Informationen über neue und ältere Pestizidprodukte für Gärten Dr. Angela Vogel April 2007 Wie giftig sind sie für die Nerven und andere Organe der Menschen? Welche sollte man meiden? Welche Alternativen sind zu empfehlen? Dr. Angela Vogel, OVG e.V. Altenstadt Was fällt unter „Pestizide“? • Pflanzenschutzmittel - Herbizide • Insektenschutzmittel – Insektizide bzw. Akarizide (gegen Milben) • Mikroben- und Pilzschutz - Fungizide • Kleinlebewesenschutz – Molluskizide und Rodentizide = Schädlingsbekämpfung Ca. 800 pestizide Wirkstoffe gibt es gegenwärtig weltweit Wirkstoffgruppen Wirkstoffgruppen • Organophosphate - auch Chlororganika, dazu gehören auch die chlorierten Phenoxyessigsäuren (2,4 D oder 2,4,5- T), chlorierte Aryloxypropionsäuren (Mecoprop), Chloracetanilide und Phosphorverbindungen • Harnsäurederivate z.B Diuron • Triazine z.B. Atrazin, Simazin • Dinitroanline z.B. Trifluralin • Pyrethroide z.B. Bayer Obst- und GemüseSchädlingsfrei oder Blattanex In der Bundesrepublik Deutschland werden jährlich ca. 26.000 t Pestizide ausgebracht. Das sind pro Einwohner ca. ein Pfund Chemie Nur ca. ein Drittel der ausgebrachten Pestizide werden von dem ´Ziel´-Organismus am Ort aufgenommen. Zwei Drittel verwehen mit dem Wind und können mehrere tausend Km weit verteilt werden. Schlimmer noch: Pestizide dampfen zu über 90% von den besprühten Pflanzen in die Umgebung ab – im Freien übers gesamte Jahr verteilt (Daunderer, Klinische Toxikologie, Pestizide, allgemeines III-12.2, S. 3,108. Erg-Lfg). Welche Pestizide dürfen in der BRD nun aber verwendet werden? Das bestimmt das BRD-Pflanzenschutzgesetz (PfSchG) und die EU-RiLi zum Pflanzenschutz plus AufzählungsAnhang Die neueste Ergänzung des PfSchG stammt von 2006 Für die Zulassung wichtig ist hier vor allem der § 15 PflSchG. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), Braunschweig lässt Pestizide zu, wenn nach § 15 PflSchG „das Pflanzenschutzmittel nach dem Stande der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der Technik bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung“ .......> keine erhöhte Gefahr bedeuten für: - Menschen, Tiere, Boden, Wasser, Luft usw., - wenn die Rückstände analysiert werden können, - wenn das PflSch-Mittel hinreichend lagerfähig ist Die dem Bundesamt für Verbraucherschutz darüber vorgelegten Forschungsberichte unterliegen aber der datenschutzrechtlichen Geheimhaltungspflicht und - 2. die Forschung zu Wirkstoffen gilt als Betriebsgeheimnis 3. die Zusammensetzung (Formulierung) eines Produkts gilt als Betriebsgeheimnis Das bedeutet: 1. Die Antrag stellenden Firmen legen in der Regel nur eigene Forschungsergebnisse vor 2. Diese Forschungsergebnisse werden nicht veröffentlicht – können also auch von niemandem nachvollzogen, bestätigt oder widerlegt werden. Der Begriff der wissenschaftlichen Erkenntnis wird damit ad absurdum geführt. Wissenschaft ohne Wissenschaftsveröffentlichungsfreiheit ist keine Wissenschaft, sondern Marketing Die Frage ist also: Wie kommen wir als AnwenderInnen an Informationen? 1. Das BVL gibt jährlich eine Liste mit Produkten und Inhaltsstoffen heraus Der Industrieverband Agrar: gibt heraus: „Wirkstoffe in Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln. Physikalisch- chemische und toxikologische Daten“ Der Band erscheint in unregelmäßigen Abständen – kostenlos für alle AnwenderInnen zu beziehen Bild Cover des Bandes: Weitere Informationsquellen - Sicherheitsdatenblatt (sehr wichtig) - Die freie Forschung und Wissenschaft international -DissidentInnen - Pan Germany; Greenpeace, BUND e.V. - Die GIFT-Liste der WHO - u.U. Expertengremien der EU Recherchebeispiel: Compo Axoris Wir erfahren: 1. Ein neuer Wirkstoff 2. Er heißt Thiamethoxan Was, um Himmels Willen, ist Thiamethoxan? Also stellt sich die nächste Frage: GIBT es ein Sicherheitsdatenblatt für Compo Axoris? Nein, es gibt kein Sicherheitsdatenblatt • Beim BVL sind 6 Produkte genannt, die diesen Wirkstoff enthalten • Beim Industrie-Agrarverband ist nichts zu erfahren, aber: • Manfred Hederer, Präsident des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbundes hat sich protestierend geäußert. Offener Brief des Herrn Hederer - das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) habe im Juni 2006 die Saatgutbeize „Elado“ der Fa. Bayer CropScience mit dem insektiziden Wirkstoff „Clothianidin“ für Raps zugelassen. - „Clothianidin“ sei in seinen Auswirkungen auf Bienen nicht geprüft worden Clothianidin – Thiamethoxam ..? Aber jetzt kommt´s: • Clothianidin wirkt bei Insekten durch die Unterbrechung der Reizweiterleitung im Nervensystem (des sog. Schädlings) • Clothianidin ist ein Metabolit – Stoffwechselprodukt – von – • Thiamethoxam Die Reizweiterleitung im Nervensystem funktioniert bei Mensch und Tier in gleicher Weise mit Hilfe des Enzyms Acetylcholinesterase. Das entscheidende Stichwort ist hier: Acetylcholinesterase Ich werde später darauf zurückkommen