Beim Bioessen aus der Piratenkombüse meutert niemand

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Bio 47
■ BAUERNBLATT | 14. Januar 2017
Regionale Wertschöpfung fördern – ein Praxisbeispiel
Beim Bioessen aus der Piratenkombüse meutert niemand
Die erste Piratenkombüse, die
Bioessen für Kinder kocht, ist in
Lübeck. Schon die Fassade des Gebäudes signalisiert, dass man sich
auf „Piratenterritorium“ begibt.
Als gelernter Koch hatte „­ Kapitän“
Kai Vormstein bereits einige Häfen angelaufen und 16 Jahre bei
der Firma Vollmund in Hamburg
gearbeitet. Dann zog es ihn nach
Lübeck, um auch hier gesunde
Nahrung für Kinder zuzubereiten,
die garantiert nicht zu Meutereien führt. Er baute die ehemalige
Schlachterei in Lübeck-Kücknitz
um und startete im Oktober 2010
mit 80 zertifizierten Bioessen.
Außer Fisch und Spinat-Tortellini werden alle Zutaten in Bioqualität eingesetzt. Sollten Zutaten nur
konventionell verfügbar sein, müssen Eltern und die Ökokon­trollstelle
­ABCert vorher informiert werden.
Täglich werden rund 1.800 Bioessen
zubereitet. Es existiert eine Warteliste von Kitas und Schulen, die auch
bekocht werden möchten. Gekocht
wird von 5 bis 11 Uhr.
„Gesundheit ist nicht alles, aber
ohne Gesundheit ist alles nichts!“,
das sagte schon Arthur Schopenhauer, und so fahren Kai Vormstein und seine 17 Kopf starke Crew
„volle Kraft“ voraus, um mit gesunden, ausgewogenen und leckeren
Speisen gesundes Essen für Kinder
zu kochen und ihnen Spaß am gemeinsamen Essen zu vermitteln.
Großer Wert wird auf frische
Bioprodukte gelegt. Aus der Dose
kommen nur Biogewürzgurken
und geschälte Biotomaten. Tiefkühlware wird nur selten, bei bestimmtem Gemüse wie Bohnen
und Erbsen eingesetzt.
In den Anfangszeiten konnten
geschälte Biokartoffeln noch direkt aus Lübeck vom Ringstettenhof oder von Hof Ziegelhorst der
Vorwerker Diakonie bezogen werden, aber aktuell sind 350 kg Kartoffeln pro Woche und die steigenden Mengen an vorverarbeitetem,
frischen Gemüse nur von den Großhändlern Weiling und Nabuko verlässlich mehrmals die Woche zu beziehen.
Trockenprodukte und auch 800 l
Milch pro Woche kommen von Weiling. Früher wurde die Milch aus
der Region selbst bei der Gläsernen Meierei abgeholt, aber heute
ist dies zeitlich nicht mehr zu schaf-
Schon die Fassade des Gebäudes signalisiert „Piratenterritorium“.
fen. Auch die Handelsgesellschaft
für Naturprodukte Gut Rosenkrantz in Neumünster ist Lieferantin, da sie Großgebinde mit Biosaaten, Hülsenfrüchten, Getreideprodukten, Fetten, Ölen, Süßungsmittel und anderem im Sortiment hat.
Die Biobackwaren werden regional
vom Reesdorfer Hof in Bordesholm
und vom Freibackhaus in Lübeck
bezogen.
Zwei Mal die Woche gibt es
Fleisch, das in der Regel von Schröder‘s Bio Fleisch- und Wurstwaren
geliefert wird. Bis zu 200 kg Hähn-
chenfleisch und Rinderhack werden wöchentlich verarbeitet. Beliefert werden 20 bis 40 Kitas und
acht betreute Grundschulen im
Umkreis von 40 km von Lübeck.
Das Essen kostet 3,40 €, wenn
die Bestellung online erfolgt, und
3,50 € bei „Papierbestellung“. Wer
auf die Knabberbeilage mit Obst
oder Rohkost verzichtet, spart
0,40 €. Das Essen muss von den Einrichtungen bis Dienstag für die Folgewoche bestellt werden.
„Wir haben mit Kindern bis zirka
sechs Jahren die besten Erfahrun-
Kai Vormstein kocht seit über 22 Jahren bio für Kinder.
Fotos: Monika Friebl
gen“, so Kai Vormstein. „Das Segment der Jugendlichen müssen wir
anderen überlassen, die besser den
Ausschreibungen der Stadt entsprechen.“
Das Essen wird zwischen 11 und
13 Uhr mit acht Firmenwagen in
maximal 1,5 Stunden ausgefahren,
sodass es in den Warmhalteboxen
nicht unter 65 °C abkühlt. Die Temperatur wird bei der Essensübergabe kontrolliert.
Die Kosten für den Wareneinsatz liegen für die Bioprodukte
der Piratenkombüse bei 36 bis
37 %, für konventionelle Produkte wären es zirka 22 %. Um wettbewerbsfähig zu sein, darf der
Preis nicht stark von den konventionellen Mitbewerbern abweichen, sodass die Marge kleiner
ist. Es gibt viele soziale und kirchliche Träger und insbesondere Eltern, die zunehmend Wert auf
eine nachhaltige Ernährung ihrer
Kinder legen.
Weitere Informationen unter
www.piratenkombuese.de
Monika Friebl
Dr. Susanne Fittje
Netzwerk Ökolandbau
­Schleswig-Holstein
Grüner Kamp 15-17
24768 Rendsburg
Tel.: 0 43 31-94 38-172
[email protected]
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