Regierte Jugend?

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Regierte Jugend?
Jugend im Spannungsfeld von Regierbarmachung und Eigensinn
in der employability Strategie der Kinder- und Jugendarbeit
Yasmine Chehata
Kollegiatin Promotionskolleg TransSoz/ Wiss. Mitarbeiterin FH Köln
„Unsere Gesellschaft braucht die Jugend. Ihre Ideen, ihr Engagement und ihre Potenziale.“
(Erster Satz aus dem Imagefilm der eigenständigen Jugendpolitik „Allianz für Jugend“ des BMFSFJ)
-  Sozialpolitik unterliegt zunehmend dem Paradigma der Wettbewerbsfähigkeit, was seinen Ausdruck unter anderem in der aktuellen
Strategie Europa 2020 findet (EUKOM 2010). ´Aktivierung´ und ´Beschäftigungsfähigkeit´ (employability) sind neue Leitbilder
sozialstaatlicher Interventionen, die die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger zur programmatischen Ziellinie machen. Jugend
gerät in den Blick eines Sozialstaats, der die Bürger_innen dazu anhält, ihre Arbeits- und Bildungsfähigkeit (employability) zu steigern, ihre
freie Zeit zu nutzen und Potenziale zu schöpfen, um für das Gemeinwohl tätig zu werden. Die Kinder- und Jugendhilfe bewegt sich in
diesem Magnetfeld und kann aus gouvernementalitätstheoretischer Perspektive als Bestandteil einer Regulierung von Menschen über
Institutionen gefasst werden (vgl Foucault 1977; Kessl 2006: 63; 2005a; Lemke/Krasmann/ Bröckling 2000; Lessenich, 2003).
-  Die europäische Ebene ist in der Sozialen Arbeit eine wichtige transnationale Bühne geworden. Von einer zunehmenden Europäisierung
wird vielfach ausgegangen (vgl Walther/Stauber 2011:3; Beichelt 2012) Jedoch kann eine „Europäisierung in der Kinder- und Jugendhilfe“
aufgrund fehlender Kompetenzen der EU nicht als Top-Down Strategie gedeutet werden. Wie sich das Wechselverhältnis im Konkreten
auswirkt, wie Veränderungen stattfinden und wie sich die Kinder- und Jugendarbeit dazu verhält, bleibt weitestgehend unbeantwortet.
Erkennbar ist jedoch ein Zugriff auf den nonformalen Bereich, der hier als Vereinnahmung des Nonformalen zur Regiermachung der
Jugend gedeutet werden soll. Vermuten lässt sich hier eine Verzweckung der Pädagogik als Regierung über Jugend im Sinne des
Aktivierungsparadigmas.
Markierungspunkt
EU-Jugendstrategie
2018
J
u
g
e
n
d
p
o
l
i
t
i
k
Stauber/Wagner
et al
Eigene spezifische
Fokussierung
auf Kinder- und
Jugendhilfe
(„Aktivierende JH“
(Kessl 2005, aktuell
Verbände/Institutionen
)
Nationale „Leitideen“
(Rationalisierung-)
Praktiken*
„Leitideen“ und Initiativen
Kinder- und Jugendhilfe
Subjektivierende
zBPartizipation
Benachteiligung
Konkretisierung..
..
Grenzüberschreitung
Mobilität
.......
Lebenslanges Lernen
Kompetenznachweise
.......
A
u
s
w
a
h
l
Akteure,
Diskurse, Träger,
Projekte,
Kommune...
Programmatische
Kinder- und
Jugendarbeit
Feld(er) identifizieren
Mikroformatige Perspektive
Institutionalisierte
Muster Rationalisierungsprozesse
Aus gouvernementalitätsanalytischer
Perspektive geht es um die Untersuchung der
Mechanismen der „Menschenführung“, wie
Menschen als Subjekte in der
„programmatischen Steuerung“ konstituiert
werden (Foucault 1977; Lemke/Krasmann/
Bröckling 2000: 62; Bröckling/Krasmann
2010:10), durch z.B. staatliche Steuerung der
Europäischen Union und alltägliche
Kontrollpraktiken wie Erziehung und ihren
I n s t i t u t i o n e n , b s p w. d e r K i n d e r - u n d
Jugendhilfe.
Das Forschungsvorhaben befasst sich mit der
Frage nach den: Praktiken des Regierens
von Jugend und der daraus resultierende
(Be-) Handlungsbedarf in den
Programmatiken der zunehmenden
Arbeitsmarktorientierung und
Aktivierungspolitik in der Kinder- und
Jugedarbeit, im Kontext der EU-Strategie
„Europa 2020“.
Weiterführend wird gefragt: Was wird innerhalb
der Kinder- und Jugendarbeit zu einem
bestimmten historischen Zeitpunkt gedacht,
gesagt und gedeutet? Und wie wird in Bezug
auf die Be-Handlung von Jugend differenziert,
homogenisiert oder hierarchisiert? Und damit
ist zugleich die Frage aufgeworfen: Was ist
denkbar und sagbar und was bleibt damit
zugleich unsagbar?
EU „Leitideen“
partielle Fixierungen - dauerhafte Stabilisierung - Etablierung
von Knotenpunkten
Grad der Rationalisierungspraktiken
Perspektive: macht- und diskursanalytisch
Verbindung der Analyse politischer Programme (GM) - diskursiver Praktiken (historische-spezifische Möglichkeitsraum) (DA) – ggf Praktiken im Vollzug
Kartierung – historisch-spezifische Infrastruktur des in diesem Kontext
(Un-)sagbaren, ,(un-)sichtbaren, hierarchisierenden, differenzierenden,
homogenisierenden
Forschungsinteresse
Filter
Kraftfeld – Konflikt - Widerstand
1 Phase: Literaturstudie und
Mapping/Kartierung:
2. Phase: Feldauswahl
3. Phase: Analyse der Rationalisierungspraktiken
MForschungsvorgehen:
Sichtung der als relevant
Situationsanalyse (A.Clark)
Entscheidung der
über Konzepte und ?
e
Den Forschungsgegenstand
bilden die (widerständigen)
Praktiken
im Sinne
diskursiver
markierten
Dokumente
Auswertung
Reichweite
der
Analyse,
Erweiterung
um
Interviews
mit
Verantwortlichen
t
(Programme,
dersMapping
Fokussierung
der
Akteuren
in Bezug auf konkrete
Angebote
Praktiken
(Wrana
2012)
in
der
Kinderund
Jugendarbeit.
Die
Praktiken
der
Kinderund
h
Stellungnahmen, Papiere)
- Auswahl einer Leitidee
Fragestelleung
Ggf ethnografische Beobachtung
o Jugendarbeit sind dabei untrennbar mit Machtverhältnissen und institutionellen Rahmungen
dverwoben.
Auf eine analytische
Gegenüberstellung
von „den Diskursen“
und „den Praktiken“
Explanativ (Regelmäßigkeitssysteme
und Widersprüche)
explorativ (Fokussierung)
Feldstudie: Subjektivierungslogiken
und ihre
e wird dabei verzichtet (ebd:198) um zu vermeiden, dass die Selbstführung
Einlagerung in sozialpädagogische
der Subjekte in der
Institutionalisierungslogiken
Analyse vorschnell zum Spiegelbild der programmatischen Fremdanrufung wird. Methodisch
*Kessl 2011
wird mit Kartografien gearbeitet, die Möglichkeiten portraitieren und damit verschiedene
Lesarten hervorbringen, in welchen sich die „Macht in Aktion“ (Clarke 2012:78) als
Schauplätze der Aushandlung und Auseinandersetzung abbilden. Sowohl die Suche nach
Rationalisierungspraktiken (Kessl 2011) als auch die Situationsanalyse (Clarke 2012)
ermöglichen zumindest konzeptionell über rein textsprachliche Materialien hinaus die
Einbindung von Interviews oder Beobachtungen.
BEICHELT, Timm (2009): Deutschland und Europa. Die Europäisierung des politischen Systems. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009
BRÖCKLING, Ulrich/ KRASMANN, Susanne/LEMKE, Thomas (2000) (Hg): Gouvernementalität der Gegenwart. Studien zur Ökonomisierung des Sozialen. Frankfurt/M. Suhrkamp Verlag,1.Aufl
CLARKE, Adele (2012). Situationsanalyse. Grounded Theory nach dem Postmodern Turn. Wiesbaden, VS Verlag
FOUCAULT, Michel (2000 [1977]): Gouvernementalität. In: Bröckling, Ulrich/Krasmann, Susanne/Lemke, Thomas (Hg.) (2000): Gouvernementalität der Gegenwart. Studien zur Ökonomisierung des Sozialen, Frankfurt/M., S. 41-67. Frankfurt/M. Suhrkamp Verlag
KESSL, Fabian (2011): Die Analyse von Rationalisierungspraktiken als Perspektive sozialpädagogischer Forschung. In: Dollinger, Bernd (Hg.): Beiträge zur Historischen Sozialpädagogik. [Quelle:https://www.uni-due.de/imperia/md/content/biwi/kessl/rationalisierungspraktiken__kessl_2011_.pdf; letzter Zugriff: 04_12_2013]
KESSL, Fabian (2006): Soziale Arbeit als Regierung – eine machtanalytische Perspektive. In: Weber, Susanne/ Maurer, Susanne (Hrsg.): Gouvernementalität und Erziehungswissenschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV.Wiesbaden 2006. S.63-76
LESSENICH, Stephan (2003): Soziale Subjektivität. Die neue Regierung der Gesellschaft, in: Mittelweg 36, August/September 2003, S.80-93
WALTHER, Andreas/ STAUBER, Barbara (2011): Soziale Arbeit und Europa: das Beispiel Jugendpolitik und Jugendhilfe 36 S., Aus: Schröer, W./ Schweppe, C. (Hg): Enzyklopädie Erziehungswissenschaft Online; Fachgebiet: Soziale Arbeit, Internationale und transnationale Aspekte der Sozialen Arbeit, Weinheim und München, Juventa Verlag, DOI
10.3262/EEO14110186
WRANA, Daniel (2012). Diesseits von Diskursen und Praktiken. Methodologische Bemerkungen zu einem Verhältnis. In: Friebertshäuser, Barbara; Kelle, Helga; Boller, Heike; Bollig, Sabine; Langer, Antje; Ott, Marion (Hg.): Feld und Theorie. Herausforderungen erziehungswissenschaftlicher Ethnographie. Opladen: Barbara Budrich. S. 185-200
Eine Forschungskooperation zwischen:
www.promotionskolleg-transsoz.de
Kontakt:
Yasmine Chehata
Dipl. Sozialarbeiterin, M.A.
Claudiusstr. 1│Raum 256 | 50678 Köln
Tel. 0221-82753072
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