REPORT 5 Ausgabe 17 / 17. August 2012 Gesundheit und mehr... Keuchhusten auf dem Vormarsch – Impfung kann Leben retten K Und wenn die Krankheit voll ausgebrochen ist? Keuchhusten ist wieder auf dem Vormarsch. Eigentlich gilt Pertussis, so die medizinische Bezeichnung, als Kinderkrankheit. 2011 erkrankten laut Robert-Koch-Institut in den fünf ostdeutschen Bundesländern 4193 Menschen daran – darunter zunehmend auch Erwachsene. Wo die Ursachen liegen, woran die Betroffenen leiden und warum eine Impfung so wichtig ist, erklärt Infektionsmediziner Dr. Christoph Lübbert im Interview mit „Gesundheit und mehr …“. Er ist Oberarzt an der Klinik für Gastroenterologie und Rheumatologie und leitet zusammen mit Prof. Dr. Stefan Schubert den Fachbereich Infektions- und Tropenmedizin am Universitätsklinikum Leipzig. Dann können eigentlich nur noch die Symptome gelindert werden, etwa durch eine Inhalation mit medizinischer Kochsalzlösung. Eine Keuchhusten-Erkrankung dauert nicht erkannt und nicht behandelt etwa drei Monate – für Kinder bedeutet das beispielsweise, dass sie eine lange Zeit nicht in die KiTa bzw. den Kindergarten gehen können. Frage: Was ist Keuchhusten und wie unterscheidet er sich vom Husten bei einer Erkältung? Die Bakterien dringen in die Atemwege ein und verursachen eine Entzündung der Luftröhrenund Bronchialschleimhaut. Wenn die Bakterien an der Schleimhaut anhaften, setzen sie Giftstoffe frei, die eine Überproduktion von Schleim hervorrufen und die empfindlichen Flimmerhärchen an der Oberfläche von Luftröhre und Bronchien zerstören. Dadurch werden massive Hustenanfälle hervorgerufen, auch können andere Krankheitserreger durch Schwächung körpereigener Abwehrmechanismen und Schleimhautschäden leichter in die tiefen Atemwege eindringen und eine zusätzliche Lungenentzündung verursachen. ten durch Zerreißen kleinster Gefäße infolge der Hustenattacken. Wie wird Keuchhusten behandelt? Man unterscheidet drei Stadien, und nur wenn in der ersten Phase, die etwa zwei Wochen dauert, der Erreger nachgewiesen wird, kann der Keuchhusten mit Antibiotika behandelt werden, die Erkrankung verläuft dann relativ glimpflich. Welche Symptome zeigen sich bei einer Keuchhusten-Erkrankung? Die Patienten leiden unter quälenden Hustenattacken, nachts mehr als tagsüber. Diese können zu Atemstillständen führen, welche gerade bei kleinen Kindern im schlimmsten Fall tödlich enden. Nach einem Hustenanfall entsteht bei den Betroffenen ein pfeifendes Geräusch beim Einatmen, was auch der Krankheit seinen Namen gegeben hat. Besonders bei Kindern tritt außerdem ein schweres Krankheitsgefühl mit Kopfschmerzen auf; durch die nächtlichen Hustenattacken, die sich über Wochen und Monate hinziehen können, schlafen sie schlecht und fühlen sich abgeschlagen. Nicht selten sind auch Gewebseinblutungen in die Augenbindehaut und Nasenblu- Keuchhusten ist sehr ansteckend und wird als Tröpfcheninfektion übertragen. Infizierte husten die Erreger beispielsweise aus, und alle im unmittelbaren Umfeld werden ohne Schutzimpfung mit einer 80- bis 100-prozentigen Wahrscheinlichkeit ebenfalls krank. Eine Grundimmunisierung sollte in den ersten Lebensmonaten erfolgen, eine vierte Spritze gibt es zwischen dem 11. und 14. Lebensmonat. Auffrisch-Impfungen empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am RobertKoch-Institut im 5. oder 6. Lebensjahr sowie im Alter von acht bis 16 Jahren. Sicherer Impfschutz besteht ohne weitere Auffrischungen jedoch nur ca. zehn Jahre. Auch eine durchgemachte Keuchhusten-Erkrankung führt nicht zu lebenslang anhaltender Immunität! Warum erkranken heute wieder mehr Menschen, vor allem mehr Erwachsene, an Keuchhusten als noch vor zehn oder 20 Jahren? Infektionsmediziner Dr. Christoph Lübbert (vorn) leitet gemeinsam mit Prof. Stefan Schubert den Fachbereich Infektions- und Tropenmedizin. In der DDR gab es eine äußerst gute Impfdisziplin, Kinder und Erwachsene wurden regelmäßig gegen Infektionskrankheiten wie Masern, Kinderlähmung und auch Keuchhusten geimpft. Dadurch waren mehr als 95 Prozent der Bevölkerung geschützt, die Erreger fanden nicht genug „Wirte“, um sich auszubreiten. Das ist heute anders. Der Keuchhusten-Impfschutz liegt bei Kindern zwar immer noch bei etwa 90 Prozent, aber das ist eben nicht ausreichend, die Erkrankungszahlen in den fünf ostdeutschen Ländern steigen langsam an – auch wenn man betonen muss, dass es sich noch immer um eine seltene Erkrankung handelt. Aber wenn man nicht reagiert, kann sich das bald ändern. Für Gesamtdeutschland lassen sich keine Aussagen tref- Hintergrund: Keuchhusten Keuchhusten ist wieder auf dem Vormarsch in Deutschland. Eine Impfung kann Kinder und Erwachsene schützen. Foto: dpa Ja, sehr gut sogar, weil nur Oberflächenbestandteile der Bakterien geimpft werden und nicht wie früher ein Lebendimpfstoff verwendet wird. Deshalb sind auch mögliche Impfreaktionen viel seltener. Wann wird geimpft? Ja, denn man kann Kindern mit der Impfung ganz einfach Vieles ersparen; für sie bedeutet Keuchhusten eine reale Gefahr für ihre Gesundheit. Foto: Ines Christ Was geschieht bei einer Keuchhusten-Infektion im Körper? Ist die Impfung verträglich? Wie ansteckend ist Keuchhusten? Ist deshalb eine Impfung so wichtig? Dr. Christoph Lübbert: Obwohl die Symptome am Anfang relativ ähnlich sind, darf Keuchhusten nicht mit einer Erkältung verwechselt werden. Keuchhusten wird durch Bakterien übertragen, eine Erkältung von Viren verursacht. fen, da Keuchhusten nur in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg meldepflichtig ist. Keuchhusten ist eine ansteckende Krankheit, die von Bakterien verursacht wird. Betroffene leiden über Wochen unter quälenden Hustenattacken, die nachts besonders stark sind. Eine Behandlung ist nur im Anfangsstadium möglich, im weiteren Verlauf können nur die Symptome gelindert werden. Eine Impfung bietet umfassenden Schutz gegen Keuchhusten. ic Sollten sich auch Erwachsene noch einmal gegen Keuchhusten impfen lassen? Ja, um sich selbst und vor allem auch Kinder zu schützen. Im Gegensatz zu vielen Kinderkrankheiten wie etwa Windpocken, die im jungen Alter gut weggesteckt werden und Erwachsenen viel mehr zu schaffen machen, verhält es sich bei Keuchhusten umgekehrt. Bei Erwachsenen verläuft eine Keuchhusten-Infektion in der Regel weniger schwer als bei Kindern, auch die Komplikationen wie Atemstillstände treten weniger häufig auf. Allerdings treten bei Erwachsenen manchmal längere Erkrankungsverläufe (bis zu zwölf Monaten) auf. Wohin muss ich mich wenden, um mich gegen Keuchhusten impfen zu lassen? Eine Impfung kann der Hausarzt vornehmen. Dies geschieht mit einem Mehrfach-Impfstoff, mit dem gleichzeitig gegen Tetanus und Diphterie geimpft wird. Was sollte aus Ihrer Sicht getan werden, um den Impfschutz zu verbessern? So wie jeder Mensch in Deutschland künftig regelmäßig gefragt werden soll, ob er zu einer Organspende bereit ist, sollte er regelmäßig gefragt werden, wie es mit seinen Impfungen aussieht. So wird das Thema viel bewusster, als es derzeit ist. Interview: Ines Christ Eine Terminvereinbarung für die Fachambulanz für Infektions- und Tropenmedizin ist telefonisch unter 0341 12 222 möglich.