NACH DER TRANSPLANTATION: WENN DIABETES ENTSTEHT

Werbung
NACH DER TRANSPLANTATION:
WENN DIABETES ENTSTEHT
Eine Informationsbroschüre für Patienten
EINLEITUNG
2
3
NACH DER TRANSPLANTATION:
WENN DIABETES ENTSTEHT
Eine Informationsbroschüre für Patienten
Liebe Patientin, lieber Patient,
die Transplantation ist ein Ereignis in Ihrem Leben, das
vieles verändert und neben Chancen auch Risiken birgt.
Dazu gehört auch das Risiko einer Folgeerkrankung,
wie z. B. der Entwicklung eines Diabetes mellitus nach
der Transplantation.
Dabei geht es Transplantierten wie den ca. sechs Millionen
aus anderen Gründen an Diabetikes erkrankten Patienten
in Deutschland: Eine frühzeitige Erkennung und Behandlung der Erkrankung sowie die Anpassung der Ess- und
Lebensgewohnheiten können helfen, den Diabetes und die
Folgen in Schach zu halten.
Mit dieser Broschüre möchten wir Ihnen helfen, die Folge­
erkrankung Diabetes besser zu verstehen und damit
besser umzugehen.
Ihre
Novartis Pharma GmbH
Inhaltsverzeichnis
Einleitung............................................................................................................................ 3
Diabetes mellitus nach der Transplantation.......................................... 6
Wie erhöhte Blutzuckerwerte entstehen................................................... 7
Ursachen erhöhter Blutzuckerwerte............................................................... 8
Insulinmangel.......................................................................................................................... 8
Insulinresistenz....................................................................................................................... 8
Sekretionsstörung................................................................................................................ 9
Erhöhte Blutzuckerwerte rechtzeitig erkennen.................................... 10
Untersuchungsmethoden....................................................................................... 11
Blutzucker.............................................................................................................................. 11
Oraler Glukosetoleranztest......................................................................................... 12
HbA1c..................................................................................................................................... 12
Harnzucker........................................................................................................................ 13
Typische Beschwerden.................................................................................... 14
4
5
Behandlung........................................................................................................................ 15
Mehr bewegen.................................................................................................................... 15
Anders essen....................................................................................................................... 16
· Gewicht reduzieren........................................................................................................ 16
· Essgewohnheiten auf dem Prüfstand............................................................... 16
· Ausgewogen essen....................................................................................................... 17
· Kohlenhydrate................................................................................................................... 18
· Kohlenhydrate berechnen?...................................................................................... 20
· Auf Kochsalz achten..................................................................................................... 21
Kleines ABC der Ernährung................................................................................. 22
Behandlung........................................................................................................................ 28
Tabletten.................................................................................................................................. 28
Insulin........................................................................................................................................ 29
Unterzuckerung.............................................................................................................. 30
Symptome.............................................................................................................................. 30
Ursachen................................................................................................................................. 31
Behandlung........................................................................................................................... 32
Langzeitfolgen................................................................................................................. 34
Diabetische Retinopathie.............................................................................................. 34
Diabetische Nephropathie........................................................................................... 35
Diabetische Neuropathie.............................................................................................. 36
Gesundheits-Pass Diabetes................................................................................ 37
Anhang
Fachwörtererklärung.................................................................................................. 38
Adressen............................................................................................................................... 42
Tabelle zum Body-Mass-Index.......................................................................... 43
DIABETES MELLITUS NACH DER TRANSPLANTATION
Nicht selten kommt es nach einer Transplantation zu einem Anstieg der Blutzuckerwerte. Diese als Posttransplant-Diabetes mellitus (PTDM) bezeichnete Entgleisung
des Blutzuckers kann unter Umständen auch auf die Einnahme einiger Medikamente
zurückgeführt werden, die notwendig sind, um eine Abstoßung des neuen Organs zu
verhindern. Untersuchungen zeigen, dass bis zu 30 % aller Patienten im ersten Jahr
nach der Transplantation einen Diabetes mellitus entwickeln. Die Häufigkeit, an dieser
Stoffwechselstörung zu erkranken, nimmt in den folgenden Jahren kontinuierlich zu.
Erbveranlagung, Übergewicht, Bewegungsmangel und höheres Lebensalter tragen
dazu bei, dass etwa 15 Jahre nach der Transplantation jeder 3. Betroffene an Diabetes
mellitus erkrankt. Das Risiko steigt an, je länger die Transplantation zurückliegt.
Erhöhte Blutzuckerwerte sollten nicht auf die leichte Schulter genommen werden: Entwickelt
sich ein Diabetes mellitus nach einer Transplantation, so erhöht sich das Risiko einer
Transplantatabstoßung um das 3- bis 4fache. Längerfristig erhöhte Blutzuckerwerte
können bestehende Gefäßveränderungen, z. B. Verkalkungen, verschlimmern. Dies gilt
insbesondere für Patienten nach einer Nieren-, Herz- oder Pankreastransplantation. Die
Betroffenen haben oft bereits vor der Transplantation ein erhöhtes Risiko für Gefäß­schä­
digungen, das bei einem bestehenden Diabetes mellitus durch eine gute Blutzuckerein­
stellung, und auch durch eine Normalisierung von Blutdruck und Blutfetten und komplette
Tabakabstinenz, erheblich verringert wird. Erhöhte Blutzuckerwerte können in einigen
Fällen auch zu einer Funktionsverschlechterung des neuen Organs führen. Auch neue,
Diabetes-bedingte Folgererkrankungen können sich entwickeln.
Manchmal treten erhöhte Blutzuckerwerte auch nur in den ersten Wochen nach der Trans­
plantation auf und normalisieren sich wieder, wenn die anfangs notwendige hohe Dosis
der Medikamente reduziert werden kann. Das Auftreten eines Posttransplant-Diabetes
mellitus ist jedoch ein Zeichen dafür, dass die Bauchspeicheldrüse, die enorm anpassungs­
fähig ist und hohe Anforderungen über viele Jahre kompensieren kann, in ihrer Funktion
nachlässt. Die Möglichkeit, dass es später erneut zu einem Blutzuckeranstieg kommt, ist
hoch. Vor allem, wenn sich die Bedingungen ändern, zum Beispiel durch eine Gewichts­
zunahme, verminderte Bewegung oder die Einnahme von Kortison.
Zur Erfassung einer gestörten Blutzuckersituation bzw. eines Diabetes mellitus stehen
verschiedene Untersuchungsmethoden zur Verfügung. Die Diagnose eines Posttrans­
plant-­Diabetes mellitus ist mit der eines Typ-2 zu vergleichen, auch hinsichtlich der Be­
handlungsmöglichkeiten.
6
7
WIE ERHÖHTE BLUTZUCKERWERTE ENTSTEHEN
In unserem Körper ist die Bauchspeicheldrüse bzw. das von ihr gebildete Insulin
maßgeblich für die Verwertung von Zucker verantwortlich, der aus der Nahrung aufge­
nommen wird. Das gilt aber nicht nur für den Zucker in Süßwaren, Obst, Nudeln oder
Milch, sondern auch für den in der Leber gespeicherten Zucker (so genanntes Glykogen),
der rund um die Uhr in kleinen Mengen an das Blut abgegeben wird. Vereinfacht
dargestellt kann man sich Insulin als einen Schlüssel vorstellen, der an bestimmten
Stellen der Körperzellen, den Schlüssellöchern (Insulinrezeptoren), andocken kann
und die Zelle anweist, Glukose aus dem Blut aufzunehmen und zu verarbeiten.
Erhöhte Blutzuckerwerte bzw.
ein Diabetes mellitus entstehen
dann, wenn
· die Bauchspeicheldrüse nicht
mehr genug oder gar kein Insulin
bilden kann
· die Insulinrezeptoren nicht mehr
richtig funktionieren (so genannte
Insulinresistenz)
Diabetes mellitus nach der Transplantation | Wie erhöhte Blutzuckerwerte entstehen
URSACHEN ERHÖHTER BLUTZUCKERWERTE
Insulinmangel
Kommt es zu einem vollständigen Erliegen der körpereigenen Insulinproduktion, so spricht
man von einem absoluten Insulinmangel. Diese Situation liegt beim Typ-1-Diabetes mellitus
vor, bei dem das eigene Immunsystem irrtümlicherweise alle Insulin-produzierenden Zellen
zerstört. Auch bei einem langjährigen Typ-2-Diabetes mellitus kann die Insulinproduktion
weitgehend oder vollständig zum Erliegen kommen. Diese Stoffwechselstörung kann nur
durch die Gabe von Insulin behandelt werden. Ein relativer Insulinmangel liegt vor, wenn
die Insulinmenge unter normalen Bedingungen ausreichend wäre, aber beispielsweise
durch Medikamente, Übergewicht, eine Infektion oder andere Erkrankungen ein erhöhter
Bedarf besteht, der nicht adäquat gedeckt werden kann.
Insulinresistenz
Wenn das körpereigene Insulin nicht mehr richtig an den Rezeptoren andocken kann und
die Körperzellen das Signal zur Insulinaufnahme ignorieren, dann liegt eine Insulinresistenz
vor. Als Folge zirkuliert mehr Zucker in der Blutbahn, der Blutzuckerspiegel steigt an. Vor
allem Muskulatur, Leber und Fettgewebe reagieren weniger empfindlich auf Insulin. Eine
Insulinresistenz wird durch verschiedene Faktoren begünstigt. So kann zum Beispiel das
Hormon Kortison die Wirksamkeit des Insulins abschwächen.
Besteht oder entwickelt sich ein Übergewicht vor allem im Bauchbereich, so hat das fast
immer einen negativen Einfluss auf die Insulinrezeptoren. Im Umkehrschluss können durch
Übergewicht beeinträchtigte Rezeptoren durch eine Reduzierung des Körpergewichts
relativ gut wieder zu einer normalen Funktion zurückfinden. Auch Bewegungsmangel,
Rauchen, Stress, erhöhtes Lebensalter, genetische Faktoren oder Infektionskrankheiten,
wie zum Beispiel Hepatitis C, können die Insulinresistenz erhöhen.
Im Rahmen einer Insulinresistenz kann es sogar vorübergehend zu einer Überproduktion
von Insulin kommen. Der Körper versucht, die verminderte Ansprechbarkeit der Zellen auf
Insulin zu kompensieren und schüttet immer höhere Mengen an Insulin aus, um den Blut­
zucker zu normalisieren. Doch irgendwann reicht auch die höhere Insulinausschüttung
nicht mehr aus. Die Blutzuckerwerte steigen an.
8
9
Sekretionsstörung
Bei einer Insulinsekretionsstörung kann die Bauchspeicheldrüse das aktuell benötigte
Insulin nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stellen. Zu kleine Mengen oder eine
verzögerte Insulinausschüttung charakterisieren die Störung, die unter anderem auch
durch die Immunsuppression mit einer bestimmten Substanzgruppe, den sogenannten
Calcineurininhibitoren, hervorgerufen werden kann.
Im Prinzip ähnelt der nach einer Transplantation entstandene Diabetes (PTDM) einem
Typ-2-Diabetes mellitus, der sich unabhängig von einer Transplantation entwickelt. In­sulin­
resistenz und/oder eine Sekretionsstörung sind jeweils die Ursachen für einen gestörten
Blutzuckerstoffwechel.
WICHTIG!
Einige Medikamente, die nach der
Transplantation das neue Organ
vor Abstoßungsreaktionen schützen
sollen, erhöhen gleichzeitig das
Risiko, einen Diabetes mellitus zu
entwickeln. Keinesfalls sollten diese
Medikamente eigenmächtig ab­
gesetzt werden, wenn erhöhte
Blutzuckerwerte auftreten. Zusam­
men mit dem behandelnden Arzt
sollte eine Therapieoptimierung
abgewogen werden.
Ursachen erhöhter Blutzuckerwerte
ERHÖHTE BLUTZUCKERWERTE RECHTZEITIG ERKENNEN
Erhöhte Blutzuckerwerte gehen nicht immer mit den typischen Beschwerden einher.
Manchmal werden sie nur zufällig erkannt, zum Beispiel bei einer routinemäßigen
Blutuntersuchung.
In der ersten Zeit nach der Transplantation sollte der Blutzucker genauso häufig gemessen
werden wie das Serum-Kreatinin und andere wichtige Laborwerte. Viele Faktoren können
in dieser Phase eine Insulinresistenz begünstigen, die sich nach 3 bis 6 Monaten häufig
wieder normalisiert. Abnorme Blutzuckerwerte in dieser Zeit weisen darauf hin, dass
eine Störung des Zuckerstoffwechsels unter sich ändernden Bedingung möglich ist.
Aus diesem Grund wird empfohlen, einmal im Quartal den Nüchtern-Blutzucker zu messen. Darüber hinaus kann ein Blutzuckerbelastungstest (s. u.) die Insulinsekretionsreserve
der Bauchspeicheldrüse ermitteln und einen Diabetes mellitus nachweisen, selbst wenn
noch normale Nüchternblutzuckerwerte bestehen.
10
11
UNTERSUCHUNGSMETHODEN
Blutzucker
Zur Bestimmung des Blutzuckers wird unter ambulanten Bedingungen ein Blutstropfen
aus der seitlichen Fingerbeere oder dem Ohrläppchen (Kapillarblut) gewonnen und der
Zuckergehalt ermittelt. Meistens wird der Blutzucker zusätzlich im Rahmen einer Blut­
abnahme (venöses Blut) bestimmt. Der Blutzuckerwert, der aus venösem Blut bestimmt
wurde, ist etwas niedriger als derjenige aus Kapillarblut. Das liegt daran, dass in den Venen
Blut fließt, dem die verschiedenen Organe bereits Nährstoffe, unter anderem auch Zucker,
entzogen haben.
Liegt der Blutzucker bei einer Routineuntersuchung über 200 mg/dl (11,1 mmol/l), dann
sollte die Untersuchung wiederholt werden, wenn keine Diabetes-typischen Beschwerden
vorliegen. Zur besseren Abklärung sollte der Nüchternblutzucker ermittelt werden. Werte
über 110 mg/dl (6,1 mmol/l) weisen auf einen gestörten Blutzuckerstoffwechsel hin.
Liegen die Nüchternblutzuckerwerte zwischen 110 und 126 mg/dl (6,1 und 7,1 mmol/l), so
spricht man von einer abnormen Nüchternglukose. Es liegt noch kein Diabetes mellitus vor,
die Blutzuckerwerte sollten jedoch regelmäßig kontrolliert werden. Manchmal wird auch ein
oraler Glukosetoleranztest durchgeführt, um Informationen über eine gestörte Blutzucker­
situation zu erhalten. Ab Nüchernblutzuckerwerten > 126 mg/dl (> 7,1 mmol/l) liegt ein
Diabetes mellitus vor.
WICHTIG!
Die Blutzuckerbestimmung muß in
einem zertifizierten Labor „nass­
chemisch“ vorgenommen werden.
Handelsübliche Geräte, die Blut­zucker­
messstreifen verwenden, sind auf­grund
der begrenzten Messge­nauig­keit nicht
geeignet zur Diagnose­stellung eines
Diabetes mellitus.
Erhöhte Blutzuckerwerte rechtzeitig erkennen | Untersuchungsmethoden
UNTERSUCHUNGSMETHODEN
Oraler Glukosetoleranztest
Der orale Glukosetoleranztest (oGTT) wird auch als Zuckerbelastungstest bezeichnet. Er
dient dem Nachweis einer gestörten Glukoseverwertung und ist somit ein Verfahren zur
Früherkennung eines Diabetes mellitus. Im Rahmen der Untersuchung wird festgestellt,
inwieweit der Körper eine zuvor festgelegte Menge Zucker verarbeitet. An den drei Tagen
vor dem Test sollte sich der Patient kohlenhydratreich ernähren (mehr als 150 Gramm
Kohlenhydrat/Tag, entsprechend normaler Mischkost), ab 22.00 Uhr am Vortag nüchtern
bleiben und vor dem Test nicht rauchen, sowie keinen Alkohol, Kaffee oder Tee trinken).
Zum Toleranztest werden 75 Gramm in Wasser gelöste Glukose getrunken und in be­
stimmten Abständen der Blutzucker bestimmt. Liegt der Blutzucker 2 Stunden nach der
Einnahme der glukosehaltigen Lösung zwischen 140 und 200 mg/dl (7,8 – 11,2 mmol/l) so
liegt eine gestörte Glukosetoleranz, bei einem Wert über 200 mg/dl (11,2 mmol/l) ein
Diabetes mellitus vor.
HbA 1c
Der HbA1c-Wert wird umgangssprachlich auch als Blutzuckergedächtnis oder Langzeitzucker­
wert bezeichnet. Er beschreibt, in welcher Menge sich Zucker aus dem Blut in den letzten
8 bis 10 Wochen an den roten Blutfarbstoff (Hämoglobin) angelagert hat. Bei Gesunden
liegt der HbA1c-Wert zwischen 4 und 6,1 %. Je mehr Zucker im Blut ist, desto mehr Blut­
farbstoff „verzuckert“. Eine dauerhafte Anlagerung des Zuckers an das Hämoglobin erfolgt
erst nach einigen Stunden. Aus diesem Grund wirken sich kurzfristige Blutzuckerspitzen
nicht sehr stark auf den Langzeitzuckerwert aus. Bei der Beurteilung des HbA1c-Wertes ist
es wichtig, den Normbereich des zuständigen Labors zu kennen, da sich die Normbereiche
von Labor zu Labor unterscheiden können.
Bei Diabetikern wird ein HbA1c-Wert angestrebt, der möglichst nah am Normbereich
liegt. Nur so ist es möglich, sich vor Blutzucker-bedingten Folgeschäden zu schützen. Ein
HbA1c-Wert bis 6,5 % weist auf eine gute Stoffwechseleinstellung hin, Werte über 7 %
gelten als verbesserungswürdig. Im Gespräch mit dem behandelnden Arzt wird der indi­
viduelle Ziel-HbA1c-Wert festgelegt. Der HbA1c-Wert ist kein geeigneter Messwert zum
Nachweis eines Diabetes mellitus, sondern wichtig zur Verlaufskontrolle.
12
13
Harnzucker
Eine Folge erhöhter Blutzuckerwerte ist das Auftreten von Zucker im Urin (Glucosurie). Bei
Werten über 180 mg /dl (10 mmol / l) können die Nieren den überschüssigen Zucker nicht
mehr zurückhalten, die so genannte Nierenschwelle ist überschritten. Gleichzeitig kommt
es zu vermehrtem Wasserlassen, da die Wasserspeicherfähigkeit der Nieren beeinträchtigt
ist. Die Wasserverluste führen zu vermehrtem Durst.
Der Glucosurie verdankt die
Er­kran­kung auch ihren Namen:
Diabetes mellitus kommt aus dem
Griechischen und bedeutet honig­süßes
Hindurchfließen. Der Nachweis von
Zucker im Harn reicht aber nicht aus, um
die Diagnose Diabetes mellitus stellen zu
können, da sich die Nierenschwelle unter
bestimmten Bedingungen und mit zu­
neh­mendem Lebensalter ändert. Ihm
sollte immer eine Blutunter­suchung
folgen, um das Ausmaß der Blutzucker­
erhöhung festzustellen.
Untersuchungsmethoden
TYPISCHE BESCHWERDEN
Typische Symptome erhöhter Blutzuckerwerte sind vermehrtes Wasserlassen, vor
allem nachts, starker Durst, ungewollter Gewichtsverlust und/oder Sehstörungen.
Viele Betroffene fühlen sich müde und schlapp, manche klagen über eine extrem
trockene Haut oder Juckreiz, nicht selten treten vermehrt Harnwegsinfekte auf.
Erklärt werden können diese Beschwerden dadurch, dass der Körper den überschüssigen
Blutzucker über den Harn loszuwerden versucht. Flüssigkeitsverschiebungen und -verluste
sowie nachfolgender Durst sind die Folge.
TYPISCHE BESCHWERDEN
DURCH ERHÖHTE
BLUT­ZUCKERWERTE
∙∙·Häufiges Wasserlassen, vor allem nachts
∙∙·Durst
∙∙·Müdigkeit, Abgeschlagenheit
∙∙·Ungewollter Gewichtsverlust
∙∙·Sehstörungen
∙∙·Trockene Haut, Juckreiz
∙∙·Vermehrtes Auftreten von
Harnwegsinfekten
14
15
BEHANDLUNG
Erhöhte Blutzuckerwerte können durch Bewegung, ausgewogene Ernährung und/oder
Gewichtsreduzierung zumeist gesenkt werden. Übergewichtige Typ-2-Diabetiker
profitieren von dieser nicht-medikamentösen Behandlung besonders, zum Teil sogar
so sehr, dass sie ohne weitere Medikamente auskommen können. Das gilt natürlich
auch für transplantierte Patienten. Reichen diese Veränderungen der Ess- und Lebens­
­gewohnheiten nicht aus, den Blutzucker zu senken, so sind Tabletten und/oder
Insulin erforderlich.
Mehr bewegen
Ein Mehr an Bewegung führt dazu, dass die Körperzellen den Zucker aus dem Blut vom
Insulin unabhängig aufnehmen und verarbeiten können. Selbst eine reduzierte Insulin­
produktion kann dann durchaus ausreichen, mit Bewegung den Blutzucker zu normali­
sieren. Eine kleine Menge Insulin muss allerdings vorhanden sein, damit dieser Blutzucker
senkende Effekt zum Tragen kommt.
Sinnvoll ist in jedem Fall, mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren: Treppensteigen statt
Fahrstuhlfahren, zu Fuß gehen statt Auto oder Bus nehmen, beim Fernsehgucken Beine
strecken und beugen, Zähneputzen auf einem Bein etc. Empfohlen wird zudem, sich
mindes­tens dreimal pro Woche mindestens 30 Minuten zu bewegen.
Günstige Sportarten sind zügiges Spazierengehen, Walken,
Joggen, Radfahren, Schwimmen oder Skilanglauf. Wer mag,
kann auch in den Sportverein oder ins Fitnessstudio gehen,
um sich zu mehr Bewegung zu motivieren. Nicht immer
können die angestrebten Vorsätze zu mehr Bewegung kon­
sequent im Alltag umgesetzt werden. Bevor man an zu hohen
Hürden scheitert: Lieber nur einmal pro Woche bewegen als
dreimal nicht.
Eine verstärkte körperliche Betätigung ist im Übrigen nicht
nur für eine bessere Blutzuckereinstellung günstig, sondern
nützt auch dem Bewegungsapparat, wirkt der Osteoporose
ent­gegen, trainiert das Halte- und Gleichgewichtssystem und
regt die Gehirntätigkeit an.
Typische Beschwerden | Behandlung
BEHANDLUNG
Anders essen
Gewicht reduzieren
Eine weitere nicht-medikamentöse Möglichkeit, erhöhte Blutzuckerwerte zu normalisieren, besteht darin abzunehmen. So kann zum Beispiel eine Insulinresistenz am besten durch eine
Verminderung der Kalorienzufuhr und vermehrte körperliche Bewegung durch­brochen werden.
In vielen Fällen kommt es nach einer Transplantation zu einer anfänglich noch erwünschten
Gewichtszunahme. Geht diese über das normale Maß hinaus, so kann es zu Problemen kommen, die sich unter anderem auch auf den Blutzucker auswirken. Über das normale Maß hinaus
heißt, dass das aktuelle Gewicht einen BMI von 25 über­steigt (BMI-Berechnung siehe Seite 43).
Der Body-Mass-Index beschreibt das Verhältnis von Körpergröße zu tatsächlichem Kör­per­
­gewicht. Sitzen die überschüssigen Pfunde bevorzugt im Bauchbereich (so genannter
„Apfeltyp“), erhöht sich zudem das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Nun hat nicht
jeder, der an Gewicht zunimmt, auch automatisch erhöhte Blutzuckerwerte. Ein Mehr an
Gewicht fordert aber jeder Bauchspeicheldrüse mehr Insulin ab und wirkt sich ungünstig
auf die Insulin­rezeptoren aus. In manchen Fällen ist es nur eine Frage der Zeit, wann die
Blutzuckerwerte ansteigen. Mitverantwortlich dafür sind neben der Gewichtszunahme unter
anderem auch mangelnde Be­wegung und eventuell die Einnahme bestimmter immun­
suppressive Medikamente. 3 bis 5 Kilos weniger reichen oft schon aus, um erhöhte Blut­
zuckerwerte zu senken. Ein besonders nachhaltiger Effekt stellt sich ein, wenn die Gewichts­
abnahme mit mehr Bewegung kombiniert wird.
Essgewohnheiten auf dem Prüfstand
Tipps zur Gewichtsabnahme gibt es unzählige, sie werden flankiert von etwa mehreren
Tausend unterschiedlichen Diätformen. Die große Anzahl lässt darauf schließen, wie schwer
es ist, die überschüssigen Pfunde wieder loszuwerden. Hinzu kommt, dass viele Diätformen
weit entfernt sind von dem, was man oft jahrzehntelang auf dem Teller praktiziert hat. Der
Mensch ist ein Gewohnheitswesen, es fällt es ihm nicht leicht, sein Essverhalten über einen
längeren Zeitraum radikal zu verändern. Meistens findet er nach einiger Zeit wieder zu seinen
vertrauten Gewohnheiten am Tisch und in der Küche zurück. Vielleicht liegt das daran, dass
der „Genussvorstand“ in uns, der immer dafür Sorge trägt, dass es uns Menschen gut geht,
den „Gesundheitsvorstand“ in seine Schranken verwiesen hat. Was bleibt, ist nicht selten
Trotz, Frust oder Resignation, begleitet von einem steten „eigentlich sollte ich ja …“ Diese
eher negative Bilanz soll nicht dazu verleiten, sich nicht mit einer empfehlenswerten Verrin­
gerung des Körpergewichts auseinanderzusetzen. Sie soll vielmehr verdeutlichen, dass es
nicht mit einem Diätplan oder dem Griff zu Light-Produkten getan ist. „Wundermittel“ gibt
es nicht – auch wenn sie in der Werbung als solche angepriesen werden.
16
17
Der erste Schritt hin zu weniger Kilos beginnt im Kopf: Will ich überhaupt etwas ändern?
Was bin ich bereit zu verändern? Was kann ich ändern? Erst wenn die Bereitschaft klar ist,
sollte man sich mit dem „Wie“ beschäftigen. Empfehlenswert sind beispielsweise Ver­
änderungen in den Standardmahlzeiten, also den Mahlzeiten wie Frühstück oder Abend­
essen, die relativ gleich gestaltet sind. Eine neue Belegetechnik (Käse oder Wurst dünner
geschnitten und/oder fettärmer und/oder so auf das Brot gelegt, dass noch ein Drittel vom
Brot zu erkennen ist) wird im günstigsten Fall 14-mal pro Woche umgesetzt. Die Trainings­
frequenz für dieses neue Essverhalten ist sehr hoch, somit wächst die Wahrscheinlichkeit,
dass es bald nicht mehr als neu empfunden wird und ins Lager der Essgewohnheiten
überwechseln kann.
Ausgewogen essen
Im Prinzip unterscheidet sich die Ernährung von Diabetikern nicht von der Ernährung
Gesunder oder der Transplantierter. Ausgewogen soll sie sein, mit vielen Ballaststoffen,
wenig Fett und mäßig Eiweiß. Kartoffeln, Nudeln, Reis gehören genau so dazu wie Obst,
Schokolade oder ein Eis. Optimalerweise werden möglichst Vollkornprodukte gewählt,
dazu fünf Portionen frisches Obst und Gemüse, Linsen, Erbsen und Bohnen eingeschlossen.
WICHTIG!
Auch kleine Einsparungen wirken sich
über den Zeitverlauf günstig aus –
normalerweise hat es auch einen
längeren Zeitraum gebraucht, um
übergewichtig zu werden.
Behandlung
BEHANDLUNG
Kohlenhydrate
Die Angst vor den Blutzucker erhöhenden Kohlenhydraten ist immer noch groß, und so
findet das Stück Fleisch eher den Weg auf den Teller als eine weitere Kartoffel, statt eines
Apfels wird lieber Quark oder Joghurt gegessen. Kohlenhydrate sind ein unverzichtbarer
Nahrungsbestandteil, auch für Patienten mit Diabetes. Nach der Expertenempfehlung sollte
ihr Anteil an der täglichen Nahrung bei rund 50 % liegen. Vermieden werden sollten lediglich
schnell vom Körper aufnehmbare Zucker, weil diese den Blutzucker rasch in die Höhe treiben
können. Schnell resorbierbar heißt „süß“ – Kuchen, Bonbons und Getränke mit hohem
Zuckergehalt (bei Cola z. B. 10 %) sollten eingeschränkt oder ganz weggelassen werden.
Dabei kommt es darauf an, welche Art von Kohlenhydraten den Weg in den Mund finden.
Bei Posttransplant-Diabetikern ist entweder die Bereitstellung von Insulin oder die Ver­wer­
tung des Insulins an der Zelle gestört. Das Ausmaß des Blutzuckeranstiegs hängt also
davon ab, wie schnell und wie viel Zucker aus dem Darm ins Blut gelangt. Je größer die
Menge an anflutendem Zucker, desto größere Anstrengungen muss der Körper unter­
nehmen, ihn zu verwerten. Die daraus resultierenden Blutzuckerspitzen sind ein Hinweis
darauf, dass vornehmlich Kohlenhydrate gegessen wurden, die rasch resorbiert werden.
Günstiger sind Kohlenhydrate, die langsamer vom Darm in die Blutbahn gelangen.
Wie schnell also der Blutzuckerspiegel ansteigt, hängt wesentlich von der Qualität der
Kohlenhydrate ab. Ungünstig sind die so genannten Einfachzucker, wie zum Beispiel
Trauben­zucker oder Fruchtzucker. Sie gelangen sehr schnell ins Blut, weil der Körper keine
Verdauungsarbeit leisten muss. Zweifachzucker brauchen schon etwas länger, bis sie ins
Blut gelangen, da sie erst noch zu Einfachzuckern zerlegt werden müssen. Haushalts-,
Malz- oder Milchzucker zählen zu diesen Zweifachzuckern.
Für Diabetiker günstig sind die Mehrfachzucker (Stärke, Glykogen): Sie gelangen erst nach
und nach ins Blut und führen zu keiner nennenswerten Blutzuckerspitze. Getreide, Reis,
Kartoffeln und Hülsenfrüchte gehören zu dieser Gruppe der Mehrfachzucker, die ihren
günstigen Effekt noch deutlich steigern können, wenn es sich um Vollkornprodukte handelt.
18
19
Einfachzucker
(Monosaccharide):
Traubenzucker
(Glukose)
Fruchtzucker
(Fruktose)
Schleimzucker
(Galaktose)
∙∙
∙∙
∙∙
Zweifachzucker
(Disaccharide):
Malzzucker
(Maltose)
= Traubenzucker +
Traubenzucker
Haushaltszucker
(Saccharose)
= Traubenzucker +
Fruchtzucker
Milchzucker (Laktose)
= Traubenzucker +
Schleimzucker
Mehrfachzucker
(Polysaccharide):
Stärke
(pflanzliche Stärke)
= hundert bis tausend
Traubenzucker
Glykogen
(tierische Stärke)
= hundert bis tausend
Traubenzucker
∙∙
∙∙
∙∙
∙∙
∙∙
Behandlung
BEHANDLUNG
Kohlenhydrate berechnen?
Im Zusammenhang mit den Kohlenhydraten taucht immer wieder der Begriff der BE, KE
oder KHE auf. Hinter diesem Kürzel verbirgt sich eine Schätzeinheit: die Brot- oder Berech­
nungseinheit (BE) bzw. die Kohlenhydrateinheit (KE, KHE).
Eine BE/KE entspricht 10 – 12 Gramm Kohlenhydraten. Das sind beispielsweise ein Esslöffel
Grieß in rohem Zustand oder eine hühnereigroße Kartoffel oder zwei Mandarinen. Brotein­
heiten helfen dabei abzuschätzen, wie viel schnell wirksames Insulin benötigt wird. Die
BE-Berechnung ist also vornehmlich für diejenigen sinnvoll, die Insulin spritzen.
In der Vergangenheit bekam jeder Diabetiker ein starres „BE-Gerüst“ verpasst, das sich
an der täglich notwendigen Kalorienzufuhr orientierte. Nicht selten waren die Folgen
kontraproduktiv: Wer beispielsweise im Rahmen eines Krankenhausaufenthaltes eine Diät
mit 1000 Kalorien und 10 Broteineinheiten verordnet bekam, erhöhte zu Hause meistens
die Kalorienzahl, um satt zu werden. Dabei wurde eher zu einer weiteren Scheibe Wurst
statt zu einer weiteren Scheibe Brot gegriffen. Viel Fett und Eiweiß sorgten dann dafür,
dass das Gewicht noch weiter in die Höhe ging.
20
21
Auf Kochsalz achten
Bluthochdruck ist eine häufig auftretende Begleiterkrankung sowohl bei Diabetes als auch
nach Organtransplantation, die Gefäße und Organe schädigt. Medikamente in Kombination
mit einer ausgewogenen, überwiegend vegetarischen und salzarmen Ernährung können
den Blutdruck nachweislich effektiv senken. Die Umstellung auf weniger Salz im Essen
wird anfänglich normalerweise nicht leicht akzeptiert. Das liegt daran, dass der Salz­
geschmack ein angewöhnter Geschmack ist. Es dauert einige Zeit, bis eine salzarme Kost
nicht mehr fade und langweilig schmeckt. Ein erster Schritt zu einem salzärmeren Essen
besteht darin, den Salzstreuer vom Tisch zu verbannen.
Weitere Möglichkeiten, Kochsalz einzusparen, sind:
Alles so „natürlich“ wie möglich essen,
d. h. Gemüse, Kartoffeln, Reis,
Nudeln ohne Kochsalz zubereiten.
Mit Kräutern würzen.
Saucen mit Zitronensaft würzen.
Zwiebeln zum Fleisch rösten.
Möglichst keine geräucherten oder
gepökelten Fleisch- oder Fischwaren essen.
Auf Fertigprodukte möglichst verzichten.
Gemüse aus dem Glas/der Konserve
hat wesentlich mehr Kochsalz
als die tiefgekühlte Variante.
Kochsalzarmes Mineralwasser trinken
(< 20 mg Na/l).
∙∙
∙∙
∙∙
∙∙
∙∙
∙∙
∙∙
∙∙
Behandlung
KLEINES ABC DER ERNÄHRUNG
Alkohol
… in kleinen Mengen, also ein Glas Bier oder ein Wein, ist
für Diabetiker erlaubt, wenn kein Leberschaden vorliegt.
Wenn andere Medikamente eingenommen werden, sollte
immer Rücksprache mit dem Arzt gehalten werden.
BE
Einheit, um den Kohlenhydratgehalt von Lebensmitteln abzu­
schätzen. Eine BE oder KHE (Brot- oder Kohlenhydrat-Einheit)
entspricht 10 – 12 Gramm Kohlenhydraten. Eine BE-Berechnung
ist nur für Patienten sinnvoll, die Insulin spritzen.
Cholesterin
Viele Patienten haben erhöhte Blutfettwerte. Eine Reduzierung
der Fettmenge sowie die Verwendung von Fetten mit einfach
oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind zu empfehlen.
Die ungesättigten Fettsäuren sorgen dafür, dass das
„schlechte“ LDL-Cholesterin von der Leber aufgenommen
wird. Dadurch kann der LDL-Spiegel gesenkt werden. Einfach
ungesättigte Fettsäuren (in Oliven-, Erdnuss-, Rapsöl, Mandeln,
Avocados) tragen außerdem dazu bei, dass das „gute“ HDLCholesterin ansteigt.
Eiweiß
… ist ein wichtiger Bestandteil der Nahrung, der beispielsweise
in Fisch, Fleisch, einigen Milchprodukten oder Soja steckt. Eiweißhaltige Lebensmittel machen besonders lange satt, sollten
aber nicht in großer Menge gegessen werden. Etwa 0,8 Gramm
Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht sind ausreichend.
22
23
Fett
Etwa zu einem Drittel sollte unser tägliches Essen aus Fett
bestehen, das sind bei 2000 Kalorien täglich etwa gut
70 Gramm Fett. Wer die Butter oder Margarine dünn streicht,
braucht etwa 5 Gramm pro Scheibe Brot. Versteckte Fette
sind vor allem in Wurst und Käse enthalten, ebenso in vielen
Fertigprodukten, Süßigkeiten oder Frittiertem. Eine Scheibe
Gouda enthält etwa 9 Gramm Fett, eine Scheibe Mortadella
8 Gramm.
Glykämischer Index
Der glykämische Index (GI) gibt in Zahlen die Blutzucker
steigernde Wirkung der Kohlenhydrate bzw. der kohlen­­hy­drat­­
haltigen Lebensmittel an. Als Referenzwert gilt der Trauben­­
zucker (Glukose): Seine Blutzucker steigernde Wirkung
ent­­­spricht 100. Ein glykämischer Index von 50 sagt aus, dass
der Blutzuckeranstieg des bewerteten Lebensmittels nur die
Hälfte des Anstiegs der Glukose ausmacht. Weißbrot,
Kartoffeln und Reis haben einen hohen GI, Vollkornnudeln,
Äpfel, Milch und Schokolade einen niedrigen glykämischen
Index. Letzteres würde die Schokolade als für Diabetiker
günstiges Genuss­mittel einstufen. Und hier offenbart sich
einer der Schwach­punkte des GI: fett- und damit kalorien­
reiche Lebensmittel erhalten mitunter eine zu positive Be­
wertung. Darüber hinaus hängt die tatsächliche Blutzucker­
antwort davon ab, welche Nahrungs­mittel bei einer Mahlzeit
zusammen gegessen werden.
Hauptmahlzeiten
… sollten einen möglichst hohen Anteil an Kohlenhydraten
und Ballaststoffen enthalten, um die gewünschte Menge von
mindestens 50 % der Gesamtenergie pro Tag zu erreichen.
Behandlung
KLEINES ABC DER ERNÄHRUNG
Inulin
(nicht zu verwechseln
mit Insulin)
… gehört zur Gruppe der unverdaulichen Kohlenhydrate.
Es kommt in Artischocken, Zwiebeln, Spargel, Weizen
oder Topinambur vor. Inulin wirkt sich nicht auf den
Blutzucker aus. Es fördert eine gesunde Darmflora,
der Verzehr kann allerdings mit Blähungen einhergehen.
Joghurt
… enthält Milchzucker und gehört somit auch zu
den Lebensmitteln, die den Blutzucker erhöhen.
Kohlenhydrate
... sind die wichtigsten Energielieferanten. Mehrfachzucker,
so genannte Polysaccharide, sind besonders günstig für
Diabetiker, weil sie den Blutzucker langsam und gleichmäßig
erhöhen und so Blutzuckerspitzen vorbeugen. Brot, Nudeln
und Reis aus Vollkorn sowie Hülsenfrüchte sind wichtige Ver­
treter dieser Kohlenhydratgruppe.
„Leere“
Kalorien
Als leere Kalorien bezeichnet man die Energie aus Lebens­
mitteln, die arm an lebensnotwendigen Nährstoffen, z. B.
Vitaminen und Mineralstoffen sind. Einen hohen Anteil leerer
Kalorien liefern beispielsweise Zucker und Alkohol.
MUFS
… stehen für mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Sie sind
unter anderem in Sonnenblumen-, Distel-, Kürbiskern-,
Maiskeim- und Sojaöl enthalten, ebenso in Fettfischen.
Mehrfach unge­sättigte Fettsäuren sorgen ebenso wie die
einfach un­gesättigten Fettsäuren dafür, dass mehr „schlechtes“
LDL-Cholesterin von der Leber aufgenommen wird. Dadurch
sinkt die LDL-Konzentration im Blut.
Nüsse
… enthalten neben Kohlenhydraten auch viel Fett, erhöhen
den Blutzucker aber nicht nennenswert. Nüsse werden gerne
als Nervennahrung bezeichnet. Eine Handvoll enthält etwa
200 Kilokalorien.
24
25
Omega-3-Fettsäuren
… sind in Kaltwasserfischen wie Lachs, Makrele und Hering
enthalten. Diese mehrfach ungesättigten Fettsäuren haben
einen günstigen Effekt auf die Blutgefäße: Sie verbessern
die Fließeigenschaft des Blutes, können die Blutfette senken
und sich positiv auf einen erhöhten Blutdruck auswirken.
Pflanzenstoffe,
sekundäre
… sind nur in pflanzlichen Nahrungsmitteln wie Obst, Gemüse
und Getreide vorkommende Stoffe, die vielfältige Eigenschaften
haben. Sie fördern die Gesundheit, indem sie vor Krankheits­
erregern schützen, das Blut besser fließen lassen und teilweise
sogar vor Krebserkrankungen schützen können. Wer sich an die
Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung hält und
5-mal am Tag Obst und Gemüse in möglichst frischer Form isst,
nimmt auf jeden Fall genügend sekundäre Pflanzenstoffe zu sich.
Quark
… ist ein beliebtes Lebensmittel, das von Diabetikern gerne
als Zwischenmahlzeit gegessen wird, da es kaum einen
Einfluss auf den Blutzucker hat. Von einem übermäßigen
Verzehr ist abzuraten, da Quark besonders eiweißreich ist.
Vor allem bei eingeschränkter Nierenfunktion sollte die Eiweiß­
zufuhr normalisiert werden.
Rechnen
… müssen Sie nicht, um zu wissen, ob sie genug Ballaststoffe
essen. Es reicht zu wissen, wo sie drin stecken, zum Beispiel
in Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten.
Wer jeden Tag 5 Portionen frisches Obst und Gemüse isst, zu
Voll­kornprodukten greift und öfter mal Mahlzeiten aus Erbsen,
Bohnen oder Linsen zubereitet, bekommt auf jeden Fall
ausreichend Ballaststoffe.
Behandlung
KLEINES ABC DER ERNÄHRUNG
Süßigkeiten
Das Zuckerverbot für Diabetiker gehört schon seit langem der
Vergangenheit an. Mehr als 10 Prozent der täglich benötigten
Kalorien sollten es allerdings nicht sein. Das macht bei durch­
schnittlichen 2.000 Kilokalorien etwa 50 Gramm Zucker pro
Tag aus. Wichtig ist, dass der Zucker auf mehrere Portionen
über den Tag verteilt und nicht pur gegessen wird. In Lebens­
mittel verpackt, wie zum Beispiel Eis, Schokolade oder Gebäck,
wird er langsamer aufgenommen. Rasche Blutzuckerspitzen
können so vermieden werden. Der Figur zuliebe sollte man sich
Süßigkeiten eher selten und in kleinen Portionen gönnen.
Trinken
Transplantierte Patienten sollten täglich 2 – 3 Liter trinken. Diese
Empfehlung bleibt auch bestehen, wenn ein Diabetes auftritt.
Empfehlenswert sind Wasser, ungesüßte Tees und Saftschorlen
im Mischverhältnis 3 : 1 (Wasser : Saft). Herkömmliche Er­
frischungsgetränke enthalten große Mengen an Zucker. Für
Diabetiker sind sie doppelt ungesund: Der Zucker geht sofort
ins Blut über und außerdem sind sie schlecht für die Figur.
Untergewicht
Als untergewichtig bezeichnet man Personen, deren BodyMass-Index unter 19 liegt. Eine 1,70 m große Person, die
52 Kilogramm wiegt, hat einen BMI von 18. Eine Tabelle zur
BMI-Berechnung finden Sie auf Seite 43.
Vitamine
… sind lebensnotwendige Stoffe, die der Körper nicht oder
nur in begrenztem Maße selbst herstellen kann. Mit einer
ausgewogenen Ernährung nimmt man ausreichend Vitamine zu
sich. Vitaminpräparate sind in den meisten Fällen überflüssig.
26
27
Wunderpillen
… gibt es leider nicht, um erhöhte Blutzuckerwerte zu senken
oder ein paar Kilos zu verlieren. Eine ausgewogene Ernährung,
eine Gewichtsreduktion und mehr Bewegung sind die ersten
Maßnahmen, um erhöhte Blutzuckerwerte zu senken. Der
einzige, der von „Wundermitteln“ profitiert, ist derjenige, der
sie verkauft.
Xylit
… ist ein Zuckeraustauschstoff mit ähnlichen Süßeigen­
schaften wie Zucker, aber nur halb so viel Kalorien. Im Gegen­
satz zu Zucker hat Xylit jedoch keinen Einfluss auf den Blut­
zucker. Weitere Zuckeraustauschstoffe sind Sorbit, Mannit,
Maltit, Lactit, Isomalt und Fruchtzucker.
Zur Gruppe der Süßstoffe zählen Saccharin, Cyclamat,
Aspartam, Acesulfam, Neohesperidin und Thaumatin. Sie
sind praktisch kalorienfrei, gleichzeitig viel süßer als Haus­
haltszucker, erhöhen allerdings nicht den Blutzucker.
Y
Lassen Sie sich nicht ein X für ein Y vormachen, wenn es um
das Essen geht. Menschen nach einer Transplantation, die
einen Diabetes entwickeln, brauchen keine besondere Diät.
Wenn Sie eine ausgewogene Ernährung anstreben und um­
setzen, sind Sie auf dem richtigen Weg.
Zwischenmahlzeiten
Früher gab es für Diabetiker oft strenge Diätpläne, die unter
anderem sechs bis acht kleinere Mahlzeiten zu festen Zeiten
am Tag vorsahen. Das führte bei den Betroffenen nicht selten
zum Ess-Stress.
Neue Erkenntnisse erlauben eine Liberalisierung des Essens.
Man hat beispielsweise herausgefunden, dass es viel
schwieriger ist, mit vielen kleinen Mahlzeiten abzunehmen.
Wer öfter isst, isst mehr. Unbestritten ist nach wie vor, dass
viele kleine Mahlzeiten den Stoffwechsel weniger belasten.
Für Menschen, die Insulin spritzen, können Zwischenmahl­
zeiten sinnvoll, manchmal auch notwendig sein.
Behandlung
BEHANDLUNG
Tabletten
Sind die Möglichkeiten ausgeschöpft, durch vermehrte Bewegung und Gewichts­redu­
zierung den Blutzucker zu normalisieren, so können im nächsten Schritt Tabletten verordnet
werden, die den Blutzucker senken sollen. Die zur Verfügung stehenden Medikamente,
auch orale Antidiabetika genannt, wirken an unterschiedlichen Stellen im Körper (Bauch­
speicheldrüse, Insulinrezeptoren, Dünndarm). Die Verordnung erfolgt individuell (abhängig
von Begleiterkrankungen, Krankheitsverlauf, Gewicht), manchmal auch in Kombination mit
anderen Tabletten oder Insulin.
So gibt es einige Medikamente, die der Bauchspeicheldrüse das Signal geben, mehr
Insulin zu produzieren (Sulfonylharnstoffe, Glinide). Voraussetzung dafür ist, dass die
Bauchspeicheldrüse noch Insulin bilden kann. Andere Medikamente wirken am Insulin­
rezeptor und verbessern die Aufnahme von Insulin in die Körperzelle (Glitazone). Es gibt
Substanzen, die eine Aufnahme von Kohlenhydraten aus dem Darm ins Blut hemmen
(Alpha-Glucosidase-Hemmer) und dadurch die Blutzuckerspitzen vor allem nach kohlen­
hydratreichen Mahlzeiten abmildern. Biguanide, z. B. Metformin, werden häufig als erstes
Medikament beim Diabetes eingesetzt, sind aber nur bei normaler Nierenfunktion anwend­
bar. Sie drosseln die Zuckerproduktion in der Leber und hemmen die Freisetzung von
ge­speichertem Zucker. Inkretin-Analoga und -Verstärker wirken wie Darmhormone, die wie­
derum Einfluss auf die Bildung von Insulin nehmen und so den Blutzucker senken können.
Vom Einsatz einiger oraler Antidiabetika wird abgeraten, wenn die Nierenfunktion eingeschränkt ist, erkennbar an einer erniedrigten Kreatinin-Clearance. Ebenso kann die Einnahme anderer notwendiger Medikamente die Verordnung Blutzucker senkender Substanzen
ausschließen und eine Einstellung auf Insulin erforderlich machen.
28
29
Insulin
Die Gabe von Insulin stellt keine Kontraindikation dar, das heißt, es kann zusammen mit
anderen Medikamenten oder bei anderen Grunderkrankungen verabreicht werden. Insulin
ist, abgesehen von einer Überdosierung, frei von Nebenwirkungen. Die Behandlung eines
erhöhten Blutzuckers mit Insulin bedeutet nicht, dass ein besonders „schwerer Fall von
Diabetes“ vorliegt, wie im Volksmund häufig angenommen wird. Insulin ist für Posttrans­
plant-Diabetiker häufig die einzige Behandlungsmöglichkeit, einen erhöhten Blutzucker zu
senken, wenn die Änderungen der Ess- und Bewegungsgewohnheiten keinen Erfolg
gebracht haben.
Den Umgang mit Insulin bzw. die richtige Spritztechnik lernen Patienten im Rahmen einer
Diabetesschulung während der anfänglichen Einstellungsphase. Neben der klassischen
Spritze stehen eine Vielzahl von Injektionshilfen, so genannte Pens, zur Verfügung. Sie
sehen aus wie ein Füllfederhalter, die Patrone enthält den Insulinvorrat und ist ebenso
auswechselbar wie die mehrfach verwendbaren Pen-Nadeln. Das zum Einsatz kommende
Humaninsulin ist so aufgebaut wie das menschliche Insulin, die verschiedenen Zube­
reitungsformen haben jedoch eine unterschiedliche lange Wirkdauer:
∙∙Normalinsulin entspricht dem unveränderten, körpereigenen Insulin. Die Wirkdauer
beträgt 4 bis 6 Stunden und ist abhängig von der Dosis der gespritzten Menge.
Empfohlen wird ein Abstand von 15 bis 30 Minuten zwischen der Injektion und dem
Beginn der Mahlzeit.
Kurz wirksame Insulin-Analoga sind gentechnisch veränderte Normalinsuline. Sie wirken
sehr schnell, so dass auch sofort nach der Injektion mit der Mahlzeit begonnen werden
kann. Die mittlere Wirkdauer beträgt etwa 2 – 3 Stunden.
Langsam wirksame Insulin-Analoga haben eine Wirkdauer von etwa 12 – 24 Stunden
und sollen vornehmlich den basalen Insulinbedarf abdecken, das heißt, die Insulin­
menge, die der Körper unabhängig von der Nahrungsaufnahme benötigt.
Verzögerungsinsuline sind Normalinsuline, deren Wirkdauer durch Zusätze
(Protamine, Zink) auf 8 – 12 Stunden verlängert wird. Sie sollen die basale Insulin­
ausschüttung nachahmen.
Mischinsuline sind Mischungen aus Normal- und Verzögerungsinsulinen, die gleich­
zeitig schnell und lang anhaltend wirken.
Inhalierbare Insuline sind derzeit auf dem Markt nicht mehr verfügbar.
∙∙
∙∙
∙∙
∙∙
∙∙
Behandlung
UNTERZUCKERUNG
Sinkt der Zuckergehalt im Blut unter 50 mg/dl (2,8 mmol/l), so spricht man von einer
Unterzuckerung oder Hypoglykämie (umgangssprachlich „Hypo“). Bei den Betroffenen
stellen sich meistens typische Symptome ein, die auf einen Mangel an Zucker im Blut
zurückzuführen sind. Diese Symptome können allerdings individuell verschieden
auftreten und sich im Laufe des Diabetes verändern. Diabetiker, die mit Blutzucker
senkenden Tabletten oder Insulin behandelt werden, werden darauf geschult, die
Anzeichen zu erkennen und darauf zu reagieren.
Symptome
Die Zeichen einer Unterzuckerung sind auf
zwei Mechanismen zurückzuführen:
die Ausschüttung von Stresshormonen
(z. B. Adrenalin) und den Mangel an Glukose
im Gehirn.
Bei Patienten, die noch nicht lange an einem
Diabetes mellitus erkrankt sind, treten zu­
nächst Beschwerden auf, die in Zusammen­
hang mit der Ausschüttung des Adrena­lins
stehen: Herzklopfen, Zittern, Schweiß­
aus­
brüche, Blässe, innere Unruhe und Heiß­
hunger. Sinkt der Blut­zucker weiter, dann
treten Beschwerden auf, die durch den
Glu­kosemangel im Gehirn verursacht wer­
den. Dazu gehören Seh- und Sprachstö­
rungen, Ver­
wirrtheit, aber auch aggres­
sives Ver­hal­­ten. Bei Blutzuckerwerten unter
30 – 40 mg/dl (1,7 – 2,3 mmol/l) drohen Krampf­
anfälle oder Bewusstlosigkeit.
30
SYMPTOME BEI
UNTERZUCKERUNG
∙∙· Herzklopfen/Herzrasen
∙∙· Sehstörungen
∙∙· Zittern
∙∙· Sprachstörungen
∙∙· Kribbeln in Lippen und Fingern
∙∙· Verwirrtheit
∙∙· Weiche Knie
∙∙· Benommenheit
∙∙· Schweißausbrüche/Schwitzen
∙∙· Aggressivität
∙∙· Innere Unruhe
∙∙· Atypisches Verhalten
∙∙· Heißhunger
∙∙· Krampfanfälle
∙∙· Blässe
∙∙· Bewusstlosigkeit
31
Ursachen
Hypoglykämien treten in der Regel nur unter der Behandlung mit Medikamenten auf, die
eine Insulinausschüttung bewirken, oder mit Insulin selbst. Patienten, die ihren Blutzucker
ausschließlich durch eine Gewichtsreduktion und/oder Bewegung normalisieren wollen,
sind davon nicht betroffen.
Die typischen Ursachen einer Unterzuckerung sind
Auslassen oder verspätetes Einnehmen von
kohlenhydratreichen Mahlzeiten
über das normale Maß hinausgehende sportliche
oder körperliche Bewegung
Alkoholmissbrauch
Überdosierung des Insulins; eher selten eine
Überdosierung von oralen Antidiabetika
∙∙
∙∙
∙∙
∙∙
Weitere Ursachen für das Auftreten von Hypoglykämien:
in der ersten Phase der Diabetes-Neueinstellung,
z. B. nach einer Krankenhausentlassung
eingeschränkte Wahrnehmung der Hypoglykämiesymptome
bei länger bestehendem Diabetes mellitus
akute Erkrankungen, die mit Erbrechen und/oder Durchfall einhergehen
eingeschränkte Nierenfunktion
sehr enge Einstellung des angestrebten Blutzuckers
in sehr seltenen Fällen Begleitwirkung anderer Medikamente
∙∙
∙∙
∙∙
∙∙
∙∙
∙∙
Es kommt auch vor, dass Patienten das Auftreten von Unterzuckerungen nicht richtig
einschätzen. Sie berichten dann eher von einer „Übelkeit nach der Tabletteneinnahme“
oder von „Schwindelattacken nach dem Einkaufen“. Wahrscheinlicher ist in diesen Fällen
ein zu später Beginn der Mahlzeitenaufnahme bzw. vermehrte körperliche Bewegung.
Unterzuckerung
UNTERZUCKERUNG
Behandlung
Generell sollte jeder Patient, der mit Sulfonylharnstoffen, Gliniden oder Insulin behandelt
wird, eine kleine Menge an rasch wirksamen Kohlenhydraten (Traubenzucker, Apfelsaft)
dabei haben, damit er bei den ersten Anzeichen einer Unterzuckerung sofort reagieren
kann. Unter Umständen können Unterzuckerungssymptome erst bei einem bereits deutlich
erniedrigten Blutzuckerspiegel auftreten. Aus diesem Grund gilt es, zwei Verhaltensregeln
zu beherzigen:
1. Ruhe bewahren und
2. Erst essen – dann messen
Ein Glas Apfelsaft oder Cola (0,2 l) oder 3 – 4 Blättchen Traubenzucker sind erforderlich, um
den Blutzucker wieder in einen normalen Bereich anzuheben. Schokolade, Kekse und Co.
sollten in dieser Situation nicht gegessen werden, da der rasche Blutzuckeranstieg durch
den meist hohen Fettanteil verhindert wird. Unbrauchbar sind in dieser Situation auch mit
künstlichen Süßstoffen gesüßte Erfrischungsgetränke (so genannte Diätlimonaden).
Wenn Unterzuckerungen selbst nicht mehr so gut wahrgenommen werden, sollten Partner,
Arbeitskollegen oder andere Bezugspersonen hinsichtlich der Hypoglykämieproblematik
aufgeklärt und über die Behandlung von Hypoglykämien informiert werden.
In seltenen Fällen kann es auch zu einer Bewusstlosigkeit kommen, die die Folge einer
schweren Unterzuckerung ist. In diesem Fall können Angehörige ein Fertigpräparat mit
Glukagon spritzen. Glukagon ist wie Insulin ein körpereigenes Hormon und kann den
Blutzucker wieder erhöhen. Ist diese Behandlungsmöglichkeit nicht gegeben, sollte immer
der Notarzt verständigt werden, der eine hochprozentige Glukoselösung in die Vene spritzt.
32
33
WICHTIG!
Niemals sollte man einem bewusstlosen Diabetiker eine zuckerhaltige
Flüssigkeit einflößen. Wenn die
Flüssig­keit in die Luftwege anstatt
die Speiseröhre gelangt – was
aufgrund fehlender Reflexe leicht
passiert – kann der Bewusstlose
ersticken, oder es bildet sich
eine gefährliche Lungenent­
zündung aus.
Unterzuckerung
LANGZEITFOLGEN
Längerfristig erhöhte Blutzuckerwerte können zu Veränderungen in den kleinsten Gefäßen führen (Mikroangiopathie). Hierdurch kommt es zu Durchblutungsstörungen, die
sich vor allem in den Augen, den Nieren und an den peripheren Nerven bemerkbar machen.
Diabetische Retinopathie
Bei der diabetischen Retinopathie kommt es zu fettartigen Ablagerungen und kleinen
Aussackungen der kleinen Blutgefäße, die die Netzhaut versorgen. Im weiteren Verlauf
können diese Gefäße verstopfen oder aufplatzen. Diese Veränderungen erfolgen weitest­
gehend unbemerkt. Als Reaktion des Körpers auf diese Veränderungen werden neue,
wesentliche fragilere Gefäße gebildet, die die Versorgung übernehmen sollen. Sie folgen
aber nicht der ursprünglichen Architektur und können in die Netzhaut einwachsen bzw.
dort einbluten. Sehstörungen treten erst im fortgeschrittenen Stadium auf, die Gefahr einer
Netzhautablösung mit nachfolgender Erblindung ist gegeben. Ein erhöhter Blutdruck ver­
schlechtert oft den Verlauf der Netzhautschädigung. Netzhauterkrankungen und andere
Augenerkrankungen (z. B. grauer Star, grüner Star) treten bei einem Drittel der Diabetiker in den ersten 15 Jahren ihrer Erkrankung auf. Zur besseren Kontrolle und Vorsorge
sollte der Augenhintergrund einmal im Jahr vom Augenarzt kontrolliert werden.
WICHTIG!
Die Untersuchung muss unter
Anwendung Pupillen erweiternder
Tropfen (Mydriasis) erfolgen.
Anschließend kann über mehrere
Stunden kein Kraftfahrzeug
geführt werden.
34
35
Diabetische Nephropathie
Auch die kleinen Blutgefäße in den Nieren können durch eine anhaltende Hyperglykämie
geschädigt werden. Ein erhöhter Blutdruck beschleunigt auch hier wieder die Entwicklung.
Erstes Zeichen einer gestörten Nierenfunktion ist die Ausscheidung von Eiweiß im Urin
(Mikroalbuminurie). In diesem Zustand kann durch eine adäquate Behandlung (Nor­ma­
lisierung von Blutdruck und Blutzucker) die Eiweißausscheidung wieder rückgängig
gemacht werden. Kommt es bereits zu einem größeren Eiweißverlust über die Nieren, kann
eine richtige Behandlung nur noch das Fortschreiten verhindern.
Die diabetische Nephropathie entwickelt sich frei von Beschwerden für den Patienten.
Eine regelmäßige Kontrolle ist deshalb unabdingbar. Mittels Teststreifen kann gemessen
werden, ob es bereits zu Eiweißverlusten über die Nieren gekommen ist. Diese Unter­
suchung sollte mindestens einmal im Jahr durchgeführt werden.
Langzeitfolgen
LANGZEITFOLGEN
Diabetische Neuropathie
Schäden an den Nerven zeigen sich meist zuerst an Füßen und Unterschenkeln in Form
einer gestörten Empfindungsfähigkeit (Sensibilitätsstörung). Druck durch zu enge Schuhe,
ein Stein im Schuh oder eingewachsene Fußnägel werden nicht mehr wahrgenommen.
Gleichzeitig kann es zu Missempfindungsstörungen kommen: Die Füße fühlen sich taub
an, Kribbeln oder Ameisenlaufen werden beschrieben, starke Schmerzen können vor allem
nachts auftreten. Auch das Temperaturempfinden kann gestört werden, so dass die
Temperatur von Fußbädern immer mittels Thermometer überprüft und keine Heizdecke
verwendet werden sollte.
Kleine Verletzungen an den Füßen, die aufgrund der Neuropathie häufig unbemerkt bleiben,
geben Anlass zu besonderer Vorsicht: Eine weitere Belastung der mitunter infizierten Stelle
in Kombination mit einer Durchblutungsstörung kann aus einer anfänglich kleinen Ver­
let­zung eine größere, schlecht heilende Wunde werden lassen. Die regelmäßige Kontrolle
der Füße durch den Arzt, aber auch durch den Patienten, trägt dazu bei, Veränderungen
bzw. kleine Verletzungen rechtzeitig zu erkennen und gegebenenfalls zu behandeln. Nur
so können schwerwiegende Folgen, wie zum Beispiel Zehen- oder Fußamputationen,
verhindert werden.
36
37
GESUNDHEITS-PASS DIABETES
Den Gesundheits-Pass Diabetes erhalten Sie während der Schulung in der Praxis oder
Klinik. Er zielt darauf ab, die medizinische Versorgung zu verbessern. Dies gelingt unter
anderem durch die Dokumentation der erforderlichen Untersuchungen bzw. durch die
Erinnerung, wann welche Untersuchungen durchgeführt werden müssen. Darüber hinaus
soll der Pass die Kommunikation und Kooperation zwischen Patient und Arzt sowie
zwischen den Ärzten verbessern.
Nehmen Sie Ihren Gesundheits-Pass zu jedem Arztbesuch mit und achten Sie mit darauf,
dass die Untersuchungen dokumentiert werden.
Langzeitfolgen | Gesundheits-Pass Diabetes
FACHWÖRTERERKLÄRUNG
Bauchumfang
Ein Bauchumfang von mehr als 88 cm bei Frauen und 102 cm
bei Männern steigert das Risiko für weitere Erkrankungen, wie
zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus.
BE
Abkürzung für Brot- oder Berechnungseinheit, auch als KE
bzw. KHE (Kohlenhydrateinheit) bezeichnet. Eine KE/BE enthält
10 – 12 Gramm verwertbare Kohlenhydrate
Blutzucker
Anteil der Glukose, die im Blut zirkuliert. Als normal
wird ein Nüchtern-Blutzucker zwischen 60 und 110 mg/dl
(3,4 – 6,1 mmol/l) bezeichnet
Diabetes mellitus
griechisch: honigsüßes Hindurchfließen
Folgeerkrankung
Durch langfristige erhöhte Blutzuckerwerte verursachte
Schädigungen an Augen, Nieren oder Nerven
Harnzucker
Nachweis von Zucker im Harn in der Regel erst ab einem
Blutzucker über 180 mg/dl
HbA1c
Der HbA1c-Wert, auch Langzeitzuckerwert oder Blutzucker­gedächtnis bezeichnet, erlaubt einen Rückschluss auf die
Blutzuckereinstellung der letzten 6 bis 8 Wochen.
Hypoglykämie
Unterzuckerung; Blutzuckerwert unter 50 mg/dl (2,8 mmol/l)
Glykämischer Index
Beschreibt den mittleren Blutzuckeranstieg nach dem Verzehr
eines kohlenhydratreichen Lebensmittels. Glykämischer Index
(GI) von Haushaltszucker = 100, GI einer Banane = 30
Insulin
Hormon, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Es sorgt
unter anderem dafür, dass der mit der Nahrung aufgenommene
Zucker vom Körper verwertet werden kann.
38
39
Insulinresistenz
Vermindertes Ansprechen der Körperzellen auf Insulin.
Besonders Muskulatur, Leber und Fettgewebe reagieren
weniger empfindlich auf das Hormon.
Insulinrezeptoren
Alle Körperzellen sind von Membranen umgeben, auf denen sich
Rezeptoren oder „Empfangsstellen“ befinden. Insulin und
Insulinrezeptoren verhalten sich wie Schlüssel und Schloss: Ge­
langt Insulin auf den Insulinrezeptor einer Zelle, so empfängt die
Zelle ein Signal, das sie dazu veranlasst, die Zelle aufzuschließen
und den Traubenzucker aus der Blutbahn aufzunehmen.
Kohlenhydrate
Kohlenhydrate sind neben Fetten und Eiweißen die wichtigsten
Nährstoffe des Menschen.
Kortison
Hormon, das den Blutzucker erhöhen kann
Orale Antidiabetika
Tabletten, die den Blutzucker senken können
Oraler Glukosetoleranztest
Der orale Glukosetoleranztest (oGTT) wird auch als Zucker­
belastungstest bezeichnet. Er dient dem Nachweis einer
gestörten Glukoseverwertung und ist somit ein Verfahren zur
Früherkennung eines Diabetes mellitus.
Neuropathie,
diabetische
Durch erhöhte Blutzuckerwerte verursachte Schädigungen
an den sensorischen (= Empfindungs-)Nerven
Nephropathie,
diabetische
Durch erhöhte Blutzuckerwerte verursachte Schädigungen,
die zu die zu einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion führen.
Erstes Anzeichen einer beginnenden diabetischen Nephro­
pathie ist das Auftreten von Eiweiß im Urin (Mikroalbuminurie).
Nüchternblutzucker
Bestimmung des Blutzuckers nach mindestens 8 Stunden
Nahrungskarenz
Fachwörtererklärung
FACHWÖRTERERKLÄRUNG
PTDM
Abkürzung für Posttransplant-Diabetes mellitus; Diabetes, der
sich nach einer Transplantation entwickelt
Retinopathie,
diabetische
Durch erhöhte Blutzuckerwerte verursachte Schädigungen
der kleinen Gefäße am Augenhintergrund
Spritzstelle
Körperstelle, in die Insulin gespritzt wird; zum Beispiel Bauch,
Lende, Arm und Oberschenkel
Süßstoff
Süßstoffe wie Saccharin, Cyclamat, Aspartam, Acesulfam,
Neohesperidin und Thaumatin sind praktisch kalorienfrei.
Ihre Süßkraft ist um ein Vielfaches größer als die des Haus­
haltszuckers.
Typ-1-Diabetes
mellitus
Stoffwechselerkrankung, bei der die Bauchspeicheldrüse kein
Insulin mehr produziert (absoluter Insulinmangel).
40
41
Typ-2-Diabetes
mellitus
Stoffwechselerkrankung, bei der die Bauchspeicheldrüse nur
noch unzureichende Mengen an Insulin bildet (relativer Insulin­
mangel) bzw. das Insulin an den Körperzellen nicht mehr richtig
wirken kann.
Zuckeraustausch­stoffe
Zu den Zuckeraustauschstoffen zählen Fruchtzucker, Sorbit,
Xylit, Mannit, Maltit, Isomaltit und Lactit. Sie erhöhen den Blut­
zucker nur unwesentlich und haben etwa halb soviel Kalorien
wie Haushaltszucker. Die Ausnahme bildet Fruchtzucker, der
genauso viele Kalorien enthält wie Haushaltszucker.
Fachwörtererklärung
ADRESSEN
Deutsche Diabetes-Union
Prof. Dr. med. Eberhard Standl
Eisnergutbogen 16 · 80639 München
E-Mail: [email protected]
www.diabetes-union.de
Deutscher Diabetiker-Bund e.V. (DDB)
Käthe-Niederkirchner Str. 16 · 10407 Berlin
E-Mail: [email protected]
www.diabetikerbund.de
Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG)
Reinhardt Str.31 · 10117 Berlin
E-Mail: [email protected]
www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de
Weitere Internetadressen
www.diabetes-world.net
www.netdoktor.de
www.diabetes-news.de
www.gemeinsam-geht-es-leichter.de
42
43
TABELLE ZUR BESTIMMUNG DES BODY-MASS-INDEX
Bilden Sie den Schnittpunkt aus Körperlänge und Körpergewicht.
Körpergröße (Meter)
Körpergewicht (Kilogramm)
51
58
64
68
73
77
82
86
91
96
100
104
108
113
1,37
29
31
34
36
39
41
43
46
48
51
53
56
58
60
1,42
27
29
31
34
36
38
40
43
45
47
49
52
54
56
1,47
25
27
29
31
34
36
38
40
42
44
46
48
50
52
1,52
23
25
27
29
31
33
35
38
38
41
43
45
47
49
1,57
22
24
26
27
29
31
33
35
37
38
40
42
44
46
1,63
21
22
24
26
28
29
31
33
34
36
38
40
41
43
1,68
19
21
23
24
26
27
29
31
32
34
36
37
39
40
1,73
18
20
21
23
24
26
27
29
30
32
34
35
37
38
1,78
17
19
20
22
23
24
26
27
29
30
32
33
35
36
1,83
16
18
19
20
22
23
24
26
27
28
30
31
33
34
1,88
15
17
18
19
21
22
23
24
26
27
28
30
31
32
1,93
15
16
17
18
20
21
22
23
24
26
27
27
29
30
1,98
14
15
16
17
19
20
21
22
23
24
25
27
28
29
2,03
13
14
15
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
28
Untergewichtig
Normal
Übergewichtig
Fettleibig (adipös)
Krankhaft fettleibig
Sie können Ihren Mody-Mass-Index auch selbst ausrechnen. So geht‘s:
Körpergewicht in Kilogramm dividiert durch Körpergröße (in Meter) zum Quadrat .
60 kg
Beispiel: =20,3
(1,72)2
Adressen | Tabelle zum Body-Mass-Index
308231 (06/2011)
Novartis Pharma GmbH
Roonstraße 25 · 90429 Nürnberg
www.novartistransplantation.de
Herunterladen