Leseprobe - Grundwissen Rettungsdienst

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Atmungssystem
8 Atmungssystem
In der Nase wird die Einatemluft gereinigt,
erwärmt und angefeuchtet.
Über das Atmungssystem wird der Sauerstoff
(O2) aus der Umgebungsluft in den Körper
aufgenommen und das im Körper anfallende
Kohlendioxid (CO2) wieder abgegeben.
8.1 Anatomie des
Atmungssystems
Nasenmuscheln
Nasenhöhle
Das Atmungssystem besteht aus dem luftleitenden und dem gasaustauschenden System.
Das luftleitende System wird in obere und
untere Atemwege unterteilt.
Gaumen
Zunge
Mundhöhle
Rachen
Kehldeckel
Ösophagus
Kehlkopfknorpel
Speiseröhre
Stimmritze
Nasenhöhle
Mundhöhle
Obere Atemwege
Rachen
Kehlkopf
Luftröhre
Untere Atemwege
Abb.: 8-2 Obere Atemwege
Der Mund
Bei verlegter Nase kann die Leitung der Luft
durch den Mund erfolgen. Die Reinigung,
Erwärmung und Anfeuchtung der Einatemluft
entfallen dann weitgehend.
Bronchien
Bronchiolen
Alveolen
Lungen
Abb.: 8-1 Übersicht Anatomie Atmung
8.1.1 Obere Atemwege
Zu den oberen Atemwegen zählen die Nase, der
Mund und der Rachen. Bei der Einatmung
gelangt die Luft über die Nase oder über den
Mund in den Rachen. Auf Höhe des Kehlkopfes
teilen sich Atem- und Speiseweg. Bis zu den
Stimmbändern, die am Eingang des Kehlkopfes
liegen, spricht man von den oberen Atemwegen.
Die Nase
Die Nasenhöhle wird in der Mitte durch eine
Scheidewand in zwei Kammern geteilt. Die
Nasenhöhle ist mit sehr gut durchbluteter
Schleimhaut ausgekleidet. An den seitlichen
Nasenwänden befinden sich Nasenmuscheln,
sie dienen der Oberflächenvergrößerung.
Der Rachen (Pharynx)
Hier kreuzen sich Luft- und Speiseweg. Die
Luft gelangt vorne durch den Kehlkopf in die
Luftröhre (die Trachea), der Speisebrei hinten
in die Speiseröhre (den Ösophagus).
8.1.2 Untere Atemwege
Die unteren Atemwege leiten die Luft von den
Stimmbändern bis zu den Lungenbläschen
(Alveolen), in denen der Gasaustausch mit dem
Blut stattfindet.
Der Kehlkopf (Larynx)
Der Larynx ist aus mehreren Knorpeln aufgebaut, die durch Bänder miteinander verbunden
sind. Der Kehldeckel (Epiglottis) ragt als
Knorpeldach hinter der Zunge nach oben und
bedeckt beim Schlucken den Larynxeingang. Im
Larynx befinden sich die Stimmbänder. Beim
Atmen sind sie auseinandergeklappt. Beim
Sprechen werden sie aneinandergelegt und
Atmungssystem
per in der Speiseröhre über diese Membran die
Trachea einengen und zu einer Verlegung der
Atemwege führen.
Die Lungen
Die Lungen bestehen aus einem rechten und
linken Lungenflügel. Der rechte Lungenflügel
setzt sich aus drei Lungenlappen zusammen,
der Linke aus zwei. Die Lungenflügel sind von
einer dünnen Haut, dem Lungenfell (Pleura der
Lunge) überzogen.
Die Hauptbronchien leiten die Luft in die
Lungenflügel. Der rechte Hauptbronchus verläuft steiler als der Linke. Deswegen gelangen
Fremdkörper oder ein zu tief vorgeschobener
Beatmungsschlauch (Endotrachealtubus1) meistens in den rechten Hauptbronchus. Die Hauptbronchien verzweigen sich in immer kleiner
werdende Bronchien. Die Wände der Bronchien enthalten Knorpel zum Offenhalten.
Stimmbänder
Atmung
Sprache
Abb.: 8-3 Blick von oben auf den Kehlkopfeingang
mit den Stimmbändern
Die Stimmbänder können sich bei mechanischer
Reizung reflektorisch verschließen und so z.B.
das Eindringen eines Fremdkörpers in die
Trachea verhindern. Man spricht dann von
einem Stimmritzenkrampf (Laryngospasmus).
Trachea
Luftröhre
rechter Hauptbronchus
linker Hauptbronchus
Oberlappen
Oberlappen
Mittellappen
Unterlappen
Unterlappen
RECHTS
LINKS
Abb.: 8-4 Untere Atemwege, Lunge
Die Luftröhre (Trachea)
Die Trachea leitet die Luft vom Kehlkopf zu den
beiden Hauptbronchien des rechten und linken
Lungenflügels. Sie ist aus aneinandergereihten,
hufeisenförmigen Knorpelspangen aufgebaut
und nach hinten durch eine Bindegewebsmembran verschlossen. Da die Speiseröhre direkt
hinter der Trachea verläuft, können Fremdkör-
Die kleinen Bronchien münden schließlich in
die sogenannten Bronchiolen. In den Wänden
der Bronchiolen finden sich keine Knorpel
mehr. Sie können über Muskelzellen ihre Weite
regeln und so die Belüftung der Lungenbläschen (Alveolen) steuern. In den Alveolen
findet der Gasaustausch zwischen Luft und
Blut statt.
8.1.3 Der Gasaustausch
Der Gasaustausch in der Lunge wird als äußere
Atmung, der Gasaustausch zwischen Blut und
Geweben als innere Atmung bezeichnet.
Unter normalen Bedingungen hat die Atemluft
folgende Zusammensetzung:
Stickstoff (N2)
Sauerstoff (O2)
Kohlendioxid (CO2)
Edelgase
Einatemluft Ausatemluft
78 %
78 %
21 %
17 %
0,02 %
4%
1%
1%
Die Umgebungsluft enthält demnach fast kein
CO2. Beim Gasaustausch werden der Luft 4%
Sauerstoff entzogen. Bei normaler Atmung
bedeutet das einen Verbrauch von ca. 300ml
reinen Sauerstoff in der Minute (Erwachsener
in Ruhe).
Der Gasaustausch erfolgt rein passiv nach den
Gesetzen der Diffusion vom Ort höherer Konzentration zum Ort niedrigerer Konzentration.
Gasaustausch kann immer nur im Bereich von
1
endotracheal = innerhalb der Luftröhre
Atmungssystem
Kapillaren stattfinden, da nur diese Gefäße für
die Gasdiffusion dünnwandig genug sind. In
den Alveolen ist die Sauerstoffkonzentration
höher als im Blut. Der Sauerstoff in den
Alveolen diffundiert daher durch die Alveolarmembran, das Interstitium und die Kapillarmembran ins Blut, wo er sich an das
Hämoglobin der Erythrozyten bindet. Im Blut
ist die Kohlendioxidkonzentration höher als in
den Alveolen. Das CO2 diffundiert daher durch
die Kapillarmembran, das Interstitium und die
Alveolarmembran in die Alveole. Der beschriebene Weg wird als Diffusionsstrecke bezeichnet.
Der knöcherne Brustkorb wird von den Rippen,
der Wirbelsäule und dem Brustbein gebildet. Im
Brustkorb unterscheidet man drei Räume, den
Mittelfellraum und die beiden Pleurahöhlen.
Mediastinum
linke Pleurahöhle
rechte Pleurahöhle
Rippe,
Thoraxwand
Rippen
Lunge
A
te
Zwischenrippenmuskulatur
m
lu
Bauchhöhle
Rippfell
ft
Lungenfell
Zwerchfell
Pleuraspalt
Alveole
Interstitium
Zwischenzellraum
Kapillare
O2
Abb.: 8-6 Thoraxräume und Pleura
CO2
Erythrozyt
Rotes Blutkörperchen
Abb.: 8-5 Gasaustausch zwischen Alveole und
Kapillare
Nur die Luft in den Alveolen nimmt am Gasaustausch teil. Das Volumen der übrigen Atemwege
wird als Totraum bezeichnet. Das Totraumvolumen beträgt ca. 2ml pro kg Körpergewicht.
Bei 80kg Gewicht nehmen also bei jedem
Atemzug 160ml Luft nicht am Gasaustausch
teil. Jede Atembewegung unter 160ml führt also
zu keinem Gasaustausch!
Totraum in allen Alterklassen:
2ml / kg Körpergewicht
8.2 Die Atemmechanik
Die Einatmung erfordert immer aktive
Muskelarbeit. Dabei wird das Volumen des
Brustkorbs aktiv vergrößert und Luft strömt in
die Lungen. Die Ausatmung erfolgt unter Ruhebedingungen weitgehend passiv durch die
elastischen Rückstellkräfte von Brustkorb und
Lunge.
Der Mittelfellraum (das Mediastinum1) trennt
die rechte von der linken Pleurahöhle. Im
Mediastinum befinden sich Herz, Aorta, die
Hohlvenen und die Speiseröhre.
Die Pleurahöhlen sind von einer dünnen Haut,
dem Rippfell ausgekleidet. In den Pleurahöhlen
befinden sich die Lungen. Die Lungen sind vom
Lungenfell umgeben. Rippfell und Lungenfell
liegen einander an, ein sehr dünner Flüssigkeitsfilm bewirkt die Adhäsion2 der beiden.
Durch die elastischen Rückstellkräfte der
Lungen herrscht ein Zug am Lungenfell. Im
Pleuraspalt herrscht daher Unterdruck. Dringt
Luft in den Pleuraspalt, z.B. bei einer
Verletzung der Lunge, dann trennt sich das
Lungenfell vom Rippfell und die Lunge zieht
sich zusammen.
Der Brustkorb ist von der Bauchhöhle durch
das Zwerchfell getrennt. Das Zwerchfell ist eine
dünne, nach oben in den Brustkorb gewölbte
Muskelplatte. Das Zwerchfell wird durch die
elastischen Rückstellkräfte der Lunge nach
oben gezogen. Ein spezieller Nerv, der Nervus
versorgt
ausschließlich
das
phrenicus3,
Zwerchfell. Seine Wurzeln verlassen das
Rückenmark bereits auf Höhe des 3., 4. und 5.
Halswirbel. Er zieht von dort durch das Mediastinum zum Zwerchfell.
Mediastinum = in der Mitte stehendes
Adhäsion = Aneinanderhaften von Molekülen an
Grenzflächen
3 phrenicus = zum Zwerchfell gehörig
1
2
Arbeitsweisen und Technik
17.1.5
Beatmung ohne
Hilfsmittel
Wenn kein Beatmungsbeutel zur Verfügung
steht, oder die Beatmung mit dem Beutel nicht
gelingt, dann muss wie in der Ersten Hilfe mit
Mund-zu-Nase oder Mund-zu-Mund Beatmung
begonnen werden. Neben den hygienischen
Nachteilen wiegt besonders schwer, dass der
Sauerstoffanteil der zur Beatmung verwendeten Ausatmungsluft nur bei ca. 16 % (21% in
der Raumluft) liegt.
Beatmungsbeutel
Ein Beatmungsbeutel besteht aus dem
eigentlichen Beutel, einem Ventilstück mit Ansatz für eine Maske und einem Ausatemventil,
einem Sauerstoffanschluss, einem Sauerstoffreservoir und einem Einlaßventil.
Mund-zu-Mund und Mund-zu-Nase sind bei
Kontaktgiften kontraindiziert.
Abb.: 17-12 Beatmungsbeutel (ohne Reservoir)
Mund-zu-Nase
Der Kopf wird vorsichtig überstreckt, der Mund
mit dem Daumen der Hand auf dem Kinn
verschlossen und die Luft über die Nase
eingeblasen. Nach jeder Beatmung dreht der
Beatmer seinen Kopf in Richtung Brustkorb. So
kann der Erfolg der Beatmung überprüft
(senkender Brustkorb, Atemstrom an der
Wange) und eine Einatmung der verbrauchten
Beatmungsluft vermieden werden.
Wenn der Beutel zusammengedrückt wird,
schließt das Einlassventil und die Luft wird
durch das Ventilstück in die Maske gelenkt.
Wenn der Beutel losgelassen wird, öffnet sich
das Einlassventil, und der Beutel füllt sich.
Gleichzeitig lenkt das Ventilstück die Ausatemluft des Patienten über die Ausatemöffnung
nach außen.
Mit niedrigen Drücken langsam beatmen, um
Magenfüllung mit Luft zu vermeiden.
Mund-zu-Mund
Im Unterschied zur Mund-zu-Nase-Beatmung
verschließt die Hand auf der Stirn die Nase des
Patienten, während die Luft über den Mund
eingeblasen wird.
Mund-zu-Mund+Nase
Bei Kleinkindern, Säuglingen und Neugeborenen erfolgt die Beatmung aus Platzgründen
über Mund und Nase gleichzeitig.
17.1.6
Beatmung mit
Hilfsmitteln
Wesentlich besser ist die Beatmung eines
Patienten mit Beatmungsbeutel oder Beatmungsgerät (beim intubierten Patienten). Mit
ihnen lässt sich der Sauerstoffanteil in der
Beatmungsluft bis auf 100% erhöhen.
Abb.: 17-13 Luftfluss im Ventil eines
Beatmungsbeutels
Mit angeschlossenem Reservoir und einem
Sauerstoffluss von 15 l/min lassen sich 100% in
der Beatmungsluft erreichen.
Zur Beatmung kniet man hinter dem Patienten,
mit dem Kopf des Patienten zwischen den
eigenen Beinen. Die Maske wird im sogenannten C-Griff auf dem Gesicht gehalten,
während die übrigen Finger der Hand den Kopf
am Kinn fassen und überstrecken. Der Beatmungsbeutel ruht auf dem Oberschenkel und
wird mit der freien Hand ausgedrückt.
Mit niedrigen Drücken langsam beatmen, um
Magenfüllung mit Luft zu vermeiden.
Arbeitsweisen und Technik
Rachen hin eingeführt, und
Drehung um 180° platziert.
unter
einer
Abb.: 17-16 eingelegter Guedel-Tubus
Abb.: 17-14 Beatmung mit Beutel
Beatmungsgerät
Im Rettungsdienst sind eine Vielzahl von
Beatmungsgeräten im Einsatz. Bei den meisten
Geräten lassen sich zumindest:
•
Beatmungsvolumen
•
Beatmungsfrequenz
•
Beatmungsdruckbegrenzung
•
Sauerstoffgehalt
einstellen. Die Einstellung wird nach den
Angaben des Notarztes vorgenommen.
Abb.: 17-15 C-Griff (Maske zur besseren Übersicht
ohne Beatmungsbeutel)
Bei Problemen mit der Maskenabdichtung kann
der C-Griff beidhändig angewendet werden, ein
Helfer bedient dann den Beatmungsbeutel.
Beatmungsvolumen:
10ml / kg Körpergewicht
Beatmungsfrequenz:
Erwachsene: 12/min
Kinder: 20/min
Säuglinge: 40/min
Beachte: langsame Inspiration, um
Druckspitzen zu vermeiden:
Beim Erwachsenen 1-2 sec
Guedel1 Tubus
Der Guedel-Tubus kann die Beatmung mit dem
Beatmungsbeutel deutlich vereinfachen. Die
passende Größe wird anhand des Abstandes
Mundwinkel - Ohrläppchen bestimmt. Der
Guedel-Tubus wird mit der Biegung zum
1
Arthur Guedel, Anaesthesist, Los Angeles
Bei jedem maschinell beatmeten Patienten
muss ein Beatmungsbeutel mit Maske
mitgeführt
werden,
damit
bei
einem
Geräteausfall oder einer versehentlichen
Extubation weiterbeatmet werden kann.
PEEP-Ventil
Bei der Beatmung von intubierten Patienten
kann das PEEP-Ventil zum Einsatz kommen.
Es verhindert, dass nach der Ausatmung der
Druck in den Atemwegen bis zum Umgebungsdruck abfällt. Es hält einen positiven Druck in
den Atemwegen bist zum nächsten Beatmungshub aufrecht. Daher auch der Name
P ositive
E nd
E xpiratory
P ressure
Die Höhe des Restdruckes kann eingestellt
werden und wird in der Einheit cmH2O
angegeben. Mit einem PEEP kann dem
Kollabieren der kleinen Atemwege vorgebeugt
werden. Im Rettungsdienst sind z.B. 5 cmH20
üblich.
Arbeitsweisen und Technik
Schläfe
Unterkiefer
Unter Schlüsselbein
Oberarm
(Innenseite)
Ellenbeuge
•
Tupfer
•
Venenverweilkanüle
•
steriler Verband für die Einstichstelle
•
Befestigungspflaster für die Flügel
# Durchführung der Assistenz
Handgelenk
Leiste
•
Stauung anlegen (mit
Blutdruckmanschette auf diastolischen
RR aufblasen)
•
Hautdesinfektion über geplanter
Punktionsstelle
•
Venenverweilkanüle anreichen
•
nach erfolgreicher Punktion Stauung
öffnen
•
sterilen Verband anbringen
•
Venenverweilkanüle mit Pflaster gut
fixieren (bei unruhigen Patienten und
Kleinkindern eventuell zusätzlich
Schiene oder umwickeln)
•
Infusion anschließen
Kniekehle
Fußrücken
Abb.: 17-21 Abdrückpunkte
Grundsätzliches Vorgehen am Beispiel einer
arteriellen Blutung am Unterarm:
•
Arm hochhalten
•
Arterie an der Oberarminnenseite
abdrücken (Merke: rechts drückt rechts,
links drückt links)
•
Patienten hinlegen
•
Druckverband anlegen lassen
17.2.6
•
ggf. Helfer abdrücken lassen und selber
Druckverband anlegen
Diese Art des Zugangs zum Blutkreislauf kann
bei Kindern (in Ausnahmefällen auch beim
Erwachsenen) zum Einsatz kommen, wenn kein
anderer venöser Zugang möglich ist. Dabei wird
eine Spezialkanüle beispielsweise an der
Schienbeininnenkante in der Nähe des Knies
bis ins Knochenmark des Schienbeins gebohrt.
Der intraossäre Zugang wird dann wie ein
normaler venöser Zugang zur Gabe von
Infusionen und Medikamenten genutzt.
Beim Druckverband wird die Wundauflage des
Verbandpäckchens mit mehreren Windungen
fest angewickelt. Dann wird ein verschlossenes
Verbandpäckchen zur Erhöhung des Druckes
über der Wunde platziert und fest angewickelt.
Der Verbandsmull wird über dem eingewickelten Verbandspäckchen verknotet. Ein
Druckverband ist fest genug, wenn die Blutung
zum stehen gekommen ist. Bei Misserfolg dieser
Maßnahme kann an den Extremitäten ein
Abdrücken der Arterien mit einer Blutdruckmanschette durchgeführt werden
17.2.5
Venöser Zugang
Venöse Zugänge werden normalerweise an
Handrücken, Unterarm oder Ellenbeuge
angelegt, bei schlechten Venenverhältnissen
auch an anderen Stellen wie z.B. an der
oberflächlichen Halsvene (V. jugularis externa).
9 Vorbereitung
•
Stauschlauch (Blutdruckmanschette)
•
Desinfektionsspray
Wenn Blut für Laboruntersuchungen abgenommen werden soll, dann muss dies vor Anschließen der Infusion erfolgen.
17.2.7
Intraossärer1 Zugang
Medikament
aufziehen
Medikamente in Ampullen müssen zur Verabreichung in Spritzen aufgezogen werden. Das
Medikament kann in der Ampulle in flüssiger
oder pulvriger Form vorliegen. Pulvrige Medikamente müssen noch aufgelöst werden. Für
Notfallmedikamente werden ausschließlich
Brechampullen oder Stechampullen verwendet.
Manche Medikamente werden verdünnt aufgezogen. Dann wird zuerst die korrekte Menge
1
intra = innerhalb, os = Knochen
Arbeitsweisen und Technik
Lösungsmittel aufgezogen, bevor der eigentliche
Wirkstoff aufgezogen wird.
Brechampullen sind am Ampullenhals bereits
vom Hersteller angesägt und meistens an einer
Stelle am Ampullenkopf mit einem Punkt
gekennzeichnet. Mit dem Daumen auf diesem
Punkt lässt sich der Kopf mühelos abbrechen.
Stechampullen sind mit einem Gummistopfen
versehen, der zum Aufziehen mit der Kanüle
durchstochen werden muss. Bei der Auswahl
der Spritze ist zu beachten, dass die kleinstmöglich passende gewählt wird. Ein in 2ml
gelöstes Medikament lässt sich mit einer 10ml
Spritze nicht dosieren.
•
muss die Spritze noch einmal abgelegt
werden, wird sie mit einem
Verschlusstopfen versehen
Bei pulvrigen Medikamenten
•
Lösungsmittel aufziehen (Vorgehen wie
bei flüssigen Medimanenten)
•
Lösungsmittel mit Kanüle in
Medikamentenampulle spritzen (bei
Stechampullen Überdruck vermeiden,
gibt sonst große Sauerei)
•
vollständig gelöstes Medikament in
Spritze aufziehen, Anreichen wie oben
beschrieben
Die Arbeiten sind unbedingt steril auszuführen.
Wird etwas unsteril gemacht, muss es verworfen werden. Zuerst bereitet man alles Notwendige vor:
9 Vorbereitung
•
Aufzuziehendes Medikament (Verfallsdatum prüfen)
•
passende Spritze
•
Kanüle zum Aufziehen
•
Tupfer
•
bei pulvrigem Medikament zusätzlich
Ampulle mit dem passenden Lösungsmittel
17.2.8
Infusion vorbereiten
Infusionslösungen im Rettungsdienst sind in
Kunststoffflaschen oder Folienbeutel abgefüllt.
Glasflaschen sind ungeeignet, da sie im Falle
eines Hubschraubertransportes die Druckunterschiede nicht ausgleichen können und beim versehentlichen Fallenlassen den Patienten ernsthaft verletzen oder zu Bruch gehen können.
Infusionen werden über ein sogenanntes
Infusionssystem mit einer Venenverweilkanüle
verbunden. Ein Infusionssystem besteht aus
Dorn, Tropfkammer, Schlauch mit Klemmvorrichtung und einem genormten Anschlussteil.
Tropfkammer
Lüftungsklappe
# Durchführung
Dorn
Bei flüssigen Medikamenten:
•
•
bei Glasampullen darauf achten, dass
Ampullenkopf leer ist und sich das
gesamte Medikament in der Ampulle
befindet
Klemme
bei Stechampullen Schutzfolie abziehen
(bei Bedarf Stopfen mit
Desinfektionsmittel einsprühen und
abtrocknen lassen)
•
Spritze mit Kanüle versehen
•
Medikament aufziehenen
•
Spritze mit Kanüle nach oben entlüften
•
Kanüle verwerfen
NIEMALS Kanülen nach Gebrauch wieder mit
ihrer Schutzhülle versehen! Verletzungsgefahr!
Bei Kanülen, die zur Injektion benutzt wurden,
zusätzlich Infektionsgefahr!
•
(mit abgenommener
Verschlusskappe)
Spritze beschriften oder leere Ampulle
ankleben
Verschlusstopfen
Abb.: 17-22 Infusionssystem (Schlauch wegen der
Übersichtlichkeit gekürzt)
Die Einlaufgeschwindigkeit der Infusion kann
mit der Klemme geregelt und in der Tropfkammer kontrolliert werden. Eine Infusion
wird wie folgt für die Verabreichung vorbereitet:
Die Arbeiten sind unbedingt steril auszuführen.
# Durchführung
•
Klemme schließen
Notfälle Atmungssystem
18.2 Lungenödem
Der fortschreitende Sauerstoffmangel beeinträchtigt das Herz zusätzlich.
Beim Lungenödem behindert ein vermehrter
Flüssigkeitsgehalt im Lungengewebe den Gasaustausch zwischen Alveole und Kapillare
durch eine Verlängerung der Diffusionsstrecke.
 Ursachen
18.2.1
Cardiales
Lungenödem
Beim cardialen Lungenödem liegt eine Pumpschwäche des linken Herzens vor. Das Blut
staut sich in die Lunge zurück. Durch den
erhöhten Druck in den Kapillaren tritt Flüssigkeit ins Interstitium über (Interstitielles
Lungenödem). Der Abstand zwischen Kapillare und Alveole vergrößert sich, der Gasaustausch ist behindert.
•
chronische Herzinsuffizienz (z.B. durch
Bluthochdruck, Herzklappenfehler)
•
unzuverlässige Medikamenteneinnahme
bei chronischer Herzinsuffizienz
•
Hauptauslöser für eine Dekompensation
sind Herzinfarkt, Bluthochdruckkrise
und Rhythmusstörungen (v.a. tachycard)
1 Erkennen
•
Anamnese
•
Atemnot
•
beschleunigte Atmung
•
evtl. rasselnde Atemgeräusche
•
häufig verlängerte Ausatmung
•
gestaute Halsvenen
•
rosa Schaum vor dem Mund (kurz vor
dem Tod)
K Maßnahmen
Abb.: 18-1 Interstitielles Lungenödem
•
Lagerung mit erhöhtem Oberkörper und
tiefergelegten Beinen (Entlastung des
Herzens durch Verminderung des
venösen Rückstroms)
•
Sauerstoffgabe (Maske, 10 l/min)
•
Überwachung Puls, RR, EKG, SaO2
•
Notarztmaßnahmen vorbereiten
S NOTARZT
i.v.-Zugang mit Vollelektrolytlösung
Senkung des venösen Rückstroms
(Nitro-Spray) v.a. bei hohem RR
Entwässerung zur Entlastung des
Herzens (z.B. Furosemid (Lasix®))
Senkung des Gefäßwiderstands in der
Lunge (Morphin)
Steigerung der Pumpleistung
(Katecholamine)
bei Bluthochdruckkrise: Senkung des
Blutdrucks (z.B. Urapidil (Ebrantil®))
ggf. Narkose, Intubation, Beatmung
18.2.2
Abb.: 18-2 Alveoläres Lungenödem
Hält dieser Zustand an, kann Flüssigkeit in die
Alveole übertreten (alveoläres Lungenödem).
Toxisches
Lungenödem
Beim Toxischen Lungenödem werden die
Alveolen durch Reizgase geschädigt. Die Alveole
Notfälle Atmungssystem
wird für Flüssigkeit aus dem Interstitium
durchlässig. Das Toxische Lungenödem kann
sich auch erst Stunden nach der Inhalation entwickeln. Eine ärztliche Untersuchung ist deshalb auch bei geringen Beschwerden notwendig.
18.3 Hyperventilationssyndrom
Psychischer Stress (Streit, Angst) oder
Schmerzen können zu einer starken Beschleunigung der Atmung führen. Paradoxerweise
klagen die Patienten häufig gleichzeitig über
Atemnot. Durch die vermehrte Abatmung von
CO2 wird das Blut alkalisch und es kommt zu
Elektrolytverschiebungen. Diese äußern sich in
Kribbel-Missempfindungen an Händen, Füßen
und im Gesicht. Bei anhaltender Hyperventilation kommt es zur Hyperventilationstetanie1
mit Verkrampfungen der Hände. Empfundene
Atemnot, Missempfindungen und Tetanie
verstärken die Aufregung, es entsteht ein
Teufelskreis.
1 Erkennen
Abb.: 18-3 Toxisches Lungenödem
 Ursachen
•
häufig Brandgase
•
durch Sprays zur Selbstverteidigung
Anamnese, Situation
•
Atemnot
•
evtl. rasselnde Atemgeräusche
•
Brennen hinter dem Brustbein bei der
Atmung und rote Augen als Hinweis auf
erhebliche Belastung mit Reizgas
K Maßnahmen
•
Lagerung mit erhöhtem Oberkörper
•
Sauerstoffgabe (Maske, 10 l/min)
•
Überwachung Puls, RR, EKG, SaO2
•
Notarztmaßnahmen vorbereiten
Situation
•
beschleunigte Atmung
•
Kribbel-Missempfindungen
•
Hyperventilationstetanie
K Maßnahmen
1 Erkennen
•
•
•
Beruhigend auf Patient einwirken
•
auslösende Ursache erfragen
•
Patienten abschirmen (!)
•
Sauerstoffgabe unnötig
•
Rückatmung (Patienten mit spezieller
Maske-Beutelkombination oder Plastiktüte vor Gesicht die eigene Ausatemluft
wieder einatmen lassen. Dadurch erhöht
sich das CO2 wieder im Blut und die
Symptome lassen nach)
VORSICHT: Erstickungsgefahr!
Patienten regelmäßig Raumluft atmen
lassen.
S NOTARZT
selten erforderlich, ggf. Gabe eines
Beruhigungsmittels
S NOTARZT
i.v.-Zugang mit Vollelektrolytlösung
evtl. Kortisonspray
18.4 Verlegung der
Atemwege
ggf. Narkose, Intubation, Beatmung
Die häufigste Ursache für eine Verlegung der
Atemwege ist eine zurückgefallene Zunge beim
Bewusstlosen!
1
Tetanie = schmerzhafter kontinuierlicher Muskelkrampf
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