Pdf - Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke eV

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Zuckergesüßte Erfrischungsgetränke
Fakten zur Debatte um ausgewogene Ernährung und gesunde Lebensweise
Richtiges und ausreichendes Trinken ist ein wichtiger Baustein für eine ausgewogene Ernährung. Alkoholfreie Getränke (AFG) leisten hierzu einen wichtigen Beitrag.
Eine große Vielfalt alkoholfreier Getränke ermöglicht eine breite Auswahl sowie eine
willkommene Abwechslung auf dem täglichen Ernährungsplan je nach individuellem
Geschmack und Bedarf.1
Erfrischungsgetränke (Softdrinks), die
zuckergesüßt sind oder Saft enthalten,
führen dem Körper dabei neben Flüssigkeit auch Energie zu. In Deutschland – und damit ganz im europäischen Trend – liegt die durchschnittliche Kalorienaufnahme durch
zuckerhaltige Erfrischungsgetränke in
Relation zur gesamten Kalorienzufuhr
bei unter 3 %.2
Dabei zeigt sich in Deutschland der
Pro-Kopf-Verbrauch bei Erfrischungsgetränken in den letzten Jahren relativ
stabil: 2012 lag er bei 121,6 Liter, davon beträgt der Anteil zuckerhaltiger
Erfrischungsgetränke rund 96 Liter.3 In
den vergangenen zehn Jahren zeigten
insbesondere kalorienreduzierte und
kalorienfreie Produkte ein erhebliches
Wachstum im Pro-Kopf-Verbrauch.4
1
2
3
4
Hintergrundinformationen zur wafg
Die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie
Getränke e.V. (wafg) vertritt internationale und nationale Markenhersteller
der Erfrischungsgetränkeindustrie, darunter vor allem mittelständische Produzenten von Erfrischungsgetränken,
Fruchtsäften sowie regionale Mineralwasserbrunnen.
Diese Unternehmen bieten ein breites
Sortiment an Produkten, die sich großer Beliebtheit bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern erfreuen und
sich dabei als Bestandteil einer abwechslungsreichen und genussvollen
Ernährung etabliert haben.
Nähere Informationen: www.wafg.de
Die wafg schreibt mit diesem Positionspapier die Position „Erfrischungsgetränke und Übergewicht – Fakten und Vorurteile“
(August 2009) fort.
Siehe Anhang zur detaillierten Ableitung dieser Berechnung.
Vgl. Pro-Kopf-Verbrauch-Statistik der wafg (www.wafg.de/pdf/branche/prokopf.pdf). Nach Canadean Wisdom 2013 Annual
Cycle beträgt der Anteil an zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken 79 % am Gesamtvolumen dieser Getränkekategorie in
2012.
Nach Canadean Wisdom 2013 Annual Cycle stieg der Anteil kalorienreduzierter Softdrinks am Gesamtvolumen von 2003
(12,3 %) bis 2012 (21,0 %) deutlich um rund 9 %.
Die Unternehmen der Branche haben dazu mit innovativen Entwicklungen und neuen
Angeboten von energiefreien bzw. -reduzierten Erfrischungsgetränken wesentlich
beigetragen.
Dennoch gibt es eine gewisse Tendenz zur medialen und wissenschaftlichen Kritik
vor allem an zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken. Ein Kritikpunkt ist dabei der angeblich ursächliche Zusammenhang zwischen dem Konsum zuckerhaltiger Erfrischungsgetränke und der Entstehung von Übergewicht. Der Wirtschaftsvereinigung
Alkoholfreie Getränke e.V. (wafg) ist es daher ein wichtiges Anliegen, diese Wahrnehmung in der Öffentlichkeit anhand valider wissenschaftlicher Erkenntnisse auf
ihre tatsächliche Tragfähigkeit zu prüfen.
Viele wissenschaftliche Studien stellen im Bestreben nach einer öffentlichkeitswirksamen Wahrnehmung bereits selbst die Publikationen unter eine pointierte „Schlagzeile“. Die grundlegenden Vorbehalte, die regelmäßig zum Studienaufbau bzw. der
Repräsentativität der von den Autoren gezogenen Schlussfolgerungen bestehen,
spiegeln sich in diesen Zuspitzungen und folgerichtig in der darauf aufbauenden Berichterstattung jedoch nur sehr selten wieder. In der medialen Berichterstattung wird
häufig diese bereits auf die „Schlagzeile“ verengte Sichtweise noch weiter zugespitzt.
Dabei werden regelmäßig in den Medien die zumeist in den gesicherten Erkenntnissen deutlich komplexeren Aussagen der gesamten Studie nicht mehr differenziert
dargelegt. Gleiches gilt für die Vorbehalte und Einschränkungen, die in vielen Fällen
von den Autoren der Studie selbst explizit angeführt werden.
Insbesondere politische Entscheidungsträger und gesellschaftlich einflussreiche Akteure sollten ihre Meinungsbildung und Entscheidungen allerdings nicht auf Vermutungen oder Schlagzeilen stützen, sondern auf sachliche sowie differenzierte und
tragfähige Analysen und Argumente aufbauen. Insofern sollten in diesen Bereichen
die Komplexität wissenschaftlicher Erhebungen berücksichtigt werden, denn tragfähige Entscheidungen bedürfen valider wissenschaftlicher Grundlagen.
Hierzu möchte die wafg in Bezug auf den Konsum zuckerhaltiger Erfrischungsgetränke in Deutschland auf folgende Fakten hinweisen.
Was ist unter Übergewicht und Adipositas zu verstehen?
Laut Klassifizierung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gelten Erwachsene mit
einem Body Mass Index (BMI) (siehe hierzu Kasten) von 25 – < 30 als übergewichtig
und ab einem BMI ab 30 als fettleibig bzw. adipös5. Für Kinder gelten andere
Schwellenwerte.
Vor allem extremes Übergewicht, das aufgrund des prozentual hohen Fettanteils
5
Adipositas ist definiert als eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilt dabei noch weiter ausdifferenzierend Adipositas in folgende drei Stufen ein: Adipositas Grad I = BMI
> 30 bis < 35, Adipositas Grad II = BMI > 35 bis < 40, (morbide) Adipositas Grad III = BMI > 40.
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auch als Fettleibigkeit oder Adipositas
(Obesity) bezeichnet wird, wird häufig
mit einem höheren Risiko für die Gesundheit verbunden. Eine wesentliche
Rolle für ein potentielles Gesundheitsrisiko spielt hierbei neben genetischen Veranlagungen aber auch das
Fettverteilungsmuster im Körper.6
Übergewicht ist aber nicht per se
krankheitsauslösend oder -fördernd.7
Daher ist zugleich auch besondere
Vorsicht geboten, um Betroffene nicht
gesellschaftlich zu stigmatisieren, da
gerade hierdurch auf einer nachgelagerten Ebene tatsächlich psychische
Belastungen und Erkrankungen gefördert werden könnten.
Die mit Abstand größte Rate an
Übergewicht und Fettleibigkeit verzeichnen dabei die USA mit insgesamt 69,2 % der Bevölkerung ab
15 Jahren; der Anteil der adipösen
Bevölkerung beträgt dort bereits
35,9 %.8 In Deutschland liegt laut
OECD-Bericht die Rate für Übergewicht und Fettleibigkeit insgesamt bei
51,4 %, der Anteil an Adipositas fällt
mit 14,7 % jedoch deutlich niedriger
aus.
Der BMI und seine Grenzen
Die am häufigsten verwendete Messgröße von Übergewicht stützt sich auf
den so genannten Körpermasseindex
(Body Mass Index – BMI). Hierbei handelt es sich um einen Wert, der das
Gewicht einer Person im Verhältnis zu
ihrer Körpermasse darstellt (Gewicht/Größe²).
Aufgrund individueller Faktoren können
bei den Klassifizierungen der WHO
(siehe Text) nach BMI jedoch keine
starren Grenzen festgelegt werden.
Hierbei ist etwa zu berücksichtigen,
dass der BMI durch Faktoren wie einen
erhöhten Körperwassergehalt oder
hohen Muskelmasseanteil verzerrt
werden kann. Somit kann diese Messgröße den eigentlichen Gesundheitsund Fitnessstatus nur unzureichend
abbilden.
Ein Gesundheitsrisiko steht also nicht
zwingend im Zusammenhang mit einem höheren BMI. Neueste Studien
legen sogar eine gesundheitsförderliche Wirkung bei nach WHOklassifiziertem „leichtem Übergewicht“
nahe (vgl. Fußnote 5). Dennoch wird
der BMI in fast allen wissenschaftlichen
Studien als maßgebliche Messgröße
verwendet.
Nach einer Untersuchung des Robert
Koch-Instituts für Deutschland9, die
auch
im
DGE-Ernährungsbericht
2012 aufgegriffen wurde, sind 60,1 %
der Deutschen bei Männern und Frauen übergewichtig, davon 23,6 % fettleibig. Dabei sank im Vergleich zum Bundes-Gesundheitssurvey 1998 zwar die Übergewichtsrate insgesamt, die Rate für Adipositas stieg hingegen an. Dies kann dahingehend
6
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8
9
Es wird unter anderem zwischen Bauchfett und dem (angeblich weniger schädlichen) Hüftfett unterschieden. So soll das
viszerale Fett (Bauchfett) eher im Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen stehen. Jedoch kann Bauchfett auch bereits bei nicht als übergewichtig klassifizierten Personen auftreten. Ob es in der Tat zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommt, dürfte daher nicht allein durch Übergewicht bedingt sein, sondern hängt vermutlich von weiteren Risikofaktoren und dem gesamten individuellen Lebensstil ab.
Flegal, Kit, Orpana et al.: Association of all-cause mortality with overweight and obesity using standard body mass index
categories. A systematic review and meta-analysis, Journal of the American Medical Association (JAMA), vol. 309, no. 1,
pp. 71-82, DOI:10.1001/jama.2012.113905, 2013.
Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD): Übergewicht und Fettleibigkeit, in: Die OECD in Zahlen
und Fakten 2013: Wirtschaft, Umwelt, Gesellschaft, OECD Publishing, 2013.
Robert Koch-Institut (RKI): Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1), 2012.
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interpretiert werden, dass stark übergewichtige Personen – die vermutlich bereits
über einen unausgewogenen Lebensstil verfügen – weiterhin an Gewicht zulegten
(siehe Abbildung 1).
Übergewicht und Adipositas – Vergleich BGS98 (altersadjustiert) und DEGS1
100
90
80
70
60
68,6
67,1
50
54,5
53,0
40
30
20
10
23,3
19,5
23,9
23,1
0
1998
2012
Männer
Mäner
Übergewicht in % (BMI > = 25 kg/m²)
1998
2012
Frauen
Adipositas in % (BMI> = 30 kg/m²)
Abbildung 1:
Eigene Darstellung der wafg nach Robert Koch-Institut: Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland
(DEGS1), 2012 und Bundesgesundheitssurvey (BGS98), 1998.
Es besteht keine Kausalität zwischen dem Konsum zuckergesüßter Erfrischungsgetränke und Übergewicht
Das Ausmaß an Übergewicht und Fettleibigkeit in den USA und einigen anderen
Ländern ist im Gegensatz zu Deutschland offensichtlich besonders hoch und damit
nicht vergleichbar. Daher wird in den USA mit besonders großer Emotionalität über
das Thema „Obesity“ diskutiert und nach den dort maßgeblichen Ursachen geforscht.
Dabei gerät gerade in den USA der dort überdurchschnittlich hohe Pro-KopfVerbrauch an zuckergesüßten Softdrinks (ca. 166 Liter in 2012)10 in die Diskussion.11
Viele wissenschaftliche Studien aus den USA betrachten daher die Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Konsum zuckergesüßter Softdrinks und der Förderung von Übergewicht gibt.
10 Vgl. American Beverage Association (ABA): www.ameribev.org/blog/2013/03/report-soda-is-not-driving-obesity/, 2013.
11 Nach den Berechnungen der wafg betrug der Pro-Kopf-Verbrauch an Erfrischungsgetränken 2012 in Deutschland
121,6 Liter.
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Einige veröffentlichte wissenschaftliche Studien legen etwa einen beobachtbaren
Zusammenhang zwischen dem Verzehr zuckergesüßter Erfrischungsgetränke und
einem Anstieg des BMI nahe.12 Häufig wird in den Medien eine solche beobachtete
Korrelation jedoch fälschlicherweise als Ursache-Wirkungs-Beziehung dargestellt.
Andere Studien weisen hingegen auf, dass es keinen beobachtbaren Zusammenhang zwischen dem Verzehr zuckergesüßter Erfrischungsgetränke und einem Anstieg des BMI gibt.13
Derart fokussierte und auch oft im Studiendesign stark limitierte Studien bleiben allerdings Einzelaspektbetrachtungen, bei denen andere Variablen ausgeklammert
blieben, so dass keine abschließenden Ergebnisse geliefert werden und diese Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden müssen. Fakt ist, dass unterschiedliche
Ergebnisse die Aussagekraft von Einzelstudien insgesamt in Zweifel ziehen können
und vieles dafür spricht, dass die dort aufgestellten Thesen nicht abschließend belegbar sind. Einige Studien stellen dies zutreffend auch explizit selbst klar.
Inzwischen gibt es zahlreiche Studien im internationalen Umfeld, die einen möglichen
Zusammenhang zwischen einer Gewichtszunahme und dem Verzehr zuckergesüßter
Softdrinks untersucht haben. Bei genauer Analyse und detaillierter Betrachtung des
Studiendesigns und der jeweiligen Interpretation lassen sich die Studienergebnisse
wie folgt zusammenfassen:
Wenn es während eines bestimmten Zeitraums, bei dem der regelmäßige Verzehr
zuckergesüßter Softdrinks untersucht wurde, zu einer Gewichtszunahme kam, beruhte dies vor allem auf einer positiven Gesamtenergiebilanz.
Das heißt, dem Körper standen mehr Kalorien zur Verfügung, als dass er diese durch
den eigenen Metabolismus und zusätzliche körperliche Aktivität hätte kompensieren
können. Daraus kann man sicher folgern, dass der Lebensstil insgesamt eine wesentliche Rolle bei der Gewichtszunahme spielt.
Bei der Studieninterpretation sollte daher stets darauf geachtet werden, ob eine Gewichtszunahme in einer zusätzlichen Aufnahme von Kalorien begründet ist, die zu
einer positiven Energiebilanz führen konnte.
Sowohl eine umfassende Meta-Analyse von 88 Studien14 als auch im Grundsatz die
so genannten „New England Studien“15 aus dem Jahr 2012 zeigen einen beobacht12 Malik, Schulze, Hu: Intake of sugar-sweetened beverages and weight gain: a systematic review, The American Journal of
Clinical Nutrition (AJCN), vol. 84, no. 2, pp. 274-288, http://ajcn.nutrition.org/content/84/2/274.full.pdf+html, 2006.
13 Jensen, Nichols, Allender et al.: Inconsistent associations between sweet drink intake and 2-year change in BMI among
Victorian children and adolescents, Pediatric Obesity, vol. 8, pp. 271-283, DOI: 10.1111/j.2047-6310.2013.00174.x., 2013.
14 Vartanian, Schwartz, Brownell: Effects of Soft Drink Consumption on Nutrition and Health: A Systematic Review and MetaAnalysis,
American
Journal
of
Public
Health
(AJPH),
vol.
97,
no.
4,
pp.
667-675,
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1829363/, 2007.
15 Qi, Chu, Kang et al.: Sugar-Sweetened Beverages and Genetic Risk of Obesity, New England Journal of Medicine (NEJM),
vol. 367, pp.1387-1396, DOI: NEJM 2012.1056, 2012.
De Ruyter, Olthof, Seidell et al.: A Trial of Sugar-free or Sugar-Sweetened Beverages and Body Weight in Children, New
England Journal of Medicine (NEJM), vol. 367, pp. 1397-1406, DOI: 10.1056/NEJMoa1203034, 2012.
Ebbeling, Feldman, Chomitz, et al.: A Randomized Trial of Sugar-Sweetened Beverages and Adolescent Body Weight, New
England Journal of Medicine (NEJM), vol. 367, pp. 1407-1416, DOI: 10.1056/NEJMoa1203388, 2012.
5
baren Zusammenhang zwischen dem Verzehr zuckerhaltiger Erfrischungsgetränke
und einer Gewichtszunahme auf. Eine genauere Analyse belegt jedoch, dass auch
hier die Gewichtszunahme auf eine positive Gesamtenergiebilanz zurückzuführen ist,
die in dem angelegten Studiendesign nicht berücksichtigt wurde.
Auch die genetische Veranlagung spielt nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen eine große Rolle bei der Entwicklung von Übergewicht.
Eine von der WHO beauftragte Metaanalyse, die zu Beginn des Jahres 2013 veröffentlicht wurde, stellt zudem treffend heraus, dass Zucker (u.a. in Form zuckergesüßter Getränke) im Austausch zu gleichkalorischen Produkten mit anderen Kohlenhydraten nicht zu einer Gewichtszunahme führt.16
Als Ergebnis hieraus ist festzuhalten, dass bis heute keine wissenschaftlich valide
Studie die These belegt, dass der Konsum zuckerhaltiger Erfrischungsgetränke für
sich ursächlich für die Entstehung von Übergewicht ist.
Grenzen wissenschaftlicher Studien zu Erfrischungsgetränken
Bei der Analyse von Einzelergebnissen fehlt oftmals eine weitergehende Interpretation, die die Ergebnisse in eine ganzheitliche Betrachtung bzw. in die wichtigen Zusammenhänge stellt. So sind sehr häufig in der Interpretation gezogene Kausalitäten
nicht durch die tatsächlich vorhandenen bzw. ausgewerteten Studien valide abgesichert. Es darf vor allem auch in der medialen Berichterstattung nicht vernachlässigt
werden, dass eine beobachtbare statistische Korrelation noch keinen „UrsacheWirkungs-Nachweis“ darstellt.
Meta-Studien, als Analyse und Zusammenfassung diverser Studien zu einem Thema, können oftmals eine bessere Orientierung und solidere Interpretationsbasis bieten, dennoch ist auch hier eine ganzheitliche Interpretation und Analyse der Ergebnisse erforderlich.
Besondere Vorsicht ist bei der Interpretation und Übertragbarkeit von internationalen
oder interkulturellen Studien geboten. Internationale Studien weisen oft erhebliche
Unterschiede zu spezifischen nationalen Gegebenheiten auf. So gibt es z.B. in den
USA bedeutende ethno-kulturelle Unterschiede in der Häufigkeit von Übergewicht.
Vernachlässigt werden hier zumeist bei der Ergebnispräsentation entsprechende
Analysen zu diesen spezifischen Unterschieden, die etwa durch kulturelle Gewohnheiten durchaus Lebensstile prägen können. Auch ethnisch-genetisch bestimmte Besonderheiten der Teilnehmer sind nicht zu vernachlässigen. Daher bedürfen Ergebnisse solcher Studien der entsprechenden detaillierten Analyse und Interpretation.
Die Entstehung von Übergewicht und Fettleibigkeit ist ein ausgesprochen komplexes
Geschehen. In der Konsequenz verwundert es häufig, wie sich dennoch bestimmte
16 Te Morenga, Mallard, Mann: Dietary sugars and body weight: systematic review and meta-analyses of randomised controlled trials and cohort studies, British Medical Journal (BMJ), vol. 346, DOI: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.e7492, 2013.
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Studien zunächst einseitig auf sehr
spezifische Aspekte wie etwa einen
direkten Zusammenhang von Übergewicht mit einer bestimmten Lebensmittelgruppe (z.B. Erfrischungsgetränke)
fokussieren. Dabei ist immer die Frage
zu stellen, ob nicht andere – in der Untersuchung nicht einbezogene – Faktoren ebenfalls relevant sein können. In
diesen Fällen sollten zugespitzte Aussagen stets mit besonderer Vorsicht
interpretiert werden.
Übergewicht und Adipositas sind
eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die eine ganzheitliche
Lösungsstrategie erfordert
Oftmals ist von Übergewicht und
Adipositas als epidemisches Problem
die Rede. Bei dieser Darstellung geht
es neben der individuellen Beeinträchtigung von Betroffenen durch mögliche
Gesundheitsrisiken und Folgeerkrankungen vor allem um die Debatte über
damit eventuell einhergehende finanzielle Lasten für das Gesundheitssystem.
Bei der Prävention und Bekämpfung
von Übergewicht und Adipositas ist es
unerlässlich, die vielfältigen gesellschaftlichen Herausforderungen in einen Gesamtzusammenhang zu stellen.
Unbestritten ist, dass Übergewicht und
Adipositas auf zahlreichen komplexen
und miteinander zusammenhängenden
Ursachen beruhen.
Studien erfordern eine ganzheitlichen Interpretation und Bewertung
Die wafg möchte dafür sensibilisieren,
dass bei der Interpretation von Studien
eine notwendige ganzheitliche Betrachtung und sachorientierte Herangehensweise erforderlich ist.
Grundsätzlich ist beim Studiendesign
auf eine entsprechend der genetischen
und demografischen Basis repräsentative Kohorte und Vergleichsgruppe zu
achten, die ebenso gemäß der Teilnehmeranzahl einen repräsentativen
Ausschnitt der Gesamtbevölkerung
widerspiegelt.
Wichtig ist gleichfalls, die Studie über
einen ausreichend langen Zeitraum
durchzuführen, um kurzfristige Ergebniseffekte und weitere Störfaktoren
ausschließen zu können.
Des Weiteren ist eine ganzheitliche
Lebensstilbetrachtung zusätzlich zum
Untersuchungsgegenstand zwingend
erforderlich, um Fehlinterpretationen
und Scheinkorrelationen ausschließen
zu können.
Tierbeobachtungsstudien sind – was
die vollumfängliche Übertragbarkeit auf
den Menschen betrifft – besonders
kritisch zu bewerten.
Insgesamt bedarf es der unabhängigen
wiederholten Bestätigung der Ergebnisse, damit diese als valide betrachtet
werden können.
Als derart multikausales Problem erfordern Übergewicht und Adipositas
allerdings angemessene ganzheitliche Lösungsstrategien, um zu nachhaltigen Erfolgen zu führen. Einseitige Erklärungs- und Behandlungsmodelle sind insofern von
vornherein untauglich, um die gesellschaftlichen Herausforderungen angemessen
anzugehen.
7
Es gibt nicht die „eine“ Ursache, sondern vielfältige Faktoren für Übergewicht
Bei der Entstehung von Übergewicht und Adipositas dürfen bei dieser Ausgangslage
insbesondere die gesellschaftlichen Entwicklungen nicht ausgeblendet werden.
Stichworte sind hier etwa der zunehmende Trend zu weniger körperlichen Aktivitäten
durch Technisierung und Motorisierung (angesprochen sei hier die „sitzende Lebensweise“). Aber auch die vieldiskutierte und gerade bei beruflich stark Beanspruchten oft fehlende Work-Life-Balance und damit einhergehende psychische und
physische Belastungen sind hier anzusprechen.
Ebenso können eher individuell zu beantwortende Fragen wie die Einhaltung von
Selbstdisziplin und -verantwortung von Bedeutung sein. Sie sollten bei der Umsetzung eines ausgewogenen Lebensstils nicht von vornherein ausgeblendet werden.
Nachfolgende Abbildung 2 stellt diese Komplexität der Ursachen anschaulich heraus.
Abbildung 2:
Eigene Darstellung wafg auf Grundlage u.a. diverser Vorlagen17.
17 Vgl. hierzu Schneider, Wittig, Mertens, Hoffmann: Adipositasmodell, www.uni-giessen.de/fbr09/nutrecol/_down_pdf/Adipositasmodell_Endversion_deutsch.pdf, 2009, und Department of Innovation Universities and Skills:
www.bis.gov.uk/foresight/our-work/projects/published-projects/tackling-obesities/reports-and-publications, 2007.
8
Ein kausaler Zusammenhang zwischen Übergewicht und dem Verzehr von zuckergesüßten Erfrischungsgetränken ist – wie bereits angesprochen – wissenschaftlich
nicht belegt. Vielmehr legen zahlreiche Studien nahe, dass für die Entstehung von
Übergewicht die individuelle Lebensweise in ihrer Gesamtheit entscheidend ist.
Die Notwendigkeit zur multikausalen Ursachenforschung bei der Entstehung von
Übergewicht ist wissenschaftlich deshalb inzwischen weitgehend anerkannt. Neben
einer unausgewogenen Ernährung und einem inaktiven Lebensstil zählen hierzu
auch weitere Faktoren – wie etwa negativer Stress sowie unzureichender Schlaf.
Die WHO hat 2012 erneut bestätigt, dass vor allem ein Ungleichgewicht in der Gesamtenergiebilanz aufgrund gestiegener Energieaufnahme und gesunkener Aktivitätslevel für die Entstehung von Übergewicht und Adipositas ursächlich ist. Auch die
Analysen des DGE-Ernährungsberichts 2012 konstatieren, dass es aufgrund sich
ändernder Lebensbedingungen zu einer massiven Abnahme der körperlichen Aktivität in Beruf und Freizeit kam, ohne dass die Ernährung an den dadurch verringerten
Energiebedarf hinreichend angepasst worden sei.
Die WHO-Empfehlung von 2,5 Stunden sportlicher körperlicher Bewegung pro Woche erfüllen real nur 20 % der Deutschen.18 Vor allem die Industrialisierung, Technisierung und Urbanisierung unserer Umwelt haben großen Anteil an der heutigen
Ausprägung eines bei vielen Menschen überwiegend inaktiven Lebensstils.
Für Deutschland zeigen Untersuchungen (siehe Abbildung 3), dass durchschnittlich
das Aktivitätslevel bei den „Jüngeren“ deutlich ausgeprägter ist. Damit könnte eine
stärkere Kompensation von aufgenommenen Kalorien verbunden werden.
Abbildung 3:
Froböse, Wallmann:
DKV-Report: Wie gesund lebt
Deutschland? 2012.
Erläuterung der Abkürzungen:
MET = metabolisches Äquivalent als Maß für die Sauerstoffaufnahme bei körperlicher Aktivität
kA = körperliche Aktivität
18 Robert Koch-Institut: Körperliche Aktivität: Wie aktiv sind die Deutschen?, Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1), 2012.
9
Weitere Forschungsergebnisse zeigen zudem immer wieder aufs Neue zusätzliche
Erkenntnisse und Faktoren. Diese erweitern das Wissen um die komplexen Zusammenhänge, welche zur Entstehung und Manifestierung von Übergewicht beitragen.
Mit dieser Erkenntnis der Multikausalität für Übergewicht geht einher, dass die möglichst frühe und kompetente Vermittlung um die Bedeutung eines Lebensstils in Balance ebenso wie die Vermittlung von Ernährungskompetenz entscheidende Beiträge
zur erfolgreichen Prävention von Übergewicht darstellen. Die Erfrischungsgetränkeindustrie wirkt daher als aktives Mitglied der Plattform Ernährung und Bewegung e.V.
(peb) mit, um gemeinsam mit Akteuren aus Politik, Verbänden und Wirtschaft durch
Wissensaustausch, Aufklärung und Pilotprojekte die Entstehung von Übergewicht
bereits bei Kindern und Jugendlichen vorzubeugen.
Zuckerhaltige Erfrischungsgetränke können Teil einer ausgewogenen Ernährung sein
Für sich genommen gibt es keine als solche „gesunden“ oder „ungesunden“ Lebensmittel oder Getränke. Gerade bei der Entstehung von Übergewicht kann es nicht
auf ein einzelnes Lebensmittel ankommen, sondern maßgeblich sind vielmehr der
gesamte Lebensstil und die Gesamtenergiebilanz. Nur wenn über einen längeren
Zeitraum mehr Energie durch die Ernährung aufgenommen als individuell verbraucht
wird, z.B. durch angemessen häufige Bewegung, kann Übergewicht entstehen.
Einzelne Lebensmittel – auch zuckerhaltige Erfrischungsgetränke – spielen dabei
nicht die zentrale bzw. ursächliche Rolle, tragen aber natürlich zur Gesamtkalorienaufnahme bei. Insofern ist nicht zu bestreiten, dass über zuckerhaltige Erfrischungsgetränke über die darin enthaltenen Kohlenhydrate dem Körper Energie zugeführt
wird.
Jedoch sollte nicht vernachlässigt werden, dass dieser Energiegehalt durchaus mit
anderen Getränken vergleichbar ist oder in diesem Vergleich sogar niedriger ausfällt.
Zudem gibt es unter den Erfrischungsgetränken auch eine breite Auswahl an kalorienreduzierten und -freien Getränken.
Energiehaltige Getränke im „Energie“-Vergleich
Abbildung 4:
Eigene Darstellung
wafg nach Angaben
von Souci, Fachmann,
Kraut: www.sfkonline.net, 2013 und
Deutscher Kaffeeverband e.V., 2013.
10
Aktuelle Zahlen der Nationalen Verzehrstudie II zeigen, dass bei Männern alkoholische Getränke mit 5,6 % der täglichen Energiezufuhr sowie Fruchtsäfte und -nektare
mit 4,1 % vor Limonaden mit 2,8 % der durchschnittlichen täglichen Energiezufuhr
liegen. Bei Frauen dominieren Fruchtsäfte und -nektare mit 4,7 % vor alkoholischen
Getränken mit 2,4 % und Limonaden mit 1,3 % der täglichen Energiezufuhr.19
Bereits ein Blick auf das Konsumverhalten von zuckerhaltigen Softdrinks in Deutschland lässt vermuten, dass der Konsum von zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken
nicht kausal mit der Entstehung von Übergewicht verknüpft sein kann. Denn – wie die
nachfolgende Abbildung 5 zeigt – der Verzehr zuckerhaltiger Erfrischungsgetränke
nimmt mit steigendem Alter ab, während die Häufigkeit von Übergewicht und
Adipositas mit dem Alter ansteigt.
Konsum zuckerhaltiger Erfrischungsgetränke im Altersvergleich
Entwicklung bei Männern (oben) und Frauen (unten)
500
100
400
80
300
60
200
40
100
20
0
Abbildung 5:
Eigene Darstellung wafg auf Basis 12.
DGE-Ernährungsbericht 2012 (Nationalen Verzehrsstudie II (NVS II)-Daten zu
den Verzehrmengen), DEGS1 (Daten zu
Übergewicht- und Adipositas-Daten des
Robert Koch-Instituts) und Statistisches
Bundesamt.
0
19-24
25-34
35-50
51-64
65-80
*Die DGE stellt unter der Kategorie
„Limonaden“
im
12.
DGEErnährungsbericht 2012 die Gesamtheit
der Erfrischungsgetränke, u.a. auch die
Light- und Zero-Getränke, also auch die
süßstoffgesüßten
und
ungesüßten
Erfrischungsgetränke dar. Daher ist eine
Datenbereinigung erforderlich, um zuckerhaltige Erfrischungsgetränke getrennt betrachten zu können.
"Limonaden"-Konsum* (lt. NVS II/DGE) in g/Tag (linke
Skala in g/Tag)
davon zuckerhaltige Erfrischungsgetränke (nach
Datenbereinigung**) (linke Skala in g/Tag)
Prävalenz Prä-/Adipositas (rechte Skala in %)
500
400
300
200
100
0
100
80
60
40
20
0
19-24
25-34
35-50
51-64
65-80
** Nach Canadean Wisdom 2013 Annual
Cycle beträgt der Anteil an zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken im NVS IIErhebungszeitraum (2005 – 2007)
durchschnittlich rund 85 % am Gesamtvolumen. Auf dieser Grundlage wurde
die Datenbereinigung des „Limonaden“Konsums nach NVS II/DGE vorgenommen.
"Limonaden"-Konsum* (lt. DGE) in g/Tag (linke Skala in
g/Tag)
davon zuckerhaltige Erfrischungsgetränke (nach
Datenbereinigung**) (linke Skala in g/Tag)
Prävalenz Prä-/Adipositas (rechte Skala in %)
19 Ellrott: Frühjahrsfachtagung „Trinken“ der DGE-Sektion Niedersachsen, Ernährungs Umschau 4/2011, S. 212 f., 2011.
11
Bei der Diskussion um die Ausgestaltung der „richtigen“ Ernährung sollte vor allem
nicht vernachlässigt werden, dass in diesem Kontext nicht nur die eher technischen
Aspekte „Energiezufuhr und Kalorien“, sondern auch die Themen Lebensfreude und
Genuss angesprochen sind.
Eine abwechslungsreiche und zugleich genussvolle Ernährung in Balance kann zum
Wohlbefinden und zur Lebensfreude beitragen. Dabei sind natürlich individuelle Bedürfnisse und Lebensumstände zu berücksichtigen. In diesem Rahmen können (zuckerhaltige) Erfrischungsgetränke durchaus als Teil einer ausgewogenen Ernährung
konsumiert werden. Insofern wäre es ein Irrweg, die Produkte per se zu diskreditieren. Vielmehr kommt es auf einen Genuss mit Augenmaß an.
Nährwertinformation schafft Transparenz und unterstützt eigenverantwortliche
Entscheidungen
Mit der Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV) gilt zukünftig in Europa gesetzlich eine verpflichtende Nährwertkennzeichnung.20 Auf dieser Basis soll und kann der
mündige Verbraucher selbst entscheiden, welche Produkte seinen Wünschen und
situativen Bedürfnissen entsprechen. Gerade die national und international aufgestellten Markenhersteller stellen bereits jetzt diese für die Auswahl der Verbraucherinnen und Verbraucher wichtigen Informationen bei ihren Produkten umfassend
bereit:
Über eine freiwillige und vor allem portionsbezogene Nähwertdeklaration (bei Erfrischungsgetränken liegt die Portionsgröße im Regelfall bei 250 ml) mit Bezugnahme
auf den Nährstoffbezugswert für die tägliche Zufuhr der elementaren Nährstoffe zeigt
die Nährwertkennzeichnung anschaulich auf einen Blick alle wichtigen Informationen,
insbesondere zum Kaloriengehalt. Damit ermöglichen die Unternehmen eine bewusste und eigenverantwortliche Entscheidungsfindung. Auch zahlreiche regional
aufgestellte Hersteller von Erfrischungsgetränken setzen bei der Ausgestaltung ihrer
Nährwertinformationen auf dieses Konzept.
Darüber hinaus bietet die Branche eine ausgesprochen breite Produktvielfalt an, die
sich unter anderem durch das Angebot kleiner und bedarfsgerechter Verpackungen,
durch wiederverschließbare Multiportionspackungen sowie insbesondere eine breite
Vielfalt an kalorienfreien und -reduzierten Produkten (beispielsweise Light- und ZeroGetränke oder bestimmte zuckerfreie aromatisierte Wässer) auszeichnet. Aufgrund
dieser Transparenz und dem breiten Angebot ist es legitim, wenn Verbraucherinnen
und Verbraucher im Rahmen ihrer individuellen Freiheit eine eigene und freie Entscheidung für ein Erfrischungsgetränk ihrer Wahl treffen. Lebensfreude und Genuss
sind dabei Werte, die jeder für sich in eine Balance mit einem ausgewogenen Le20 Die Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 – Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV), ist am 12. Dezember 2011 in Kraft
getreten (EU-ABl. L 304 vom 22. November 2011, S. 18 ff.). Als EU-Verordnung hat sie unmittelbar bindende Wirkung in allen Mitgliedstaaten. Die LMIV soll ein hohes Niveau des Gesundheitsschutzes sowie ein umfassendes Informationsrecht der
Verbraucher gewährleisten. Zu diesem Zweck wurde insbesondere die Pflichtkennzeichnung ausgeweitet. Die neue verpflichtende Nährwertkennzeichnung gilt ab dem 13. Dezember 2016 (Art. 55 Abs. 2). Wird die Nährwertdeklaration freiwillig
bereitgestellt, muss diese allerdings bereits ab dem 13. Dezember 2014 den Vorgaben der LMIV entsprechen (Art. 54
Abs. 2).
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bensstil bringen kann und muss. Ein solcher Umgang mit Lebensmitteln ist möglich,
wie es viele Verbraucherinnen und Verbraucher täglich beweisen.
Zuckerhaltige Erfrischungsgetränke im Faktencheck
Zuckerhaltige Erfrischungsgetränke liefern durchschnittlich nur einen geringen Anteil
an der gesamten Energiezufuhr
Es gibt Stimmen, wonach der Verzehr zuckerhaltiger Erfrischungsgetränke in
Deutschland „zu hoch“ sei. Dies bedarf jedoch der Einordung.
So ist zum einen – wie dargelegt – bereits aus den Daten der Nationalen Verzehrstudie II21 ersichtlich, dass die Verzehrmenge an zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken mit steigendem Alter abnimmt, während gegenläufig die Tendenz zu Übergewicht und Adipositas zunimmt (vgl. Abbildung 5).22
Auch der Blick auf den tatsächlichen Konsum im Verhältnis zu anderen Getränken
zeigt ein sehr differenziertes Bild:
Zuckerhaltige Erfrischungsgetränke machen demnach im Durchschnitt 6 % der Gesamttrinkmenge bei alkoholfreien Getränken aus.
In der Durchschnittsbetrachtung aller Konsumenten über alle Altersgruppen (ab
15 Jahre) stehen nach der NVS II zuckerhaltige Erfrischungsgetränke lediglich für
einen Anteil von weniger als 3 % der täglichen Gesamtkalorienzufuhr.23
Das spricht weder für einen unverhältnismäßigen Verzehr von zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken im Allgemeinen noch dafür, diese Produkte pauschal und einseitig für das Entstehen von Übergewicht verantwortlich machen zu können.
21 Vgl. 12. DGE-Ernährungsbericht, 2012.
22 Herauszustellen ist hier, dass die DGE die Begriffe „Limonaden“ und „Erfrischungsgetränke“ (aus Sicht der wafg wenig zielführend) synonym verwendet – erfasst wird also (abweichend vom lebensmittelrechtlich definierten Verständnis zum Begriff
„Limonade“) die Gesamtheit aller zucker- und süßstoffgesüßten sowie ungesüßten Erfrischungsgetränke. Diese Bezugnahme verzerrt aus Sicht der wafg die Datengrundlage bzw. führt zu unnötiger Verwirrung in der Diskussion.
23 Dabei weisen Vielverzehrer (wie etwa männliche Jugendliche in der Altersgruppe von 15 – 19) prozentual mit rund 7 %
etwas höhere Mengen bezogen auf den tatsächlichen täglichen Gesamtkalorienbedarf auf. Ausgeklammert werden sollte
bei dieser Betrachtung insbesondere mit Blick auf Erwachsene zudem auch nicht der Aspekt, dass selbstverständlich eine
nicht unwesentliche Kalorienaufnahme auch über alkoholische Getränke zu betrachten ist.
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Zuckerhaltige Erfrischungsgetränke haben
keine hohe Energiedichte – bewusster und
richtiger Trinkgenuss sind erlernbar
Zuckerhaltige Erfrischungsgetränke stehen
immer wieder wegen ihres angeblich hohen
Energiegehalts in der Kritik. Aufgestellte Würfelzucker neben einem Erfrischungsgetränk
sollen diesen veranschaulichen und den Eindruck erwecken, dass es sich hierbei um besonders hochkalorische und energiedichte
Getränke handelt.
Die Energiedichte wird definiert als Energieeinheit pro Gewichtseinheit. Sie ist der Ausdruck für den Energiegehalt in Kalorien (kcal)
pro 1 Gramm. Liegt pro 1 g Lebensmittel oder
Getränk der Energiegehalt bei mehr als
2,5 kcal, wird aus wissenschaftlicher Sicht eine hohe Energiedichte angenommen. Vernachlässigt wird bei der Bewertung von zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken jedoch der
hohe Wassergehalt, der – auch gemessen an
diesem Maßstab – für eine insgesamt geringe
Energiedichte sorgt. Bei zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken liegt die Energiedichte
durchschnittlich bei etwa 0,4 kcal/g.24
Die Verwertung von Zucker
Das Kohlenhydrat Saccharose (Zucker) besteht als Disaccharid (Zweifachzucker) aus den beiden Molekülen Glucose und Fructose. Glucose
wird mit Hilfe von Insulin in die Zellen aufgenommen.
Fructose wird hingegen ohne Insulin
direkt in der Leber vom Stoffwechsel verwertet und liefert Energie.
Insulin spielt bei der komplexen
Hunger-Sättigungsregulierung eine
wichtige Rolle, das heißt, dass die
Insulinausschüttung am Sättigungseffekt mitbeteiligt ist. Bei Absinken
des Insulinspiegels kann hingegen
wieder ein Hungergefühl eintreten,
wenn der Magen nicht gefüllt ist.
Der in den USA in gesüßten Erfrischungsgetränken häufig verwendete High Fructose Corn Syrup
(HFCS) steht oft in der Kritik, aufgrund des etwas höheren Anteils an
Fructose eine Gewichtszunahme zu
begünstigen. Dies ist jedoch wissenschaftlich nicht belegt.
Eine
Vielzahl
zuckerreduzierter
bzw.
-freier Erfrischungsgetränke wie etwa LightGetränke weisen sogar eine extrem geringe
Energiedichte von 0 – 0,25 kcal/g auf (siehe
Abbildung 6). Damit zählen Erfrischungsgetränke insgesamt zu den Lebensmitteln mit niedriger Energiedichte. Der hohe Wassergehalt, der auch Dehydrierung vorbeugt, steht nach wie vor im Vordergrund.
Zugleich gibt es den Vorwurf, dass bei zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken so genannte „leere Kalorien“ aufgenommen werden. Damit ist angesprochen, dass neben
dem Energiegehalt keine weiteren Nährstoffe bereitgestellt werden – und nicht, dass
diese Kalorien keinen Energiegehalt besitzen. Zuckerhaltige Erfrischungsgetränke
liefern dem Körper schnell verfügbare Energie durch den Nährstoff Zucker, ein vom
Körper leicht verwertbares Kohlenhydrat. Für einen schnellen Energieschub kann in
bestimmten Situationen der bewusste Verzehr eines zuckerhaltigen Erfrischungsgetränks aber gerade insofern sinnvoll sein und zu diesem gewünschten Effekt führen.
24 Nach Angabe von Souci, Fachmann, Kraut: www.sfk-online.net, 2013, entsprechen im Allgemeinen 100 ml zuckergesüßte
Limonade 43 kcal; dies entspricht 0,4 kcal pro Gramm. Eine Portion von 250 ml einer zuckerhaltigen Limonade entspricht
demnach ca. 108 kcal.
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Alkoholfreie Getränke im „Energie“-Vergleich
Abbildung 6:
Eigene Darstellung wafg nach Angaben von Souci, Fachmann, Kraut: www.sfk-online.net, 2013.
Im Rahmen der Ausbildung von Ernährungskompetenz ist es deshalb wichtig, den
Effekt der Sättigungswirkung energiehaltiger Getränke richtig einschätzen zu können,
um einen bewussten und maßvollen Genuss und Konsum zu entwickeln. Aus Sicht
der wafg bedeutet dies eine Empfehlung für einen moderaten Konsum von zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung und eines aktiven Lebensstils.
Entscheidend ist dabei, das richtige eigene Maß für den Konsum von zuckergesüßten Erfrischungsgetränken zu finden, dass sich mit dem individuellen Lebensstil vereinbaren lässt. Die Empfehlung eines „moderaten Konsum“ bietet hierzu eine Orientierung. Konkrete zeit- oder mengengebundene Verzehrempfehlungen sind schwierig, da diese nicht ausreichend auf die
individuellen Konsumpräferenzen und
Lebensgewohnheiten Rücksicht nehmen
Richtig Trinken
würden.
Ernährungskompetenz und Geschmackserziehung sind besser als einseitiger Verzicht und Verbote
Dennoch gibt es Forderungen, bereits im
frühen Alter generell auf den Konsum von
zuckerhaltigen und süßstoffgesüßten Erfrischungsgetränken zu verzichten oder
diesen weitgehend einzuschränken. Damit soll die Süßpräferenz – also die Geschmacksausbildung, die ein Verlangen
nach Süßem fördert – vermindert und
letztlich Übergewicht vorgebeugt werden.
Dabei ist aber anzumerken, dass die Präferenz für Süßes grundsätzlich angeboren
ist – sie ist im allgemeinen natürlich vorhanden und beruht auf einer genetischen
Zuckerhaltige
(Erfrischungsgetränke) liefern nicht nur Flüssigkeit, sondern auch Energie. Deshalb sollen sie bewusst und in moderater Menge getrunken werden.
Dann können sie eine genussvolle
Alternative und bei Bedarf ein
schneller Energielieferant sein.
Um einen größeren Flüssigkeitsbedarf zu decken sind vorrangig kalorienfreie Getränke, hierbei insbesondere (Mineral- und Tafel)Wässer sowie ungesüßte Kräuterund Früchtetees, effektiv. Zuckerfreie Varianten von Erfrischungsgetränken (z.B. Light- und ZeroProdukte) oder Schorlen können
geschmackvolle Alternativen sein.
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Grundlage. Eine solche Süßpräferenz wird jedoch nicht durch den maßvollen Verzehr einzelner Lebensmittel ausgelöst.
Essentiell ist vor allem, dass im Rahmen der Geschmackserziehung darauf geachtet
wird, dass eine Süßpräferenz nicht zu einer einseitigen (und vermutlich zugleich vitamin- und mineralstoffarmen) Ernährungsweise führt. Offenbar mögen Menschen
die Lebensmittel, welche sie regelmäßig verzehren. Dies wird als so genannter MereExposure-Effekt beschrieben.25 Geschmack ist damit auch soziokulturell geprägt –
und er ist erlernbar. Bedeutsam ist deshalb die Ernährungs- und Geschmackserziehung durch Bildung, Aufklärung und Einübung von ausgewogenen Ernährungsverhaltensweisen bereits in jungen Jahren. Eine zentrale Anforderung für eine ausgewogene Ernährung ist dabei, den richtigen Umgang mit süßen Lebensmitteln und
Getränken so früh wie möglich zu erlernen.
In Maßen und mit Genuss verzehrt, sind alle Lebensmittel und Getränke unbedenklich. Einseitige Verbote können sich hier sogar kontraproduktiv auswirken, da sie gerade die Attraktivität davon betroffener Produkte befördern.
Fazit: Zuckerhaltige Erfrischungsgetränke – zum Genuss bewusst genießen
Ein direkter Zusammenhang von zuckergesüßten Erfrischungsgetränken und der
Entstehung von Übergewicht ist somit – was zusammenfassend herauszustellen ist –
wissenschaftlich nicht belegt.
Vielmehr haben Übergewicht und Adipositas erwiesenermaßen vielfältige Ursachen,
weshalb ihre Prävention sowie Bekämpfung gesamtgesellschaftlich und ganzheitlich
angegangen werden muss, um nachhaltige Erfolge zu erzielen.
Insofern kommt es auf einen insgesamt „gesunden“ und ausgewogenen Lebensstil
an. Hierbei können Erfrischungsgetränke – auch zuckergesüßt – bewusst getrunken
durchaus Teil einer ausgewogenen und genussvollen Ernährung sein. Aber auch
eine aktive und ausgewogene Lebensweise mit ausreichender körperlicher Aktivität
ist hier ein wesentlicher und wichtiger Bestandteil.
Die Forderung nach Verboten und Sanktionen zur Prävention von Übergewicht sind
hingegen kurzsichtig und berücksichtigen nicht die tatsächlich gegebene Multikausalität bei der Entstehung von Übergewicht und Adipositas. Es muss die gemeinsame
Aufgabe sein, einen verantwortungsvollen, bewussten und selbstdisziplinierten Lebensstil zu vermitteln und zu fördern.
Von daher spricht nichts gegen den moderaten Konsum von (zuckerhaltigen) Erfrischungsgetränken und alles für einen abwechslungsreichen und vielfältig ausgestalteten Genuss in Balance.
25 Die wiederholte Darbietung eines Reizes hat zur Folge, dass diesem eine positivere Einstellung (durch Vertrautheit und
Familiarität) entgegengebracht wird. Insgesamt hat die Forschung gezeigt, dass der „Mere-Exposure-Effekt“ bei vielen Reizen auftritt, wie z.B. Personen, Bildern, Tönen, Nahrungsmitteln oder Gerüchen.
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Anhang
Die Berechnung der Kalorienzufuhr zuckerhaltiger Erfrischungsgetränke im
Durchschnitt
Im Text (siehe Fußnote 2, Seite 1 sowie Fußnote 23, Seite 13) hatten wir dargelegt, dass der durchschnittliche Anteil an zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken am tatsächlichen täglichen Kalorienverzehr unter 3 % beträgt. Nachfolgend
stellen wir die konkrete Berechnung hierzu vor.
In der Durchschnittsbetrachtung mit Blick auf alle Konsumenten in allen Altersgruppen tragen zuckerhaltige Erfrischungsgetränke zu unter 3 % am tatsächlichen Kalorienverzehr bei.
– 1.968 kcal/Tag* verzehrt ein Durchschnittskonsument
– 122 ml/Tag** zuckerhaltige Erfrischungsgetränke verzehrt ein Durchschnittskonsument durchschnittlich
– 100 ml zuckergesüßtes Erfrischungsgetränk im Durchschnitt 43 kcal***, dies entspricht bei 122 ml = 52 kcal
– 52 kcal = rund 3 % (2,6 %) des durchschnittlichen täglichen Gesamtkalorienverzehrs
* Tatsächlicher Verzehr laut NVS II (siehe 12. DGE-Ernährungsbericht), als Durchschnitt der tatsächlich verzehrten Kalorien von Männern (2.252 kcal) und Frauen (1.683 kcal).
** Die Verzehrsangabe von 144 ml (Durchschnitt Männer 198 ml und Frauen 90 ml laut NVS II) bei
„Limonaden“ muss datenbereinigt werden, da laut DGE hier u.a. auch Light-Getränke enthalten
sind. Nach Angaben von Canadean Wisdom 2013 Annual Cycle für 2005 – 2007 sind im Durchschnitt 85 % der Soft Drinks zuckergesüßte Erfrischungsgetränke. Nach der Datenbereinigung ist
hier von einer Bezugsgröße von 122 ml auszugehen.
*** Beispielhaft: Limonade nach Angabe bei Souci, Fachmann, Kraut: www.sfk-online.net, 2013.
Berlin, im Oktober 2013
Nähere Informationen zur wafg: www.wafg.de
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