Wirkstoff AKTUELL

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Anlage 1 – Wirkstoff AKTUELL: Ausgabe 2/2011, 3/2011 und 4/2011
A u s g a b e 0 2 / 2 0 11
KBV
Wirkstoff AKTUELL
EiNE iNFoRMATioN dER KBV iM RAHMEN dES § 73 (8) SGB V iN ZUSAMMENARBEiT MiT dER ARZNEiMiTTELKoMMiSSioN dER dEUTSCHEN äRZTESCHAFT
oNLiNE UNTER: HTTP://AiS.KBV.dE
Ranolazin
Zur medikamentösen Langzeitprophylaxe von Angina-pectoris-Anfällen können Betarezeptorenblocker, Kalziumantagonisten oder Nitrate eingesetzt werden. Mittel der Wahl sind Betarezeptorenblocker. Ranolazin (Ranexa®) erhöht die Behandlungskosten und bringt keine
zusätzlichen Vorteile.
Indikation
Ergänzungstherapie zur symptomatischen Behandlung von Patienten mit stabiler Angina pectoris,
die unzureichend behandelt sind oder antianginöse Mittel der ersten Wahl (wie Betablocker
und/oder Kalziumantagonisten) nicht tolerieren.
Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise
Für die medikamentöse Langzeittherapie
der stabilen Angina pectoris sind diejenigen
Wirkstoffe als Mittel der ersten Wahl anzusehen, für die eine sekundärpräventive
Wirksamkeit im Sinne der Reduktion der
kardiovaskulären Morbidität und Mortalität
belegt werden konnte (1).
Alle Patienten mit stabiler Angina pectoris
sollten mit Thrombozytenfunktionshemmern behandelt werden. Acetylsalicylsäure
ist hierfür Mittel der ersten Wahl. Bei Unverträglichkeit oder Kontraindikationen kann
Clopidogrel eine Alternative sein (1).
Zur medikamentösen Langzeitprophylaxe
von Angina-pectoris-Anfällen stehen Betarezeptorenblocker, Kalziumantagonisten
und Nitrate zur Verfügung. Betarezeptorenblocker sind hier als Mittel der ersten Wahl
anzusehen, da für sie – im Gegensatz zu den
anderen Wirkstoffen – neben der günstigen
Beeinflussung von pektanginösen Beschwer-
den und Belastungstoleranz auch eine sekundärpräventive Wirksamkeit nachgewiesen ist (1).
Patienten mit stabiler Angina pectoris sollten über schnell wirkendes Glyceroltrinitrat zur Kupierung akuter Anfälle verfügen
(1).
Eine Prognoseverbesserung bei der Koronaren Herzkrankheit (KHK) ist für Ranolazin weder als Alternative zu den
etablierten Wirkstoffen noch als Ergänzungstherapie zu diesen durch valide Studien
nachgewiesen. Nur bei Unverträglichkeit
sowohl von Betarezeptorenblockern als
auch Kalziumantagonisten kann Ranolazin
als Behandlungsversuch in Erwägung gezogen werden. Zu beachten sind aber seine
zahlreichen Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen sowie das Risiko einer dosisabhängigen QT-Zeit-Verlängerung (2).
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Anlage 1 – Wirkstoff AKTUELL: Ausgabe 2/2011, 3/2011 und 4/2011
Kosten
Wirkstoff
Ranolazin
Präparat
DDDAngaben1
in mg, oral
Dosis
(mg/Tag)2
Kosten
pro Jahr [€]3
Ranexa®
Retardtabletten
1500
1000
817,754
10
45,81
5
32,70
60
54,93
Betarezeptorenblocker
Bisoprololhemifumarat
Generikum,
Tabletten
10
Kalziumantagonisten
Amlodipin
Generikum,
Tabletten
5
Isosorbiddinitrat
Isosorbiddinitrat
Generikum,
Retardkapseln
60
Stand Lauertaxe: 15.01.2011
1
nach (3), 2Dosierung gemäß Fachinformation, 3Kostenberechnung bezogen auf die Tagesdosis der Fachinformation anhand des kostengünstigsten Präparates einschließlich Import; gesetzliche Pflichtrabatte
der Apotheken und pharmazeutischen Unternehmen wurden berücksichtigt; 4zuzüglich Kosten für eine
antianginöse Basistherapie.
Die Kostentabelle zeigt nur anhand eines Vertreters der Wirkstoffklasse einen Kostenvergleich und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Wirkungsweise
der Wirkungsmechanismus von Ranolazin,
einem Piperazinderivat, ist nicht abschließend
geklärt. Ranolazin soll den bei ischämie und
Herzinsuffizienz deutlich verstärkten späten
Einwärtsstrom von Na+-ionen (iNa-late) in kardiale Myozyten inhibieren. dadurch soll die
intrazelluläre Natriumkonzentration und konsekutiv die Kalziumüberladung, die zu elektrischer instabilität, erhöhter Wandspannung
sowie reduzierter Kontraktilität und zellulärer
Schädigung führt, in der Zelle vermindert werden. dies soll dann zu einer Verbesserung
der myokardialen Funktion führen. Nach oraler Anwendung lag die durchschnittliche absolute Bioverfügbarkeit von Ranolazin im
Bereich von 35 % bis 50 %, bei großer interindividueller Variabilität. Ranolazin wird überwiegend durch CYP3A4 und CYP2d6
metabolisiert und ist ein Substrat für den
Transporter P-Glykoprotein (P-gp). die Eliminationshalbwertzeit von oralem Ranolazin liegt
bei etwa 7 Stunden. Ranolazin wird überwiegend über den Harn ausgeschieden, 25 % werden über die Fäzes eliminiert (2;4).
Wirksamkeit
in einer doppelblinden, randomisierten Crossover-Studie erhalten 191 Patienten (73 %
Männer) nach Absetzen ihrer antianginösen
Therapie jeweils über eine Woche zweimal täglich 500 mg, 1000 mg oder 1500 mg Ranolazin
oder Placebo. 12 Stunden nach der letzten Einnahme verbesserte sich die Belastungsdauer
Seite von 12
entsprechend um 94, 103 und 116 Sekunden
gegenüber 70 Sekunden unter Placebo (p <
0,005). Für Frauen wurde keine gesonderte
Analyse durchgeführt (5). die alleinige Placebokontrolle dieser Studie lässt keinerlei Vergleich mit etablierten Therapien zu. in einer
weiteren zulassungsrelevanten, doppelblinden,
KV Thüringen – RS 5/2011
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randomisierten Studie erhielten 823 Patienten
(78 % Männer) über 12 Wochen ergänzend
eine Basistherapie mit 50 mg Atenolol/Tag
oder 5 mg Amlodipin/Tag oder 180 mg diltiazem/Tag, zweimal täglich 750 mg oder 1000 mg
Ranolazin oder Placebo. in beiden RanolazinGruppen erhöhte sich die Belastungszeit auf
jeweils 115,6 Sekunden im Vergleich zu
91,7 Sekunden unter Placebo (p = 0,01); eine
geschlechtsspezifische Analyse erfolgte nicht.
Ranolazin führte zu einer Abnahme der mittleren Anzahl der Anginaattacken pro Woche von
3,3 (Placebo) auf 2,5 (750 mg RanolazinGruppe) (p = 0,006) und auf 2,1 (1000 mg
Ranolazin-Gruppe) (p < 0,001). Bei den untersuchten Frauen wurde keine Verlängerung der
Belastungszeit gefunden. die Abnahme der
Anginahäufigkeit und des Nitratverbrauchs
war der der Männer ähnlich (2;6). da nach
aktuellen Leitlinien bei nicht ausreichendem
Ansprechen eines Betarezeptorenblockers bzw.
eines Kalziumantagonisten eine Kombination
von Vertretern dieser beiden Arzneimittelgruppen angezeigt ist, eignet sich der hier vorliegende Vergleich von Ranolazin mit Placebo auf
Basis einer Monotherapie nicht zur Beschreibung seines Stellenwerts als Ergänzungstherapie zum therapeutischen Standard (7).
Nebenwirkungen, Risiken und Vorsichtsmaßnahmen (2;4)*
Kontraindikationen
Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
oder einen der sonstigen Bestandteile
mäßige oder schwere Leberfunktionsstörung
schwere Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min)
begleitende Anwendung starker CYP3A4inhibitoren (z. B. itraconazol, Ketoconazol,
HiV-Proteasehemmer, Clarithromycin)
begleitende Anwendung von Antiarrhythmika der Klasse ia (z. B. Chinidin) oder
Klasse iii (z. B. dofetilid, Sotalol) mit Ausnahme von Amiodaron
interaktionen
Ranolazin sollte nicht gleichzeitig mit
CYP3A4-induktoren (z. B. Rifampicin,
Phenytoin, Phenobarbital, Carbamazepin,
Johanniskraut) angewendet werden, da dies
zu einem Wirkverlust von Ranolazin führen kann.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
Vorsicht ist geboten bei der Verordnung
oder Aufwärtstitrierung von Ranolazin an
Patienten, bei denen eine erhöhte Exposition erwartet wird:
- begleitende Anwendung mittelstarker
CYP3A4-inhibitoren (z. B. diltiazem,
Fluconazol, Erythromycin)
- begleitende Anwendung von CYP2d6inhibitoren (z. B. Paroxetin)
- fehlende CYP2d6-Aktivität (schlechte
Metabolisierung)
- begleitende Verabreichung von P-gpinhibitoren (z. B. Verapamil, Ciclosporin)
- Patienten mit geringem Gewicht (≤ 60 kg)
- Patienten mit mittelgradiger bis
schwerer chronischer Herzinsuffizienz (linksventrikuläre Auswurffraktion < 40 % und/oder NYHA iii–iV)
Eine Kombination von Ranolazin mit
Wirkstoffen, die ebenfalls die QTC-Zeit
verlängern, sollte vermieden werden.
die größere Empfindlichkeit von Frauen
gegenüber QT-Zeit verlängernden Pharmaka sollte berücksichtigt werden (8).
*Die Informationen zu Nebenwirkungen, Risiken und Vorsichtsmaßnahmen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Weitere Informationen sind der Fachinformation zu
entnehmen.
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Nebenwirkungen
häufig (≥ 1/100, < 1/10)
Schwindel, Kopfschmerzen, Obstipation, Erbrechen, Übelkeit,
Asthenie
gelegentlich (≥ 1/1000, < 1/100)
Anorexie, verminderter Appetit, Dehydratation, Beklemmung, Insomnie, Lethargie, Synkope, Hypästhesie, Somnolenz, Tremor,
orthostatischer Schwindel, verschwommenes Sehen, Sehstörung,
Vertigo, Tinnitus, fliegende Hitze, Hypotonie, Dyspnoe, Husten,
Epistaxis, Bauchschmerzen, Mundtrockenheit, Dyspepsie, Flatulenz, Magenbeschwerden, Pruritus, Hyperhidrose, Schmerz in
den Extremitäten, Dysurie, Hämaturie, Chromaturie, Müdigkeit,
peripheres Ödem, Serum-Kreatinin erhöht, Blutharnstoff erhöht,
verlängertes korrigiertes QT-Intervall, Thrombozyten- oder Leukozytenzahl erhöht, vermindertes Gewicht
selten (≥ 1/10.000, < 1/1000)
Desorientiertheit, Amnesie, Bewusstseinsverminderung, Bewusstlosigkeit, Parosmie, eingeschränktes Hörvermögen, periphere Kälte, orthostatische Hypotonie, Engegefühl im Rachen,
Pankreatitis, erosive Duodenitis, orale Hypästhesie, allergische
Dermatitis, Urtikaria, kalter Schweiß, Ausschlag, erektile Dysfunktion, Leberenzymwerte erhöht
Hinweise zu besonderen Patientengruppen
Ältere Patienten
Bei älteren Patienten sollte die Titrierung der Dosis mit besonderer Vorsicht erfolgen. Aufgrund der altersbedingt verminderten Nierenfunktion
älterer Patienten kann bei ihnen die Ranolazin-Exposition erhöht sein.
Bei älteren Patienten traten unerwünschte Ereignisse häufiger auf.
Kinder und Jugendliche
Keine Zulassung für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.
Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion
Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion
Anwendung bei Schwangeren und Stillenden
Bei Patienten mit leichter bis mäßiger Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance 30–80 ml/min) wird eine sorgfältige Titrierung der Dosis
empfohlen.
Bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance
< 30ml/min) ist Ranolazin kontraindiziert.
Eine sorgfältige Titrierung der Dosis wird bei Patienten mit leichter Leberfunktionsstörung empfohlen.
Bei Patienten mit mäßiger oder schwerer Leberfunktionsstörung ist Ranolazin kontraindiziert.
Ranolazin darf nicht während der Schwangerschaft verwendet werden,
es sei denn, dies ist zwingend erforderlich.
Ranolazin darf während der Stillzeit nicht angewendet werden.
1. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Empfehlungen
zur Prophylaxe und Therapie der stabilen koronaren Herzkrankheit.
1. Auflage. Arzneiverordnung in der Praxis (Therapieempfehlungen),
Januar 2004; 31.
2. EMA: Ranexa®: Europäischer Beurteilungsbericht (EPAR):
http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/medicines/
human/medicines/000805/human_med_001009.jsp&murl=menus/
medicines/medicines.jsp&mid=WC0b01ac058001d125. Stand: 07.
Juni 2010. Zuletzt geprüft: 03. Januar 2011.
3. GKV-Arzneimittelindex im Wissenschaftlichen Institut der AOK
(WIdO): Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) (Hrsg.): Anatomisch-therapeutisch-chemische
Klassifikation mit Tagesdosen. Amtliche Fassung des ATC-Index mit
DDD-Angaben für Deutschland im Jahre 2011. Berlin: DIMDI, 2011.
4. Berlin-Chemie Menarini: Fachinformation "Ranexa®". Stand: Mai
2010.
5. Chaitman BR, Skettino SL, Parker JO et al.: Anti-ischemic effects
and long-term survival during ranolazine monotherapy in patients
with chronic severe angina. J Am Coll Cardiol 2004; 43: 1375-1382.
6. Chaitman BR, Pepine CJ, Parker JO et al.: Effects of ranolazine with
atenolol, amlodipine, or diltiazem on exercise tolerance and angina
frequency in patients with severe chronic angina: a randomized controlled trial. JAMA 2004; 291: 309-316.
7. Fox K, Garcia MA, Ardissino D et al.: Guidelines on the management
of stable angina pectoris: executive summary: The Task Force on the
Management of Stable Angina Pectoris of the European Society of
Cardiology. Eur Heart J 2006; 27: 1341-1381.
8. Regitz-Zagrosek V: Therapeutic implications of the gender-specific
aspects of cardiovascular disease. Nat Rev Drug Discov 2006; 5:
425-438.
© Wirkstoff AKTUELL ist eine Information der KBV in Kooperation mit der ARZNEIMITTELKOMMISSION DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT.
Seite von 12
KV Thüringen – RS 5/2011
Stand: 25. Dezember 2010
Literatur
Anlage 1 – Wirkstoff AKTUELL: Ausgabe 2/2011, 3/2011 und 4/2011
A u s g a b e 0 3 / 2 0 11
KBV
Wirkstoff AKTUELL
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ONLINE UNTER: HTTP://AIS.KBV.DE
Denosumab
Für die Therapie der Osteoporose bei Frauen in der Postmenopause und die Behandlung des
Knochenschwunds im Zusammenhang mit Hormonablation bei Männern mit Prostatakarzinom
mit erhöhtem Frakturrisiko bringt der Wirkstoff Denosumab (Prolia®) keinen zusätzlichen
Nutzen gegenüber den kostengünstigeren oralen Bisphosphonaten. Zu beachten ist das erhöhte
Risiko schwerwiegender Infektionen und das zur Zeit nicht abschätzbare Risiko für maligne
Neuerkrankungen, da Daten zur Langzeitsicherheit von Denosumab nicht vorliegen.
Indikation
Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen mit erhöhtem Frakturrisiko.
Behandlung von Knochenschwund im Zusammenhang mit Hormonablation bei Männern mit
Prostatakarzinom mit erhöhtem Frakturrisiko.
Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise
Bei der Behandlung der Osteoporose sollte
eine medikamentöse Therapie (unter Berücksichtigung der Höhe des Osteoporoserisikos)
erst dann eingeleitet werden, wenn Basismaßnahmen wie regelmäßige körperliche Aktivität, Änderung des Lebensstils sowie Vitamin
D- und Kalzium-Supplementierung (wenn
durch Ernährung nicht auszugleichen) zu keiner ausreichenden Osteoporose- und Frakturprophylaxe führen (1;2).
Die Entscheidung zu einer spezifischen medikamentösen Therapie ist im Einzelfall zu
fällen unter Berücksichtigung des globalen
Frakturrisikos, der Begleitmedikation (z. B.
Kortikosteroide in systemischer Anwendung) und von Geschlecht, Lebensalter,
Menopausenalter, zusätzlichen Risikofaktoren, klinischem Stadium und Knochenstoffwechselsituation der Osteoporose.
Zur antiresorptiven Therapie bei Osteoporose sollten vorrangig die kostengünstigeren Generika der oralen Bisphosphonate
(z. B. Alendronsäure) eingesetzt werden.
Auf eine ausreichende Basistherapie (Kalzium und Vitamin D) ist zu achten (2).
Ein zusätzlicher Nutzen für das teurere,
subkutan zu applizierende Denosumab ist
bisher nicht erwiesen. Nur in Einzelfällen
bei Unverträglichkeit der Bisphosphonate
kann Denosumab als Mittel der Reserve
eingesetzt werden. Die nach einer dreijährigen Behandlung von Denosumab angestiegene Knochendichte fällt nach Absetzen
von Denosumab innerhalb eines Jahres
wieder auf das Ausgangsniveau ab, wobei
die Bedeutung dieses Knochendichteabfalls nach Absetzen von Denosumab für
das Frakturrisiko unklar ist.
Bei der Verordnung von Denosumab ist zu
beachten, dass direkte Vergleiche mit
Bisphosphonaten nicht vorliegen, ebenso
wenig wie Daten zur Langzeitsicherheit
(u. a. Inzidenz von Kiefernekrosen, atypische Frakturen, Mikroschäden am Kno-
KV Thüringen – RS 5/2011 Seite von 12
Anlage 1 – Wirkstoff AKTUELL: Ausgabe 2/2011, 3/2011 und 4/2011
chen) und zum Langzeitnutzen. Da Denosumab an den Receptor Activator of Nuclear
factor-Kappa B Liganden (RANKL), einem
Protein aus der Familie der Tumornekrosefaktoren (TNF), bindet, wirkt es auch auf das
Immunsystem (u. a. auf die Differenzierung
von B- und T-Zellen). Patienten sind daher
über das erhöhte Risiko schwerwiegender Infektionen zu informieren. Zudem ist bei der
Verordnung von Denosumab das zurzeit
noch nicht abschätzbare Risiko für maligne
Neuerkrankungen zu beachten (3;4). Des
Weiteren wird in der US-amerikanischen
Produktinformation zu Denosumab darauf
hingewiesen, dass in einer klinischen Studie
unter der Behandlung mit Denosumab häufiger Pankreatitiden aufgetreten sind als
unter Placebo. Patienten, die Denosumab erhalten, sollten daher über Symptome einer
Pankreatitis aufgeklärt werden (5).
Denosumab erhöht in Abhängigkeit von der
Indikation die jährlichen Kosten einer Pharmakotherapie der Osteoporose im Vergleich zu
Kosten
den oralen Bisphosphonaten bei Originalpräparaten um bis zu 160 %, gegenüber generischen Bisphosphonaten um bis zu 180 %.
Antiosteoporotika
Wirkstoff
DDDAngaben1
Präparat
Dosis2
Kosten
pro Jahr [€]3
Monoklonaler Antikörper (Tumornekrosehemmstoff)
Denosumab
Prolia® 60 mg Injektionslösung in
einer FertigspritzeF,MP
0,33 mg
1 x 60 mg s.c. / alle 6 Monate
543,54
Bisphosphonate
Fosamax 10 mg Tabletten
®
Alendronsäure
Alendronsäure
F,M
10 mg4
Fosamax® einmal wöchentlich
70 mg TablettenF
Generikum, 10 mg TablettenF,M
10 mg4
Generikum, 70 mg TablettenF
1 x 10 mg p.o. / Tag
325,80
1 x 70 mg p.o. / Woche
291,22
1 x 10 mg p.o. / Tag
332,80
1 x 70 mg p.o. / Woche
190,84
Etidronatdinatrium
Didronel®-Kit 400 mg/500 mg
TablettenF
400 mg5
1 x 400 mg p.o. / Tag
für 14 Tage pro
Behandlungszyklus6
271,117
Etidronatdinatrium
Generikum, 200 mg TablettenF
400 mg5
1 x 400 mg p.o. / Tag
für 14 Tage pro
Behandlungszyklus6
221,00
5 mg8
1 x 150 mg p.o. / Monat
369,12
33 µg9
1 x 3 mg i.v. / alle 3 Monate
502,24
Bonviva® 150 mg FilmtablettenF
Ibandronsäure
Bonviva® 3 mg Injektionslösung,
FertigspritzeF
Actonel® 5 mg FilmtablettenF
1 x 5 mg p.o. / Tag
318,26
1 x 35 mg p.o. / Woche
334,80
5 mg10
1 x 35 mg p.o. / Woche
207,22
14 µg11
1 x 5 mg i.v. / Jahr
470,2212
100 µg
1 x 100 µg s.c. / Tag
6382,4213
60 mg
1 x 60 mg p.o. / Tag
468,63
472,94
Protelos® Granulat zur Herstellung
einer Suspension zum EinnehmenF
2g
1 x 2 g p.o. / Tag
527,38
Forsteo® Injektionslösung in vorgefülltem InjektorF,M
20 µg
1 x 20 µg s.c. / Tag
6935,0914
Risedronatnatrium
Actonel® einmal wöchentlich
35 mg FilmtablettenF,M
5 mg10
Risedronatnatrium
Generikum, 35 mg FilmtablettenF,M
Zoledronsäure
Aclasta® 5 mg InfusionslösungF,M
Parathyroidhormon
Preotact Pulver zur Herstellung
einer Injektionslösung, PatronenF
Raloxifenhydrochlorid
Evista® 60 mg FilmtablettenF
Optruma® 60 mg FilmtablettenF
Strontiumranelat
Teriparatid
Sonstige
Seite von 12
®
KV Thüringen – RS 5/2011
Anlage 1 – Wirkstoff AKTUELL: Ausgabe 2/2011, 3/2011 und 4/2011
Indikation: Osteoporose bei postmenopausalen Frauen; M Indikation: Osteoporose bei Männern; MP Indikation: Knochenschwund
im Zusammenhang mit Hormonablation bei Männern mit Prostatakarzinom
F
Weitere Indikationen sind der Fachinformation zu entnehmen.
Stand Lauertaxe: 01.03.2011
1
Nach (6); 2Dosierung gemäß Fachinformation; 3Kostenberechnung anhand des kostengünstigsten Präparates einschließlich Import; gesetzliche Pflichtrabatte der Apotheken und pharmazeutischen Unternehmen wurden berücksichtigt; 4bezogen auf die Säure
der Alendronsäure; 5Dosis pro Behandlungszyklus bezogen auf das Salz der Etidronsäure; 6Behandlungszyklus: Etidronat-Dinatrium 400 mg/Tag für 14 Tage gefolgt von 500 mg/Tag Kalzium für 76 Tage; 7Kosten für Kalzium (500 mg/Tag) für 76 Tage pro Zyklus enthalten; 8oral; 9parenteral, bezogen auf die Säure der Ibandronsäure; 10bezogen auf das Salz der Risedronsäure; 11bezogen
auf die Säure der Zoledronsäure; 12Kosten für Spritzen und Nadeln sind nicht enthalten; 13Kosten für Pen und Nadeln sind nicht enthalten; 14Kosten für Nadeln sind nicht enthalten.
Wirkungsweise
Denosumab ist ein humaner monoklonaler Antikörper (IgG2), der mit hoher Affinität und
Spezifität an den RANKL bindet (Receptor
Activator of Nuclear factor-Kappa B Ligand).
RANKL ist ein Protein aus der Familie der
Tumornekrosefaktoren (TNF), das wesentlich
an der Regulation des Knochenabbaus beteiligt ist. Denosumab hindert RANKL seinen
Rezeptor RANK auf der Oberfläche von
Osteoklasten und deren Vorläuferzellen zu
aktivieren. Durch die Unterbrechung der
RANKL/RANK-Interaktion wird die Bildung,
die Funktion und das Überleben der Osteoklasten inhibiert und dadurch sowohl die
Knochenresorption im kortikalen als auch im
trabekulären Knochen vermindert (3;4).
Wirksamkeit
Postmenopausale Osteoporose:
In der für die Indikation postmenopausale
Osteoporose zulassungsrelevanten multizentrischen, randomisierten FREEDOM-Studie
(Fracture REduction Evaluation of Denosumab in Osteoporosis every six Months) wurden 7808 Frauen zwischen 60 und 90 Jahren
mit postmenopausaler Osteoporose (T-Score
an Lendenwirbelsäule oder Hüfte zwischen
–2,5 und –4,0) entweder zweimal pro Jahr mit
60 mg Denosumab oder mit Placebo behandelt.
Alle Studienteilnehmerinnen erhielten zusätzlich 1 g Kalzium und 400 I.E. Vitamin D.
Primärer Endpunkt war die Rate neuer Wirbelkörperfrakturen. Nach drei Jahren war das
relative Risiko (RR) für neue Wirbelkörperfrakturen unter Denosumab im Vergleich zu
Placebo um 68 % (95 % Konfidenzintervall
[cI] 59–74 %; p < 0,0001; Number needed to
treat [NNT] = 21) reduziert. Die relative Risikoreduktion (RRR) für eine Hüftfraktur lag bei
40 % (p = 0,04; NNT = 250), das RR war für
nicht-vertebrale Frakturen um 20 % (95 % cI
5–33 %; p = 0,01; NNT = 72) verringert. Die
absolute Risikoreduktion (ARR) betrug 4,8 %
(95 % cI 3,9–5,8 %). Die Knochendichte
nahm an der LWS um 9,2 %, an der Hüfte
um 6,0 % und am Oberschenkelhals um
4,8 % (p < 0,0001) zu (3;4;7).
Knochendichteverlust durch eine hormonablative Therapie (Androgendeprivation)
bei Männern mit Prostatakarzinom und erhöhtem Frakturrisiko:
In der zulassungsrelevanten HALT-Studie
(Hormone Ablation Bone Loss Trial) wurde
die Veränderung der Knochendichte an der
Lendenwirbelsäule bei 1468 Männern im Alter
zwischen 48 und 97 Jahren mit nicht-metastasierendem Prostatakarzinom unter hormonablativer Therapie, die entweder mit zweimal
pro Jahr 60 mg Denosumab oder mit Placebo
behandelt wurden, untersucht. Alle Studienteilnehmer erhielten zusätzlich 1 g Kalzium
und 400 I.E. Vitamin D. Primärer Endpunkt
war die Veränderung der Knochendichte an der
Lendenwirbelsäule nach 24 Monaten. Unter
Denosumab war nach drei Jahren das RR für
neue vertebrale Frakturen im Vergleich zu Placebo um 62 % (p < 0,01; NNT = 42) reduziert,
die ARR betrug 2,4 %. Die Knochendichte
nahm an der LWS um 7,9 %, an der Hüfte um
5,7 % und am Oberschenkelhals um 4,9 %
(p < 0,0001) zu (3;8).
Klinische Studien über den Einsatz und die
Sicherheit von Denosumab bei sekundären
Osteoporosen durch Glukokortikoide und bei
transplantierten, immunkomprommitierten und
immobilisierten Patienten liegen nicht vor.
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Anlage 1 – Wirkstoff AKTUELL: Ausgabe 2/2011, 3/2011 und 4/2011
Nebenwirkungen, Risiken und Vorsichtsmaßnahmen (3;4)*
Kontraindikationen
Hypokalzämie
Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
oder einen der sonstigen Bestandteile
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
Vor Beginn einer Therapie mit Denosumab muss eine Hypokalzämie durch eine
ausreichende Zufuhr an Kalzium und
Vitamin D korrigiert werden. Bei Patienten
mit einer Prädisposition für eine Hypokalzämie wird die klinische Überwachung
der Kalziumspiegel empfohlen.
Vor Beginn der Behandlung mit Denosumab
sollte wegen des Risikos einer Osteonekrose
bei Patienten mit begleitenden Risikofaktoren eine Zahnuntersuchung mit angemessener präventiver Zahnbehandlung erwogen
werden. Während der Behandlung sollte bei
diesen Patienten ein invasiver Dentaleingriff, wenn möglich, vermieden werden.
Wechselwirkungen
Es wurden keine Wechselwirkungsstudien durchgeführt. Es liegen keine klinischen Daten zur gleichzeitigen Anwendung von Denosumab und einer Hormonersatztherapie (Östrogene) vor. Das Potenzial für eine pharmakodynamische Wechselwirkung wird als gering eingeschätzt.
Basierend auf den Daten einer Therapiewechselstudie (von Alendronsäure zu
Denosumab) wurden die Pharmakokinetik
und -dynamik von Denosumab bei postmenopausalen Frauen mit Osteoporose
durch eine vorherige AlendronsäureTherapie nicht verändert.
*Die Informationen zu Nebenwirkungen, Risiken und Vorsichtsmaßnahmen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Weitere Informationen sind der Fachinformation zu
entnehmen.
Nebenwirkungen
1
häufig (≥ 1/100, < 1/10)
Harnwegsinfektion, Infektion der oberen Atemwege, Ischiassyndrom, Katarakte1, Obstipation, Hautausschlag, Gliederschmerzen
gelegentlich (≥ 1/1000, < 1/100)
Divertikulitis1, Pankreatitis, bakterielle Entzündung des Unterhautgewebes, Infektion der Ohren, Ekzeme
selten (< 1/10.000)
Hypokalzämie
Bei Patienten mit Prostatakarzinom, die eine Anti-Androgentherapie erhielten.
Hinweise zu besonderen Patientengruppen
Ältere Patienten
Bei älteren Patienten (≥ 65 Jahre) ist keine Dosisanpassung erforderlich.
Kinder und Jugendliche
Denosumab wird nicht für die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen (< 18
Jahre) empfohlen, da Unbedenklichkeit und Wirksamkeit von Denosumab bei
diesen Patienten nicht gezeigt wurden. Eine Inhibition des RANKL in tierexperimentellen Studien wurde mit einer Inhibition des Knochenwachstums und mit
einem Fehlen des Zahndurchbruches in Verbindung gebracht.
Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion
Bei Patienten mit renalen Funktionsstörungen ist keine Dosisanpassung erforderlich.
Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion
Die Unbedenklichkeit und Wirksamkeit von Denosumab wurden bei Patienten
mit Leberfunktionsstörungen nicht untersucht.
1. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Empfehlungen
zur Therapie und Prophylaxe der Osteoporose, 1. Auflage. Arzneiverordnung in der Praxis (Therapieempfehlungen), Februar 2003;
Band 19, Sonderheft 1.
2. Dachverband der Osteologie e.V.: DVO-Leitlinie 2009 zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei Erwachsenen
(S3-Leitline Osteoporose). Osteologie 2009; 18: 304-328.
3. Amgen, GlaxoSmithKline: Fachinformation "Prolia 60 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze". Stand: Mai 2010.
4. EMA: Prolia: European Public Assessment Report (EPAR) (CHMP
Assessment Report ): http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/
document_library/EPAR_-_Public_assessment_report/human/
001120/WC500093529.pdf. Stand: 23. Juni 2010. Zuletzt geprüft: 28.
Januar 2011.
5. FDA: Prolia: Label and Approval History: http://www.accessdata.
fda.gov/scripts/cder/drugsatfda/index.cfm?fuseaction=Search.Label_
ApprovalHistory. 06. Januar 2010. Zuletzt geprüft: 28. Januar 2011.
6. GKV-Arzneimittelindex im Wissenschaftlichen Institut der AOK
(WIdO): Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) (Hrsg.): Anatomisch-therapeutisch-chemische
Klassifikation mit Tagesdosen. Amtliche Fassung des ATC-Index mit
DDD-Angaben für Deutschland im Jahre 2011. Berlin: DIMDI, 2011.
7. Cummings SR, San MJ, McClung MR et al.: Denosumab for prevention of fractures in postmenopausal women with osteoporosis.
N Engl J Med 2009; 361: 756-765.
8. Smith MR, Egerdie B, Hernandez TN et al.: Denosumab in men
receiving androgen-deprivation therapy for prostate cancer. N Engl J
Med 2009; 361: 745-755.
© Wirkstoff AKTUELL ist eine Information der KBV in Kooperation mit der ARZNEIMITTELKOMMISSION DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT.
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KV Thüringen – RS 5/2011
Stand: 28. Januar 2011
Literatur
Anlage 1 – Wirkstoff AKTUELL: Ausgabe 2/2011, 3/2011 und 4/2011
A u s g a b e 0 4 / 2 0 11
KBV
Wirkstoff AKTUELL
EiNE iNfORmATiON DER KBV im RAHmEN DES § 73 (8) SgB V iN ZUSAmmENARBEiT miT DER ARZNEimiTTELKOmmiSSiON DER DEUTSCHEN äRZTESCHAfT
ONLiNE UNTER: HTTP://AiS.KBV.DE
Silodosin
Silodosin (Urorec®) zeigt im Vergleich zu anderen Alpha-1-Adrenorezeptor-Antagonisten
(Alphablockern) keine bessere Wirksamkeit, im Nebenwirkungsprofil zeigen sich jedoch mehr
Ejakulationsstörungen. Die höheren Kosten von Silodosin gegenüber anderen Alphablockern
rechtfertigen daher eine Verordnung von Silodosin nur in Einzelfällen bei den Patienten, bei
denen sich unter der Therapie mit anderen in ihrer Langzeitsicherheit besser untersuchten und in
ihrem UAW-Profil günstigeren Alphablockern (Alfuzosin, Tamsulosin) keine Verbesserung der
LUTS (lower urinary tract symptoms) einstellt.
Indikation
Behandlung der Anzeichen und Symptome einer benignen Prostatahyperplasie (BPH).
Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise
Die Arzneimitteltherapie des benignen
Prostatasyndroms (BPS) richtet sich nach
dem Therapieziel, welches sich aus der
Basisdiagnostik ergibt. Therapieziel kann
die Reduktion der störenden Symptome
sein, hierfür werden vorwiegend die Alphablocker eingesetzt. Ein anderes Ziel kann
die Hemmung der BPS-Progression sein.
Allerdings haben Alphablocker auf Progressionsparameter wie die Prostatagröße
oder das Risiko eines akuten Harnverhaltes
verglichen mit Placebo langfristig keinen
Einfluss (1).
Alphablocker haben keinen oder nur einen
geringen Einfluss auf die statische Komponente der benignen Prostataobstruktion
(BPO), eine klinisch relevante Abnahme der
urodynamisch gemessenen BPO wurde bisher nicht konsistent gezeigt. Sie sind aber
zur Symptomreduktion und symptomatischen Progressionshemmung bei Patienten
mit BPS geeignet (Evidenzstufe 1a, Emp-
fehlungsgrad A). Bei adäquater Dosierung
(siehe Tabelle Kosten) sind alle Alphablocker ähnlich wirksam (1;2). Charakteristisch
für alle Alphablocker ist die Dosisabhängigkeit von Wirkung und Nebenwirkung.
Der vergleichsweise teurere Alphablocker
Silodosin bringt keinen Zusatznutzen für
die Therapie des BPS, im Vergleich zu anderen Alphablockern zeigten sich mehr
Ejakulationsstörungen (retrograde Ejakulationen 14 % vs. 2 % im Vergleich zu
Tamsulosin) (3). Die höheren Kosten von
Silodosin gegenüber anderen Alphablockern rechtfertigen daher eine Verordnung
von Silodosin nur in Einzelfällen bei den
Patienten, bei denen sich unter der Therapie mit anderen in ihrer Langzeitsicherheit
besser untersuchten und in ihrem UAWProfil günstigeren Alphablockern (Alfuzosin, Tamsulosin) keine Verbesserung der
LUTS (lower urinary tract symptoms) einstellt.
KV Thüringen – RS 5/2011 Seite von 12
Anlage 1 – Wirkstoff AKTUELL: Ausgabe 2/2011, 3/2011 und 4/2011
Kosten
Wirkstoff
DDDAngaben1
Präparat
Dosis
pro Tag2
Kosten
pro Jahr [€]3
8 mg
1 x 8 mg
283,57
7,5 mg
2 x 5 mg
1 x 10 mg
209,09
92,82
6 mg
1 x 2 – 4 mg
81,58 – 90,12
0,4 mg
1 x 0,4 mg
75,66
5 mg
1 x 5 – 10 mg
98,55 – 111,14
Alphablocker
Silodosin
Urorec® 8 mg Hartkapseln
Alfuzosinhydrochlorid
Generikum, Retardtabletten
Doxazosin
Generikum, Tabletten
Tamsulosinhydrochlorid
Generikum, Retardkapseln
Terazosin
Generikum, Tabletten
Stand Lauertaxe: 01.04.2011
1
Nach (4); 2Dosierung gemäß Fachinformation; 3Kostenberechnung anhand des kostengünstigsten Präparates einschließlich Import; gesetzliche Pflichtrabatte der Apotheken und pharmazeutischen Unternehmen wurden berücksichtigt.
Wirkungsweise
Silodosin ist ein Alpha-1A-AdrenorezeptorAntagonist (Alphablocker). Eine Blockade der
Alpha-1A-Adrenorezeptoren in der menschlichen Prostata, der Harnblase, im Blasenhals, in
der Prostatakapsel und in der prostatischen
Harnröhre bewirkt eine Entspannung der glatten muskulatur dieser gewebe und damit eine
Verminderung des Blasenauslasswiderstands,
ohne dabei die Kontraktilität des glatten
Detrusormuskels zu beeinträchtigen. Dies führt
zu einer Verbesserung der mit einer benignen
Prostatahyperplasie assoziierten irritativen
Symptome (lower urinary tract symptoms,
LUTS). Silodosin wird in großem Umfang
durch glucuronidierung (UgT2B7), Alkoholund Aldehyddehydrogenase sowie Oxidation
(hauptsächlich CYP3A4) metabolisiert. Der
Hauptmetabolit, ein glucuronidkonjugat von
Silodosin, für den eine in-vitro-Wirksamkeit
nachgewiesen wurde, besitzt eine Halbwertszeit von 24 Stunden und erreicht viermal so
hohe Plasmakonzentrationen wie Silodosin.
Silodosin wird hauptsächlich in metabolisierter
form ausgeschieden, vorwiegend über die
fäzes und den Urin. im Urin liegen nur sehr
geringe Konzentrationen des unveränderten
Wirkstoffs vor (3;5).
Wirksamkeit
in zwei für die Zulassung relevanten placebokontrollierten Studien erhielten 461 bzw. 462
Patienten mit mittelschweren bis schweren
Symptomen einer BPH (international Prostate
Symptom Score, iPSS) Silodosin 8 mg oder
Placebo. Jeweils 416 Patienten beendeten
die Studie. in beiden Studien kam es nach
12-wöchiger Behandlung bei den Patienten
unter Silodosin zu einer stärkeren Verbesserung des iPSS-gesamtscores im Vergleich
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zu den Patienten unter Placebo (6,5 vs. 3,6;
p < 0,001 bzw. 6,3 vs. 3,4; p < 0,001). in einer
weiteren Studie erhielten 371 Patienten 8 mg
Silodosin, 376 Patienten 0,4 mg Tamsulosin
und 185 Patienten Placebo. gegenüber dem
Ausgangswert verbesserte Placebo den iPSSgesamtscore um 4,7, Tamsulosin um 6,7 (vs.
Placebo p < 0,001) und Silodosin um 7,0 (vs.
Tamsulosin Nicht-Unterlegenheit, vs. Placebo
p < 0,001) (3;5).
KV Thüringen – RS 5/2011
Anlage 1 – Wirkstoff AKTUELL: Ausgabe 2/2011, 3/2011 und 4/2011
Nebenwirkungen, Risiken und Vorsichtsmaßnahmen (3;5)*
Kontraindikationen
Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
oder einen der sonstigen Bestandteile.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
Da die BPH und Prostatakarzinome die
gleiche Symptomatik aufweisen und
gleichzeitig vorkommen können, sollte bei
Patienten mit einer mutmaßlichen BPH
vor Einleiten der Therapie mit Silodosin
das Vorliegen eines Prostatakarzinoms
durch geeignete Untersuchungen ausgeschlossen werden.
Bei Patienten, die gleichzeitig oder in der
Vorgeschichte mit Alpha-1-AdrenorezeptorAntagonisten behandelt wurden, kann
während einer Kataraktoperation ein intraoperatives floppy-iris-Syndrom (eine
Variante des Small-Pupil-Syndroms) auftreten und während der Operation zu
Komplikationen führen. Ein bis zwei
Wochen vor der Kataraktoperation ist die
Behandlung mit Silodosin zu unterbrechen. Die Therapie mit Silodosin bei
Patienten zu beginnen, bei denen eine
Kataraktoperation geplant ist, wird nicht
empfohlen
Die Begleitmedikation zur Therapie der
Hypertonie (Diuretika, Beta-Adrenozep-
tor-Antagonisten, ACE-Hemmer oder
Kalziumkanalantagonisten) kann bei
einigen Alphablockern zur Verstärkung der
kardiovaskulären Nebenwirkungen führen.
Bei Patienten mit BPS und AlphablockerTherapie ist die gleichzeitige Verabreichung
anderer Alphablocker zur Hypertoniebehandlung kontraindiziert.
Wechselwirkungen
Silodosin wird vorwiegend über CYP3A4
metabolisiert. Eine gleichzeitige Anwendung mit hoch wirksamen CYP3A4-Hemmern (wie Ketoconazol, itraconazol oder
Ritonavir) wird nicht empfohlen.
Silodosin ist ein Substrat für P-glykoprotein. Arzneimittel, die diese Enzyme und
Transporter hemmen (z. B. Clarithromycin,
Erythromycin, Verapamil, Nifedipin) oder
anregen (z. B. Johanniskraut, Dexamethason und Phenytoin), können die Konzentration von Silodosin und seinem aktiven
metaboliten im Plasma beeinflussen.
Bei Patienten, die gleichzeitig Silodosin
und einen PDE-5 Hemmer (z. B. Tadalafil)
erhalten, sollten auf mögliche Nebenwirkungen wie Orthostase oder Schwindel hin
überwacht werden.
Nebenwirkungen
sehr häufig (≥ 1/10)
retrograde Ejakulation, Anejakulation
häufig (≥ 1/100, < 1/10)
Schwindel, orthostatische Hypotonie, Nasenverstopfung, Diarrhoe
gelegentlich (≥ 1/1000, < 1/100)
verminderte Libido, Übelkeit, Mundtrockenheit, erektile Dysfunktion
Häufigkeit nicht bekannt
Synkope
*Die Informationen zu Nebenwirkungen, Risiken und Vorsichtsmaßnahmen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Weitere Informationen sind der Fachinformation zu
entnehmen.
KV Thüringen – RS 5/2011 Seite 11 von 12
Anlage 1 – Wirkstoff AKTUELL: Ausgabe 2/2011, 3/2011 und 4/2011
Hinweise zu besonderen Patientengruppen
Ältere Patienten
Keine Dosisanpassung erforderlich.
Kinder und Jugendliche
Es gibt keine Indikation für die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen.
Leichte Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance 50–80 ml/min):
Keine Dosisanpassung erforderlich.
Patienten mit eingeschränkter
Nierenfunktion
Mittelschwere Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance
30 bis < 50 ml/min): Anfangsdosis von 4 mg/Tag wird empfohlen.
Dosis kann nach einer Behandlungswoche auf 8 mg/Tag erhöht werden, abhängig vom Ansprechen des Patienten.
Schwere Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min):
Anwendung wird nicht empfohlen.
Patienten mit eingeschränkter
Leberfunktion
Fertilität
Leichte bis mittelschwere Leberfunktionsstörung: Keine Dosisanpassung erforderlich.
Schwere Leberfunktionsstörung: Anwendung wird nicht empfohlen,
da keine Daten zur Verfügung stehen.
In klinischen Studien wurde während der Behandlung mit Silodosin
eine reduzierte Anzahl bzw. ein Fehlen von Spermien im Ejakulat beobachtet.
Vor Beginn der Behandlung sollten Patienten über eine mögliche
vorübergehende Beeinträchtigung der männlichen Fertilität informiert
werden.
Literatur
4. GKV-Arzneimittelindex im Wissenschaftlichen Institut der AOK
(WIdO): Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und
Information (DIMDI) (Hrsg.): Anatomisch-therapeutisch-chemische
Klassifikation mit Tagesdosen. Amtliche Fassung des ATC-Index mit
DDD-Angaben für Deutschland im Jahre 2011. Berlin: DIMDI, 2011.
5. Merckle Recordati: Fachinformation "UROREC® 8 mg Hartkapseln".
Stand: Januar 2010.
© Wirkstoff AKTUELL ist eine Information der KBV in Kooperation mit der ARZNEIMITTELKOMMISSION DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT.
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KV Thüringen – RS 5/2011
Stand: 14. Februar 2011
1. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften: Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Urologie
(DGU) und des Berufsverbands der Deutschen Urologen (BDU):
Therapie des Benignen Prostatasyndroms (BPS). AWMF-LeitlinienRegister Nr. 043/034. Stand: Februar 2009.
2. European Association of Urology: Guidelines on Conservative Treatment of Non-neurogenic Male LUTS: http://www.uroweb.org/gls/
pdf/BPH%202010.pdf. Stand: April 2010. Zuletzt geprüft: 14. Februar
2011.
3. EMA: Urorec: European Public Assessment Report (EPAR)
(Assessment Report ): http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/
document_library/EPAR_-_Public_assessment_report/human/
001092/WC500074183.pdf. Stand: 22. Februar 2010. Zuletzt geprüft:
14. Februar 2011.
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