I R A N Information Nr. 33 September 2007 Das Mausoleum von Imam Reza Information IRAN Nr. 33 Arisman Die Naturgeographie des Irans Die kulturellen Beziehungen zwischen dem KHM und Persien Jesus und Muhammad - Retter der Menschheit Gerechtigkeit aus der Sicht des Korans DIE SELDSCHUKENDYNASTIE 1 2 Nr. 33 I R A Information N inhalt Inhalt Dialog der Zivilisationen 4....... Editorial 5....... Nachrichten 23 .... Rückblick und Ausblick;über die Iranistik kulturellen Beziehungen zwischen dem Kunsthistorischen Museum und Persien; 8 ........Arisman - das erste metallurgische Zentrum der Welt Prof. Dr. Wilfried Seipel 24..... Jesus und Muhammad - Retter der Menschheit auch in der heutigen Zeit! 27.....Gerechtigkeit aus der Sicht des Korans Tourismus und des Propheten Muhammads (as) 11..... Die Naturgeographie des Irans 17..... Das Mausoleum von Imam Reza, Geschichte Maschhad, 3. Teil 31.......Die Seldschukendynastie Hinweis: (s. a. s.) bedeutet „Friede sei mit ihm und seinen Nachkommen“ und (a. s.) bedeutet „Friede sei mit ihm“. Umschlag: Allahverdichan-Kuppelgewölbe beim Eingang des Haram in Maschhad Umschlagsinnenseite: Innenansicht eines Eingangs zum Haram Hintere Umschlagsinnenseite: Insel Kisch, Sabalanberge Hintere Umschlagsseite: Sanddünen in der Nähe von Kaschan Impressum Zeitschrift für Kultur, Kunst und Geschichte Heft 33, 16. Jahrgang, September 2007 Herausgeber: Redaktion: Kulturabteilung der Botschaft der Islamischen Republik Iran in Österreich Mohammad Keiarishi, Hassan Djavaher, Ali Mohammadi und Mitarbeiter Redaktionsanschrift: Schottenfeldgasse 8, 1070 Wien Tel.: 523 12 44 Fax: 523 12 44/35 eMail: [email protected] Homepage: http://vienna.icro.ir Abonnement: Die Zeitschrift wird Interessenten kostenlos zugeschickt. Alle Rechte vorbehalten. Namentlich gezeichnete Beiträge müssen nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen. I R A N Information Nr. 33 3 editorial Editorial Im Namen Gottes, der bei der Schreibfeder und dem, was aus ihr fließt, schwört. Wieder haben wir die Gelegenheit, verehrte Leserinnen und Leser, Sie zu begrüßen und Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, Ihr Interesse und Ihre Zuneigung zur „Iran Information“ zu danken. Wie die Freunde der iranischen Kunst und Kultur wissen, befinden wir uns im Jahr der 800. Wiederkehr der Geburt von Dschalala-d-Din Muhammad Balchi, dem berühmten persischsprachigen Dichter und Denker, auch Maulana oder Maulawi genannt, der im Westen als Rumi bekannt ist. Die UNICEF hat 2007 nach ihm benannt und festgestellt, dass er ein großer Philosoph und Autor von mystischen islamischen Gedichten war. Er konnte Menschen verschiedener religiöser Überzeugungen mit seiner Botschaft einer universellen Menschlichkeit erreichen. Dschalala-d-Din Maulawi muss man zu den seltenen außergewöhnlichen Persönlichkeiten der Geschichte der Menschheit zählen. Die Schriften von Maulawi gehören zu den Meisterwerken der persischen Literatur und ihre Wichtigkeit liegt darin, dass sie für die orientierungslose Menschheit in der heutigen Zeit eine Botschaft der Freiheit und Menschlichkeit enthalten. Eines seiner Werke, der Masnawi Ma‘nawi, kann als ein mystisches Epos bezeichnet werden. Es ist ein Schatz voll von Liebe, spirituellen Gefühlen, poetischen und literarischen Geheimnissen, Eloquenz und gleichzeitig doch ganz einfach. Der Masnawi ist wie eine schwimmende und glänzende Perle. Er ist nicht nur ein Licht am Himmel der persischen Literatur, sondern erhellt wie eine Sonne die ganze Welt. Das Buch Masnawi Ma’nawi wurde bis jetzt vom Persischen in zig Sprachen übersetzt. Nach der Aussage von Coleman Barks, einem bekannten amerikanischen Schriftsteller und Übersetzer, der den Masnawi Ma’nawi von Persisch auf Englisch übersetzt hat, ist dieses Buch die Antwort auf die geistigen und spirituellen Bedürfnisse der Amerikaner. Deshalb lieben und schätzen sie dieses Werk. Wie die Statistiken zeigen, wurden in den letzten zehn Jahren die Gedichte von Maulana mehr als alle anderen in den USA verkauft, allein in einem Jahr über 500 000 Exemplare. Barks sagte weiter, dass die Gedichte eine Brücke zwischen den Muslimen und den Amerikanern seien: „Wir Amerikaner haben nicht genug Kenntnisse über die islamische Welt. Deswegen können wir den Schönheitssinn und die Tiefe der Gedichte von Maulawi nicht verstehen. Wenn Maulawi in seinem Gedicht die Frage stellt, ‚woher komme ich und wozu lebe ich‘, dann stellt er damit mit den Leuten eine Verbindung her, die starke spirituelle Gefühle haben.“ Maulawi schafft eine Brücke zwischen den Menschen im Westen und den Muslimen. Viele stimmen mit der Aussage von Hanns Meinke, einem deutschen Dichter, überein, der sagt, dass die Gedichte von Rumi das einzige Hoffnungsfenster sind, das in der schwarzen und finsteren Welt für die Menschheit offen ist. Die Botschaft von Maulana ebnet ohne Vorbedingungen den Weg zu Frieden, Freundschaft und Liebe. In einer der letzten Nummern war ein Abonnementformular beigelegt, mit dem wir unsere Leser auch nach ihrem Interesse für verschiedene Themenbereiche befragten. Das Ergebnis war folgendermaßen (in Klammer steht die Anzahl der Nennungen): 1. Geschichte (77) 2. Orientalistik/Iranistik (69) 3. Kunst (68) 4. Tourismus (68) 5. Nachrichten (65) 6. Natur (65) 7. Religionen im Iran (61) 8. Der (schiitische) Islam (59) 9. Dialog der Zivilisationen (51) 10. Persönlichkeiten (48) 11. Sonstige (10) Wir werden versuchen Ihre Wünsche in Zukunft noch besser zu berücksichtigen. Als eine Auswirkung dieser Ergebnisse umfasst der Artikel über Geschichte diesmal eine Seite mehr. Wir danken allen Lesern, die sich an der Befragung beteiligt haben, sehr herzlich! I R A Information N Wir möchten Sie auch wieder einladen an den Kursen für persische Sprache und Kunst teilzunehmen, die ab Oktober in der Kulturabteilung stattfinden. 4 Nr. 33 nachrichten Nachrichten iraner im ausland Minu Tizabi – eine Vierzehnjährige absolvierte das Abitur mit der Note 1 Wie zahlreiche deutsche Medien berichteten, absolvierte Minu Dietlinde Tizabi aus Birkenfeld bei Pforzheim ihr Abitur heuer mit nur vierzehn Jahren. Ihr Vater Djamshid Tizabi stammt aus dem Iran und war für das Studium nach Deutschland gekommen. Er förderte sie bereits als Kleinkind, nachdem die Mutter einen Monat nach der Geburt verstorben war. Das Mädchen konnte bereits mit drei Jahren lesen und ihr Vater schenkte ihr ein Kinderlexikon. Mit sechs Jahren kam sie nach einem Intelligenztest gleich in die dritte Klasse. Obwohl sie um einige Jahre jünger war als ihre Klassenkollegen, hatte sie nie Probleme mit ihren Mitschülern und Lehrern. Sie sieht sich selbst nicht als besonders schlau. In ihrer Freizeit spielt sie Tischtennis, fotografiert und liest Bücher in Englisch und Deutsch. Sie verfasst selbst Abenteuergeschichten und arbeitet an einem Buch über Hochbegabung. Da sie die Zusammenhänge des Lebens interessieren, möchte sie jetzt Medizin studieren. archäologie Die älteste Animation der Welt Sie wurde 1983 durch einen italienischen Archäologen in Schahre-Suchte in einem 5000 Jahre alten Grab gefunden: Auf einer Schale wurden eine Ziege und ein Baum mehrmals dargestellt. Durch archäologische Forschungen stellte man fest, dass die fünf Wiederholungen verschiedene Momente zeigen, bei denen sich das Tier zum Baum bewegt und von seinen Blättern frisst. Daher wurde dieses Tongefäß von den Archäologen die erste Animation der Welt genannt. Nach den Aussagen von Sarlak, dem Leiter der prähistorischen Abteilung des Nationalmuseums in Teheran, zeigen die Bilder – wenn man genau beobachtet - wie die Ziege ängstlich auf der Flucht ist. Entdeckung eines 5000 Jahre alten künstlichen Auges Ein italienisch-iranisches Archäologenteam, das seit einigen Jahren in Sistano-Belutschistan arbeitet, entdeckte vor einiger Zeit in Schahre-Suchte (engl. Schreibweise shahr-e sukhte) die Überreste der Leiche einer Frau, die vor 5000 Jahren lebte, die zu überraschenden Ergebnissen führte. Lorenzo Costantini, der Leiter der Gruppe, der seit 30 Jahren in diesem Gebiet Ausgrabungen durchführt, sagte, dass diese Frau 2530 Jahre alt und 1,80 m groß war. Sie hatte auf der linken Seite ein vergoldetes, künstliches Auge. Sonst ist der Körper unversehrt. Es wurde festgestellt, dass das künstliche Auge nicht erst nach dem Tod der Frau eingesetzt wurde, da an der Hinterseite der Augenmuschel helle Spuren festgestellt werden konnten, die vom langen Kontakt mit dem vergoldetenAuge stammen. Diese Entdeckung ist ein weiterer Beweis für das handwerkliche Können in Schahre-Suchte in der damaligen Zeit. Die Ruinen dieser Stadt liegen in der Nähe der Stadt Zabol. Dort wurden in den letzten Jahrzehnten reichhaltige archäologische Funde gemacht, die aus vier verschiedenen Schichten stammen, deren unterste bis zu 5000 Jahre alt ist. I film R A N Information Wiedergeburt von Rostam Im iranischen Nationalheldenepos Schahname von Ferdousi spielen die Helden Rostam und sein Sohn Sohrab eine bedeutende Rolle. Ein iranischer Regisseur in England, Said Ghahhari, hat deren Geschichte in Nr. 33 5 nachrichten einem fünfzig Minuten langen Animationsfilm dargestellt. Die Musik dazu komponierte ein italienischer Komponist. Der Film wurde aus Kostengründen in Bollywood produziert. Der Film kann im Internet bestellt werden. (www.dreamor.com) wissenschaft Buchpräsentation der Faksimileausgabe von Chatm al-Ghara’ib In der österreichischen Nationalbibliothek gibt es zahlreiche arabische, persische und türkische Handschriften. Die früheren Erwerbungen wurden von Gustav Flügel von 1865-1867 katalogisiert. Erst 1970 wurden die arabischen und später auch die türkischen Neuanschaffungen getrennt erfasst. Für die persischen Exemplare wurde der iranische Altmeister der Handschriftenkunde Prof. Iraj Afshar auf Initiative der damaligen Kommission für Iranistik nach Wien eingeladen. Im Jahre 2003 wurde sein Katalog der Erwerbungen ab 1867 der Öffentlichkeit vorgelegt. Dabei wurde auch ein sensationeller Fund identifiziert: Eine Handschrift des Werkes „Chatm ul-ghara’ib“, das als „Tuhfat al-´iraqain“ des klassischen persischen Dichters Khaqani-ye Shirvani (ca. 1126-1199) bekannt ist. Die vorliegende Abschrift ist auf 1196 datiert und könnte noch vom Dichter selbst gesehen worden sein! Ihr Wert ist unschätzbar, denn der älteste bisher bekannte Fund des Werkes ist um etwa zweihundert Jahre jünger. Der Dichter Khaqani ist einer der frühen Klassiker der iranischen Dichtung und beschreibt in diesem Werk seine Pilgerfahrt nach Mekka und die Rückkehr. In Koproduktion der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und des Teheraner Verlages Miras-e Maktoob“ wurde eine Faksimileausgabe der Handschrift veröffentlicht und im Jänner in Wien vom Institut für Iranistik vorgestellt.Auch im Iran wurde das Werk in Anwesenheit von Prof. Bert Fragner der Öffentlichkeit präsentiert. Islam-Enzyklopädie auf Deutsch Die erste Enzyklopädie des Islam auf Deutsch wurde von Yavus Özoguz im Internet eingerichtet. Dieses Projekt dient dazu, um sachliche und wissenschaftlich abgesicherte Informationen über den Islam zur Verfügung zu stellen und so Vorurteilen, Gerüchten und Missverständnissen vorzubeugen. Nach jahrelanger Arbeit von Dr. Yavus Özoguz wurde diese Enzyklopädie erstellt. Der erste Teil ist unter der Adresse http:// eslam.de veröffentlicht worden. Das Vokabular ist aus tausenden religiösen Wörtern ausgewählt worden. Islamische Architektur zeigt hohe Entwicklung der Geometrie In der Zeitschrift Science wurden erstaunliche Ergebnisse von der Anwendung der Mathematik in der islamischen Architektur veröffentlicht. Die neuesten Untersuchungen in diesem Bereich unter anderem über die Imam-Moschee in Isfahan und die Kuppel von Maraghe in der Provinz Ostaserbaidschan im Iran zeigen, dass die Mathematik in diesem Gebiet wesentlich fortgeschrittener war, als man bisher annahm. Peter J. Lu von der Universität Harvard, der diese Ergebnisse veröffentlichte, sagte. „Die erstaunlichen geometrischen Figuren auf den Fliesen in den islamischen Gebäuden zeigen, dass die Konstrukteure den Europäern fünfhundert Jahre voraus waren. Die Muster sind so verwirrend, dass man sie bis vor zwanzig oder dreißig Jahren nicht verstehen konnte.“ Peter J. Lu und Paul J. Steinhardt sagten, dass besonders die Entwürfe und vorhandenen Figuren am Eingang der ImamMoschee in Isfahan (1453) die besten Beispiele für die fortgeschrittene angewandte Mathematik in der islamischen Kunst und Architektur seien, die man präsentieren kann. Im Jahre 1974 wurde von Penrose, einem englischen Mathematiker, erstmals eine solche Methode zur Herstellung von aperiodischen KachelMustern (Penrose Parkettierung) vorgeschlagen. 6 Nr. 33 I R A Information N nachrichten Iran in der Nano-Technologie an erster Stelle in der islamischen Welt, weltweit auf Platz 32 Der Direktor für das Humankapital im Komitee der Nano-Technologie sagte, dass der Iran in der NanoTechnologie unter den islamischen Ländern an erster Stelle stehe. Said Sarkar sagte bei der siebenten Konferenz für Medizin-Physik in Ahwaz am 14. Februar: „Weltweit steht der Iran in der Nano-Technologie auf dem 32. Platz. Die Zahl iranischer Artikel in angesehenen internationalen Zeitschriften betrug 2006 250 Titel. Wenn dieser Trend anhält, wird der Iran auf Platz 24 oder 25 aufsteigen, da der Fortschritt in einigen Ländern ausgeblieben ist.“ Unterzeichnung eines iranisch-österreichischenAbkommens über eine Spezialsoftware für die Museen im Iran Die iranische Organisation für das Kulturerbe, die für alle historischen Denkmäler, archäologischen Angelegenheiten und Museen im Iran verantwortlich ist, und das österreichische Forschungszentrum Joanneum Research unterzeichneten einen Vertrag für eine Software für die iranischen Museen. Demnach soll die Datenbanklösung IMDAS-Pro, die als ein Standard in vielen Museen in Europa verwendet wird, für den Iran adaptiert werden. Der erste Abschnitt des gemeinsamen Projektes dauert 4 bis 6 Monate und die eigentliche Herstellung der Software voraussichtlich 15 Monate. Diese soll überdies auch für den Einsatz in arabischen Ländern geeignet sein. dialog der zivilisationen Maulana-Gedenkzeremonie bei der UNO und Druck einer Marke in den USA Zum 800. Geburtstag von Maulana Dschalalu-d-Din Muhammad Balchi fand bei den Vereinten Nationen am 26. Juni 2007 eine Gedenkfeier statt und in den USA wurde eine Briefmarke dazu gedruckt. Darauf befindet sich ein Bild des Dichters von Meister Behzad, einem großen iranischen Maler. Daneben steht auf Englisch und Persisch das Gedicht „Im Herzen einig zu sein ist besser als mit der Zunge (allein)“. Die Gedenkzeremonie bei den Vereinten Nationen wurde durch Afghanistan, die Türkei und den Iran gemeinsam veranstaltet und bestand aus einem wissenschaftlichen und einem kulturellen Teil. UNGeneralsekretär Ban Ki-moon sagte bei der Zeremonie, dass Rumi Prinzipien wie Toleranz, Verständnis und Mitgefühl gelehrt hätte. Zur Überwindung der steigenden Intoleranz und interkulturellen Spannungen müsste man, wie Maulana lehrte, die anderen als Menschen und Gottes Geschöpfe lieben. Bei einer Podiumsdiskussion sprachen bekannte Wissenschaftler über die Persönlichkeit und die Mystik von Maulana. Ein Gedicht wurde in Persisch und Englisch vorgetragen und ein Sema-Tanz durch Derwische vorgeführt. ausstellung In Japan wurde Tachte Dschamschid aus Eis nachgebildet I R A N Information Zum ersten Mal wurde ein Teil der Achaimenidenpaläste von Persepolis (Tachte Dschamschid) neben anderen Sehenswürdigkeiten aus aller Welt mit Eis und Schnee beim Sapporo Schnee Festival nachgebildet. Muhammad Reza Kargar, der Direktor des iranischen Nationalmuseums, der zur Eröffnung der dritten Ausstellung über die altiranische Kultur nach Sapporo gereist war, stellte fest, dass der Zeitpunkt dafür sehr gut sei, da zur gleichen Zeit das Sapporo Schnee Festival stattfände, bei dem Millionen Besucher kämen. Heuer fand die Veranstaltung zum 58. Mal Anfang Februar statt. Dabei werden hunderte Schneestatuen und Eisskulpturen gezeigt. Nr. 33 7 iranistik ARISMAN – DAS ERSTE METALLURGISCHE ZENTRUM DER WELT „Welcome to Arisman, the first metallurgical center of the world.“ So steht es auf dem Heldenfriedhof des Dorfes Arisman, 35 km östlich der Stadt Natanz. Im Jahr 1996 entdeckte der Dorfschullehrer von Arisman und Hobbygeologe, Davoud Hasanalian, als er wieder einmal die weite Ebene am Fuße des Karkas-Gebirge) der Karkas Gipfel mit 3956m liegt am westlichen Rand von Natanz) durchstreifte, Scherben, die mit schwarzen Linien kunstvoll verziert waren. Diese Scherben waren es, die die Welt auf Arisman aufmerksam werden ließen. Hunderttausende bedecken eine Fläche von über 200 000 Quadratmetern. Dieser Fund lockte die Archäologen in diese Region, da es sich nicht nur um einfache Scherben handelte: Aufgrund von ebenfals dort gefundener Schlacke, die älter als 5000 Jahre sein dürfte, vermutete man die Überreste eines Verhüttungsvorgangs. Doch Arisman schien so fernab der bekannten Metropolen seiner Zeit zu liegen, in einer kahlen, unwirtlichen Landschaft. Wasser fließt nur spärlich von den Bergen in die im Sommer glühende Ebene. Ein Jahr nach dem rätselhaften Fund von Arisman fand in Teheran ein internationales Symposium zur Archäometallurgie West- und Zentralasiens statt. Das riesige weitgehend unerforschte Gebiet zwischen den uralten Hochkulturen in Mesopotamien und am Indus veranlasste trotzdem Professor Hermann Parzinger, vom deutschen Archäologischen Institut (DAI), einen der besten Archäologen Deutschlands, daran teilzunehmen. Trotz der bürokratischen Schwierigkeiten ein internationales Projekt in Iran durchzuführen, gelang es schließlich den Archäologen Parzinger, Naser Chegini und Rasool Vatandoust die Erlaubnis für ein Forschungsprojekt zu bekommen. Der Iran ist reich an Bodenschätzen und Kupfer ist beinahe im Überfluss in den kargen Gebirgszügen zu finden. Den Archäologen war es bis jetzt noch nicht gelungen herauszufinden, wo die Massenproduktion von Kupfer begann. Die ersten Hochkulturen, nämlich die in Ägypten, in 8 Metallurgischer Ofen,Sialk IV-Periode Mesopotamien und am Indus, verwendeten Kupfer und Kupferlegierungen bereits sehr früh für viele Gebrauchsgegenstände. Doch in all diesen Regionen birgt der Boden kein Kupfererz. Deswegen musste für das Arisman-Projekt ein hochkarätiges Team von Spezialisten her, deren Fachwissen weit über die reine Archäologie hinausreichte. Neben Hermann Parzinger und Naser Chegini arbeiteten noch der Geologe und Mineraloge Morteza Momenzadeh, der Montanarchäologe Thomas Stöllner und Gerd Weisgeber daran. Rasool Vatandoust ist leitender Mitarbeiter der iranischen Kulturbehörde. Dem Fingerabdruck des alten Kupfers hingegen war Ernst Pernicka auf der Spur. Er ist der Vertreter des Zweigs der Archäologie, der hauptsächlich mit naturwissenschaftlichen Methoden arbeitet. So begann die gemeinsame deutsch-iranische Forschungsarbeit. Die Erforschung eines prähistorischen Fundplatzes von der Bedeutung Arismans wirft sehr komplexe Fragen auf. Die Archäologen mussten sich zuerst in so ein Gebiet einfühlen, um den Lebenslauf des Kupfers kennenzulernen. Erst wird das Kupfer – die Erzausgüsse sind im Gebirge sichtbar – als bunter Stein, als Malachit betrachtet. Man hämmert und bohrt ihn, besonders oft werden Perlen daraus gemacht. Dann beginnt man, den Stein zu erhitzen, damit er besser formbar ist. Wieder wird gehämmert, Nr. 33 I R A Information N Der Tepe Sialk bei Kashan ist ein künstlicher Hügel, der sich 20 Meter hoch über eine fruchtbare Ebene erhebt. In den Dreißigerjahren grub dort der Franzose Roman Girshman und stieß auf vier verschiedene Siedlungsschichten, die er von unten nach oben, von alt nach jung I R A N Information Töpferofen, Sialk III-Periode iranistik doch von Metallurgie kann man hier noch nicht sprechen. Der Entwicklungssprung vollzieht sich, als der Mensch schließlich erkennt, dass er das Erz wirklich schmelzen und das so entstandene Kupfer bei entsprechend hohen Temperaturen über 1000 °C in Formen gießen kann, die dann im erkalteten Zustand eine relativ große Härte aufweisen. Und irgendwann führt dann der experimentelle Weg zur Massenproduktion des begehrten Metalls. Neben den Ausgrabungsarbeiten lernten die deutschen Archäologen viel über die Kultur des unbekannten Irans. Nach mehreren Wochen Arbeit können die Arisman-Ausgräber im Großen und Ganzen zwei Keramikarten unterscheiden. Da sind die älteren, gelbbraunen Sialk IIIKeramiken aus dem späten fünften und frühen vierten vorchristlichen Jahrtausend, kunstvoll geformte Gefäße mit wunderschönen Ornamenten und kunstvollen Tierdarstellungen. Die Scherben der zweiten Gruppe, Sialk IV, stammen vom Ende des vierten Jahrtausends, sind rötlich und weitaus weniger kunstfertig gearbeitet. Hier steht die Funktionalität der Gefäße im Vordergrund und ist ein Beweis, dass das Töpferhandwerk zur Industrie wird. So markiert der Übergang von Sialk III nach Sialk IV in Arisman den Wandel von einer Ackerbau- zu einer Industriegesellschaft. Keramik der Sialk IV-Periode Sialk I - IV nannte. Die von ihm bestimmte Keramik ist heute noch das wichtigste Hilfsmittel zur Datierung von Funden im Kulturkreis des Tepe Sialk. Man fand 34 Hochofen aus der Bronzezeit und stellte fest, dass damals durch natürliche und technische Hilfe Kupfer, als wertvolles Handelsgut, bei einer Temperatur von 1083° geschmolzen wurde. Daneben wurden auch Gussformen für Barren gefunden. Ein eindeutiger Beleg für industrielle Fertigung und Kupferverarbeitung in sehr früher Zeit sind auch die Tiegel, in denen das geschmolzene Kupfer aus den Öfen aufgefangen wurde. Die Geophysiker Jörg Fassbinder und Helmut Becker untersuchten mit ihren CäsiumMagnetometern die gesamte Siedlungsfläche von Arisman. Mit ihrem selbstgebauten Gerät konnten sie einen unterirdischen „Stadtplan“ von diesem Hochland erstellen. Die Grundrisse deuten auf äußerst flüchtig erstellte Nutzbauten, wie Werkstätten und Hütten, hin. Die Männer des deutsch-iranischen Archäologieprojekts sind auch den alten Bergwerken in der Gegend Veshnoveh auf der Spur, welches nur 100 Kilometer Luftlinie von Arisman entfernt liegt. Dort in den Gruben und Stollen, die anscheinend seit der Zeit der Ausbeutung vor ein paar tausend Jahren nicht mehr betreten worden waren, lagen die durch den Abbau gewonnenen Platten mit Vererzung noch an Ort und Stelle, ebenso schimmerten die grünen Kupferadern. Die Archäologen bargen auch Gefäße in großer Anzahl, viele waren sehr viel jünger als die für den Bergbau wahrscheinliche Zeit. Der Bergbau musste für die Menschen Nr. 33 9 iranistik damals sehr bedeutend gewesen sein, sonst hätten sie sich nicht den Strapazen unterzogen, in dieser öden und abgeschiedenen Gegend in den Berg einzufahren. Außerdem konnte man sehen, dass die wichtigsten Lagerstätten mit dem reinsten Erz ausgebeutet worden waren. Der Kupferabbau in der Gegend von Veshnoveh wurde mit großer Sicherheit über mehrere Jahrhunderte betrieben und möglicherweise lieferte er das Kupfererz für Arisman. Auch eine andere Region könnte ein Lieferant des Kupfererzes für Arisman sein und zwar Nakhlak. Hier untersuchte der gebürtige Österreicher Ernst Pernicke, Professor für Archäometrie, die Gebirge mit einem hochmodernen Massenspektrometer. Er verglich den chemischen Fingerabdruck des Erzes, der Schlacke und des Kupfergegenstandes und konnte wesentliche Hinweise über ihre Herkunft erhalten. Bemalte Keramik der Sialk III-Periode Nachdem die Archäologen bei den Ausgrabungen ein Tongefäß aus der Spät-Uruk-Zeit fanden, war das ein eindeutiger Beweis für kulturelle Beziehungen zum Zweistromland. Es gab also Handelswege zwischen dem Iranischen Hochland und den anderen Hochkulturen. Um diese Handelswege des Kupfers festzustellen, erkunden die Archäologen auch den NamakSalzsee und die umliegenden Karawansereien. Dort finden sie jede Menge Keramik aus verschiedenen Epochen. Der wichtigste Fund ist ein 6000 Jahre altes Werkzeug, welches ein Indiz dafür ist, dass der Karawanenweg schon in der Zeit des Tepe Sialk bekannt war, und ebenso von den Kupferleuten von Arisman. Ein neben der Siedlung verlaufender ausgetrockneter Bach, ist ein Beleg dafür, dass es damals sicher nicht so aussah wie heute. Wasser 10 war für die Werkstätten, den Menschen und die Tiere unerlässlich. AuchWälder wird es gegeben haben, denn die Energiequelle für die Gewinnung des Kupfererzes war Holz. Arisman war der Kupferlieferant für die Hochkulturen in Mesopotamien und sogar bis hin zum weiten Indus. Sicher ist, dass Arisman, das „Ruhrgebiet der Bronzezeit“, Kupfererz zu Kupfer verhüttete und dass es Werkstätten zur Weiterverarbeitung des Rohmaterials zu Schmuck, Waffen und Geräten gab. Sicher ist, dass damals eine staatliche Organisation dahinter steckte, ein mächtiges Reich, von dem die Archäologen bis heute nichts wissen, nicht einmal seinen Namen kennen. Eine wichtige Voraussetzung für eine Hochkultur ist archäologisch bereits nachgewiesen: die Schrift. Das Hochland von Iran musste eine wichtige Rohstoffquelle für die Mesopotamische Hochkultur gewesen sein. Möglicherweise entstanden die babylonischen Statuen und viele andere Schätze aus den Museen der Welt aus dem Kupfer des iranischen Hochlandes. Die Forschung, ob im iranischen Hochland mit seiner alten Industriesiedlung Arisman wirklich der erste Schmelztiegel der Menschheit glühte, steht aber erst am Anfang. Den Archäologen stehen noch mindestens 10 bis 20 Jahre intensive Arbeit bevor. Doch die vorläufigen Ergebnisse waren so spektakulär und vielversprechend, dass es die Mühe wert war. Am Ende könnte die Entdeckung einer bisher gänzlich unbekannten Hochkultur stehen, die der Menschheit Kupfer und Bronze schenkte und die einen bedeutenden Wendepunkt der Geschichte der Menschheit markierte. Aufstieg und Untergang der namenlosen Kupferleute sind zurzeit die wohl spannendsten Kapitel der Weltarchäologie. Vor diesem Hintergrund ist es Aufbruch und Chance zugleich, dass deutsche und iranische Wissenschaftler partnerschaftlich an der Entschlüsselung dieses großen Rätsels der Menschheit zusammenarbeiten. Bis dahin jedoch wirdArisman von vielen Professoren aus Teheran und sogar aus Deutschland bereist, um diese Region zu bewundern. Die Bilder in diesem Artikel sind von der Internetseite des Deutschen Archäologischen Instituts: http://www.dainst.org/index_558_de.html Nr. 33 I R A Information N tourismus Die Naturgeographie des Irans I R A N Information Nr. 33 11 tourismus Mit einer Fläche von 1.623.780 km² ist der Iran das siebzehngrößte Land der Welt. Er liegt zwischen dem Kaspischen Meer mit einer gemäßigten Temperatur und den warmen Gewässern des Persischen Golfs und des Golfs von Oman. Der Großteil des Landes wird durch das Hochland von Iran gebildet. Es gibt ausgedehnte Wälder, Berge, Seen, Wüsten und Steppen. Das Klima in den verschiedenen Landesteilen ist sehr differenziert: In den Gebieten am Persischen Golf erreicht die Luft eine Temperatur von 52°C und im Nordwesten sinkt sie bis auf Minus 40°C. Die Meereshöhe am Rand des Kaspischen Meers beträgt -25 m und die höchste Erhebung ist der Damavand mit 5671 m. erstreckt sich vom Nordwesten des Landes und reicht über die nördlichen Landesteile bis zu den Gebirgen in Afghanistan und Zentralasien. Diese zwei Gebirgsketten teilen den Iran topographisch in vier Teile: 1. Die Küstengebiete am Kaspischen Meer, die durch den Elburs vom Zentraliran getrennt werden. 2. Chusestan und die Wüstengebiete an der Küste vom Persischen Golf und Meer von Oman. 3. Die Gebirgsregionen, die zu den beiden Ketten gehören. 4. Die zentrale Hochebene mit den beiden großen Wüsten Daschte-Kavir und Kavire-Lut mit ihren Salzseen. Allgemeine Morphologie Das iranische Hochland reicht vom Osten der Türkei und Aserbaidschans über Teile des Iraks, den Iran bis nach Zentralasien, Afghanistan und Pakistan. Man nimmt heute an, dass es ein Teil des südlichen Großkontinents Gondwana war, sich dann davon vor ungefähr 150 Millionen Jahren trennte und nach zig Millionen Jahren im Tethysmeer an die südliche Seite des eurasiatischen Kontinents stieß. Durch die Das iranische Hochplateu ist ein Teil des alpidischen Gürtels der sich von den Alpen bis zum Himalaja erstreckt. Im Iran verzweigt er sich in die Elburs- und Zagrosgebirgskette. Der Zagros, das südliche Randgebirge reicht an die Küste des Persischen Golfes, und erreicht im Südosten den Makran in Pakistan. Der Elburs Die geologische Geschichte des iranischen Hochlands Vorige Seite: Evansee, Alamut, Qaswin 12 I R A Information N Firuskuh, Masanderan Nr. 33 tourismus Dena-Gipfel, Semiron Annäherung Afrikas sowie Indiens und den gegenseitigen Druck der Platten kam es zur Auffaltung der Kettengebirge Alpen, Elburs, Himalaja und Hindukusch. Die jüngsten Bewegungen führten dazu, dass sich die arabische Halbinsel von Afrika trennte, wodurch das Rote Meer entstand, und sich Richtung Norden an das iranische Hochland annäherte. Der dadurch entstandene Druck führte zur Entstehung des jüngsten Kettengebirges, des Zagros. Berge Im Gegensatz zur weit verbreiteten Vorstellung, dass der Iran ein wüstenhaftes Land ist, gehören 55% des Landes zu Gebirgen. Die restlichen 45% sind Täler, (Salz-)Wüsten, Seen und Steppengebiete. Die Gebirge umfassen vier Teile: Die nördliche Kette, der Elburs, mit einer Länge von 950km, hat eine Fläche von 51 500 km², das sind 3% des Landes. Sie beginnt im Westen in der Provinz Ardebil, geht südlich am Kaspischen Meer vorbei und schließt im Osten an die Berge in Nordchorasan an. Die wichtigsten Gipfel sind der Damavand (5671 m), Alamkuh (4850 m) und Sabalan (4811 m). I R A N Information Die westliche und südwestliche Bergkette, das Zagrosgebirge, reicht von Westaserbaidschan über Kurdestan, Hamedan, Kermanschah, Ilam, und Lorestan bis zur nördlichen Seite der Straße von Hormos. Dort schließt sie an die östlichen Gebirge an. Diese Bergkette ist 1400 km lang und 100 bis 300 km breit. Sie bedeckt eine Fläche von 323 000 km², das sind 20% der Landesfläche. Der höchste Gipfel ist der Dena (4 409 m). Als Zentralgebirge wird jene Gebirgskette bezeichnet, die von Ostaserbaidschan bis zu den Bergen in Sistano-Belutschistan parallel zum Zagros weiter östlich verläuft. Ihre Länge ist 1460 km und die Breite durchschnittlich 80 km. Sie bedeckt eine Fläche von 143 000 km², 9% des Irans. Die höchste Erhebung ist Kuhe-Hesar (4 465 m). Der Teil davon, der sich von Qum in südöstlicher Richtung bis zur Grenze der Provinz Lorestan erstreckt, wird auch als Kuhrud-Gebirge bezeichnet. Bei der Stadt Kerman teilt es sich in zwei Gebirgszüge. Die östlichen Berge erstrecken sich von Nordchorasan bis Sistano-Belutschistan, sind aber nicht durchgehend. Darüber hinaus gibt es im ganzen Land noch andere Berge, z. B. jene, die die Wüste Lut von Daschte-Kavir trennen. Deren höchste Erhebung ist der Nayband (3009 m). Nr. 33 13 tourismus Eine der Öffnungen des Taftan-Vulkans im Frühjahr, Chasch Vulkane Der Damavand, 80 km nördlich von Teheran, ist der bekannteste Vulkan des Irans, der aber inzwischen - mit Ausnahme von kleinen Ausbrüchen - erloschen ist und der vor etwa 10 000 Jahren im Holozän entstand. In seinem Krater befindet sich ein See mit einem Durchmesser von 300 m. An seiner südöstlichen Seite sind Kalkschichten aus der Jurazeit bis zu einer Höhe von 3 500 m sichtbar. Der Taftan (4110 m) liegt südöstlich von Sahedan im Südosten des Landes. Noch immer steigt aus seinem Inneren weißer Rauch auf, der noch aus einer Entfernung von 100 km gesehen werden kann. Der Basman (3 503 m) befindet sich ebenfalls im Südosten des Landes. Er besteht vor allem aus Basalten. Der Krater hat einen Durchmesser von 500 m. In seiner Nähe befinden sich Thermalquellen mit einer Wassertemperatur von 36°C, die zeigen, dass der Vulkan noch teilweise tätig ist. Der Sahand liegt 40 km südlich von Tabris und ist mit den kleinen Vulkanen nordöstlich des Urumijesees, denen in Armenien und dem Gebirge des Ararat in Verbindung. Aus den Gesteinen am 14 Krater kann man schließen, dass der Vulkan 12 bis 14 Millionen Jahre alt ist. Der Sabalan liegt östlich von Tabris. An seiner Südseite befinden sich mehrere Thermalquellen mit schwefelhaltigem, 40°C warmem Wasser. Gletscher Im Iran gibt es keine alten Gletscher. Nur beim Alamkuh auf einer Höhe von 3400m und im Krater des Sabalan, sowie beim Sahand auf einer Höhe von 3300 m bis 3400 m gibt es dauerhaft Eis. Höhlen Es wird geschätzt, dass es im Iran ungefähr 1200 kleine und große Höhlen gibt. Die längste ist Ghouri-Ghal’e mit 3140m. Sie liegt 88 km von Kermanschah entfernt und ist auch die längste Höhle mit Wasser in Asien. Danach kommen Katle-Chur in Sandschan (2200 m) und Peru (1300 m) bei Kermanschah. Die geräumigste Höhle liegt in Firuskuh östlich von Teheran und heißt Rudafschan. Die Länge der Eingangshalle beträgt 168 m, die Breite 94 m und die Höhe bis zu 40 m. Sie wurde unter Beteiligung des Vereins für Höhlenkunde von Obersteier von 2003-2005 vermessen. Nr. 33 I R A Information N Die Wüsten Ein großer Teil des Landes umfasst Wüstengebiete, in denen es auch Pflanzen und Tieren gibt, und auch Menschen leben dort. Die Hauptregionen werden in Daschte-Kavir und Kavire-Lut unterteilt. Die Wüste Lut liegt im südöstlichen Teil des Landes mit 80 000 km² (nach anderen Angaben 166 000 km²) In diesem Gebiet gibt es nur einen Fluss, der das ganze Jahr Wasser führt: Rude-Schur (der „salzige Fluss“) in Birdschand. Manche Forscher sagen, dass Kavire-Schahdad in dieser Wüste die heißeste Region der Erde ist, obwohl die Temperatur in den Nächten bis auf -15°C fallen kann! Daschte-Kavir, die auch Kavire-Namak (d. h. Salzwüste) genannt wird, liegt an der südlichen Seite des Elbursgebirges und erstreckt sich von Chorasan im Osten bis nach Sistan im Süden und Qum, Kaschan und Jazd im Westen. Die Länge von Osten nach Westen beträgt 600 km und die Breite von Norden nach Süden 100-300 km. Das Küstengebiet Die Region am Kaspischen Meer umfasst einen schmalen Streifen von etwa 20 km Breite mit einer Länge von ungefähr 600 km, der von Astara im Nordwesten anfängt und beim Gorganfluss im Osten endet. Dieses Gebiet hat die niedrigste Seehöhe des Irans und ist in landwirtschaftlicher Hinsicht sehr bedeutend. Die Küstengebiete am Persischen Golf und Meer I R A N Information von Oman haben eine Länge von 2530 km und reichen von der Mündung des Arwandflusses bis zum Minabfluss und von dort bis zur pakistanischen Grenze. Die Luftfeuchtigkeit ist dort sehr hoch und die Temperatur erreicht im Sommer in Chusestan bis zu 50°C! Unterirdische und oberirdische Gewässer Schon seit dem Altertum vor 5000 Jahren wurden wegen der geringen oberirdischen Vorkommen die unterirdischen Wasservorräte im Iran mit der Hilfe von Brunnen und Qanaten (siehe Iran Info 27, September 2003) nutzbar gemacht. Wie bereits bei den Vulkanen erwähnt, gibt es zahlreiche Thermalquellen, deren bekannteste, außer den oben genannten, die von Mahallat, die Ali Sadr-Grotte, Hamedan Nr. 33 15 tourismus Die Ali Sadr-Grotte in Hamedan, die mit Booten befahren werden kann, ist sehr bekannt und viele Touristen besuchen sie jedes Jahr. tourismus von Ganu, 30km nördlich von Bandar Abbas, und die Schwefelquellen von Ramsar im Nordiran sind. Die Flüsse im Iran werden in fünf Gruppen eingeteilt: Die Flüsse, die in das Kaspische Meer münden, wie der Aras, der Sefidrud, Heras und der Atrak. In den Persischen Golf und das Meer von Oman münden Karun, Karche, Sarbas und andere. Die dritte Gruppe fließt in den Urumijesee: Zarinehrud, Siminehrud und Talchehrud. Im Zentrum des Irans gibt es weitere Flüsse, die teilweise nur zu bestimmten Jahreszeiten Wasser führen: Sajanderud, Qumrud, Kor und Halilrud. Die letzte Gruppe ist im Osten des Irans: Hirmand, Kaschfrud und Harirrud. Die Seen im Iran: Das Kaspische Meer liegt nördlich des Irans. Der Urumijesee (6 000 km², durchschnittlicheTiefe 6m, Salzgehalt 220-280g/ l) befindet sich in Westaserbaidschan. Darjatsche Namak(2 400 km²) in Daschte-Kavir wird im Sommer wegen der Verdunstung von einer dicken Salzschicht bedeckt. House-Soltan (330 km²) liegt ebenfalls in der Nähe von Qum. Der Hamounsee (1 800 km², mittlere Tiefe 5m) befindet sich im Osten in Sistan. Der Dschasmuriansee (3 300 km²) liegt im Süden der Provinz Kerman. Kleiner, aber ebenso bekannt, sind der Parischan-, der Moharlou-, der Sariwar- und der Bachtegansee. Iran grenzt im Süden an den Persischen Golf und den Golf von Oman. Die wichtigsten Inseln dort sind Chark, Kisch, Qeschm, Siri und Lawan. (Siehe Iran Info 29, März 2005) Das Klima im Iran Der Iran liegt im Bereich des trockenen und des gemäßigten Klimas. Im trockenen (ariden) Klima, das in zwei Drittel, v. a. im zentralen und östlichen Teil, des Landes herrscht, ist die Verdunstung höher als der Niederschlag. Die Fläche mit gemäßigtem Klima beträgt ungefähr 400 000 km² und umfasst Aserbaidschan, Kurdestan, Kermanschah, die Südküste des Kaspischen Meers und Teile des Zagrosgebirges. Sajanderud 16 Nr. 33 I R A Information N Das Mausoleum von Imam Reza (a. s.) Maschhad, 3. Teil I R A N Information Nr. 33 17 tourismus In der vorletzten Nummer (Iran Information Nr. 31) beschrieben wir die Provinz Chorasan, die Stadt Maschhad und ihre Geschichte, die Museen der Stadt und einige Sehenswürdigkeiten. In der letzten Nummer (Iran Information Nr. 32) gingen wir genauer auf den heiligen Bezirk von Imam Reza, den Gebäudekomplex um das Grab des Imams, ein. Im folgenden Artikel sollen nun die Person des Imams, das eigentliche Grabmal, die Astane Quds-Stiftung und einige andere Persönlichkeiten beschrieben werden, die dort begraben wurden. Der achte Imam Imam Reza war der achte schiitische Imam aus der Familie des Propheten Muhammad. Er wurde am 29. Dezember des Jahres 765 in Medina im heutigen Saudi Arabien geboren. Es war die Regierungszeit von Harun ar-Raschid, der in Bagdad residierte, der ein Unterdrücker der Schiiten war und viele von ihnen umbringen lies. Am Ende seines Lebens gab es viele Unruhen besonders in Chorasan, für deren Niederschlagung der Kalif dorthin reiste und schließlich starb er auch dort. Sein Sohn Ma’mun bestieg den Thron nachdem er seinen Bruder umgebracht hatte. Da der Imam beim Volk sehr beliebt war, lud er ihn ein, um ihn als seinen Nachfolger zu präsentieren und damit einem Volksaufstand vorzubeugen. Das Volk von Chorasan begrüßte den Imam mit großer Begeisterung. Als der Kalif bemerkte, dass dessen Anhängerschaft sich von Tag zu Tag vergrößerte, bekam er Angst. Er lud den beliebten Führer schließlich zu einem Festmahl und tötete ihn mit vergiftetenTrauben. Imam Reza starb am letzten Tag des arabischen Monats Safar, dem 9. September des Jahres 818 und wurde an einem Ort begraben, den man später Maschhad ur-Ridha, Ort des Martyriums von Reza, nannte. An dieser Stelle entwickelte sich im Lauf der Zeit eine Großstadt, die heute mehr als 1 Million Einwohner hat. Da der Imam bei den Schiiten als Nachfolger des Propheten besonders große Verehrung genießt, besuchen sie sein Grabmal, wenn es ihnen möglich ist. Auch viele Schwerkranke pilgern dorthin, in der Hoffnung Heilung zu finden. Es gibt zahlreiche Berichte von Genesungen bei Vorige Seite: Der Eingang zum Grabmal 18 Fällen, in denen die Ärzte bereits die Hoffnung aufgegeben hatten. Durch die Spenden der Pilger konnte das Grab bis heute zu einem großen Komplex erweitert werden. Die Organisation Astane Quds Razawi, die den Komplex verwaltet, führt vielfältige soziale Aktivitäten und Bildungstätigkeiten durch. Ein kurzer Überblick über die Geschichte des Mausoleums (Haram) Der Imam wurde von Ma’mun, der ihn umbringen lies, beim Grabmal seines Vaters Harun arRaschid begraben. Im Jahre 997 lies Sabuktakin, ein Herrscher der Qaznawidendynastie, das Grabmal zerstören und verbot die Pilgerfahrten. Später lies Beihaqi, ein bekannter Geschichtsschreiber, das Grabmal renovieren. Im Jahre 1010 lies Sultan Mahmud Qasnawi Mauern errichten und schuf somit die Grundlage für den weiteren Ausbau des Haram. 1153 wurde das Grab nochmals beim Angriff der kriegerischen Qazhaq aus Zentralasien zerstört. Im Jahre 1117 wurde von Sultan Sandschar Saldschuqi zum ersten Mal eine Kuppel über dem Grab erbaut. 1162 lies Prinzessin Tschatrkan das Innere des Gebäudes mit sechs- und achteckigen Fliesen verzieren, was aus einer Inschrift hervorgeht. 1221 griff der Sohn von Dschingis Chan an und zerstörte das Grabmal, das erst im Jahre 1334 von Sultan Muhammad Chodabande Ultschaito wiedererrichtet wurde. Im Jahre 1418 wurde die erste Freitagsmoschee, die Goharschadmoschee, neben dem Haram errichtet. 1506 wurde mit der Unterstützung des Gouverneurs der Stadt, Amir Ali Schirnawai, der erste vergoldete Iwan gebaut. Zur Zeit der Safawiden, die die erste schiitische Herrscherdynastie im ganzen Iran waren, wurde der Haram stark erweitert. Der Höhepunkt war in der Zeit von Schah Tahmasp: Er lies die Kuppel vergolden. Allerdings wurde das Gold bei einem Angriff der Usbeken unter Abdul-Mumin Chan gestohlen, was die Safawiden nicht verhindern konnten, da ihre Hauptstadt weiter westlich war: Sie befand sich unter Tahmasp in Qazwin und wurde unter Schah Abbas nach Isfahan verlegt. Dieser lies im Jahre 1601 das Gebäude wiedererrichten. Ali Reza Safawi, ein bekannter Maler, schuf einzigartige, verzierte Inschriften. Unter den nachfolgenden Dynastien der Nr. 33 I R A Information N I R A N Information umfasst heute eine Fläche von ca. 300000m² für die gottesdienstlichen, kulturellen und sozialen Aktivitäten und wird laufend ergänzt. In der Zeit der Islamischen Republik wurde die über dem Grab befindliche Einfassung komplett erneuert, versilbert und vergoldet. Die Geschichte der Einfassungen des heiligen Schreins, der „Sarih“ Bis heute gab es fünf verschiedene Sarih, deren Errichtung jeweils durch Schäden am älteren notwendig wurde. Über dem Grab wurde aus Steinen eine sarkophargartige Einfassung errichtet, wodurch dessen Position besser erkennbar wird. Bei besonderen Persönlichkeiten wird als Ehrenbezeugung und zum Schutz des Heiligtums darum ein kleiner Raum aus verzierten Gittern mit einer Decke errichtet. Der älteste Sarih war aus Holzstäben, die mit vergoldeten oder versilberten metallischen Bändern verbunden wurden. Er wurde im Jahre 1550 unter Schah Tahmasp Safawi erbaut. Im Alte Ansicht vom Haram Nr. 33 19 tourismus Afschariten, Zands, Qadscharen und Pahlawis wurden die Gebäude um einige Höfe erweitert und noch reichhaltiger verziert. Der Afscharite Nader Schah(1730-47), der aus Chorasan stammte, machte Maschhad für kurze Zeit zu seiner Hauptstadt. Zur Zeit des ersten Weltkriegs wurde der Komplex beim Angriff der russischen Truppen stark beschädigt. Im Jahre 1928 wurden Grünflächen um den Haram angelegt, ein Museum, ein Konferenzraum und eine Bibliothek erbaut. Seit der Islamischen Revolution wurde der Komplex stark erweitert und erhielt seine heutige Gestalt mit zahlreichen neuen Höfen. In den letzten zwanzig Jahren wurden umfangreiche Bemühungen für die Verbesserung der Nutzung, der von den Gläubigen gestifteten Gründe, Immobilien, finanziellen Mitteln und sonstigen Güter, wie Teppichen und Gold, unternommen: Es wurden die Gebäude erweitert, die sanitären Einrichtungen und die öffentlichen Speisesäle verbessert, eine Klinik und eine theologische Universität gegründet. Der gesamte Komplex tourismus Jahre 1893 wurde er entfernt. Der zweite Sarih aus Stahl wurde 1747 im Auftrag eines Enkels von Nader Schah errichtet. Er hatte keine Decke und die umgebenden Gitter mit ihren Fenstern wurden mit ungefähr 2000 Smaragden und Rubinen verziert. In der Zeit von Fath Ali Schah Qadschar wurde ein einfacher Sarih aus Stahl mit eine Länge von 4 m, einer Breite von 3 m und eine Höhe von 2 m um den bestehenden herum gebaut. Die vierte, vergoldete und versilberte, Einfassung wurde im Jahre 1959 an Stelle der dritten errichtet. Sie hatte 4 m Länge, 3 m Breite und 3,9 m Höhe. Der fünfte Sarih wurde 1993 vom bekannten iranischen Künstler Prof. Farschtschian entworfen. Die Anfertigung erfolgte durch Prof. Chodadadzadeh Isfahani und seine Mitarbeiter. Er hat ein Gewicht von 12 Tonnen, wurde mit Gold und Silber beschichtet und ist 4,8 m lang, 3,7 m breit und 4 m hoch. Er wurde mit verschiedenen Quranversen und besonderen iranischen Mustern verziert. Nur bei wenigen Anlässen dürfen ausgewählte Persönlichkeiten in diesen Sarih eintreten, z. B. für dessen Reinigung, was eine große Ehre ist. Es ist auch üblich, dass Pilger durch die Gitter Geld stecken, wenn sie um die Fürsprache des Imams bei Gott für die Erfüllung ihrer Wünsche bitten. sichtbare und auffälligste Zeichen des Mausoleums des Imams ist die vergoldete Kuppel. Im Jahre 1117 wurde vom Seldschuken Sultan Sandschar zum ersten Mal eine Kuppel über dem Grab erbaut. Heute gibt es eine zweite, die zur Zeit von Schah Abbas II. über der ersten errichtet und als Sonnenkuppel bekannt wurde. Die Höhe vom Boden bis zur Spitze beträgt 31 m. Auf den umgebenden Gebäuden gibt es acht Minarette, zwei davon sind vergoldet. Gräber bekannter Gelehrter beim Mausoleum Scheich Bahai Scheich Bahai wurde im Jahre 1529 im Libanon Die Geschichte der Kuppel über dem Grab Das am weitesten Der heilige Sarih 20 Nr. 33 I R A Information N tourismus Minarett und Teil der Fliesendekoration des Portals geboren. In der Zeit von Schah Abbas kam er in den Iran und wurde bei Hof zu einer bedeutenden Persönlichkeit. Er war Richter, Philosoph und befasste sich mit den islamischen Wissenschaften. Als Dichter hinterließ er 380 Verse. Darüber hinaus war er ein Mathematiker und plante das bekannte, nach ihm benannte, Bad in Isfahan. Dessen Besonderheit bestand darin, dass es durch eine kleine Flamme das ganze Jahr über gewärmt wurde. Diese wurde durch Gase, die aus den Abwasserkanälen der Stadt stammten, gespeist, was in der damaligen Zeit eine einmalige Methode war. Er verstarb im Jahre 1621 in Isfahan und wurde entsprechend seines testamentarischen Willens in Maschhad bestattet. I R A N Information Scheich Hurr Ameli Er wurde im Jahre 1624 in Dschabal Amel im Libanon geboren. Später ging er nach Syrien, wo er bis zu seinem vierzigsten Lebensjahr weilte. Nach einer Hadsch begab er sich nach Chorasan, wo er auch blieb. Der Grund dafür war möglicherweise die Unterstützung für Schiiten im safawidischen Iran zur Zeit von Schah Abbas II. Er verfasste viele Bücher, aber sein bedeutendstesWerk ist „Wasail usch-schi’i“, das dreißig Bände umfasst und an dem er zwanzig Jahre arbeite. Es ist eine umfangreiche Sammlung von Überlieferungen und bis heute ein Standardreferenzwerk der schiitischen Theologen. Er war auch ein Mathematiker und Dichter und verfasste ungefähr 20000 Verse. Er verstarb im Jahre 1693. Scheich Tabarsi Auch er war einer von den bedeutendsten islamischen Gelehrten und wurde in der Nähe von Maschhad im Jahre 1077 in der Zeit der Seldschuken geboren. Sein bekanntestes Werk ist die Quraninterpretation Madschama’ul-bajan, an deren Fertigstellung er sechs Jahre arbeitete. Er war auch ein bedeutender Mathematiker Nr. 33 21 tourismus besonders in der Algebra. Im Jahre 1991 wurde im Zuge von Straßenerweiterungen sein gesamtes Grab in den Riswan-Garten verlegt. Die Einrichtungen und Aktivitäten der „Astane Quds Razawi“-Stiftung Diese Stiftung wurde gegründet, um das Bargeld, Gold, die Grundstücke und andere wertvolle Dinge, die dem Imam gespendet wurden, optimal zu nutzen. Viele iranische Sportler schenken ihre Medaillen von internationalen Wettbewerben an diese Organisation. Mit diesem „Vermögen von Imam Reza“ werden Aktivitäten im gesundheitlichen, kulturellen, industriellen, landwirtschaftlichen und religiösen Bereich durchgeführt. Dadurch erhielten tausende LeuteArbeit und außerdem werden unentgeltliche Sozialleistungen, z. B. im Gesundheitsbereich, durchgeführt. So wurden Kliniken und Spitäler in verschiedenen Städten gegründet, in denen pro Jahr mehr als 500 000 Patienten großteils unentgeltlich betreut werden. Auch nach dem IrakIran-Krieg beteiligte sich die Stiftung am Wiederaufbau in den südlichen Landesteilen und ebenso nach den Erdbebenkatastrophen in Tabas und Bam. Die Stiftung gründete drei Zuckerwerke, mehrere Anlagen für die Natursteinverarbeitung, Teppichund Textilfabriken, technische Beratungsfirmen, mehrere Großbäckereien sowie andere Betriebe der Lebensmittelindustrie und investierte auch in andere Projekte und Beteiligungen. Der Zuwachs im Umfang der Tätigkeiten betrug seit der Revolution 1979 ca. 500%. Außerdem wurden im ganzen Iran ungefähr 40 öffentliche Bibliotheken 22 Eine Werkstatt für handgeknüpfte Teppiche der Astane Quds gegründet. In der Provinz Chorasan und den Erdbebengebieten konnten mehr als 100 Schulen aufgebaut werden und mehr als 500 Grundstücke wurden dem Bildungsministerium für weitere Neubauten gratis zur Verfügung gestellt. Wie bereits in der letzten Nummer (Iran Information 32) erwähnt, werden täglich einige tausend Gratisportionen Essen bei einem Restaurant beim Haram ausgegeben. Über die Museen, die von der Stiftung im Haramkomplex betreut werden, berichteten wir in Iran Info 31. I R A Information N Unter folgenden Internetadressen gibt es Informationen in englischer und persischer Sprache sowie Bilder über den Haram und Maschhad: www.imamreza.net www.aqrazavi.org Nr. 33 Über die kulturellen Beziehungen zwischen dem Kunsthistorischen Museum und Persien von Hofrat Prof. Dr. Wilfried Seipel Die kulturellen Beziehungen zwischen Österreich und dem Iran hatten im Jahre 2001 seinen besonderen Höhepunkt erreicht. Nach einem Besuch des österreichischen Bundespräsidenten Dr. Thomas Klestil im Jahr 2000 und mehreren Verhandlungsgesprächen des Generaldirektors des Kunsthistorischen Museums in Teheran, konnte am 21. November 2000 eine Ausstellung über „7000 Jahre Persische Kunst“ mit Meisterwerken aus dem iranischen Nationalmuseum in Teheran eröffnet werden. Ganz abgesehen davon, dass es seit vielen Jahrzehnten die erste kunstgeschichtlich, archäologisch bedeutsame Ausstellung Persiens im Ausland gewesen ist, die allein in Österreich von über 200.000 Besuchern gesehen wurde, so sollte die Ausstellung in den darauf folgenden Jahren gleichsam eine Europareise absolvieren, die sie in weitere 7 bedeutende Städte führen sollte. Nach Wien wurden die Meisterwerke der iranischen Vergangenheit in Rom, Bonn, Gent, Basel, Valencia, Sevilla, Zaragoza und schließlich aus in Lissabon gezeigt und von weit über 1 Million Besuchern bewundert. Erst im Herbst 2005 waren alle Objekte wieder sicher im Nationalmuseum in Teheran gelandet und sollten von nun an wieder die Besucher dieses Museums erfreuen. Die im Zusammenhang mit dieser archäologischen Ausstellung, deren zeitlicher Rahmen von der Vorgeschichte bis ins 10. Jahrhundert reichte, geplante Fortsetzung bis in die islamische Zeit, ist zwar bis jetzt noch nicht realisiert, sollte aber nicht in Vergessenheit geraten. Von Seiten des Kunsthistorischen Museums besteht nach wie vor die Bereitschaft, in Zusammenarbeit mit den Kollegen in Persien, dieses auch in einer schriftlichen Vereinbarung mit den verantwortlichen Stellen in Teheran festgehaltene Projekt umzusetzen. Ein dafür vorgesehenes und in Aussicht gestelltes wissenschaftliches Konzept konnte allerdings bis jetzt noch nicht erarbeitet werden. Die Beziehungen zu Persien auf kultureller Ebene würden es jedenfalls verdienen, in der vor einigen Jahren begonnenen intensiven Form weitergeführt zu werden, um auf diese Weise auf die großartigen Leistungen des Iran auf kunstgeschichtlichen und historischen Gebiet hinzuweisen. Von österreichischer Seite besteht jedenfalls die Bereitschaft, die kulturellen Aktivitäten in Teheran zu unterstützen, sei es in Form von Ausstellungen, Ausstellungsbeteiligungen oder in der Beratung bei museumsspezifischen Sachfragen. Die augenblickliche politische Diskussion um den Stellenwert Persiens im internationalen Staatengeflecht sollte vielleicht stärker auch kulturelle Beziehungen nutzen, um einseitige Sichtweisen zu vermeiden. Der von einem österreichischen Architektenteam gewonnene Wettbewerb für die Neueinrichtung eines besucherfreundlichen Eingangsbereichs in Persepolis sollte auch in diesem Zusammenhang erwähnt werden, da gerade diese so bedeutende Kulturstätte des Iran ein faszinierender Austragungsort kultureller Beziehungen sein könnte. So ist es mir ein ganz besonderes Anliegen, vor allem auch auf Grund der positiven Erfahrungen im Umgang mit den kulturellen Institutionen in der Vergangenheit, auch in Zukunft die Bereitschaft beider Seiten die kulturellen Beziehungen zu verstärken wieder aufzunehmen und in neuen Projekten umzusetzen. I R A N Information Wir danken Hofrat Prof. Dr. Seipel für diesen Beitrag! Nr. 33 23 dialog der zivilisationen Rückblick und Ausblick dialog der zivilisationen Jesus und Muhammad – Retter der Menschheit auch in der heutigen Zeit! Bericht von einer interreligiösen Veranstaltung Am 10. November 2006 lud die Kulturvertretung der Islamischen Republik Iran in Kooperation mit dem Islamischen Bildungs- und Kulturzentrum IBIKUZ Vertreter und Gelehrte verschiedener Religionen und Konfessionen ein, um der Verantwortung der Muslime in Europa nachzukommen und einen weiteren Anstoß zum Dialog der Zivilisationen zu geben. Das Thema der Referate und der anschließenden Podiumsdiskussion war die Rolle von Jesus und Muhammad als Retter für die Menschheit auch in der heutigen Zeit. Die dabei ausgetauschten Gedanken sollen als Basis für einen weiteren Dialog und ein fruchtbares Zusammenwirken der religiösen Kräfte in Österreich dienen. Die Veranstaltung mit einem Publikum von über 100 Besuchern begann mit der Rezitation des Koran und dem Vortrag einer deutschen Übersetzung. Der Obmann des IBIKUZ, Mag. Muhammad Lanzl, leitete den mittlerweile traditionsreichen Diskussionsabend in Anlehnung an die habsburgerische Diplomatie und Heiratspolitik mit folgendem Spruch ein: „Mögen andere aufeinander losgehen, sich die Köpfe einschlagen und sogar Kriege führen, du glückliches Österreich setze auf den Dialog, lade zum Gespräch ein.“ Allerdings wies Mag. Lanzl auch darauf hin, dass der Dialog drei Bedingungen aufweisen sollte: Nämlich Orientierung an der Vernunft, Ehrlichkeit und Unerschrockenheit gegenüber den Mächtigen der Welt, wer immer diese zu unterschiedlichen Zeiten auch sein mögen. Es folgten die Begrüßungsworte des Kulturattachés der Botschaft der Islamischen Republik Iran, Mohammad Reza Nezamdoust, in persischer Sprache, die in deutscher Übersetzung vorgetragen wurde. Dabei warf Hr. Nezamdoust etliche Fragen über den Wert von Gerechtigkeit und göttlichen Offenbarungen in der heutigen Zeit auf. Er wies mit einem Zitat des Koranverses 3: 64 darauf hin, dass es die gemeinsame Pflicht 24 aller abrahamitischen Religionen sei, die mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachen, miteinander in Dialog zu treten, um die gemeinsamen Werte zu beschützen. Sie müssten den geschichtlichen Staub von ihnen entfernen, auch auf die Gefahr hin, dass sie als rückschrittlich oder fundamentalistisch bezeichnet würden, damit die Welt nicht länger zu sehen müsste, wenn im Namen der Menschenrechte Bomben abgeworfen würden. Das erste Referat wurde von dem iranischen Gelehrten Hodschatulislam Reza Ramezani, dem Leiter des Imam Ali Zentrums in Wien, in persischer Sprache vorgetragen. Eine deutsche Übersetzung seines Vortrages wurde verteilt und konnte von dem Publikum mitgelesen werden. (Eine gekürzte Version davon finden Sie im Anschluss an diesen Artikel.) Hodschatulislam Ramezani hob vor allem die Bedeutung der Gerechtigkeit als Basis und Fundament der ganzen Existenz und Schöpfung hervor und definierte diesen oftmals missbrauchten Begriff im islamischen Sinne. Sein Hauptargument war, dass Freiheit, Frieden, Menschenwürde, Entfaltung, Barmherzigkeit und Liebe als Grundsätze und gleichzeitig als Konsequenzen von Gerechtigkeit im prophetischen Sinne zu verstehen sind. Gott hat die Welt auf der Basis von Gerechtigkeit und dem rechten Maße erschaffen und zahlreiche Propheten entsandt, um die Grundsätze dieser Gerechtigkeit zu lehren und in der Gesellschaft wiederherzustellen, nachdem sich die Menschen ihrer selbst beraubt haben, indem sie der Unmäßigkeit und Selbstsucht gefolgt sind. Nur durch Gerechtigkeit erhält alles seinen rechtmäßigen Platz, Sinn und seine wahre Existenz. Jedes lebende Geschöpf strebt seine ihm eigeneVollkommenheit an und diese kann nur auf Basis von Gerechtigkeit erreicht werden. Jedes geschaffene Wesen und Ding ist mit besonderen Rechten ausgestattet, nur wenn diese respektiert und geschützt werden, kann Harmonie entstehen Nr. 33 I R A Information N dialog der zivilisationen Von links nach rechts: Msgr. Petrus Bsteh, Hodschatolislam Reza Ramezani, Mag. Erwin Neumann, Mag. Amir Zaidan als Vorrausetzung für die Entfaltung aller Geschöpfe.Aus diesem Grund stellt Gerechtigkeit aus der Sicht des Propheten Muhammads (sas) die Richtlinie aller individuellen, spirituellen, sowie gesellschaftlichen Angelegenheiten dar. Gerechtigkeit sollte als Richtlinie für alle Bereiche des menschlichen Lebens dienen sowohl im körperlichen, geistigen und seelischen wie auch im politischen und wirtschaftlichen Sinn. Bedingungen für diese Gerechtigkeit stellen die Grundsätze der gesellschaftlichen und geistigen Freiheit des Menschen, Brüderlichkeit, Gleichheit, Barmherzigkeit und Liebe dar. Nach den prophetischen Anweisungen muss die Basis der Gerechtigkeit also auf allen Ebenen geschaffen werden, damit Niemandem Unrecht widerfährt und die menschliche Gesellschaft ihre vollen Rechte beanspruchen kann. Diese Anweisungen der Propheten Gottes beinhalten zweiAspekte: Einerseits die Einhaltung göttlicher Gesetze und andererseits den verpflichtenden Kampf gegen jede Form von Unrecht. Sowohl Muhammad als auch Jesus (der Friede sei mit ihnen) führten diesen Kampf, lehrten ihre Anhänger sich bedingungslos für die Entrechteten und Unterdrückten ihrer Zeit einzusetzen und gegen die Mächtigen und die Unterdrücker aufzulehnen. I R A N Information Der nächste Vortragende war Msgr. Petrus Bsteh, der Leiter der Kontaktstelle für Weltreligionen (KWR) und Vertreter des katholischen Christentums. Msgr. Bsteh rückte die allesverzeihende Liebe Gottes in das Zentrum seines Vortrages. Diese vermag nur, wenn sie aufrichtig erfahren wird, die Menschheit zu transformieren. Msgr. Bsteh nahm in seinem Vortrag in Bezug auf die Gerechtigkeit in der Gesellschaft und die göttlichen Gesetze eine andere Position als sein Vorredner ein. Er verortete einen Unterschied zwischen Glaubens- und Gesetzesgemeinschaft und empfand einen säkularen Staat, der die Menschenrechte unabhängig von göttlichen Offenbarungen schützen solle, als bessere Basis für die freie Religionsausübung und die Verwirklichung der prophetischen Botschaften als einen theokratischen Gottesstaat. Die Gesetze und Rechte Gottes sind im historischen Wandel auf eine entsprechende Übersetzung und Interpretation angewiesen, die gemäß der Vielfalt der Menschen unterschiedlich erfolgen kann und stellen in ihrer wörtlichen Überlieferung keine geeignete Basis für eine demokratische Ordnung dar. Eine vereinfachte Weltordnung bzw. ein gleichgeschaltetes Weltethos schaffen Missverständnisse, die für manche Ideologen Vorteile und für andere Menschen Nachteile bringen. Das wäre eine Nr. 33 25 dialog der zivilisationen Entstellung der Heilsordnung Gottes, die der umfassenden Größe des Schöpfers nicht gerecht werden kann. Msgr. Bsteh sah die Hauptaufgabe von Jesus, als von Gott berufenem Verkünder, darin, die Menschheit über Ursprung, Ordnung und Ziel der Schöpfung aufzuklären. Das Herzstück seiner Botschaft ist aber die Liebe und Barmherzigkeit Gottes nicht die Gerechtigkeit und Strafe. Diese Liebe wird durch Jesus verkörpert und drückt sich so radikal aus, dass der Mensch sogar seine Feinde lieben soll. Msgr. Bsteh betonte also vor allem die Notwendigkeit des Respekts vor der Vielfalt und die allen Propheten innewohnende Botschaft radikaler Liebe. Abschließend rief er dazu auf, dass die großen monotheistischen Religionen die Macht ihrer Propheten nie wieder gegeneinander richten mögen, sondern sich gemeinsam in den Dienst der Welt von heute stellen sollten. Danach erhielt Mag. Amir Zaidan, Direktor der Religionspädagogischen Akademie in Wien (IRPA), das Wort. Als zentrale Botschaft des Propheten Muhammad (sas) betonte er vor allem denAspekt der Freiheit und des respektvollen und geschwisterlichen Umganges aller Menschen untereinander. Muhammad wurde nicht entsandt außer als Gnade für alle Geschöpfe. Und er wurde gesandt, um die moralischen Werte und das Verhalten der Menschen zu vervollkommnen. Wir sollten begreifen, dass alle Menschen Geschwister sind und wir sollten für andere nur das wünschen, was wir für uns selbst wünschen, anstatt uns gegenseitig zu richten. Da Islam alleinige Hingabe an den Schöpfer der Welten bedeutet, ist die Konsequenz daraus Freiheit zu erlangen, sich aus der Dienerschaft der Geschöpfe, aus deren Abhängigkeit oder Erpressungsversuchen zu befreien. Aber nur wer diese Hingabe verinnerlicht hat, wird frei. Diese Verinnerlichung bedeutet „Iman“ (Glaube), aber dieser Glaube im islamischen Sinn hat als Basis Wissen, Meinungsfreiheit und sogar Religionsfreiheit, die dem Islam inhärent ist. Amir Zaidan zitierte den Propheten des Islam, dass die beste Art von Dschihad ein wahres Wort gegen einen ungerechten Herrscher sei. Der Wert der Freiheit im Islam ist so hoch, dass nach der 26 Eroberung Mekkas Muhammad sogar den schlimmsten Feinden die Freiheit schenkte und sie auch nicht zwang die Religion anzunehmen. Mag. Zaidan betonte, dass die Muslime heute leider vielfach dem Vorbild des Propheten nicht folgen würden, dass aber seine Botschaft ein Angebot an alle Menschen sei und er nur gesandt worden wäre, um sie von der Knechtschaft anderer Menschen zu befreien. Anschließend referierte Mag. Erwin Neumann, Pfarrer der Gustav-Adolf-Kirche, als Vertreter der evangelischen Konfession des Christentums über seine Sicht der Rolle der großen Propheten für die heutige Zeit. Neumann sah in der Angst des Menschen und in einer Atmosphäre der andauernden Unterdrückung das größte Hindernis für die Verwirklichung der Botschaft Jesu. Denn wenn die Menschen durch Angst leben und nicht durch die Liebe und die Aufrichtigkeit Befreiung erfahren haben, sind sie mit den Geboten der Fremden- und Nächstenliebe hoffnungslos überfordert. Mag. Neumann sieht in der Vergesetzlichung der Evangelien durch die verstaatlichte römische Kirche eine erneute Unterdrückung der Menschen und nicht die von Jesus versprochene Erlösung durch die grenzenlose Liebe Gottes. Indem sich die römischen Imperatoren als Vollstrecker der Gesetze Gottes aufspielten, ging die Wahrheit Gottes, die sich nur durch Liebe offenbart, zunehmend verloren und die Menschen wurden abhängig von religiösen Institutionen, die wie schon in der Zeit vor Jesus Unterdrückung und Macht ausübten, anstatt die Menschheit zu befreien und ihre Rechte und Freiheit zu schützen. Pfarrer Neumann sieht in der Botschaft Muhammads eine Reformbewegung der einen Religion Gottes, die wichtige verloren gegangene Wahrheiten der Botschaft Jesu wiederherstellen sollte, und somit auch den Christen von heute eine Möglichkeit gibt, sich neu auf das Wesentliche der Botschaft von Jesus von Nazareth zu besinnen. I R A Information N Im Anschluss an die Vorträge folgte eine Podiumsdiskussion, bei der das Publikum die Möglichkeit erhielt, sich aktiv in den Dialog einzubringen. Abschließend gab es bei einem multikulturellen Buffet weitere persönliche und vertiefende Gespräche. Nr. 33 von Hodschatulislam Reza Ramezani Gerechtigkeit ist wohl einer der schönsten Begriffe, die der Mensch kennt und verwendet. Zugleich ist diesem Begriff aber auch wie keinem anderen Unrecht widerfahren, denn alle Menschen sprechen von Gerechtigkeit, doch bei deren Verwirklichung scheint es, als ob eine Gruppe sich dem Kampf gegen die Gerechtigkeit gewidmet hätte. Aus diesem Grund war die Verwirklichung von Gerechtigkeit, Frieden und Freundschaft unter den Menschen auch die wichtigste gesellschaftliche Aufgabe der Propheten. Zu diesen Propheten zählen unter anderem die großen Propheten Moses, Jesus und Muhammad (Friede sei mit ihnen allen!). Der heilige Koran, als heilige Schrift der Muslime und als ewiges Wunder des heiligen Propheten, führt die Gerechtigkeit als eine der wichtigsten Angelegenheiten der menschlichen Gesellschaft an. Der heilige Koran verwendet für die Gerechtigkeit die beiden Begriffe „Adl“ und „Qist“. Diese beiden Begriffe finden dabei in verschiedenen Bedeutungen Verwendung. Diese umfassen: 1. Gesetzliche Gerechtigkeit 2. Gerechte Aufteilung 3. Gerechter Teil 4. Anstand 5. Maßhalten 6. Ausgewogenheit 7. Einer Sache gerecht zu werden 8. Gleichen Teil gewähren 9. Recht 10. Wahrheit 11. Aufrichtigkeit 12. Einen Mittelweg halten 13. Mitte 14. Absicht 15. Die Welt 16. Gerechtigkeit walten lassen 17. Einer der Namen Gottes Als Definition der Gerechtigkeit finden wir unter anderem folgende Erläuterung: „Die Gerechtigkeit ist das, was in der Ansicht der Menschen von Beständigkeit und Wahrheit ist.“ I R A N Information Gerechtigkeit kann als „Aufrichtigkeit“, „Beständigkeit“ und „gerader Weg“ gedeutet werden. Das Bestreben nach Gerechtigkeit entspringt der inneren Veranlagung des Menschen, basiert aber gleichzeitig auch auf seiner Vernunft und gibt dem menschlichen Dasein erst seine wahre Bedeutung. Die Gerechtigkeit ist eine Gunst, durch welche die menschliche Gesellschaft, wenn sie davon Gebrauch macht, Beständigkeit, Gleichstellung, Ausgewogenheit und Freiheit erreicht. Wenn die Gesellschaft davon aber keinen Gebrauch macht, machen sich Ungleichheit, Ungerechtigkeit, Verdorbenheit, Unfrieden und Feindschaft breit. Das Errichten von Gerechtigkeit, Frieden und Freundschaft stellt einen der wichtigsten gesellschaftlichen Aufträge der göttlichen Propheten dar. Aus diesem Grund heißt es im heiligen Koran: „Wahrlich, wir haben unsere Gesandten mit den klaren Beweisen gesandt und mit ihnen die Schrift und die Waage (die Richtlinie) herabkommen lassen, damit die Menschen für Gerechtigkeit sorgen würden…“ (Surah Al-Hadid (57), Vers 25) Somit stellt die Verwirklichung der Gerechtigkeit sowohl in der menschlichen Gesellschaft als auch in den Menschen selbst eines der höchsten Ziele der göttlichen Religionen dar. Gerechtigkeit umfasst alle Bereiche des menschlichen Lebens vom Denken und der Moral bis hin zur Kultur, Wirtschaft, Politik und der Gesellschaft. Wir finden im heiligen Koran nicht nur zahlreiche Beispiele für die Bedeutung und den Wert von Gerechtigkeit in verschiedensten Bereichen des menschlichen Lebens, sondern der heilige Koran gibt auch konkrete Anweisungen dazu, wie die Gerechtigkeit in die Tat umgesetzt werden kann. Es handelt sich bei den Aussagen des heiligen Korans also nicht nur um Aussagen, in denen die Gerechtigkeit gelobt und gutgeheißen wird, sondern jeder Einzelne ist dazu aufgerufen, zur Verwirklichung der Gerechtigkeit in ihrer wahren Bedeutung und in den verschiedenen Bereichen beizutragen. Nr. 33 dialog der zivilisationen GERECHTIGKEIT AUS DER SICHT DES KORANS UND DES PROPHETEN MOHAMMAD (S. A. S.) 27 dialog der zivilisationen 28 Die Gerechtigkeit aus der Sicht des Propheten Muhammad (sas) Wir sind der Überzeugung, dass der heilige Prophet (sas) die Gerechtigkeit in Person ist. Gemäß seiner Ansicht stellt die Gerechtigkeit das Fundament der Existenz dar, indem die Schöpfung der Himmel und der Erde auf ihrer Basis stattgefunden hat. In einer Aussage von Muhammad heißt es dazu: Durch die Gerechtigkeit bestehen die Himmel und die Erde. (Al-Faiz Al-Kaschani, Muhsin; Tafsir Al-Safi. B. 5, S. 107) Gemäß dieser Aussage stellt die Gerechtigkeit die Basis zur Schöpfung aller Existenz dar. Durch die Gerechtigkeit bekommt alles Sinn und Existenz. Jedes lebende Geschöpf ist auf der Basis der Gerechtigkeit erschaffen und strebt daher seine ihm eigene Vollkommenheit an. Auf der Basis der Gerechtigkeit leitet Gott alle Dinge im existenziellen Bereich seinen ihm eigenen Weg. So heißt es im heiligen Koran: [Gott ist es,] der geschaffen und wohl geformt hat, und der ein Maß gesetzt und rechtgeleitet hat. (Surah Al-A’la (87), Vers 2-3) Aus diesem Grund nennt der heilige Prophet (sas) die Gerechtigkeit als Richtlinie Gottes auf Erden und ihre Einhaltung als Faktor zur Errettung der Menschen: Die Gerechtigkeit ist die Richtlinie Gottes auf Erden. Wer sie akzeptiert, den leitet Er [oder auch sie, die Gerechtigkeit]ins Paradies, und wer sie nicht akzeptiert, den leitet Er [oder auch sie, die Gerechtigkeit] ins Feuer. (AlMuhaddis An-Nuriy, Mustadrak-ul-Wasa’il, B. 11, S. 318) Aus diesem Grund stellt die Gerechtigkeit aus der Sicht des heiligen Propheten (sas) die Richtlinie aller individuellen sowie gesellschaftlichen Angelegenheiten dar. Sie ist Richtlinie für alles Materielle, Geistige, Körperliche, Psychische, Politische, Wirtschaftliche… Sie muss sich in den Gefühlen, den Gedanken, in den Aussagen, im Handeln, im Benehmen der Menschen widerspiegeln. Der Mensch und auch die Gesellschaft müssen gerecht empfinden, gerecht denken, gerecht sprechen, sich gerecht verhalten… Kurz gesagt, die Gerechtigkeit muss in allen Angelegenheiten des menschlichen Lebens regieren. Aus diesem Grund sagt Gott: „…und wenn ihr zwischen den Menschen richtet, dass ihr in Gerechtigkeit richtet…“ (Surah AnNisa’ (4), Vers 58) Aus diesem Grund sind die Menschen dazu verpflichtet, sich die Gerechtigkeit unter allen geistigen sowie körperlichen Zuständen zur Richtlinie zu machen, sie in allen Bereichen des menschlichen Lebens zu befolgen und keinen Augenblick von ihr abzugehen. Die Grundsätze der Gerechtigkeit aus der Sicht des heiligen Propheten (sas) Aus verschiedenen Aussagen des Propheten Muhammad (sas) lassen sich Grundsätze erkennen, die zur Verwirklichung der Gerechtigkeit notwendig sind. In diesem Abschnitt gehen wir auf einige dieser Grundsätze ein. 1. Gleichheit und Gleichstellung aller Menschen in ihrer Schöpfung und Existenz Der heilige Prophet (sas) weist darauf hin, dass alle Menschen, gleich von welcher Rasse sie sind, im Ursprung ihrer Schöpfung gleichgestellt sind und sich nicht unterscheiden. Die Menschen unterscheiden sich also durch nichts außer durch die Gottesfurcht. Auf diese Tatsache weist der heilige Prophet (sas) in der Abschiedswallfahrt kurz vor seinem Tod hin, indem er sagt: „Ihr Leute! Euer Herr ist einer und euer Stammvater ist einer. Ihr alle seid alle von Adam und Adam ist aus Erde. Der edelste von euch ist der Gottesfürchtigste von euch. Es gibt keine Auszeichnung für die Araber vor den Nichtarabern, außer durch die Gottesfurcht.“ (Al-Harati, Abu Muhammad Hassan Ibn Ali; Tuhaf-ul-Uqul. S. 33) In einer anderen Überlieferung sagt der heilige Prophet (sas): „Die Menschen sind [einander] gleich wie die Zähne des Kammes“ (AschScheich As-Saduq, Muhammad ibn-u Ali AlQommi, man la yahdhuru-hu-l-Faqih, B. 4, S. 379) Aus diesem Grund sind alle Menschen aus der Sicht der Religion in ihrer Verbindung zu Gott als seine Diener gleichgestellt, da alle Seine Geschöpfe sind. In einer weiteren Überlieferung des heiligen Propheten (sas) heißt es: „Die Geschöpfe sind alle die ‚Angehörigen’ Gottes, der beliebteste bei Gott ist also der, der seinen Angehörigen am meisten nützt.“ (Al-Hurr AlAmeli, Muhammad ibn Al-Hassan, Wasa’il-uschSchi’ah, B. 16, S. 344) Nr. 33 I R A Information N und sie gegeneinander aufzustacheln. Die Menschen aber müssen sich in jeder Situation dessen bewusst sein, dass sie zueinander Brüder und füreinander verantwortlich sind. Der heilige Prophet (sas) sagt in diesem Zusammenhang: „Hilf deinem Bruder, ob er Unrecht tut oder ihm Unrecht widerfährt. Wenn er Unrecht tut, dann halt ihn davon ab, Unrecht zu tun. Wenn ihm Unrecht widerfährt, dann unterstütze ihn.“ (Nahjul-Fasahah; S. 265-266, Überlieferung Nr. 561) 2. Der Grundsatz der Freiheit Ein weiterer Grundsatz der Gerechtigkeit ist die Freiheit. Ein großartiges Geschenk, das allen Menschen zuteil geworden ist. Alle Menschen haben also das Recht, bei der Veränderung bzw. Bestimmung ihres Schicksaals mitzuwirken. Hier darf den Menschen nichts aufgezwungen werden. Kein Mensch darf seiner Freiheit beraubt und als Sklave eines anderen betrachtet werden. Der heilige Prophet (sas) weist in einer sehr schönen Aussage auf den Grundsatz der Freiheit hin. Er weist darauf hin, dass niemand auf dem Weg zu seiner Vollkommenheit durch innerliche oder äußerliche Hindernisse eingeschränkt bzw. behindert werden darf, sondern er muss gegen diese Hindernisse ankämpfen, damit er in den Genuss der gesellschaftlichen und geistigen Freiheit gelangt. 3. Brüderlichkeit unter den Menschen Ein weiterer Grundsatz der Gerechtigkeit ist die Brüderlichkeit der Menschen untereinander. Da die Menschen alle von einer unendlichen, existenzgebenden Quelle abhängen, muss zwischen ihnen eine göttliche Verbindung herrschen. Die Menschen müssen sich dieser nahen Verbindung zueinander bewusst sein. Die Menschen müssen darauf achten, dass auf dem Weg zur Vollkommenheit Frieden und Ruhe vorherrschen. Sie müssen gegen jene, die andere am Erreichen der Vollkommenheit behindern, ankämpfen, weil diese versuchen diese göttliche Verbindung zu stören. Sie dürfen nicht erlauben, dass Frieden und Freundschaft aus der Beziehung der Menschen untereinander verschwindet. Natürlich gibt es leider eine Gruppe von selbstherrlichen Regenten, die aufgrund ihres ausbeuterischen Machtstrebens fortwährend versucht unter den Menschen Zwietracht zu stiften I R A N Information 4. Die Menschen beachten, um sie bemüht sein und das Augenmerk auf die Allgemeinheit legen Eine weitere Grundlage der Gerechtigkeit ist es, um die anderen bemüht zu sein. Der Mensch muss danach streben, dieses Empfinden in sich zum Leben zu erwecken. Das spiegelt sich darin wieder, dass der Mensch das, was er für sich selbst will, auch für die anderen möchte und dass er das, was er für sich selbst nicht will, auch für die anderen nicht will. Wenn sich alle Menschen dieses Grundsatzes bewusst sind, wird sicherlich kein Problem mehr die Gesellschaft bedrohen. Unter diesem Umstand werden die Menschen niemals gegeneinander Intrigen schmieden, ja nicht einmal daran denken, Intrigen zu schmieden. Dass einige Menschen sich dazu verleiten lassen, Intrigen gegen andere auszuhecken, liegt daran, dass sie sich von der Bahn der Gerechtigkeit und Menschlichkeit entfernt haben. Dabei kann es natürlich sein, dass einige Personen zwar mit dem Mund nach Gerechtigkeit rufen, sich aber kein bisschen für deren Verwirklichung einsetzen. Der heilige Prophet (sas), als Erretter der Menschheit, sagt in diesem Zusammenhang: „Der gerechteste Mensch ist jener, der für die Menschen das will, was er für sich selbst will, und der für die Menschen das meidet, was er für sich selbst meidet.“ (Madschlisi, Muhammad Baqir; Biharul-Anwar, B. 77, S. 114) 5. Barmherzigkeit und Liebe zu den Menschen Ein weiterer Grundsatz der Gerechtigkeit, auf den der heilige Prophet (sas) mit Nachdruck hingewiesen hat, ist die Barmherzigkeit und Liebe zu den Menschen sowie das wohltätige Verhalten den Wohltätern und Nichtwohltätern gegenüber. Nr. 33 29 dialog der zivilisationen Natürlich unterliegt der Glaube gewissen Kriterien. Jeder Mensch besitzt gewisse Fähigkeiten und Grenzen. Wer nun von seinen Fähigkeiten, zu glauben bzw. gottesfürchtig zu sein, Gebrauch macht, der empfindet die Anwesenheit Gottes viel stärker als jemand, der davon keinen Gebrauch macht. Es kann und darf also niemand behaupten, dass er aufgrund seiner Rasse besser sei als die anderen. dialog der zivilisationen Das stellt sogar nach dem Glauben an Gott die Basis der Vernunft dar. (Nahj-ul-Fasahah; S. 496497, Überlieferung Nr. 1636) Dabei sind die schlechtesten Menschen jene, die gegen die Menschen Feindschaft hegen. (Nahj-ul-Fasahah; S. 535, Überlieferung Nr. 1796) Zusammenfassung Kurz gesagt, die Respektierung von Gerechtigkeit, Frieden und Freundschaft unter den Menschen sind ernsthafte Anweisungen des heiligen Propheten (sas). In verschiedenen Ansprachen wies er auf diese Punkte hin und betonte, dass die menschliche Gesellschaft ohne Gerechtigkeit ihre wirklichen Rechte nicht erreichen kann. Die Basis der Gerechtigkeit muss also auf allen Ebenen geschaffen werden, damit niemandem Unrecht widerfährt. Dabei geht der heilige Prophet (sas) soweit, dass er sogar jene, die jemanden, der Unrecht tut, in seinem Unrecht unterstützen oder auch nur das, was er gegen die Gerechtigkeit unternimmt, unterstützen oder darüber schweigen, als Übeltäter bezeichnet. Der heilige Prophet (sas) weist alle Regenten an, den Menschen niemals Unrecht zu tun. Die Regenten sollen sogar in ihren Aussagen nichts weiter als die Wahrheit sprechen und ihre Versprechen einhalten. (Al-Harati, Abu Muhammad Hassan Ibn Ali; Tuhaf-ul-Uqul. S. 56) Die Gerechtigkeit bedeutet beim heiligen Propheten (sas), dass jedes Ding an jenen Ort gelang, der ihm gebührt. Wir sind dazu aufgerufen, die Menschen als gleichwertig bzw. gleichgestellt zu betrachten und uns in keinem Maß besser als die anderen zu betrachten. Diese Ansicht muss zu unserer inneren Überzeugung werden, damit wir darauf basierend in unserem persönlichen wie gesellschaftlichen Benehmen für die anderen das wollen, was wir auch für uns selber wollen und für sie das meiden, was wir auch für uns meiden. Gemäß unserer Überzeugung hat Jesus (sas) zur Verwirklichung der Gerechtigkeit sowohl die Menschheit zu diesem Grundrecht aufgerufen als auch jene, die gegen Gerechtigkeit gestanden sind und den Menschen Unrecht zugefügt haben, 30 bekämpft. Mit Sicherheit ist jene Ansicht, die einige wenige Personen Jesus zuschrieben, dass er sich nicht besonders gegen das Unrecht eingesetzt habe, falsch. Aus diesem Grund setzen sich sicherlich auch die Anhänger Jesus und die Führer des Christentums so wie wir Muslime für die Verwirklichung der Gerechtigkeit ein. Auch sie verurteilen wie wir Muslime jegliches Unrecht und Unterdrückung und treten dem entgegen. In der heutigen Welt sind gläubige Menschen, ob Christen oder Muslime, aufgerufen, sich gegen Unrecht und Unterdrückung unschuldiger Menschen zu stellen, sie zu verurteilen und den Unterdrückten zu Hilfe zu eilen. Dass Gerechtigkeit zu unserem Grundprinzip gemacht werden soll, ist für jeden logisch denkenden Menschen zu begreifen und bedarf sicherlich keiner hochtrabenden Argumentation. Auf dieser Grundlage kann Frieden und Freundschaft basierend auf Gerechtigkeit unter den Gesellschaften der Welt zu neuem Leben erweckt werden. Frieden zu schaffen und ihn zu erhalten kann sicherlich nicht mit Schweigen gegenüber Unrecht und Unterdrückung einhergehen. In der heutigen Welt ist es mehr als zu jeder anderen Zeit notwendig, die Menschen, besonders die unterdrückten Völker der Welt, auf ihre Grundrechte aufmerksam zu machen, damit sie bei der Bestimmung und Veränderung ihres eigenen Schicksals mitwirken und durch das Abhalten freier Wahlen die Verwaltung der Angelegenheiten ihres Landes geeigneten, zuverlässigen und verantwortungsbewussten Personen übertragen. Gebe Gott, dass die menschlichen Gesellschaften versuchen, sich an das Benehmen und Verhalten der göttlichen Propheten, wie Noah, Abraham, Moses, Jesus und Muhammad (Friede sei mit ihnen allen!) anzunähern, damit die Voraussetzung zur Verwirklichung von Gerechtigkeit, Gleichheit und Freundschaft in ihren wahren Bedeutungen geschaffen werden kann. Gebe Allah, dass die gesamte Menschheit in den Genuss der Gerechtigkeit und ihrer Wirkungen gelangt, Unrecht und Unterdrückung in der ganzen Welt ausgemerzt werden und alle Völker ihre Grundrechte erlangen. Nr. 33 I R A Information N geschichte Die Seldschukendynastie im Iran Die Seldschuken regierten im Iran vom Jahre 1039 (430hq) bis 1194 (590hq). Diese Dynastie wurde durch die Turkmenen Togrol Beig und seinen Bruder Tschogri Beig nach dem Sieg über Masud, den letzten Ghasnawiden, gegründet. Die Seldschukenarmee bestand vor allem aus Turkmenen und Angehörigen der Turkvölkern, ihre Beamten waren aber mehrheitlich Perser. Die turkmenischen Seldschuken waren schon seit mehreren Generationen Muslime. Trotz ihrer Beziehungen mit der Herrschaft der Samaniden und Ghaznawiden erhielten sie ihren ursprünglichen Charakter eines wilden Hirtenvolkes, die Raubzüge in benachbarte Städte und Länder unternahmen. Nach 50 Jahren der Regierung von Togrol in Chorasan eroberten seine Nachfolger die Gebiete vom Dscheihun in Zentralasien bis zum Euphrat im Irak, Syrien und Anatolien und schufen damit 400 Jahre nach den Sassaniden ein ebenso großes Reich. Sie verbreiteten ihr Erbe und die iranische Kultur in diesem Gebiet. Bagdad und dessen Umgebung beschränkt und sie waren nur für den religionsrechtlichen Bereich verantwortlich. Nach der Festigung der Macht in Chorasan eroberte Togrol Gorgan und Tabarestan und griff dann andere Teile im nördlichen Iran an, bis er im Jahre 1054 (446 hq) auch Aserbaidschan eroberte. Im Jahre 1056 (448 hq) nahm er Bagdad ein, besiegte Malik Rahim Deilami, vor dem der Kalif geflüchtet war und brachte diesen in Ehren 1060 (452 hq) zurück. Er heiratete außerdem Gegenüber den Abassidenkalifen, die dem Namen nach die Herrscher waren, zeigten sie sich unterwürfig, solange sie ihre Bestätigung benötigten, doch als sie genug Macht hatten, führten sie sogar Kriege gegen sie. Ihr Verhalten war ein Mittelweg zwischen dem der Bujiden, die die Kalifen verachteten, und den Saminiden und Ghaznawiden, die den Herrschern in Bagdad vollständig gehorsam waren. Zumeist war die Herrschaft der Abassiden in der Seldschukenzeit aber auf I R A N Information Togrol-Turm, Rey Nr. 33 31 geschichte Karadsch tötete er ihn und vergrößerte dann mit der Unterstützung seines iranischen Beraters und Wezirs Chadsche Nezam ulMulk sein Reich. Dieser war bereits unter Alb Arslan der Gouverneur von Chorasan gewesen. Nachdem Malek Schah den Thron bestieg, kontrollierte Nezam ulMulk, d. h. der „Ordner des Staates“, den Herrscher und die Verwaltung. Er ist eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der iranischen Geschichte. (siehe auch unten) seine Tochter und wurde zum Sultan ernannt. Er starb 1063 (455 hq) im Alter von 75 Jahren in der Stadt Rey. Nach ihm gelangte der Sohn seines Bruders Alb Arslan an die Regierung. Er schlug Aufstände nieder und zog gegen Georgien und Armenien. Im Jahre 1071 (463 hq) besiegte er den byzantinischen Herrscher Romanus Diogenes IV. und nahm ihn gefangen. 1073 (465 hq) überquerte Alb Arsalan den Dscheihun-Fluss (Amu Darja) in Zentralasien mit 200 000 Reitern um Samarkand anzugreifen. Doch er wurde unterwegs in einer Festung von Jusuf Kutwal ermordet und ebenso wie sein Vater in Marw in Turkmenistan begraben. Malek Schah eroberte Syrien von den Fatimiden und verheiratete seine Tochter in Bagdad mit dem Kalifen Al-Muqtadi im Jahre 1087 (480 hq). Auf Einladung islamischer Rechtsgelehrter in Samarkand zog er nach Zentralasien und eroberte die Stadt. Er bestrafte den Gouverneur der Stadt, der die Bauern unterdrückt hatte und verpflichtete ihn, deren Rechte zu respektieren. Malek selbst war der Jagd und den Vergnügungen zugeneigt, während das Land wurde durch Nezam ul-Mulk regiert wurde. Der Herrscher reiste im Land umher, um sich selbst ein Bild von den Zuständen zu machen und lies Festungen und Brücken bauen. Er liebte die persische Poesie und verfasste auch selbst einige Gedichte.Am Ende seiner Herrschaft war er über die große Macht von Nezam ul-Mulk beunruhigt und als dieser auf dem Weg von Isfahan nach Bagdad im Jahre 1092 (485 hq) wahrscheinlich von einem Assassinen getötet wurde, bedauerte er es nicht. Er selbst starb kurze Zeit darauf, nachdem er bei der Jagd erkrankte. Nach ihm wurde sein Sohn Malek Schah gekrönt. Am Beginn seiner Herrschaft war er mit dem Widerstand seines Onkels, der Gouverneur von Kerman war, konfrontiert. In einem Krieg bei Nach ihm wurde sein Sohn Barkijarog zum Herrscher. Zu Beginn kämpfte dieser mit seinem Onkel Tutusch, den er in einer Schlacht bei Rey besiegte und umbrachte 1095 (488 hq). Barkijarog Dschame‘ Moschee Isfahan 32 Nr. 33 I R A Information N I R A N Information Sandschar war mit verschiedenen Aufständen konfrontiert, so kam es im Jahre 1153 (548 hq) zur Erhebung der Ghazen, die später die CharasmSchahian-Dynastie begründeten. Der Sultan erlitt eine Niederlage und geriet für die Dauer von drei Jahren in Gefangenschaft. In dieser Zeit regierten sie in seinem Namen und ganz Chorasan wurde von ihnen mit Raub und Mord überzogen. Nach seiner Freilassung kehrte er nach Marv auf den Thron zurück, aber nach kurzer Zeit starb er im Jahre 1157 (552 hq) an den Auswirkungen seiner Depressionen. geschichte verdankt seine Macht seiner Klugheit und der Unterstützung der Söhne von Nezam ul-Mulk. Doch es kam zu Streit mit einigen von ihnen, weshalb einer der Söhne Muajad ul-Mulk wegen seiner Unzufriedenheit zum Bruder von Barkijarog Muhammad überlief und diesen gegen ihn aufstachelte. Zwischen den beiden Geschwistern kam es innerhalb von drei Jahren zu fünf Kriegen. Doch schließlich schlossen sie 1103 (496 hq) einen Friedensvertrag, in dem das Seldschukenreich geteilt wurde. Darin wurde bestimmt, dass Aserbaidschan, Aran und Armenien unter die Regierung von Muhammad kamen und Irak, Isfahan und der Norden von Persien unter die Herrschaft von Barkijarog. Doch schon nach zwölf Jahren seiner Regierung starb er 27-jährig 1105 (498 hq) an Tuberkulose. Sein vierjähriger Sohn sollte sein Nachfolger werden, doch Muhammad eroberte das ganze Land und krönte sich im gleichen Jahre zum Sultan. Er bestimmte seinen elfjährigen Bruder Ahmad Sandschar, der die gleichen Eltern hatte, zum Herrscher in Chorasan und schlug den Aufstand der Assassaniden in Isfahan nieder. Eine lange Belagerung ihrer Festung in Alamut blieb jedoch erfolglos und wurde abgebrochen. Am Ende seines Lebens griff Muhammad im Jahre 1115 (509 hq) Syrien an und kämpfte gegen die Kreuzfahrer, doch er erlitt eine Niederlage und zog sich nach Isfahan zurück. 1117 (511 hq) starb er im Alter von 37 Jahren. Nach ihm wurde sein Bruder Sultan Ahmad Sandschar der Seldschukenherrscher, aber die Gebiete in Irak und Aserbaidschan, die Muhammad gehört hatten, erhielt sein Sohn Mahmud. Dieser erhob sich zuerst gegen seinen Onkel, doch schließlich unterwarf er sich ihm. Der Herrscher verzieh ihm, bestimmte ihn zu seinem Nachfolger und setzte ihn in den Gebieten im Irak wieder als Gouverneur ein. Ahmad Nach ihm geriet Chorasan immer mehr unter den Einfluss anderer Volksgruppen. Diese waren, wie auch die Seldschuken ursprünglich, kriegerische Reitervölker, die die zivilisierteren und reicheren Städte in dem damaligen Land, zu dem Buchara, Samarkand, Herat und Neischabur gehörten, angriffen und unter ihre Kontrolle brachten. Die Nachfahren von Muhammad, die als die irakischen Seldschuken bezeichnet wurden, konnten die verlorenen Gebiete in Chorasan auch nicht wieder gewinnen. Die Generäle von Sultan Sandschar bekriegten sich gegenseitig und der Einfluss der Charasm-Schahian wurde immer größer. Im Jahre 1194 (590 hq) wurde der letzte Seldschukenherrscher, der den Namen Togrol trug, Tschehel-dochteran-Turm, Imamsadeh Dschafar, Damghan Nr. 33 33 geschichte in einem Krieg mit Takesch Charasm-Schah, getötet und damit endete ihre Dynastie in Iran. Die Assassaniden Die turkstämmigen Seldschuken waren Sunniten, obwohl ein Teil der iranischen Bevölkerung ismaelitische Schiiten waren. Eine Gruppe spaltete sich unter der Führung von Hassan Sabbah ab, die die Sunniten als Ungläubige ansah und einen Kampf gegen die Seldschuken begann. Im Jahre 1090 (483 hq) errichteten sie nördlich von Qazwin am Fuße des Elbursgebirges eine Burg, die heute als Alamut-Bergfestung bekannt ist. Ihre Herrschaft als eine lokale Dynastie dauerte 160 Jahre und sie ermordeten einige wichtige Persönlichkeiten der damaligen Zeit. Sie bezeichneten sich als Fadajin, d. h. Selbstopfernde. Bedeutende Persönlichkeiten in der Zeit der Seldschuken In der Regierungszeit dieser Dynastie gab es zwei wichtige Persönlichkeiten, die eine entscheidende Rolle für das Aufblühen von Kunst und Wissenschaft spielten. Der erste war der Großwezir von Malek-Schah, Nezam ul-Mulk, und der andere Imam Muhammad al-Ghazzali. In dieser Zeit entwickelten sich die persische und arabische Literatur sehr stark. Besonders bekannt unter den persischsprachigen Dichtern dieser Zeit ist Omar Chajjam, aber auch Anwari, Sanai, Nezami und auch al-Ghazzali sind bedeutend. Omar Chajjam war nicht nur ein Dichter sondern auch ein Astronom und Mathematiker. Seine Bücher wurden ins Englische, Französische und Deutsche übersetzt. Die Gedichte dieses Gelehrten waren in England im 19. Jahrhundert nach der Bibel das meistverkaufte Buch. Georg Sarton widmete in seiner „Einführung in die Geschichte der Wissenschaft“ alle 50 Jahre einem bedeutenden Forscher und die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts benannte er nach ihm. Chajjam war einer der größten Mathematiker des Mittelalters. Er löste Gleichungen ersten, zweiten und dritten Grades. Er verfasste ein Buch „Algebra“, bekannt wurde auch sein Werk „Probleme der Mathematik“. Nach der Eroberung Persiens durch die Araber wurde der islamische Mondkalender verwendet. Malek Schah beauftragte den Gelehrten einen islamischen 34 Sonnenkalender zu berechnen. Er wird seither im Iran verwendet und das neue Jahr fängt mit dem Frühlingsbeginn, Nouruz, an. Chadsche Nezam ul-Mulk, der der islamischen Rechtsschule der Schafiiten angehörte, wurde im Jahre 1018 (408 hq) bei Tus in der Nähe von Maschhad geboren. Er gründete in verschiedenen großen Städten wie Bagdad, Basra, Neischabur, Balch, Isfahan und Herat Schulen und große Bibliotheken, die nach ihm benannt wurden. In ihnen wurden die islamischen Wissenschaften unterrichtet, die damals unter der Bevölkerung sehr beliebt waren. Die berühmtesten Schulen befanden sich in Neischabur und besonders in Bagdad, wo 6000 Schüler unterrichtet wurden, die auch dort lebten. Die Finanzierung erfolgte durch eine Stiftung, die über Badehäuser, Bazare und Geschäfte verfügte. Nezam ul-Mulk verfasste auch einen berühmten Ratgeber für Herrscher über Politik, das Siasatnameh. Er wurde im Alter von 77 Jahren ermordet, sein Grab befindet sich in Isfahan im Ahmadabadviertel, wo auch acht Seldschukenkönige begraben wurden. Imam Muhammad Ghazzali, wurde im Jahre 1058 (450 hq) oder 1059 (451 hq) ebenfalls in Tus geboren. Er war auch ein Schafiite und ein großer islamischerTheologe und Philosoph. Im Alter von 28 Jahren wurde er bereits zum Professor. Er beherrschte die verschiedenen Wissenschaften seiner Zeit und unterrichtete in der Nezamije in Neischabur. Danach lebte er in Bagdad. In Syrien machte er im Altern von 39 Jahren eine geistige Revolution durch: Soziale Unterdrückung und die Ungerechtigkeit der Herrscher waren die Gründe, dass er sich von der Gesellschaft zurückzog und dem Sufismus zu wand. Er spendete sein Vermögen den Bedürftigen und reiste auch nach Jerusalem und Ägypten, um die Gräber heiliger Persönlichkeiten zu besuchen. Er verfasste zahlreiche Bücher. Später kehrte er nach Tus zurück, wo er 1111 (505 hq) im Alter von 55 Jahren starb. Die Zeit der Seldschuken war eine Periode des Aufblühens des islamischen Sufismus. Unter den bekanntesten Meistern der damaligen Zeit waren außer al-Ghazzali Chadsche AbdullahAnsari, und Abu Said Abul-Chair. Wegen ihrer teilweise extremenAnsichten wurden einige Sufis von den Muftis der damaligen Zeit zum Tode verurteilt. Nr. 33 I R A Information N I R A N Information Nr. 33 35 36 Nr. 33 I R A Information N