Gesundheitsgefahren durch Pestizide Durch Pestizide besonders gesundheitlich gefährdet sind die AnwenderInnen, wie Bäuerinnen und Bauern, Land- und ForstarbeiterInnen, GärtnerInnen und die ArbeiterInnen in Pestizide erzeugenden und verarbeitenden Fabriken. Für diese Gruppe spielt die Aufnahme der Pestizide durch Lunge und Haut eine bedeutende Rolle, besonders wenn keine entsprechende Schutzausrüstung verwendet wird. Sonst nehmen Menschen und Tiere Pestizide hauptsächlich durch Rückstände in der Nahrung auf. Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) schätzt, dass jährlich 3 Millionen Menschen von schweren akuten Pestizidvergiftungen betroffen sind. Mindestens 20 000 davon enden unmittelbar tödlich, dazu kommen noch tausende Selbstmorde mit Pestiziden. Am meisten gefährdet sind die Menschen in Entwicklungsländern, in denen noch besonders gefährliche Pestizide verwendet werden, die bei uns schon verboten sind und in denen es vielfach kaum Regulierungen für Pestizide und auch keinen ArbeitnehmerInnenschutz gibt. Viele Pestizide sind Nervengifte. Symptome von Vergiftung sind z.B. Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Verdauungsstörungen, Sehstörungen bis hin zur Atemlähmung. Chronische Vergiftungen können sich in Beeinträchtigungen des Bewegungsapparats und des Gehirns äußern, mit z.B. langsameren Bewegungen, Depressionen oder Gedächtnisstörungen als Folgen. Die unmittelbar und relativ schnell auftretenden Störungen sind nur ein Teil der Gefährdung, die von Pestiziden ausgeht. Viele Pestizide sind krebserregend, erbgutschädigend und fruchtschädigend, oder stehen im Verdacht es zu sein. Viele Pestizide wurden von Institutionen wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der US-Umweltbehörde (EPA) oder der EU entsprechend dieser Gefährdungen eingestuft. Ihre Anwendung ist aber deswegen nicht oder nicht in allen Ländern verboten. Einige Pestizide haben hormonelle Wirkungen, vor allem solche wie weibliche und männliche Sexualhormone. Dadurch kann es zu Störungen der Fortpflanzungsfähigkeit oder bei Einwirkung auf das ungeborene Kind zu Veränderungen an den Sexualorganen kommen. In Österreich stellte das Wiener Institut für Sterilitätsberatung bereits 1993 fest, dass unter den Männern mit schlechter Samenqualität besonders viele Bauern waren. Frauen, die eine In-vitro-Fertilisation benötigten um Kinder zu bekommen, wiesen einen hohen Gehalt an den Insektiziden DDT, Lindan, Dieldrin und HCH in der Follikelflüssigkeit auf. Das Wiener Institut für Andrologie und Reproduktionsmedizin stellte 1995 in einer Untersuchung fest, dass die Unfruchtbarkeit bei Obst- und Weinbauern besonders hoch ist, und fanden auch bei dieser Gruppe eine schlechte Samenqualität. Gerade im Obst- und Weinbau werden nach wie vor besonders viele sehr gefährliche Pestizide, vor allem Fungizide und Insektizide, eingesetzt. Pestizide in Lebensmitteln Das Essen ist die Hauptquelle (80%) für die Pestizidbelastung des Menschen. Pestizidrückstände finden sich nicht nur in pflanzlicher Nahrung. Tiere, die Pestizide mit der Nahrung aufgenommen haben, geben sie mit dem Fleisch, vor allem mit dem Fett und auch mit der Milch weiter. In Österreich sind die Mengen an Pestiziden, die z.B. in Getreide, Kartoffeln, Erdbeeren oder Salat, aber auch in Fleisch oder Milch enthalten sein dürfen, für viele aber längst nicht alle Pestizide gesetzlich geregelt. Regelungen gibt es auch für einige in Österreich verbotene Pestizide, da sie durch deren Langlebigkeit noch in unseren Böden enthalten sein können, oder in Waren aus Ländern importiert werden, in denen diese Pestizide noch erlaubt sind. Obst und Gemüse aus biologischem Anbau wird prinzipiell sehr streng auf Pestizidrückstände untersucht. Seit 1998 gibt es auch systematische Untersuchungen von Obst und Gemüse aus konventionellem Anbau auf Pestizidrückstände. Dies geschieht im Rahmen eines EU-weiten Monitoring-Programms. Von den 60.450 Stichproben, die die nationalen Behörden der EU zum Beispiel im Jahr 2004 untersuchten, enthielten 47% messbare Pestizidrückstände. Bei 5 % davon lag die Pestizidbelastung über dem zulässigen Grenzwert. Auch in 2,7 % der untersuchten Babynahrungsmittel waren mehr Pestizide als erlaubt enthalten. Der Prozentsatz von Proben mit mehr als einem gefundenen Pestizid stieg in den letzten Jahren ständig an, von 15% im Jahr 2000 auf 23,4 % im Jahr 2004. In einigen Proben wurden bis zu 18 verschiedene Pestizide gefunden. In den Analysen wurde auf 677 verschiedene Pestizide geprüft, natürlich nicht in allen Proben, im Schnitt auf 197. Wegen der großen Anzahl verschiedener Pestizide, die zum Einsatz kommen, kann nicht auf alle, sondern nur auf diejenigen, welche mit der größten Wahrscheinlichkeit zum Einsatz kamen, untersucht werden. Die Ergebnisse der nationalen Untersuchungen werden vom Bundesministerium für Gesundheit an die EU gemeldet. KonsumentInnen in Österreich wurden bisher nicht informiert. Die Agentur für Gesundheit und Ernährung (AGES) ist im Allgemeinen der Meinung, dass die "geringfügigen" Grenzwertüberschreitungen keine Gefährdung der Gesundheit darstellen. Generell ist importiertes Obst- und Gemüse öfter mit Pestiziden belastet als einheimische Ware. Besonders betroffen sind immer wieder Paprika, Erdbeeren, Salat, Gurken, Tomaten, Marillen und Trauben. Obst und Gemüse ist im Durchschnitt außerhalb der Saison stärker belastet als Saisonware. Der Ausweg aus diesem Problem: Saisonobst und -gemüse aus biologischem Anbau. Umweltgefahren durch Pestizide Pestizide wirken nicht nur auf den Flächen, auf die sie absichtlich verteilt werden. Bei ihrer Ausbringung werden häufig durch die Abtrift benachbarte Flächen zwangsweise "mitbehandelt", besonders weitläufig bei Wind oder einer Ausbringung vom Flugzeug aus. Ein Teil der ausgebrachten Pestizide verdampft von der Oberfläche der Pflanzen. Wind und Regen verteilen Pestizide außerdem weit über ihr Anwendungsgebiet hinaus. Einige davon, besonders die langlebigen chlororganischen Verbindungen wie die Insektizide DDT und Lindan oder das Unkrautvernichtungsmittel Atrazin, sind an so entlegenen Stellen wie unseren Gletschern und den Ozeanen ebenso nachweisbar, wie in der Arktis und der Antarktis, wo im Umkreis von tausenden Kilometern nie Pestizide angewendet wurden. Pestizide gelangen über Niederschläge oder durch Auswaschung aus Böden in Seen und Flüsse, die sie weiter in die Meere transportieren. Die Nordsee und das Mittelmeer enthalten daher teilweise hohe Konzentrationen an verschiedenen Pestiziden. Pestizide sickern durch die Böden und gelangen so ins Grundwasser. Auch in Österreich ist ein großer Teil des Grundwassers und mit Pestiziden belastet, hauptsächlich mit Unkrautvernichtungsmitteln. Atrazin wurde in Österreich 1994 verboten, trotzdem ist es zusammen mit seinen Abbauprodukten noch immer einer der relevantesten Grundwasserverschmutzer.