Datum: 08.10.2013 Thema: Wenn es im Ohr klingelt Tinnitus und Hörstörungen Referent: Univ.-Prof. Dr. Patrick Zorowka Direktor der Univ.-Klinik für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen, Innsbruck Das menschliche Hörorgan (das "Corti-Organ") befindet sich in der Hörschnecke (Cochlea) des Innenohrs. Es besteht aus ca. 15.000 hochsensiblen Sinneszellen, die wegen ihrer haarförmigen Fortsätze als "Haarzellen" bezeichnet werden. Es gibt 1 Reihe von "inneren Haarzellen" (insgesamt ca. 3000) und 3 Reihen von "äußeren Haarzellen" (ca. 12.000). Grundlage unserer Hörempfindung sind Schallereignisse in der Umwelt. Schall, der an das Außenohr gelangt, wird über die Gehörknöchel des Mittelohrs an das Innenohr übertragen. Dort pflanzt er sich in Form von Druckschwankungen der Innenohrflüssigkeit fort und gelangt in die Hörschnecke. Die Druckschwankungen versetzen das Corti-Organ in Schwingung, wodurch die Fortsätze der Haarzellen ausgelenkt werden. Ihre Auslenkung bewirkt die Generierung von Nervenimpulsen, die über den Hörnerv an das Gehirn weitergeleitet und im Großhirn als Töne oder Geräusche bewusst wahrgenommen werden. Das menschliche Hörvermögen erstreckt sich auf Töne im Bereich zwischen 16 und 16.000 Hertz (Hz). Im Bereich zwischen 2000 Hz und 5000 Hz hören wir am besten: hier werden bereits Töne um 0 dB registriert (Hörschwelle!). Die Laute der menschlichen Sprache liegen ca. zwischen 200 und 5000 Hz – auch in diesem Bereich ist unser Gehör sehr sensitiv. Eine Hörstörung ist häufig durch den Verlust (Tod) von Haarzellen bedingt. Die Hörschwelle verschiebt sich in diesem Fall von 0 dB zu höheren Werten (d.h., andere Menschen müssen lauter sprechen, damit wir sie hören). Hörstörungen, die durch den Verlust von Haarzellen bedingt sind, sind irreversibel und dauerhaft. Sie können nur durch Hörgeräte oder Hörimplantate (teilweise) kompensiert werden. Die Ursachen von Hörstörungen können einerseits genetisch sein, andererseits durch Umwelteinflüsse. Die Haarzellen sind sehr empfindsam gegenüber Schädigung: z.B. durch akustische Überstimulierung (Lärm), durch toxische Substanzen (u.a. bestimmte Medikamente), durch Infekte (Hirnhautentzündung) oder Stoffwechselerkrankungen (Diabetes); auch Blutdruckschwankungen. Altersschwerhörigkeit ist oft eine Folge mehrerer Faktoren: einerseits einer genetischen Veranlagung, aber auch der kumulativen Einwirkung von Lärm über viele Jahr(zehnt)e hinweg. Tinnitus ist ein typisches Symptom einer Innenohrschädigung. Es tritt auf bei akuter Überlastung des Innenohrs (z.B. bei längerem Aufenthalt in sehr lauter Umgebung) oder im Rahmen von Innenohrerkrankungen (Hörverlust, Hörsturz, akustisches Trauma, Otosklerose, Meniere-Krankheit, u.a.). Bei längerem Bestehen wird der Tinnitus im Gehirn "verfestigt" und wird dadurch zum chronischen Tinnitus. Ein Hörsturz ist eine plötzliche Hörverschlechterung aus unbekannter Ursache. Sie tritt meist einseitig auf und ist häufig von Tinnitus und einem Druckgefühl im betroffenen Ohr begleitet. In vielen Fällen bildet sich der Hörverlust im Verlauf von Tagen bis Wochen von allein wieder zurück – wenigstens teilweise. Schutz des Gehörs: Eine Hörstörung, die durch den Verlust von Haarzellen bedingt ist, ist irreparabel, also dauerhaft. Das Tragen eines Hörgeräts kann den Hörverlust nur mildern, nicht beheben oder wiedergutmachen. Angesichts der hohen Bedeutung des Gehörs in Beruf und Alltag, für Kommunikation, soziale Einbindung und Lebensqualität (Musik!) sollte der Schutz des Gehörs vor Schädigung – insbesonders durch lauten Lärm – hohe Priorität besitzen. Weitere Informa tion en: Univ.-Prof. Dr. Patrick Zorowka Direktor der Univ.-Klinik für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen, Innsbruck Anichstraße 35, 6020 Innsbruck Tel.: +43/512/504-80754 Fax: +43/512/504-23219 E-mail: [email protected] Web: www.hss-innsbruck.at