Personalisierte Medizin und digitaler Umbruch

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apoView
I/16
Blick in den Gesundheitsmarkt
Trends Und Innovationen
Personalisierte Medizin
und digitaler Umbruch
Innovative
Technologien für
mehr Vernetzung
und Qualität
S. 12
Personalisierte
Molekular­medizin
blickt in die
­Genome
S. 21
3D-Druck eröffnet
neue Perspektiven
S. 24
» Welche Innovationen haben das Potenzial,
den Gesundheitsmarkt nachhaltig zu verändern?
Diese Frage ist auch für die apoBank von
hoher Relevanz.
«
Vorwort
Sehr geehrte Damen und Herren,
gleich fünf neue Gesetze sind zum Jahresbeginn 2016 im Bereich Gesundheit und Pflege in Kraft getreten.
Für den Gesetzgeber galt es, einen Rahmen für die Herausforderungen zu entwerfen, die sowohl aus der
demografischen Entwicklung als auch aus dem medizinisch-technischen Fortschritt resultieren. Noch sind
damit nicht alle Voraussetzungen geschaffen, um die Möglichkeiten zu realisieren, die sich den Akteuren des
Gesundheitsmarktes heute bieten. Denn mit der in Teilen bereits personalisierten Medizin und der zunehmenden Digitalisierung stehen bereits neue Chancen im Fokus.
Aufgrund der Geschwindigkeit, mit der diese Entwicklungen voranschreiten, sehen wir dies als Ausdruck eines
„digitalen Umbruchs“, der die Branche vor grundlegende ökonomische und strukturelle Herausforderungen
stellt.
Welche Innovationen haben das Potenzial, den Gesundheitsmarkt nachhaltig zu verändern? Diese Frage ist
auch für die apoBank von hoher Relevanz. Denn wir begleiten nicht nur Investitionen in der Gesundheitsver­
sorgung, sondern leisten auch einen Beitrag zur ökonomischen Zukunftsfähigkeit des deutschen Gesund­
heitssektors.
Mit unserer neuen Publikation „apoView“ gehen wir genauer auf das Geschehen ein. In loser Folge wollen
wir in dieser Publikation unser Wissen aus der Gesundheitsbranche und die maßgeblichen Entwicklungen in
diesem Markt thematisch für Sie bündeln.
Die erste apoView-Ausgabe widmet sich der personalisierten Medizin und den damit verbundenen digitalen
Umbrüchen für die Unternehmen im Gesundheitsmarkt. Wir skizzieren wesentliche Anwendungs­beispiele und
aktuelle Forschungsansätze, die bereits Einzug in den Gesundheitssektor gehalten haben und mit denen sich
etablierte Strukturen verändern.
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und freuen uns darauf, Sie bei der Weiterentwicklung des
Gesundheitsmarktes zu begleiten.
Herzliche Grüße
Ulrich Sommer
Stv. Vorsitzender des Vorstands
Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG
Inhalt
Trends und Innovationen
Innovative Technologien
für mehr Vernetzung und
Qualität
S. 12
6
Die Entschlüsselung des Human­
genoms und das neue Gesund­
heitsbewusstsein
6
Trendstudie „Personalisierte
­Medizin der Zukunft“
8
Daten werden zu Informationen,
Informationen zu Wissen
10
Personalisierte Mole­kular­
medizin blickt in die
Genome
S. 21
3D-Druck eröffnet neue
Perspektiven
4
S. 24
Innovative Technologien
12
Digitale Infrastrukturen und Mobile
Health für mehr Vernetzung und
Qualität
13
Cloud-Technologien für
eine sichere Infrastruktur
im Gesundheitsmarkt
Big Data zur Vermeidung von
­Herzinfarkten
Digitales Pathologielabor zur
­Serviceoptimierung
14
14
15
Personalisierter Bereitschaftsdienst zur Versorgung von
Herzpatienten
Telemedizin für mehr Lebens­
qualität bei chronischen Atem­
wegserkrankungen
19
19
Rehabilitation via 3D-Kamera zur
Nachsorge bei Rückenschmerzen20
Ausblick zum Einsatz innovativer
Technologien
20
Molekularmedizin
Personalisierte Molekularmedizin
blickt in die Genome
21
Präventive Software zur
­Gesundheitsvorsorge
Digitale Bildgebungsverfahren als
Entscheidungshilfe
22
Personalisiertes Medizinprodukt
zur Behandlung von Herz- und
­Gefäßerkrankungen
16
Maßgeschneiderte Medikation
bei der Behandlung von
Depressionen
22
Personalisiertes 3D-Herzmodell
zur Therapiesimulation
Biomarker als Indikatoren
für ­Diagnose, Prognose und
Therapie
22
17
Sensorunterstützte Medikation
zur kontrollierten Einnahme
17
Begleitende Diagnostik zur ­Früh-,
Risiko- und Erfolgserkennung
23
Apps zur ComplianceVerbesserung
18
Ausblick zum Einsatz der
Molekularmedizin
Diabetesmanagement per App zur
Beratung und Unterstützung
18
24
3D-Druck eröffnet neue
­Perspektiven
24
3D-Druck in der Orthopädie
und Chirurgie
25
3D-Druck in der Zahnmedizin
25
3D-Druck in der Pharmazie
26
Ausblick zum Einsatz des
3D-Drucks
26
Fazit
27
Innovationen finanzieren
28
Ihre Ansprechpartner
29
Impressum
31
21
Personalisierte Spracherkennung
im Krankenhaus
15
16
3D-Druck
23
3
5
Die Entschlüsselung des
Humangenoms
Die Zukunftsaussichten sind gut:
­Prävention, Diagnose und Therapie
werden zunehmend maßgeschneidert.
Krankheiten werden nicht nur heilbar
sein, sondern sogar ganz verhindert. Es
ist der Anfang eines Paradigmenwechsels: Aufbauend auf der Entdeckung
der Struktur der DNS in den 1950erJahren und dem ­Human Genome Project (HGP) wandeln sich die Möglichkeiten der ­Medizin und das individuelle
Gesundheits­verständnis der Menschen
rasant. Manche Krankheiten, die vor 20
­Jahren noch nicht therapierbar ­waren,
werden heute mehr und mehr beherrschbar.
Neue Therapien können chronische Krankheiten zwar
noch nicht heilen, aber mithilfe des medizinischen Fortschritts ist die Medizin bereits heute so weit, den Verlauf
zu verzögern und die Lebensqualität des Erkrankten
länger aufrechtzuerhalten. Mit der Untersuchung des
persönlichen Erbguts ist das Risiko für bestimmte
Erkrankungen schnell identifiziert, sodass diese Krankheiten durch gezielte Maßnahmen gar nicht erst ausbrechen. Die personalisierte Medizin hat begonnen und
wird zunehmend Bestandteil des medizinischen Alltags.
Das neue Gesundheitsbewusstsein
Gesundheitsdaten lassen sich schon heute bequem mit
Smartphone-Apps sammeln. Diagnosen werden auf
zahlreichen Internetseiten diskutiert. Dabei wächst die
Informationsmenge erheblich und immer mehr Menschen suchen Anbieter, die ihre individuellen Daten aus
den verschiedenen Quellen für ihr persönliches Wohlbefinden oder ihre Behandlung kompetent bewerten.
Dass dies nicht nur im Krankheitsfall, sondern auch im
Alltag geschieht, zeigt das veränderte Gesundheitsbewusstsein der Patienten. Sie sehen sich immer mehr in
der Verantwortung, ihre eigene Gesundheit selbst in die
Hand zu nehmen. Gleich­zeitig fragen sie mehr und mehr
nach Leistungen und Produkten, die auf sie persönlich
zugeschnitten sind.
Das Human Genome Project (HGP)
Das Humangenomprojekt war ein internationales ­Forschungsprojekt, das 1990 gegründet wurde. Das Projekt verfolgte das Ziel, das
Genom des Menschen zu entschlüsseln, was
im April 2003 gelang.
Trendstudie:
„Personalisierte Medizin der Zukunft“
Im Mai 2015 veröffentlichten die apoBank und
das Trendforschungsinstitut 2b AHEAD ThinkTank
PersonalIsierte
Medizin
der Zukunft
eine Trendstudie zur personalisierten Medizin der
Zukunft. Sie basiert auf Interviews mit Experten
aus dem Gesundheitswesen und verdichtet
Erfahrungen, Pläne und Prognosen zu einem Blick in die
Zukunft. Sie kann unter www.apobank.de/trendstudie
abgerufen werden.
TRENDSTUDIE
Michael Carl
Nicole Ambacher
Daniel Knapp
In Kooperation mit:
ExpertSight
Partner für Vorausschau
Heilberuflern und Unternehmen im Gesundheitsmarkt gibt die Trendstudie Strategieempfehlungen:
Die Akteure sollten sich als Koordinatoren für ihre
Gesundheitskunden verstehen und darauf achten,
fachlich und kommunikativ anschlussfähig zu sein.
Unerlässlich sind Investitionen in die IT-Ausstattung
und in die persönliche IT-Kompetenz. Mit den aufkommenden neuen Gesundheitsorten, von der App
bis zum Fitnessstudio, ergeben sich neue Ausgangspunkte für die Gesundheitsbranche, die es zu erschließen gilt. Dazu ist es erforderlich, das Profil zu
schärfen und die eigenen Prozesse anzupassen.
8
Die wichtigsten Ergebnisse der
Trendstudie „Personalisierte Medizin
der Zukunft“:
Die Grenzen zwischen Krankheit und
Gesundheit verschwimmen.
Den Gesundheitsdaten kommt eine
Schlüsselfunktion zu.
Die Vernetzung zwischen den Akteuren
intensiviert sich.
Das Tempo der Veränderungen wird
schneller.
Trendfelder der personalisierten Medizin
Der Begriff „personalisierte Medizin“ umfasst mehr
als die Medikation schwerer oder seltener Krankheiten, wie sie aus der individuellen Behandlung von
Tumorpatienten bekannt ist. Die Trendstudie versteht
unter „personalisierter Medizin“ das umfassende
Streben nach den persönlichen Möglichkeiten zur
Vermeidung und Heilung von Krankheit und zur
Verbesserung der Gesundheit. Mit den neuen Möglichkeiten, persönliche Gesundheitsdaten zu nutzen,
stehen neue Nachfragen und Nutzenversprechen im
Raum. Neue Märkte entstehen. Die Studie ermittelt
vier Trendfelder mit weitreichenden Folgen für die
Gesundheitsbranche:
Trendfeld 1: Individuelle Gesundheitsangebote für Patienten
Der „unmündige“ Patient wird zum Gesundheitskunden: Er hat deutlich mehr Zugriff auf seine persönlichen
Vitaldaten und auf medizinische Informationen. Hieraus resultieren hohe Erwartungen und Ansprüche an
die Anbieter medizinischer Leistungen. Daten allein führen jedoch nicht zu mehr Wissen. Die zentrale Herausforderung liegt in der Deutung der Informationen aus unterschiedlichen Quellen.
Trendfeld 2: Digitale Prozesse
Die Menge an Daten und Informationen wächst erheblich. Menschen suchen Anbieter, die ihre Daten aus
ganz unterschiedlichen Quellen für die personalisierte Beratung und Therapie berücksichtigen. Den Daten
kommt eine federführende Bedeutung zu. Jedoch sind sie ohne technische Unterstützung nicht interpretierbar. Big Data und Cloud-Computing-Systeme sind die Voraussetzung dafür, Daten miteinander zu verbinden.
Der „unmündige“ Patient wird zum
Gesundheitskunden: Er hat deutlich
mehr Zugriff auf seine persönlichen
Vitaldaten und auf medizinische
Informationen.
Trendfeld 3: Personalisierte Medizin verändert Wertschöpfungsketten
Die Zunahme an Daten und die Ausweitung von digitalen Prozessen verändert den Gesundheitsmarkt.
Kürzere Entwicklungszeiten, kleinere Zielgruppen und kostengünstigere klinische Testreihen führen zu
neuen Verbindungen zwischen den Anbietern von Gesundheitsleistungen. Unternehmen, die dem Gesundheitsmarkt bisher fremd waren, drängen in den Markt. Neue Dienstleistungen und Produkte bringen den
ersten und zweiten Gesundheitsmarkt näher zusammen.
Trendfeld 4: Die Grenzen zwischen Gesundheit und Krankheit verschwimmen
Gesundheit wird nicht mehr nur als Abwesenheit von Krankheit angesehen, sondern als aktiver Prozess
verstanden. Gesundheitsangebote entstehen auch außerhalb der Klinik, der Arztpraxis oder der Apotheke.
Das Einkaufszentrum, die Arbeitsstelle, das Auto oder das Restaurant warten mit personalisierten Gesundheitsangeboten auf – und erhöhen damit den Druck auf traditionell arbeitende Heilberufler und Unter­
nehmen in der Gesundheitsbranche.
9
Daten werden zu
Informationen,
Auf der Forschungs-, Versorgungs- und Patientenebene entstehen
immer mehr umfangreiche und komplexe Daten, die sich ohne
innovative Technologien nicht mehr verarbeiten lassen. Hierzu
zählen digitale Infrastrukturen, mHealth, Big Data ebenso wie Cloud
Computing und Smart Devices (Smartphones oder Tablet-PCs).
Die Datenerhebung erfolgt dabei sowohl durch Versorger wie Ärzte oder Krankenhäuser als auch durch
die Patienten selbst, die mit Hilfe von tragbaren
Datensystemen (Wearables) wie Smartwatches oder
Activity Tracker ihre eigenen Vitaldaten aufzeichnen.
10
Handlungsfelder der personalisierten Medizin
Die Aufgabe, diese Daten zu sammeln, zu analysieren und weiterzuverarbeiten übernimmt Big Data.
Die scheinbar riesige Menge von Small Data wird zu
Smart Data und damit für die Versorger nutzbar.
Die personalisierte Medizin hat in den Gesundheitsmarkt Einzug gehalten und durchdringt ihn
zunehmend. Wie und in welcher Form die unterschiedlichen Akteure des Gesundheitsmarktes diese
Entwicklung gestalten und davon profitieren werden,
ist nicht nur eine Frage der langfristigen Strategie,
sondern in vielen Bereichen der Gesundheitswirtschaft heute bereits ein operatives Thema.
Die personalisierte Medizin macht sich diese Daten
zu Nutze, um mit den neugewonnenen Informationen
die bestmögliche personalisierte Behandlung für den
Patienten zu finden.
Welche konkreten Angebote, Anwendungen und
Methoden sind bereits im Gesundheitswesen angekommen? Wie werden diese im Alltag gelebt? Welche
Perspektiven und Möglichkeiten eröffnen sich für
Informationen zu
Wissen
Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen, Pflegeheime, Pharma- und Medizintechnikunternehmen
durch die personalisierte Medizin und die zunehmende Digitalisierung?
Im Folgenden skizziert apoView beispielhaft konkrete und perspektivische Projekte des Gesundheitsmarktes. Wenngleich die aufgezeigten Projekte
oftmals kombiniert auftreten, sind sie der Übersicht
halber drei Entwicklungspfaden bzw. Handlungsfeldern zugeordnet:
 Innovative Technologien
Insbesondere im Bereich der Medizinprodukte
entstehen zunehmend digitale Angebote und Softwarelösungen, die eine diagnostische oder therapeutische Ausrichtung beinhalten. Versorgung wird
also mobiler, flexibler und ortsungebundener. Dies
zeigt, dass beispielsweise Medizintechnikunternehmen nicht länger nur Hersteller und Zulieferer sind,
deren Produkte von den versorgenden Krankenhäusern oder Rehabilitationseinrichtungen angewendet
werden. Vielmehr nehmen sie zunehmend die Rolle
„versorgender“ Gesundheitsunternehmen ein, die im
direkten Kontakt mit dem Patienten stehen.
 Molekularmedizin
 3D-Druck
Die aufgeführten Beispiele betreffen nicht nur die
Anwenderperspektive der Akut,- Reha- oder Pflegeversorger, sondern auch die Perspektive der Pharmaund Medizintechnikhersteller. Wobei die beteiligten
Gesundheitsversorger und -unternehmen aufgrund
verschiedener Schnittstellen direkt oder indirekt
betroffen sind.
11
Blick in den Gesundheitsmarkt
Innovative Technologien
Die Entwicklung und Bereitstellung neuer personalisierter
Dienstleistungen und Produkte wird insbesondere von diesen
Technologien vorangetrieben:
12 Digitale
Infrastrukturen
Unter digitalen Infrastrukturen ist die Vernetzung unterschiedlicher IT-Systeme innerhalb des Gesundheitsmarktes zu verstehen. Hiervon betroffen sind Arztpraxen, Apotheken, Krankenhäuser und Gesundheitsunternehmen, aber auch Systeme der Patienten.
Die Vernetzung der Systeme erlaubt den Austausch von Informationen aus verschiedenen
Quellen und ihre Verknüpfung miteinander. Möglich ist dabei auch die Vernetzung von
Gegenständen mit dem Internet, die dann wiederum einen selbständigen Daten- und
Informationsaustausch realisieren können.
Mobile Health
(mHealth)
Der Begriff Mobile Health (mHealth) beschreibt medizinische Verfahren und Anwendungen, die durch Mobilgeräte wie Smartphones, persönliche digitale Assistenten (PDA)
und andere drahtlos angebundene Geräte unterstützt werden.
mHealth-Applikationen (Apps) werden in Health Apps und Medical Apps unterteilt.
Während Health Apps sich vorwiegend mit dem physischen, psychischen und sozialen
Wohlbefinden des einzelnen Menschen beschäftigen, verfolgen Medical Apps ein klares
medizinisches Ziel. So gibt es Medical Apps, die ihren Schwerpunkt auf die Vorsorge von
Krankheiten oder auf die Früherkennung und Behandlung von Krankheiten legen. Durch
die zunehmende Verbreitung von mHealth-Anwendungen entstehen große Datenmengen,
deren Analyse dazu beitragen kann, Ergebnisse der Gesundheitsversorgung zu verbessern
und die Forschung auf diesem Gebiet voranzubringen.
Big Data
Mittels Big Data werden Daten unterschiedlicher Quellen gespeichert und miteinander in
Verbindung gebracht. Ziel ist es dabei, IT-gestützt relevante Informationen zu gewinnen.
Cloud
Computing
Cloud Computing sind Services, die IT-Ressourcen über das Internet flexibel bereit­
stellen. Dazu gehören Speicherplatz, Rechenleistung oder Anwendungssoftware.
Smart Devices
Smart Devices sind drahtlose, mobile Geräte, die über intelligente Zusatzfunktionen
verfügen (z. B. Gyroskop, Temperatursensor). Hierunter fallen zum Beispiel Smartphones
oder Tablet-PCs.
Digitale Infrastrukturen und Mobile Health
für mehr Vernetzung und Qualität
Das Internet ist aus dem privaten und beruflichen
Alltag nicht mehr wegzudenken. In den letzten Jahren
sind zudem die Anwendungsmöglichkeiten des mobilen Internets hinzugekommen. Mit diesen Entwicklungen erreichen die innovativen Technologien nach
und nach auch das deutsche Gesundheitswesen und
werden, um die Patientenversorgung zu verbessern, in
der Zukunft eine digitale und sektorenübergreifende
Vernetzung ermöglichen bzw. forcieren.
Im Rahmen digitaler Infrastrukturen können medizinische Daten zwischen den informationstechnischen
Systemen beispielsweise von Krankenhäusern und
Arztpraxen schnell und sicher ausgetauscht werden.
Solche Telematikinfrastrukturen setzen sich dabei aus
einer Vielzahl verschiedener technischer Elemente
zusammen, die die Systeme aller Beteiligten im Gesundheitsmarkt miteinander vernetzen.
Durch das neue E-Health-Gesetz1 rückt die Telema­
tikinfrastruktur weiter in den Fokus. Die Intention
des E-Health-Gesetzes ist es, die Chancen der
Digitalisierung für die Gesundheitsversorgung
zu nutzen. Der Zugang zu den telemedizinischen
Anwendungen soll beschleunigt und die Überleitung erfolgreicher Pilotprojekte in die allgemeine
Gesundheitsversorgung verbessert werden. Das hat
zur Folge, dass innovative Technologien sowohl gesundheitspolitisch forciert als auch marktgetrieben
immer mehr Anwendung im Bereich personalisierter
Präventions-, Diagnose-, Therapie- und Rehabilitationsangebote finden.
Der Bereich Mobile Health (mHealth) mit entsprechenden Apps und Software spielt eine
große Rolle in der personalisierten Medizin.
Bereits heute gibt es zahlreiche digitale Angebote,
die entweder losgelöst oder aber in Verbindung mit
Wearables individuelle Daten messen und dokumentieren. Wearables, aus dem Englischen mit „­ tragbare
Geräte“ zu übersetzen, sind Technologien wie
Smart­watches oder Activity Tracker, die am Körper
getragen werden und mithilfe von Gesundheits-Apps
Tätigkeiten und Aktivitäten unterstützen.
Die Verwendung von Apps im medizinischen Bereich geht dagegen über den reinen Datensammler
hinaus. An sie werden aufgrund der Patientendaten
besondere Ansprüche in puncto Sicherheit und
Datenschutz gestellt. Ihre Aufgabe besteht vor
allem darin, den Menschen das Leben einfacher zu
machen. Dies soll im Behandlungsfall in der Therapie
oder Nachsorge geschehen, es soll aber auch präventiv im Alltag gewährleistet sein. Sie ermöglichen
ein besseres Feedback, eine individuelle Anpassung
von Therapien oder aber auch eine schnellere Reaktion beispielsweise bei Notfällen.
1 D
as Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz) ist zum 01.01.2016 in Kraft getreten.
13
Cloud-Technologien für eine sichere Infrastruktur
im Gesundheitsmarkt
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
Im Gesundheitsmarkt stellen Cloud-Techno­
logien eine sichere Infrastruktur für E-HealthAnwendungen bereit. Hierüber können
anonymisierte medizinische Routinedaten, die
relevante Informationen über die Patientenversorgung enthalten, übergreifend ausgewertet werden. Für die sekundäre Nutzung von
medizinischen Rohdaten werden spezialisierte
Textanalyse-Technologien und Data-Warehouse-Ansätze entwickelt.
In Krankenhäusern ermöglicht Cloud Computing beispielsweise die Aggregation und
Gliederung unterschiedlicher Datenbestände und unterstützt damit die medizinische
Behandlung und Forschung ebenso wie die
Verwaltung und das Qualitätsmanagement.
Der Aufbau von Cloud-Lösungen besteht im
Wesentlichen aus drei Komponenten: der lokalen Infrastruktur in den Krankenhäusern, der
sicheren Cloud-Infrastruktur und der nachgelagerten Evaluierung. Die Cloud-Infrastruktur
beinhaltet unter anderem die Datentransformation und die Deidentifizierung von strukturierten und unstrukturierten Daten sowie die
Verwaltung der Cloud-Services innerhalb der
beteiligten Krankenhäuser.
Die Auswertung großer medizinischer Datenmengen ermöglicht zahlreiche Anwendungen,
die zu einer verbesserten medizinischen und
personalisierten Versorgung beitragen. In
Krankenhäusern leistet die Cloud-Lösung Hilfe
bei der praktischen Entscheidungsfindung
der Ärzte. Sie erhalten Hinweise auf mögliche
Krankheitsbilder und werden bei der individuellen und personalisierten Therapieplanung
ihrer Patienten unterstützt.
Big Data zur Vermeidung von Herzinfarkten
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
14 Wie Big Data als Grundlage für Softwarelösungen genutzt werden kann, zeigt sich
eindrucksvoll in der Nachsorge für Herzinfarktpatienten. Im Rahmen dieser Nachsorge
im Krankenhaus können Daten von Patienten,
die bereits einen Herzinfarkt hatten, mittels
Big-Data-Warehouse aufbereitet und ausgewertet werden. Denn Herzinfarktpatienten
besitzen ein hohes Risiko, innerhalb von
30 Tagen erneut wegen eines Herzinfarkts
eingewiesen zu werden. Bei der Berechnung
werden historische Patientendaten, aber auch
klinische Auswertungen herangezogen, um die
Wahrscheinlichkeit des Patienten, an einem
zweiten Herzinfarkt zu erkranken, zu errechnen. Dieses Verfahren führt zu einer besser
auf den einzelnen Patienten zugeschnittenen
Therapiefindung.
Das Krankenhaus ist damit in der Lage,
Patienten mit hohem oder niedrigem Risiko
zu unterscheiden. Patienten, die ein hohes
Risiko besitzen, können so genauer beobachtet werden, während Niedrig-RisikoPatienten entlassen werden können. Mit
Hilfe dieser Software lässt sich die Qualität
der medizinischen Versorgung verbessern und
eine zu frühe Entlassung vermeiden. Parallel
ist eine Kostenreduktion für die medizinischen
Einrichtungen – und damit auch für das Gesundheitswesen möglich.
Digitales Pathologielabor zur Serviceoptimierung
In den Niederlanden hat das größte Pathologielabor 2015 komplett auf digitale Pathologie
umgestellt. Aktuell werden alle klinischen
Histologiefälle nicht mehr mit dem Mikroskop,
sondern digital bearbeitet. Dabei ist die Software komplett in das bestehende IT-System
des Labors integriert.
Mehr als 54.000 Histologiefälle pro Jahr
werden auf über 300.000 Objektträgern mit
Gewebeproben vorbereitet, ausgewertet und
diagnostiziert. Berichte müssen erstellt und
archiviert werden.
schnell, wie sie das Labor benötigt, zur Verfügung. Unterschiedliche Standorte können
zusammenarbeiten. Das reduziert die Kosten.
Auch der Zugang zu Spezialisten ist einfacher,
was einen multidisziplinären Erfahrungsaustausch erleichtert. Die digitale Pathologie
ermöglicht es, zusätzliche Informationen aus
Gewebeproben zu erhalten und mit anderen
Diagnosemodalitäten Verbindung aufzunehmen. Insgesamt lassen sich bessere Diagnosen für den Patienten stellen.
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
Hier führt die Digitalisierung zu höherer
Effizienz, Qualität und besserem Service.
Die Bilder stehen qualitativ hochwertig und so
Personalisierte Spracherkennung im Krankenhaus
Zu den Softwarelösungen, die auf die Versorger personalisiert sind, gehören unter
anderem Spracherkennungsprogramme, die
in Krankenhäusern bei der Erstellung von
Befunden genutzt werden. Das Antrainieren
der individuellen Stimme und Sprechweise
des Arztes zu einem persönlichen Sprachprofil garantiert dabei eine fehlerfreie
Befundung.
Der Arzt diktiert direkt in das Befunddokument und kann seine Aussagen sofort „überschreiben“ beziehungsweise übersprechen.
Um ihn weiter zu entlasten, lassen sich über
eine Produkterweiterung zusätzlich Patienteninformationen schnell und einfach erfassen.
Mit einem Spracherkennungsprogramm ist es
möglich, etwa 350 Befunde pro Tag fertig zu
stellen. Diese Ressourcenoptimierung wirkt
sich positiv auf die Patientenversorgung aus.
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
15
Präventive Software zur Gesundheitsvorsorge
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
Auch im Bereich der Gesundheitsvorsorge gibt
es Software, die dem Anwender als TrackingTool präventiv zur Seite steht. Dabei handelt
es sich weder um ein diagnostisches noch um
ein therapeutisches Tool. Wearables sammeln
die persönlichen physiologischen Daten des
Nutzers in der Software.
Dabei fungiert nicht Big Data als Basis,
sondern der Patient bildet mit seinen
Daten einen eigenen persönlichen Benchmark, an dem er auch im weiteren Verlauf
gemessen wird. Er wird also mit sich selbst
verglichen. Weichen seine aktuellen Werte
von der persönlichen Norm ab, kann dies als
Richtlinie zur Diagnostik und Therapie dienen.
Hierbei findet das Zusammenspiel aller Werte
wie Herzschlag, Temperatur, Blutdruck,
Atmungs­frequenz oder Puls Beachtung.
Die Daten werden in einem numerischen
„Health Index“ zusammengeführt. Die Software spielt mit unterschiedlichen Geräten
sowie Sensoren zusammen und kann diese
– auch firmenübergreifend – für die Informa­
tionsgewinnung heranziehen. Das ist von
Vorteil: Denn je mehr Informationen zur
Verfügung stehen, desto signifikanter wird
die gewonnene Information.
Personalisiertes Medizinprodukt zur Behandlung von Herzund Gefäßerkrankungen
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
Im Krankenhausbereich gibt es ein innovatives
personalisiertes Verfahren, das mit noninvasiven Mitteln Herz- und Gefäßerkrankungen
behandelt. Gefäßverengungen sind eine
häufige Ursache für Schlaganfälle und Herzinfarkte. Um diesen Engstellen oder Verschlüssen entgegenzuwirken, wurden bisher Stents
oder Ballonkatheter eingesetzt, in fortgeschrittenen Fällen auch künstliche Bypässe gelegt.
Das Herz legt jedoch auch eigene, natürliche
Bypässe. Dabei macht es sich die bereits vorhandenen bilateralen Umgehungskreisläufe zu
Nutze. Durch das Wachstum dieser Brückengefäße zu großen Arterien wird der Verschluss
natürlich umgangen und das Gewebe weiterhin mit Blut versorgt. Mit einem personalisiert
eingestellten Medizinprodukt kann dieses
Wachstum angeregt werden.
Hierfür werden dem Patienten Manschetten
um Ober- und Unterschenkel sowie Gesäß
gewickelt. Diese werden stoßweise mit Luft
gefüllt, sodass durch den Gegendruck das Blut
aus den Beinen wieder zum Herzen transportiert wird. Das Aufblasen beschleunigt das Blut
16 maximal und aktiviert damit das Wachstum der
Arterien. Der erhöhte Blutfluss, der bei jedem
Patienten individuell ist, „trainiert“ in ca. 30
bis 35 Stunden die kleinen Gefäße und bewirkt
eine Umwandlung zu großen Arterien. Ein Gefäßtachometer misst die maximale Blutflussgeschwindigkeit und stellt sie grafisch dar. Das
Ergebnis ist ein natürlicher Bypass. Durch die
personalisierte Einstellung kann komplett
nichtinvasiv therapiert werden, womit sich
die Therapiezeiten verkürzen.
Personalisiertes 3D-Herzmodell zur Therapiesimulation
Die Medizintechnikindustrie testet bereits
personalisierte Herzmodelle. Das zugrundeliegende Prinzip vereint dabei bildgebende
Verfahren mit neuer Technik. Aus einer
großen Zahl verschiedener Datensätze aus
CT- oder MRT-Scans wurde ein 3D-Com­puterDurchschnittsherz entwickelt.
Eine Software „füttert“ dieses Herz mit den
individuellen Daten des Patienten. Auf diese Weise ist es den Ärzten im Krankenhaus
möglich, Therapien zu simulieren und deren
Wirkung realitätsnah nachzuvollziehen. Das
Potenzial dieser Entwicklung lässt sich am
Beispiel der Herzinsuffizienz, bei der das Herz
von sich aus nicht ausreichend Blut pumpt,
gut aufzeigen.
Die Therapie mittels eines Herzschrittmachers
schlägt bei 70 Prozent der Erkrankten an, bei
den anderen Patienten verschlimmert sie den
Zustand jedoch. Mit der neuen Technologie
simulieren die Ärzte im Krankenhaus mit
wenig Aufwand am Computer, wie das
Herz des Patienten auf den Schrittmacher
reagieren wird. Dazu bringen sie die Elektroden virtuell am personalisierten 3D-Herzmodell an und aktivieren den Herzschrittmacher.
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
Die Software simuliert genau, wie das patienten­
spezifische EKG aussehen wird und liefert Hinweise zum Behandlungserfolg oder auch -misserfolg. Der Patientennutzen ist groß, da schon
vor der Therapie klar wird, ob diese überhaupt
einen Nutzen bringt. Zurzeit testen Kranken­
häuser im Rahmen der Forschung das Modell.
Sensorunterstützte Medikation zur kontrollierten Einnahme
Tabletten mit Sensoren bringt die pharmazeutische Industrie voraussichtlich bald auf
dem US-Markt heraus. Die Idee entstand vor
dem Hintergrund, dass besonders bei Erkrankungen des zentralen Nervensystems eine
genaue Medikamenteneinnahme wichtig ist.
Aber nur ein Teil der Patienten nimmt Medikamente so ein, wie benötigt.
Gleichzeitig erinnert die App an die Medikamenteneinnahme und bietet dem Patienten
eine Übersicht. Die generierten analytischen Protokolle unterstützen den Arzt
dabei, personalisierte Therapiemöglichkeiten zu finden. Dieses Verfahren soll mit
allen gängigen Tabletten kombinierbar sein.
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
Gekoppelt mit einem Pflaster messen die Sensoren in der Tablette deshalb, ob und wann
diese eingenommen wurde. Gleichzeitig dokumentiert das Pflaster Schritte, Aktivitäten, Ruhephasen und Puls. Die Daten werden an eine
dazugehörige App, und mit Einverständnis des
Patienten auch an den Arzt beziehungsweise
an das betreuende Gesundheitsunternehmen
gesendet.
17
Apps zur Compliance-Verbesserung
Ist eine App-Lösung im Einsatz, erhält der
Gesundheitsversorger die gemessenen
Patientendaten auch zwischen den Vorsorgeterminen. Funktion und Inhalt der App sind
personalisiert, sodass der behandelnde Arzt in
der Praxis oder im Krankenhaus den Patienten
in regelmäßigen Abständen über die App
auffordert, Fragen zu beantworten, einfache
Messungen durchzuführen und Medikamente
einzunehmen.
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
Apps helfen im Rahmen der Compliance-Verbesserung dabei, individuelle Verhaltensmus­
ter von Krebspatienten nachzuverfolgen und
ihre Motivation aufrechtzuerhalten. Nach
der Entlassung des Patienten aus der akuten
Therapie ist es nur sporadisch oder beim
Arztbesuch kontrollierbar, ob verschriebene
Medikamente so eingenommen werden, wie
benötigt.
Der Patient bekommt einen detaillierten,
auf ihn zugeschnittenen Therapieplan, der
ihm auf sein Smartphone geschickt wird.
Der Gesundheitsversorger, dem die Daten
zugespielt und aufbereitet werden, greift bei
Kontrollterminen darauf zu und erreicht damit
eine zuverlässigere Bewertung des Patientenzustandes. Außerdem hat er die Möglichkeit,
die Daten auch im Verlauf der weiteren Therapie zu berücksichtigen.
Diabetesmanagement per App zur Beratung
und Unterstützung
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
Auch gibt es bereits krankheitsspezifische,
personalisierte GesundheitsmanagementProgramme, die darauf abzielen, Menschen
präventiv zu beraten und bereits Erkrankte zu
unterstützen.
Die Medizintechnikunternehmen begleiten
hier in Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt den Patienten. Sie statten
gefährdete beziehungsweise bereits erkrankte Patienten, die zuvor durch ihren Arzt aus-
18 gewählt wurden, mit einem Paket bestehend
aus einer App, einem Blutzuckermessgerät
und einem Aktivitätsarmband aus.
Die Geräte messen den Blutzuckerspiegel, das
Gewicht und andere Kerndaten und leiten die
Daten an den Behandelnden weiter. Dieser
kann so präventiv, aber auch im Krankheitsverlauf kontrollierend eingreifen. Ziel ist es,
Diabetes bei Menschen mit hohem Risiko zu
verhindern oder aber Spätfolgen zu reduzieren.
Personalisierter Bereitschaftsdienst zur Versorgung
von Herzpatienten
Der personalisierte telemedizinische Bereitschaftsdienst für Herzpatienten ist eine
innovative Versorgungsform, die durch hoch
moderne Medizintechnik, Digitalisierung und
wissenschaftliche Begleitung aus dem universitären Bereich ermöglicht wird. Ziel ist es,
Herzpatienten die Ängste vor neuen Erkrankungen zu nehmen, indem sie ein Gesamtpaket aus einem mobilen EKG-Gerät, einer App
sowie einem kardiologischen 24-Stunden- und
Sieben-Tage-die-Woche-Bereitschaftsdienst,
erhalten.
Wesentlicher Bestandteil des Gesamtpakets
ist das mobile EKG-Gerät, das der Patient
komplikationslos überallhin mitnehmen kann.
Sollte er plötzlich ein beängstigendes Druckgefühl im Brustkorb verspüren, zeichnet er in
einem ersten Schritt mit dem mobilen EKGGerät seine Herzaktivität auf und sendet die
Daten über die App an seine personalisierte
Gesundheitsakte.
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
Per Knopfdruck wird dann in einem zweiten Schritt ein telefonischer Kontakt zu den
Kardiologen des Projektes hergestellt. Sie
können auf Grundlage der persönlichen Gesundheitsakte, des aktuellen EKGs sowie des
Telefongesprächs die aktuelle gesundheitliche
Patientensituation einschätzen und ggf. die
Übergabe an den Notarzt begleiten.
Die persönliche digitale Patientenakte
ist ein wichtiger Bestandteil des telemedizinischen Projektes. Hier können alle
relevanten gesundheitlichen Informationen
wie Diagnosen, Medikamente und Allergien gespeichert und aktualisiert werden.
Die höchst vertraulichen Daten sind nur vom
Patienten selbst oder vom diensthabenden
Kardiologen einsehbar. Das Projekt richtet
sich an Patienten mit Herzerkrankungen oder
an Patienten mit einem hohen Risiko dafür.
Telemedizin für mehr Lebensqualität bei chronischen
Atemwegserkrankungen
Ein deutschlandweites telemedizinisches Betreuungsprogramm für Patienten, die an der
chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung
(COPD) leiden, erhöht die Lebensqualität
der Betroffenen. Mitwirkende sind ein Krankenhaus der Maximalversorgung, ein großer
Medizintechnikhersteller und verschiedene
Kostenträger.
Die an dem Projekt teilnehmenden Patienten erfüllen zehn Monate lang ein
persönliches Gesundheitsprogramm in
ihrer häuslichen Umgebung. Sie werden
über das Telemedizinische Zentrum des
Krankenhauses betreut, bleiben jedoch in
Behandlung ihrer ambulanten Fachärzte.
Zum Programm gehören das Messen der Sauerstoffsättigung und der Pulsfrequenz mithilfe
eines leicht zu bedienenden Pulsoximeters.
Der Patient berichtet über sein aktuelles Befinden und übermittelt täglich unter Einhaltung
von Datensicherheitsvorschriften sämtliche
Daten per Tablet-PC oder über das entsprechend ausgerüstete eigene Fernsehgerät an
das Telemedizinische Zentrum des Krankenhauses. Hier wertet pneumologisch geschultes Fachpersonal die Informationen aus.
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
Bei einer Veränderung des Gesundheitszustandes kontaktieren die Betreuer den Patienten oder den behandelnden Arzt. Außerdem
erhalten die Patienten umfangreiche Informationen, teilweise über individuell bereitgestellte Filmsequenzen, wie sie mit ihrer Krankheit
umgehen und ihre Lebensqualität im Alltag
verbessern können.
19
Rehabilitation via 3D-Kamera zur Nachsorge
bei Rückenschmerzen
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
Für Patienten mit chronischen Rückenschmerzen gibt es ein individualisiertes,
interaktives telemedizinisches Trainingsprogramm, das sie nach einer stationären
Rehabilitation zu Hause weiter betreut. Im
Rahmen des bundesweiten Forschungsprojektes stellt dabei ein interaktiver Therapeut
(Avatar) auf dem Monitor die erzielten Therapieerfolge in der Nachsorge sicher. Die Patienten kennen die Übungen bereits von ihrem
stationären Aufenthalt und können über einen
festgelegten Zeitraum an zwei bis drei Tagen
in der Woche zu einem beliebigen Zeitpunkt
trainieren.
Der Avatar zeigt die Übungen, motiviert den
Patienten zum Mitmachen und kontrolliert
dessen Ausführung. Der Patient wird von einer
3D-Kamera gefilmt, die sein Spiegelbild auf
den Fernsehbildschirm überträgt. Der Patient
kann auf diese Weise erkennen, ob er seine
Bewegungen richtig ausführt und sie gegebenenfalls korrigieren.
Technische Besonderheiten sind hier die
Bewegungsanalyse und die sofortige Bewegungskorrektur. Zur Durchführung des
Trainingsprogramms wird den Patienten ein
Computer, ein Fernsehgerät und eine 3DKamera zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist
zunächst auf zwei Jahre angelegt und soll bei
positiven Ergebnissen ausgebaut werden.
Ausblick zum Einsatz innovativer Technologien
Innovative Technologien gewinnen in der
personalisierten Medizin an Bedeutung und
führen zu neuen Gesundheits- und Versorgungskonzepten. Neue Apps und Software
ermöglichen es Gesundheitsversorgern,
personalisierte digitale Präventions-, Diagnostik- und Therapie-Konzepte anzubieten. Big
Data wird in diesem Zusammenhang immer
relevanter. Das Cloud Computing übernimmt
beim Sammeln der Daten eine zentrale Rolle.
Denn das Wachstum der Datenmengen und
die Möglichkeiten der Auswertung setzen sich
dynamisch fort.
Außerdem finden die Ergebnisse zunehmend
Eingang in Routineanwendungen. Das Smartphone als Alltagsgegenstand eröffnet viele
Möglichkeiten. Apps ermöglichen Patienten
20 mit chronischen Erkrankungen eine kontinuierliche und einfache Langzeitdokumentation. Damit lassen sich die Versorgungsprozesse effizient steigern. Gleichzeitig
eröffnet dies – auch in Kombination mit Smart
Devices oder Wearables – die Chance, Patienten aktiv in die Prävention einzubinden oder
sie individuell zu behandeln.
Zukünftig können sich Gesundheitsversorger
oder Gesundheitsunternehmen relevante Patientendaten, die diese mittels verschiedener
mobiler Sensoren erhoben haben, in Echtzeit
zusenden lassen, und diese mit zusätzlichen
Informationen aus dem Umfeld des Patienten
kombinieren.
Blick in den Gesundheitsmarkt
Molekularmedizin
Die große Herausforderung für Gesundheitsversorger und -unternehmen
besteht darin, klinische und molekulare Informationen eines Patienten mit
biomedizinischem Wissen abzugleichen und daraus eine individualisierte
Behandlung abzuleiten.
Molekular­
medizin
Die Molekularmedizin bezeichnet einen Teilbereich der Humanmedizin. Sie umfasst
neben der Forschung auch die praktische Nutzung von Strukturen und Funktionen
genetischer Informationen. Diese innovative Disziplin bildet ein Bindeglied zwischen
Medizin, Biochemie und Genetik. Zu ihrem Aufgabenspektrum gehört es, krankhafte
Veränderungen des gesamten Organismus auf Zellebene zu verdeutlichen und zu
behandeln. Von besonderem Interesse sind dabei Veränderungen von Zellstrukturen,
von Eiweiß- und anderen chemischen Verbindungen sowie der genetischen Information.
Ein typisches Beispiel für angewandte Molekularmedizin ist die Methodenerforschung
und -entwicklung zur gezielten Veränderung von Genen, um drohende Erkrankungen zu
verhindern.
Personalisierte Molekularmedizin blickt in die Genome
Erste Medizin- bzw. Softwareprodukte kombinieren
das biomedizinische Wissen von Data-WarehouseSystemen mit den Patienteninformationen und den
genetischen Daten eines Tumors. Dies unterstützt
Ärzte und Krankenhäuser bei der Analyse und Auswertung großer Datenmengen. Hierzu gehören unter
anderem Informationen in wissenschaftlichen Veröffentlichungen und klinische Studien über zugelassene Arzneimittel oder krankheitsspezifische Gene.
Damit können Gesundheitsversorger die genetischen
Daten patientenindividuell interpretieren und die zum
Tumorprofil optimal passende Behandlung mit dem
höchsten Nutzen für den Patienten erkennen. Auch
lässt sich im individuellen Behandlungsverlauf möglichst früh eine Resistenz feststellen.
Nebenwirkungen erfolgloser Therapien werden dadurch vermieden und die Kosten für die Behandlung
gesenkt. Möglich ist dann der Wechsel zu einer neuen Therapieoption, die die Tumorzellen durch einen
anderen molekularen Mechanismus identifiziert und
bekämpft. Somit rückt die Labordiagnostik immer
näher an das Krankenhausbett.
21
Digitale Bildgebungsverfahren als Entscheidungshilfe
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
Innovative Studienprojekte simulieren individuelle Diagnose- und Therapieoptionen auf Basis
einer Kombination von Bildgebungsverfahren
und molekularen Analysen. Diese dienen als
Entscheidungshilfe bei Therapieanpassungen.
Ziel ist es, die zugrundeliegenden Resistenzmechanismen zu erschließen, um die Patientenversorgung ab dem Zeitpunkt der einsetzenden Tumorprogression zu verbessern.
Die Daten von Patienten(-gruppen) werden
genutzt, um molekulare und morphologische Muster zu identifizieren, anhand
deren die Ansprechwahrscheinlichkeit
einer Therapie vorhersagbar ist. So ist es
beispielsweise möglich, die Krebsbehandlung
von Patienten im fortgeschrittenen Stadium zu
individualisieren und zu optimieren.
Maßgeschneiderte Medikation bei der Behandlung
von Depressionen
Nicht selten ist diese Zeit mit Leidensdruck
und unnötigen Nebenwirkungen verbunden.
Neue Test­verfahren ermöglichen inzwischen noch vor Behandlungsbeginn die
individuelle Vor­her­sage der geeigneten
antidepressiven Be­handlung.
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
Das richtige Antidepressivum herauszufinden,
kann mehrere Monate in Anspruch nehmen.
Das Testergebnis führt zu einem personalisierten Befund mit Wirkstoff und Dosierungsempfehlung. Auf diese Weise spricht das
ausgewählte Antidepressivum schneller an
und erfolglose Behandlungsversuche lassen
sich vermeiden.
Biomarker als Indikatoren für Diagnose, Prognose
und Therapie
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
Biomarker gewinnen in der modernen, personalisierten Medizin zunehmend an Bedeutung.
Deutliche Fortschritte in der Biomarkerforschung verändern das Therapieverständnis
von Ärzten und Gesundheitsunternehmen.
Die Bestimmung von Biomarkern ist bereits
fester Bestandteil der modernen Krebstherapie. Auch bei anderen Krankheiten
geben Biomarker neue Informationen für
die Diagnose, Therapie und Prognose. Vielversprechende Verfahren gibt es bereits bei
Asthma- und Schizophrenie- sowie bei Schlaganfallpatienten.
22 Das amerikanische National Institute of Health
(NIH) definiert Biomarker als Parameter, die
gemessen und evaluiert werden können. Sie
indizieren pathogene oder normale biologische
Prozesse oder pharmakologische Reaktionen.
Wissenschaftler, Pharmaindustrie und Gesundheitsversorger erforschen und validieren
neue Biomarker, um sicher diagnostizieren zu
können. Sie wollen Risikopersonen erkennen,
um bei Erkrankung oder bei einem Rückfall
möglichst schnell therapieren zu können, und
streben eine Therapieoptimierung mittels besonderer Behandlungsoptionen an. Auch geht
es ihnen darum, Vorsorgestrategien zu testen.
Begleitende Diagnostik zur Früh-, Risiko- und
Erfolgserkennung
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
Biomarker-Tests wie beispielsweise der Her2Test bei Brustkrebs oder die EGFR-Mutationsanalyse bei Lungenkrebs werden auch als
„Begleitende Diagnostik“ oder „Companion
Diagnostics“ bezeichnet. Diese molekulardiagnostischen Tests zeigen unter anderem auf, ob die geplante Therapie in den
jeweiligen Fällen wirksam sein wird oder
nicht. Krankheiten können bereits im Vorstadium erkannt werden, sodass die Therapie
früher einsetzen kann, was die Chancen auf
vollständige Genesung verbessert.
Tatsächlich können Ärzte und Gesundheitsunternehmen für jeden einzelnen Patienten
Risikobewertungen durchführen. Außerdem
stellen sie genauere Diagnosen, weil gleiche
Symptome sich jetzt auf unterschiedliche
Krankheitsursachen zurückführen lassen. Das
wiederum ermöglicht eine individuelle, schnelle und effektive Behandlung.
Diese Entwicklung verändert nachhaltig den
Markt. Sie führt derzeit dazu, dass Technologieanbieter und Pharmaindustrie im Bereich
der Companion Diagnostics stärker zusammenarbeiten.
Ausblick zum Einsatz der Molekularmedizin
Die Molekularmedizin beschäftigt sich mit
Diagnose- bzw.Therapieverfahren, die sich auf
ein molekulares Grundverständnis der Erkrankung des Patienten fokussieren. Durch die
Fortschritte in der Molekularmedizin wurde
die personalisierte Medizin erst ermöglicht.
Die Beispiele aus der Praxis zeigen, dass
Teams aus Wissenschaftlern und IT-Experten stetig technologische Innova­tionen und
neue wissenschaftliche Erkenntnisse kombinieren und diese mithilfe datengetriebener Technologien miteinander ­vernetzen.
In diesem Kontext entstehen zunehmend
innovative Produkte und Anwendungen, die
ihren Weg in die Gesundheitsversorgung
finden. Dabei steigt nicht nur die Zahl der
personalisierten Therapieverfahren, sondern
auch deren Komplexität bei der Testung. Die
Tests zur Unterstützung der Therapieentscheidung und auch zur Durchführung des
jeweiligen Therapieverfahrens benötigen qualitätsgesicherte, leistungsfähige und lernende
Wissens- und Daten-Plattformen (Big Data).
Hier muss ein sicherer und effizienter Umgang mit Daten gewährleistet sein.
Zu beachten ist auch, dass die Krankenhäuser
umfassende molekulare Patientendaten vorhalten, die auch für Pharmaunternehmen und
Versicherungsunternehmen von Interesse sind.
23
Blick in den Gesundheitsmarkt
3D-Druck
Die Technik des 3D-Drucks gibt es bereits seit geraumer Zeit. Doch gerade
in den letzten Jahren ist hier eine rasante Entwicklung zu verzeichnen. Insbesondere durch die fortschreitende Digitalisierung entstehen stetig neue
Anwendungsmöglichkeiten.
3D-Druck
Der 3D-Druck ist eine Technologie, die sich mit der automatisch-maschinellen Erzeugung
von dreidimensionalen Objekten befasst. 3D-Drucker bauen dabei in einem zum Teil
mehrstündigen Prozess dreidimensionale Gebilde Schicht für Schicht auf. Die dafür notwendigen Daten übermittelt der Computer an den Drucker, der nach der Verarbeitung der
Daten sofort mit dem 3D-Druck beginnt. Wahlweise lassen sich die Objekte aber auch
dreidimensional einscannen, um dann am Computer ein 3D-Modell zu generieren und es
anschließend dreidimensional auszudrucken.
Eine besondere Art des 3D-Drucks stellt der sogenannte Bioprinter dar. Dieser Biodrucker
soll aus zunächst gezüchteten Zellen beispielsweise Strukturen oder Gewebe drucken.
3D-Druck eröffnet neue Perspektiven
In der Medizintechnik werden 3D-Drucker zum
Beispiel dazu verwendet, um Gegenstände aus
unterschiedlichsten Materialen anhand eines Modells
in dreidimensionaler Form auszudrucken. Dazu wird
schichtweise das Ausgangsmaterial, das in Form
von Pulver oder Granulat (Gips, Kupfer, Kunststoff)
vorliegt, aufeinandergedruckt.
24 Gerade im Bereich der personalisierten Medizin
eröffnet der 3D-Druck ungeahnte Möglichkeiten. Die
Medizintechnik erstellt damit u.a. bereits Organe und
Implantate.
3D-Druck in der Orthopädie und Chirurgie
Dank des 3D-Drucks können im Fachgebiet
der Orthopädie bereits individuell maßgeschneiderte Knieprothesen hergestellt werden. Patienten mit Knieverschleiß bekommen
dann statt einer generischen Prothese eine
individuell angepasste. Zuvor informiert sich
der behandelnde Arzt mithilfe von CT-Aufnahmen über die aktuelle Lage des Gelenks und
darüber, wie weit das Knie vom „Idealmaß“
abweicht.
Knieprothese und auch Instrumente und
Schnittschablonen für die Operation. Durch
die genaue Anpassung ist das Gelenk in der
postoperativen Frühphase beweglicher. Die
individuell angepassten Instrumente gewährleisten eine hohe Operationssicherheit
sowie Präzision und sorgen dafür, dass beim
Einbau der Prothese bis zu einem Viertel
weniger Knochenmaterial verloren geht. Die
OP-Zeiten verringern sich durch die genaue Berechnung der idealen Prothesenpositionierung.
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
Auch Herzoperationen sind mithilfe des 3DDrucks von Organen oder Knochenmodellen
besser plan- und durchführbar, was besonders
bei angeborenen Herzfehlern oder seltenen
Erkrankungen wünschenswert ist. Hierzu
stellt ein 3D-Herzmodell die personalisierten
Maße und Eigenschaften dar. Entsprechende
Software verdeutlicht die kardiovaskuläre
Anatomie in einer 3D-Visualisierung. Parallel
kann mittels 3D-Druck ein physisches Modell
erstellt werden, das die genaue Planung der
Operationsstrategie ermöglicht.
Eine Software bereitet die Bilder auf und
„übersetzt“ sie in ein Druckmodell. In einem
nächsten Schritt entstehen die individuelle
Diese Herangehensweise schafft Erleichterung und Sicherheit für die Operateure und
minimiert den postoperativen Behandlungsaufwand. Die Dienstleistung erbringen in
der Regel Drittanbieter. Durch Erwerben der
entsprechenden Soft- und Hardware können
im Krankenhaus eigene Kompetenzen aufgebaut werden.
3D-Druck in der Zahnmedizin
Auch in der Zahnmedizin sind 3D-Drucker
schon seit geraumer Zeit im Einsatz. Insbesondere Dentallabore nutzen die digitale
Zahntechnik. Sie stellen personalisierte
Gipsmodelle und chirurgische Schablonen
her. Außerdem passen sie Zahnersatz oder
Verblendschalen (Veneers) an. Der Patient
profitiert von genaueren Passformen, die
individuell auf ihn eingestellt sind.
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
Für die Labore bedeuten die 3D-Druckertechnologien einen beschleunigten Arbeitsprozess, wodurch Kapazitäten frei werden. Die
Umstellung auf ein digitales Verfahren macht
außerdem das Lagern von physischen Modellen entbehrlich. Die Entwicklung ist so weit
fortgeschritten, dass verschiedene Druckermodelle – vom kleinen Praxismodell bis zum
großen Dentallabordrucker – im Angebot sind.
25
3D-Druck in der Pharmazie
Relevant für
 Labor
 Krankenhaus
Reha
 Medizintechnik
 Pharma
In der Pharmabranche findet der 3D-Druck
ebenfalls Anwendung: Das erste Medikament
aus dem 3D-Drucker ist bereits von der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA (U.S. Food
and Drug Administration) zugelassen worden.
Beim Medikamentendruck werden nacheinander Schichten des Pulvers, das den Wirkstoff
enthält, gedruckt. Mithilfe einer Flüssigkeit
werden in einem nächsten Schritt die Pulverlagen zusammengefügt. Auf diese Weise können besonders hochdosierte Mengen in nur
einer kleinen Tablette verabreicht werden, was
besonders Patienten mit Schluckbeschwerden
oder älteren Menschen zugute kommt. Eine
poröse Oberfläche sorgt für eine schnellere
und bessere Resorption des Wirkstoffs.
Außerdem ist es möglich, Tabletten in unterschiedlichen Formen zu drucken. Das
ist deshalb von Bedeutung, weil das Oberflächen-Volumenverhältnis der Pille für die
Wirkstoffabhängigkeit verantwortlich ist. Eine
Tablette in Pyramidenform beispielsweise
gibt ihren Wirkstoff langsamer ab als eine
in Kugelform. Dieses Verfahren gestaltet
also die Wirkstoffabgabe individueller und
patientenorientiert.
Zukünftig werden die Tabletten sogar direkt in
der individuellen Dosierung gedruckt, sodass
sie sich an das Patientengewicht anpassen
lassen. Geplant ist, diesen Schritt in die Krankenhäuser und Apotheken zu verlagern, um
dort patientenspezifische Tabletten drucken
zu können.
Ausblick zum Einsatz des 3D-Drucks
Der 3D-Druck zeigt beeindruckende Fortschritte und findet bereits in verschiedenen
Bereichen der Gesundheitsbranche Anwendung. Gleichzeitig verspricht diese Technologie ein noch größeres Innovationspotenzial,
insbesondere im Organ- und Gewebedruck.
Vom sogenannten Bioprinter wird insbesondere die Transplantationsmedizin profitieren. Organspenden wären nicht mehr nötig.
Abstoßungsreaktionen des Körpers werden
durch die Nutzung von Stammzellen verhindert. Zuletzt haben Bioingenieure in den
USA einen innovativen Bioprinter entwickelt, der lebensfähige Implantate in einer
realen Größe druckt, die beispielsweise
als Ersatz von Schädelknochen oder Ohren
verwendet werden können. Die Anwendung
am Menschen wird jedoch noch dauern, da
bislang noch geforscht wird und u.a. noch
tierexperimentelle Studien erforderlich sind.
Im Bereich des 4D-Drucks ist die Forschung
ebenfalls aktiv. Die vierte Dimension bezeichnet den Faktor Zeit. Das bedeutet, dass sich
Implantate künftig im Zeitverlauf und damit
mit dem Patienten verändern können. Dazu
26 beschäftigen sich die Forscher mit sogenannten „Memory“-Materialien. Diese „erinnern“
sich an ihre ursprüngliche Form und formen
sich, wenn bestimmte Faktoren wie Temperatur, Druck oder Wasser aktiviert werden,
in den originären Zustand zurück. Dieses
Verfahren wird bereits bei der Anpassung von
Cochlea-Implantaten (elektronischen Hörprothesen) genutzt. Sind diese erst einmal in der
Hörschnecke eingesetzt, entfalten sie sich zur
ursprünglichen Form und passen sich an das
Ohr des Patienten an.
Wie die Beispiele gezeigt haben, macht der
3D-Druck bereits heute einiges in der Versorgung der Patienten möglich. Das volle
Wachstumspotenzial ist jedoch noch nicht
ausgeschöpft. Die Technologie des 3D-Drucks
besitzt ein bedeutendes Zukunftspotenzial.
Fazit
Die Gesundheitsbranche steht vor einem digitalen Umbruch
Technologischer Wandel und gesellschaftliche Erwartungshaltung forcieren neue Geschäftsmodelle der
personalisierten Medizin. Tradierte Gesundheitsversorger finden sich zunehmend im Wettbewerb mit
Unternehmen, die von außen auf den Gesundheitsmarkt drängen. Dabei nehmen innovative Technologien wie Big Data und Cloud Computing großen
Einfluss auf die Entwicklung und Etablierung neuer
Angebote.
Eine Schlüsselrolle fällt den digitalen Gesundheitsdaten zu. Der Umgang mit Big Data betrifft nicht
nur die Gesundheitsunternehmen, sondern auch die
ambulanten und stationären Gesundheitsversorger.
Doch Daten allein bieten noch keinen Mehrwert.
So geht es neben der Archivierung der Datenflut
darum, die Daten sinnvoll zu verwenden. Um damit
einen konkreten Patientennutzen zu generieren.
Wem dieser Schritt gelingt, der profitiert von einem
Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Gesundheitsversorgern und -unternehmen.
Stehen heute noch regulatorische Rahmenbedingungen im Widerspruch zu den Möglichkeiten, die
der technische Fortschritt in Aussicht stellt, so ist
davon auszugehen, dass diese nicht alle künftig
Bestand haben werden.
Geschäftsmodelle werden vernetzter
Gleichwohl lassen sich die Chancen, die mit der
personalisierten Medizin und der Digitalisierung
einhergehen, nicht per Knopfdruck realisieren. An die
Akteure des Gesundheitsmarktes wird zunehmend
der Anspruch gestellt, sich als Koordinatoren für ihre
Patienten zu verstehen; fachliche und kommunikative
Anschlussfähigkeit ist dabei Voraussetzung. Denn
die Bereitschaft, persönliche Daten zu sammeln und
auswerten zu lassen, wächst, und diese Entwicklung
befördert nicht zuletzt vielfältige Möglichkeiten für
neue Geschäftsmodelle.
Unerlässlich werden Investitionen in die IT-Ausstattung und die eigene IT-Kompetenz sein. Mit den
aufkommenden neuen Gesundheitsorten, von der
App bis zum Fitnessstudio, ergeben sich weitere
Ausgangspunkte für die Gesundheitsbranche, die
es zu erschließen gilt. Netzwerkzusammenschlüsse
und neue Kooperationsformen werden für die Bewältigung dieser Aufgaben zunehmend relevant – und
sind in vielen Fällen auch wirtschaftlich sinnvoll.
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Geschwindigkeit, mit der die Digitalisierung voranschreitet, ist eine kritische Auseinandersetzung mit
dem eigenen Geschäftsmodell unerlässlich.
Wobei es nicht nur darum geht, technisch den Anschluss zu behalten: Vielmehr ist es erforderlich, das
eigene Profil zu schärfen und die eigenen Prozesse
anzupassen, um in den vielfältigen Gesundheitsnetzen mit der eigenen Spezialisierung präsent und
gefragt zu sein.
27
Innovationen
finanzieren
apoView präsentiert einen Auszug aus Forschung, Entwicklung und aktueller
Praxis und zeigt, mit welcher Geschwindigkeit und mit welchem Potenzial die
verschiedenen Technologien einen weitreichenden Beitrag in der personalisierten Medizin leisten. Mit diesen Innovationen steht die Gesundheitsbranche jedoch erst am Anfang.
Es liegt an den einzelnen Gesundheitsversorgern und
-unternehmen, die vielfältigen Chancen der personalisierten Medizin und zunehmenden Digitalisierung
zu identifizieren und zu nutzen. Gleichwohl stehen
tradierte Versorgungsmodelle auf dem Prüfstand
und neue Kooperationen und Partnerschaften halten
Einzug in die Geschäftsmodelle.
Der Anfang einer jeden Erneuerung ist dabei eine
Idee; mit Mut, Entschlossenheit, fachlichem Knowhow und einem Partner, der Sie unterstützt, werden
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Impressum
Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG
Richard-Oskar-Mattern-Straße 6
40547 Düsseldorf
www.apobank.de
Telefon: (0211) 5998-0
E-Mail [email protected]
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Claudia Finke
RedaktionCarsten Burchartz
Sonja Hoffmann
Friederike Schmitz
Lektorat
twtext Tatjana Wanner, Gütersloh
Gestaltung
Dahm & Freunde, Bonn
SonstigesAufgrund der besseren Lesbarkeit wird in den Texten der Einfachheit halber die männliche Substantivform
­verwendet. Die weibliche Form ist selbstverständlich immer mit ­eingeschlossen.
Bildnachweis
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Seite 18 oben © Maksim Smeljov/Fotolia.com; Seite 18 unten © Kzenon/Fotolia.com; Seite 19 © Syda Productions/Fotolia.com;
Seite 20 © vege/­Fotolia.com; Seite 21 © Sergey Nivens/Fotolia.com; Seite 22 oben © rocketclips/Fotolia.com;
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Seite 27 © everythingpossible/Fotolia.com; Seite 28-29 © eyetronic/Fotolia.com
DisclaimerDie Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG (im Folgenden auch apoBank genannt), Düsseldorf, wird beaufsichtigt
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Veröffentlichung März 2016
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