AD(H)S - cpos.lu

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Wenn AD(H)S sich nicht auswächst
AD(H)S im Jugendalter
Suzette Everling
Kinder-und Jugendlichenpsychotherapeutin
13.09.2007
Definition von AD(H)S
AD(H)S liegt vor, wenn unaufmerksames und
impulsives Verhalten mit o. ohne deutliche Hyperaktivität ausgeprägt ist, nicht dem Alter und
Entwicklungsstand entspricht und zu deutlicher
Beeinträchtigung in verschiedenen sozialen Bezugssystemen und im Leistungsbereich von
Schule und Beruf führt.
Diese Auffälligkeiten sollen länger als 6
Monate bestehen und beeinträchtigende
Symptome von Hyperaktivität-Impulsivität
und Unaufmerksamkeit sollen bereits vor
dem Alter von 7 Jahren vorhanden gewesen sein.
Die Symptome sollen nicht ausschliesslich im Rahmen einer tiefgreifenden
Entwicklungsstörung (z.B. AutismusSpektrum) oder Psychose auftreten und
nicht besser durch andere somatische
oder psychiatrische Störungen erklärt
werden können (DSM-IV).
AD(H)S ist keine Modekrankheit
„
„
AD(H)S ist ein neurobiologisches heterogenes
Störungsbild mit Besonderheiten in der Informationsverarbeitung des zentralen Nervensystems und der Impulskontrolle.
Noch weitere psychische Störungen oder
Entwicklungsauffälligkeiten können hinzukommen.
AD(H)S-Begleiterkrankungen
„
„
„
„
Oppositionelle Störung des Sozialverhaltens (ca. 50%)
Störung des Sozialverhaltens (ohne oppositionelle Verhaltensstörung) (3050%)
Affektive, vor allem depressive Störungen (10-40%)
Angststörungen (20-30%)
„
„
„
„
Lernstörungen, Teilleistungsschwächen
(10-25%)
Legasthenie (ca. 20%)
Einschlafstörungen (ca. 50%)
Somatisierungsstörungen (20-25%)
(G.Lehmkuhl, 2007)
Mythos Kinderkrankheit
„
„
Mythos: ADHS verschwindet im Jugendlichen-Alter,
das Problem wächst sich aus.
Nein: Studien belegen, dass zwischen 70 und 80%
der Kinder mit der Diagnose ADHS, auch als Jugendliche noch Symptome haben.
Mythos: ADHS ist eine reine Kinder-und Jugendkrankheit.
Nein: Aufgrund von Forschungsergebnissen kann
man davon ausgehen, dass 50-65% aller Kinder mit
einem ADHS auch noch Symptome im Erwachsenenalter haben werden.
(Barkley 2005)
Terminologie
ADD
ADHD
ADS
AD(H)S
TDA
TDAH
THADA
Attention Deficit Disorder
Attention Deficit Hyperactivity Disorder
Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom
Aufmerksamkeits-Defizit-HyperaktivitätsSyndrom (Störung)
Trouble Déficitaire de l’ Attention
Trouble Déficitaire de l’ Attention avec
Hyperactivité
Trouble d’Hyperactivité Avec Déficit de
l’Attention
AD(H)S – Jugendliche …….
„
„
„
„
„
„
sind in ihrer Konzentrationsfähigkeit erheblich
eingeschränkt
sind leicht ablenkbar
oft motorisch unruhig oder verträumt
haben einen oberflächlichen, sprunghaften Wahrnehmungsstil
können Reizeinflüsse nicht gut sortieren und
organisieren
reagieren impulsiv und ecken dadurch mit ihrem
Verhalten an
Sie sind dadurch in allen
Lebensbereichen erheblich
beeinträchtigt.
Die Folge ist, …….
„
„
„
„
dass neben den schulischen Leistungen auch das
Familienleben und Freundschaften leiden können
dass diese Jugendlichen es häufig schwer haben, in
der Gemeinschaft mit peers Anschluss zu finden
dass sie zu Aussenseitern werden
dass ihr Selbstwertgefühl oft sehr niedrig ist
Drei Subtypen (DSM-IV)
1) hyperaktiv-impulsiv
2) unaufmerksam(Träumer)
3) Misch-Typus
Was verbirgt sich unter
der Spitze des Eisbergs?
AD(H)S
Bindungsstörung
Störung des Sozialverhaltens
Trotz und oppositionelles Verhalten
Angststörungen
Umschriebene Entwicklungsstörungen
Schlafstörungen
Tics und Tourette Syndrom
Affektive Störungen
Tiefgreifende Entwicklungsstörungen / Asperger Syndrom
Enuresis und Enkopresis
Abhängigkeitserkrankungen
Beeinträchtigung von Peerbeziehungen und sozialer Fertigkeiten
Negativer Einfluss auf schulische und berufliche Bildung
Konflikt mit Polizei und Justiz
Soft signs I (Subtile Symptome)
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„
Feinmotorik
Mimik
Gestik
Stimmungslabilität
Soft signs II
Störung der Wahrnehmung:
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„
„
„
„
auditiv (oft auditiver Speicher=Kurzzeitgedächtnis zu klein)
visuell (Gegenstände werden übersehen)
propriozeptiv (ungeschickt, tollpatschig)
soziale Signale (feine Stimmungsänderungen
nicht bemerkt)
Schmerz, Hyper-, Hyposensibilität
Soft signs III
Zentrale Regulationsstörungen:
„
Temperatur
„
Hunger
„
Schlaf
„
Blasenkontrolle
„
Schlagartiges Ermüden
AD(H)S als Risiko
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„
30-66% leiden auch im Erwachsenenalter
18-36% zeigen dissoziales Verhalten
Mehr Ausbildungs-und Karriereprobleme
Wenig Freunde, mehr Partnerprobleme
Mehr Unfälle
Drogenabusus häufiger
„
„
Mehr riskante Sexualkontakte
Depressionen, Angststörungen, Suizide
häufiger
AD(H)S in der Adoleszenz
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„
„
„
„
„
Unaufmerksamkeit (Reduktion der
Hyperaktivität)
Null-Bock-Mentalität
Leistungsverweigerung
Oppositionell-aggressives Verhalten
Stark vermindertes Selbstwertgefühl
Ängste
„
„
„
„
„
„
Depressionen
Präferenz für soziale Randgruppen
Erhöhte Risikobereitschaft
Häufiger Verkehrsunfälle
Neigung zu Delinquenz, Alkohol,
Drogen, Nikotin
Vermehrt Frühschwangerschaften
Positive Eigenschaften der
AD(H)S-Persönlichkeit
„
„
„
„
„
„
Hilfsbereit
Gerechtigkeitssinn
Kurzzeitige Höchstleistungen bei hoher
innerer Motivation, dann unermüdlich
und stressresistent
Kreativ, fantasievoll
Eigene Ziele werden hartnäckig verfolgt
Risikobereit
Voraussetzung für eine
gute Therapie
ist eine gute
Diagnostik
Zielsetzung
„
„
„
„
Sichern der Diagnose
Differentialdiagnostische Abgrenzung
Erfassen der qualitativen und quantitativen Ausprägung der individuellen
Symptomatik
Erkennen individueller Umgebungsbedingungen (Aggravationsumstände und
Ressourcen)
Dies schliesst auch ein:
Die 5 Bereiche der multimodalen Sozialpädiatrischen Diagnostik:
„
„
„
„
„
Entwicklungsstand/Intelligenz
Körperlicher-neurologischer Befund
Psychischer Befund
Psychosozialer Hintergrund
Ätiologische Abklärung
und
„
„
„
„
„
„
die 6 Axen des multiaxialen Klassifikationssystems der
Kinder-und Jugendpsychiatrie:
Klinisch psychiatrisches Syndrom
Umschriebene Entwicklungsstörungen
Intelligenzniveau
Körperliche Symptomatik
Aktuelle assoziierte abnorme psychosoziale Umstände
Globalbeurteilung der psychosozialen Anpassung
Zusammenstellung diagnostischer Verfahren
„
Anamnese (Fragebögen):
-Eigenanamnese (Schwangerschaft, Geburt, Entwicklung,
Vorsorgeheft, Schulhefte, Zeichnungen)
-Familienanamnese (Erkrankungen in der Familie, Verhaltensauffälligkeiten, Abhängigkeiten,….)
-Sozialanamnese (Wohn-und Familiensituation, berufliche
Situation und Bildungsweg der Eltern, Tagesablauf, Erziehungsstil, Stärken/Hobbies
-Fremdanamnese (Vorbefunde, Berichte, Zeugnisse)
„
Klinische Untersuchungen:
- Ganzkörperuntersuchung
- Gewicht, Länge, BMI, Blutdruck, Puls
- neurologisch-motoskopische Untersuchung
- Beurteilung des geistigen und psychischen Entwicklungsstandes
- Hörtest, Sehtest
„
Verhaltensbeobachtung:
Während aller Untersuchungen und der Anamnese
„
Video-Beobachtung:
-Erkennen subtiler Symptome und der Interaktion
- Beratung der Eltern und Elterntraining
- Einschätzung des Therapieerfolges
„
Fragebögen:
-Anamnesebögen (z.B. von Skrodzki www.agadhs.de)
- SDQ (Strength-and Difficulties-Questionnaire)
www.sdqinfo.com screent auch auf assoziierte
Störungen; für Patienten, Eltern, Lehrer
- CBCL, ILK zur Erfassung der Lebensqualität
www.kjp.uni-marburg.de/lq/index.php
- ADHS-spezifische Fragebögen:
DSM-IV (Eltern, Lehrer)
DCL-HKS, FBB-HKS (Fremdbeurteilungsbogen HKS)
SBB-HKS (Selbstbeurteilungsbogen ab 11 Jahre)
Conners, VBV (Verhaltensbeurteilungsbogen f.
Vorschulkinder)
usw.
„
Sonderpädagogische Untersuchung:
Aufmerksamkeit, Impulsivität, Motivation,
Wahrnehmung, Grob-und Feinmotorik, Körperschema, Entwicklung, Dominanz, Lernund Arbeitsverhalten, Angst, Depression,
Eltern-Kind-Lehrer-Kind-Beziehung, Ressourcen, Verhalten, Raum-Zeitwahrnehmung
usw.
„
Psychologische Untersuchung:
Entwicklung, Intelligenz, Befindlichkeit,
Persönlichkeit, Aufmerksamkeit, Angst,
Depression, Verhalten, Teilleistungen, Lernund Arbeitsverhalten usw.
Es gibt keinen AD(H)S-spezifischen Test!
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es ?
Therapieziele:
„
„
„
„
„
Verringerung der Kernsymptomatik
Altersadäquate psychosoziale Entwicklung
und Integration
Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehung
Genügend stabiles Selbstwertgefühl
Gewährleistung einer begabungsentsprechenden Schul-und Berufsausbildung
Multimodaler Behandlungsansatz
(Goepel 2004)
(je nach Komplexität, Schweregrad und Ressourcen
kombinierbar)
Kindzentriert
Elternzentriert
• Verhaltensebene
Selbstinstruktion
Soziales Kompetenztraining ☺
(Ziel: Verminderung
problematischer Verhaltensweisen durch
Verbesserung der ElternKind-Interaktion)
• Verhaltensebene
Psychoedukation
Strukturierter Unterricht
• Verhaltensebene
Psychoedukation
Verstärkerprogramme ☺
Orthopädagogie (LRS)
Elternarbeit
Selbstmanagement ☺
• Emotionale Ebene
Psychotherapeutische
Interventionen bei
Angst, Depression,
Stimmungsschwankungen
• Wahrnehmungstraining
Sensorische Integration
Psychomotorik
Auditives Training
Visuelles Training
Schulzentriert
Verhaltensmodifikation☺
Elterntraining ☺
Medikation ☺
(z.B. Methylphenidat)
☺═ höchste
Effektivitätsstufe in
wissenschaftl.
Studien
Unwirksame Verfahren bei
AD(H)S:
„
„
„
„
„
„
„
Festhaltetherapie (Ziel: Verbesserung der Bindungsfähigkeit)
Kinesiologie (Ziel: Kooperation beider Gehirnhälften)
Homöopathie (Ziel: Immunstimulanz)
Bachblütentherapie (Ziel: Verbesserung der Befindlichkeit durch
38 Essenzen
Diätetische Massnahmen (Ziel: Reduktion allergischer Reaktionen)
Spieltherapie (Ziel:Stabilisierung des Selbstwertgefühls, Aufarbeitung von Traumata)
Tomatis-Methode
Günstige Faktoren
MTA – Studie 1999/2003, Weiss 2003, Wilems 2003,
Barkley 2003
Gü
Soz nstig
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Vater kein Alkohol
Schwach
ausgeprägtes
ADHS
IQ
Keine
hoc
n
a
l
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u
Soziale
im
St tien Verhaltensstörungen
Langzeitprognose des
ADHS
„
50-70 % der ADHS-Kinder haben noch
ADHS im Erwachsenenalter (Klein 1991,Hart
1995, Hechtman 1985, Wender 1995,Faraone 1998)
„
4-5 %
ADHS im Erwachsenenalter
(Murphy 1996, Heiligenstein 1998)
Delinquente Jugendliche
„
Rösler 2001:
„
Risiko für eine Delinquenz bei
kindlicher ADHS ist im Jugendalter
um das 5,98 fache erhöht
ADHS und Sucht
Biedermann 2003
80
70
60
50
40
unbehandelte ADHS
N=19
30
behandelte ADHS
N=56
20
Kontrollgruppe
N=137
10
0
Total
Alkohol
Nik
Stim
Kokain
M ar
ADHS und Sucht
Barkley 2003
„
Entscheidender Faktor für
Suchtentstehung bei ADHS:
„
„
Störungen des Sozialverhaltens in der
Kindheit
Medikamentöse Therapie hat evtl.
Schutzfunktionen
Folgen
Gesundheitswesen
Patient
50% – in Motorradunfällen1
3–5x mehr Scheidungen/
Trennungen11,12
33% – Inanspruchnahme von
chir. Ambulanz2
2–4x mehr Geschwisterrivalität13
2–4x mehr Autounfälle3–5
Schule & Beruf
46% der Schule
35% vorzeitig
verwiesen6
abgegangen6
Niedrigerer beruflicher Status7
Familie
Gesellschaft
Höheres Suchtrisiko8
Früherer „Einstieg“9
Wahrscheinlichkeit geringer,
als Erwachsener aufzuhören10
1. DiScala et al. (1998)
6. Barkley et al. (1990)
2. Liebson et al. (2001)
7. Mannuzza et al. (1997)
3. NHTSA (1997)
8. Lojewski et al. (2002)
4+5. Barkley et al. (1993, 1996)
9. Pomerleau et al. (1995)
10. Wilens et al. (1995)
11. Barkley, Fischer et al. (1991)
Arbeitgeber
Eltern nicht am
Arbeitsplatz,
Produktivitätsverlust14
12. Brown & Pacini (1989)
13. Mash & Johnston (1983)
14. Noe et al. (1999)
Effektive Prävention
verlangt …
„
In der Schule
(Neuhaus 1996)
(Uli Stein)
„
„
Eine ADHS-freundliche Lehrerpersönlichkeit
Eine ADHS-freundliche Lernumgebung
ist
istkonsequent,
konsequent,lässt
lässtsich
sich
durch
durchMotzen
Motzennicht
nicht
irritieren,
irritieren,
fordert
fordertangemessen
angemessen
ist
istfreundlich,
freundlich,
gelassen,
gelassen,
zugewandt,
zugewandt,
belastbar
belastbar
ist
istklar
klarund
undecht,
echt,
kommuniziert
kommunizierteigene
eigene
Bedürfnisse
Bedürfnisseohne
ohne
Vorwurf
Vorwurf
ist
istsehr
sehrstrukturiert,
strukturiert,aber
aber
gleichzeitig
gleichzeitigmaximal
maximal
flexibel,
flexibel,kann
kannspontane
spontane
Motivation
Motivationnutzen
nutzen
Ein effektiver
ADHS-Coach . . .
kennt
kenntdie
dieSymptomatik
Symptomatiksehr
sehrgut,
gut,
kann
die
Welt
mit
den
Augen
eines
kann die Welt mit den Augen eines
Betroffenen
Betroffenenbetrachten
betrachtenund
und
sich
sichgut
gutin
indie
die
Befindlichkeiten
Befindlichkeiteneinfühlen,
einfühlen,
um
umWiderstände
Widerständezu
zu
vermeiden
vermeiden
(Neuhaus 1996)
läßt
läßtnicht
nichtauflaufen,
auflaufen,
verhilft
verhilftzum
zumErfolg
Erfolg
hat
hatHumor
Humor
ist
istModell
Modellfür
fürandere
andere
Bezugspersonen
Bezugspersonen
gibt
gibtkontinuierliches
kontinuierlichespositives
positivesFeedback,
Feedback,
honoriert
die
Anstrengungsbereitschaft,
honoriert die Anstrengungsbereitschaft,
ermöglicht
ermöglichteine
einedifferenzierte
differenzierteBeurteilung
Beurteilung
“NEVER,
NEVER, NEVER
GIVE UP!”
Vielen Dank !
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