WBT2015Vortrag_Waldmann

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Dr. Roger Waldmann
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Insektizider Pflanzenschutz im Weinbau
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Abteilung „Pflanzenschutzmittel“, Dr. Roger Waldmann
Zuständigkeiten im Pflanzenschutz
Für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln gelten in der Europäischen Union einheitliche
Regeln. In Deutschland ist für die Zulassung das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zuständig. Es arbeitet dabei mit drei Bewertungsbehörden zusammen: Das Bundesinstitut für Risikobewertung bewertet die Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier und die Analysenmethoden zum Nachweis möglicher Rückstände. Das Julius Kühn-Institut prüft die Wirksamkeit, die Pflanzenverträglichkeit, den Einfluss auf die Nachhaltigkeit und Nutzen sowie mögliche Auswirkungen auf Honigbienen. Das
Umweltbundesamt beurteilt das Mittel im Hinblick auf mögliche Auswirkungen auf den Naturhaushalt. Im BVL werden die chemischen und physikalischen Eigenschaften des beantragten Produkts bewertet und die Analysenmethoden zum Nachweis des Wirkstoffs im Produkt
und von Verunreinigungen geprüft. Das BVL steuert auch das Zulassungsverfahren, übernimmt die Vertretung nach außen und ist verantwortlich für das Risikomanagement, also für
Zulassungsentscheidungen und administrative Maßnahmen. Grundlage für die Managemententscheidungen des BVL sind die Berichte der drei beteiligten Bewertungsbehörden.
Ziel ist es, einen ausreichenden Schutz für Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse zu erreichen,
ohne die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu beeinträchtigen.
Mit der Zulassung trifft das BVL eine Reihe von Maßnahmen, um etwaige Risiken zu vermindern: Es legt fest, für welche Zwecke und in welcher Art und Weise das Mittel angewendet
werden darf, schreibt Sicherheitshinweise für die Verpackung vor, bestimmt Wartezeiten
zwischen letzter Anwendung und Ernte, und kann Auflagen und Anwendungsbestimmungen
festsetzen, beispielsweise Mindestabstände zu Gewässern. Außerdem entscheidet das BVL,
ob die Anwendung des Mittels auch im Haus- und Kleingartenbereich zulässig ist.
Zusammenarbeit in der EU
Zur Harmonisierung des Verbraucher- und Umweltschutzes in der EU gehört eine gemeinschaftliche Prüfung der Wirkstoffe, die in Pflanzenschutzmitteln eingesetzt werden sollen.
Zulässig sind nur Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln, die dieses Gemeinschaftsverfahren
durchlaufen haben und in eine Positivliste aufgenommen wurden. Die Europäische Kommission, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit und die Mitgliedstaaten arbeiten
hierbei zusammen. Dabei wird für jeden Wirkstoff, der entweder neu auf den Markt kommt
oder zur turnusmäßigen Überprüfung ansteht, ein Bericht erstattender Mitgliedstaat bestimmt, der die Unterlagen, die von der Industrie einzureichen sind, nach harmonisierten
Vorgaben auswertet und in einem umfangreichen Bewertungsbericht die Eigenschaften des
Wirkstoffs und seine Risiken darstellt. Dieser Bericht wird anschließend von den anderen
Mitgliedstaaten in einem intensiven „peer review“ überprüft. Dazu gehören auch regelmäßige
internationale Expertentreffen, die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit
organisiert werden.
Ebenfalls in einem europäischen Gemeinschaftsverfahren erfolgt die Festsetzung von Rückstandshöchstgehalten. Rückstandshöchstgehalte sind maximal erlaubte Konzentrationen in
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Lebensmitteln und Futtermitteln, die für jeden Wirkstoff und aufgeschlüsselt nach Produkten
festgelegt werden.
Bei der Wirkstoffbewertung und zur Festsetzung von Rückstandshöchstgehalten koordiniert
das BVL die Mitarbeit Deutschlands, nimmt an Beratungen in den Gremien der EU teil und
setzt die Entscheidungen um. Über diese beiden Programme hinaus sieht die Pflanzenschutzmittel-Verordnung der EU ab 2011 eine stärkere Arbeitsteilung auch bei der Zulassung
der Pflanzenschutzmittel vor. Das BVL wird deshalb noch intensiver mit den Partnerbehörden der Mitgliedstaaten zusammenarbeiten.
Regelverfahren und gegenseitige Anerkennung
Pflanzenschutzmittel werden gemäß Verordnung (EU) Nr. 1107/2009 innerhalb einen Jahres
mit einer maximal 6 monatigen Überarbeitungsfrist zonal bewertet und zugelassen. In Europa wurden drei Zonen gebildet, innerhalb derer die nationalen Behörden arbeitsteilig kooperieren. In der Praxis soll dann ein Mitgliedsstaat federführend entscheiden, ob ein neues
Pflanzenschutzmittel zugelassen werden kann. Im Idealfall erkennen die anderen Mitglieder
derselben Zone die Bewertung des sog. Berichterstattenden Mitgliedsstaates (ZRMS) in einem vereinfachten Verfahren an und lassen das Pflanzenschutzmittel in ihrem Land ebenfalls zu. Ist eine Zulassung nach der o. g. Verordnung erteilt worden, kann diese auch auf
Antrag von einem anderen Mitgliedstaat übernommen werden. Neben dem Zulassungsinhaber können auch mit landwirtschaftlichen Tätigkeiten befasste amtliche oder wissenschaftliche Stellen oder landwirtschaftliche Berufsorganisationen diesen Antrag stellen.
Schließung von Indikationslücken
Für Kulturen, die nur in geringem Umfang angebaut werden, beispielsweise Kräuter und viele Gemüsearten, gibt es häufig keine zugelassenen Pflanzenschutzmittel, weil die herstellenden Firmen aus wirtschaftlichen Gründen auf entsprechende Anträge verzichten. Um
dennoch den Anbau solcher Kulturen in Deutschland zu ermöglichen, kann das BVL nach
dem Pflanzenschutzgesetz die Anwendung von Mitteln, die für andere Kulturen zugelassen
sind, in solchen Indikationslücken auf Antrag Dritter genehmigen auf Antrag Dritter den Geltungsbereich zugelassener Mittel auf solche Indikationslücken ausweiten. In Hinsicht auf den
Gesundheitsschutz und Umweltschutz gelten dabei dieselben Standards wie im Zulassungsverfahren.
Ausnahmegenehmigungen bei akuten Pflanzenschutzproblemen
Wenn eine unvorhersehbare Gefahr für Kulturpflanzen auftritt, die mit anderen Maßnahmen
nicht abwendbar ist, kann das BVL kurzfristig für diesen Zweck den Vertrieb und die Anwendung nicht zugelassener Pflanzenschutzmitteln für einen Zeitraum von maximal 120 Tagen
genehmigen. Auch hier gelten die gleichen Sicherheitsstandards für den Verbraucherschutz
und Umweltschutz wie im Zulassungsverfahren.
Pflanzenstärkungsmittel und Zusatzstoffe
Pflanzenstärkungsmittel sind unter anderem Stoffe, die die Widerstandskraft der Gesunderhaltung von Pflanzen dienen, aber keine Pflanzenschutzmittel sind. Zusatzstoffe werden
Pflanzenschutzmitteln zugesetzt, um zum Beispiel die Benetzung der Blattfläche zu verbessern. Zusatzstoffe und Pflanzenstärkungsmittel dürfen nur in Verkehr gebracht werden, wenn
sie in einer Liste vom BVL aufgeführt sind. Voraussetzung dafür ist, dass die Produkte keine
schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit und die Umwelt haben. Auch in diesen Ver68. Weinbautage 2015
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fahren arbeitet das BVL mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung, dem Julius KühnInstitut und dem Umweltbundesamt zusammen.
Informationen über Pflanzenschutzmittel
In seinem Internetangebot (www.BVL.Bund.de) informiert das BVL über zugelassene Pflanzenschutzmittel und aktuelle Meldungen aus der Zulassung.
Aktuelle Zulassungssituation bei Insektiziden im Weinbau
Die Anzahl an zugelassenen Insektiziden im Weinbau ist für einzelne Schadinsekten vergleichsweise umfangreich und hilft somit durch einen regelmäßigen Wechsel Resistenzbildungen zu vermeiden. Wie auch in anderen Einsatzgebieten bestehen aber auch hier Lücken, wenn lediglich ein zugelassenes Mittel zur Bekämpfung bestimmter Schadorganismen
zur Verfügung steht. Hier sind weitere Anstrengungen nötig, um die Mittelpalette auszuweiten und möglichen Resistenzbildungen vorzubeugen.
Abb. 1: Zugelassene Insektizide im Weinbau (Stand: 12.12.2014)
Schadinsekt
Bekreuzter Traubenwickler
Drosophila-Arten
Einbindiger Traubenwickler
Pflanzenschutzmittel
SpinTor, CORAGEN, Piretro verde, Isonet LE, Dipel ES, RAK 1+2 M,
Mimic, XenTari, STEWARD, Runner
SpinTor
SpinTor, CORAGEN, Piretro verde, Isonet LE, Dipel ES, RAK 1+2 M,
Mimic, XenTari, STEWARD, Runner, RAK 1 Neu
Gemeiner Ohrwurm
SpinTor, STEWARD
Maikäfer
NeemAzal-T/S
Obstbaumspinnmilbe
Reblaus
MASAI
Rebstock-Kräuselmilbe
Rhombenspanner
Micula
Schildlaus-Arten
Confidor WG 72
Spinnmilben
Confidor WG 70, NeemAzal-T/S, Karate Zeon
SpinTor, Mimic, STEWARD
Kiron, MASAI, Promanal Neu Austriebsspritzmittel, Envidor, Para
Sommer, Micula, Apollo, Ordoval
Springwurm
SpinTor, Mimic, STEWARD
Thripse
SpinTor, Confidor WG 70
Zikaden
Kiron, STEWARD
Kirschessigfliege
Zurzeit ist die Zulassungssituation zur Bekämpfung der Kirschessigfliege nicht ausreichend.
Es gibt lediglich eine Zulassung gemäß Art. 51 der Verordnung (EU) Nr. 1107/2009 (Lückenindikation) für das Pflanzenschutzmittel SpinTor mit dem Wirkstoff Spinosad zur zweimaligen
Behandlung von Weinreben gegen Drosophila-Arten. Darüber hinaus wurde für das Mittel
„Piretro verde“ mit dem Wirkstoff Pyrethrine für den Zeitraum 05.09. bis 29.12.2014 eine
„Notfallzulassung“ erteilt. Auch für das kommende Jahr rechnet das BVL mit derartigen Anträgen.
Weitere Fragen? Dr. Roger Waldmann, Tel. 0 531/299-3549, [email protected]
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