente Tuberkulosefälle bedürfen einer strengen Isolierung (wenn möglich in HSI wie bei VHF). Eine abschließende Raumdesinfektion wird auch bei offener Lungentuberkulose in der Regel nicht mehr für erforderlich gehalten. Maßnahmen für Kontaktpersonen Neben der radiologischen Untersuchung sollte vor allem der Tuberkulintest zum Einsatz kommen. Aus Gründen der Exaktheit sollte heute nur noch die intrakutane Applikation definierter Antigenmengen nach Mendel-Mantoux durchgeführt werden, wobei für eine korrekte Interpretation entsprechende Schulung und Erfahrung nötig sind. Bei Personal, das engen Kontakt mit dem Patienten hatte, klärt ein möglichst bald (innerhalb einer Woche) durchgeführter Tuberkulintest den Immunitätsstatus. Ein schwach positives Testergebnis kann auch auf eine Impfung oder eine frühere Infektion zurückzuführen sein. Bei negativem Testergebnis sollte nach 3 Monaten der Tuberkulintest wiederholt werden. Ein positives Testergebnis zeigt eine Änderung der Immunitätslage an, für das weitere Vorgehen sind radiologische und mikrobiologische Untersuchungen nötig. Personal, bei dem eine häufige Exposition zu erwarten ist, sollte nach Einstellungsuntersuchung mit Tuberkulintest und Röntgen einmal jährlich mittels Mendel-Mantoux-Test überwacht werden. Wichtig ist es, unter den Kontaktpersonen (Familie, Bekanntenkreis, Arbeitsplatz, Personal in Einrichtungen u. a.) gezielt nach Infektionsquellen und möglicherweise weiteren angesteckten Personen zu suchen. Diese Umgebungsuntersuchung ist insbesondere im Umfeld erkrankter Kinder dringlich, da Kinder nach einer Infektion häufiger und schneller an einer Tuberkulose erkranken als Erwachsene. Bei Patienten, die einer der besonders gefährdeten Gruppen angehören (z. B. HIV-Positive), sollte die Tuberkulose frühzeitig in die Differenzialdiagnostik einbezogen werden. In Personenkreisen, wo eine rasche Identifizierung der Infektionsquelle nötig oder die nötige Ablesefrist von 72 Stunden für den Tuberkulintest aus organisatorischen Gründen nicht abgewartet werden kann (z. B. Flüchtlinge, Schubhäftlinge), ist die sofortige Röntgenuntersuchung zu bevorzugen. Bei Kindern unter sechs Jahren und Schwangeren, vor allem im ersten Trimenon, ist primär der Mendel-Mantoux-Test anzuwenden. Bei Kleinkindern mit engem Kontakt zu einem ansteckenden Fall wird auch bei negativem Testergebnis eine Chemoprophylaxe mit INH über 3 Monate empfohlen. Ist der Hauttest nach Ablauf dieser Zeit weiter negativ, so kann die INH-Prophylaxe beendet werden. Kommt es jedoch unter Chemoprophylaxe nach 3 Monaten zu einer Tuberkulinkonversion, so muss eine präventive Chemotherapie über insgesamt 9 Monate durchgeführt werden. Bei Kindern mit initialem Nachweis einer Tuberkulinkonversion auch ohne radiologischen oder bakteriologischen Nachweis einer Erkrankung muss ebenfalls eine präventive Chemotherapie über mindestens 6 Monate erfolgen. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Bei initialem Nachweis von säurefesten Stäbchen sind mikroskopisch negative Befunde in drei aufeinander folgenden Proben von Sputum, Bronchialsekret oder Magensaft erforderlich. Bestanden initial Fieber oder Husten, so ist eine zwei Wochen anhaltende Entfieberung oder Abklingen des Hustens abzuwarten. Nach einer lege artis durchgeführten antituberkulösen Kombinationstherapie von drei Wochen Dauer 235 235 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk können Gemeinschaftseinrichtungen wieder besucht werden, wenn die oben genannten Kriterien erfüllt sind. Ein schriftliches ärztliches Attest ist erforderlich. Ausschluss von Ausscheidern: Wer Tuberkulosebakterien ausscheidet, ist stets als erkrankt und behandlungsbedürftig anzusehen. Ausschluss von Kontaktpersonen: Bei Feststellung der Erkrankung beim Indexpatienten ist ein Ausschluss für Kontaktpersonen nicht erforderlich, solange keine tuberkuloseverdächtigen Symptome, insbesondere Husten, auftreten. „Symptomatische“ Kontaktpersonen, die sich einer erforderlichen Umgebungsuntersuchung entziehen, sind vom Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen auszuschließen. Hygienemaßnahmen zu Verhütung von Infektionen: Da die Tuberkulosebakterien aerogen übertragen werden, sind Desinfektionsmaßnahmen in Gemeinschaftseinrichtungen und Haushalten nicht notwendig. Die Keimbelastung von Innenraumluft kann am besten durch Lüften gesenkt werden. Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Für Kinder unter sechs Jahren mit positivem MendelMantoux-Test oder engem (familiärem) Kontakt zu einem besonders ansteckenden Fall von Lungentuberkulose (Nachweis säurefester Stäbchen im Sputum-Direktpräparat) wird eine Chemoprophylaxe von 8 bis 10 mg/kg KG/Tag über einen Zeitraum von sechs bzw. drei Monaten empfohlen. Auch bei Jugendlichen und Erwachsenen mit disponierenden Begleiterkrankungen kann eine präventive Monotherapie von 5 mg/kg KG/Tag über einen Zeitraum von sechs Monaten gegeben werden. In beiden Altersgruppen beträgt die Maximaldosis 300 mg pro Tag. Aufgaben des Amtsarztes (siehe auch Anhang) Der Amtsarzt wird in den meisten Fällen bei seiner Arbeit durch einen Lungenfacharzt unterstützt. Die Aufgaben sind durch das Tuberkulosegesetz definiert, z. B. Anordnung von Umgebungsuntersuchungen, Vorladung zur Untersuchung und Therapieanordnung mittels Bescheid. Der Amtsarzt muss den Therapieverlauf verfolgen und gesonderte Meldeblätter („Ergänzungsmeldung“ und „Endbericht“) bearbeiten. rankheit In der Steiermark kann für Kontroll- und Umgebungsuntersuchungen vor allem in größeren Betrieben und Gemeinschaftseinrichtungen der „Röntgenbus“ (Mobile Lungenvorsorge des Landes Steiermark) angefordert werden. Mendel-Mantoux-Tests in Schulen und Kindergärten werden von einigen geschulten Amtsärzten durchgeführt. Für Befundung, Begutachtung und Beratung steht eine Lungenfachärztin als Tuberkulosebeauftragte des Landes Steiermark zur Verfügung. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). In der Steiermark melden die Labors zusätzlich an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Falldefinition nach BMGF Klinische Kriterien Ein Kliniker hält die klinischen und/oder radiologischen Befunde und/oder Symptome für vereinbar mit Tuberkulose, und Ein Kliniker hat beschlossen, eine vollständige Tuberkulosebehandlung = mindestens 3-fachTherapie, durchzuführen Laborkriterien Kulturelle Isolierung eines Erregers aus dem Mycobacterium-tuberculosis-Komplex (außer M. bovis BCG) aus einer klinischen Probe Mikroskopischer Nachweis von säurefesten Bazillen (AFB) aus spontanem oder induziertem Sputum Klassifizierung nach den Laborkriterien Definitiv Fall mit Isolierung der Erreger aus dem M. tuberculosis-Komplex (außer M. bovis BCG) aus einer klinischen Probe. In Ländern, in denen Kultivierung nicht routinemäßig verfügbar ist, gilt ein Fall mit positivem AFB-Befund der Untersuchung des Sputumabstriches ebenso als definitiv Nicht definitiv Fall, der die oben genannten Kriterien erfüllt, jedoch nicht die Laborkriterien eines definitiven Falles Klassifizierung nach Lokalisation 236 236 en Lungentuberkulose Tuberkulose des Lungenparenchyms oder des Tracheobronchialtraktes Extrapulmonale Tuberkulose Tuberkulose eines anderen Organes als der Lunge Klassifizierung nach früherer Tuberkulosebehandlung Nie behandelt Fall, der noch nie behandelt worden ist oder weniger als einen Monat lang Medikamente zur Tuberkulosebehandlung erhalten hat. Bereits behandelt Fall, bei dem früher bereits aktive Tuberkulose diagnostiziert wurde und der mindestens einen Monat lang Medikamente zur Tuberkulosebehandlung (ausgenommen zur Prävention) erhalten hat. Referenzzentrum AGES – Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene Wien Ansprechpartner: Dr. Mag. Alexander Indra Univ.-Prof. Günther Wewalka A-1096 Wien-Währinger Straße 25a Tel.: 01/405 15 57-0* Fax: 01/402 39 00 E-Mail: [email protected] 237 237 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Tularämie rankheit Erreger: Francisella tularensis (sehr kleines, oft kokkoides, gramnegatives, fakultativ intrazellulär wachsendes Bakterium) Verbreitung: Nördliche Hemisphäre (z.B. Österreich, Symptomatik: Die Erkrankung kann abhängig von der Tschechien, Slowakei, Ungarn, Skandinavische LänInfektionsroute und der Virulenz des Erregerstammes der, Russland, Japan, USA, Kanada). Im Nordosten sehr unterschiedlich verlaufen. Am häufigsten ist die Österreichs (nordöstliches Niederösterreich, Wien ulzeroglanduläre Form. An der Eintrittsstelle (meist und nördliches Burgenland) befindet sich ein aktiver die Hand) entsteht ein schmerzloses Ulkus, begleiTularämie-Naturherd, der mit den Endemiegebieten tet von hohem Fieber, Myalgien, Kopfschmerzen in der Slowakei und Tschechien entlang den Flüssen und einer schmerzhaften Schwellung der regionalen March und Thaya zusammenhängt. Sporadisch wurLymphknoten (Primärstadium). Diese können eitde die Tularämie auch in der Steiermark (bei Feldharig einschmelzen. Bisweilen ist kein kutanes Ulkus sen, Ixodes ricinus-Zecke) und in Oberösterreich (bei nachweisbar, und es sind auch nur die regionalen Menschen) nachgewiesen. Lymphknoten betroffen. Vom lokalen Primäraffekt ausgehend kann es zu einer Generalisation des ErreInfektionsweg: F. tularensis ist ein hoch kontagiöser gers (Sekundärstadium) kommen. Dies führt meist zu Erreger, aufgrund dessen sind unterschiedlichste einer Lungenbeteiligung. Die Inhalation des Erregers Ansteckungsmöglichkeiten gegeben: Haut- oder führt zu einer pulmonalen Manifestation oder zu Schleimhautkontakt mit infektiösem Tiermaterial, einem septischen, typhusähnlichen Krankheitsbild. Verzehr von nicht ausreichend erhitztem, kontamiEine Infektion über den Verdauungstrakt kann zum niertem Fleisch (Hasen), Übertragung durch StechEntstehen einer Pharyngitis (Ulzera möglich), Ermücken (Chrysops und Aedes spez.) oder durch brechen, Durchfällen und abdominellen Schmerzen Zecken (Dermacentor und Amblyomma spez.), Aufführen. nahme mit kontaminiertem Wasser, Inhalation von Die Infektionen mit Francisella tularensis subspecies infektiösem Staub (z.B. beim Auspacken von zur Untularensis führen häufiger zu einer Lungenbeteilitersuchung eingesandten, verendeten Feldhasen im gung oder Septikämie. Die Letalität der unbehanLabor; beim Abhäuten von kranken, getöteten Felddelten Erkrankung liegt hier bei ca. 2–10%. Bei hasen; bei Arbeiten mit landwirtschaftlichen Prorechtzeitiger Therapie gibt es kaum Todesfälle. Diese dukten, die mit Exkreten von Mäusen kontaminiert Subspecies wurde in Österreich bisher nur bei einer sind). Gemeldete Tularämiefälle beim Menschen sind Zecke in der Nähe von Graz nachgewiesen. in Österreich häufig auf einen Kontakt mit Feldhasen zurückzuführen. Aber auch Infektionen durch Therapie: Streptomycin (Resistenzen bekannt, ErZeckenbiss muss gerechnet werden, die Eintrittsstelle wachsene 2x1 g/d i.m. für 10–14 Tage) oder Gendes Erregers liegt in solchen Fällen häufig an den tamicin (3–5 mg/KG pro die parenteral für 10–14 unteren Extremitäten, wobei eine Vergrößerung und Tage), Doxycyclin (Erwachsene 2x100 mg/d für 14– eitrige Einschmelzung der Lymphknoten in de r In21 Tage), Ciprofloxacin (Erwachsene 2x500 mg/d für guinalgegend beobachtet werden kann. 10–14 Tage). Reservoir: Als Reservoirtiere der Tularämie gelten in Österreich vor allem Hasenartige und Nagetiere (Feldhasen, Feldmäuse). Ektoparasiten (Dermacentor reticulatus-Zecken) spielen dabei eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung des Naturherdes. Einer Tularämie-Epidemie im Spätherbherbst und Winter mit Massensterben bei Feldhasen und gehäuften Erkrankungen beim Menschen (in Österreich zuletzt 1994/95 und 1997/98) geht regelmäßig eine Mäuseplage voraus. Dauer der Inkubation: 1-14, in der Regel 3-5 Tage, abhängig von Infektionsdosis, Infektionsweg und von der Virulenz des Erregerstammes. Differenzialdiagnose: Toxoplasmose, infektiöse Mononukleose, Katzenkratzkrankheit, Tuberkulose, Brucellose, Typhus abdominalis, Pest. Diagnostik: Die Erregeranzucht aus peripherem Blut, Abstrichen und Biopsien ist auf Spezialnährmedien möglich (Cystine Heart-Agar mit 10% Schafblutzusatz oder als Alternative kommerziell erhältlicher „Leginonellenagar“, mindestens 1 Woche bei 37°C in einer Atmospäre mit 5%igem CO2-Gehalt bebrütet). Cave: hoch infektiöser Erreger, diese sollte Speziallaboratorien vorbehalten sein. Die Diagnosestellung erfolgt (neben der Klinik) meist serologisch (Nachweis spezifischer Antikörper ab der 2. Krankheitswo- 238 238 en che). Im histologischen Präparat finden sich typische Granulome mit zentraler Nekrose. Prophylaxe, Immunität: Für Mitarbeiter in Laboratorien steht ein Lebendimpfstoff zur Verfügung. Nach durchgemachter Erkrankung besteht eine partielle Immunität. Eine medikamentöse Prophylaxe nach wahrscheinlicher Exposition (Doxycyclin oder Ciprofloxacin für 14 Tage) sollte rasch (möglichst innerhalb von 24 Stunden nach Exposition) begonnen werden. Falls eine mögliche Exposition erst nach Auftreten von Krankheitsfällen in Betracht gezogen wird, sollten alle mutmaßlich Exponierten ein Fieber-Monitoring für 21 Tage (nach der vermuteten Exposition) durchführen. Diejenigen, die in diesem Zeitraum eine grippeähnliche Erkrankung oder Fieber entwickeln, sollten therapiert werden wie oben beschrieben. Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen: Information der potenziell Infizierten über die Verdachtssymptome und Notwendigkeit des Monitoring (Fieber messen etc.) während der maximalen Inkubationszeit. Tularämie-Patienten müssen nicht isoliert werden. Bei der Pflege sind die üblichen Hygienemaßnahmen ausreichend. Kontaminiertes Patientenmaterial sollte fachgerecht entsorgt werden. Aufgaben des Amtsarztes: Bei Ausbrüchen ev. Erhebung der Infektionsquelle und Einleitung von Präventivmaßnahmen. Meldepflicht: Erkrankung und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). In der Steiermark: Zusätzliche Meldung durch das Labor direkt an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Falldefinition nach RKI Klinisches Bild: Klinisches Bild vereinbar mit Tularämie, das folgende Formen annehmen kann: Ulzeroglandulär: Hautulzera mit regionaler Lymphknotenschwellung (LKS) Glandulär: regionale LKS ohne Hautulzera Oculoglandulär: Konjunktivitis mit präaurikularer LKS Oropharyngeal: Stomatitis, Pharyngitis, Tonsillitis, zervikale LKS Intestinal: Bauchschmerzen, Durchfall und Erbrechen Pulmonal: Primäre pleuropulmonale Erkrankung Typhoidal: Primär fieberhafte Erkrankung mit Sepsis Labordiagnostischer Nachweis Positiver Befund mit mindestens einer der nachfolgend aufgeführten Methoden: Erregerisolierung (kulturell) aus Blut, Lymphknoten oder anderen klinischen Materialien Antigen-Nachweis (z. B. Immunofluoreszenzmikroskopie, ELISA) Nukleinsäure-Nachweis (z. B. PCR) Antikörper-Nachweis (Ž vierfacher Titeranstieg in zwei Proben, z. B. ELISA, Mikroagglutination, Röhrchen-Agglutinationstest, Hämagglutinationstest) Nachweis eines einmalig hohen Antikörpertiters (z. B. ELISA, Mikroagglutination, Röhrchen-Agglutinationstest, Hämagglutinationstest) Fallklassifizierung Klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit Tularämie und Nachweis eines epidemiologischen Zusammenhangs mit einer durch labordiagnostischen Nachweis bestätigten Infektion (Inkubationszeit ca. 1–14 Tage). Epidemiologischer Zusammenhang: gemeinsame Expositionsquelle wie z. B. infizierte Tiere, Verzehr infizierter Tierprodukte, kontaminiertes Wasser Klinisch und durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit Tularämie und labordiagnostischer Nachweis Durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte asymptomatische Infektion: Labordiagnostischer Nachweis bei fehlendem klinischem Bild Nur durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Infektion: Labordiagnostischer Nachweis vorhanden, Angaben zum klinischen Bild nicht ermittelbar Referenzzentrum Keines in Österreich (Deutschland: Inst. für Mikrobiologie der Bundeswehr, Neuherbergstraße 11, D-80937 München, Tel: +49 893 168-3808, Ansprechpartner: Dr. Herbert Tomaso) Ansprechpartner in Österreich: Dr. Erwin Hofer Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, Veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling, Robert Koch-Gasse 17, 2340 Mödling Tel.: 02236/46640 (ab Jänner 2005) E-mail: [email protected] (ab Jänner 2005) Literatur: www.Antibiotikamonitor.at (Antibiotika Monitor 1/2/2002 Milzbrand, Pest, Tularämie) 239 239 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Typhus abdominalis und Paratyphus rankheit Erreger: Salmonella enterica Serotyp Typhi bzw. Paratyphi A, B und C Vorkommen: Weltweit, insbesondere in Ländern mit niedrigem Hygienestandard. len), zumeist an der Bauchhaut. Sehr auffällig ist die „relative Bradykardie“. Reservoir: Reservoir für S. Typhi und S. Paratyphi ist der Mensch. Komplikationen wie Darmblutungen und -perforationen mit Peritonitis, nekrotisierende Cholezystitis, thromboembolische Ereignisse, Osteomyelitis, Endokarditis oder Meningitis können auftreten und eine rasche Intervention notwendig machen. Bei nicht antibakteriell behandelten Patienten schließt sich u. U. eine verlängerte Phase der Rekonvaleszenz an. Bei weiterhin nachweisbaren subfebrilen Temperaturen ist mit dem Auftreten eines Rezidivs zu rechnen. Rezidive sind Zweiterkrankungen, die bei insuffizienter antibiotischer Therapie und/oder bei unzureichend entwickelter Immunität entstehen. Auch Mehrfachrezidive sind möglich. Bei Kindern unter 1 Jahr verläuft die Erkrankung schwerer und es treten häufiger Komplikationen auf. Nach Überstehen der Erkrankung bleiben 2–5% der Infizierten Dauerausscheider und können damit eine Infektionsquelle sein. Die registrierten Dauerausscheider sind meist älter als 50 Jahre, häufiger weiblich. Infektionsweg: Die Übertragung erfolgt vorwiegend durch die Aufnahme von Wasser und Lebensmitteln, die durch Ausscheidungen kontaminiert wurden. Eine direkte fäkal-orale Übertragung von Mensch zu Mensch ist möglich, aber von untergeordneter Bedeutung. Die mittlere Infektionsdosis, die zu einer Erkrankung führt, sind 105 Keime. Allerdings ist die erforderliche Zahl der Keime abhängig von der Empfänglichkeit des Patienten (Alter, Immunitätslage, Grundleiden) und vom Vehikel der Übertragung (Wasser oder Lebensmittel). Inkubationszeit: 3–60 Tage, im Mittel 10 Tage. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Ansteckungsgefahr besteht während der Erkrankung und während der anschließenden Keimausscheidung im Stuhl nach klinischer Heilung. Diese kann sich über Wochen hinziehen und in eine lebenslange symptomlose Ausscheidung übergehen. Klinische Symptomatik: Typhus und Paratyphus gehören zu den zyklischen, systemischen Infektionskrankheiten. Typhus abdominalis: Das Prodromalstadium beginnt mit uncharakteristischen Beschwerden, wie Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, evtl. subfebrilen Temperaturen. Bei unbehandelten Fällen kommt es innerhalb von 2 bis 3 Tagen zu einem hoch fieberhaften Krankheitsbild mit Temperaturen zwischen 39 °C und 41 °C und einem deutlichen allgemeinen Krankheitsgefühl (Kopfschmerzen, beginnende Somnolenz, uncharakteristische Abdominalbeschwerden, Gliederschmerzen). Die hohen Temperaturen um 40 °C können bis zu 3 Wochen anhalten (Kontinua). Es kann zunächst eine Verstopfung auftreten, später bestehen häufig „erbsbreiartige“ Durchfälle. Zwar typisch, aber nur selten zu sehen sind hellrote, stecknadelkopfgroße, nicht juckende Hauteffloreszenzen (Roseo- Paratyphus: Der klinische Verlauf ist bei Typhus und Paratyphus ähnlich, jedoch bei Paratyphus meist leichter ausgeprägt. Immunität: Eine überstandene Typhuserkrankung hinterlässt eine Immunität von mindestens einem Jahr, die jedoch mit einer hohen Infektionsdosis jederzeit durchbrochen werden kann. (Das gilt entsprechend auch für die beiden derzeit zur Verfügung stehenden Impfstoffe.) Diagnostik: Typhus/Paratyphus werden vielfach mit einer Grippe oder bei Tropenrückkehrern mit einer Malaria verwechselt. Bei jeder über 4 Tage dauernden hoch fieberhaften Erkrankung ohne zunächst feststellbaren Organbefund müssen diese Krankheiten in die differenzialdiagnostischen Überlegungen einbezogen werden, insbesondere wenn Reisen in die Typhus-Endemiegebiete Afrikas, Südostasiens oder Südamerikas erfolgt sind. Folgende Laborbefunde geben Hinweise Leukopenie 240 240 en Linksverschiebung des Blutbildes Aneosinophilie unspezifische Veränderungen einiger Laborparameter, z. B. geringe Erhöhung der Leberenzyme, geringe Erhöhung von C-reaktivem Protein und der Blutsenkungsgeschwindigkeit Erregernachweis: Die beweisende Diagnostik des Typhus oder Paratyphus ist der Erregernachweis, der aus Blut, Knochenmark, Harn, Stuhl und Duodenalsekret erfolgen kann. Der Nachweis gelingt am sichersten mit kultureller Anzucht aus Blut im Stadium der Kontinua bei nicht antibiotisch behandelten Patienten. Stuhlkulturen sind in dieser Zeit häufig negativ, sie werden in etwa 75% der Fälle in der 2.–3. Woche positiv. Therapie: Besonders geeignet ist eine Therapie mit Ciprofloxacin (nur für Erwachsene) und mit Breitspektrum-Cephalosporinen über einen Zeitraum von 2 Wochen. Wegen zunehmender Resistenz in den Endemiegebieten sollten Erregerisolate antibiotisch getestet werden. Die klassische Therapie mit Chloramphenicol hat bei gleicher oder geringerer Wirksamkeit mehr mögliche Nebenwirkungen, so dass sie nicht mehr als Mittel der Wahl anzusehen ist. Geeignete Substanzen sind außerdem Trimethoprim-Sulfamethoxazol und ß-Lactam-Antibiotika. Eine adäquate antibakterielle Typhustherapie ist vor allem im frühen Stadium der Erkrankung sehr erfolgreich. Die Letalität liegt dann im Allgemeinen unter 1% und Komplikationen treten selten auf. Zur Sanierung von Dauerausscheidern ist die Gabe von Ciprofloxacin über einen Zeitraum von 4 Wochen nicht immer ausreichend, bessere Ergebnisse erzielt man mit einer Kombinationstherapie von Ceftriaxon und Gentamicin (2 Wochen). Eine chirurgische Sanierung mittels Cholecystektomie ist heute im Allgemeinen nicht mehr erforderlich. Impfung: Es stehen ein oral und ein parenteral zu applizierender Impfstoff zur Verfügung, die besonders vor Reisen in die Endemiegebiete Asiens und Nordafrikas, speziell bei einfachen Lebensbedingungen sowie bei Ausbrüchen oder Katastrophen indiziert sind. Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen: An Typhus oder Paratyphus erkrankte Personen sollten antibiotisch und – in der Regel – in ei- nem Krankenhaus behandelt werden (Ausnahmen: leichter Verlauf, gute Betreuung). Nach der Entlassung aus der stationären Behandlung bzw. nach dem Abschluss einer ambulanten Behandlung bleiben sie zunächst in der Überwachung durch das Gesundheitsamt, bis ein negatives Ergebnis von insgesamt drei Stuhluntersuchungen vorliegt (erste Stuhlprobe frühestens ein bis zwei Tage nach Abschluss der antimikrobiellen Therapie, Mindestabstand der Proben 2 Tage). Eine Wiederzulassung zu Schulen und sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen bzw. zu beruflicher Tätigkeit ist nach klinischer Genesung und Vorliegen von drei negativen Befunden einer im Abstand von 1 bis 2 Tagen durchgeführten Stuhluntersuchung möglich. Bei einer Tätigkeit in Lebensmittelbetrieben oder Gemeinschaftseinrichtungen erscheinen spätere Kontrolluntersuchungen zum Ausschluss einer langfristigen Ausscheidung sinnvoll. Personen, die an Typhus oder Paratyphus erkrankt sind oder bei denen der Verdacht auf eine Erkrankung besteht, dürfen nicht in Lebensmittelbetrieben tätig sein. Das gilt auch für Personen, die zeitweilige Ausscheider bzw. Dauerausscheider von S. Typhi oder S. Paratyphi sind. Diese Personen dürfen beim Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen bestimmter Lebensmittel nicht tätig sein, wenn sie mit Lebensmittel in Berührung kommen. Das gilt auch für Beschäftigte in Küchen von Gaststätten und sonstigen Einrichtungen mit oder zur Gemeinschaftsverpflegung. Bei Dauerausscheidern ist eine Belehrung über hygienische Verhaltensregeln und die Vermeidung von Infektionsrisiken erforderlich; eine Sanierung sollte angestrebt werden (ggf. in einer Einrichtung mit spezieller Erfahrung). Im Falle der beabsichtigten Aufnahme in ein Heim kann im Einverständnis mit der Einrichtung meist eine individuelle Regelung (sanitärhygienische Bedingungen, Verhaltensanforderungen) getroffen werden (z. B. eigene Toilette), die eine Zulassung zu der Gemeinschaftseinrichtung ermöglicht. Eine wirksame postexpositionelle Prophylaxe ist nicht bekannt. Kontaktpersonen (im Zusammenhang mit Ausbrüchen bzw. der Rückkehr aus einem Epidemiegebiet, insbesondere wenn Kontakt mit Stuhl von an Typhus oder Paratyphus Erkrankten bestand) sollen 241 241 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk für die Dauer der Inkubationszeit eine besonders gründliche Händehygiene einhalten. Ein Ausschluss von Gemeinschaftseinrichtungen ist für Kontaktpersonen nicht erforderlich, solange keine typhusverdächtigen Symptome (Kopfschmerzen, Fieber) auftreten und wirksame Hygienemaßnahmen gewährleistet sind. Maßnahmen bei Ausbrüchen: Bei Ausbrüchen ist das schnellstmögliche Ermitteln der Infektionsquelle bzw. des übertragenden Vehikels entscheidend, um Maßnahmen zur Erfassung der möglicherweise Infizierten und zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung einleiten zu können. Das zuständige Gesundheitsamt muss daher unverzüglich informiert werden. Besteht der Verdacht auf eine Übertragung durch bestimmte Lebensmittel, muss die zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde sofort in Kenntnis gesetzt werden. Desinfektionsmaßnahmen: In Gesundheitseinrichtungen sollte während der gesamten Erkrankungsdauer eine laufende Desinfektion aller Gegenstände und Flächen durchgeführt werden, die mit potenziell infektiösen Ausscheidungen des Kranken in Berührung gekommen sind oder sein können. Toilettensitz und Toilettendeckel sowie Bettgestell, Waschbecken, Badewanne sind ggf. mit einem Desinfektionsmittel zu behandeln. Dabei ist die Einwirkzeit zu beachten. Zur Händedesinfektion sind alkoholische Desinfektionsmittel geeignet. Im kommunalen Bereich ist eine Flächendesinfektion generell nicht erforderlich. Die wichtigste Maßnahme zur Prophylaxe der Übertragung von Salmonellen ist das Waschen der Hände vor allem nach jedem Besuch der Toilette bzw. nach Kontakt mit vermutlich kontaminierten Gegenständen. Händewaschen führt zwar nicht zur vollständigen Erregerelimination, wohl aber zur drastischen Reduzierung der Keimzahl an den Händen. Bei Schwangeren wird vor dem Stillen allerdings eine Händedesinfektion mit einem alkoholischen Präparat empfohlen. Eine Desinfektion der Toiletten von S. typhy- und S. paratyphyausscheidern ist nicht notwendig, die Anwendung von WC-Reinigern, ggf. täglich, reicht aus. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Nach klinischer Gesundung und drei aufeinander folgenden negativen rankheit Stuhlbefunden im Abstand von ein bis zwei Tagen. Die erste Stuhlprobe sollte frühestens 24 Stunden nach Ende einer Antibiotikatherapie erfolgen. Ein schriftliches ärztliches Attest ist erforderlich. Ausschluss von Ausscheidern: Im Regelfall bis zum Vorliegen von drei aufeinander folgenden Stuhlproben (Abstand ein bis zwei Tage) ohne Erregernachweis. Bei längerer Ausscheidung des Erregers soll im Einvernehmen mit dem Gesundheitsamt eine individuelle Lösung erarbeitet werden, um ggf. eine Zulassung zu ermöglichen. Im Einzelfall kann die Gabe eines Chinolons die Erregerausscheidung beenden (allerdings bei Kindern nicht zugelassen). Ausschluss von Kontaktpersonen: Ein Ausschluss ist bis zum Vorliegen von drei aufeinander folgenden negativen Stuhlproben im Abstand von zwei Tagen notwendig. Es sei denn, es liegen keine typhusverdächtigen Symptome vor und die Einhaltung der oben genannten Maßnahmen ist sicher gewährleistet. Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Es ist keine wirksame postexpositionelle Prophylaxe bekannt. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle insbesondere bei Ausbruchsgeschehen oder Hinweis auf Infektionen, die von einer Gemeinschaftseinrichtung ausgehen. Entscheidung über die Arbeitszulassung von Personen, die in Risikobereichen tätig sind. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). In der Steiermark: Zusätzliche Meldung durch das Labor an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Falldefinition nach BMGF Klinik: Durch Salmonella typhi oder paratyphi verursachte Erkrankung, oft gekennzeichnet durch schleichendes Auftreten von anhaltendem Fieber, Kopfschmerzen, Übelkeit, Anorexie, relative Bradykardie, Obstipation oder Diarrhöe und Husten ohne Auswurf. Es treten jedoch viele leichte und atypische Infektionen auf. 242 242 en Laborkriterien für die Diagnose Isolierung von S. typhi oder paratyphi aus Blut, Stuhl oder anderen Proben Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Laborbestätigtes Isolat ohne klinische Angaben oder Fall mit klinischen Symptomen und epidemiologischem Zusammenhang Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Referenzzentrum AGES – Institut für medizinische Mikrobiologie unde Hygiene Graz Beethovenstraße 6, 8010 Graz Ansprechpartner: Dr. Christian Berghold Dr. Christian Kornschober Tel.: 0 31 6/32 16 43-0 Fax: 0 31 6/38 84 70 E-Mail: [email protected] 243 243 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Weicher Schanker (Ulcus molle) rankheit Erreger: Haemophilus ducreyi Verbreitung: Tropische und subtropische Klimazonen. Infektionsweg: Die Übertragung erfolgt durch direkten Schleimhautkontakt mit dem Sekret offener Ulzera oder betroffener Lymphknoten in der Regel beim Geschlechtsverkehr. Dauer der Inkubation: 3–14 Tage, in der Regel 3–5 Tage. Symptomatik: Die Erkrankung beginnt akut mit einzelnen oder mehreren schmerzhaften, scharf begrenzten, teilweise nekrotisierenden Ulzera mit weichem Randwall. Die Ulzera sind meist im Genitalbereich am Präputium und an den Labien lokalisiert. Bei Frauen kann die Infektion auch schmerzlos verlaufen, die Ulzera sind dann meist in der Vagina oder an der Zervix gelegen. Meist sind die genitalen Ulzera von einer schmerzhaften Schwellung der regionalen Lymphknoten begleitet, diese können nach außen perforieren. Ein Ulcus molle kann als Eintrittspforte für andere durch Geschlechtsverkehr übertragene Erreger dienen. Differenzialdiagnose: Lues, Granuloma venerum, Herpes genitalis. Diagnostik: Mikroskopischer Erregernachweis aus dem Ulkusabstrich (Gramfärbung). Die gramnegativen Erreger sind typischerweise fischzugartig angeordnet. Der Nachweis kann auch mittels IF oder Anzucht erfolgen. Therapie: Erythromycin, Ceftriaxon, Cotrimoxazol, Amoxicillin, Ciprofloxacin. Zur Therapie siehe: Richtlinien zur Therapie der klassischen Geschlechtskrankheiten und Sexually Transmitted Diseases der Arbeitsgruppe für STD und dermatologische Mikrobiologie der ÖGDV. www.univie.ac.at/Immundermatologie/download/ std.pdf Aufgaben des Amtsarztes (AA) Entgegennahme der Meldungen nach dem Geschlechtskrankheitengesetz (GK-G, siehe Meldepflicht) Vorladung des Erkrankten oder Krankheitsverdächtigen (z. B. Kontaktpersonen, Infektionsquellen) in das Gesundheitsamt Nach vorgenommener Untersuchung entscheidet der AA, ob der/die Erkrankte in der Behandlung eines niedergelassenen Arztes verbleiben kann oder eine ambulante oder stationäre Betreuung in einer Krankenanstalt notwendig ist Nach Abschluss der Behandlung kann der AA die gesundheitliche Überwachung des Behandelten anordnen und hat wieder zu entscheiden, wo bzw. durch wen diese zu erfolgen hat Einholung der ärztlichen Behandlungsbestätigungen und der Untersuchungsergebnisse bei nach dem GK-G gemeldeten Personen Gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen: wöchentliche amtsärztliche Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten Entgegennahme der monatlichen Fallzahlmeldungen (s. u.) Meldepflicht (beschränkt): Nur wenn eine Weiterverbreitung der Krankheit zu befürchten ist oder sich der Kranke der ärztlichen Behandlung bzw. Beobachtung entzieht an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Zur ziffernmäßigen Erfassung der Neuerkrankungen an Geschlechtskrankheiten (Gonorrhoe, Syphilis, Ulcus molle, Lymphograbnuloma venereum) monatliche Meldung an das Gesundheitsamt gemäß Erlass des damaligen Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz Zl. II-51.740/ 3–5/85. Referenzzentrum: Keines Ansprechpartnerin: Dr. Eva Vinzelj Magistratsabteilung 15; STD-Ambulatorium Wien; Neutorgasse 20, 1013 Wien Tel.: 01/531 14 87-781 Fax: 01/531 14 99-877 89 E-Mail: [email protected] 244 244 en 245 245 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Wochenbettfieber rankheit Erreger: Streptokokken, Staphylokokken, E. coli, Gonokokken, Anaerobier Infektionsweg: Das Puerperalfieber ist ein fieberhafter Krankheitsprozess, der durch Eindringen von Bakterien in die Geburtswunden entsteht und nach der Geburt bzw. nach Abort auftreten kann. Klinik: Die Infektion kann lokal begrenzt (Endometritis puerperalis) oder von der infizierten Wunde aus hämatogen (Puerperalsepsis) verlaufen. Aufgaben des Amtsarztes: Abklärung der Infektionsquelle bei gehäuftem Auftreten. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Symptome sind hohes, meist remittierendes Fieber, weicher Puls, Tachypnoe, hochgradige Anämie mit Leukozytose und Linksverschiebung. Benommenheit wechselt mit Euphorie. Bei ungünstigem Verlauf Kreislaufversagen und Tod im septischen Schock. 246 246 en 247 247 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Yersiniose rankheit 2) Erreger: Yersinia enterocolitica, Y. pseudotuberculosis Verbreitung: Weltweit, hauptsächlich in gemäßigten Klimazonen. Infektionsweg: Aufnahme des Erregers über kontaminierte Lebensmittel oder Trinkwasser. Die Yersiniose ist eine Zoonose. Das Hauptreservoir für Y. pseudotuberculosa sind wilde und domestizierte Vögel sowie verschiedene Säugetiere, der Mensch ist nur zufällig betroffen. Die Hauptinfektionsquelle des Menschen für Y. enterocolitica stellt wahrscheinlich das Schwein dar, dessen Pharynx stark mit Yersinien besiedelt sein kann. Aufgrund dessen hält man unzureichend gekochtes Schweinefleisch für eine wichtige Infektionsquelle. Dauer der Inkubation: 3–10 (in der Regel 3–7) Tage. Ausscheidung: Die Ausscheidung von Yersinien im Stuhl dauert bis zu 3 Monaten. Symptomatik: Die Krankheit beginnt meist akut mit wässrigen Durchfällen (insbesondere bei Kleinkindern), abdominellen Schmerzen, Fieber, Kopfschmerzen, Pharyngitis, Übelkeit und Erbrechen. Bei älteren Kindern kann es zu einer Lymphadenitis mesenterica kommen, deren klinisches Bild einer Appendizitis ähnelt (Pseudoappendizitis). Bei ca. 10% der betroffenen Erwachsenen (v. a. bei Frauen) entwickelt sich ein Erythema nodosum. Septische Verläufe sowie das Entstehen einer Osteomyelitis oder von Leberabszessen sind bekannt (insbesondere bei Immunschwäche). Postinfektiös kann es zu einer reaktiven Arthritis, Urethritis oder Iritis kommen (Reiter-Syndrom, nahezu ausschließlich Erwachsene). Y. enterocolitica führt eher zu einem gastroenteritischen Krankheitsbild, während Y. pseudotuberculosa häufiger das Bild einer Pseudoappendizitis zeigt. Therapie: Cotrimoxazol, Tetracycline, Chinolone. Eine antibiotische Therapie ist nur bei schweren Verläufen indiziert. Differenzialdiagnose: Appendizitis, Durchfälle anderer Genese, reaktive Arthritis durch Chlamydien oder Salmonellen. ) zu bakterielle Lebensmittelvergiftung Diagnostik: Nachweis des Erregers aus Stuhlproben und ggf. aus Biopsien oder Blut. Eine biochemische und serologische Typisierung des Erregers sollte angestrebt werden. Nachweis von spezifischen Antikörpern. Hygienemaßnahmen: In Gesundheitseinrichtungen ist während der gesamten Erkrankungsdauer eine laufende Desinfektion aller Gegenstände und Flächen durchzuführen, die in Kontakt mit infektiösen Ausscheidungen des Kranken gekommen sind oder sein können. Ein Einzelzimmer wäre – wie prinzipiell bei allen Durchfallerkrankungen – wünschenswert. Im kommunalen Bereich ist eine Flächendesinfektion generell nicht erforderlich. Die wichtigste Maßnahme zur Prophylaxe der Übertragung von Yersinien ist das Waschen der Hände vor allem nach jedem Besuch der Toilette oder nach Kontakt mit vermutlich kontaminierten Gegenständen (Windeln). Händewaschen führt zwar nicht zur vollständigen Erregerelimination, wohl aber zur drastischen Reduzierung der Keimzahl an den Händen. Bei Schwangeren wird vor dem Stillen allerdings eine Händedesinfektion mit einem alkoholischen Präparat empfohlen. Eine Desinfektion der Toiletten ist nicht notwendig, die Anwendung von WC-Reinigern, ggf. täglich, reicht aus. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Nach Abklingen des Durchfalls (geformter Stuhl). Ein schriftliches ärztliches Attest ist nicht erforderlich. Ausschluss von Ausscheidern: Es gibt keinen medizinischen Grund, asymptomatischen Kindern, die Yersinien ausscheiden, den Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen zu untersagen. Diese Praxis, Kinder aufgrund ihres klinischen Befundes, vor allem nach Abklingen des Durchfalls, ohne bakteriologische Kontrolluntersuchungen Gemeinschaftseinrichtungen wieder besuchen zu lassen, hat sich seit Jahren in verschiedenen Regionen Deutschlands und in vielen Ländern be- 2 248 248 en währt. Kontaminierte Nahrungsmittel, nicht aber asymptomatische Ausscheider, sind die relevanten Infektionsquellen. Ausschluss von Kontaktpersonen: Nicht erforderlich, solange keine enteritischen Symptome auftreten. Falldefinition nach BMSG Klinik: Erkrankung unterschiedlichen Schweregrads, gekennzeichnet durch Diarrhöe, Fieber, Übelkeit, Krämpfe und Tenesmen. Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Es ist keine wirksame Prophylaxe bekannt. Laborkriterien für die Diagnose Isolierung von Yersinia enterocolitica oder pseudotuberculosis aus einer klinischen Probe Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle insbesondere bei Ausbruchsgeschehen oder Hinweis auf Infektionen, die von einer Gemeinschaftseinrichtung ausgehen. Entscheidung über die Arbeitszulassung von Personen, die im Lebensmittelbereich tätig sind. Umgebungsuntersuchungen sind nicht notwendig. Fallklassifizierung Möglich: Entfällt Wahrscheinlich: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und epidemiologischem Zusammenhang Bestätigt: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und Laborbestätigung Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Referenzzentrum Labor und Typisierung AGES – Inst. für med. Mikrobiologie und Hygiene Linz Derfflingerstraße 2, 4020 Linz Ansprechpartner: Dr. Monika Mitterhumer Dr. Stefan Doppler Tel.: 0 73 2/78 19 91 Fax: 0 73 2/78 19 91-30 E-Mail: [email protected] In der Steiermark: Zusätzliche Meldung sporadischer Fälle durch das Labor an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). Bei Verdacht auf Ausbruchsgeschehen erfolgt auch eine Meldung an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. 249 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Zusätzlich für die Steiermark wichtige, nicht meldepflichtige Krankheiten rankheit Borreliose Erreger: Borrelia afzelii, B. garinii und seltener B. burgdorferi sensu stricto (s.s.) sind die Krankheitserreger der Lyme-Borreliose in Europa und Eurasien Vorkommen: Nördliche Hemisphäre (Nord-, Zentral- und Ost-Europa, asiatische Teile Russlands, China, Japan, Nordamerika). Die Lyme-Borreliose ist die häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung in Europa und wird am häufigsten im Frühjahr und Frühsommer diagnostiziert. In den Endemiegebieten hohe Infektionsquote der Zecken. Reservoir: Kleine Nagetiere und Vögel. Große Tiere wie Rehe und Hirsche sind keine Borrelienreservoire, aber wichtige Blutwirte der Zecken. Übertragung in Europa: Durch Stich der Schildzecke Ixodes ricinus (Holzbock). Allerdings erinnern sich nur weniger als 50% der Lyme-Borreliose-Patienten an den Zeckenstich. Inkubationszeit: Sehr variabel, wenige Tage bis mehrere Wochen. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Entfällt (Erkrankte sind nicht ansteckend). Klinische Manifestationen und Diagnosekriterien Erythema (chronicum) migrans: Serologie für Diagnose nicht sinnvoll! Kultureller oder Nukleinsäure-Nachweis von B. burgdorferi s. l. aus Hautbiopsien selbstverständlich beweisend. Borrelien-Lymphozytom (seltene Manifestation): Serologie obligat. Unterstützend und für Differenzialdiagnose: Histologischer Nachweis eines B-ZellPseudolymphoms. Kultureller oder NukleinsäureNachweis von B. burgdorferi s. l. aus Hautbiopsien beweisend. Frühe Neuroborreliose: Pleozytose im Liquor, Nachweis intrathekal gebildeter spezifischer Antikörper (Serum und Liquor einsenden) oder kultureller oder Nukleinsäure-Nachweis von B. burgdorferi s. l. aus Liquor sind beweisend. Kurz nach Beginn der Symptome kann intrathekale Antikörperbildung noch nicht nachweisbar sein; bei sehr kurzer Krankheitsdauer – einige Tage – oder bei Kindern mit isolierter Fazialisparese kann Liquorpleozytose fehlen! Chronische Neuroborreliose (sehr selten): Antikörpernachweis gegen B. burgdorferi s. l. in Liquor und Serum obligat. Lyme-Karditis: Nachweis von IgG- und IgM-Antikörpern gegen B. burgdorferi s. l. im Serum oder Nachweis eines signifikanten Anstiegs von IgGAntikörpern gegen B. burgdorferi s. l. Kultureller oder Nukleinsäure-Nachweis von B. burgdorferi s. l. aus Myokardbiopsien selbstverständlich beweisend, jedoch praktisch nicht durchführbar. Lyme-Arthritis. Serologie obligat: Hohe Konzentration spezifischer IgG-Antikörper im Serum. Nukleinsäure-Nachweis (und/oder Anzüchtung) von B. burgdorferi s. l. aus Synovialflüssigkeit und/oder Synovia-Gewebe beweisend. Seltene und unspezifische Manifestationen (z. B. Auge, innere Organe): Referenzlabor. Borrelien-Nukleinsäure-Amplifikationstests im Referenz-Laboratorium. Acrodermatitis chronica atrophicans. Serologie obligat: Hohe Konzentration spezifischer IgGAntikörper im Serum. Histologischer Befund und kultureller oder Nukleinsäure-Nachweis von B. burgdorferi s. l. aus Hautbiopsien beweisend. 243 en Interpretation von serologischen Ergebnissen (Borrelien-Serologie) Nie ohne Kenntnis des Patienten und seiner Erkrankung! Positive Borrelien-Serologie allein (ob IgM- und/oder IgG-positiv) keine Indikation für antibiotische Behandlung! Patienten mit Erythema migrans in über 70% seronegativ. Behandlung selbstverständlich notwendig. Therapie-Empfehlungen basierend auf kontrollierten klinischen Studien Angaben für die Tagesdosis (Dosierung für Kinder in Klammern) Kontraindikation für alle Substanzen ist Überempfindlichkeit. Doxycyclin NICHT für Kinder, Schwangere und Stillende. Antibiotikum Dosierung 1. Erythema migrans und Borrelien Lymphozytom: Antibiotika oral für 14 Tage (10–30 Tage) außer Azithromycin Phenoxymethylpenicillin (Penicillin V) 3 x 1–1,5 MIE (0,1–0,15 MIE/kg) Azithromycin 2 x 500 mg (20 mg/kg) 1. Tag 1 x 500 mg (10 mg/kg) nächste 4 Tage Doxycyclin 2 x 100 mg Amoxicillin 3 x 500–1000 mg (20–50 mg/kg) Cefuroxim 2 x 500 mg (30–40 mg/kg) 2. Neuroborreliose: Antibiotika intravenös für 14 Tage (10–30 Tage) Ceftriaxon 2 g (50–100 mg/kg) Penicillin G 20 MIE (0,25–0,5 MIE/kg) In den Ausnahmefällen gesicherter Penicillinallergie oder isolierter Fazialisparese und negativem Liquorbefund (keine Pleozytose, keine intrathekalen Antikörper) orale Verabreichung über 28 Tage (14–30) von: Doxycyclin 2 x 200 mg Amoxicillin 3 x 0,5–1 g (20–50 mg/kg) 3. Arthritis (intermittierend oder chronisch): Antibiotika oral für 3 Wochen (10–30 Tage) 4. Kardioborreliose: Selbes Behandlungsschema Doxycyclin 2 x 100–200 mg/Tag Amoxicillin 3 x 0,5–1 g/Tag (20–50 mg/kg) 5. Acrodermatitis chronica atrophicans: Antibiotika intravenös für 3 Wochen (10–30 Tage) Ceftriaxon 2 g (50–100 mg/kg) Penicillin G 20 MIE (0,25–0,5 MIE/kg) Doxycyclin oral 2 x 200 mg Antibiotikatherapie in der Frühphase in der Regel am erfolgreichsten. Generelle prophylaktische Antibiotikagabe nach Zeckenstich kann derzeit nicht empfohlen werden. Immunprophylaxe: In der Humanmedizin derzeit keine Impfstoffe verfügbar. Allgemeine präventive Maßnahmen: Aufklärung über Risiko der Übertragung von Krankheitser- 244 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk regern durch Zecken. Gefahr von Zeckenbefall besteht bei Aufenthalt im Freiland, Garten usf. bei Kontakt mit der bodennahen Vegetation. Nachher sollte der Körper sorgfältig nach Zecken abgesucht werden. Insbesondere bei Kindern setzen sich Zecken überwiegend auf der behaarten Kopfhaut fest. Zeckenentfernung: Anhaftende Zecken sollen so rasch wie möglich aus der Haut entfernt werden, am besten und einfachsten mit einer geeigneten Pinzette. Dabei soll die Zecke so nah an der Haut wie möglich gefasst und herausgezogen werden. Die Einstichstelle sollte danach mit einem Hautdesinfektionsmittel abgewischt werden. An schwer zugänglichen oder sehr empfindlichen Hautbereichen haftende Zecken (zum Beispiel Genitalbereich, Gehörgang, Augenlider) sollen durch den Arzt/Facharzt, nötigenfalls unter mikroskopischer Hilfe, entfernt werden. Wenn auch nicht empfoh- rankheit len, so ist doch wissenswert, dass entgegen einer weit verbreiteten Meinung weder das Aufbringen von Öl, Cremen, azetonhältigen Substanzen wie etwa Nagellack auf anhaftende Zecken noch Quetschen und Herausdrehen der Zecken das Infektionsrisiko erhöht. Streng abzulehnen ist allerdings das Abbrennen von Zecken z. B. mit der Flamme eines Feuerzeugs; daraus können schwere Verletzungen resultieren. Referenzzentrum Klinisches Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Gerold Stanek Tel.: 01/404 90-794 10 Fax: 01/404 90-794 26 E-Mail: [email protected] [email protected] 245 en 246 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk FSME rankheit Erreger: Das die FSME verursachende Virus gehört zum Genus Flavivirus in der Familie der Flaviviridae Vorkommen: FSME-Virus übertragende Zecken kommen in vielen europäischen Ländern und in Asien vor. Kein FSME-Risiko besteht auf der Iberischen Halbinsel, in Großbritannien, den Benelux-Ländern und Dänemark. Die Krankheit tritt in Abhängigkeit von der Aktivität der virustragenden Zecken bevorzugt von Frühjahr bis Spätherbst vor allem aber in den warmen Sommermonaten auf. Damit sich der Erreger vermehren kann, ist eine Mindesttemperatur von etwa 8 °C erforderlich. In Höhen oberhalb von 1.500 m halten sich keine Zecken auf. Reservoir: Das Virus zirkuliert zwischen Zecken und Kleinsäugern, insbesondere Mäuse, aber auch Vögel, Rehe und Rotwild. Infektionsweg: Die Übertragung des Virus auf den Menschen erfolgt in Europa im Wesentlichen durch infizierte Zecken. Zecken halten sich bevorzugt in Wäldern in nicht zu trockenen Lagen in hohem Gras und Gebüsch sowie in losem Laub auf. Durch einen Zeckenstich gelangen die Viren in die Blutbahn des Menschen und können von dort die Krankheit auslösen. Damit sich der Erreger vermehren kann, ist eine Mindesttemperatur von etwa 8 °C erforderlich. In Höhen oberhalb von 1.500 m halten sich keine Zecken auf. Inkubationszeit: Gewöhnlich 1 Woche (3-14 Tage). Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Erkrankte sind nicht ansteckend. Klinische Symptomatik: Nicht jeder Stich einer infizierten Zecke führt zu einer Infektion. Nach erfolgter Infektion treten bei ca. 30% der Infizierten Krankheitserscheinungen auf. Der Krankheitsverlauf ist biphasisch. Es kommt zunächst zu grippeähnlichen Symptomen mit mäßigem Fieber (in der Regel nicht über 38 °C), Kopfschmerzen, Erbrechen, Schwindelgefühl. Nach einem fieberfreien Intervall von etwa einer Woche (bis zu 20 Tagen) entsteht bei etwa 10% dieser Patienten eine Meningoenzephalitis mit Fieber, Erbrechen, meningealen Reizerscheinungen, vereinzeltem Auftreten von Stupor oder Koma. Vor allem bei äl- teren Patienten kann sich zusätzlich eine Myelitis entwickeln. In diesen Fällen besteht die Gefahr von bleibenden neurologischen Ausfällen, in der Regel in Form von Paresen, aber auch von Anfallsleiden oder lange andauernden Kopfschmerzen. Diese Symptome können oft Monate nach der Erkrankung persistieren. Häufig kommt es jedoch selbst nach schweren Verläufen zur völligen Heilung. Bei 1–2% der Erkrankten mit ZNS-Beteiligung führt die Erkrankung zum Tod. Schwere Krankheitsverläufe werden fast nur bei Erwachsenen beobachtet. Dies wurde in aktuellen Untersuchungen noch einmal bestätigt. Prävention: Aktive Schutzimpfung und Expositionsprophylaxe. Aufgaben des Amtsarztes: Zahlenmäßige Erfassung (Surveillance). Meldepflicht: Erkrankungs- und Sterbefall unter dem Begriff übertragbarer Gehirnentzündung durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). In der Steiermark: Zusätzliche Meldung durch das Labor direkt an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion nach Fallbestätigung durch Referenzzentrum. Falldefinition nach RKI Klinisches Bild Klinisches Bild vereinbar mit FSME. Biphasische Erkrankung mit einer grippalen Initialphase. Nach einem symptomfreien Intervall von 4 bis 10 Tagen Auftreten neurologischer Symptome (z. B. Meningitis, Enzephalitis, Myelitis – auch in Kombination). Labordiagnostischer Nachweis Positiver Befund mit mindestens einer der nachfolgend aufgeführten Methoden: IgM-Antikörper-Nachweis im Blut oder Liquor (zu Erkrankungsbeginn IgM u. IgG im Serum fast immer nachweisbar. Im Liquor zu Erkran- 247 en kungsbeginn in ca 50% der Fälle keine IgM vorhanden, erscheinen jedoch innerhalb von 10 Tagen), IgG-Antikörper-Nachweis im Liquor, IgG-Antikörper-Nachweis im Blut Nukleinsäure-Nachweis aus Blut oder Liquor (gelingt fast nur vor Serokonversion bzw bei atypischen Verläufen), post mortem aus Organgewebe und Sequenzierung, Durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte asymptomatische Infektion: Labordiagnostischer Nachweis bei fehlendem klinischem Bild (cave: nach den ersten beiden Teilimpfungen können FSME-IgM-AK über einige Monate im Serum nachweisbar bleiben). Nur durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Infektion: Labordiagnostischer Nachweis vorhanden, Angaben zum klinischen Bild nicht ermittelbar Fallklassifizierung Klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit FSME nach einem Zeckenstich in einem Hochrisikogebiet (Inkubationszeit ca. 7–14 Tage) Klinisch und durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit FSME und labordiagnostischer Nachweis Referenzzentrum Klinisches Institut für Virologie der MedizinischenUniversität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartnerin: Prof. Heidemarie Holzmann Tel.: 01/404 90-795 00 Fax: 01/40490-9795 E-Mail: [email protected] 248 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Influenzavirus-Infektionen rankheit Erreger: Erreger der Influenza sind Orthomyxoviren, die in die Typen A, B und C unterteilt werden. Die große genetische Variabilität der Influenzaviren beruht auf der hohen Mutationsfrequenz und der Fähigkeit zum genetischen Reassortment (Genaustausch). Wegen der wechselnden Eigenschaften der Erreger und der Gefahr der Entstehung von Epidemien und Pandemien ist die Surveillance besonders wichtig. In Österreich nimmt diese Funktion das DIAGNOSTISCHE INFLUENZA NETZWERK ÖSTERREICH wahr (www.influenza.at). Auf europäischer Ebene existiert das europäische Netzwerk European Influenza Surveillance Scheme (EISS), das mit den zuständigen internationalen Organisationen, insbesondere der WHO, die internationale Surveillance sichert. Vorkommen: Influenzavirus-Infektionen sind weltweit verbreitet. Die Krankheit kann sporadisch, endemisch und in Abständen epidemisch auftreten, wobei sich die einzelnen Epidemien deutlich in ihrem Schweregrad voneinander unterscheiden. Influenzapandemien traten bisher in Abständen von 11 bis 40 Jahren auf und waren gekennzeichnet durch eine hohe Morbidität und Mortalität. Reservoir: Für Influenza-Infektionen ist der Mensch das primäre Reservoir. Jedoch kommen InfluenzaA-Viren auch bei Säugern (Schweine, Pferde) und in großer Vielfalt bei Vögeln vor. Influenza-BViren infizieren Menschen und wurden auch bei Seehunden nachgewiesen. Influenza-C-Viren sind nur sporadisch verbreitet und führen zu milden Erkrankungen. Diese Viren wurden bei Mensch und Schwein nachgewiesen. Infektionsweg: Die Übertragung der Influenzaviren erfolgt aerogen durch Exspirationströpfchen. Die Kontagiosität ist hoch. Inkubationszeit: In der Regel 1–3 Tage. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Eine Ansteckungsfähigkeit besteht bereits während der Inkubationszeit und nach dem Auftreten der klinischen Symptome gewöhnlich für 3–5 Tage, bei kleinen Kindern bis zu 7 Tagen. Klinische Symptomatik: Das klinische Bild von Influenzavirus-Erkrankungen kann sehr unterschiedlich sein, es reicht von symptomarmen bis zu schwersten toxischen Verläufen mit tödlichem Ausgang. – In der Regel ist die Erkrankung durch plötzlich auftretendes hohes Fieber über 39 °C, Schüttelfrost, Muskelschmerzen, Schweißausbrüche, allgemeine Schwäche, Kopfschmerzen, Halsschmerzen und trockenen Reizhusten gekennzeichnet. Komplikationen können in jedem Lebensalter auftreten, betreffen jedoch vorrangig Personen mit Grundkrankheiten (chronische Herz-Lungen-Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen, Immundefekte usw.). Die gefürchtetsten Komplikationen sind der perakute Todesfall bei Jugendlichen und jüngeren Erwachsenen innerhalb weniger Stunden und die primäre Influenzapneumonie. Relativ häufig entwickeln sich Pneumonien durch bakterielle Superinfektion (Staphylokokken, Pneumokokken, Haemophilus influenzae). Weitere Komplikationen können Enzephalitiden und Myokarditiden sein. Bei Kindern können Otitis media und Reye-Syndrom auftreten. Diagnostik: Eine Diagnose ist anhand der klinischen Symptome bei sporadischen Erkrankungen schwer zu stellen, da die Klinik der anderer respiratorischer Erkrankungen ähnelt. Ist eine Grippewelle voll angelaufen, korrelieren klinische Diagnose und Labordiagnose in 80-85 %. In dieser Zeit ist daher eine Individualdiagnostik nicht erforderlich und würde nur den Behandlungsbeginn verzögern. Bei schweren Verläufen und dem Auftreten von Komplikationen sollte eine labordiagnostische Sicherung des Erkrankungsfalles angestrebt werden. Therapie: Die Behandlung erfolgt überwiegend symptomatisch, bei bakterieller Superinfektion sind Antibiotika indiziert. Es sollte beachtet werden, dass die Gabe von Salizylaten bei Kindern wegen der Gefahr der Entstehung eines ReyeSyndroms kontraindiziert ist. Für Kinder mit einer Dauermedikation von Salizylaten ist deshalb eine präventive Impfung sinnvoll. Eine spezifische Therapie ist durch Neuraminidasehemmer möglich. Sie wirken gegen Influenza A und B und blockieren die Wirkung der viralen Neuraminidase. Neuramidasehemmer können oral 249 en oder inhalativ angewendet (verabreicht) werden. Die Therapie einer Influenza A oder B sollte so früh wie möglich, spätestens bis zu 48 Stunden nach Einsetzen der Symptome, beginnen. Eine Anwendung während Schwangerschaft und Stillperiode wird nicht empfohlen. Präventive Maßnahmen: Zu den wirksamsten präventiven Maßnahmen gehört die Schutzimpfung gegen Influenza, die jährlich – vorzugsweise in den Monaten September bis November - durchgeführt werden sollte. Im Falle einer drohenden Epidemie ist eine Impfung auch später möglich und sinnvoll. Gesunde Menschen sind dadurch – bei guter Übereinstimmung der Impfstämme mit den zirkulierenden Stämmen – etwa zu 90% geschützt, bei Älteren ist die Schutzrate wahrscheinlich etwas geringer. Es ist unbestritten, dass die Impfung Komplikationen, Hospitalisierung und Letalität signifikant reduziert. Bei gehäuftem Auftreten von Influenza sollten im öffentlichen Leben grundlegende hygienische Regeln beachtet werden, z. B. das Vermeiden von Händereichen, Anhusten und Anniesen. Bei einer größeren Epidemie können gezielte Maßnahmen (z. B. Untersagung von Großveranstaltungen) Durchseuchung verlangsamen und damit die gesellschaftlichen und medizinischen Belastungen mildern. Für eine Chemoprophylaxe sind die oral verarbreichbaren Neuramitasehemmer (wirksam gegen A+B) zugelassen. Zielgruppen der Impfung Maßnahmen bei Patienten und Kontaktpersonen: In Einzelfällen mit nicht gesichertem Virusnachweis ist eine Absonderung des Patienten nicht sinnvoll. Bei Epidemien ist jedoch eine Unterbringung der erkrankten Personen in einem gesonderten Raum während der ersten 3–7 Tage der Krankheit empfehlenswert. Innerhalb der Familie sollten ungeimpfte und individuell besonders gefährdete Personen (z. B. Säuglinge, Immuninkompetente, chronisch Kranke) von erkrankten Personen ferngehalten werden. Personen über 60 Jahre Eine Untersuchung von Kontaktpersonen ist nicht von praktischem Nutzen. Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens wie z. B. chronische Lungen-, Herz-Kreislauf-, Leber- und Nierenkrankheiten, Diabetes und andere Stoffwechselkrankheiten, Immundefizienz, HIV-Infektion Personen, die durch ihren Beruf in erhöhtem Maße einer Infektion ausgesetzt sind oder selbst durch ihre Tätigkeit die Infektion auf andere übertragen können, z. B. medizinisches Personal, Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr entsprechend den Empfehlungen der Gesundheitsbehörden, wenn Epidemien auftreten oder auf Grund epidemiologischer Beobachtungen befürchtet werden Schwangere vorzugsweise im zweiten oder dritten Trimenon. Bei einer drohenden Epidemie ist zu bedenken, dass Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillperiode mit einer erhöhten gesundheitlichen Belastung verbunden sind, die eine Influenzavirus-Infektion besonders gefährlich werden lassen können Maßnahmen bei Ausbrüchen: Bei Ausbrüchen und Epidemien ist die rasche Isolierung und Identifizierung von Influenzaviren besonders wichtig. Es besteht dann die Möglichkeit, auf die weitere Ausbreitung der Krankheit Einfluss zu nehmen (Händehygiene, Prophylaxe mit oralen Neuramidasehemmer für gefährdete Kontaktpersonen, Neuraminidasehemmer für Influenza-Erkrankte). Referenzzentrum Labor und Typisierung: Institut für Virologie der Med. Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartnerin: Univ.-Prof. Dr. Theresia Popow- Kraupp Tel.: 01/404 90-79521 52; Fax: 01/40490-9795 E-Mail:[email protected] Epidemiologie: AGES – Bakteriologisch-serologische Untersuchungen Wien Währinger Straße 25a, 1096 Wien Ansprechpartner: OR Dr. Peter Lachner Tel.: 01/405 15 57 Fax: 01/402 39 00 E-Mail: [email protected] siehe auch Österr. Influenza-Pandemieplan 250 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Kopflausbefall (Pediculosis capitis) rankheit Erreger: Pediculus capitis ist ein spezifischer Ektoparasit des Menschen, der fast ausschließlich im Bereich des Kopfhaares lebt Lausbefall: Von den 2,4–4,2 mm großen Weibchen werden Eier (Nissen) an den Kopfhaaren abgelegt und haften dort infolge eines am hinteren Eipol befindlichen, schnell härtenden und überaus widerstandsfähigen Klebesekretes sehr fest, so dass sie durch einfache Haarwäsche nicht entfernt werden können. Die Nissen werden meist in die Nähe des Haaransatzes geklebt, oft eine über der anderen. Von Kopfschuppen oder von Haarspraypartikeln unterscheiden sich Eier dadurch, dass sie fest am Haar haften und nicht abgestreift werden können. Außer an Kopfhaaren können Nissen auch an anderen behaarten Stellen des Oberkörpers abgelegt werden, z. B. im Bart, in den Augenbrauen oder an Achselhaaren. Bei sehr starker Verlausung werden sie auch an Stofffasern von Kopftüchern, Mützen, Schals, Haarbändern etc. geklebt. Die Entwicklung der Kopfläuse verläuft über Eier und Larven und ist von der Temperatur und Luftfeuchtigkeit der Umgebung abhängig. Je wärmer es ist, desto schneller läuft die Entwicklung ab. Der gesamte Lebenszyklus vom Ei über Larvenstadien bis zum nächsten Ei kann schon in 18 Tagen abgeschlossen sein, im Regelfall beansprucht er drei Wochen. Ein Weibchen kann in dieser Zeit täglich 2–9 (im Durchschnitt 4) Eier absetzen, so dass eine Gesamtzahl von maximal 90 Eiern zu erreichen ist. Übertragung: Die Übertragung der Kopfläuse erfolgt von Mensch zu Mensch durch Überwandern der Parasiten von einem Kopf zum anderen; auch über verlauste, nebeneinander hängende Kopfbedeckungen oder über gemeinsam benutzte Kopfunterlagen, Decken, Kämme, Haarbürsten, Spieltiere und dergleichen ist eine Weiterverbreitung möglich. Krankheitsbild: Durch den beim Läusestich in die Haut eindringenden Speichel entsteht Juckreiz. Kratzeffekte finden sich vorwiegend über und hinter den Ohren sowie am Hinterkopf und im Nacken. Durch bakterielle Sekundärinfektionen kann das klinische Bild eines Ekzems mit bevor- zugtem Sitz an den erwähnten Stellen entstehen. Dies wiederum führt zu regionalen Lymphknotenschwellungen. Bei entzündlichen oder eiternden Herden an den Rändern der Kopfbehaarung ist stets auch an Kopflausbefall zu denken. Als potenzielle Krankheitsüberträger haben sie in unseren Breiten derzeit keine Bedeutung. Diagnose: Die Inspektion muss sich besonders auf die bevorzugten Aufenthaltsstellen der Kopfläuse erstrecken, nämlich auf die Schläfen-, Ohren- und Nackengegend. Nissen und Läuse sind mit bloßem Auge zu erkennen, eine Lupe erleichtert die Diagnose. Behandlung: Mittel gegen Kopflausbefall: Pyrethrum, Lindan, organische Phosphorsäureester u. a. (siehe auch Bundesgesundhbl. 43 (2000), Suppl. 2: S. 66). Sind Nissen nicht gründlich beseitigt, schlüpfen nach etwa acht Tagen die Larven der nächsten Generation. Aus Gemeinschaftseinrichtungen wird folglich häufig von erneutem Läusebefall nach zwei bis drei Wochen berichtet. Tatsächlich werden die Parasiten aber nicht neu eingeschleppt, sondern bei unzureichend behandelten Personen werden wieder Läuse festgestellt. Aus diesem Grund hat sich eine zweite Behandlung 8 bis 10 Tage nach der ersten Behandlung bewährt und wird grundsätzlich empfohlen. Die Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern sollte unter ärztlicher Aufsicht erfolgen. Während der Schwangerschaft und in der Stillzeit sollten die genannten Präparate nicht verwendet werden. Unbedenklich für diesen Personenkreis ist eine Behandlung durch mehrfaches Spülen der Haare mit lauwarmem Essigwasser (drei Esslöffel Essig auf einen Liter Wasser) und anschließendes Auskämmen der noch feuchten Haare mit einem Nissenkamm. Allerdings werden durch die Behandlung mit Essigwasser Läuse oder Nissen nicht abgetötet, sondern lediglich das Auskämmen erleichtert. Manche Nissen haften so fest, dass sie auch durch sorgfältiges Auskämmen nicht abgelöst werden. 251 en Um ganz sicher alle Parasiten zu entfernen, werden die Haare vom Nacken her in kleinen Büscheln gesichtet und Haare mit noch anhaftenden Nissen nahe der Wurzel abgeschnitten. Diese Methode ist sehr zeitaufwendig, hat sich in der Praxis aber bewährt. Die dermatologische Behandlung der Hautveränderungen, vor allem der im Befallsbereich oft vorhandenen bakteriellen Sekundärinfektion, ist nach Beseitigung der Läuse und Nissen durchzuführen. Ergänzende Maßnahmen: Zur völligen Tilgung des Kopflausbefalls und zur Vorbeugung gegen Neuansteckung ist außer der Behandlung der Kopfhaare eine gründliche Reinigung des Kammes und der Haar- und Kleiderbürsten notwendig. Handtücher, Leib- und Bettwäsche sollten sicherheitshalber gewechselt und bei 60 °C gewaschen oder gereinigt werden. Aus Gemeinschaftseinrichtungen sollten Matratzen etc. in Dampf (75 °C) mindestens 20 min. belassen, nicht waschbare Materialien für mehr als 7 Tage weggesperrt (= Hungerquarantäne) werden. Nicht waschbare textile Gegenstände (z. B. textiles Spielzeug) können auch in Kälteboxen eingebracht und über min. 24 Stunden bei Temperaturen unter –10 °C eingefroren werden. Die Oberbekleidung, in der sich ausgestreute Kopfläuse befinden können, muss entweder gewaschen, mit Jacutin N besprüht (allein für dieses Mittel konnte in Deutschland amtlich eine Wirksamkeit nachgewiesen werden) oder aber in einer Desinfektionsanstalt entwest werden. Oberbekleidung kann auch in einen gut schließbaren Plastikbeutel gesteckt und darin für vier Wochen belassen werden. Dadurch werden eine Abtötung der Läuse und ein Aushungern der später noch schlüpfenden Larven erzielt. Oberbekleidung oder andere Textilien, die mit insektiziden Mitteln (z. B. Jacutin N) behandelt wurden, müssen vor Wiederbenutzung gereinigt (dekontaminiert) werden. Maßnahmen für Kontaktpersonen: Nicht nur die läusebefallene Person, sondern auch deren Familienangehörige, ggf. weitere Personen mit engem Kontakt zum Befallenen sollten sich einer Untersuchung und erforderlichenfalls einer Behandlung unterziehen. In Kindergärten, Schulen und anderen Gemeinschaftseinrichtungen muss ein entsprechend größerer Kreis untersucht werden. Dies ist wichtig zur Vermeidung einer Reinfektion der behandelten Person! Bei starkem Befall sollten sicherheitshalber auch die Aufenthalts- und Schlafräume der Betroffenen von ausgestreuten Läusen befreit werden. Dazu sind die Böden und Polstermöbel mit einem Staubsauger gründlich von losen Haaren zu reinigen. Das gilt insbesondere für textile Kopfstützen, vor allem in Schulbussen, und textiles Spielzeug wie Plüschtiere in Gemeinschaftseinrichtungen. Auf Kleidungsstücken, Perücken und anderen kleinen Gegenständen können die Läuse auch ohne Einsatz chemischer Mittel durch 45 °C warme, trockene Luft, angewendet über 60 Minuten, oder durch das Einbringen der Gegenstände in Kälteboxen bei –10 °C bis -15 °C über einen Tag abgetötet werden. Wenn in Ausnahmefällen behördlich eine Entwesung für erforderlich gehalten wird, empfiehlt es sich, mit der sicheren Entlausung von Räumen und Einrichtungen (z. B. Schulen und Kindergärten) Fachkräfte zu beauftragen. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Parasitenbefall: Nach erfolgreicher Behandlung. Ein schriftliches ärztliches Attest ist bei wiederholtem Befall erforderlich. Ausschluss von Kontaktpersonen: Allen Mitgliedern einer häuslichen Wohngemeinschaft ist zu einer spezifischen Behandlung der Kopfhaare zu raten. Werden in einer Gemeinschaftseinrichtung Läuse festgestellt, sollen alle Mitglieder der Klasse oder Gruppe sorgfältig untersucht werden, um eine Weiterverbreitung der Parasiten zu verhindern. Das erneute Auftreten von Läusen in Schulen und Kindergärten nach ca. drei Wochen ist nicht selten und führt zu Spannungen in der Einrichtung und zu Unmut bei den Eltern. In der Regel ist die Ursache nicht eine neue Quelle, sondern es handelt sich um einen Rückfall bei nicht ausreichend behandelten Personen. Gerade deshalb sind Inspektionen sorgfältig durchzuführen und, wann immer möglich, die Behandlung auch zu überwachen. Eine intensive Zusammenarbeit von Einrichtung, Gesundheitsamt und Eltern ist bei Kopflausbefall Grundvoraussetzung für die Beseitigung der Parasiten. Hygienemaßnahmen zur Verhütung der Weiterverbreitung: Hygienemaßnahmen erstrecken sich (neben der dermatologischen Behandlung) 252 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk besonders auf die Vernichtung der Parasiten in Kleidung, Wäsche und Gebrauchsgegenständen (siehe oben). Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Siehe oben. Aufgaben des Amtsarztes: Beratung bei Ausbruchsgeschehen in öffentlichen Einrichtungen unter Miteinbeziehung des Schularztes. Meldepflicht: Keine. rankheit Referenzzentrum: Keines Ansprechpartner: Ruckenbauer Gerald Institut für Hygiene der Medizinischen Universität Graz Universitätsplatz 4, 8010 Graz Tel.: 0 31 6/380-43 89 E-Mail: [email protected] Dort erhältlich: Merkblatt zur Bekämpfung der Läuse. 253 en Informationsblatt: Kopfläuse Allgemeines zur Laus Kopfläuse sind Hautparasiten des Menschen und sind weltweit verbreitet. Sie werden etwa 30 Tage alt und verbringen ihr ganzes Leben auf dem Kopf dieser. Sie ernähren sich nur von seinem Blut. Ohne menschliches Blut sterben sie nach spätestens zwei Tagen ab. Aus einem Laus-Ei (Nisse) schlüpft nach 7 bis 10 Tagen eine junge Laus. Nach weiteren 7 bis 10 Tagen ist die Laus geschlechtsreif. Geschlechtsreife Weibchen legen etwa 2-9 Eier pro Tag, vorzugsweise an den Schläfen, hinter den Ohren und im Nacken, ab. Diese haben eine ovale Form und werden mit einem wasserunlöslichen Klebstoff in unmittelbarer Kopfhautnähe am Haarschaft angeklebt. Kopfläuse können weder springen oder fliegen, sind aber sehr gute Läufer und Kletterer. Übertragung Die Übertragung erfolgt fast ausschließlich durch direkten Kontakt von Mensch zu Mensch, oder in selteneren Fällen, indirekt durch mit Läusen behaftete Kämme, Haarbürsten, Kopfbedeckungen, Schals, Kissen, Decken, Bettwäsche u.a. Dabei haben Kopfläuse nicht unbedingt etwas mit schlechten hygienischen Bedingungen zu tun. Läuse sind keine Überträger von Krankheiten, auch eine Übertragung durch Haustiere ist nicht möglich. Behandlung Für eine erfolgreiche Behandlung mit einem Lausschampoo lassen Sie sich bei der Auswahl des Mittels am besten in der Apotheke beraten und lesen sie die Hinweise in der Gebrauchsanweisung bzw. im Beipacktext! Ein Kopflausbefall muss unverzüglich behandelt werden! Die Bekämpfung der Läuse darf sich nicht nur auf die befallenen Personen beschränken, sondern muss auch alle Kontaktpersonen einschließen. Tägliches Haarewaschen mit einem „normalen“ Haarschampoo schützt nicht vor einem Befall. Da ein 100%iges Abtöten der Nissen mittels Lausschampoo nicht gewährleistet ist, sollten die Haare nach dem Waschen mit einem Nissenkamm durchgekämmt werden, um diese zu entfernen. Eine Spülung mit Essigwasser (1 Teil (Speise)Essig, 2 Teile Wasser) erleichtert das Ablösen dieser. Nach neuesten Erkenntnissen, die für alle Lausmittel gelten, ist die Behandlung im Intervall 1., 4., 8. Tag die derzeit beste Methode um Läuse und deren Nissen zu beseitigen. Weitere Maßnahmen: Lange Haare sollten zusammengebunden werden Wechsel von Handtüchern, Leib- und Bettwäsche Handtücher, Leib- und Bettwäsche bei einer Mindesttemperatur von 60°C waschen. Unter Einhaltung dieser Temperatur sind 15 Min ausreichend. Bei Oberbekleidung, Kopfbedeckungen und Schals ebenso verfahren oder sie in einem gut schließbaren Plastikbeutel bzw. -sack mindestens 3 Wochen aufbewahren (Zimmertemperatur, optimal wären Temperaturen > 24°C). Läuse auf Kleidungsstücken können auch mit feuchter Hitze (Dampf 75°C über 20 Min) oder trockener Hitze (Heißluft 45°C über 60 Min) abgetötet werden. Ein Besprühen der Oberbekleidung mit läusetötenden Mitteln wäre eine weitere Variante. Nicht waschbare textile Gegenstände (z.B. textiles Spielzeug) können auch in Kälteboxen eingebracht und bei Temperaturen unter -10°C bis -15°C eingefroren werden. Sie sollten dann mindestens 24 Stunden diesem Temperaturniveau ausgesetzt sein. Matratzen, Rückenlehnen an Stühlen, Sofas und Sesseln sollten mit dem Staubsauger gründlich abgesaugt werden. Ggf. wäre auch ein Besprühen mit läusetötenden Mitteln denkbar. Entwesen von Kämmen, Haar- und Kleiderbürsten, Haarspangen, etc. durch Einlegen in mindestens 60°C heißes Seifenwasser über 15 Minuten. präventive Maßnahmen Die Prophylaxe richtet sich in erster Linie auf einer guten Information über die Lebensweise der Parasiten und die ergänzenden Maßnahmen, die für eine erfolgreiche Bekämpfung dieser, notwendig sind. Vorbeugende Behandlungen mit einem Lausshampoo sind nicht sinnvoll und sollten unterlassen werden. 254 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk In Kindergärten und Schulen sollten Merkblätter an die Eltern und Schüler verteilt werden. Auch die Zusammenarbeit mit Schulärzten sollte gesucht werden! Die beste Vorbeugung ist die regelmäßige Kontrolle der Haare!!! Kontaktadressen Ruckenbauer Gerald, Institut für Hygiene der Medizinischen Universität Graz Universitätsplatz 4, 8010 Graz Tel.: 0 31 6/380-43 89 E-Mail: [email protected] 255 255 rankheit en Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk MRSA-Infektion rankheit Erreger: Staphylococcus aureus Staphylokokken sind klasssische Eitererreger und gehören zu den häufigsten und gefährlichsten Erregern nosokomialer Infektionen. In vielen Kliniken stellen dabei vor allem Methicillin-resistente S. aureus (MRSA) ein Problem dar, besonders betroffen sind davon vor allem chirurgische Stationen, intensivmedizinische bzw. Verbrennungseinheiten und Einheiten mit Patienten mit Langzeitbetreuung. Resistenzmechanismus: In Abhängigkeit vom Selektionsdruck durch antibakterielle Wirkstoffe tritt bei Staphylokokken vergleichsweise schnell eine Resistenzentwicklung durch Mutationen oder den Erwerb von Resistenzgenen ein. Das Resistenzverhalten bei MRSA ist durch das sog. mecA- Gen kodiert und führt zur Bildung von sog PBP2a (Penicllin-Binde-Proteinen 2a)- was zu einer Unempfindlichkeit der MRSA gegen sämtliche ß- Laktamantibiotika incl. Carbapeneme führt. Der Name der Methicillin Resistenz basiert dabei auf einem in den 60er Jahren eingeführten Antibiotikum, dem Methicillin, welches bald darauf durch das besser verträgliche Oxacillin ersetzt wurde. Im Sprachgebrauch hat sich aber der Name der Methicillin Resistenz erhalten. Neben der Resistenz gegen sämtliche ß- Laktamantibiotika zeigen MRSA- Stämme häufig aber auch Resistenzen gegen andere Antibiotika, wie z.B. Chinolone, Makrolidantibiotika oder Lincosamine. Eine Empfindlichkeit findet sich gegen Glykopeptidantibiotika (Ausnahme: VISA, Vancomycin intermediär empfindlicher S. aureus, ein MRSA Variante, die bei uns derzeit noch ganz selten isoliert wird) und Oxazolidinone, meist finden sich auch Empfindlichkeiten gegen Aminoglykoside, Tetracycline, Rifampicin oder Fusidinsäure. Bei der Überprüfung der Klonalität ( z. b. mittels PFGE) findet man häufig Epidemiestämme, wie den sog. „Berliner“ Epidemiestamm oder den „Barnim“ Epidemiestamm. Virulenz: Für die Normalbevölkerung gibt es keine klinischen oder mikrobiologischen Hinweise, dass MRSA Stämme virulenter sind als andere S.aureus Stämme. Sutdien bei MRSA-Patienten auf Intensivstationen zeigen aber, dass hier das Vorkommen bzw. die Koloniesation mit MRSA ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer MRSA-Infektion darstellt, verbunden mit einem deutlich erhöhten Komplikationsrisiko (z. B. Wundinfektionen, Sepsis). Vorkommen von S. aureus: S. aureus ist als normaler Kommensale der menschlichen Haut zu sehen, vorrangig besiedelt er die vordere Nasenhöhle, von dort ausgehend kann er aber auch andere Bereiche der Haut bzw. Schleimhäute besiedeln. Prädilektionsstellen sind der Nasenvorhof, Rachen, Achselhöhlen, Stirn- Haar Grenze und Perineum. Insgesamt findet man MRSA bei der gesunden Bevölkerung ausgesprochen selten. Die Besiedelung mit MRSA betrifft in erster Linie hospitalisierte Patienten bzw. in letzter Zeit vermehrt Patienten aus Alten- bzw. Pflegeheimen. Das Auftreten von MRSA in Krankenhäusern ist charakterisiert durch die vorrangige Übertragung durch die Hände des medizinischen Personals, die Möglichkeit einer monatelangen Persistenz bei nasaler Kolonisation bzw. bei Infektionen mit diesem Erreger sowie durch die hohe Umweltresistenz. Die relativ hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Trockenheit und Wärme erhält MRSA, genaus so wie andere Staphylokokken in der unbelebten Umgebung (z. B. Kittel, Luft, Oberfläche von Geräten, Instrumenten, Pflegeartikeln, Krankenhausinventar) längere Zeit – bis zu Monaten – lebens- und infektionsfähig. Epidemiologie: Länderweit variiert die Inzidenz der MRSA sehr stark, so gibt es Länder mit einer kaum mehr zu beherrschenden MRSA-Problematik, wie z. B. Japan, USA, Spanien oder Italien, mit einer MRSA-Nachweisrate von bis zu 60% aller S. aureusIsolate. In Ländern mit sehr strikten Kontroll- bzw. Präventionsstrategien, wie z. B. den Niederlanden oder skandinavischen Ländern, ist es dagegen gelungen, die MRSA-Nachweisraten auf wenige Prozente zu senken. 256 256 en Für Österreich werden vom Bundesministerium derzeit für Österreich MRSA-Nachweisraten bei S. aureus von etwa 20% ausgegeben, wobei es erfahrungsgemäß große regionale und hausspezifische Unterschiede gibt. Reservoir: Für S. aureus als Infektionserreger ist der Mensch das Hauptreservoir. Die Trägerrate variiert bei Erwachsenen zwischen 15% und 40%. Die Trägerrate ist höher bei Personen, die häufig gegenüber S. aureus exponiert sind und bei denen habituell oder chronisch eine Unterbrechung der Hautepithelintegrität vorhanden ist. So findet sich eine höhere Kolonisationsrate z. B. bei im Gesundheitswesen tätigen Personen, Patienten mit großflächigen Wunden, Patienten mit Tracheotomien, Dialysepatienten oder Diabetikern. Für MRSA gibt es keine Daten zur Kolonisation, einige Studien geben HInweise, dass besonders Patienten in der Langzeitbetreuung (Alters- und Pflegeheime, Rehabilitationszentren, allein durch ihr Patientengut ein Reservoir darstellen. MRSA positives Pflegepersonal findet man bei Screeninguntersuchungen aber nur ganz selten. cMRSA: Communitiy acquired Methicillin-resistenter S. aureus Seit einigen Jahren werden immer wieder MRSAStämme beobachtet, die nicht den klassischen Risikofaktoren für MRSA-Patienten(hospitalisierte Patienten, div. Grundkrankheiten, variierende Antibiotikatherapien etc.) entsprechen. Die klinische Beosonderheit dieser cMRSA liegt in der Fähigkeit des Keimes multiple, rezidivierende, meist tiefe Abszesse zu verursachen; Eintrittspforten sind häufig nicht erkennbar. Oft treten diese Infektionen bei Patienten auf, die keinerlei Kontakt zu medizinischen Eintrichtungen haben, sehr wohl kommen aber familiäre Häufungen vor bzw. es gibt Berichte über das gehäufte Auftreten von cMRSA-Infektionen in Personengruppen mit engem körperlichen Kontakt (Sportgruppen, Nahkampfsportler etc.). Vom Resistenzverhalten unterscheiden sich cMRSA von „normalen“ MRSA durch das charakteristische zusätzliche Auftreten einer Resistenz gegen Fusidinsäure. Erste Fallberichte wurden 1998 bei Kindern in den USA bekannt, mittlerweile gibt es Meldungen aus allen Kontinenten. Infektionsweg Entstehen von Infektionen: Wie bei S. aureus allgemein, können auch MRSA-Infektionen bei den betroffenen Patienten aus der eigenen Besiedlung hervorgehen, es handelt sich dann um endogene (autogene) Infektionen. Bei den exogenen Infektionen erfolgt die Übertragung von einem Patienten zum anderen am häufigsten durch die Hände des Pflege- und ärztlichen Personals. Ausgangspunkte für Infektionen sind vor allem intertriginöse Hautbereiche, Atemwegskolonisation, Wundsekrete sowie medizinische Geräte als Vehikel. Prädisponierend für MRSA-Infektionen sind vor allem Faktoren, wie lange Krankenhaus-Aufenthaltsdauer, lange und wechselnde Antibiotikatherapien, Vorhandensein von Fremdkörpern, wie z. B. Venenkathetern, Metalllegierungen (z. B. Gelenkersatz), Immunosuppression, Grunderkrankungen, wie Diabetes oder Dialysepflichtigkeit, sowie Verletzungen der Haut als äußere Barriere. Inkubationszeit: Bei Intoxikationen beträgt die Inkubationszeit wenige Stunden (etwa 2–6 Stunden), bei Infektionen 4–10 Tage. Bei Personen mit einer Kolonisation kann die Krankheit auch noch Monate später entstehen. Durch Persistenz von S. aureus an ursprünglichen Wund- oder Operationsgebieten kann der Erreger lange latent im Körper verbleiben und nach Monaten oder Jahren zu schweren Wund- oder Allgemeininfektionen (z. B. Septikämien) führen. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Eine Ansteckungsfähigkeit besteht während der Dauer klinisch manifester Symptome. Die Erreger können aber auch von klinisch gesunden Personen mit einer S. aureus-Kolonisation übertragen werden. Klinische Symptomatik: Die durch S. aureus einschließlich der MRSA verursachten Erkrankungen lassen sich in lokalisierte oder generalisierte pyogene Infektionen gliedern. Diagnostik: Die Diagnose von Staphylokokken erfolgt über die Anzucht der Erreger im mikrobiologischen Labor incl. der Durchführung und Angabe eines Antibiogramms. Die Abklärung einer epidemischen Ausbreitung kann über eine molekularbiologische Untersuchung, z. B. die PFGE (Pulsed Field Gelelectrophorese) erfolgen. Da diese nicht von allen Labors durchgeführt werden kann, ist eine 257 257 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk vorherige Kontaktaufnahme mit dem eigenen Labor zu empfehlen bzw. Rücksprache mit den jeweiligen Speziallabors zu halten. Maßnahmen bei Auftreten und Verbreitung von MRSA in klinischen Einrichtungen In Österreich liegt der derzeit erhobene Anteil der MRSA an allen Staphylokokkenisolaten aus Krankenhäusern bei etwa 20%, wobei z. T. sehr große regionale und hausinterne Unterschiede zu beobachten sind. Um Kreuzinfektionen mit MRSA zu vermeiden und da diese Infektion oft nur mit hoch potenten und sehr teuren Antibiotika (Vancomycin, Teicoplanin) behandelt werden können, hat das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz 1994 ein Merkblatt zur Vorgehensweise beim Auftreten von MRSA herausgegeben. Hierbei wurden auch die Empfehlungen der englischen Hospital Infection Society und der British Society for Antimicrobial Chemotherapy mit einbezogen. Im Folgenden sollen Erläuterungen zu den einzelnen Punkten gegeben werden sowie einige zusätzliche Empfehlungen ausgesprochen werden. Vorbemerkungen Alle MRSA-Patienten sollen wenn möglich isoliert werden, bei den unter Punkt 2 aufgeführten Lokalisationen (hier besteht die Gefahr der aerogenen Streuung) ist eine Isolierung unbedingt erforderlich Prinzipiell sollte bei jedem MRSA-Patienten ein Nasenabstrich durchgeführt werden (mit sterilem Tupfer beide Vestibuli nasi abstreichen). Bis zum Vorliegen des Befundes sollte der Patient einen Mund-Nasen-Schutz tragen (insbesondere bei Vorliegen einer Infektion des Respirationstraktes). Bei positivem Befund: Sanierung und Isolierung (siehe unten) Jedes Auftreten von MRSA sollte dem Krankenhaushygieniker bzw. dem hygienebeauftragten Arzt gemeldet werden. Des Weiteren wird empfohlen, ein hausinternes Meldesystem aufzubauen, um die Epidemiologie im Auge behalten zu können 1. Konsequentes Einhalten hygienischer Regeln in der täglichen Arbeit am Patienten, um infektiöse Kontakte zu minimieren, insbesondere: rankheit Händehygiene – Händedesinfektion: Vor und nach Kontakt mit MRSA-Patienten bzw. seiner unmittelbaren Umgebung und nach Ausziehen von Handschuhen – Auf Händeschütteln sollte unbedingt verzichtet werden – Einmalhandschuhe sind bei ärztlichen und pflegerischen Maßnahmen am Patienten sowie bei möglicher Kontamination zu verwenden Einmalschürzen infektiöse Abfälle richtig entsorgen – Kontaminierte Abfälle (z. B. Handschuhe, Verbände, Taschentücher etc.) und Textilien (Bettwäsche, Handtücher, Nachthemden etc.) sind im Zimmer in Säcke zu verbringen und verschlossen auf dem üblichen Weg zu entsorgen, wobei Staubaufwirbelungen zu vermeiden sind gebrauchte Instrumente richtig entsorgen Bettwäsche täglich wechseln 2. In Sonderfällen, wenn die Patienten den Keim stark in die Luft abgeben (z. B. MRSA-Pneumonie; starke Besiedelung der Atemwege; offene, MRSApositive Wunden; schuppende MRSA-positive Dermatosen), Patienten streng isolieren (Einzelzimmer mit Schleuse; volle Schutzkleidung für das Personal). Da in vielen Fällen ein Einzelzimmer mit Schleuse nicht zur Verfügung steht, wird man auf ein normales Einbettzimmer zurückgreifen müssen. Volle Schutzkleidung heißt in diesem Fall Mund-Nasen-Schutz: im Falle nasopharyngealer Besiedelung des Patienten ist die Gefahr der Kolonisierung des Personals im Nasen-RachenRaum gegeben, was hauptsächlich über die Hände zustande kommt Patientengebundener Übermantel, d. h. dass ein Übermantel im Patientenzimmer angezogen wird, bevor man an das Bett des Patienten herantritt und z. B. pflegerische Tätigkeiten oder eine körperliche Untersuchung durchführt. Dieser Übermantel soll im Patientenzimmer verbleiben und mindestens 1x täglich, auf Intensivstationen mindestens 3x täglich gewechselt werden Handschuhe: siehe Punkt 1 258 258 en Der Patient sollte an seinem Bett ein alkoholisches Händedesinfektionsmittel haben und angehalten werden, seine Hände mehrmals einer hygienischen Händedesinfektion zu unterziehen. sofort in verschlossenen Säcken der Wäscherei zuzuführen. Benötigte Pflegeutensilien (z. B. Blutdruckmessgerät, Stethoskop, Fieberthermometer, Salben etc.) bleiben im Patientenzimmer bzw. am Bett. 7. Wenn auf der Station Sekundärfälle mit Besiedelung oder Infektion durch MRSA auftreten, MRSA-Träger (andere Patienten, Personal) durch mikrobiologische Untersuchungen rasch erfassen und sanieren. Wenn weitere Infektionen oder Kolonisationen auf der Station festgestellt werden, sollte ein Screening aller Patienten, die mit dem MRSA-Träger im Zimmer waren bzw. Kontakt hatten, durchgeführt werden (Nasenabstriche siehe oben). Ein Sreening des Personals der Station sollte nur im Zusammenhang mit dem mikrobiologischen Labor, dem Krankenhaushygieniker bzw. dem hygienebeauftragten Arzt eingeleitet werden, da hierbei verschiedene epidemiologische Faktoren miteinbezogen werden müssen (bei Häufungen von MRSA-Fällen müssen Infektionsquellen eruiert werden). Beim Bettenmachen und bei der Verbandsvisite nur das benötigte Material mit ins Patientenzimmer nehmen. 3. Informationen aller Mitarbeiter des Bereiches, die den Keim übertragen könnten (Ärzte, Pflegepersonal, Physiotherapeuten, RTA, Stationsgehilfen...). Nicht zu vergessen: Information und Aufklärung auch des Patienten und der Besucher! 4. Vor Röntgenuntersuchung, Ambulanzbesuchen und Ähnlichem sowie vor Überstellung des Patienten auf eine andere Abteilung oder in ein anderes Spital: Empfangende Stellen vorinformieren, damit geeignete Vorkehrungen getroffen werden können (z. B. alles hygienisch Notwendige bereitstellen), Patienten als Letzten in der Gruppe bestellen und drannehmen. Patienten bei Transfer in Ambulanz, Röntgen, Untersuchungen etc. möglichst nicht mit anderen Patienten warten lassen! 5. Befreiung des Patienten von MRSA: Richtige Therapie (in Übereinstimmung mit bakteriologischen Befunden und in Absprache mit Mikrobiologen/Infektiologen). Bei Auftreten von MRSA soll eine Antibiotika-Therapie nur dann durchgeführt werden, wenn klinische Zeichen einer Infektion vorliegen, also in keinem Fall, wenn es sich nur um eine Kolonisierung des Patienten handelt tägliche Ganzkörper- und Haarwäsche mit Chlorhexidin-Seife nur bei Nachweis von MRSA auf der Haut (z. B. mit Hibiscrub) bei jeglichem MRSA-Nachweis in der Nase sollte eine Sanierung mit Mupirocin-Nasensalbe (Bactroban nasal) begonnen werden. Anwendungsempfehlung: 3x täglich über 5 Tage 6. Maßnahmen vor Transfer des Patienten: Patient: Mit Chlorhexidin-Seife baden und Haare waschen (siehe oben), frische Kleidung, Bett frisch überziehen, Läsionen dicht verbinden, bei respiratorischer Keimstreuung Gesichtsmaske. Die beim Patiententransport verwendete Wäsche ist danach Krankentransportpersonal: Einmalschürze oder Übermantel, Händehygiene. 8. Sanierung von Keimträgern unter dem Personal: Wenn aufgrund der epidemiologischen Situation Nasenabstriche beim Personal durchgeführt wurden und es wurden MRSA-Träger entdeckt, dann sollte dieses Personal auch mit Mupirocin-Nasensalbe behandelt werden. 24 Stunden nach Therapiebeginn besteht keine weitere Ansteckungsgefahr mehr; bis dahin: kein direkter Patientenkontakt bzw. Verwendung eines Mund-Nasen-Schutzes 9. Generelle Maßnahmen gegen die Ausbreitung resistenter Mikroorganismen: Alle unnötigen Antibiotika-Gaben unterlassen Hygiene im medizinischen Alltag konsequent einhalten Besonderheiten aufzeigen, die die Einhaltung der Regeln untergraben (z. B. gravierender Pflegepersonalmangel bei Nacht und an den Wochenenden; Situationen mit gravierendem Mangel an Reinigungspersonal usw) 10. Unbegründeten Ängsten begegnen: Gesunde Personen, medizinisches Personal und deren Angehörige sind nicht gefährdet! Beachtenswert ist allerdings, ob im Haushalt ein Angehöriger des Pflegedienstes lebt, der auf diese Weise zum MRSA-Träger werden könnte, oder ob ein naher 259 259 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Angehöriger gerade einem medizinischen Eingriff entgegensieht, der durch einen multiresistenten Hospitalismuskeim verkompliziert werden könnte (z. B. große orthopädische Operationen, stark immunsuppressive Behandlung). Weitere Maßnahmen Desinfektion: Tägliche Wischdesinfektion der horizontalen Flächen (inklusive Böden) in Zimmern mit MRSA-Patienten Nach Entlassung oder Verlegung des Patienten: gründliche Scheuer-Wisch-Desinfektion der gesamten Einrichtung und des Bodens Es ist keine Raum-Sprüh-Desinfektion erforderlich Dauer der Hygienemaßnahmen: Die hygienischen Maßnahmen können aufgehoben werden, wenn bei zwei Untersuchungen im Abstand von einer Woche kein MRSA mehr nachgewiesen werden kann Vorsicht: Es besteht die Möglichkeit von Rezidiven auch noch nach längeren MRSA-freien Perioden! Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle bei Ausbruchsgeschehen und ggf. Einleitung von Sanierungsmaßnahmen. Meldepflicht: Keine. Referenzzentrum: Keines Ansprechpartnerin: Ass.Profin. Drin. Andrea Grisold Leiterin des Arbeitskreises für MRSA Institut für Hygiene der Medizinischen Universität Graz Universitätsplatz 4, 8010 Graz Tel.: 0 31 6/380-43 83 E-Mail: [email protected] Merkblatt http://www.hygiene-graz.at/bakteriologie/ downloads.ihtm Dr. Michael Gehrer Institut für Krankenhaushygiene und Mikrobiologie der KAGes Stiftingtalstraße 14, 8036 Graz, Tel.: 0 31 6/340-57 00 E-Mail: [email protected] 260 260 rankheit en 261 261 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Mumps (Parotitis epidemica) rankheit Erreger: Das Mumpsvirus ist ein umhülltes einsträngiges RNA-Virus aus der Familie der Paramyxoviridae. Von Mumpsviren ist nur ein Serotyp bekannt. Mögliche Kreuzreaktionen mit dem Parainfluenzavirus sind zu beachten. Obwohl Mumpsviren genetisch nur relativ geringfügig variieren, lassen sich durch Sequenzvergleiche Unterschiede zwischen einzelnen Stämmen feststellen. Damit ist auch eine Unterscheidung zwischen Impf- und Wildvirus möglich, was bei der Beurteilung eventueller Impfkomplikationen von Bedeutung ist. Vorkommen: Infektionen mit dem Mumpsvirus sind weltweit endemisch verbreitet und betreffen in ungeimpften Populationen überwiegend das Kindes- und Jugendalter. Sie treten während des ganzen Jahres, jedoch gehäuft im Winter und Frühjahr auf. Reservoir: Der Mensch ist das einzige Erregerreservoir. Infektionsweg: Die Übertragung erfolgt vor allem aerogen durch Tröpfcheninfektion, seltener durch mit Speichel kontaminierte Gegenstände. Die mögliche Virusausscheidung im Urin und in der Muttermilch hat keine praktische Bedeutung für die Übertragung. Inkubationszeit: Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 16–18 Tage (12–25 Tage sind möglich). Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Die Ansteckungsfähigkeit ist 2 Tage vor bis 4 Tage nach Erkrankungsbeginn am größten. Insgesamt kann ein Infizierter 7 Tage vor bis 9 Tage nach Auftreten der Parotisschwellung ansteckend sein. Auch klinisch inapparente Infektionen sind ansteckend. Klinische Symptomatik: Mumps ist eine systemische Infektionskrankheit. Sie führt in der Regel zu lebenslanger Immunität; Zweiterkrankungen sind möglich, aber selten. Mindestens 30–40% der Infektionen verlaufen subklinisch. Besonders bei Kindern unter 5 Jahren kann die Mumpsinfektion unter dem Bild einer akuten respiratorischen Erkrankung ablaufen (40– 50% der Fälle). Das typische Erkrankungsbild ist eine Entzündung der Speicheldrüsen – Sialadenitis (ein- oder doppelseitiger Befall der Glandula parotis, teilweise auch Glandula submandibularis oder Glandula sublingualis) – in Verbindung mit Fieber. Auch andere Drüsen können betroffen sein. Zu den wichtigsten Komplikationen gehört eine seröse Meningitis (klinisch auffällig in etwa 3– 10% der Fälle, sehr viel häufiger unbemerkt). Die Mumpsmeningitis kann in Verbindung mit einer Akustikus-Neuritis und Labyrinthitis sehr selten eine Innenohrschwerhörigkeit zur Folge haben (1 Fall auf 10.000 Erkrankte). Seltenere Manifestationen, vor allem postpubertär, sind Pankreatitis, Orchitis, Epididymitis, Oophoritis oder Mastitis. Die Orchitis kann in seltenen Fällen zur Sterilität führen. Sehr seltene Komplikationen sind: Thyreoiditis, Myelitis, Myokarditis, Arthritis, Entzündungen an den Augen und Nieren und eine thrombozytopenische Purpura. Unter den sehr seltenen Komplikationen hat die Meningoenzephalitis eine besondere Bedeutung, sie führt in 50% der Fälle zu Dauerschäden. Bemerkenswert ist, dass alle Manifestationen und Komplikationen auch ohne manifeste Parotitis auftreten können. In der Schwangerschaft kann die Erkrankung, vor allem wenn sie während des 1. Trimesters auftritt, zu Spontanaborten führen. Fetale Missbildungen oder Frühgeburten sind nicht bekannt. Die Dauer der manifesten Erkrankung beträgt in der Regel 3–8 Tage. Mit zunehmendem Lebensalter werden schwere Verlaufsformen, z. B. Manifestationen am ZNS, häufiger. Die Zahl der Krankenhausbehandlungen wegen Mumps ist in den letzten Jahren zurückgegangen. Diagnostik: Bei klassischem Verlauf mit Parotitis ist eine Labordiagnostik nicht erforderlich, da die Diagnose aufgrund des klinischen Bildes gestellt wird. Bei atypischen Verläufen empfiehlt es sich, die Diagnose serologisch zu bestätigen. Differenzialdiagnose: Lymphadenitis colli, Maligne Diphtherie mit periglandulärem Ödem, Suppurative Parotitis (bei Speichelsteinen), Tumoren. 262 262 en Therapie: Die Therapie ist ausschließlich symptomatisch (z. B. Analgetika, Antipyretika). Präventiv- und Bekämpfungsmaßnahmen: Die wirksamste präventive Maßnahme ist die Schutzimpfung gegen Mumps mit einem Lebendimpfstoff, der kombiniert mit dem Impfstoff gegen Masern und Röteln in der trivalenten Vakzine (MMR) enthalten ist. Diese Impfung wird so im Österr. Impflan empfohlen. Arbeitsmedizinische Impfindikationen bestehen für ungeimpfte bzw. empfängliche Personen in Einrichtungen der Pädiatrie, in Kindereinrichtungen (Vorschulalter) und Kinderheimen. Anzumerken ist, dass Erkrankungen Geimpfter möglich, aber selten sind. Maßnahmen für Patienten: An Mumps erkrankte Patienten sollten bei stationärer Behandlung von anderen Patienten getrennt untergebracht werden. Eine Wiederzulassung zu Gemeinschaftseinrichtungen kann nach Abklingen der klinischen Symptome, frühestens 9 Tage nach Ausbruch der Erkrankung erfolgen. Maßnahmen bei Kontaktpersonen: Personen, die in der Wohngemeinschaft Kontakt zu einer ärztlich bestätigten Mumpserkrankung (oder einem Verdachtsfall) hatten, dürfen eine Gemeinschaftseinrichtung für die Dauer der mittleren Inkubationszeit von 18 Tagen nicht besuchen oder nicht in ihr tätig sein. Dies entfällt, wenn sie nachweislich früher bereits an Mumps erkrankt waren, früher bereits geimpft wurden (bei nur einmaliger Impfung wird aktuell die 2. Dosis gegeben) sowie nach postexpositioneller Schutzimpfung, falls diese innerhalb von 3 (maximal 5) Tagen nach erstmals möglicher Exposition erfolgte. Maßnahmen bei Ausbrüchen: Ausbrüche in Gemeinschaftseinrichtungen sind über die Mitteilungspflicht der Leitung der Einrichtung dem zuständigen Gesundheitsamt zur Kenntnis zu bringen. Wird ein örtlich gehäuftes Auftreten von Mumpserkrankungen außerhalb einer Gemeinschaftseinrichtung durch einen Arzt festgestellt, sollte dieser das zuständige Gesundheitsamt informieren. Neben der beratenden Tätigkeit können ggf. Maßnahmen zur Verhütung der Weiterverbreitung eingeleitet oder auch kontrolliert werden. Eine postexpositionelle Impfung wird als Riegelungsimpfung zur Bekämpfung von Ausbrüchen besonders in Kindereinrichtungen bei ungeimpften bzw. einmal geimpften Kindern mit aktuellem Kontakt zu an Mumps erkrankten Personen empfohlen. Je nach Impfanamnese wird die erste oder zweite MMR-Impfung gegeben. Zur Verhütung von Folgeerkrankungen der zweiten Generation sollte die postexpositionelle Impfung innerhalb von 3 Tagen (maximal 5 Tagen) nach erstmals möglicher Exposition durchgeführt werden. Bei Häufungen in Kindereinrichtungen und Schulen sind Riegelungsimpfungen in der Regel auch nach dem optimalen Zeitpunkt noch sinnvoll, weil dadurch Kontaktfälle, die von den Erkrankten der zweiten Generation ausgehen könnten, verhindert werden. Erkrankungsfälle in Kindereinrichtungen und Schulen sollten grundsätzlich dazu genutzt werden, den Impfstatus im Umfeld zu kontrollieren und ggf. durch Impfung zu aktualisieren. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Nach Abklingen der klinischen Symptome, frühestens neun Tage nach Auftreten der Parotisschwellung. Ein schriftliches ärztliches Attest ist nicht erforderlich. Ausschluss von Ausscheidern: Entfällt. Ausschluss von Kontaktpersonen: Nicht erforderlich bei bestehendem Impfschutz, nach postexpositioneller Schutzimpfung oder nach früher durchgemachter Krankheit. Sonstige Personen sollen für die Dauer der mittleren Inkubationszeit von 18 Tagen vom Besuch der Einrichtung ausgeschlossen werden. Hygienemaßnahmen zur Verhütung von Infektionen: Wirksame hygienische Maßnahmen sind nicht bekannt. Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Alle exponierten und empfänglichen Personen einer Gruppe sollten so früh wie möglich eine Inkubationsimpfung erhalten. Meldepflicht: Nur bei Ausbrüchen in Gemeinschaftseinrichtungen. Aufgaben des Amtsarztes: Surveillance und Beratung bei Ausbruchsgeschehen in öffentlichen Einrichtungen. 263 263 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Refererenzzentrum Klinisches Institut für Virologie der MedizinischenUniversität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Heidemarie Holzmann Univ.-Prof. Dr. Theresia Popow-Kraupp Tel.: 01/404 90-79 501 Fax: 01/40490-9795 E-Mail: [email protected] [email protected] 264 264 rankheit en 265 265 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Norovirus-Infektion rankheit Erreger: Noroviren, Familie Caliciviridae Vorkommen: Weltweit. Bei Säuglingen und Kleinkindern stellen sie nach den Rotaviren die zweithäufigste Ursache akuter Gastroenteritiden dar, bei älteren Kindern und Erwachsenen die häufigste. Noroviren sind für einen Großteil der nicht bakteriell bedingten Gastroenteritis-Erkrankungen bei älteren Kindern (ca. 30%) und bei Erwachsenen (bis zu 50%) verantwortlich. Norwalk-bzw. Noroviren sind häufige Ursache von akuten Gastroenteritis-Ausbrüchen in Gemeinschaftseinrichtungen wie Alten-, Pflege- und Kinderheimen, können aber auch für sporadische Gastroenteritiden verantwortlich sein. Bei Säuglingen und Kleinkindern stellen sie nach den Rotaviren die zweithäufigste Ursache akuter Gastro-enteritiden dar. Infektionen mit Viren der Noroviren können das ganze Jahr über auftreten, wobei eine saisonale Häufung in den Wintermonaten zu beobachten ist. Reservoir: Der Mensch ist das einzige bekannte Reservoir des Erregers. Infektionsweg: Die Viren werden im Stuhl des Menschen in sehr großer Menge ausgeschieden. Die Übertragung erfolgt überwiegend fäkal-oral. Die größte Rolle spielt die direkte Übertragung von Mensch zu Mensch. Allerdings können Infektionen oder Ausbrüche auch von kontaminierten Speisen (Salate, Krabben, Muscheln u. a.) oder Getränken (verunreinigtes Wasser!) ausgehen. Ebenso können kontaminierte Gegenstände eine Übertragung ermöglichen. Die Infektiosität ist sehr hoch, die minimale Infektionsdosis liegt bei 10–100 Viruspartikeln und ist damit sehr gering. Die sehr rasche Infektionsausbreitung innerhalb von Gemeinschaften lässt darauf schließen, dass neben der fäkal-oralen Übertragung auch andere Übertragungswege möglich sind, z.B. wird eine aerogene Übertragung durch Bildung virushaltiger Aerosole während des Erbrechens angenommen. Inkubationszeit: 15 bis 48 Stunden. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Personen sind während der akuten Erkrankung und mindestens bis zu 48 Stunden nach Sistieren der klinischen Symptome ansteckungsfähig. Klinische Symptomatik: Noroviren verursachen akut beginnende Gastroenteritiden, die durch Erbrechen und starke Durchfälle gekennzeichnet sind und zu einem erheblichen Flüssigkeitsdefizit füh- ren können. In der Regel besteht ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl mit abdominalen Schmerzen, Übelkeit, Kopfschmerzen, Myalgien und Mattigkeit. Die Temperaturen können etwas erhöht sein, jedoch kommt es meist nicht zu hohem Fieber. Wenn keine begleitenden Grunderkrankungen vorliegen, bestehen die klinischen Symptome etwa 12 bis 72 Stunden. Die Krankheit kann auch leichtere oder asymptomatische Verläufe aufweisen. Diagnostik: Der Nachweis von Noroviren im Stuhl ist nur in Speziallaboratorien möglich. Noroviren können wie Caliciviren generell mittels Elektronenmikroskopie (EM) und Immunelektronenmikroskopie (IEM) im Stuhl von Patienten nachgewiesen werden. Enzym-Immunoassays [EIAs] für den Antigennachweis aus dem Stuhl haben sich aufgrund der ausgeprägten antigenen Variabilität der humanen Caliciviren sowie der begrenzten Nachweisempfindlichkeit bisher nicht durchgesetzt. Als Methode der Wahl wird zur Diagnostik der Noroviren derzeit die RT-PCR eingesetzt. Dabei wird die virale RNA nach reverser Transkription durch die Poymerasekettenreaktion amplifiziert und kann somit detektiert werden. Diese Methode bietet die Möglichkeit zur Sequenzierung der PCR-Produkte, wodurch eine Feintypisierung in verschiedene Subtypen möglich ist. Gegenwärtig werden Noroviren in zwei Genogruppen unterteilt: GGI und GGII; innerhalb diese Genogruppen wird zwischen sieben bzw. acht Genotypen unterschieden. Therapie: In der Regel reicht eine ambulante Behandlung aus. Die Therapie erfolgt symptomatisch durch Ausgleich des z. T. erheblichen Flüssigkeitsund Elektrolytverlustes. Eine kausale antivirale Therapie steht nicht zur Verfügung. Präventive Maßnahmen: Eine Impfung steht nicht zur Verfügung. Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen: Erkrankte Personen sollten in der akuten Erkrankungsphase Bettruhe einhalten und bis zu 48 Stunden nach Sistieren der klinischen Symptome den Kontakt mit anderen Personen möglichst einschränken. Eine Ansteckungsfähigkeit besteht wahrscheinlich erst mit Beginn der akuten Erkrankung, so dass für nicht erkrankte Kontaktpersonen keine Maßnahmen erforderlich sind. Allerdings besteht eine Ansteckungsfähigkeit bereits bei Auftre- 266 266 en ten geringer gastrointestinaler Beschwerden.steht eine Ansteckungsfähigkeit bereits bei Auftreten geringer gastrointestinaler Beschwerden. Maßnahmen bei Ausbrüchen: Bei Ausbrüchen ist es wichtig, die Infektionsquelle schnell zu erkennen. Kommen als Ursache kontaminiertes Essen oder Getränke in Frage, müssen umgehend Maßnahmen eingeleitet werden, um das Wirken dieser Quelle auszuschalten. Zur Vermeidung einer fäkal-oralen Übertragung ist die Einleitung umfangreicher Hygienemaßnahmen (Tragen von Handschuhen und Schutzkitteln, Absonderung der erkrankten Personen, zusätzliche Reinigung der Toiletten, intensivierte Hände-hygiene) erforderlich. In Anbetracht der hohen Kontagiosität des Noroviren sind diese Maßnahmen jedoch nur begrenzt wirksam. In der Praxis wird immer wieder beobachtet, dass mit gründlichen Hygienemaßnahmen weitere Erkrankungen nicht immer verhindert werden können. In Gemeinschaftseinrichtungen wie Krankenhäusern und Altenheimen sollten Patienten-, Bewohner- und Personalbewegungen innerhalb der Stationen möglichst eingeschränkt werden, um eine Ausbreitung zwischen einzelnen Stationen und Bereichen der Einrichtung weitgehend zu minimieren. Erkranktes Personal sollte auch bei geringen gastrointestinalen Beschwerden von der Arbeit freigestellt werden und erst frühestens 2 Tage nach Ende der klinischen Symptomatik die Arbeit wieder aufnehmen. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Nach Abklingen des Durchfalls (geformter Stuhl) bzw. des Erbrechens (gerade Noroviren werden mit Erbrochenem ausgeschieden und über Aerosole übertragen). Ein schriftliches ärztliches Attest ist nicht erforderlich. Ausschluss von Ausscheidern: Entfällt. Ausschluss von Kontaktpersonen: Nicht erforderlich, solange keine enteritischen Symptome auftreten. Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Es ist keine wirksame Prophylaxe bekannt. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle bei Ausbruchsgeschehen und Beratung im Sinne der oben angeführten Maßnahmen. Meldepflicht: Keine. Falldefinition nach RKI Klinisches Bild: Klinisches Bild vereinbar mit einer Erkrankung durch Norovirus Viren, charakterisiert durch Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen, geringgradiges Fieber, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen. Labordiagnostischer Nachweis (nur aus Stuhl) Positiver Befund mit mindestens einer der nachfolgend aufgeführten Methoden: Nukleinsäure-Nachweis (z. B. PCR) Elektronenmikroskopie/Immunelektronenmikroskopie Antigen-Nachweis (z. B. ELISA/RIA) Fallklassifizierung Klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit einer Erkrankung durch Norovirus und Nachweis eines epidemiologischen Zusammenhangs mit einer durch labordiagnostischen Nachweis bestätigten Infektion (Inkubationszeit ca. 15 - 48 Stunden). Epidemiologischer Zusammenhang: Menschzu-Mensch-Übertragung oder gemeinsame Expositionsquelle wie z. B. kontaminierte Lebensmittel Klinisch und durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit einer Erkrankung durch Noroviren und labordiagnostischer Nachweis Durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte asymptomatische Infektion: Labordiagnostischer Nachweis bei fehlendem klinischem Bild Nur durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Infektion: Labordiagnostischer Nachweis vorhanden, Angaben zum klinischen Bild nicht ermittelbar Referenzzentrum AGES-Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene Graz Beethovenstrasse 6, 8010 Graz Tel.: 0316 32 16 43 0 Fax: 0316 38 84 70 E-Mail.: [email protected] Ansprechpartnerin: Mag.Dr. Ingeborg Lederer In der Steiermark: Meldung bei Ausbruchsgeschehen durch das Labor direkt an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. 267 267 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Rotavirus-Infektion rankheit Erreger: Rotaviren gehören zur Familie Reoviridae. Man unterscheidet 7 Serogruppen (A–G). Rotaviren der Gruppe A kommt weltweit die größte epidemiologische Bedeutung zu. Vorkommen: Weltweit lösen Rotaviren mehr als 70% der schweren Durchfallerkrankungen bei Kindern aus und sind damit die häufigste Ursache von Darminfektionen in dieser Altersgruppe. In den westlichen Industrieländern erkranken am häufigsten Säuglinge und Kinder im Alter von 6 Monaten bis zu 2 Jahren. Dies basiert auf einer besonders hohen Empfänglichkeit aufgrund noch fehlender Immunität (im Laufe der ersten Lebensjahre werden infolge von Kontakten mit dem Erreger rasch zunehmend Antikörper gebildet). Bei Neugeborenen und Kleinkindern sind Rotaviren die Hauptursache für nosokomiale Darminfektionen. Die Erkrankungshäufigkeit ist in den Wintermonaten am größten, weil die Übertragung des Virus in geschlossenen Räumen, speziell auch bei trockener Raumluft, effizienter ist. Im Erwachsenenalter treten Erkrankungen – meist milder verlaufend – vor allem als Reisediarrhöe, bei Eltern erkrankter Kinder oder im Rahmen von Ausbrüchen in Altenheimen in Erscheinung. Reservoir: Hauptreservoir für Rotaviren ist der Mensch. Rotaviren sind auch bei Haus- und Nutztieren gefunden worden, doch besitzen die hier vorkommenden Viren offensichtlich keine größere Bedeutung für Erkrankungen von Menschen. Infektionsweg: Rotaviren werden fäkal-oral besonders durch Schmierinfektion, aber auch durch kontaminiertes Wasser und Lebensmittel übertragen. Obwohl sich die Viren im Respirationstrakt nicht vermehren, können sie in der akuten Phase der Erkrankung auch in Sekreten der Atemwege ausgeschieden werden, so dass auch eine aerogene Übertragung möglich ist. Das Virus ist sehr leicht übertragbar; bereits 10 Viruspartikel reichen aus, um ein Kind zu infizieren. Bei akut Infizierten werden 109–1011 Viren pro g Stuhl ausgeschieden. Subklinisch Erkrankte (vor allem Neugeborene und Erwachsene) sind als Überträger des Virus wichtig. Inkubationszeit: Die Inkubationszeit beträgt 1 bis 3 Tage. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Eine Ansteckungsfähigkeit besteht während des akuten Krankheitsstadiums und solange das Virus mit dem Stuhl ausgeschieden wird. In der Regel erfolgt eine Virusausscheidung nicht länger als 8 Tage, in Einzelfällen (z. B. Frühgeborene, Immundefiziente) wurden jedoch auch Virusausscheidungen bis zu 30 Tagen beobachtet. Klinische Symptomatik: Die Symptomatik der Rotavirus-Infektionen reicht von subklinischen Infektionen über leichte Diarrhöen bis zu schweren Erkrankungen. Die Erkrankung beginnt akut mit wässrigen Durchfällen und Erbrechen. Im Stuhl findet man oft Schleimbeimengungen. Fieber und abdominelle Schmerzen können auftreten. Die Rotavirus-bedingte Enteritis kann klinisch nicht von anderen infektionsbedingten Gastroenteritiden unterschieden werden. Sie verläuft bei Säuglingen und Kleinkindern durchschnittlich schwerer als Durchfallerkrankungen durch andere Erreger. Die gastrointestinalen Symptome bestehen in der Regel 2 bis 6 Tage. In mehr als der Hälfte der Fälle sind unspezifische respiratorische Symptome zu beobachten. Kompliziert sind die Erkrankungen, in deren Verlauf es zur Dehydratation kommt (insbesondere bei Säuglingen). Diese kann, wenn nicht rechtzeitig adäquat behandelt wird, zur Todesursache werden. Nach Ablauf der Infektion lässt sich eine im Wesentlichen serotypspezifische, humorale Immunität nachweisen. Diagnostik: Die labordiagnostische Methode der Wahl ist der Nachweis eines gruppenspezifischen Antigens des inneren Kapsids aus dem Stuhl mit dem Enzym-Immun-Test. Therapie: In der Regel ist eine orale Substitution von Flüssigkeit und Elektrolyten ausreichend. Nur in seltenen Fällen ist eine intravenöse Flüssigkeitszufuhr erforderlich. Eine virustatische Therapie existiert nicht. Antibiotika und Mittel, die die Darmmotilität hemmen, sind nicht indiziert. 268 268 en Die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung ergibt sich aus der Symptomatik. Präventive Maßnahmen: Eine Impfung steht demnächst auch in Österreich zur Verfügung. Die Ausbreitung von Rotavirus-Infektionen in Kinderkliniken, Kindergärten und ähnlichen Einrichtungen kann nur durch das strikte Befolgen konsequenter Hygienevorschriften verhindert werden. Ziel ist es, den fäkal-oralen Übertragungsweg zu unterbrechen. Die Händehygiene muss besonders beachtet werden! Praxiserfahrungen zeigen, dass Folgeinfektionen u. U. nur sehr schwer zu verhindern sind. Das Virus bleibt auf kontaminierten Oberflächen oder Händen lange infektiös. Aufgaben des Amtsarztes: Erhebung der Infektionsquelle bei Ausbruchsgeschehen und ev. Einleitung von Maßnahmen wie oben angeführt, zur Verhinderung von weiteren Infektionen. Meldepflicht: Keine. In der Steiermark: Bei Verdacht auf Ausbruchsgeschehen Meldung durch das Labor direkt an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Falldefinition nach RKI Klinisches Bild: Klinisches Bild vereinbar mit einer Rotavirus-Erkrankung, charakterisiert durch wässrigen Durchfall, Erbrechen, Fieber, typischerweise mit hohem Flüssigkeitsverlust. Labordiagnostischer Nachweis Zur Desinfektion sind nur Präparate mit nachgewiesener Viruswirksamkeit zulässig, zur Händedesinfektion sind das Präparate auf der Basis von Chlor und bestimmten Alkoholen (siehe Expertisenverzeichnis der ÖGHMP oder Liste der vom RKI geprüften Desinfektionsmittel und -verfahren). Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen: Im Krankenhaus sollen erkrankte Kinder isoliert und von separaten Pflegepersonen versorgt werden. Eltern, die zur Betreuung ihrer Kinder mit in ein Krankenhaus aufgenommen werden, müssen sich den geltenden strengen Hygienevorschriften mit unterziehen. In der häuslichen Pflege ist eine gründliche Händehygiene ausreichend. Die zusätzliche Verwendung von Handschuhen ist nur für den Windelwechsel notwendig. Für andere Kontaktpersonen sind keine besonderen Maßnahmen erforderlich. Maßnahmen bei Ausbrüchen: Gastroenteritisausbrüche erfordern zur Klärung der Ursache die unverzügliche Labordiagnostik bei einzelnen typisch Erkrankten. Treten in Einrichtungen gehäuft Rotavirus-Infektionen auf, müssen Infektionsquellen und mögliche Übertragungsfaktoren schnell ermittelt werden, um möglichst effiziente Maßnahmen zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung einleiten zu können. Positiver Befund mit mindestens einer der nachfolgend aufgeführten Methoden: Antigen-Nachweis (z. B. ELISA) Nukleinsäure-Nachweis (z. B. PCR) Elektronenmikroskopie Fallklassifizierung Klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit einer RotavirusErkrankung und Nachweis eines epidemiologischen Zusammenhangs mit einer durch labordiagnostischen Nachweis bestätigten Infektion (Inkubationszeit ca. 24–72 Stunden) Epidemiologischer Zusammenhang: Mensch-zu-Mensch-Übertragung, wie z. B. auch das Wickeln von Säuglingen/Kleinkindern Klinisch und durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit einer RotavirusErkrankung und labordiagnostischer Nachweis Durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte asymptomatische Infektion: Labordiagnostischer Nachweis bei fehlendem klinischem Bild Nur durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Infektion: Labordiagnostischer Nachweis vorhanden, Angaben zum klinischen Bild nicht ermittelbar 269 269 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Referenzzentrum: keines Klinisches Institut für Virologie der Medizinischen Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartnerin: Prof. Heidemarie Holzmann, Dr. Stephan Aberle Tel.: 01 404 90 79500 (Sekretariat) Fax: 01 40490 - 9795 E-Mail.: [email protected] 270 270 rankheit en 271 271 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Röteln (Rubella) rankheit Erreger: Das Rötelnvirus ist ein genetisch stabiles RNA-Virus, das der Familie der Togaviridae dem Genus Rubivirus zugeordnet wird Vorkommen: Das Rötelnvirus ist weltweit endemisch verbreitet. In Populationen, in denen nicht geimpft wird, erfolgen 80–90% der Infektionen im Kindesalter. In gemäßigten Klimazonen wird im Frühjahr die höchste Erkrankungshäufigkeit beobachtet. Reservoir: Der einzige natürliche Wirt ist der Mensch. Infektionsweg: Die Übertragung erfolgt aerogen durch Tröpfcheninfektion. Das Virus dringt in die Schleimhaut des oberen Respirationstraktes ein, vermehrt sich vornehmlich im lymphatischen Gewebe und führt zu einer ausgeprägten Virämie mit der Möglichkeit der diaplazentaren Übertragung in der Schwangerschaft. Inkubationszeit: Die Inkubationszeit beträgt 14 bis 21 Tage. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Die Ansteckungsfähigkeit besteht bereits eine Woche vor Ausbruch des Exanthems und dauert bis zu einer Woche nach dem Auftreten des Exanthems. Klinische Symptomatik: Die Röteln sind eine klassische „Kinderkrankheit“. Etwa 50% der Infektionen im Kindesalter verlaufen asymptomatisch. Die Erkrankung ist durch ein kleinfleckiges makulöses oder makulopapulöses Exanthem gekennzeichnet, das im Gesicht beginnt, sich über Körper und Extremitäten ausbreitet und nach 1–3 Tagen wieder verschwindet. Weiter können Kopfschmerzen, subfebrile Temperaturen, Lymphknotenschwellungen (besonders der nuchalen und retroaurikulären Lymphknoten), ein leichter Katarrh der oberen Luftwege und eine Konjunktivitis auftreten. Seltene (jedoch mit zunehmendem Lebensalter der erkrankten Person häufigere) Komplikationen sind Arthritiden, Bronchitis, Otitis, Enzephalitis, Myound Perikarditis. Durch eine Thrombozytopenie können Purpura und Hämorrhagien entstehen. Eine Rötelnprimärinfektion im 1.–4. Schwangerschaftsmonat kann zum Spontanabort, zur Frühgeburt oder zum congenitalen Rötelsyndrom (CRS) führen. Die im Stadium der Organogenese entstehenden Schäden beinhalten in der Regel die klassische Trias mit Defekten an Herz (offener Ductus arteriosus), Augen (Katarakt) und Ohren (Innenohrtaubheit) – das Gregg-Syndrom. Weitere mögliche Folgen sind ein geringes Geburtsgewicht, thrombozytopenische Purpura, Hepatosplenomegalie, Enzephalitis, Hepatitis, Myokarditis oder Mikrozephalie. Die pathogenen Wirkungen des Rubellavirus für den Fetus sind vom Gestationsalter zur Zeit der Infektion abhängig. Je früher die Infektion stattfindet, desto schwerer und häufiger sind die Schäden. So beträgt die Schädigungsrate bei einer Infektion der Mutter im ersten Schwangerschaftsmonat 50-60% und sinkt bei einer Infektion im 4. Monat auf 7 %. Nach der 16. Schwangerschaftswoche sind Röteln für die Frucht eigentlich nicht mehr gefährlich. Die Gesamtletalität des CRS beträgt 15–20%. – Trotz hoher Titer spezifischer hämagglutinationshemmender Antikörper können Kinder mit CRS das Rubellavirus aus dem Respirationstrakt und über den Urin bis zu einem Alter von 2 Jahren ausscheiden. Diagnostik: Eine Diagnose aufgrund des klinischen Bildes ist sehr unzuverlässig; ähnliche Exantheme können bei einigen anderen Erkrankungen auftreten (z. B. Masern, Scharlach) oder auch arzneimittelbedingt sein. Bei wichtigen Entscheidungen sollte daher unbedingt eine serologische Abklärung erfolgen. Der Nachweis des Rubellavirus aus Rachenspülflüssigkeit, Harn und anderen Sekreten wird mittels RT-PCR, bei Verdacht auf konnatalen Infektionen, durchgeführt. Die pränatale Diagnostik ist bei fraglicher oder gesicherter Rötelninfektion einer Schwangeren indiziert. Möglich ist der Nachweis von Rötelnvirus aus ChorionBiopsiematerial oder Amnionflüssigkeit (pränatale Frühdiagnostik) mittels RT-PCR sowie ab der 22. Schwangerschaftswoche die Untersuchung von Fetalblut auf virusspezifische IgM-Antikörper. Indikationsstellung, Materialentnahme und Labordiagnostik erfordern spezielle Erfahrung! 272 272 en Therapie: Eine spezifische kausale Therapie der Rötelnvirusinfektion existiert nicht. Fieber, Arthritiden oder Arthralgien werden symptomatisch behandelt. Präventive Maßnahmen: Zur Prophylaxe der Röteln steht ein attenuierter Lebendimpfstoff zur Verfügung, der kombiniert mit dem Impfstoff gegen Masern und Mumps in der trivalenten Vakzine (MMR) enthalten ist. Diese Impfung wird so im österreichischen Impfplan für alle ungeimpften Personen in Einrichtungen mit erhöhter Ansteckungsgefahr wie Einrichtungen der Pädiatrie, der Geburtshilfe und der Schwangerenbetreuung sowie in Gemeinschaftseinrichtungen für das Vorschulalter und selbstverständlich für alle seronegativen Frauen mit Kinderwunsch empfohlen. Wirksame Hygienemaßnahmen zur Verhütung von Rötelninfektionen existieren nicht. Maßnahmen Kontaktpersonen: Alle exponierten ungeimpften oder nur einmal geimpften Personen in Gemeinschaftseinrichtungen sollten möglichst frühzeitig eine MMR-Impfung erhalten. Eine passive Immunisierung mittels polyvalentem Immunglobulin ist bei seronegativen Schwangeren innerhalb von sieben Tagen nach Rötelnkontakt bzw. bis zum zweiten Exanthemtag der Kontakt- quelle möglich. Die Wirksamkeit dieser Maßnahme ist nur begrenzt. Wiederzulassung in Gemeinschaftseinrichtungen: Frühestens 7 Tage nach Auftreten des typischen Hautausschlages und bei gutem Allgemeinbefinden. Eine ärztliche Bescheinigung ist nicht erforderlich. Meldepflicht: Nur bei Ausbrüchen in Gemeinschaftseinrichtungen. Aufgaben des Amtsarztes: Beratung bei Ausbruchsgeschehen in öffentlichen Einrichtungen. Refererenzzentrum Klinisches Institut für Virologie der Medizinischen Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Heidemarie Holzmann Univ.-Prof. Dr. Theresa Popow-Kraupp Tel.: 01/40 490 79-500 Fax: 01/40609-9795 E-Mail: [email protected] [email protected] 273 273 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Scabies (Krätze) rankheit Erreger: Krätzemilbe (Sarcoptes scabiei hominis) Verbreitung: Die 0,2–0,5 mm große Krätzemilbe ist weltweit verbreitet. Ihre Einschleppung über den Reiseverkehr ist jahreszeitlich nicht beschränkt. In Europa nördlich der Alpen ist jedoch die Ausbreitungsgefahr der Krätze im Herbst und im Winter größer als zu anderen Jahreszeiten. Die Infektion findet i. d. R. durch begattete Weibchen statt. Sie bohren sich binnen 30 Minuten in die Hornschicht der Haut ihres neuen Wirtes ein. Die extrakorporale Überlebenszeit der Milben und die Bewahrung ihrer Einbohrfähigkeit hängen stark von der Temperatur und Luftfeuchte ab. Bei Temperaturen bis 25 °C und 90% relativer Luftfeuchte oder wechselnden Raumtemperaturen um 18 °C können die Milben ein bis vier Tage befallsfähig überleben, bei 12 °C und feuchter Luft sogar bis 14 Tage. Die Grenze zur Immobilität liegt bei 16 °C. Der Hitzetod tritt bei 50 °C nach 10 Minuten ein. Die Milben leben von Zellflüssigkeit, Lymphe und Epidermiszellen. Sie werden insbesondere in der Familie und in Gemeinschaftseinrichtungen (vornehmlich in Jugend- und Altenheimen sowie Krankenhäusern) relativ schnell verbreitet. Die Übertragung findet vor allem durch enge Hautkontakte wie Geschlechtsverkehr, Stillen und Kuscheln statt. Aber auch asymptomatisch befallene Personen tragen erheblich zur Milbenverbreitung bei. Einem hohen Befallsrisiko sind grundsätzlich Betreuer infizierter Personen ausgesetzt, wenn sie engen körperlichen Kontakten zu den Betreuten nicht ausweichen können. Hoch milbenhaltig sind z. B. die Krusten bei der Scabies norvegica. Beengte und hygienisch mangelhafte Wohnverhältnisse sowie Sekundärerkrankungen begünstigen die Ausbreitung des Befalls. Gelegentlich werden die Milben auch über ausgetauschte, nicht oder unzulänglich gewaschene Kleidung, Bettwäsche und Matratzen, Bettvorleger, Decken, Plüschtiere, Kissen, Handtücher, Thermometer, Blutdruckmanschetten und dem Körper eng anliegende textile Haltebänder übertragen. Krankheitsbild: Bei Erstbefall dauert es je nach der initialen Anzahl der Milben zwei bis sechs, im Durchschnitt vier Wochen, bis die ersten Symptome auftreten. Sie bestehen in einem leichten Brennen bis zu heftigen Juckreiz. Dieser ist in der Phase starker Milbenvermehrung und -bohrtätigkeit vor allem nachts unter Bettwärme heftig. Ihm folgen eine stecknadelkopfgroße Vesikel-, dann eine oft erythematöse Papel- und schließlich die Pustelbildung. Diese Erscheinungen können einzeln oder in Gruppen vorliegen. Der zuweilen nachfolgende generalisierte Hautausschlag (Sekundärexanthem) ist eine Folge der Sensibilisierung. Der Ausschlag tritt häufig um die Brustwarze und am Handrücken auf. Er bleibt bei unzulänglicher antiparasitärer Therapie oder fortwährender Reinfestation weiter bestehen oder wird sogar verstärkt. Eine solche Symptomatik an den typischen Skabiesstellen und/ oder an nicht-typischen Befallsstellen kann auch durch einen fortlaufenden alleinigen oder erst zusätzlichen Kontakt zu Milben von Tieren (Tier- und Trugkrätze [= Pseudoskabies]) bzw. frei lebenden Milben ausgelöst bzw. weiter unterhalten werden. Nur wenige Milben reichen zur Erzeugung einer Befallssymptomatik aus. Das Krankheitsbild kann durch schwere, immunitätsmindernde Einflüsse, Mangelkrankheiten sowie durch Kratzeffekte deutlich verstärkt bzw. verändert werden. Prädilektionsstellen bei der gewöhnlichen, d. h. nicht-krustigen Form der Krätze sind die Zwischenfingerräume, die Handgelenke, die Umgebung der Brustwarzen, die Ellenbogen, die Leistenregion und der Penis. Vereinzelt tritt eine Ausbreitung auf Arme, Achseln, Schenkel, später auf Finger und Nagelumgebung und/oder Fußsohlen, Bauch, Rücken, Nacken bzw. das Gesicht einschließlich Ohren ein. Bei Säuglingen und gelegentlich bei Kleinkindern sind eher Gesicht, behaarte Kopfhaut, Handflächen und/oder Fingerrücken befallen. Prädilektionsstellen bei der hoch kontagiösen, nur noch schwachen oder keinen Juckreiz aufweisenden, aber von starker Schuppen- und Borkenbildung begleiteten Scabies norvegica sind die Finger, der Handrücken, die Haut über 274 274 en der Handwurzel und die Ellenbogen. Außer den cremeartigen, grau, gelb, grünlich oder bräunlich gefärbten Borken sowie Krusten treten bei dieser Krätzeform an den Streckflächen der Extremitäten Fissuren auf. Eine Ausbreitungstendenz besteht in Richtung auf die Kopfhaut, die Ohren, die Zehen, die Fußsohlen und den Rücken. Die Nägel können verfärbt, laminiert, verdickt, rauh und/oder erweicht sein. Die Haut unter den 3–15 mm dicken Krusten, die meist lokal begrenzt auftreten, ist rot, glatt, glänzend und zuweilen feucht. Bei der mehr erythematosquamösen Form der Scabies norvegica sind die Krusten dünner, z. T. schuppig und mehr diffus verteilt. Die knotige Form der Krätze wird als Ergebnis einer Überempfindlichkeitsreaktion auf die Zerfalls- und Ausscheidungsprodukte der Milben gedeutet. Die nur geringfügig hervortretenden, glatten, runden, festen, roten bis rotbraunen Knoten bilden sich an Stellen mit dünner Haut, z. B. um die Genitalien und an den Achseln. Sie verschwinden i. d. R. binnen drei, in seltenen Fällen erst nach zwölf Monaten. Diagnostik: Krätzeverdächtig ist zunächst jede Person mit den o. g. typischen Hauterscheinungen, insbesondere mit unerklärlich starkem Juckreiz. Abgeklärt wird ein vermuteter Krätzemilbenbefall durch die Suche nach Bohrgängen, Papeln und Vesikeln unter Zuhilfenahme einer starken Lupe. Die z. B. per Skalpell eröffneten Milbengänge können durch Einreiben von Tinte und durch ihr anschließendes Abtupfen mit Ethylalkohol getränkten Tupferbällchen oder nach Klebefilmabriss und Einfärben mit Filzstift sichtbar gemacht werden. Die Milben selbst sind aus den Gängen durch Kratzen mit einem Rundkörperskalpell oder mit einem scharfen Löffel zu gewinnen. Die herauspräparierten Materialien (Geschabsel) werden in einem Blockschälchen in 5 ml 20%iger Kalilauge über eine Stunde bei ca. 20 °C mazeriert, dann bei 1500 Umdrehungen über vier Minuten zentrifugiert und der Bodensatz mikroskopisch auf Milben und deren Eier untersucht. Eine leichte, weitere Erwärmung des Hautmaterials z. B. auf der Heizung beschleunigt den Mazerationsprozess. Der Bohrgangsinhalt kann ferner mit einer Nadel entnommen und unmittelbar danach unter Erwärmung in einem Deckglaspräparat in Kalilauge unter Zusatz von zwei Tropfen Mineralöl untersucht werden. Die Herstellung von Hautschnitten aus Biopsie-Material ist eine weitere Möglichkeit zum Milbennachweis, ebenso die Entnahme von Gewebe des parakeratotischen Randes der Fingernagelplatte. Papulöse Herde im Gesicht enthalten fast nie Milben. Gelingt der Milbennachweis mehrfach nicht, etwa bei einer starken, ausgebreiteten Überempfindlichkeitsreaktion, so kann das Ergebnis einer antiparasitären Probebehandlung Aufschluss über einen eventuellen Befall geben. Die Behandlung sollte als sog. „Sicherheitsbehandlung“ (Ganzkörper ohne Kopf) erfolgen. Auch Borken können stark milbenhaltig sein, etwa bei Scabies norvegica. Differenzialdiagnose: Differenzialdiagnostisch ist die Diagnose „Krätze“ je nach Befallssymptomatik abzugrenzen gegen parasitär bedingte Erkrankungen wie Tier- und Trugkrätze, die Demodexinfektion, Herbstmilbendermatitis (Erntekrätze), Körper- und Filzlausbefall sowie gegen nicht parasitär verursachte Hauterkrankungen. Hierzu gehören bakteriell infizierte Erkrankungen der Haut, Ekzeme wie das postskabiöse Ekzem oder postskabiös persistierende Papeln, Pityriasis rosea, manche Formen von Urticaria, Sabra-Dermatitis, symptomatischer Juckreiz bei Diabetes mellitus, Schilddrüsen- oder Lebererkrankungen, Tinea corporis und inguinalis, Insektenstichreaktionen und Insektenwahn mit Kratzeffekten an der Hand (Symptom-Ursachen bei letzterem: Kratzen oder Eigentherapie). Therapie: Im Allgemeinen beginnt die Therapie mit einem Ganzkörper-Bad. Vor der Anwendung des gewählten Mittels muss die Haut trocken und wieder auf die normale Hauttemperatur abgekühlt sein. Bei Antikrätzesprays (Wirkstoff: S-Bioallethrin) kann das Bad entfallen. Soweit notwendig, bzw. bei Scabies norvegica in jedem Fall, muss vor der Krätzemilben tötenden Mittelapplikation zudem eine Hornschicht erweichende Behandlung stattfinden. Das gewählte Antikrätzepräparat sollte vor dem Zubettgehen auf alle Befalls- und potenziellen Befalls-, besonders intensiv auf die Prädilektionsstellen aufgetragen werden. Immer ist der ganze Körper mit Ausnahme von Gesicht und behaartem Kopf in die Behandlung einzubeziehen. Alle Per- 275 275 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk sonen mit Hautkontakt zum Befallenen, auch die ohne krätzeverdächtige Symptome, sind als potenzielle Verbreiter mit zu behandeln. Eine zusätzliche Behandlung von Kopfhaut, Gesicht und Nacken kann bei Kleinstkindern und im Falle von Scabies norvegica erforderlich werden. Die Behandlung muss in der folgenden Nacht und ggf. in weiteren Nächten wiederholt werden, soweit nicht ausdrücklich anderes in der Gebrauchsanweisung vorgeschrieben ist. Ein nachfolgend erforderliches Bad darf je nach Krätzemittel erst 12 bis 24 Stunden post applicationem stattfinden. Eine kürzere Einwirkzeit der Mittel und eine zweiseitige Halbkörperbehandlung sowie das deutlich frühere Baden ist i. d. R. jedoch bei Kleinkindern unumgehbar. Sehr häufig wird die Organochlorverbindung Lindan (g-HCH) gegen die Milben eingesetzt. Sie kann in Form von Cremes, Lotions, Gels, Pudersprays und Emulsionen verwendet werden. Die Emulsion kommt z. B. 0,3%ig bei Erwachsenen und Kindern ab zehn Jahren an drei aufeinander folgenden Abenden zum Einsatz und wird am folgenden Morgen abgeduscht. Bei Drei- bis Neunjährigen sind i. d. R. zwei Applikationen in eintägiger Folge und mit einer Einwirkzeit von drei Stunden ausreichend. Bei 0,3%igen Lindan-Mitteln sollte die Behandlung gegen nachgeschlüpfte Larven sicherheitshalber nach sieben bis acht (bis zehn) Tagen wiederholt werden. Bei 1%igen Präparaten ist die Wiederholung im Allgemeinen nicht notwendig, jedoch ist bei diesen Mitteln die absorbierte Wirkstoffmenge zumeist deutlich höher als bei 0,3%igen. Bei Säuglingen und Kleinkindern bis drei Jahre sind nur 0,3%ige Präparate an lediglich zwei aufeinander folgenden Tagen für jeweils drei Stunden anzuwenden. Ggf. ist die Anwendungsfläche und -häufigkeit durch körperhälften- oder sogar körperabschnittsweises Vorgehen zu strecken. Als weitere Wirkstoffe werden gegen Krätzemilbenbefall u. a. Crotamiton, Piperonylbutoxid, Benzylbenzoat, Tetraethylthiurammonosulfid, Disulfiram, Ivermectin, Präzipitatschwefel verwendet. Letzteres ist in Salbenform bei Kindern und auch bei Stillenden und Schwangeren sowie Kleinkindern verwendbar. Hygienemaßnahmen und Entwesung: Der Wechsel der Körper- und der Unterkleidung sowie der rankheit Bettwäsche und ggf. der Bettdecken sollte alle 12 bis 24 Stunden vorgenommen werden. Die Handtücher sind zweimal täglich zu wechseln. Ein Wechsel der durch das Krätzemittel via Haut imprägnierten Nachtkleidung ist erst nach einigen (bei Lindanmitteln i. d. R. vier) Tagen angezeigt. Die Mittelrestwirkung macht die Milben befallsunfähig. Die Oberbekleidung braucht nur in Ausnahmefällen entwest zu werden, z. B. durch mind. siebentägiges Durchlüften oder chemische Reinigung. Für Bettwäsche, Unterbekleidung, Blutdruckmanschetten und Handtücher reicht dafür das normale Waschen bei 60 °C aus. Auch ein bis 14-tägiges Unbenutztlassen der Textilien in Plastiksäcken schädigt die Milben so, dass sie nicht mehr befallsfähig sind. Möbel, wie Betten, Sessel und Fußbodenbeläge, sind mittels starker Staubsauger von Milben befreibar. Ein wiederholtes Staubsaugen ist im Falle von Scabies norvegica unverzichtbar. Plüschtiere und Schuhe können schnell durch Einfrieren milbenfrei gemacht werden. Der Einsatz chemischer Mittel zur Entwesung milbentragender Gegenstände und Räume ist i. d. R. nicht erforderlich, da die o. g. nicht-chemischen Maßnahmen fast immer ausreichen. Ist die Anwendung chemischer Mittel nicht zu umgehen, werden als wirksame chemische Mittel Flüssigpräparate auf Malathion- und Puder auf Temephosbasis empfohlen. Nach der Entwesung kann eine sachgerechte Dekontamination und Reinigung der behandelten Gegenstände erforderlich sein. Personen, die an Krätze erkrankt oder dieser verdächtig sind, sollten in Gemeinschaftseinrichtungen keine Tätigkeit ausüben, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krätze durch sie nicht mehr zu befürchten ist. Der Zeitpunkt der praktischen Milbenfreiheit bzw. der des Auffindens von ausschließlich toten Milben ist das sicherste Kriterium für die Beendigung der Ansteckungsgefahr. Die letale Schädigung der Milben kann bereits nach wenigen Stunden, aber auch erst nach mehreren Tagen, zuweilen erst nach ein bis drei Wochen erreicht sein. Sofern schon unmittelbar nach der ersten Mittelapplikation, d. h. binnen eines halben Tages alle auf der Haut befindlichen oder die auf die Haut auf- und auswandernden Krätzemilben letal ge- 276 276 en schädigt sind und die notwendigen Entwesungsmaßnahmen ebenfalls in letal milbenschädigender Weise sachgerecht durchgeführt wurden, besteht kein Grund, den Befallenen den Besuch von Schulen und den von anderen Gemeinschaftseinrichtungen länger als einen Tag zu verwehren. Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Es ist keine wirksame Prophylaxe bekannt. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Nach Behandlung und klinischer Abheilung der befallenen Hautareale. Ein schriftliches ärztliches Attest ist erforderlich. Referenzzentrum: Keines Ansprechpartner: Gerald Ruckenbauer Institut für Hygiene der Medizinischen Universität Graz Universitätsplatz 4, 8010 Graz Tel.: 0 31 6/380-43 89 E-Mail: [email protected] Ausschluss von Ausscheidern: Entfällt. Ausschluss von Kontaktpersonen: Alle Mitglieder einer Wohngemeinschaft sollten sich ärztlich untersuchen lassen. Ein genereller Ausschluss von Kontaktpersonen in der häuslichen Gemeinschaft ist nicht vorgesehen. Aufgaben des Amtsarztes: Beratung bei Ausbruchsgeschehen in öffentlichen Einrichtungen. Meldepflicht: Keine. Hygienemaßnahmen zur Verhütung von Infektionen: Krätzemilben werden durch Kontakte von Mensch zu Mensch, besonders bei Bettwärme, übertragen. Selten sind Übertragungswege durch infizierte Wäsche, Kleidung, Decken oder Haustiere. Wird Krätze diagnostiziert, soll die Kleidung der Patienten bei 60 °C gewaschen oder chemisch gereinigt werden. Das Desinfizieren von Oberflächen und Gebrauchsgegenständen ist nicht erforderlich. 277 277 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Toxokarose rankheit Synonyme: Hundespulwurm-Krankheit, Katzenspulwurm-Krankheit, Larva migrans visceralis-Syndrom, okuläres Larva migrans-Syndrom, inapparente (= kryptische) Toxokarose; toxocarosis, visceral larva migrans syndrome, ocular larva migrans syndrome, covert toxocarosis Erreger: Larven von Toxocara canis (Hundespulwurm) und T. cati (Katzenspulwurm) Geographische Verbreitung: Toxocara canis und T. cati sind weltweit verbreitete Parasiten von Hunden, Füchsen bzw. Katzen. Die Prävalenz beider Arten beträgt in Ländern mit vermindertem Hygiene-Standard meist weit über 50%, aber auch in Mitteleuropa sind Hunde- und Katzenspulwürmer weit verbreitet. Lebenszyklus des Erregers: Die Adulttiere von Toxocara canis weisen eine Körperlänge von 6 bis 18 cm auf und leben im Dünndarm ihrer natürlichen Wirte (Hund, Fuchs, Katze). Toxocara-Weibchen produzieren täglich mehrere zehntausend nicht-embryonierte Eier, die mit den Fäzes ins Freie gelangen, wo sie in Abhängigkeit von Temperatur und Luftfeuchtigkeit innerhalb von 2 bis 4 Wochen embryonieren (und infektionstüchtig werden). Werden diese infektionstüchtigen Eier von einem (noch niemals mit Toxocara in Kontakt gekommenen) Hund, Fuchs oder Katze gefressen, verlassen die Larven (L3) die Eier, penetrieren die Mucosa des Dünndarms und gelangen hämatogen über die Leber in die Lunge; dort verlassen sie das Blutgefäßsystem und wandern über die Bronchiolen die Trachea hinauf („tracheale Wanderung“), passieren die Epiglottis und werden anschließend verschluckt. Im Dünndarm häuten sie sich zur L4-Larve und werden schließlich zum Adulttier. Unmittelbar danach erfolgt die Befruchtung des Weibchens, die anschließend mit der Eiproduktion beginnt; der Zyklus im natürlichen (definitiven) Wirt ist damit geschlossen. Bei einer Reinfektion (erwachsener Hunde oder Katzen) kommt es nur zu einer „somatischen Wanderung“ der Larven, die dabei in verschiedene Gewebe und Organe gelangen, in denen sie viele Monate unter der Kontrolle des Immunsystems (in Granulomen arretiert) am Leben bleiben können. Bei trächtigen Hündinnen können die Larven (durch Hormonwirkung aktiviert) wieder in den Blutkreislauf und damit auch in die Plazenta und die Milchdrüsen gelangen; eine diaplazentare und galaktogene Übertragung ist bei Hunden und Füchsen möglich, bei Katzen findet nur die galaktogene Transmission statt. Welpen scheiden bereits etwa 3 Wochen nach der Geburt Spulwurmeier aus. Neben den natürlichen Wirten Hund, Fuchs, Katze gelten zahlreiche andere Säugetierspezies (z. B. Kleinnager, Hasen), Vögel und sogar Schnecken als paratenische Wirte für Toxocara spp., die ihrerseits wiederum eine Infektionsquelle für die natürlichen, für andere paratenische Wirte sowie für den Menschen darstellen. Übertragung: Die Infektion des Menschen erfolgt – wie beim natürlichen Wirt – durch Verschlucken embryonierter Eier (durch Schmutz- und Schmierinfektion) oder durch orale Aufnahme paratenischer Wirte, also z. B. durch Verspeisen von (larvenhaltigem) rohem Hasen-, Hühner- oder Schneckenfleisch. Die Larven schlüpfen im Dünndarm, aufgrund des Fehlens spezieller physiologischer Gegebenheiten beginnen sie eine Odyssee durch den Körper, sie können grundsätzlich in alle Organe eindringen und Gewebe zerstören, wo immer sie hingelangen. Die Larven erreichen im Menschen nie das Adultstadium und irren („Larva migrans“) – oft viele Monate und Jahre umher und können aber viele Monate und Jahre – oft ohne wesentliche Beeinträchtigung der Gesundheit des Wirtes – am Leben bleiben. In manchen Fällen kann eine Toxocara-Infestation allerdings zu einer Krankheit beträchtlichen Ausmaßes führen (siehe unten). Toxocara-Eier können unter günstigen Umweltbedingungen (nicht zu heiß und nicht zu trocken) – das heißt im Wasser oder feuchter Erde – bis zu zwei Jahre infektionstüchtig bleiben. Krankheit: Man unterscheidet heute (mindestens) drei verschiedene Krankheitsbilder, das Larva migrans visceralis-(LMV-)Syndrom, das vor allem 278 278 en durch Appetitlosigkeit, Bauchschmerzen, Fieber, Hepatomegalie und (rezidivierende) Bronchitiden gekennzeichnet ist. Leukozytose und Eosinophile sowie Hypergammaglobulinämie sind zusätzliche Hinweise für das Vorliegen eines LMV-Syndroms. Auch wenn (kleine) Kinder besonders exponiert sind, ist die Toxokarose keine ausgesprochene Kinderkrankheit, auch Erwachsene aller Altersgruppen können an einer Toxokarose erkranken. Myokarditis, Nephritis und Symptome von Seiten des ZNS sind nicht selten. ZNS-Involvierung führt zu Krampfanfällen, psychiatrischen Manifestationen oder zu einer Enzephalopathie. Das Okuläre Larva migrans-(OLM-)Syndrom wird vor allem bei älteren Kindern und Erwachsenen beobachtet und manifestiert sich häufig als einseitiger Visusverlust oft kombiniert mit Strabismus. Eindringen der Larven in die Retina führt im schlimmsten Fall zur Bildung eines Granuloms, das peripher oder am hinteren Pol auftreten kann. Diese Granulome stören die Retina so, dass es zur Distorsion, zu einer Heteropie oder Maculaablösung kommen kann. Eine diffuse Endophthalmitis oder Papillitis mit sekundärem Glaukom sind weitere Komplikationen der wandernden und absterbenden Larven. Erblindung ist durchaus möglich, das Ausmaß der Zerstörung hängt von der betroffenen Fläche ab. Ein OLM-Syndrom sollte bei jedermann angenommen werden, der einen einseitigen Visusverlust und Strabismus assoziiert mit Haustierkontakten aufweist. Die durch die Toxocara-Larven induzierten Augenschädigungen ähneln oft einem Retinoblastom. In der Vergangenheit wurden viele Augen wegen der Fehldiagnose „Retinoblastom“ mangels geeigneter diagnostischer Methoden enukleiert. Das „covert toxocarosis“-Syndrom wurde bei Kindern beobachtet und ist vor allem durch Verhaltensauffälligkeiten (Aggressivitätssteigerung), Schlafstörungen, Bauch- und Kopfschmerzen, Hepatomegalie, Husten, mit und ohne Eosinophilie gekennzeichnet. Darüber hinaus werden aber auch immer wieder andere Syndrome (Asthma, Epilepsie, Rheuma) in ursächlichen Zusammenhang mit Toxocara-Infestationen gebracht. Diagnose: Die Diagnose „Toxokarose“ (LMV-, OLM-Syndrom) wurde nach der Erstbeschreibung Anfang der 50er Jahre ausschließlich klinisch gestellt, erst Mitte der 60er Jahre wurden serologische Tests zum Nachweis spezifischer Antikörper eingesetzt. Heute werden Toxocara-Infestationen mittels eines hoch sensitiven Enzymimmuntests (ELISA) in Kombination mit einem WesternblotVerfahren unter Verwendung hoch spezifischer Antigene eingesetzt. Die Sensitivität dieser Tests liegt (im Referenzzentrum) bei weit über 90%. Bildgebende Verfahren (Ultraschall, Computertomographie, Magnetresonanz) spielen bei der diagnostischen Abklärung einer Toxokarose nur eine untergeordnete Rolle; Granulome in der Leber oder auch im Gehirn können dabei mehr oder weniger gut lokalisiert werden; eine Toxokarose kann aber nur in Zusammenhang mit einem positiven serologischen Ergebnis wahrscheinlich gemacht werden. Die Diagnose „Okuläre Toxokarose“ wird auch heute noch vor allem durch eine klinische Untersuchung durch den Ophthalmologen gestellt. Das OLMSyndrom resultiert mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einer sehr geringen Infektionsdosis, so dass das Immunsystem kaum gefordert wird; ein negativer (mittels ELISA und Westernblot) erhobener serologischer Befund schließt daher bei Patienten mit einem „OLM-assoziierten“ Krankheitsbild einen Toxocara-Befall nicht aus. Therapie: Die Therapie der (viszeralen) Toxokarose stellt auch heute noch ein ungelöstes Problem dar. Zwar stehen mit den Benzimidazolderivaten sowie dem Diethylcarbamacin (DEC) durchaus potente Antihelminthika zur Verfügung, sie weisen aber bei Toxocara-Befall nicht jenen Therapieerfolg auf, wie dies bei anderen Helminthosen der Fall ist. Albendazol gilt heute, obwohl noch kein optimales Therapeutikum, als Medikament der Wahl. Die Behandlung des OLM-Syndroms basiert in erster Linie auf der Verabreichung von antiinflammatorischen Wirkstoffen (z. B. Kortikosteroiden) oder auf einer Kombination von Steroiden und Albendazol. Prophylaxe: Toxocara-Infestationen können durch prophylaktische Maßnahmen zwar nicht völlig verhindert werden, es ist aber durchaus möglich, das Infektionsrisiko beträchtlich zu vermindern: Hunde und Katzen sollen regelmäßig entwurmt, Kinder 279 279 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk von kontaminierten Spielplätzen fern gehalten und Hände nach Kontakt mit Erde sorgfältig gewaschen werden. Auch Dampfsterilisation von Sand in öffentlichen Sandkisten kann zur Abtötung von Toxocara-Eiern eingesetzt werden. Personen, die aus beruflichen (oder anderen) Gründen (z. B. Tierärzte, Landwirte, Schlachthausangestellte, Jäger, Hunde-, Katzenzüchter) humanpathogenen infektionstüchtigen Wurmeiern besonders ausgesetzt sind, sollten die Möglichkeiten der „Seroprophylaxe“ nützen und sich regelmäßig einer Blutuntersuchung auf spezifische ToxocaraAntikörper untersuchen lassen. Toxocara canis, T. cati und die Toxokarose in Österreich Toxocara in Hunden, Füchsen und Katzen: rankheit mehrerer seroepidemiologischen Untersuchungen – die Durchseuchung der Normalbevölkerung variiert zwischen 1 und 10%, jene exponierter Berufsgruppen (Tierärzte, Jäger, Landwirte) zwischen 10 und 50% – muss mit einer tatsächlichen jährlichen Inzidenz von einigen hundert Fällen gerechnet werden. Aufgaben des Amtsarztes: Zahlenmäßige Erfassung (Surveillance). Meldepflicht: Keine; es besteht jedoch von Seiten des BMGF der Auftrag zur Erfassung und Dokumentation möglichst aller Toxokarose-Fälle in Österreich durch das österreichische Referenzzentrum für Parasitosen (ÖRZP). Referenzzentrum In Österreich sind der Hunde- und Katzenspulwurm weit verbreitete Parasiten; Untersuchungen von Hundekotproben und -darmtrakten haben gezeigt, dass bis zu 18,1% der Hunde einen T. canis-Befall aufwiesen, Füchse waren (oder sind) bis zu 46,8% mit T. canis befallen, bei Katzen konnten Befallsraten bis zu 67% festgestellt werden. Der Kontaminationsgrad öffentlicher Parkanlagen mit Toxocara-Eiern variiert in Österreich zwischen 0 und 14%. Die Toxokarose des Menschen: Abt. für med. Parasitologie Wien (Leiter: Univ.Prof. Dr. Herbert Auer) Klinisches Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie (Vorstand: Univ.Prof. Dr. Manfred Rotter), Med. Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Herbert Auer Tel.: 01/404 90-794 31 oder 01/404 90-794 43 Fax: 01/404 90-97 94 E-Mail: [email protected] Aufgrund der Tatsache, dass die Toxokarose weitgehend unbekannt ist, wird sie nur selten differenzialdiagnostisch abgeklärt, Angaben über die wahre Inzidenz liegen daher nicht vor. Während der letzten Jahre wurden im Referenzzentrum jährlich etwa 70 Toxokarose-Fälle registriert; unter Zugrundelegung dieser Daten sowie von Ergebnissen 280 280 en 281 281 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Windpocken rankheit Erreger: Das Varicella-Zoster-Virus (VZV) kann zwei verschiedene klinische Krankheitsbilder verursachen: Varizellen (Windpocken) bei exogener Neuinfektion und Herpes zoster (Gürtelrose) bei endogener Reaktivierung. Außerhalb des Körpers verliert es rasch seine Infektionskraft. Vorkommen: Weltweit. Die Prävalenz der Varizellen steigt nach dem Verschwinden der maternalen Antikörper bereits im Kleinkindesalter stark an, so dass die meisten Kinder schon im Schulalter seropositiv sind. Bei über 95% aller Erwachsenen sind Antikörper gegen das VZV nachweisbar. Reservoir: Der Mensch ist das einzige bekannte Reservoir für das VZV. Infektionsweg: Varizellen sind äußerst kontagiös; nach einer Exposition würden über 90 von 100 empfänglichen, d. h. seronegativen Personen erkranken (Kontagionsindex nahe 1,0). Das Virus kommt endemisch in der Bevölkerung vor und wird vor allem auch im Zuge saisonaler Häufungen – in gemäßigten Breitengraden im Winter und Frühjahr – übertragen. Die Übertragung erfolgt aerogen durch virushaltige Tröpfchen, die beim Atmen oder Husten ausgeschieden werden (und u. U. im Umkreis von mehreren Metern zur Ansteckung führen können). Ferner ist eine Übertragung durch virushaltigen Bläscheninhalt oder Krusten als Schmierinfektion möglich. Bei Herpes zoster besteht eine geringere Kontagiosität. Eine diaplazentare Übertragung ist selten, kann aber in etwa 1% der Varizellenerkrankungen bei Schwangeren zum kongenitalen Varizellensyndrom führen, sofern die Erkrankung vor der 21. Schwangerschaftswoche aufgetreten ist. Inkubationszeit: Die Inkubationszeit kann 8–28 Tage betragen, sie liegt in der Regel bei 14–16 Tagen. Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Die Ansteckungsfähigkeit beginnt 1–2 Tage vor Auftreten des Exanthems und endet 7 Tage nach Auftreten der letzten Effloreszenzen. Bei abwehrgeschwächten Patienten mit protrahierten Varizellen bedeutet dies, dass die Kontagiosität nahezu die ganze Zeit bestehen kann, in der frische Effloreszenzen auftreten. Klinische Symptomatik Varizellen: Nach uncharakteristischen Prodromi (1–2 Tage vor Krankheitsbeginn) beginnt die Erkrankung mit einem juckenden Exanthem und erhöhten Temperaturen bis Fieber über 39 °C über einen Zeitraum von 3–5 Tagen. Die Hautläsionen, das Hauptmerkmal der Infektion, bestehen aus Papeln, Bläschen und Schorf in verschiedenen Entwicklungsstadien. Diese Läsionen, die sich innerhalb kurzer Zeit zu Blasen entwickeln, erscheinen als Erstes am Stamm und im Gesicht und können schnell auf andere Körperteile unter Einbeziehung der Schleimhäute und behaarten Kopfhaut übergreifen. Der Schweregrad der Läsionen kann sehr unterschiedlich sein. Kleinere Kinder bilden meist weniger Bläschen aus als ältere Personen. Varizellen weisen bei sonst gesunden Personen in der Regel einen gutartigen Verlauf auf und heilen im Normalfall ohne Narben ab. Bei Neugeborenen, immuninkompetenten Personen und Patienten unter einer Glukokortikoidtherapie können sich jedoch schwere Krankheitsverläufe entwickeln; die dann entstehenden zahlreichen Läsionen haben oft einen hämorrhagischen Grund und heilen nur verzögert. Durch starkes Kratzen oder bakterielle Superinfektionen können Narben zurückbleiben. Die Bedeutung der Windpocken ergibt sich vor allem aus den möglichen Komplikationen: Die häufigste infektiöse Komplikation ist eine bakterielle Superinfektion der Hautläsionen, meist verursacht durch Streptococcus pyogenes oder Staphylococcus aureus. Eine sehr schwerwiegende Komplikation ist die Varizellenpneumonie. Sie tritt häufiger bei Erwachsenen (bis 20%) als bei Kindern auf, beginnt gewöhnlich 3–5 Tage nach Krankheitsausbruch und geht mit Tachypnoe, Husten, Dyspnoe und Fieber einher. Auch Zyanose, pleuritische Thoraxschmerzen und Hämoptysen können auftreten. 282 282 en ZNS-Manifestationen sind in etwa 0,1% der Erkrankungen zu verzeichnen und äußern sich in meningealer Reizung und akuter zerebellärer Ataxie, die jedoch eine günstige Prognose besitzt. Weitere mögliche Komplikationen, die das Nervensystem betreffen, sind eine aseptische Meningitis, Enzephalitis, Myelitis transversa, ein Guillain-BarréSyndrom oder ein Reye-Syndrom. In Einzelfällen kann es zu Myokarditis, kornealen Läsionen, Nephritis, Arthritis, Blutungsneigung, akuter Glomerulonephritis und Hepatitis kommen. Beim Auftreten von Varizellen in der Schwangerschaft kann das kongenitale Varizellensyndrom entstehen, das in seinem Vollbild durch schwere Hautveränderungen (Skarifikationen, Ulcera, Narben), Hypoplasie von Gliedmaßen, Hypothrophie, Katarakt, Hirnatrophie, Krampfleiden und Chorioretinitis gekennzeichnet ist. Perinatale Windpocken können bei einer Erkrankung der Mutter innerhalb von 5 Tagen vor der Geburt oder bis zu 48 Stunden danach entstehen. Da das Neugeborene in diesem Fall transplazentar keine protektiven Antikörper erhält und ein unreifes Immunsystem hat, sind die Verläufe sehr schwer und mit einer Letalitätsrate bis zu 30% verbunden. Herpes zoster: Der Herpes zoster stellt keine exogene Neuinfektion, sondern ein endogenes Rezidiv dar und kann sich nur bei Individuen mit einer früheren VZV-Infektion bzw. abgelaufenen Varizellen ausbilden. Der in den Spinalganglien des Organismus persistierende Erreger führt dann bei einer Reaktivierung zu Herpes zoster. Vorwiegend tritt er bei immungeschwächten und älteren Personen auf, wird aber gelegentlich auch spontan bei Immunkompetenten und Jüngeren beobachtet. Herpes zoster kann auch bei Personen, die mit einer Lebendvakzine gegen Varizellen geimpft wurden, später auftreten. Studien zur Varizellenimpfung an Kindern mit Leukämie in kompletter Remission haben jedoch ergeben, dass die Herpeszoster-Inzidenz bei geimpften Kindern geringer war als in einer ungeimpften Kontrollgruppe (0,80 vs. 2,46/100 Personen-Jahre). Der Herpes zoster ist durch unilaterale, vesikuläre Eruptionen innerhalb eines Dermatoms mit starken Schmerzen gekennzeichnet. Die Dermatome von T3 bis L3 sind am häufigsten betroffen. Bei Befall des Trigeminus (Nervus ophthalmicus) kommt es zum Zoster ophthalmicus. Weitere Zostermanifestationen können der Zoster oticus und Zoster maxillaris sein sowie der Zoster genitalis bei Befall der Nerven im Genitalbereich. Bei Kindern verläuft die Erkrankung im Allgemeinen gutartig, bei Erwachsenen können erhebliche Schmerzen durch eine akute Neuritis bestehen. Nach Abheilen des Zosters kann eine postherpetische Neuralgie über lange Zeit, in Einzelfällen sogar lebenslang, erhebliche Schmerzen bereiten. Bei Immundefizienz kann es zum disseminierten Zoster kommen, der nicht mehr segmental begrenzt ist, an multiplen Stellen auftreten und sekundär hämatogen generalisieren kann. Solche Verläufe können lebensbedrohlich sein. Bei schwerer Immunsuppression kann es zu einem untypischen Exanthem mit nur gering ausgeprägten Entzündungszeichen führen und daher leicht unerkannt bleiben. Ebenso wie bei den Varizellen kann das ZNS in Form einer meningealen Reizung oder Meningoenzephalitis betroffen sein. Seltene ZNS-Manifestationen sind die granulomatöse Angiitis mit kontralateraler Hemiplegie sowie die aufsteigende Myelitis, evtl. mit motorischen Paralysen. Diagnostik: Erkrankungen an Varizellen/Herpes zoster sind in der Regel durch ein typisches klinisches Bild gekennzeichnet, so dass eine spezifische Diagnostik nur in ausgewählten Fällen erforderlich ist. Als Untersuchungsmaterial sind Bläschenflüssigkeit und Liquor geeignet. Therapie Varizellen: Die symptomatische Behandlung bei immunkompetenten Patienten soll die Beschwerden und Begleiterscheinungen lindern und zugleich vermeidbaren Komplikationen vorbeugen. Insbesondere bakterielle Superinfektionen der Haut können durch sorgfältige Hautpflege (tägliches Baden, topische Verbände, Gabe von juckreizlindernden Medikamenten) vermieden werden. Herpes zoster: Bei immunkompetenten Patienten ist neben der sorgfältigen Hautpflege eine orale antivirale Therapie mit Aciclovir, Brivudin, Famciclovir oder Valaciclovir (orales Prodrug von 283 283 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Aciclovir) indiziert. Dadurch wird die Heilung der Läsionen beschleunigt und es tritt ein Sistieren des mit Zoster assoziierten Schmerzes ein. Bei Immungeschwächten mit Windpocken oder Herpes zoster muss Aciclovir parenteral verabreicht werden. Das gilt auch für die Behandlung von Komplikationen, z. B. Varizellenpneumonie oder Zoster ophthalmicus. Präventive Maßnahmen: Neugeborene, immuninkompetente Personen und Patienten unter einer Glukokortikoidtherapie sind in der Regel durch schwere Krankheitsverläufe besonders gefährdet. Für Angehörige der so definierten Risikogruppen sowie für Personen in deren unmittelbarer Umgebung sind präventive Maßnahmen indiziert. Sinnvoll ist eine aktive Immunisierung mit attenuierten Lebendvakzinen. Nach den österreichischen Impfempfehlungen ist eine Impfung bei folgenden seronegativen Personen indiziert: Kinder mit Leukämie (Voraussetzung: klinische Remission mindestens 12 Monate, vollständige hämatologische Remission mit einer Gesamtlymphozytenzahl = 1.200/mm3 Blut) Kinder mit soliden malignen Tumoren in Remission Kinder mit schwerer Neurodermatitis Kinder vor geplanter Immunsuppression, z. B. wegen schwerer Autoimmunerkrankung, vor Organtransplantation, bei schwerer Niereninsuffizienz Geschwister und Eltern der vorstehend Genannten medizinische Mitarbeiter (auch in Arztpraxen), insbesondere der Bereiche Pädiatrie, pädiatrische Onkologie, Schwangerenfürsorge, der Betreuung von Immundefizienten Frauen mit Kinderwunsch Bei Kindern vor dem vollendeten 13. Lebensjahr sollte eine Dosis gegeben werden, zwei Dosen im Abstand von mindestens 6 Wochen werden bei Kindern ab 13 Jahren, Jugendlichen und Erwachsenen gegeben (Hinweise der Hersteller beachten). – Bei Ausbrüchen in Kinderkliniken kann eine gezielte postexpositionelle Impfung empfänglicher Kontaktpersonen sinnvoll sein, die dann innerhalb von 3 Tagen nach der Exposition erfolgen müsste. rankheit Bei einer Exposition sollte bei besonders gefährdeten Personen eine passive Immunprophylaxe mit Varicella-Zoster-Immunglobulin (0,5 ml/kg KG i. m. oder 1 ml/kg KG i. v.) erfolgen. Ferner sollten Neugeborene, deren Mütter bis zu 7 Tage vor bzw. 2 Tage nach der Geburt an Varizellen erkrankt sind, unverzüglich Varicella-Zoster-Immunglobulin in gleicher Dosierung erhalten, ebenso seronegative Frauen, die vor der Entbindung inkubiert und exponiert wurden. Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen: Im häuslichen Milieu sind spezielle Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen nicht notwendig. Unter stationären Bedingungen ist zur Vermeidung von nosokomialen Infektionen eine strikte Isolierung von Patienten mit Varizellen und Herpes zoster erforderlich. Beschäftigte in Risikobereichen des Gesundheitswesens sollten immun sein. Erkrankte Personen dürfen in Gemeinschaftseinrichtungen keine Lehr-, Erziehungs-, Pflege-, Aufsichts- oder sonstigen Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den dort Betreuten haben, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit durch sie nicht mehr zu befürchten ist. Entsprechend dürfen auch die in Gemeinschaftseinrichtungen erkrankten Betreuten die dem Betrieb der Gemeinschaftseinrichtung dienenden Räume nicht betreten, Einrichtungen der Gemeinschaftseinrichtung nicht benutzen und an Veranstaltungen der Gemeinschaftseinrichtung nicht teilnehmen. Wiederzulassung in Schulen Zulassung nach Krankheit: Bei unkompliziertem Verlauf ist ein Ausschluss für eine Woche aus der Gemeinschaftseinrichtung in der Regel ausreichend. Ein schriftliches ärztliches Attest ist nicht erforderlich. Ausschluss von Ausscheidern: Entfällt. Ausschluss von Kontaktpersonen: Nicht erforderlich. Hygienemaßnahmen zur Verhütung von Infektionen: Wirksame Hygienemaßnahmen sind nicht bekannt. 284 284 en Medikamentöse Prophylaxe nach Exposition: Für besonders gefährdete Personen ist die Gabe eines spezifischen Immunglobulins zu erwägen. Aufgaben des Amtsarztes: Beratung bei Ausbruchsgeschehen in öffentlichen Einrichtungen. Meldepflicht: Nur bei Ausbrüchen in Gemeinschaftseinrichtungen. Falldefinition nach RKI Klinisches Bild: Klinisches Bild vereinbar mit Windpocken mit Exanthem an Haut oder Schleimhaut bei gleichzeitig vorhandenen Papeln, Bläschen bzw. Pusteln und Schorf. Labordiagnostischer Nachweis Positiver Befund mit mindestens einer der nachfolgend angeführten Methoden: Virusisolierung (z. B. aus Bläscheninhalt oder Liquor mittels PCR) Nukleinsäure-Nachweis (z. B. in Bläscheninhalt oder Liquor mittels PCR) mikroskopischer Erregernachweis mittels Immunofluoreszenzmikroskopie IgM-/IgA-Antikörper-Nachweis Nachweis unspezifischer Varizellen-Antikörper (> 4-facher Titeranstieg in zwei Proben) Fallklassifizierung Klinisch bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit Windpocken Klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit Windpocken bei fehlendem labordiagnostischem Nachweis und Nachweis eines epidemiologischen Zusammenhangs mit einer durch labordiagnostischen Nachweis bestätigten Infektion (Inkubationszeit ca. 14–21 Tage) Klinisch und durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Erkrankung: Klinisches Bild vereinbar mit Windpocken und labordiagnostischer Nachweis Durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte asymptomatische Infektion: Labordiagnostischer Nachweis bei fehlendem klinischem Bild Nur durch labordiagnostischen Nachweis bestätigte Infektion: Labordiagnostischer Nachweis vorhanden, Angaben zum klinischen Bild nicht ermittelbar Referenzzentrum: Keines Ansprechpartnerin: Dr. Elisabeth Daghofer Institut für Hygiene der Medizinischen-Universität Graz Universitätsplatz 4, 8010 Graz Tel.: 0 31 6/380-43 67 E-Mail: [email protected] 285 285 Maßnahmen bei meldepflichtigen und sonstigen für die Steiermark relev anten Infekt ionsk Zerkarien-(Bade-)Dermatitis rankheit Die Badedermatitis („Swimmers itch“) ist ein juckender Hautausschlag, der durch im Wasser lebende Larven von Saugwürmern (Trematoden-Larven = Zerkarien) hervorgerufen wird. Die Larven können sich aktiv in die menschliche Haut einbohren und eine entzündliche Reaktion hervorrufen. Eine Weiterentwicklung der Larven im Menschen ist bisher nicht bekannt. Verbreitung: Weltweit. In den letzten Jahren wird immer häufiger von einem epidemieartigen Auftreten dieser Badedermatitis in Zentraleuropa und auch in Österreich berichtet. Erreger: Die in Europa am häufigsten vorkommende Art von Saugwürmern, die für die Badedermatitis verantwortlich sind, ist Trichobilharzia szidati. Morphologisch ist Trichobilharzia szidati charakterisiert durch die Gliederung in Körper, Schwanzstamm und Schwanzgabeln (= Furcen). Das Kopforgan hat Saugnapfcharakter, in ihm münden Bohrdrüsen und der Darm. Weiters befinden sich am Körper zwei Ocellen und der Bauchsaugnapf. Die Zerkarien sind Larven von Saugwürmern, die in heimischen Wasservögeln (z. B. Stockenten) parasitieren. Mit dem Kot und Urin dieser Vögel gelangen die Eier geschlechtsreifer Würmer ins Wasser. Dort schlüpfen die Larven und befallen die Wasserschnecken. In ihrem Zwischenwirt reifen sie zu Zerkarien heran. Der Kreis schließt sich, wenn die auf Grund ihrer Form auch Gabelschwanzlarve bezeichneten Parasiten erneut ins Wasser gelangen und ihren Endwirt, zumeist Enten, infizieren und sich in deren Darm zu reifen Würmern entwickeln. Während längerer Hitzeperioden und dadurch ansteigender Wassertemperatur werden Tausende von Larven von den Wasserschnecken ausgestoßen und überleben etwa zwei bis drei Tage. Die Larven können im Fehlwirt Mensch nur bis in die Hautoberfläche eindringen und verursachen durch allergisch-toxische Prozesse an derselben die typischen Erscheinungen. Das Verschlucken der Zerkarien ist ungefährlich, der Infektionsweg geht nur über die Hautoberfläche. Infektion und Klinik: Die Zerkarie haftet sich mit dem Bauchsaugnapf an der Hautoberfläche fest. Das Durchdringen der Epidermis erfolgt mittels eines histeolytischen Sekrets aus den Penetrationsdrüsen. Dabei oder schon früher wird der Schwanz abgeworfen. Nach der Penetration setzt ein Juckreiz ein, der jedoch meist nach 15 bis 30 Minuten wieder abklingt. Ohne Sensibilisierung kommt es zu keiner Papelbildung. Bei vorhandener Sensibilisierung setzt ein immer stärker werdender Juckreiz ein. Nach 12 bis 15 Stunden liegt das vollständige Krankheitsbild der Badedermatitis vor. Die penetrierten Zerkarien sterben im Unterhautbindegewebe ab. Eine Migration in den Körper wurde bisher nur bei Mäusen und Kaninchen nachgewiesen. Dort führten sie in der Lunge zu Hämorrhagien und Infiltraten. Ursachen: Die Gründe für stärkeres Auftreten von Zerkarien sind in künstlichem, artenarmem Biotop zu suchen, das durch Weglassen bestimmter Ökofaktoren extreme Umweltbedingungen nicht ausgleichen kann. Auslöser für Massenauftreten sind meist lang andauernde Hitzeperioden, während der die Wassertemperaturen permanent zwischen 26 und 28 °C liegen. Prophylaxe: Ein artenreicher Fischbesatz reduziert Makrophyten und Schnecken – hier wären besonders Amurkarpfen (Ctenopharyngodon idella) als Pflanzenfresser und Schleien (Tinca tinca) für die Reduktion der Schnecken zu empfehlen. Weiters sollte die Zahl der Wasservögel möglichst niedrig gehalten werden und das Anlocken der Enten durch Futter sollte an einem Badegewässer unterbunden werden. Bekämpfung: Aufsammeln der Schnecken (evtl. Anködern mit Hefe). Keinesfalls sollten Molluszide eingesetzt werden. Aufgaben des Amtsarztes: Beratung bei Ausbruchsgeschehen in öffentlichen Einrichtungen. Bei Massenauftreten ggf. vorübergehende Sperre der Badeeinrichtung. Meldepflicht: Keine. 286 286 en Referenzzentrum: Keines Ansprechpartner: Univ.-Prof. Mag. Dr. Franz F. Reinthaler und Univ.-Prof. Mag. Dr. Franz Mascher Institut für Hygiene der Medizinischen-Universität Graz Universitätsplatz 4, 8010 Graz Tel.: 0 31 6/380-43 86 bzw. 43 89 E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Univ.-Prof. R. Peter Wolf Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie Auenbruggerplatz 8, 8036 Graz Tel.: 0 31 6/385-32 54 oder 30 26 287 287 Anhang: Beispiele für Erhebungsbögen und Merkblätter Inhalt Die Aufgaben für den Gesundheitsaufseher bei der Erhebung sporadischer Fälle von Salmonellose, Campylobacteriose oder Yersiniose............................................................................................................................... 297 Die Aufgaben des Amtsarztes bei der Erhebung sporadischer Fälle an Salmonellose, Campylobacteriose oder Yersiniose............................................................................................................................... 299 Erhebungsbogen sporadischer Fall bzw. Erkrankung innerhalb einer Familie („Salmonellen, Campylobacter, Yersinia“) ................................................................................................................... 301 Informationsblatt: Salmonellen ........................................................................................................................................303 Informationsblatt: Campylobacter....................................................................................................................................305 Informationsblatt: Hepatitis A............................................................................................................................................307 Informationsblatt: Hepatitis A für Eltern und Erziehungsberechtigte (1) ...................................................... 309 Informationsblatt: Hepatitis A für Eltern und Erziehungsberechtigte (2) ...................................................... 311 Informationsblatt: Hepatitis A für Eltern und Erziehungsberechtigte (3) – Einwilligungserklärung .........................................................................................................................................................313 Information: Hepatitis-B für Patienten und Angehörige ..................................................................................... 315 Information: Hepatitis-C für Patienten und Angehörige ..................................................................................... 317 Erhebungsbogen: Hepatitis B/C.........................................................................................................................................319 Richtlinien für die Vorgangsweise bei TBC-Umgebungsuntersuchungen ....................................................... 321 288 288 289 289 Die Aufgaben für den Gesundheitsaufseher bei der Erhebung sporadischer Fälle an Salmonellose, Campylobacteriose oder Yersiniose 1. Die Erhebung hat sofort nach der Meldung zu erfolgen. 2. Sie wird vorerst durch den Gesundheitsaufseher durchgeführt und erfolgt entweder telefonisch oder vor Ort (kann niemand erreicht werden, so wird entweder eine Rückrufkarte hinterlegt oder mittels eingeschriebenen Brief um Kontaktaufnahme mit der Gesundheitsbehörde gebeten). 3. Für die Erhebung wird der vorgesehene Erhebungsbogen verwendet, die Daten werden möglichst vollständig erhoben. 4. Bei Personen, die im Lebensmittelbereich tätig sind bzw. mit der Herstellung von Lebensmitteln befasst sind, wird in jedem Fall (vor dem Arbeitsbeginn) eine Vorladung zum Amtsarzt vereinbart. 5. Bei Personen, die im Gesundheitsbereich tätig sind (insbesondere Intensivstationen, hämatologisch-onkologische Stationen und Kinderabteilungen) ist vor dem Arbeitsbeginn eine Kontaktaufnahme mit dem Amtsarzt erforderlich, um eine individuelle Lösung anzustreben. 6. Bei Personen, denen die Problematik der Übertragung nicht vermittelt werden kann (z. B. geistig Behinderte, Kleinkinder) und die (zeitweise) in einer Gemeinschaftseinrichtung untergebracht sind, ist eine Kontaktaufnahme des Erziehungsberechtigten mit dem Amtsarzt erforderlich, um eine individuelle Lösung anzustreben. 7. Bei Verdacht auf ein Ausbruchsgeschehen wird sofort der zuständige Amtsarzt davon in Kenntnis gesetzt und die weitere Vorgangsweise mit diesem abgesprochen. 8. Sollte sich bei der Erhebung eine Infektionsquelle als sehr wahrscheinlich herausstellen und sind noch Nahrungsmittelreste vorhanden, so sollten diese über die Lebensmittelaufsicht an die Lebensmitteluntersuchungsanstalt weitergeleitet werden. 9. Bei Erhebung vor Ort ist das Informationsblatt nachweislich auszuhändigen. Desinfektionsmaßnahmen werden keine vorgenommen Stuhlgefäße werden vom Gesundheitsaufseher nicht mehr routinemäßig ausgehändigt 290 290 291 291 Die Aufgaben des Amtsarztes bei der Erhebung sporadischer Fälle an Salmonellose, Campylobacteriose oder Yersiniose 1. Die Meldung erfolgt nach Umsetzung des „Steirischen Seuchenplanes“ durch das mikrobiologische Labor direkt an die zuständige Gesundheitsbehörde (vorwiegend per Fax, es wird vorerst ein Zwischenbefund [z. B. Salmonella der Gruppe D] und nach Typisierung der Endbefund mitgeteilt). 2. Die amtsärztliche Erhebung sollte möglichst rasch eingeleitet werden (im Gesetzestext heißt es unverzüglich und außerdem je früher diese erfolgt, desto eher kann auf evtl. vorliegende Probleme reagiert werden). 3. Die Erhebung kann vorerst durch den Gesundheitsaufseher erfolgen, wobei entweder eine Erhebung vor Ort durchgeführt wird oder auch telefonisch Kontakt aufgenommen werden kann. Eine dringende Notwendigkeit einer Vor- Ort-Erhebung ist im Allgemeinen nicht gegeben. 4. Der vorbereitete Erhebungsbogen sollte möglicht vollständig ausgefüllt werden. Der Sinn liegt erstens in der Erfassung der wichtigsten epidemiologischen Grunddaten (Alter, Geschlecht, Art des Erregers, geographische Verteilung, Saisonalität, vermutete oder mögliche Infektionsquelle, Auslandsanamnese, Einzelerkrankung, Erkrankung innerhalb der Familie). Außerdem soll bei der Erhebung abgeklärt werden, ob eine erkrankte Person im Lebensmittelbereich tätig ist. Wenn dies der Fall ist, wird in jedem Fall eine Vorladung beim zuständigen Amtsarzt nach Genesung und noch vor Wiederbeginn der Arbeitstätigkeit vereinbart. Der Amtsarzt entscheidet in weiterer Folge über eine Wiederzulassung bzw. über evtl. notwendige Kontrolluntersuchungen. Bei Personen, denen die Problematik der Übertragbarkeit nicht vermittelt werden kann (geistig Behinderte, Kleinkinder) und die (zeitweise) in einer Gemeinschaftseinrichtung versorgt werden, wird der Erziehungsberechtigte aufgefordert, mit dem Amtsarzt Kontakt aufzunehmen, um die weitere Vorgangsweise festzulegen. Bei Personen, die im Gesundheitsbereich tätig 5. 6. 7. 8. sind (insbesondere Intensivstationen, hämatologisch-onkologische Stationen und Kinderabteilungen) ist nach Rücksprache mit dem Hygienebeauftragten vor dem Arbeitsbeginn eine individuelle Lösung anzustreben. Sollte sich bei der Erhebung der Verdacht ergeben, dass es sich um ein Ausbruchsgeschehen (über den Familienverband hinausgehend) handelt, oder ein Ausbruch zu erwarten ist, soll der erhebende Beamte sofort mit dem zuständigen Amtsarzt Kontakt aufnehmen, um die weitere Vorgangsweise festzulegen. Sollte sich bei der Erhebung ein bestimmtes Nahrungsmittel als plausible Infektionsquelle herausstellen und sind davon noch Reste vorhanden, so wäre eine Abklärung der Infektionskette wünschenswert. Diese Untersuchungsproben sollten in weiterer Folge über die Lebensmittelaufsicht an die Lebensmitteluntersuchungsanstalt weitergeleitet werden. Da Desinfektionsmaßnahmen im Haushalt nicht notwendig sind, ist es auch nicht notwendig, von Seiten der Behörde diesbezügliche Maßnahmen zu setzen. Um die Verbreitung der genannten Erreger im privaten Umfeld zu vermeiden, genügt Händewaschen mit Seife und warmem Wasser nach dem WC bzw. nach dem Wickeln von Kleinkindern oder bettlägrigen Patienten. Eine Händedesinfektion wird lediglich stillenden Müttern empfohlen. Eine Desinfektion der Toilette ist nicht notwendig, die Anwendung von WC-Reinigern reicht aus. Sollte sich bei der Befragung herausstellen, dass auch andere Familienmitglieder an einer Durchfallerkrankung erkrankt sind, so sollte von Seiten der Behörde ein Besuch beim Hausarzt vorgeschlagen werden. Umgebungsuntersuchungen durch die Behörde selbst sind nur dann als sinnvoll anzusehen, wenn mit diesen Untersuchungen eine bestimmte Fragestellung beantwortet werden soll. Die Entscheidung darüber sollte jedoch dem Amtsarzt vorbehalten bleiben und nicht durch den Gesundheitsaufseher erfolgen. 292 292 Sollte der Amtsarzt solche Untersuchungen anordnen, dann ist die Stuhlprobe unbedingt in einem entsprechenden Einsendegefäß zu versenden. Diese Proben sollten generell an die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Bakteriologischserologische Untersuchungen Graz, Beethovenstraße 6, A-8010 Graz, geschickt werden. Die so genannten „Stuhlbriefchen“ sollten nicht mehr zum Einsatz kommen. 9. Bezüglich Wiederzulassung in Schulen und sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen empfehlen wir prinzipiell die Empfehlungen des RKI anzuwenden: „Bevor ein Ausschluss von Personen aus einer Gemeinschaftseinrichtung aus Gründen des Infektionsschutzes verfügt wird, sollte stets geprüft werden, ob die Belastungen, die beispielsweise in einer Familie durch Ausschluss eines Kindes aus dem Kindergarten entstehen, vermieden werden können und ob das Ziel einer Verhütung von Infektionen nicht auch durch Aufklärung über Infektionswege, hygienische Beratung und gegebenenfalls durch detaillierte Anweisungen des zuständigen Gesundheits- 293 293 amtes erreicht werden kann.“ In diesen Empfehlungen wird im Speziellen für das Problem „Enteritiden durch Salmonellen, Campylobacter und Yersinia enterocolitica“ folgende Vorgangsweise vorgeschlagen: „Wiederzulassung nach Abklingen des Durchfalls (geformter Stuhl)“ und weiters: „Es gibt keinen medizinischen Grund, asymptomatischen Kindern, die Enteritissalmonellen, Campylobacter oder Yersinien ausscheiden, den Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen zu untersagen. Diese Praxis, Kinder aufgrund ihres klinischen Befundes, vor allem nach Abklingen des Durchfalls, ohne bakteriologische Kontrolluntersuchungen Gemeinschaftseinrichtungen wieder besuchen zu lassen, hat sich seit Jahren in verschiedenen Regionen Deutschlands und in vielen Ländern bewährt. Kontaminierte Nahrungsmittel, nicht aber asymptomatische Ausscheider sind die relevanten Infektionsquellen.“ (Empfehlungen für die Wiederzulassung in Schulen und sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen; herausgegeben vom Robert- Koch-Institut und Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, www.rki.de) Erhebungsbogen sporadischer Fall bzw. Erkrankung innerhalb einer Familie („Salmonellen, Campylobacter, Yersinia“) Bezirk: ................................................................ Anzeige von ..................................................................................... am ...................................... um..................................... Erhebender Beamter: ............................................. Erhebung durchgeführt am ........................... Familienname des Patienten: .................................................... Vorname: ...................................................................... Geburtsdatum: ................................................ Anschrift: ........................................................................................................................................................................................................... Beruf:..................................................................... Nachgewiesener Erreger:............................... Beginn der Erkrankung am ....................................................................................................................... nicht erkrankt: Gibt es eine sehr wahrscheinliche oder vermutete Infektionsquelle: ja nein Wenn ja, welche (Art, Bezugsquelle usw.): ........................................................................................................................... ................................................................................................................................................................................................................. ............................................................................................................................................................................................................� ... Sind andere Familienmitglieder auch an einem Durchfall erkrankt: ja nein Wenn ja, wer: ....................................................... (bitte eigenen Erhebungsbogen ausfüllen!) War der/die Betroffene innerhalb 1 Woche vor Beginn der Erkrankung im Ausland oder in einem anderen Bundesland und lässt sich evtl. die Erkrankung mit diesem Aufenthalt in Verbindung bringen: ja nein nicht sicher Wenn ja, wo: .................................................... 294 294 Bestehen zum Zeitpunkt der Erhebung noch Durchfälle: ja nein Besucht der/die Betroffene (zeitweise) eine Gemeinschaftseinrichtung: ja nein ja nein ja nein ja nein ja nein Wenn ja, wo: ........................................................ Adresse: ................................................................... Ist der/die Betroffene im Lebensmittelbereich tätig: Wenn ja, in welcher Funktion:............................................................................... Wo:................................................................................................................................... Adresse: .......................................................................................................................... Ist der/die Betroffene im Gesundheitsbereich tätig: Wenn ja, wo: ...................................................... Adresse: ................................................................. Das Informationsblatt wurde nachweislich ausgehändigt: Wenn ja, Unterschrift des Patienten:....�........................................................ Eine Vorladung zum Amtsarzt wurde als notwendig erachtet: Wenn ja, Termin am ......................................................................................... in der Zeit von.......................... bis ........................... Ort: …………………………………………………………………………………… Unterschrift ...................................................................... 295 295 Informationsblatt über Salmonellen Salmonellenerkrankungen kommen weltweit vor. Die Infektionserreger gelangen vor allem über rohes Geflügel und Hühnereier (Schale, Inhalt) in die Küche. Werden sie durch unsachgemäße Küchenhygiene auf Nahrungsmittel übertragen, die roh gegessen (z. B. Cremespeisen, Tiramisu) bzw. nicht mehr (ausreichend) erhitzt werden (Faschiertes, Semmelknödel u. dgl.), kann es nach deren Genuss zu einer Erkrankung kommen. Die Zeitspanne zwischen dem Essen, welches die Keime enthielt, und den ersten Krankheitszeichen beträgt meist 6 bis 72 Stunden. Als Leitsymptom kann Durchfall angeführt werden. Die Salmonellen werden mit dem Stuhl ausgeschieden, insbesondere solange Durchfälle bestehen. In der Folge lassen sich die Erreger bis zu 5 Wochen lang im Stuhl nachweisen. Die Übertragung der Keime kann daher auch von einem Erkrankten auf einen Gesunden erfolgen. Die Übertragungswege können sein: StuhlHände Lebensmittel Mund oder direkt Stuhl Hände Mund Zur Vermeidung einer Übertragung auf diesem Weg ist somit die Einhaltung der persönlichen Hygiene das Wichtigste. Insbesondere sollten folgende Hygienemaßnahmen beachtet werden: Nach der Benützung der Toilette und vor der Essenszubereitung müssen die Hände mit Seife und warmem Wasser gründlich gewaschen werden. Jede Person sollte eigene Hygieneartikel (Handtuch, Waschlappen u. dgl.) benützen. Die Verwendung von Desinfektionsmitteln ist üblicherweise nicht notwendig. Bei sichtbaren Verunreinigungen mit Stuhl sollte eine Reinigung mit einem handelsüblichen Reinigungsmittel vorgenommen werden. Stillende Mütter sollten jedoch nach der Benützung der Toilette und vor dem Stillen eine Händedesinfektion durchführen. Bei Personen, welche Kindergärten, Krabbelstuben u. dgl. besuchen oder in Lebensmittelbetrieben oder im Krankenhaus- oder Pflegeheimbereich arbeiten, können weitere Stuhlkontrollen sowie eine amtsärztliche Rücksprache notwendig sein; in diesem Fall werden Sie ersucht, den vom Erhebungsbeamten übermittelten Gesprächstermin mit dem Amtsarzt verlässlich einzuhalten. Für Rückfragen steht der Amtsarzt telefonisch in der Zeit von ................. bis ................. unter der Telefonnummer ......................................... zur Verfügung. 296 296 297 297 Informationsblatt über Campylobacter Campylobactererkrankungen kommen weltweit vor. Die Infektionserreger gelangen vor allem über rohes Geflügel und unpasteurisierte Milch in die Küche. Werden sie durch unsachgemäße Küchenhygiene auf Nahrungsmittel übertragen, die roh konsumiert (z. B. Milch und Milchprodukte) bzw. nicht mehr (ausreichend) erhitzt werden, kann es nach deren Genuss zu einer Erkrankung kommen. Die Zeitspanne zwischen dem Essen, welches die Keime enthielt, und den ersten Krankheitszeichen beträgt meist 2 bis 3 Tage. Als Leitsymptom kann Durchfall angeführt werden. Campylobacter werden mit dem Stuhl ausgeschieden, insbesondere solange Durchfälle bestehen. In der Folge lassen sich die Erreger bis zu 4 Wochen lang im Stuhl nachweisen. Die Übertragung der Keime kann daher auch von einem Erkrankten auf einen Gesunden erfolgen. Die Übertragungswege können sein: Stuhl Hände direkt Stuhl Lebensmittel Mund oder Nach der Benützung der Toilette und vor der Essenszubereitung müssen die Hände mit Seife und warmem Wasser gründlich gewaschen werden. Jede Person sollte eigene Hygieneartikel (Handtuch, Waschlappen u. dgl.) benützen. Die Verwendung von Desinfektionsmitteln ist üblicherweise nicht notwendig. Bei sichtbaren Verunreinigungen mit Stuhl sollte eine Reinigung mit einem handelsüblichen Reinigungsmittel vorgenommen werden. Stillende Mütter sollten jedoch nach der Benützung der Toilette und vor dem Stillen eine Händedesinfektion durchführen. Bei Personen, welche Kindergärten, Krabbelstuben u. dgl. besuchen oder in Lebensmittelbetrieben oder im Krankenhaus- oder Pflegeheimbereich arbeiten, können weitere Stuhlkontrollen sowie eine amtsärztliche Rücksprache notwendig sein; in diesem Fall werden Sie ersucht, den vom Erhebungsbeamten übermittelten Gesprächstermin mit dem Amtsarzt verlässlich einzuhalten. Hände Mund Zur Vermeidung einer Übertragung auf diesem Weg ist somit die Einhaltung der persönlichen Hygiene das Wichtigste. Insbesondere sollten folgende Hygienemaßnahmen beachtet werden: Für Rückfragen steht der Amtsarzt telefonisch in der Zeit von ................. bis ................. unter der Telefonnummer ......................................... zur Verfügung. 298 298 299 299 Informationsblatt: Hepatitis A An die Direktion / Leitung der / des ............................................. In der ............................................. Klasse/Gruppe ist am ................................................... ein Kind an einer infektiösen Gelbsucht (Hepatitis A) erkrankt. Die krankmachenden Keime werden mit dem Stuhl bereits ca. zwei Wochen vor sichtbaren Krankheitszeichen ausgeschieden, sodass weitere Erkrankungsfälle von bereits Infizierten nicht ausgeschlossen werden können. Zur Vermeidung einer weiteren Verbreitung sind folgende Hygienemaßnahmen notwendig: Wiederholte Hygienebelehrung der Schüler (Händewaschen nach der Toilettenbenützung, kein Austausch von Jause, nicht mit den Fingern zum Mund fahren, keine Gegenstände wie z. B. Bleistifte in den Mund nehmen) Zuweisung einer bestimmten WC-Anlage für die nachfolgend angeführten Klassen .................................. Verbot der Benützung dieser WC-Anlage durch Schüler anderer Klassen Reinigung der WC-Anlage nach der großen Pause, nach dem Unterricht und bei sichtbaren Verunreinigungen durch das Reinigungspersonal mit einem handelsüblichen chlorhaltigen Reinigungsmittel Bereitstellung von Flüssigseife in Seifenspender im Handwaschbereich Bereitstellung von Einmalhandtüchern (Papier) Ehestmögliche nachweisliche Abgabe der Informationsblätter 1 und 3 bzw. 2 an einen Erziehungsberechtigten der Schüler/Kinder der Klasse/Gruppe: .............................................................................................................. Bei Kindern/Gruppen, bei denen die Einhaltung obiger Hygienemaßnahmen nicht gewährleistet erscheint, ist zu erwägen, diese vom Besuch der Gemeinschaftseinrichtung bis zu zwei Wochen nach Verabreichung einer Impfung oder bis zum Ablauf der Inkubationszeit auszuschließen! Ergeht nachrichtlich an den Schularzt. Mit freundlichen Grüßen! Graz, ........................................................ 300 300 301 301 Informationsblatt: Hepatitis A für Eltern und Erziehungsberechtigte enger Kontaktpersonen (1) Sehr geehrte Eltern, sehr geehrte Erziehungsberechtigte! Ihr Kind ………………………………… hatte in den vergangenen Tagen eventuell Kontakt mit Erregern der infektiöser Gelbsucht (Hepatitis A). Die krankmachenden Keime werden mit dem Stuhl ausgeschieden und durch mit Stuhl verunreinigte Hände, Gegenstände, Lebensmittel oder Trinkwasser übertragen. Zwischen der Keimaufnahme und den ersten sichtbaren Krankheitszeichen vergehen im Mittel 25-30 Tage, max. 50 Tage (so genannte Inkubationszeit). Die Keimausscheidung mit dem Stuhl beginnt bereits ein bis zwei Wochen vor den ersten Krankheitszeichen. Deshalb ist es nicht ausgeschlossen, dass sich weitere noch nicht erkennbare Keimausscheider im Umfeld befinden und weitere Erkrankungsfälle in der Schule/im Kindergarten auftreten. Die Erkrankung kündigt sich durch Müdigkeit und Abgeschlagenheit an. Es kommt zu einem grippeartigen Zustandsbild mit Fieber, Oberbauchbeschwerden, Übelkeit, Brechreiz, Muskel- und Gelenksbeschwerden und evtl. Gelbsucht, hellem Stuhl und dunklem Harn. Beim Auftreten eines der angeführten Symptome sollte unverzüglich der Arzt aufgesucht werden. Zur Vermeidung einer Weiterverbreitung innerhalb des Familienverbandes sollten bis Ablauf der Inkubationszeit, d. h. innerhalb der nächsten 7 Wochen, alle Personen des gemeinsamen Haushaltes folgende Hygienemaßnahmen einhalten: Nach Toilettenbenützung soll eine gründliche Händereinigung mit Seife und warmem Wasser erfolgen Zur Händetrocknung sollen Papier-Einmalhandtücher verwendet werden Sichtbare Verunreinigungen durch Stuhl müssen mit einem handelsüblichen chlorhaltigen Reinigungsmittel gereinigt werden Händereinigung vor der Essenszubereitung Mit Stuhl verunreinigte Leib- und Bettwäsche soll in der Haushaltswaschmaschine mit einem 90 °C-Programm gewaschen werden; Einmalwindeln verwenden Neben diesen oben angeführten Hygienemaßnahmen wird/werden für Ihr Kind nachfolgend angekreuzte/n Impfung/en empfohlen. Eine mögliche bereits stattgefundene Infektion, kann dadurch evtl. nicht mehr wesentlich beeinflusst werden, schützt aber mit großer Wirksamkeit vor künftigen Infektionen. Immunglobulin aktive Immunisierung In der Schule/im Kindergarten wird deshalb am ……………………….. um ………………...…. die Gelegenheit einer Gratisimpfung angeboten. Der Impfpass und die dem Informationsblatt beigelegte Einwilligungserklärung sind mitzubringen. Sollte ein über den Anlassfall hinausgehender Langzeitschutz – im Allgemeinen für mind. 10 Jahre – gewünscht werden, so ist zur Vervollständigung der Grundimmunisierung eine weitere Impfung nach ca. einem Jahr notwendig, welche jedoch auf eigene Kosten durchzuführen ist. 302 302 303 303 Informationsblatt: Hepatitis A für Eltern und Erziehungsberechtigte (2) Sehr geehrte Eltern, sehr geehrte Erziehungsberechtigte! Ihr Kind besucht eine Schule, in welcher – in einer anderen Klasse – eine Erkrankung/Erkrankungen an infektiöser Gelbsucht (Hepatitis A) aufgetreten ist/sind. Die krankmachenden Keime werden mit dem Stuhl ausgeschieden und können durch mit Stuhl verunreinigte Hände, Gegenstände, Lebensmittel übertragen werden. Da Ihr Kind nach den bisherigen Erhebungen weder engen Kontakt mit dem(n) Erkrankten hatte, noch dieselbe Toilette(n) benützt, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass Ihr Kind angesteckt wurde. Sollte Ihr Kind dennoch in den nächsten 7 Wochen an einem grippeartigen Zustandsbild mit ungewöhnlicher Müdigkeit und Appetitlosigkeit, Fieber, Oberbauchbeschwerden, Übelkeit, Erbrechen, Gelenks- und Muskelbeschwerden, hellem Stuhl, dunklem Harn und evtl. Gelbsucht erkranken, suchen Sie bitte möglichst rasch einen Arzt auf (es müssen nicht alle Symptome vorhanden sein!). Für die „engen Kontaktpersonen“ wurden zur Vermeidung einer Weiterverbreitung konsequente Hygienemaßnahmen eingeleitet. Weiters findet für diesen Personenkreis eine kostenlose Impfaktion des Gesundheitsamtes statt. Unabhängig vom aktuellen Anlass wird auf die Möglichkeit einer vorbeugenden aktiven Schutzimpfung gegen Hepatitis A hingewiesen. Die 1. Teilimpfung schützt schon für ein Jahr, nach der 2. Teilimpfung im Abstand von 6 bis 12 Monaten besteht ein Schutz für mindestens zehn Jahre! Die Impfung wird auch als Reiseimpfung für südliche Länder (Ansteckung häufig über Meeresfrüchte, besonders Muscheln und Fisch) empfohlen. 304 304 305 305 Informationsblatt: Hepatitis A für Eltern und Erziehungsberechtigte (3) Einwilligungserklärung (bitte nur ausfüllen, wenn die Impfung gewünscht wird) Betrifft: Hepatitis-A-Impfung und/oder Immunglobulingabe Sehr geehrte Erziehungsberechtigte! Sie werden höflichst ersucht, im Interesse Ihres Kindes die beiliegende Information zu lesen und die angeführten Fragen genau zu beantworten, sofern Sie eine Impfung/Immunglobulinverabreichung wünschen. Für etwaige Rücksprachen steht Ihnen das Impfteam vor dem angeführten Impftermin zur Verfügung. Name des Kindes: .......................................................................................................................................................................... geb. am:........................................................................................... wohnhaft: ....................................................................................................................................................................................... Schule: ................................................................................. Klasse: ............................................................................................ Tel.-Nr., unter der ein gesetzlicher Vertreter tagsüber erreichbar ist: ...................................................................... 1. Teilimpfung Immunglobulingabe Die Hepatitis A ist eine akute, virusbedingte Entzündung der Leber. Sie ist in wärmeren, hygienisch schlecht entwickelten Ländern weit verbreitet. Die Erkrankung kann mehrere Wochen dauern, verläuft aber in den meisten Fällen gutartig, vor allem bei Kindern. Mit zunehmendem Alter steigt die Häufigkeit von schweren Verlaufsformen, die bis zum Leberversagen führen können. Eine spezielle Therapie für die Erkrankung gibt es nicht. Hepatitis A - aktive Impfung: Ist eine sehr gut verträgliche Impfung (Totimpfstoff). Durch die Impfung wird der Körper zur Produktion von schützenden Abwehrstoffen (Antikörper) angeregt. Dieser Prozess dauert ca. 10-14 Tage, dann bleibt der Schutz für ca. 1 Jahr bestehen. Dann sollte für einen Langzeitschutz eine 2. Impfung erfolgen. Nebenwirkungen/Gegenanzeigen: In seltenen Fällen kann es an der Injektionsstelle zu Rötung und Schwellung sowie zu Allgemeinreaktionen in Form von Abgeschlagenheit, leichter Temperaturerhöhung, Gliederschmerzen oder Kreislaufreaktionen wie vorübergehendem Blutdruckabfall kommen. Bei bekannten Allergien unbedingt Rücksprache mit dem Arzt halten! Immunglobulin - passive Immunisierung: Es werden bereits fertige Abwehrstoffe (Antikörper), die aus menschlichem Plasma gewonnen werden, zugefügt. Es wird ein sofort wirksamer, aber nur kurz dauernder - ca. 3 Monate - Schutz erreicht. Zu anderen Lebendvirusimpfungen (z. B. MMR, Gelbfieber) ist ein Abstand von 3 Monaten einzuhalten! Nebenwirkungen: Immunglobuline sind ebenfalls gut verträglich. In seltenen Fällen kann es an der Injektionsstelle zu Rötung und Schwellung sowie zu Allgemeinreaktionen in Form von leichter Temperaturerhöhung oder Kreislaufreaktionen wie vorübergehendem Blutdruckabfall kommen. Bei Allergien gegen Bestandteile des Impfstoffes Rücksprache mit dem Arzt halten! Gegenanzeigen: Schwere Thrombozytopenie (starke Verringerung der Blutplättchen) oder andere schwere Gerinnungsstörungen. Vorsicht bei IgA-Mangel (Form von angeborener Abwehrschwäche). 306 306 1. Hat Ihr Kind in den letzten 4 Wochen eine Erkrankung durchgemacht? Wenn JA NEIN welche? ............................................................ 2. Erhielt Ihr Kind in den letzten 3 Monaten andere Impfungen, Spritzen, Bluttransfusionen, Bestrahlungen, wurden oder werden irgendwelche Medikamente eingenommen? Wenn JA NEIN wegen? .......................................................... was wurde verabreicht? ........................ wann erfolgte die letzte Verabreichung/Einnahme? ................................................................................................ 3. Besteht eine Allergie/Unverträglichkeit? Wenn JA NEIN worauf? ......................................................... 4. Gab es auf frühere Impfungen Reaktionen? Wenn JA NEIN welche? .......................................................... worauf? .......................................................... 5. Leidet zurzeit das Kind oder ein Familienmitglied an einer Infektionskrankheit oder an einer angeborenen oder erworbenen Abwehrschwäche? Wenn JA NEIN wer?..............................................................� ... woran?........................................................... 6. Hatte Ihr Kind schon eine infektiöse Gelbsucht/Hepatitis? Wenn JA NEIN welche? ........................................................... wann? .............................................................. 7. Mein Kind ist derzeit gesund. JA NEIN Ich habe keine weiteren Fragen und wünsche die Durchführung der Impfung! Graz, am ......................................... ................................................................................... (Unterschrift eines gesetzlichen Vertreters) Bitte geben Sie den Impfpass mit. Sollte sich bei Ihrem Kind bis zum Impftag eine Änderung im Gesundheitszustand ergeben (z. B.: Verkühlung, Durchfall, Halsweh etc.), teilen Sie dies bitte dem Impfarzt mit (z. B.: dem Kind eine Notiz mitgeben). Zutreffendes bitte ankreuzen! 307 307 Information für Hepatitis-B-Patienten und Angehörige Häufigkeit Das Hepatitis-B-Virus (HBV) ist die häufigste Ursache der akuten Virushepatitis. Das HBV sollte künftig durch die aktive Hepatitis-B-Impfung aller Kinder an Bedeutung verlieren. Verlauf Bei Infektion im Erwachsenenalter kommt es in ca. 95% zu einer Spontanheilung und nur bei 5% zur Chronifizierung. Bei Infektion im Kindesalter ist die Chronizitätsrate wesentlich höher. Vorsichtsmaßnahmen Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Hepatitis-B-Impfung mit den erforderlichen Auffrischungsimpfungen einen nahezu 100%igen Infektionsschutz bietet. Neben Blut sind auch andere Körperflüssigkeiten (Speichel, Sperma, Tränen) infektiös. Dementsprechend spielt die sexuelle Übertragung – wie bei HIV – eine wichtige Rolle. Folgende Punkte sollten beachtet werden: Das Übertragungsrisiko unter Haushaltsangehörigen ist beträchtlich, daher sollen alle HBVnegativen Kontaktpersonen von HBV-Trägern gegen Hepatitis B geimpft werden (wird von der Krankenkasse bezahlt) Übertragung bei Sexualpartnern: – Übertragung durch intimen Kontakt (Sexualverkehr, Küssen) möglich – Hepatitis-B-Impfung aller HBV-negativen Sexualpartner von HBV-Trägern – Kondome bis zum Erreichen des Impfschutzes erforderlich Vertikales Übertragungsrisiko (von Mutter auf Kind) sehr hoch, die vertikale Übertragung kann aber mittels sofortiger aktiver und passiver Immunisierung der Neugeborenen verhindert werden Verwendung von Einmalspritzen und -nadeln bei intravenös Drogenabhängigen Verwendung von sterilen Geräten bei Friseuren (Rasiermesser), Tätowierung/Piercing, Maniküre/ Pediküre, Kosmetikinstituten Kontaktadressen Leberambulanz an der Medizinischen Universitätsklinik (Vorstand: Univ.-Prof. Dr. Günter J. Krejs), Auenbruggerplatz 15, 8036 Graz – Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Rudolf E. Stauber, Tel. 0 31 6/385-24 22 oder -27 31, Fax 0 31 6/385-30 62, E-Mail [email protected] Referenzzentrum für Hepatitis A, B, C am Institut für Hygiene der Medizinischen Graz (Vorstand: Univ.-Prof. DDr. Egon Marth), Universitätsplatz 4, 8010 Graz – Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Harald H. Kessler, Tel. 0 31 6/380-43 63 oder -77 17, Fax 0 31 6/380-96 49, E-Mail [email protected] 308 308 309 309 Information für Hepatitis-C-Patienten und Angehörige Häufigkeit Die Häufigkeit der chronischen Hepatitis C in Österreich wird auf etwa 1% der Bevölkerung geschätzt. Das ergibt für Österreich etwa 80.000 Infizierte. Verlauf Bei etwa 20 bis 50% aller akuten Hepatitis-CInfektionen kommt es zu einer Spontanheilung, bei etwa 50 bis 80% zu einer Chronifizierung. Bei etwa drei Viertel der chronisch Infizierten verläuft die Hepatitis C mild, während es bei etwa einem Viertel nach durchschnittlich 20 Jahren zu einer Leberzirrhose kommt. Vorsichtsmaßnahmen Die Beurteilung der Übertragungsrisiken ist sehr schwierig, da beim Hepatitis-C-Virus die infektive Dosis nicht bekannt ist. Gesichert ist die Übertragung durch Blut und Blutprodukte. Da eine Schutzimpfung derzeit nicht zur Verfügung steht, bieten die im Folgenden angeführten Vorsichtsmaßnahmen den einzigen Schutz. Folgende Punkte sollten beachtet werden: Übertragungsrisiko innerhalb einer Familie bzw. unter Haushaltsangehörigen sehr gering – Verwendung eigener Toiletteartikel (Rasierer, Zahnbürsten, Nagelscheren, Nagelfeilen usw.) – Übertragung bei gemeinsamer Verwendung von Küchengeräten und Handtüchern äußerst unwahrscheinlich – Übertragung durch Kuss auf Wange oder auf andere unverletzte Hautstellen nicht möglich – Vorsicht bei offenen Wunden (Einmalhandschuhe) und Kontakt mit Blut Übertragung bei Sexualpartnern – Übertragung durch Zungenkuss äußerst unwahrscheinlich – Zahnfleischbluten (z. B. bei Parodontose) möglicherweise ein Risiko – Sexuelle Übertragung sehr selten – Kondom bei Geschlechtsverkehr während der Menstruation und bei Sexualpraktiken mit Verletzungsrisiko Vertikales Übertragungsrisiko (von der Mutter auf das Kind) sehr gering – Mütterliche Hepatitis-C-Infektion derzeit eher keine Indikation für Kaiserschnitt – Hepatitis-C-Übertragung durch Stillen sehr unwahrscheinlich, daher derzeit kein eindeutiger Einwand gegen das Stillen Verwendung von Einmalspritzen und -nadeln bei intravenös Drogenabhängigen Bekanntgabe der Erkrankung vor einem chirurgischen Eingriff und vor einer Zahnbehandlung, jedoch besteht keine generelle Informationspflicht der Infizierten über ihre Erkrankung Kontaktadressen Referenzzentrum für Hepatitis A, B, C am Institut für Hygiene der Medizinischen Universität Graz (Vorstand: Univ.-Prof. DDr. Egon Marth), Universitätsplatz 4, 8010 Graz – Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Harald H. Kessler, Tel. 0 31 6/380-43 63 oder -77 17, Fax 0 31 6/380-96 49, E-Mail [email protected] Leberambulanz an der Medizinischen Universitätsklinik (Vorstand: Univ.-Prof. Dr. Günter J. Krejs), Auenbruggerplatz 15, 8036 Graz – Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Rudolf E. Stauber, Tel. 0 31 6/385-24 22 oder -27 31, Fax 0 31 6/385-30 62, E-Mail [email protected] 310 310 311 311 Erhebungsbogen für Hepatitis B/C Anzeige erfolgte durch: .......................................................................... am: .......................... um: ..................................... Aufgenommen am: ................................................................................... von: ....................................................................... Erreichbarkeit ............................................... ............................................... Betroffene(r): Name: .............................................................................. geb: ....................................................................... Wohnort: .....................................................................................................� Dzt. Erreichbarkeit: ................................................................................. Beruf/Schule/Kindergarten oä.: ................................................................................................................................................ Arbeitsabteilung/Klasse/Gruppe: ........................................................ Anschrift: .......................................................................................................................................................................................... Verantwortlicher am Arbeitsplatz: ........................................................................................................................................... Erreichbarkeit: ......................................................................................... Wann traten die ersten Symptome auf? .............................................................................................................................. Welche? ............................................................................................................................................................................................ Letzter Aufenthalt in der Arbeitsstätte/Schule/Kindergarten u. a.: ............................................................................ Gilt nur für Hepatitis B: Wer erhielt bisher eine Impfprophylaxe? Wann? Wie oft? Von wem? Welche? ............................................................................................................................................................................................................. ............................................................................................................................................................................................................. Gibt es in der Umgebung derartige Erkrankungsfälle ja nein Wurde im vergangenen Halbjahr bei jemandem 1. Hilfe geleistet? ja nein Bestanden im vergangenen Halbjahr irgendwelche Blutkontakte (Operationen, Zahnbehandlungen)? ja nein Tätowierungen oder Piercing am eigenen Körper ja nein Erhielten Sie Blutkonserven? ja nein Besteht ein Drogenkonsum (iv)? ja nein Weiß der Geschlechtspartner Bescheid? ja nein Informationsblatt bezüglich der Infektiosität wurde ausgehändigt. Graz, am ......................................... ................................................................................... Unterschrift 312 312 313 313 Richtlinien für die Vorgangsweise bei TBC-Umgebungsuntersuchungen Personengruppen offene/ansteckende Tuberkulose geschlossene/nicht ansteckende/aktive Tuberkulose* Familie u. Wohnungsverband 1. Umgebungsuntersuchung sofort. 2. Umgebungsuntersuchung (Kontrolle) nach 3–4 Monaten. 3. Kontrolle: 9–12 Monate nach der Erstuntersuchung. Erste Umgebungsuntersuchung sofort. (Quellensuche). Kontrolluntersuchung nach 3–4 Monaten. Hort/Tagesmütter 1. Umgebungsuntersuchung sofort in der ganzen Gruppe sowie bei weiteren Personen, mit denen der Erkrankte einen lang dauernden, wiederholten Kontakt hatte. 2. Umgebungsuntersuchung (Kontrolle) nach 3–4 Monaten. Einmalige Umgebungsuntersuchung. Kindergarten 1. Umgebungsuntersuchung sofort in der ganzen Gruppe sowie bei weiteren Personen, mit denen der Erkrankte einen lang dauernden, wiederholten Kontakt hatte. 2. Umgebungsuntersuchung (Kontrolle) nach 3–4 Monaten. Einmalige Umgebungsuntersuchung. Schule 1. Umgebungsuntersuchung sofort in der ganzen Gruppe sowie bei weiteren Personen, mit denen der Erkrankte einen lang dauernden, wiederholten Kontakt hatte. 2. Umgebungsuntersuchung (Kontrolle) nach 3–4 Monaten. Einmalige Umgebungsuntersuchung. Arbeitsplatz 1. Umgebungsuntersuchung sofort, jedoch nur bei Personen, mit denen der Erkrankte unter stundenlanger Benützung gleicher Räume engen Kontakt hatte. 2. Umgebungsuntersuchung (Kontrolle) nach 3–4 Monaten. Einmalige Umgebungsuntersuchung. *) Fehlen eines Keimnachweises (Sputum – nativ, invasiv, Kultur), primär als Quellensuche. 314 314 315 Maßnahmen nach Terrorangriffen durch biologisc he Waffe n Inhalt C Maßnahmen nach Terrorangriffen durch biologische Waffen 1. Milzbrand (Anthrax) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorkommen und Erkrankung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mikrobiologische Diagnostik von Humanproben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mikrobiologische Diagnostik von Umweltproben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präventiv- und Bekämpfungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 332 334 334 335 335 Pocken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 2. 323 324 Maßnahmen nach Terrorangriffen durch biologisc he Waffe n C Maßnahmen nach Terrorangriffen durch biologische Waffen 325 326 Maßnahmen nach Terrorangriffen durch biologisc he Waffe n Katastrophenalarm Erste Anlaufstelle sind in der Regel die Sicherheitsbehörden. Die Einsatzleitung vor Ort hat der Bezirkshauptmann/sonstiger Jurist der Bezirksverwaltungsbehörde. Für Ablauforganisation und Informationsmanagement sind die Fachabteilung 7B Katastrophenschutz und Landesverteidigung mit Landeswarnzentrale zuständig. Der Amtsarzt wird vorerst nur als Amtssachverständiger beigezogen. Die Sicherheitsbehörde agiert auf Basis des Sicherheitspolizeigesetzes („Abwehr der Gefährdung bis Erste Hilfeleistung“!), der Einsatzleiter/ Bezirkshauptmann kann auf Basis des Steiermär- kischen Katastrophenschutzgesetzes die Einsatzorganisationen wie Feuerwehr bis zur Assistenzleistung des Bundesheeres abrufen. Natürlich können auch Amtssachverständige z. B. des Gewässerschutzes oder auch der Veterinärbehörde (siehe auch z. B. Hochwasser) beigezogen werden und ebenfalls die Sanitätsbehörde I. Instanz (Bürgermeister, Distriktsarzt). Erst bei Krankheitsverdacht tritt die Gesundheitsbehörde eigenständig und auch anordnungsbefugt auf Basis des Epidemiegesetzes auf den Plan. Ablaufschema 2.1 Fachabteilung 7B – Katastrophenschutz und Landesverteidigung 1. Katastrophenschutzplan des Landes Steiermark – Teilbereich „B- und C-Schadstoffe“ 122 133 144 Sonstige Bezirksleitzentrale Gendarmerie Bundespolizeidirektion Bezirkshauptmann Gesundheitsbehörde Sicherheitsbehörde Alarmierungen/Maßnahmen Alarmierungen/Maßnahmen Landeswarnzentrale Sicherheitsdirektion FA 8B – Gesundheitswesen Maßnahmen Maßnahmen Informationsmanagement Landessanitätsdirektor 327 Unter biologischem Terrorismus versteht man die beabsichtigte Freisetzung von Viren, Bakterien oder deren Toxinen mit dem Zweck, Personen in einem Land zu schädigen oder zu töten (CDC 2000). Die Möglichkeit des Einsatzes von Mikroorganismen zu bioterroristischen Zwecken wird in den letzten Jahren auch in der wissenschaftlich-medizinischen Literatur intensiv diskutiert. Das Spektrum der in Frage kommenden bioterroristischen Krankheitserreger wird, in Abhängigkeit von ihrer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit, in drei unterschiedliche Kategorien eingeteilt (nach Exner, 2002): Kategorie A: Höchstes Risikopotenzial für die öffentliche Gesundheit, mit massenhaft auftretenden Todesfällen und maximalen Konsequenzen für die Vorbereitung zum Schutz der öffentlichen Gesundheit (verbesserte Surveillance, Laborkapazitäten für Umweltuntersuchungen und medizinisch-mikrobiologische Untersuchungen sowie die Bevorratung spezifischer Medikamente bzw. Impfstoffe): Variola major (Pocken), Bacillus anthracis (Milzbrand), Yersinia pestis (Pest), Clostridium botulinum – Toxin (Botulismus), Francisella tularensis (Tularämie), Filoviren und Arenaviren (VHF). Kategorie B: Krankheitserreger dieser Kategorie können ebenfalls zu einer weiten Ausbreitung mit resultierenden Erkrankungen führen, die aber hinsichtlich der Schwere der Erkrankungen und der Zahl der tödlichen Verläufe geringere Auswirkungen haben. Hier sind auch Erreger angeführt, die über Lebensmittel oder über Trinkwasser übertragen werden können: Coxiella burnetti (Q-Fieber), Brucella sp. (Brucellose), Burkholderia mallei (Rotz), Burkholderia pseudomallei (Meloidose), Alphaviren (Enzephalitis), Rickettsia prowazekii (Fleckfieber), Toxine wie z. B. Ricin, Staphylokokken-Enterotoxin B (Toxische Syndrome), Chlamydia psittaci (Psittakose), Bedrohungen der Lebensmittelsicherheit (z. B. Salmonellen, E. coli 0157: H4) und Bedrohungen der Trinkwasserversorgung (z. B.: Vibrio cholerae, Cryptosporidium parvum). Kategorie C: Krankheitserreger dieser Kategorie umfassen solche biologische Agenzien, die nach derzeitiger Einschätzung kein hohes Risiko für die öffentliche Gesundheit darstellen, die jedoch als zukünftige Bedrohung in Frage kommen können (nach einer besseren wissenschaftlichen Einschätzung dieser Erreger): z. B.: Nipah-Virus, Hantaviren. Grundsätzlich können alle humanpathogenen Mikroorganismen oder deren Toxine für terroristische Zwecke eingesetzt werden. Nicht nur die Vielfalt der möglichen Erreger, sondern auch die verschiedenen Übertragungsmöglichkeiten (z. B. über direkte Kontakte, Aerosole, Trinkwasser oder andere Nahrungsmittel) erschweren konkrete Therapieempfehlungen und detaillierte Verhütungsmaßnahmen. Im Folgenden werden daher Maßnahmen von zwei häufig als B-Waffen-tauglichen Erregern beschrieben, die aber ein völlig differentes Vorgehen zur Folge haben: es handelt sich einerseits um Bacillus anthracis (Milzbrand), wo bereits Angriffe auf Einzelpersonen mittels Versand von Sporen in Briefen stattfanden, und um Pockenviren, die, hochinfektiös, mit einer hohen Letalität verbunden sind und rasch von Mensch zu Mensch übertragbar sind. 328 Maßnahmen nach Terrorangriffen durch biologisc he Waffe n Milzbrand (Anthrax) Anlassfälle waren bisher in erster Linie verdächtige Postsendungen oder Anzeigen über sonstige verdächtige Behältnisse oder Spuren von (schmutzig-) weißen Pulvern. Diese Art von möglicher Exposition kann als „Low risk“ eingeschätzt werden. Dazu sind folgende Erlässe und Empfehlungen in Kraft: Erlass des Bundesministeriums für Inneres vom 16.10.2001, Zl. 19.754/36-GD/01, betr.: Terrorismus; Anschläge mit biologischen/ chemischen Substanzen, Verständigung der zuständigen Gesundheitsbehörde „... wird im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit angeordnet, dass jeder Verdachtsfall einer Verwendung von bakteriologischen und chemischen Substanzen (Waffen) einschließlich der getroffenen Maßnahmen unverzüglich der zuständigen Gesundheitsbehörde I. Instanz (Bezirkshauptmannschaft bzw. Magistrat Graz) telefonisch und schriftlich zu melden ist. Die Gesundheitsbehörde ist in der Folge um ehestmögliche Mitteilung darüber zu ersuchen, ob bzw. wann der Vorfallsort des Ereignisses für die Öffentlichkeit wieder freigegeben werden kann. Weiters wird angeordnet, dass bei jedem vorliegenden Verdachtsfall der Landeshauptmann bzw. die Landeshauptfrau durch den Sicherheitsdirektor unverzüglich zu verständigen ist.“ Erlass GZ 21.700/219-VIII/D/5/01 des Bundesministeriums für Soziale Sicherheit und Generationen vom 18. Oktober 2001 betreffend Bioterrorismus Erste Anlaufstelle im Verdachtsfall sind die Sicherheitsbehörden. Diese wurden seitens des Bundesministeriums für Inneres angewiesen, in jedem Fall unverzüglich die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde zu informieren. Es ist dann Aufgabe der Bezirksverwaltungsbehörde, unverzüglich alle zur Feststellung der Krankheit erforderlichen Erhebungen und Untersuchungen einzuleiten und alle zur Verhütung der Weiterverbreitung erforderlichen Vorkehrungen zu treffen. Zu diesem Zweck hat sich der Amtsarzt vor Ort zu begeben. Alle exponierten Personen sind mit Angabe ihres Namens, ihrer Adresse und ihrer Telefonnummer zu dokumentieren. Als Selbstschutz sind eine staubdichte Maske, Einmalhandschuhe und ein Einmalschutzanzug zu verwenden. Diese sind nach Abschluss der Amtshandlung in einem dichten Behälter oder doppeltem Plastiksack zu verpacken und sachgemäß zu entsorgen. Danach sind Proben von allen exponierten Personen, das sind solche, die in Kontakt mit dem Inhalt des verdächtigen Briefes, Paketes gekommen sind (Abstrich aus der Nasenöffnung und exponierten Stellen) zu nehmen. Diese Proben sind durch den Amtsarzt nach den Vorschriften für diagnostische Proben, Risikogruppe 3, (vgl. Mitteilungen der Sanitätsverwaltung, 7/2000, Seiten 3ff) zu verpacken und den Einsatzkräften der ABC-Abwehrschule, die auch das verdächtige Material im Empfang nehmen, zu übergeben. Die Bergung des verdächtigen Materials erfolgt durch die Angehörigen der ABC-Einsatztruppe. Die Oberbekleidung der exponierten Personen ist in einem dichten Behälter oder doppelten Plastiksack zu verpacken und sicherzustellen. Bei späterem Nachweis von Milzbrandsporen ist diese Oberbekleidung ebenfalls sachgemäß zu entsorgen. Der Amtsarzt hat sicherzustellen, dass eine Dekontamination der exponierten Personen erfolgt. Hierzu gehören Sicherstellung der Oberbekleidung und anschließendes gründliches Duschen inklusive Haarwäsche. Hinsichtlich der Räumlichkeiten ist eine Desinfektion (Dekontamination) jedenfalls dann zu veranlassen, wenn verdächtiges Material ausgetreten ist. Ist dies nicht der Fall, hat die Entscheidung über allfällige Desinfektionsmaßnahmen durch den Amtsarzt zu erfolgen. Die Freigabe der Räumlichkeiten erfolgt durch den Amtsarzt. Der Amtsarzt hat die exponierten Personen umgehend über die Notwendigkeit der Durchführung einer Antibiotika-Prophylaxe aufzuklären und eine postexpositionelle Prophylaxe anzuraten, die erste Dosis zu verabreichen und die Personen für 5 Tage mit den entsprechenden Antibiotika zu versorgen. Die Durchführung der postexpositionellen Prophylaxe soll bis zum sicheren Ausschluss einer Anthrax-Exposition (= Probe negativ) durchgeführt werden. Weiters sind die Personen darüber aufzuklären, dass bei späterem Auftreten von Symptomen unverzüglich die Bezirksverwaltungsbehörde zu verständigen ist und das nächste Spital aufgesucht werden soll. Die Kosten dieser anlassbezogenen Prophylaxe trägt angesichts der besonderen Umstände der Bund. Eine zentrale Beschaffung ist nicht vorgesehen, die Arzneimittel sind im Einzelfall über die Apotheken zu beziehen und die Rechnung an das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen, Abt. VIII/D/2, zu senden. Die Untersuchungen des verdächtigen Materials werden an den Bundesstaatlichen bakteriologisch-serologischen Untersuchungsanstalten Innsbruck und Graz und durch die Bundesanstalt für veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling, der Proben der Verdachtspersonen an 329 den Bundesstaatlichen bakteriologisch-serologischen Untersuchungsanstalten Innsbruck und Graz durchgeführt. Alle Bundesstaatlichen bakteriologisch-serologischen Untersuchungsanstalten stehen auch für die Annahme der Proben von Verdachtspersonen und für Auskünfte und Beratungen der Amtsärzte zur Verfügung. Sobald der Amtsarzt vom Ergebnis der Untersuchung informiert ist, hat er die Betroffenen hiervon in Kenntnis zu setzen und über den Abbruch (Untersuchungsergebnis negativ) oder die Weiterführung der Prophylaxe (Untersuchungsergebnis positiv) zu entscheiden. Eine Absonderung der Betroffenen ist auch bei positivem Ergebnis nicht erforderlich. Jeder Verdachtsfall in diesem Sinn ist umgehend dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen, Abt. VIII/D/2, zu melden. Weiters wird der Erlass „Organisatorische Maßnahmen bei Auftreten von viralen hämorrhagischen Fiebern und Lungenpest“ in Erinnerung gerufen. Der Ablauf der dort vorgesehenen organisatorischen Maßnahmen ist – mit Ausnahme der Absonderungsmaßnahmen – sinngemäß auch im Fall von Milzbrand anzuwenden. Schließlich wird in Erinnerung gerufen, dass bereits in dem genannten Erlass auf die fachliche Notwendigkeit der Errichtung von Hochsicherheitsisoliereinheiten in Österreich eingegangen wurde. Derzeit besteht vorrangig Gefährdung durch Milzbrand. Da allerdings der Einsatz von anderen biologischen Kampfstoffen nicht ausgeschlossen werden kann, wird um Bericht ersucht, inwieweit mittlerweile solche Einrichtungen in Ihrem Bundesland errichtet wurden bzw. in Bau sind, verneinendenfalls, welche Unterbringungsmöglichkeiten ersatzweise vorgesehen sind. In den nächsten Tagen wird ein vom Hygienebeirat auszuarbeitendes Merkblatt für Hygienebeauftragte in Spitälern fertiggestellt sein, das dann im Wege der Ämter der Landesregierungen zur Verteilung gebracht werden wird. Es wird darauf hingewiesen, dass bei öffentlichen Gebäuden und Krankenanstalten mit Klimaanlagen ein gewisses Risiko im Hinblick auf Einbringung und Kontaminationen mit Milzbrandsporen besteht. Es wird daher angeregt, die zuständigen Träger hievon in Kenntnis zu setzen und die Sicherheit (Zugänglichkeit) solcher Anlagen zu überprüfen und gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen zu setzen. Der sachgerechten Entsorgung von Filtern ist erhöhtes Augenmerk zu schenken. Umgang mit verdächtigen Sendungen (aus Informationsblatt des BMSG, Beilage zum Erl. v. 18.10.2001) Ungeöffnete verdächtige Sendung 1. Schütteln Sie den Brief oder das Paket nicht. 2. Geben Sie den Brief oder das Paket in ein luftdichtes Behältnis (z. B. doppelter Plastiksack). 3. Wenn kein Behältnis oder Plastiksack zur Verfügung steht, bedecken Sie den Brief oder das Paket mit beispielsweise einer Decke. 4. Verständigen Sie die Polizei! (Notruf: 133). 5. Schalten Sie lokale Ventilationssysteme selbst aus. Falls der Raum an eine Gebäudeklimaanlage angeschlossen ist, verständigen Sie sofort den Portier oder die Hausverwaltung. 6. Verlassen Sie den Raum und verschließen Sie ihn. Verhindern Sie, dass andere den Raum betreten (z. B. Schild anbringen). 7. Waschen Sie Ihre Hände mit Seife und Wasser. 8. Warten Sie auf das Eintreffen der Polizei. Die PolizeibeamtInnen werden den Fundort absichern und die kriminaltechnische Spurensicherung vornehmen. Weiters verständigen die BeamtInnen die ABC-Abwehreinheit des Bundesheeres, deren Einsatzkräfte die Sendung zu einem Untersuchungslabor bringen. 9. Fertigen Sie eine Liste mit allen Personen an, welche bei der Entdeckung des Paketes im selben Raum waren, und geben Sie diese Liste den PolizeibeamtInnen. Dies kann für spätere Erhebungen oder medizinische/epidemiologische Untersuchungen von Bedeutung sein. Sendung wurde geöffnet und verdächtiges Material trat aus 1. Bedecken Sie das Material sofort mit z. B. einer Decke. 2. Verständigen Sie die Polizei! (Notruf: 133). 3. Schalten Sie lokale Ventilationssysteme selbst aus. Falls der Raum an eine Gebäudeklimaanlage angeschlossen ist, verständigen Sie sofort den Portier oder die Hausverwaltung. 4. Verlassen Sie den Raum und verschließen Sie ihn. Verhindern Sie, dass andere den Raum betreten (z. B. Schild anbringen). 5. Geben Sie zumindest Ihre Oberbekleidung in ein luftdicht verschließbares Behältnis (z. B. doppelter Plastiksack). 330 Maßnahmen nach Terrorangriffen 6. Waschen Sie sich mit Seife. Haare waschen nicht vergessen! Dusche benützen – wenn vorhanden. 7. Warten Sie auf das Eintreffen der Polizei. Die PolizeibeamtInnen werden den Fundort absichern und die kriminaltechnische Spurensicherung vornehmen. Die BeamtInnen verständigen auch die ABC-Abwehreinheit des Bundesheeres, deren Einsatzkräfte die Sendung samt Inhalt sowie Ihre Kleidung zu einem Untersuchungslabor bringen. Weiters verständigen die BeamtInnen die Gesundheitsbehörde, welche eine/n Amtsärztin/arzt entsendet. 8. Warten Sie auf die/den Amtsärztin/arzt, welche/r weitere Maßnahmen ergreift (Anfertigen von Abstrichen von den Nasenöffnungen und exponierten Hautstellen; Verabreichung einer allfälligen Antibiotikaprophylaxe). 9. Wenn möglich, fertigen Sie eine Liste mit allen Personen an, welche sich im betreffenden Raum aufgehalten haben. Besonders wichtig sind die Namen derjenigen Personen, die auch Kontakt mit dem verdächtigen Material hatten. Geben Sie diese Liste den PolizeibeamtInnen und der/ m Amtsärztin/arzt. Dies kann für spätere Erhebungen oder medizinische/epidemiologische Untersuchungen von Bedeutung sein. Kommentar Gegen einige Inhalte dieses Erlasses wurden auf Grundlage der ersten eigenen Erfahrungen, unter Berufung auf internationale Richtlinien (PHLS-Guidelines, Empfehlungen des RKI) und Besprechungen in Sicherheitsdirektion und Abteilung für Katastrophenschutz erhebliche Vorbehalte und Einwände geltend gemacht und eigene Empfehlungen an die Amtsärzte herausgegeben. Im Sinne der „Awareness“ wurden auch mit Ärztekammer, Krankenanstaltengesellschaft und Zentralstelle für Notfall- und Katastrophenmedizin (Notärzte) abgestimmte Informationen für die Ärzte verfasst. Die erste Risikoabschätzung (einschließlich Sperrbereiche und Dekontamination), ob überhaupt ein begründeter Verdacht für eine Exposition gegeben ist, treffen (mehr oder weniger geschulte und erfahrene) Vertreter der Sicherheitsbehörde und ggf. des ABC-Zuges des Bundesheeres. Die (möglicherweise) exponierten Personen brauchen nicht umgehend über die Notwendigkeit der Antibiotikaprophylaxe aufgeklärt zu werden, sondern sie sind lediglich auf die Möglichkeit hinzuweisen. Bei der derzeitigen Risikolage kann nach Auffassung der LSD der erste „vorläufige Befund“ abgewartet werden: Ist (noch) kein Wachstum von Anthrax-Bazillen nachweisbar, lautet die Bewertung vorerst nur: „keine unmittelbare Infektionsgefahr“. Ein endgültiges Ergebnis liegt erst nach vier durch biologisc he Waffe n Tagen vor. Die Laborergebnisse ergehen per Fax primär an die Sicherheitsbehörde und nachrichtlich an die Sanitätsdirektion sowie an die lokale Gesundheitsbehörde. Selbstverständlich stellt sich die Risikoeinschätzung sofort anders dar, wenn nach und neben den unzähligen Fehlalarmen und auch außerhalb amerikanischer Botschaften tatsächlich Milzbrandsporen nachgewiesen werden. Ebenso vorsichtig ist natürlich vorzugehen, wenn in Ordination und Krankenhaus Personen mit Pneumonie-Symptomatik auftauchen, wo sich aufgrund geografischer und auch beruflicher Umstände konkretere Anhaltspunkte für eine mögliche Exposition ergeben. Milzbrandalarm; Verdacht auf Exposition an sporenhältigem Material Empfehlungen der Fachabteilung 8B – Gesundheitswesen (Sanitätsdirektion): Verständigen von Sicherheitsdienststelle und Gesundheitsamt Poststück/verdächtiges Gebinde liegen lassen oder abdecken; falls Verdacht, dass (staubförmiges) Material ausgetreten ist und berührt wurde, Hände gründlich mit Wasser und Seife reinigen und mit handelsüblichem Händedesinfektionsmittel desinfizieren Raum vorderhand abschließen Namen und Adresse der in Kontakt gekommenen Bediensteten werden durch das Gesundheitsamt registriert Bei begründetem Verdacht wird das Material vom ABC-Zug des Bundesheeres abgeholt und eine Untersuchung (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, bakteriologisch-serologische Untersuchungen Graz, Beethovenstraße 6) zugeführt. Kontaktpersonen werden „dekontaminiert“: ABC-Zug bringt Kontaktpersonen in „Schutzanzügen“ in geeignete Sanitärräume, gründliches Duschen, die Oberbekleidung wird in verschließbaren Behältnissen aufbewahrt Nach dem Ergebnis der Untersuchung durch die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit: – negativ: „Entwarnung“ – positiv: weitere Veranlassungen durch das Gesundheitsamt Untersuchung der Kontaktpersonen (ggf. Nasenabstriche) Empfehlung von Chemoprophylaxe Desinfektion (z. B. 0,5% Na-Hypochlorit) von Arbeitsplatz, Geräten und allenfalls Oberbekleidung (Autoklavieren) 331 Eine Übertragung von Mensch zu Mensch kommt praktisch nicht vor. Eine Chemoprophylaxe erst nach bestätigter Exposition setzt rechtzeitig ein. Chemoprophylaxe siehe unter 1.5 Sehr fundierte Empfehlungen gibt das RobertKoch-Institut, insbesondere auch zur Einschätzung der Exposition auch bei mutmaßlicher Verstäubung und Vernebelung (einschließlich Sperrzonen, Dekontamination usw.): Vorgehensweise bei Verdacht auf Kontamination mit gefährlichen Erregern – www.rki.de. 1.1 Vorkommen und Erkrankung Milzbrand beim Tier Der Milzbrand ist weltweit verbreitet und primär eine Krankheit pflanzenfressender Tiere = Herbivoren (Rinder, Schafe, Ziegen). Die Erreger werden von Tieren oral mit dem Futter aufgenommen und verursachen eine schweres, septisches Krankheitsbild, das oft den Tod zur Folge hat. Das Blut verendeter Tiere enthält große Mengen von Bakterien, die an der Luft Sporen bilden (BodenTier-Boden- Zyklus). Die Ansteckung beim Tier erfolgt meistens über Futter oder Wasser, das mit Sporen verseucht ist. Nach Aufnahme keimen die Sporen in der Speiseröhre oder im Dünndarm aus, der Erreger vermehrt sich, bildet Ödeme, gelangt in die Lymph- und Blutbahn und lokalisiert sich vornehmlich in der Milz. Der Verlauf kann je nach Tierart perakut, akut oder chronisch sein. Seit der Entwicklung einer zuverlässigen Lebendsporen-Vakzine von Steren (1939) werden auch heute noch Tiere geimpft. Durch diese Impfaktionen und besseren hygienischen Maßnahmen ist die Milzbrandinzidenz in den meisten Ländern (außer in Afrika [Wildtiere] und Asien) stark zurückgegangen. In Europa kommt die Krankheit nur noch sporadisch bzw. in wenigen Gebieten endemisch vor. Während in Österreich vor der Impfaktion jährlich noch mehrere Rinder an Milzbrand verendet sind, sind aus den letzten Jahren praktisch keine Fälle mehr bekannt. Eine im Jahr 1999 durchgeführte Erhebung ergab für Österreich folgende Situation für die letzten gemeldeten Milzbrandfälle: Letzter Milzbrandfall Steiermark Bruck/Mur Hartberg Judenburg Knittelfeld Liezen Gröbming Mürzzuschlag Salzburg Lend Tirol Schwaz Kufstein Eben 1979 1956 1973 1973 1961 1963 1979 1953 1980 1980 1988 1988 1988 1986 Milzbrand beim Menschen Bestätigt: Klinischer Fall mit Laborbestätigung Fleischfressende Tiere und Menschen sind eher so genannte „Fehlwirte“. Daher tritt die Erkrankung bei ihnen nur sehr selten und sporadisch auf. Der Milzbrand kommt beim Menschen als lokale Hauterkrankung oder als systemische Erkrankung der Atmungs- und Verdauungsorgane vor. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt entweder direkt vom kranken Tier oder indirekt durch – meist importierte – Tierprodukte. Ein gewisses Infektionsrisiko tragen Personen, die Tierhäute und Felle sowie tierische Knochen und Knochenprodukte verarbeiten, sowie Beschäftigte in der Tiermedizin, in der Land-, Forst- und Jagdwirtschaft, sofern sie mit infizierten Tieren in Berührung kommen. Milzbrand ist weltweit verbreitet, heute vor allem endemisch noch in Süd- und Osteuropa sowie in Teilen Südamerikas, in Afrika, Indien, Vorder-, Mittel- und Ostasien. Er kommt dort besonders in wärmeren Regionen und in Gebieten mit extensiver Weidehaltung ohne systematische Bekämpfung und ohne geordnete Tierkörperbeseitigung relativ häufig vor. In Nord- und Mitteleuropa, in USA und Australien treten Einzel- und kleinere Gruppenerkrankungen durch kontaminierte, importierte Tierprodukte und Futtermittel in den Vordergrund. 332 Maßnahmen nach Terrorangriffen In Österreich traten seit 1950 insgesamt 87 Milzbrandfälle bei Menschen auf, der letzte derartige Fall wurde im Jahr 1986 gemeldet. 1994 trat in Deutschland der letzte Fall von Hautmilzbrand auf, in der Schweiz 1991. Infektion Hautmilzbrand kann bei direktem Kontakt der Haut mit erregerhaltigen tierischen Materialien (Organe, Häute, Felle, Wolle, Knochenmehl usw.) entstehen. Die Erreger dringen dabei über kleine Verletzungen in die Haut ein. Lungenmilzbrand (Inhalationsmilzbrand) kann sich entwickeln, wenn sehr feine erreger- bzw. sporenhaltige Stäube oder Tröpfchennebel (Aerosole) inhaliert werden. Erkrankungsfälle von Darmmilzbrand sind nach dem Verzehr von ungenügend gekochtem Fleisch oder Innereien von erkrankten Tieren beobachtet worden. Eine direkte Milzbrandübertragung von Mensch zu Mensch wurde bisher noch nicht beobachtet. Eine gleichzeitige Infektion einer großen Zahl von Menschen wäre nur möglich, wenn Milzbrandsporen als Aerosol in ausreichender Menge ausgebracht würden. Die zur Infektion notwendige Dosis ist relativ hoch (infektiöse Dosis pro Person: 8.000–50.000 Keime). Die Sporen keimen im Gewebe an der Eintrittstelle. Danach vermehren sich die Bakterien und produzieren toxische Produkte (das so genannte „Anthraxtoxin“), das aus einem Ödemfaktor (einer Adenylatcyclase), einem letalen Faktor und einem protektiven Antigen besteht. Abwehrsysteme des Wirts werden durch die antiphagozytäre Kapsel inhibiert, die den Bazillus umgibt. Inkubationszeit 24 Stunden bis 7 Tage (gelegentlich bis zu 60 Tage, z. B. nach Inhalation von Sporen; Rezidive sind möglich). durch biologisc he Waffe n Pathogenese, Krankheitsbild und Diagnose Hautmilzbrand Der Hautmilzbrand ist die weitaus häufigste Erscheinungsform. Dort, wo der Erreger in die Haut eindringt, entsteht eine rasch fortschreitende, umschriebene Entzündung in Form einer Papel mit Rötung und Schwellung des umliegenden Gewebes. Innerhalb von 2 bis 6 Tagen entwickelt sich daraus ein mit schwärzlichem Schorf bedecktes, in der Regel nicht schmerzendes Geschwür – das so genannte Milzbrandkarbunkel. Durch freigesetzte Bakteriengiftstoffe kann eine schwere Allgemeinsymptomatik mit hohem Fieber, Benommenheit und Herz-Kreislauf-Problemen hinzukommen. Als weitere Komplikation ist eine Ausbreitung der Entzündung über die Lymphbahnen bis hin zu einer schweren allgemeinen „Blutvergiftung“ (Sepsis) möglich. Unbehandelt ist Hautmilzbrand in 5 bis 20% der Fälle tödlich, mit Antibiotika kann Hautmilzbrand jedoch gut behandelt und geheilt werden. Nach Pfisterer ist die Diagnose bei Kenntnis des klinischen Bildes – aber nur dann – leicht zu stellen. Er berichtet von einer Milzbrandepidemie in der Nähe von Schaffhausen (1979–1981) in einer Bindfadenfabrik, bei der die einzelnen Krankheitsfälle in größeren Abständen auftraten und fast jeder Patient von einem anderen Arzt behandelt wurde. Keiner der Ärzte hat das Krankheitsbild erkannt. Stattdessen wurden folgende Krankheitsbilder gemeldet: „Granuloma pyogenicum“, „infiziertes Atherom“, „Panaritium“, „Orbitocellulitis“, „infizierte Schürfwunde“, „infizierter Insektenstich“ und „akuter posttraumatischer Infekt“. Es ist wichtig zu wissen, dass es beim unkomplizierten Milzbrand nie zu Eiterbildung kommt und das Gewebe nie einschmilzt (Pfisterer). Ein weiteres Charakteristikum ist, dass die unkomplizierte Hautaffektion nie schmerzhaft ist. Auffallend ist auch die Tatsache, dass das Milzbrandödem ein hartes Ödem ist, das nach Fingerdruck keine Delle hinterlässt (Lymphödem). Die Symptomentrias, Ödem, Hämorrhagie und Nekrose, findet sich – in unterschiedlichem Ausmaß – bei allen Milzbrandformen. Bei gutartigem Verlauf bleibt die Hautmilzerkrankung lokal und fast ohne Fieber. Bei septischen Fällen kann es unter Fieber, Schüttelfrost, Diarrhöe, Hautblutungen, 333 Milzschwellung, Kreislaufstörungen und gelegentlich Meningitis zum Tode kommen (Pfisterer). Für die bakteriologische Diagnose müssen vor Beginn der antibiotischen Therapie sterile Abstrichtupfer mit der serösen Flüssigkeit der Hautbläschen befeuchtet und sofort dem Labor zugestellt werden. Die viel selteneren, aber umso gefährlicheren Milzbrandformen sind der Lungenmilzbrand (Inhalationsmilzbrand) und der Darmmilzbrand. Genuss von rohem oder ungenügend gekochtem Fleisch. In Spanien sind 1972 33 Menschen nach Genuss von Würsten an Milzbrand erkrankt, drei davon verstorben. Hinsichtlich der Behandlungsmöglichkeiten gilt das Gleiche, was bei Lungenmilzbrand ausgeführt wurde. 1.2 Mikrobiologische Diagnostik von Humanproben Lungenmilzbrand (Inhalationsmilzbrand) Der Lungenmilzbrand trat vorwiegend im letzten Jahrhundert in den USA und in England als „woolsorters’ disease“ und auch in Österreich als „Hadernkrankheit“ in Erscheinung (Pfisterer). Diese Krankheit wird hervorgerufen durch das Einatmen von erregerhaltigem Staub. Früher vorwiegend durch Kontakt mit Wolle, respektive Textilabfällen (Hadern), die aus fernöstlichen Ländern importiert wurden. Die erste Phase des Inhalationsmilzbrandes täuscht einen banalen Infekt der oberen Luftwege vor und dauert nur einen bis wenige Tage. In der zweiten Phase werden die Sporen in den Alveolen phagozytiert und in die mediastinalen Lymphknoten abtransportiert, wo sie sehr rasch auskeimen, proliferieren und eine ödematös-hämor- rhagisch-nekrotische Mediastinitis bewirken. Von hier aus erfolgt eine explosionsartige Ausschüttung von Toxin und Bakterien. Diese Phase beginnt plötzlich mit schwerer Dyspnoe, Zyanose, Prostration, Desorientiertheit, hohem Fieber und hypovolämischem Schock, der oft noch am gleichen oder folgenden Tag zum Tod führt. Typisch ist die radiologisch erkennbare mediastinale Verbreiterung. Die Thoraxaufnahme ist ein wichtiger diagnostischer Bestandteil. Darmmilzbrand Auch diese Form des Milzbrandes verläuft sehr rasch und ist sehr ernst. Symptome sind starke Bauchschmerzen, blutige Durchfälle, Bauchfellentzündung bis hin zum Herz-Kreislauf-Versagen. In der gesamten wissenschaftlichen Literatur wird nur über wenige Fälle von Darmmilzbrand berichtet. Der intestinale und auch der oropharyngale Milzbrand kommen fast nur in Endemiegebieten von Afrika und Asien vor, verursacht durch den Der Nachweis von Bacillus anthracis muss in Laboratorien der Sicherheitsstufe 3 (BSL3) erfolgen. Die mikrobiologische Diagnostik stützt sich auf serologische Verfahren wie Agargelpräzipitation und Thermopräzipitation und den kulturellen Nachweis auf Blut- und Nähragar. Besondere Eigenschaften der Kultur sind die charakteristischen Ausläufer, vollkommen fehlende Hämolyse, Medusenhaupt, Nasenbildung und Eischnee-Effekt (Khaschabi). Weiters können die Erreger im Perlschnurtest, Kapselfärbung nach Olt und mit Tusche, in der Sporenfärbung nach Rakette sowie im Beweglichkeitstest und Phagentest charakterisiert werden. Neue molekularbiologische Methoden werden zurzeit etabliert. Laborkriterien für die Diagnose Isolierung und Nachweis von B.-anthracis-DNS (z. B. in der PCR-Reaktion) in normalerweise sterilen Proben (z. B. Blut oder Liquor cerebrospinalis) oder in Proben von Läsionen betroffener Gewebe (Haut, Lunge oder Darm). Nachweis von B. anthracis in einer klinischen Probe durch immunohisto-chemisches Anfärben des betroffenen Gewebes (Haut, Lunge oder Darm). Ein Nasenabstrich ohne Krankheitsanzeichen trägt nicht zur Falldiagnose bei. 1.3 Mikrobiologische Diagnostik von Umweltproben Der Nachweis von Milzbrandsporen aus Umweltproben (Erde, Staub u. a.) ist sehr aufwendig, da die Proben einer umfangreichen Vorbehandlung zwecks Eliminierung anderer Sporen bedürfen, und sollte nur von Speziallaboratorien durchgeführt werden. 334 Maßnahmen nach Terrorangriffen 1.4 Therapie Bei Hautmilzbrand ist Penicillin (5–7 Tage) das Mittel der Wahl. Für Lungen- oder Darmmilzbrand werden Ciprofloxacin 2x500 mg/d (Kinder 20–30 mg pro kg KG pro Tag in 2 Dosen) oder Doxycyclin 2x100 mg/d (Kinder 5 mg pro kg KG pro Tag in 2 Dosen) empfohlen. Impfung In Österreich und Deutschland ist derzeit kurzfristig kein Impfstoff gegen Milzbrand verfügbar. Bei konkretem Expositionsrisiko ist eine antibiotische Chemoprophylaxe durchzuführen. Alle potentiell gegenüber Aerosol exponierten Personen sollten eine Chemoprophylaxe erhalten. Die Dauer der Chemoprophylaxe beträgt 8 Wochen bzw. so lange, bis der Expositionsverdacht ausgeschlossen werden kann. Schwangere: Waffe n Eine Quarantäne exponierter oder erkrankter Personen ist NICHT notwendig. Fallklassifizierung Möglich: Entfällt. Wahrscheinlich: ein wahrscheinlicher Fall wird folgendermaßen definiert: Fall mit vergleichbarem klinischem Verlauf und erhärtende Laboranzeichen für eine Infektion mit B. anthracis. Referenzzentrum Chemoprophylaxe Kinder: biologisc he Fall mit vergleichbarem klinischem Krankheitsverlauf ohne Isolierung von B. anthracis und ohne alternative Diagnose, aber mit Laboranzeichen für B. anthracis durch einen bestätigenden Labortest 1.5 Präventiv- und Bekämpfungsmaßnahmen Erwachsene: durch Ciprofloxacin 500 mg p. o. alle 12 h für 60 d oder Levofloxacin 500 mg p. o. alle 24 h für 60 d Doxycyclin 200 mg p. o. alle 24 h für 60 d Ciprofloxacin 30–40 mg/kg/d p. o. aufgeteilt auf 2 Dosen, max. 7 d, dann Amoxicillin 150 mg/kg/d p. o. aufgeteilt auf 3 Dosen bis zum 60. Tag, oder Clindamycin 20–30 mg/kg/d p. o. aufgeteilt auf drei Dosen bis zum 60. Tag Amoxicillin 500–1000 mg/d aufgeteilt auf 2 Dosen bis zum 60. Tag Clindamycin 300 mg/d aufgeteilt auf 2 Dosen bis zum 60. Tag Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin der Medizinischen Universität Innsbruck; Sektion Hygiene, Bereich Bakteriologie Schöpfstraße 41, 6020 Innsbruck Leiter des Referenzzentrums: A.o. Univ.-Prof. DDr. Reinhard Würzner [email protected] AGES – Institut für med. Mikrobiologie und Hygeine Graz Beethovenstraße 6, 8010 Graz Ansprechpartner: Dr. Christian Berghold Tel.: 0 31 6/32 16 43-0 Fax: 0 31 6/38 84 70 E-Mail: [email protected] AGES – Veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling Robert-Koch-Gasse 17, 2340 Mödling Tel.: 0 22 36/466 40-311 oder 200 Fax: 0 22 36/247 16 335 336 Maßnahmen nach Terrorangriffen durch biologisc he Waffe n Pocken Erreger: Variola-Virus (Orthopoxviren) Die hoch infektiösen Erreger (Infektionsdosis 10–100 Viren) können in großen Mengen produziert werden, sind gefriergetrocknet äußerst stabil und haben eine Letalität von bis zu 30%. Vorkommen: 1979 eradiziert (1977 war der letzte natürliche Pockenfall in Somalia, 1978 gab es einen Laborunfall in Birmingham). Das Virus existiert offiziell noch in Labors der CDC in den USA und im russischen, virologischen Institut in Koltsovo. Verlaufsformen (modifiziert nach Prof. Christian Vutuc): Normaler Verlauf: Freie Hautareale zwischen den Pusteln, Abheilung nach etwa 20 Tagen. Semikonfluierende Variante Konfluierende Variante, Pusteln konfluieren im Gesicht und an den Extremitäten Infektionsweg/Übertragung: Der Mensch ist das einzige Reservoir, das Virus überlebt als Aerosol ohne UV-Licht bis zu 24 h, in eitrigen Sekreten und Krusten evtl. monatelang. Die Übertragung erfolgt über Aerosole (Tröpfchen) aus dem Respirationstrakt, besonders bei Husten, seltener durch HautHaut-Kontakt oder kontaminierte Wäsche/Abfall, evtl. durch Inhalation von virushaltigem Aerosol/ Staub nach bioterroristischer Verbreitung. Modifizierte Form: Inkubationszeit: 7–19 Tage, im Mittel 12–14 Tage. Flache Verlaufsform: Dauer der Ansteckungsfähigkeit: Sie beginnt mit dem Fieber und bleibt für die ganze Dauer des Ausschlags bis ca. 3 Wochen und ist am höchsten in der ersten Krankheitswoche. Ausgeprägtes, manchmal konfluierendes Enanthem im Bereich der Zunge und des Gaumens; Fieber bleibt hoch; Exanthem bildet sich nur langsam aus, bleibt flach mit wenig Exsudat; keine Kammerung und Nabelbildung; greifen sich samtig an; nur teilweise Pustelbildung (meist am Hand-, Fußrücken); evtl. Pneumonie; meist Exitus zwischen 8.–12. Krankheitstag; bei Überleben Abschuppung 13.–16. Tag; wahrscheinlich nur bei besonders empfänglichen Personen durch virulente Stämme. Klinik: Charakteristisch ist das abrupt einsetzende hohe Fieber mit Kopf-, Rücken- und Muskelschmerzen, seltener Bauchschmerzen und Erbrechen; nach 2–3 Tagen kommt es zu einem Temperaturabfall, zu dieser Zeit erscheint der typische Ausschlag, meist zuerst im Gesicht und an den Händen, Unterarmen, dann Stamm; ebenso an der Mund- und Nasenschleimhaut: von den Ulzerationen gelangen große Virusmengen in die Sekrete. Die Läsionen wechseln von makulös-papulös-vesikulös zu pustulös-verkrustend, und zwar synchron! = wichtige Differenzialdiagnose zu Windpocken (Schafblattern = Varicellen = Chickenpox, wo alle Stadien nebeneinander vorkommen, diese Läsionen sind auch oberflächlicher und mehr stammbetont!). Im Wesentlichen gibt es 2 Erscheinungsformen: Variola major und Variola minor; bei letzterer treten nur einzelne Effloreszenzen auf und die Letalität liegt bei 1%. Wie normaler Verlauf, Stadien bilden sich in kürzerer Zeit. Variola sine eruptione: Fieber ohne Exanthem (meist bei Geimpften), kann nur serologisch verifiziert werden, in einigen Fällen konnte das Virus aus Rachenspülflüssigkeit und Tränenflüssigkeit isoliert werden. Hämorrhagischer Verlauf: Haut- und Schleimhautblutungen; Exitus vor Ausbildung des Exanthems am 6. Tag (meist an Herzversagen oder Lungenödem). Frühform: Beginn mit Haut- und Schleimhautblutungen (alle Schleimhäute können betroffen sein) Spätform, geringe Bläschenbildung evtl. mit Hämorrhagien, selten Pustelbildung. Exitus meist am 8.–10. Tag Hämorrhagische Verlaufsformen sind eher Folge einer individuellen Reaktion des Patienten; beson- 337 dere Virulenz des Erregers ist eher unwahrscheinlich. Verdacht auf Pockenerkrankung: Vorgehen analog dem Seuchenplan (siehe auch Teil A). Diagnose: Die Klinik ist sehr typisch (außer in den ersten 2–3 Krankheitstagen – grippeartig)! Elektronenmikroskopischer Schnellnachweis aus formalin-inaktivierter (10%iges Formalin) Bläschenflüssigkeit der Haut- oder Mundschleimhautefflores- zenzen bzw Krusten; vorläufige Labordiagnose innerhalb von 8–24 h; weiterführend PCR (zur Sicherung der Diagnose notwendig), ELISA. Die Virusanzucht erfolgt nur in BSL-4-Labors. Umgehende Sperre für kontaminierte Gebiete, sofern bekannt Krankheitsverdächtige und Erkrankte sind streng zu isolieren, möglichst mit Schleuse und Unterdruck (HSI); Erkrankte bleiben isoliert, bis die letzte Kruste abgefallen ist Rasche Identifizierung und Absonderung von Kontaktpersonen und möglichst rasche Impfung – innerhalb von 4 Tagen! – auch von früher Geimpften! So genannte „Ringimpfung“. Evtl. Ausdehnung des Ringes von immunen Personen durch freiwillige Impfungen in einer bestimmten Region Therapie: Symptomatisch und antibiotische Therapie von Sekundärkomplikationen. Prävention/Prophylaxe bzw. Maßnahmen bei Verdacht auf Pocken: Aufgrund der Abwesenheit von natürlichen Infektionen und dem Abbruch der Impfkampagnen trifft das Pockenvirus im Fall einer bioterroristischen Verbreitung auf eine sehr empfängliche Bevölkerung. Man rechnet pro Indexfall mit ca. 10 weiteren Infektionen. Unerlässlich ist das rasche Erkennen von Fällen, die Identifizierung von Kontaktpersonen, deren rasche Impfung und Überwachung, sodass eine epidemische Ausbreitung verhindert wird. Einzelne Länder bereiten Massenimpfungen vor, wobei zunächst militärisches Personal, medizinisches Personal (um im Bedarfsfall die Isolierung und Behandlung von Erkrankten zu gewährleisten), und Personal in anderen Schlüsselpositionen geimpft werden soll. Auch in Österreich wird ein Impfstoffdepot beim österreichischen Bundesheer angelegt. Der Impfstoff wird in Österreich erzeugt. Es handelt sich um einen Lebendimpfstoff mit einem dem Pockenvirus verwandten, abgeschwächten Virus, dem so genannten Vaccinia-Virus. Verwendet wird der Stamm NYCDH, der während der Eradikationsära in den USA verwendet worden war. Laut CDC ist dieser Stamm mit der geringsten postvakzinalen Encephalitisrate behaftet. Durch Verwendung von Verozellkulturen sind große Produktionskapazitäten vorhanden. Eine allgemeine präexpositionelle Impfung wird derzeit nicht empfohlen, da das Risiko zurzeit nicht sehr real erscheint und die Impfung doch mit einem ernsthaften Nebenwirkungsrisiko behaftet ist. Die Impfung verhindert die Erkrankung bzw. bewirkt eine Abschwächung des Krankheitsverlaufs mit weniger Virusausscheidung. Sie hinterlässt wahrscheinlich keine lebenslange Immunität, sollte aber zumindest für 10 Jahre schützen. Auch bei früher Geimpften dürfte noch ein gewisser Schutz vorhanden sein. Der Impfstoff besitzt eine hohe Reaktogenität, hat aber auch eine vergleichsweise hohe Komplikationsrate: u. a. Ekzema vaccinatum, postvaccinale Encephalitis (1 Todesfall auf eine Million Geimpfte, wobei Komplikationen v. a. bei Erstimpfung auftreten). Kontraindikation: Gravidität, offene Ekzeme und jede Form von Immunschwäche. Anti-VakziniaImmunglobulin, das die Impfkomplikationen mildern könnte, ist dzt. nur beschränkt in den USA verfügbar. Die Isolierung von Kontaktpersonen kann in der Quarantänestation, im peripheren Krankenhaus oder in der häuslichen Umgebung erfolgen. Entscheidung durch das Expertenteam (siehe auch Teil A). Gesundheitskontrolle für die Kontaktpersonen (2x täglich Temperatur messen) für die max. Inkubationszeit von 19 Tagen ab dem letzten Kontakt. DD: Temperaturerhöhung als Impfreaktion! Gesundheitskontrolle auch für das betreuende Personal: Für die Betreuung sollten nur geimpfte Personen herangezogen werden, persönliche Schutzausrüstung (Atemschutzmaske FFP3 SL, Handschuhe, Schutzoverall mit Kopfbede- 338 Maßnahmen nach Terrorangriffen ckung, Überschuhe, Schutzbrille) ist unbedingt erforderlich, auch für Geimpfte! Hygienische Hände-desinfektion nach jedem Kontakt, auch nach dem Ablegen der Handschuhe Transport nur unter Sicherheitsbedingungen, eine ungeordnete Bewegung von Infizierten und Kontaminierten hat unbedingt zu unterbleiben. Bis zum Sicherheitstransport vorläufige Isolierung an Ort und Stelle! Probentransport ebenfalls unter Sicherheitsbedingungen und gemäß den internationalen Vorschriften Desinfektion und Dekontamination aller Räume, Gegenstände, Fahrzeuge, Flächen, Abfälle, Wäsche, Ausscheidungen Verhalten im Todesfall: Nach Desinfektion mit 10%-Formalin einlegen in Kunststoffhülle und sofortige Einsargung. Außen-Desinfektion des Sarges. Möglichst Feuerbestattung. Desinfektion des Leichenwagens. Leichentransport nur durch geimpftes Personal Labors und Referenzlabors: BSL-4: Bernhard-Nocht-Institut Hamburg (siehe unter VHF/Anhang 3) Literatur: www.rki.de, www.bt.cdc.gov/, www.who.int/emc/diseases Schutzmaßnahmen in betroffenen Ambulanzräumlichkeiten Gilt für sämtliches Ambulanzpersonal, das direkten Kontakt mit dem Patienten, seiner Kleidung sowie mit kontaminierten Gegenständen hatte: Gründliche Händereinigung mit Wasser und Seife Arbeitskleidung wechseln. Abgelegte Kleidung in Kunststoffsäcken aufbewahren, bis Ergebnis der mikrobiologischen Untersuchung vorliegt. Im positiven Fall ist die Kleidung als gefährlicher Abfall zu entsorgen. Gegenstände und Instrumente sind zu sterilisieren. durch biologisc he Waffe n Bei möglicher oder nachweislicher Kontamination von Flächen in der Ambulanz Wischdesinfektion mit chlorabspaltendem Flächendesinfektionsmittel, z. B. 0,5%ige Hypochloritlösung oder Sumades 6,5%ig (Österr. Unilever GmbH, Diversey Lever) Liste der Personen anfertigen, die mit verdächtigem Gegenstand und/oder mit dem Patienten physischen Kontakt hatten. Meldepflicht: Verdachts-, Erkrankungs- und Sterbefall durch den zugezogenen (behandelnden) Arzt an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt). In der Steiermark: zusätzliche Meldung jedes Falles durch das Labor an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt) und an die Koordinationsstelle der Landessanitätsdirektion. Falldefinition Verdachtsfall: Schwere fieberhafte Erkrankung mit typischem Exanthem (makulopapulös, vesikulär) Unklarer Todesfall durch eine fieberhafte Erkrankung mit ausgedehntem makulopapulösem oder vesikulärem Exanthem, evtl. mit Hautund Schleimhautblutungen (hämorrhagische Pocken) Bestätigter Fall: Obige Kriterien und virologische Diagnose Referenzzentrum: Keines Ansprechpartner: Prof. Christian Vutuc, MD Head, Division of Epidemiology, Institute of Cancer Research Vienna University, Austria Borschkegasse 8a, 1090 Wien Tel.: 01/42 77-651 80 Fax: 01/42 77-651 98 siehe auch: Österreichischer Pockenalarmplan vom BMGF 339 340 Katastrophenhygiene am Beispiel von Überschwem mun gen (Hoch wa sser) Inhalt D Katastrophenhygiene am Beispiel von Überschwemmungen (Hochwasser) 1. 2. 3. 4. 5. Trinkwasserversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lebensmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine hygienische Hinweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präventivmedizinische Vorkehrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abfallentsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 345 346 346 346 347 342 Katastrophenhygiene am Beispiel von Überschwem mun gen (Hoch wa D Katastrophenhygiene am Beispiel von Überschwemmungen (Hochwasser) 343 sser) 344 Katastrophenhygiene am Beispiel von Überschwem mun Bei Hochwasser und in Überschwemmungsgebieten besteht immer die Gefahr, dass es unter ungünstigen Bedingungen zu einer Ausbreitung von Infektionskrankheiten kommen kann. Fäkal-oral über kontaminiertes Wasser übertragbare Krankheiten sind insbesondere: Typhus, Paratyphus, Salmonellosen, Ruhr, Colienteritis, Hepatitis A, virusbedingte Durchfallerkrankungen, Hirnhautentzündung durch Enteroviren. Die Erreger können im Überschwemmungswasser sowie in dem mit dem Wasser transportierten Schlamm enthalten sein. Sie gelangen aus überfluteter Kanalisation, Sickergruben, Klärwerken oder Tierkadavern in die Umwelt und die Nähe des Menschen. Hier können sie unterschiedlich lange überdauern und mit Wasser und Schlamm weit verteilt werden. Besonders langlebig ist eine Reihe von Parasiten, deren Dauer-formen auch eine vollständige Austrocknung überstehen. Die möglicherweise hervorgerufenen Erkrankungen äußern sich durch mindestens eines der folgenden allgemeinen Anzeichen: Fieber Durchfall neurologische Beschwerden Blutungsneigung Bis zum Ausbruch vergehen zwischen einem bis 21 Tage. Bei Häufung solcher Symptome sollte schnellstmöglich ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Weiters müssen die zuständigen örtlichen Gesundheitsbehörden informiert werden. Während der Flut ist das Risiko für alle fäkal-oral übertragbaren Krankheiten nicht erhöht. Für die im verunreinigten Wasser vorkommenden Erreger von Infektionskrankheiten ist durch die Flutwelle ein enormer Verdünnungseffekt zu erwarten, so dass die für eine Erkrankung erforderliche Infektionsdosis kaum erreicht wird. Die größten hygienischen Probleme ergeben sich jedoch erst am Ende der Überschwemmung, bei den Aufräumarbeiten, wenn Bewohner intensiven Kontakt zu fäkal belastetem Wasser, Lebensmitteln und Gegenständen haben. Dies insbesondere im Zusammenhang mit dem Überlaufen der Kanalisation. Gegen fäkal-oral übertragbare Krankheiten schützt man sich am besten durch eine strikte Händehygiene und durch Verzehr von ausschließlich hygienisch unbedenklichen Lebensmitteln, vor allem von gen (Hoch wa sser) sauberem Trinkwasser. Möglicherweise kontaminiert sind alle Lebensmittel, die mit Überschwemmungswasser in Berührung gekommen sind, zum Beispiel Obst, insbesondere Fallobst und Gemüse, die deshalb vernichtet werden sollten. Besonders problematisch ist die Nutzung von Einzelbrunnen zur Trinkwasserversorgung, diese sollten erst nach behördlicher Freigabe wieder genutzt werden. Gartenbesitzer sollten daran denken, dass Wasser aus Teichen und Bächen nach einer Überschwemmung für die Bewässerung von Gemüse, Feldfrüchten, Obst u. Ä. nicht geeignet ist. Grundsätzlich sollte die Bevölkerung die Hinweise und Anordnungen, z. B. Abkochgebote für Trinkwasser, des zuständigen Gesundheitsamtes befolgen. Sollten Anzeichen für ein gehäuftes Auftreten von Infektionskrankheiten in den Überschwemmungsgebieten auftreten, sind ansteckende Erkrankungen wie Hepatitis A, Typhus oder Bakterienruhr besonders zu berücksichtigen. Eine allgemeine Impfung der Betroffenen gegen Hepatitis A oder Typhus wird generell nicht empfohlen. Eine Hepatitis-A-Impfung kann bei besonderer Gefährdung (keine Verfügbarkeit von sauberem Trink- und Waschwasser sowie Lebensmitteln) erwogen werden. Für Kanalisations- und Klärwerksarbeiter wird auch bislang schon die Hepatitis-A-Impfung empfohlen. Kinder sollten keinesfalls im Überschwemmungswasser baden oder spielen. Zu den hygienischen Risiken gehören weiter Insektenvermehrung und Schadnagerbefall sowie eine erhöhte Verletzungsgefahr. Da bei den Aufräumarbeiten die Verletzungsgefahr besonders hoch ist, sollte der Impfschutz gegen Tetanus überprüft und ggf. aktualisiert werden. Erwachsenen wird eine Auffrischimpfung gegen Tetanus alle zehn Jahre empfohlen, bei einer Verletzung bereits nach fünf Jahren. 1. Trinkwasserversorgung Wird Wasser aus dem öffentlichen Netz für den menschlichen Gebrauch entnommen, sollte dieses stets abgekocht werden, bis öffentlich bekannt gemacht worden ist, dass es Trinkwasserqualität hat und sein Verzehr unbedenklich ist. Trinkwasser aus dem öffentlichen Netz unterliegt einer regelmäßigen amtlichen Kontrolle. 345 Ausschließliche Verwendung von Wasser aus dem zentralen Trinkwassernetz. Wasser zum Trinken, zum Zähneputzen oder zur Zubereitung von Nahrungsmitteln ist vor dem Gebrauch aus Vorsorgegründen stets abzukochen. Ganz besonders gilt dies für die Zubereitung von Säuglings- und Kleinkindnahrung. Für Säuglingsnahrung ist vorzugsweise Tafel- oder Mineralwasser mit entsprechendem Eignungshinweis zu verwenden Wurde die Trinkwasserversorgung aus dem zentralen Netz unterbrochen, sind vor Wiederinbetriebnahme eine herkömmliche Reinigung der Entnahmestelle und ein längeres Ablaufenlassen des Wassers erforderlich Keine Verwendung von Wasser zur Trinkwasserversorgung aus Einzelbrunnen; stattdessen Mineralwasser oder Wasser über städtische Trinkwasserversorgung (z. B. Tankwagen) Bei eigenem Hausbrunnen: Bakteriologisch/ chemische Untersuchung des Trinkwassers erforderlich. Bei Kontamination: Brunnendesinfektion (gemäß Anleitung der Trinkwasseruntersuchungsstelle) durchführen 2. Lebensmittel Nicht wasserdicht verpackte Nahrungsmittel sind als kontaminiert anzusehen und zu vernichten Kühl- und Tiefkühlkost ist nach längerem Stromausfall zu entsorgen Obst und Gemüse aus Gärten, die überflutet wurden, sind zum Verzehr nicht mehr geeignet. Das betrifft auch Knollen- und Wurzelgemüse 3. Allgemeine hygienische Hinweise Kinder sind bei Hochwasser besonders gefährdet. Das Baden und Spielen im Überschwemmungswasser ist unbedingt zu unterlassen. Neben dem Infektionsrisiko besteht hier insbesondere eine erhöhte Verletzungsgefahr Beim Aufräumen Handschuhe, Gummistiefel und feuchtigkeitsabweisende Kleidung tragen. Der Kontakt der verletzten Haut mit Schlamm ist zu vermeiden. Auf erhöhte Verletzungsgefahren ist auch beim Aufräumen zu achten Grundsätzlich wird das Risiko einer fäkal-oral übertragbaren Krankheit erheblich verringert, wenn vor dem Essen, Trinken und Rauchen die Hände gründlich mit sauberem Wasser und Seife gereinigt werden Geschirr und Gebrauchsgegenstände sind vor der Benutzung gründlich mit heißem und sauberem Wasser zu reinigen Im Haushalt sind keine besonderen Desinfektionsmaßnahmen nötig: Es reicht aus, die verschmutzte Kleidung von Helfern ganz normal zu waschen Kellerräume sind zu reinigen, gegebenenfalls zu desinfizieren und über eine längere Zeit austrocknen zu lassen, um Schimmelpilzbefall vorzubeugen Überflutete Gärten sind so bald wie möglich umzugraben. Damit wird der Insektenvermehrung und der Geruchsbelästigung vorgebeugt Verdorbene Lebensmittel und Bioabfall sind möglichst schnell zu entsorgen. Damit wird zugleich der Insekten- und Schadnagervermehrung sowie dem Schimmelbefall vorgebeugt Beseitigung von Tierkadavern: Wer in den Hochwassergebieten tote Haustiere, Wild oder landwirtschaftliche Nutztiere findet, sollte dies sofort der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde (Amtstierarzt) oder der Fachabteilung 8C, A-8010 Graz, Zimmerplatzgasse 15, Telefon: 0 31 6/877-35 95, Fax: 0 31 6/877-35 87; E-Mail: [email protected] melden. Eine Entsorgung erfolgt über die Tierkörperverwertungsanstalt. 4. Präventivmedizinische Vorkehrungen Immungeschwächte Personen sollten nicht an Aufräumungsarbeiten teilnehmen Bei Auftreten von Krankheitszeichen, insbesondere Durchfall, Erbrechen und Fieber, sowie bei Verletzungen ist der Hausarzt aufzusuchen Routinemäßige Impfungen, z. B. gegen Hepatitis A oder Typhus, sind aufgrund der günstigen epidemiologischen Situation in Österreich nicht erforderlich. Bei Auftreten einzelner Erkrankungsfälle ist jedoch eine großzügige ImpfRiegelungsaktion in Erwägung zu ziehen Da bei Sicherungs- und Aufräumungsarbeiten ein erhöhtes Verletzungsrisiko besteht, ist auch bei kleinsten Verletzungen der aktuelle Tetanus-Impfschutz zu überprüfen. Bei unvollständigem Impfschutz muss unbedingt eine aktive 346 Katastrophenhygiene am Beispiel von Überschwem mun bzw. aktiv/passive Postexpositionsprophylaxe durchgeführt werden 5. Abfallentsorgung Die Entsorgung von nicht gefährlichen Abfällen erfolgt über die kommunalen Einrichtungen. Durch das Hochwasser können jedoch gefährliche Abfälle, wie Öle, Farben, Lacke, Pflanzenschutzmittel und andere gefährliche Materialien aus ihren Behältnissen in Wohnungen, Gebäude, Gärten gelangen. Sollte im Katastrophenfall über die bestehenden Entsorgungswege keine Möglichkeit zur Entsorgung sein, sind folgende Materialien trocken und auslaufsicher zu lagern: a) Öle, Fette, Schmierstoffe b) Farben, Lacke c) Reinigungsmittel, Dünger, Pflanzenschutz- und Spritzmittel d) Leuchtstoffröhren Konzentrierte Säuren, Laugen, Lösungsmittel nicht in Kunststoff- oder Blechbehälter füllen, sondern in verschließbare Glasbehälter oder Glasflaschen. Gut geeignet sind auch die Flaschen der Haushaltsreiniger. Flaschen unbedingt kennzeichnen, frühere Etiketten, vor allem Lebensmitteletiketten wegen Verwechslungsgefahr entfernen! Mischungen von Chemikalien sind gefährlich! Verdünnte Wasser/Chemikalien-Mischungen (durch gen (Hoch wa sser) Hochwasser) in verschließbaren Glasbehältern lagern. Glasbehälter oder Glasflaschen gegen Bruch schützen. Keine Selbstreinigung von Heizöltanks oder Benzinkanistern vornehmen, da leichtentzündliche und explosive Luft-Wasser-Benzin-Gemische entstehen. Diese Gefahr besteht auch nach Auslassen des Reinigungswassers/Reinigungsmittels! Batterien: trocken bis zur Abgabe in Kunststoffoder Blechwanne aufbewahren. Trocken verschmutzte Batterien nicht reinigen! Nasse Autobatterien mit Saugtüchern trocknen. Saugtücher in Plastiktüte getrennt von der Batterie aufbewahren und mit dem Sonderabfall abgeben. Bei Beseitigung/Sicherung des Abfalls unbedingt Hautkontakt durch Schutzkleidung (Handschuhe, Gummikleidung; Schutz- oder Sonnenbrille) vermeiden. Bei Augen- oder Hautverletzungen durch Säuren oder Chemikalien sofort mit viel Leitungswasser spülen und einen Arzt aufsuchen. Reinigung von Haut/Haaren mit pH-neutralen Reinigungslotionen. Kein Waschbenzin verwenden! Haut nicht schrubben, damit keine Hautverletzungen entstehen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass chemische Substanzen durch kleinste Wunden in die Blutbahn gelangen. Nachcremen nur mit pHneutralen Substanzen! 347 348 Katastrophenhygiene am Beispiel von Überschwem mun 349 gen (Hoch wa sser) 350 Katastrophenhygiene am Beispiel von Überschwem mun gen (Hoch wa sser) Verwendete Literatur http://www.rki.de/ http://www.enivd.de/ N.N.: Management and Control of Viral Haemorrhagic Fevers and other highly contagious viral pathogens. 2nd version, May 2001: www.envid.de Fellmann, G., et al.: Maßnahmen beim Auftreten quarantänepflichtiger Erkrankungen, insbesondere Virusbedingter Hämorrhagischer Fieber (VHF). http://www.ghuss.de/aktuell/RL_VHF.doc Emond R.T.D.: Isolation, monitoring and treatment of a case of Ebola Virus infection. http://www.rki.de/ INFEKT/Ebola/ebola-14.htm Fock R. et al.: Rahmenkonzept zur Gefahrenabwehr bei außergewöhnlichen Seuchengeschehen. Gesundheitswesen; 63, 695-702; 2001 Knobloch J.: Import gefährlicher Infektionen: klinische und seuchenhygienische Versorgung. Veranstaltungen Reisemedizin: Symposium 2000 BRD. http://www.auswaertiges-amt.de /www/de/ laenderinfos/gesundheitsdienst/veranstaltungen/ symposium2000/knobloch_html Fock R. et al.: Schutz vor lebensbedrohenden importierten Infektionskrankheiten: Bundesgesundheitsbl. Gesundheitsforsch. Gesundheitsschutz, Jahrgang 43, Heft 10, November 2000 Iwohn R. et al.: Richtlinie über Maßnahmen bei Auftreten von Infektionskrankheiten mit hoher Kontagiosität und/oder Erregern besonderer Pathogenität des Landes Mecklenburg-Vorpommern. 2002 Kontakt: [email protected] Exner M., E. Steffen: Bioterrorismus und Öffentliche Gesundheit. Umweltmed Forsch Prax 7 (4) 247-252 (2002) CDC, Centers for Disease Control and Prevention: Biological and Chemical Terrorism: strategic plan for preparedness and response. MMWR 49 (RR-4), 1–14 Fock R. et al.: Schutz vor lebensbedrohenden importierten Infektionskrankheiten: Bundesgesundheitsbl. Gesundheitsforsch. Gesundheitsschutz, Jahrgang 43, Heft 10, November 2000 Clifford Lane H., A. S. Fauci: Bioterrorism on the Home Front – A New Challenge for American Medicine. JAMA The Journal of the American Medical Association Vol. 286 No. 20 November 28, 2001 351 352 Katastrophenhygiene am Beispiel von Überschwem mun 353 gen (Hoch wa sser) 354