Versuch: Verbrennungswärme

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Versuch 22: Verbrennungswärme
Jeder chemische Stoffumsatz ist von einem Energieumsatz begleitet. Er kann zum Teil als
Wärmeenergie aufgenommen oder abgegeben, zum Teil als Arbeit (mechanische,
elektromagnetische) aufgewendet oder nutzbar gemacht werden.
Pierre Eugène Marcellin Berthelot (1827-1907) begründete die moderne Kalorimetrie. Er
ließ Reaktionen bei konstantem Volumen (isochor) ablaufen, so dass keinerlei Arbeit
geleistet werden kann. Wegen des möglichen enormen Druckanstiegs in dem Reaktionsgefäß
nennt man dieses die BERTHELOTsche Bombe.
Der Energieumsatz in der Bombe erscheint vollständig in Form der Reaktionswärme
(Wärmetönung), wobei Berthelot die Begriffe exotherm für wärmeentwickelnde und
endotherm für wärmeaufnehmende Reaktionen einführte.
Bei der Reaktion eines Stoffes mit Sauerstoff zu den Oxiden der einzelnen Atomarten spricht
man von der Verbrennungswärme, für technische Brennstoffe ist der sog. Heizwert von
Interesse (Definition von Brenn- bzw. Heizwerten in DIN 5499).
Verbrennungswärmen dienen bei der Anwendung des Satzes von HESS zur indirekten
Bestimmung der Standardbildungs-Energien ΔBU und –Enthalpien ΔBH organischer und
anorganischer Verbindungen sowie zur Berechnung von Standardreaktions-Energien und
-Enthalpien beliebiger chemischer Reaktionen.
Während Berthelot noch glaubte, kalorimetrisch die Freiwilligkeit von Reaktionen vorhersagen zu können, weiß man heute, dass hierzu noch die Veränderung der Entropie S
berücksichtigt werden muss. Diese Größe wird im Folgenden jedoch nicht betrachtet.
Theorie
Die Formulierung des Ersten Hauptsatzes
Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass die Arbeit W und die Wärme Q,
die von einer Umgebung an einem System geleistet bzw. abgegeben werden, gleich ist der
Zunahme der Inneren Energie U dieses Systems:
U final − U initial = W + Q
(1)
Die innere Energie U ist eine Zustandsgröße, die Arbeit W und die Wärme Q dagegen nicht.
Infinitesimale Änderungen der inneren Energie U schreibt man als totales Differential dU,
wohingegen die aufgenommene Arbeit mit δW und die zugeflossene Wärme mit δQ
bezeichnet werden. Zu der Differenz in Gl. 1 gehört also das totale Differential:
dU = δW + δQ
(2)
Um auch die mathematische Definition des totalen Differentials einer Funktion U bilden zu
können, muss man die Variablen kennen, von denen diese Funktion abhängt. Im Fall der
inneren Energie U sind dies der Druck p, die Temperatur T, das Volumen V und schließlich
für jede der k Komponenten des Systems deren Stoffmengen ni (i = 1...k bei k = Anzahl der
Komponenten):
U = U ( p, T ,V , n1, n2 , n3 ,...nk )
(3)
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Nun sind aber der Druck p, die Temperatur T, das Volumen V eines Systems voneinander
abhängig, so dass zwei beliebige Größe aus diesen drei das System bereits vollständig
beschreiben. Entscheidet man sich für die Temperatur T und das Volumen V, erhält man die
kalorische Zustandsgleichung:
U = U (T ,V , n1, n2 , n3 ,...nk )
(4)
Auch hängen die ni voneinander ab, wie aus der Reaktionsgleichung folgt. Diese schreibt man
mit Vorzeichen behafteten, stöchiometrischen Faktoren νi (gr. Buchstabe „klein Ny“) in der
Form:
ν A ⋅ A + ν B ⋅ B + ... → ν C ⋅ C + ν D ⋅ D + ...
mit ν Edukte negativ
(5)
In dem Begriff „Reaktion“ sei auch jede Phasenumwandlung eingeschlossen, ebenso wie mit
zwei „Komponenten“ auch zwei Modifikationen des selben Stoffes gemeint sein können.
Als Beispiel soll das Gefrieren von 1 Mol Wasser dargestellt werden:
n1 = 1 mol H2O(l) und n2 = 0 mol H2O(s) wandeln sich um zu
n1 = 0 mol H2O(l) und n2 = 1 mol H2O(s):
Gl. 5 lautet dann:
− 1 ⋅ H 2O (l ) → 1 ⋅ H 2O ( s )
mit ν A = −1 und
ν C = +1
(6)
Bei Beachtung der Vorzeichen gilt allgemein für jedes beliebige Komponentenpaar i und j:
" Zunahme" ni ν i
=
" Zunahme" n j ν j
mit Abnahme ≡ negative Zunahme
(7)
Für einen infinitesimal kleinen Umsatz folgt aus Gl. 7 allgemein:
dni ν i
=
dn j ν j
⇔
dn A
νA
=
dnB
νB
=
dnC
νC
= ...
(8)
Während die dni aufgrund der Stöchiometrie der Reaktion unterschiedlich groß sein können,
sicher aber unterschiedliche Vorzeichen (Edukte negativ, Produkte positiv) haben, ist die
Relation dni/νi für alle Komponenten gleich und somit geeignet, das Fortschreiten der
Reaktion zu beschreiben. Man definiert die Reaktionslaufzahl ξ (gr. Buchstabe „klein Xi“):
dξ =
dni
νi
n.b. : [ξ ] = mol (nicht di mensionslos!)
(9)
N.b.: Die Reaktionslaufzahl ξ ist keine dimensionslose Zahl, sondern nimmt die Werte von
0 mol (Reaktionsbeginn) bis 1 mol (Reaktionsende) an. Sie beschreibt das Fortschreiten des
Formelumsatzes.
Der in Gl. 4 beschriebene Satz Variabler, von der die Innere Energie U abhängt, kann nun
umgeschrieben werden: Anstelle der Angabe jeder einzelnen Komponenten-Stoffmenge ni
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reicht das Wissen um die (konstanten) Anfangsstoffmengen ni(ξ = 0 mol) und die (variable)
Reaktionslaufzahl ξ aus:
U = U (T ,V , n1ξ = 0 , n2ξ = 0 ,..., nkξ = 0 , ξ )
Jetzt kann die rein mathematische
Funktion U(T,V,...,ξ) aufgestellt werden:
⎛ ∂U ⎞
dU = ⎜
⎟ ⋅ dT
⎝ ∂T ⎠V ,ξ
(10)
Definition
⎛ ∂U ⎞
+⎜
⎟ ⋅ dV
⎝ ∂V ⎠T ,ξ
des
totalen
Differentials
⎛ ∂U ⎞
+ ⎜⎜
⎟⎟ ⋅ dξ
⎝ ∂ξ ⎠T ,V
einer
(11)
N.b.: Während die Funktion U noch von den Konstanten ni0 abhängt, ist das totale Differential dU unabhängig von diesen, formal schon allein deshalb, weil alle dni0 = 0 wären.
Benutzt man diese „Schreibweise“ in Gl. 11 für dU in Gl. 2, erhält man eine wichtige
Formulierung des Ersten Hauptsatzes der Thermodynamik, aus der weitere thermodynamische Größen hergeleitet werden können:
⎛ ∂U ⎞
⎟ ⋅ dT
⎝ ∂T ⎠V ,ξ
δW + δQ = ⎜
⎛ ∂U ⎞
+⎜
⎟ ⋅ dV
⎝ ∂V ⎠T ,ξ
⎛ ∂U ⎞
+ ⎜⎜
⎟⎟ ⋅ dξ
⎝ ∂ξ ⎠T ,V
(≡ dU )
(12)
a) Die Wärmekapazität bei isochorer Prozessführung CV
Wendet man Gl. 12 auf den speziellen Fall an, dass eine Änderung der inneren Energie dU
herbeigeführt wird unter den Bedingungen:
(1) isochore Prozessführung, d.h. V = const. ‹ dV = 0 und
(2) ohne Umwandlung einer Komponente, d.h. ni = const ‹ dni = 0‹ dξ = 0
vereinfacht sich die rechte Seite von Gl. 12 zu:
⎛ ∂U ⎞
dU = ⎜
(13)
⎟ ⋅ dT
⎝ ∂T ⎠V ,ξ
Wenn zusätzlich die Bedingung erfüllt ist:
(3) keine (elektromagnetische) Arbeit wird verrichtet (Volumenarbeit ist mit (1) schon
ausgeschlossen), d.h. δW = 0, gilt für die linke Seite von Gl. 12:
dU = δQ
(14)
Gl. 13 und Gl. 14 zusammengeführt definiert die Wärmekapazität CV eines Systems als die
Wärmemenge, die für eine bestimmte Temperaturerhöhung benötigt wird:
∂U ⎞
⎛ ∂Q ⎞
⎛ ∂Q ⎞
⎟
⎟ ⋅ dT = CV ⋅ dT mit CV ≡ ⎜
⎟ ⋅ dT = ⎜
⎝ ∂T ⎠V ,ξ
⎝ ∂T ⎠V ,ξ
⎝ ∂T ⎠V ,ξ
δQ = ⎛⎜
b) Die Reaktionswärme ΔU
(15)
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Aus dem 1. Hauptsatz in der Form von Gl. 12 kann auch die Definition der Reaktionswärme
ΔU unter isochorer Prozessführung (Bedingung (1), dV = 0), ohne elektromagnetische Arbeit
(Bedingung(3), δW = 0) und bei konstanter Temperatur (isotherme Prozessführung, dT = 0)
herleiten:
⎛ ∂U ⎞
⎛ ∂U ⎞
mit
≡ ΔU
(16)
δQ = ⎜⎜
⎟⎟ ⋅ dξ
⎜⎜
⎟⎟
⎝ ∂ξ ⎠T ,V
⎝ ∂ξ ⎠T ,V
Die Reaktionsenergie ΔU (mit [ΔU] = J/mol) ist die Wärmemenge, die bei einem
Formelumsatz bei einem isochoren und isothermen Prozess ausgetauscht wird. Diese
Wärmemenge muss man also ab- oder zuführen, damit sich die Temperatur des Systems bei
einem Formelumsatz unter konstantem Volumen nicht ändert.
Ist ΔU positiv, steigt die innere Energie bei fortschreitender Reaktion, nämlich aufgrund von
zuzuführender Wärme. Die Reaktion ist endotherm. Andernfalls ist sie exotherm.
N.b.: Die meisten freiwillig ablaufenden Reaktionen sind exotherm, d.h. ΔU < 0. Entscheidend hierfür ist jedoch der Entropie-Term (T·ΔS) in der Definition der Freien Reaktionsenergie ΔA = ΔU - T·ΔS, deren Vorzeichen tatsächlich über die Freiwilligkeit einer Reaktion
unter isochorer Prozessführung entscheidet. Es sind demnach freiwillig ablaufende
Reaktionen denkbar, die endotherm (ΔU > 0) sind, aber eine große Entropie bei hoher
Prozesstemperatur entwickeln (T·ΔS > ΔU > 0 fl ΔA < 0 Ø Freiwilligkeit).
In Gl. 16 wird der Operator Δ verwendet, der in der Thermodynamik (und nur in der
Thermodynamik!) definiert wird als die partielle Ableitung nach der Reaktionslaufzahl:
Operator − Definition :
∂
≡Δ
∂ξ
(17)
Dieser Operator ist a priori kein Zeichen für eine Differenzbildung, was schon aus der
Tatsache folgt, dass er eine Einheit beinhaltet. In der Praxis wird diese Spitzfindigkeit jedoch
gerne übergangen. So heißt es über die anschauliche Bedeutung von ΔU:
Die Reaktionsenergie ΔU ist die Differenz aus den inneren Energien der Produkte und der
Edukte (bezogen auf einen Formelumsatz in der Einheit J/mol).
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Isochore versus isobare Prozessführung
Für gewöhnlich werden chemische Umwandlungen nicht isochor in Bomben durchgeführt,
sondern isobar bei konstantem (Luft-) Druck. Selbst wenn im Laufe der Reaktion hohe
Drücke entstehen, werden die Produkte meist wieder auf den ursprünglichen Druck entspannt.
Ausgehend von dem Ersten Hauptsatz der Thermodynamik (Gl. 12) können analog Größen
entwickelt werden, die nicht isochore Verhältnisse sondern die isobare Prozessführung
beschreiben:
H = U + pV
Enthalpie
dH = dU + dp ⋅ V + p ⋅ dV
U innere Energie
dU = δW + δQ
d U V = δQ
dH
⎛ ∂U ⎞
⎛ ∂Q ⎞
CV = ⎜
=⎜
⎟
⎟
⎝ ∂T ⎠V ,ξ ⎝ ∂T ⎠V ,ξ
⎛ ∂U ⎞
⎟⎟ ⋅ dξ
⎝ ∂ξ ⎠V ,T
⎛ ∂U ⎞
; ⎜⎜
≡ ΔU
⎟⎟
⎝ ∂ξ ⎠V ,T
R eaktionswä rme
R eaktionsen ergie
δQ = ⎜⎜
ΔU
ΔU
ΔA = ΔU − T ⋅ ΔS Freie Reaktionsenergie
p
= − p ⋅ dV + δQ + dp ⋅ V + p ⋅ dV = δQ
⎛ ∂H ⎞
⎛ ∂Q ⎞
Cp = ⎜
⎟ =⎜
⎟
⎝ ∂T ⎠ p,ξ ⎝ ∂T ⎠ p ,ξ
⎛ ∂H
⎝ ∂ξ
⎞
⎛ ∂H ⎞
≡ ΔH
⎟⎟ ⋅ dξ ; ⎜⎜
⎟⎟
⎠ p,T
⎝ ∂ξ ⎠ p,T
ΔH R eaktionswä rme ( gleichfall s!)
ΔH R eaktionsen thalpie
δQ = ⎜⎜
(2’)
(14’)
(15’)
(16’)
ΔG = ΔH − T ⋅ ΔS Freie Reaktionsenthalpie
(GIBBS − HELMHOLTZsche Gleichung )
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Aufgabe
Bestimmen Sie die Verbrennungswärme einer
BERTHELOTschen Verbrennungskalorimeter.
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festen
organischen
Substanz
im
Versuchsvorbereitung
Grundlagen
Hauptsätze der Thermodynamik
Molwärme von Festkörpern, Flüssigkeiten und Gasen
GIBBS HELMHOLTZ Gleichung
Reaktionen zwischen reinen Phasen
(Standard)-Bildungsenthalpie
HESSscher Satz
Temperaturabhängigkeit der Reaktionsenergie
Kirchhoffsches Gesetz
Freie (Standard) Bildungsenthalpie
Reaktionen in realen Mischphasen
Lösungs- und Verdünnungswärmen
Reaktionsenergie in realen Mischphasen
Kalorimetrie
adiabatisches Kalorimeter
BERTELOTsches Verbrennungskalorimeter
Korrektur für den Wärmeaustausch zwischen Kalorimeter und Umgebung
Versuchsdurchführung
Das BERTHELOTsche Verbrennungskalorimeter
Die Verbrennungswärme fester Stoffe wird im BERTHELOTschen Verbrennungskalorimeter
gemessen. Es besteht aus einem Wasserkalorimeter, das durch einen zylinderförmigen, mit
Wasser gefüllten Mantel von der äußeren Umgebung isoliert ist, und dem BERTHELOTschen
Reaktionsgefäß, in dem die Verbrennung der Versuchssubstanz bei konstantem Volumen
vorgenommen wird. Durch den abschraubbaren Deckel des druckfesten Reaktionsgefäßes
sind Stäbe für die Zündung und Zu- und Ableitung des Sauerstoffs gelegt. Die Kalorimeterflüssigkeit wird während des Versuches ständig mit einem eingebauten Magnetrührer
umgewälzt. Nach der spontan verlaufenden Verbrennung der Substanz verteilt sich die
entwickelte Wärmemenge q zunächst im Reaktionsgefäß, auf seine Wand und mit einer
zeitlichen Verzögerung auf die Kalorimeterflüssigkeit, in der die Temperaturerhöhung Δ T
mit einem Spezialthermometer (0,01 K-Einteilung) gemessen wird. Es gilt:
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q = CV ÿΔT
(14)
mit CV: Wärmekapazität des Kalorimeters.
Man ermittelt sie entweder rechnerisch aus den Massen und den spezifischen Wärmen seiner
Bestandteile, oder man erhält sie mittels Kalibrierung, indem man dem Kalorimeter eine
definierte Wärmemenge q zuführt und die Temperaturerhöhung Δ T des Kalorimeters misst.
Auch bei bester Isolation des Kalorimeters lässt sich ein Wärmeaustausch mit der Umgebung
nicht ganz ausschließen. Je länger der Wärmeausgleich zwischen Reaktionsgefäß und dem
angrenzendem Wasser im Kalorimeter dauert, um so mehr Wärme wird mit der Umgebung
ausgetauscht. Dieser Wärmeaustausch muss bei der Temperaturerhöhung Δ T durch eine
Korrektur ∈ berücksichtigt werden. Dazu unterteilt man den Versuch in drei Abschnitte, den
Vor-, Haupt- und Nachversuch. Der Vorversuch beginnt, sobald alle Teile des Kalorimeters
die gleiche Temperatur angenommen haben und die Änderung der Kalorimetertemperatur T
mit der Zeit t, zu deren Messung etwa 6 bis 8 Temperaturablesungen in gleichen
Zeitabständen (30 s) erforderlich sind, nahezu linear verläuft. Mit der letzten Ablesung des
Vorversuches, die zugleich die erste des Hauptversuches ist, wird die Wärmemenge q
zugeführt. Der Hauptversuch ist beendet, wenn sich die Temperaturunterschiede im
Kalorimeter erneut ausgeglichen haben. Im Nachversuch wird wie im Vorversuch der
Temperaturgang des Kalorimeters gemessen.
Für eine exotherme Reaktion erhält man schematisch folgendes T-t-Diagramm:
T
P1
F1
F2
P2
t
Abb. 1:
T-t-Diagramm zur Bestimmung von Δ T
Wärme kann durch Leitung, Konvektion und Strahlung transportiert werden. Für die
Temperaturänderung mit der Zeit durch den Wärmeaustausch zwischen Kalorimeter und
Umgebung kann, wenn der Temperaturunterschied zwischen beiden gering ist, das
NEWTONsche Abkühlungsgesetz
dT/dt = r - a·(T – Tu)
(15)
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angewendet werden. Tu bedeutet die konstante Umgebungstemperatur, a die Abkühlungskonstante (a hängt von der Wärmeleitfähigkeit der Kalorimeterisolation ab). Die Konstante r
berücksichtigt die zeitliche Temperaturänderung durch die mechanische Arbeit des Rührers.
Wendet man (15) auf die linearen Kurvenabschnitte des Vor- und Nachversuchs an, so gilt
(dT/dt)v = ΔTv/to = r - a (Tv - Tu)
(16)
(dT/dt)n = ΔTn/to = r - a (Tn - Tu)
(17)
und
ΔTv und ΔTn bedeuten die mittleren Temperaturanstiege zwischen zwei Ablesungen bezogen
auf ein Zeitintervall (to = 30 s) des Vor- bzw. Nachversuchs (bei Temperaturerniedrigung
ändert sich das Vorzeichen), Tv und Tn die mittleren Temperaturen des Vor-und
Nachversuchs. Subtrahiert man (16) von (17), so folgt für die Abkühlungskonstante
a=
(ΔTn −ΔTv ) t o
(18)
Tv −Tn
r lässt sich z. B. aus (17) ermitteln:
r = ΔTn/to + a (Tn - Tu)
(19)
Eliminiert man r durch Gleichsetzen von (15) und (19), gilt:
dT/dt = ΔTn/to + a (Tn - Tu) - a (T - Tu)
oder
dT/dt = ΔTn/to + a (Tn - T)
(20)
Mit (18) gilt (die Variablen sind nicht „getrennt“!):
⎡
(Δn−Δv ) t o T −T ⎤dt
dT=⎢ΔTn t o +
⎥
n
Tv− Tn
⎣⎢
⎦⎥
(
)
(21)
Integriert man (21) über den Zeitraum des Hauptversuchs, so erhält man die durch Wärmeaustausch verursachte Temperaturänderung ∈
tk
(
t
⎡
⎤
) (ΔTnT− −ΔTTv ) to ⎢Tn (tk − t1)− ∫ Tdt ⎥
∫ dT ≡ ∈ = (ΔTn to ) tk− t1 +
k
(22)
⎢⎣
⎥⎦
t1
mit
t1: die Zeit der ersten Temperaturmessung des Hauptversuchs
tk: die Zeit der letzten Temperaturmessung des Hauptversuchs.
Das Integral auf der rechten Seite von (22) entspricht näherungsweise („Trapezverfahren“)
der Fläche unter der Verbindungslinie („Sehnen“) der Messpunkte:
t1
v
n
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tk
mit
⎛ i=k −1
T +T ⎞ t − t
⎜⎜ ∑ Ti + 1 k ⎟⎟ k 1
T
dt
=
∫
2 ⎠ x
⎝ i=2
t1
Ti: die gemessenen Temperaturen
(23)
x: die Zahl der Ableseintervalle im Hauptversuch.
Berücksichtigt man, dass
(tk - t1) / to = x ,
folgt aus (22)
∈ = xΔn +
⎛ i=k −1
⎞
Δn − Δv
(x Tn − ⎜⎜ ∑ Ti + T1 + Tk ⎟⎟
Tv − Tn
2 ⎠
⎝ i= 2
Der korrigierte Temperaturanstieg Δ T des Kalorimeters ist dann gleich
Δ T = Tk - T1 - ∈
(24)
Zur Durchführung der Messung wird die Substanz, deren Verbrennungswärme bestimmt
werden soll, zu einer Pille gepresst, die genau gewogen wird. (Hierbei ist sorgfältig darauf zu
achten, dass der Presswerkzeugstempel in seiner Führung nicht verkantet.) Die Pille wird eng
mit einem ungefähr 0,1 mm starken Eisendraht umwickelt, dessen Masse ebenfalls durch
Wägung zu bestimmen ist. Der Eisendraht kann auch in die Pille eingepresst werden, indem
er locker in die Kerben des Unterteils des Presswerkzeugstempels eingelegt wird. Die umwickelte Pille wird mit den Enden des Eisendrahtes an die beiden Stromzuführungen im
Deckel des Reaktionsgefäßes befestigt, wobei auf guten Kontakt zu achten ist. Nun wird das
Reaktionsgefäß vorsichtig zugeschraubt, mit reinem Sauerstoff gespült und anschließend auf
einen Druck von 2,5·106 bis 3,0·106 Pa gefüllt.
Der Sauerstoff wird einer Stahlflasche über ein Manometer mit Überdruckventil (eingestellt
auf ungefähr 3,0·106 Pa) entnommen. Das Reaktionsgefäß wird in das Kalorimeter gebracht
und auf Dichtigkeit geprüft. Das Reaktionsgefäß soll so tief im Wasser stehen, dass lediglich
die beiden Stromzuführungen trocken sind. Vor der Zündung prüft man den Eisendraht auf
Stromdurchgang (Kontrolllampe leuchtet bei Betätigung des Druckschalters "Kontrolle" auf).
Die Zündung erfolgt mit 15 V Gleichspannung, nachdem der Temperaturgang des Kalorimeters im Vorversuch bestimmt ist. Während der drei Versuchsperioden wird die Kalorimetertemperatur in gleichen Zeitabständen (30 s) kontrolliert.
Auswertung der Messergebnisse
Entsprechend der Theorie ist die bei der Zündung und Verbrennung der Substanz und des
Eisendrahtes in dem Reaktionsgefäß freiwerdende Wärmemenge gleich der vom Kalorimeter
aufgenommenen Wärmemenge, die sich aus der Wärmekapazität CV und dem Temperaturanstieg Δ T errechnen lässt. Bei Vernachlässigung der JOULEschen Zündwärme gilt:
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VS ⋅ mS + VE ⋅ mE = C ⋅ Δ T
(25)
wenn VS die spezifische Verbrennungswärme der Versuchssubstanz, VE die spezifische
Verbrennungswärme des Eisendrahtes (VE = 5,442 kJ/g), mS und mE ihre Massen
bezeichnen.
Die Temperaturdifferenz Δ T lässt sich mit hinreichender Genauigkeit graphisch ermitteln. In
Abb. 1 wird der praktisch lineare Kurvenverlauf im Vor- und Nachversuch extrapoliert. Man
legt dann eine senkrechte Gerade so, dass die Flächen F1 und F2 gleich groß sind. Die
Differenz Δ T der Temperaturen in den Schnittpunkten P1 und P2 dieser Geraden mit den
extrapolierten Geraden des Vor- und Nachversuches ist der Temperaturanstieg, den man
beobachten würde, wenn das Kalorimeter keine Wärme mit seiner Umgebung austauscht. Auf
diese Weise erspart man sich die umfangreiche Rechnung für die numerische Auswertung, die
jedoch für eine Messung zur Kontrolle des graphischen Δ T-Wertes auszuführen ist.
Die Wärmekapazität C des Kalorimeters wird durch zwei Messungen mit Saccharose als
Kalibriersubstanz (die Verbrennungswärme beträgt 16,62 kJ/g) ermittelt, die vor und nach den
Messungen mit der Versuchssubstanz ausgeführt werden sollen. Als Verbrennungswärme der
Versuchsubstanz ist der aus (mindestens) zwei Einzelmessungen erhaltene Mittelwert
anzugeben.
Literatur
Thermochemie (2. Auflage), S. 22-33
Walter de Gruyter, Berlin 1952
P. W. ATKINS
Physikalische Chemie, Kap. 4, Abschn.
5.4c, Abschn. 6.2a
Verlag Chemie, Weinheim 1996
M. BERTHELOT
Ann. Chim. Phys. 23 (1881) 160
H.-D. FÖRSTERLING, H. KUHN
Praxis der Physikalischen Chemie, S.
91-94, S. 36-37
Verlag Chemie, Weinheim 1991
D. P. SHOEMAKER, C. W. GARLAND,
J. W. NIBLER
Experiments in Physical Chemistry (5th
Edition), pp. 153-69
McGraw-Hill Book Co, Singapore 1989
G. WEDLER
Lehrbuch der Physikalischen Chemie,
Abschn. 1.1.11-1.1.14
Verlag Chemie, Weinheim 1997
G. KORTÜM
Einführung in die chemische
Thermodynamik, Kap. III.5
Verlag Chemie, Weinheim 1982
W. A. ROTH
Für diesen Versuch werden
Chemikalien mit folgenden R-und SSätzen ausgegeben.
R 11
Leichtentzündlich
R 22
Gesundheitsschädlich bei
Berührung mit der Haut
R 36/38
Reizt die Augen und die
Haut
S 26
Bei Berührung mit den
Augen sofort gründlich
Wasser spülen und Arzt
konsultieren
mit
S 36
Bei der Arbeit geeignete
Schutzkleidung tragen
S 24/25
Augen
Berührung mit den
und der Haut vermeiden
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