Grundlagen der Diskreten Mathematik und Algebra 1

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Grundlagen der Diskreten Mathematik und
Algebra 1
Prof. Udo Hebisch
WS 2010/11
Dieses Skript enthält nur den “roten Faden”
der Vorlesung. Wesentliche Inhalte werden ausschließlich
in der Vorlesung vermittelt. Daher ist dieses
Skript nicht zum Selbststudium gedacht, sondern
nur als “Erinnerungsstütze”.
1
INHALTSVERZEICHNIS
2
Inhaltsverzeichnis
1 Aussagen und Mengen
3
1.1
Aussagenlogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
1.2
Prädikatenlogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
1.3
Mengenbildung und Mengenalgebra . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
1.4
Relationen und Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
1.4.1
Kartesische Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
1.4.2
Korrespondenzen und Relationen . . . . . . . . . . . . . .
29
1.4.3
Äquivalenz- und Ordnungsrelationen . . . . . . . . . . . .
34
1.4.4
Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
1.4.5
Kardinalzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
1.4.6
Verknüpfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
Verallgemeinerte mengentheoretische Operationen . . . . . . . . .
56
1.5
2 Gruppen, Ringe, Körper
2.1
59
Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
2.1.1
Elementare Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
2.1.2
Untergruppen und Homomorphie . . . . . . . . . . . . . .
65
2.1.3
Permutationsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
2.2
Ringe
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
77
2.3
Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
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1 Aussagen und Mengen
1
3
Aussagen und Mengen
Weiterführende Informationen zu den Inhalten dieses Kapitels findet man unter
www.mathecafe.de/logik/
1.1
Aussagenlogik
In diesem Abschnitt werden hauptsächlich für veranschaulichende Beispiele
Kenntnisse aus der elementaren Arithmetik vorausgesetzt, also Vertrautheit mit
den Rechengesetzen in den natürlichen Zahlen N0 , den ganzen Zahlen Z und den
rationalen Zahlen Q.
Eine ausführlichere Behandlung dieser Zahlenbereiche und ihrer Rechengesetze
findet man in dem Skript zur Zahlentheorie
www.mathe.tu-freiberg.de/∼hebisch/skripte/zahlenth/zahlenth.pdf
Unter einer “Aussage” versteht man in der Mathematik einen in einer natürlichen oder formalen Sprache formulierten Satz, für den eindeutig festgestellt werden kann, ob er in einer gewissen “realen Welt” wahr oder falsch ist. Typische
Aussagen (aus der “Welt der natürlichen Zahlen”) sind etwa
A: 3 ist eine Primzahl.
B: 9 ist keine Primzahl.
C: 2 teilt 9 (als Formel: 2 | 9).
D: Es gibt unendlich viele Primzahlen.
E: Es gibt unendlich viele Primzahlzwillinge.
Die Wahrheit oder Falschheit von A, B und C kann dabei sehr schnell bestimmt
werden, sobald die in den Aussagen auftretenden Begriffe “Primzahl” und “teilt”
geklärt sind. Dagegen ist es erheblich schwieriger, die Wahrheit von D festzustellen, wenn der Begriff “unendlich” präzisiert worden ist, was für sich genommen
schon schwierig genug ist und hier in Definition 1.30 geschieht.
E wird ebenfalls als Aussage betrachtet, obwohl bis heute noch niemand entscheiden konnte, ob dieser Satz wahr oder falsch ist.
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1.1 Aussagenlogik
4
Dagegen betrachtet man üblicherweise umgangssprachlich ebenfalls durchaus
sinnvolle Sätze wie “3 ist keine wertvolle Primzahl.” oder “Primzahlen sind
schön.” nicht als Aussagen.
Man kann nun “elementare” Aussagen zu komplizierteren zusammensetzen, die
dann ebenfalls stets wahr oder falsch sind, z. B. “Wenn 2 die 9 teilt, dann ist
9 keine Primzahl” kurz: “wenn C, dann B”, was eine wahre Aussage ist. Diese
Ideen werden nun formalisiert.
Definition 1.1 Es sei B = {0, 1} die Menge der Booleschen Wahrheitswerte
(George Boole, 1815 - 1864). Weiterhin sei V = {A, B, C, . . .} eine Menge von
(Aussagen-)Variablen (lat. varius = vielfältig). Dann werden die aussagenlogischen Formeln wie folgt erklärt:
(1) Jeder der Wahrheitswerte und jede Variable ist eine aussagenlogische Formel. Sie werden atomare Formeln oder kurz Atome (grch. atomos = unteilbar)
genannt.
(2) Sind p und q aussagenlogische Formeln, dann auch
(¬p), (p ∧ q), (p ∨ q), (p → q), (p ↔ q).
(3) Nur die durch wiederholte Anwendung von (1) und (2) definierten Zeichenketten sind aussagenlogische Formeln. Die Gesamtheit aller so definierten Formeln
werde mit F = F(V) bezeichnet
Bemerkung 1.2 a) Da es genau zwei Wahrheitswerte gibt, handelt es sich bei
der hier betrachteten klassischen Aussagenlogik um eine zweiwertige Logik (grch.
logos = Lehre, Aussage). Entsprechend kann man mehrwertige Logiken definieren. Man interpretiert den Wahrheitswert 1 als “wahr” und entsprechend 0 als
“falsch”. Daher kommen in der Literatur auch andere Bezeichnungen vor: “W”
oder “T” oder “true” oder “>” anstelle von 1 und “F” oder “false” oder “⊥”
anstelle von 0.
b) Die Menge der Variablen wird als abzählbar unendlich (in einem später noch
zu präzisierenden Sinn) vorausgesetzt, so daß man immer “genügend” viele Variablen zur freien Verfügung hat, aber andererseits sie auch durchnumerieren kann.
Man schreibt daher auch oft V = {v0 , v1 , v2 , . . .} oder V = {x0 , x1 , x2 , . . .}. Zur
Vermeidung von Indizes sind aber die hier und in der Literatur häufig verwendeten Großbuchstaben bequemer. Jede Variable kann jeweils mit genau einem der
Wahrheitswerte belegt werden. (Auch dies werden wir später präziser ausdrücken
können, indem wir Variablenbelegungen als Abbildungen val : V → B definieren.)
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1.1 Aussagenlogik
5
c) Die aussagenlogischen Formeln sind rekursiv (lat. recurrere = zurücklaufen)
definiert. Jede nicht atomare Formel besitzt einen eindeutigen Aufbau aus kürzeren Bestandteilen, die selbst wieder Formeln sind. Man kann daher Aussagen über
sämtliche Formeln durch Induktion über diesen Aufbau beweisen oder Eigenschaften für Formeln induktiv definieren. Insbesondere kann durch programmierbare
Verfahren (Algorithmen) entschieden werden, ob eine vorgelegte Zeichenkette, die
ausschließlich aus Variablen, Klammern und Junktoren gebildet wurde, zu F(V)
gehört oder nicht.
d) Die Symbole ¬, ∧, ∨, → und ↔ werden logische Junktoren (lat. iungere = verbinden) genannt und der Reihe nach “nicht”, “und”, “oder”, “wenn..., dann...”
sowie “genau dann..., wenn...” gelesen. Ihre exakte Bedeutung wird gleich definiert. Man nennt ¬p die Negation (lat. negare = verneinen), p∧q die Konjunktion
(lat. coniungere = miteinander verbinden), p ∨ q die Disjunktion (lat. disiungere
= trennen, unterscheiden), p → q die Implikation (lat. implicare = einwickeln)
oder Subjunktion (lat. subiungere = unterordnen) und p ↔ q die Äquivalenz (lat.
aequus = gleich, valere = bewerten) der Formeln p und q. In der Literatur werden
auch andere Symbole für diese Junktoren verwendet, beispielsweise “∼ A” oder
“A” für “¬A”, “&” oder “·” für “∧”, “+” für “∨”, “⊃” oder “⇒” für “→”, “⇔”
oder “≡” für “↔”.
e) Zur Erleichterung der Lesbarkeit und Vermeidung “überflüssiger” Klammern
legt man fest, daß die äußeren Klammern stets weggelassen werden dürfen und
der in d) jeweils weiter links stehende Junktor “stärker bindet” als der rechts
stehende. Man schreibt also beispielsweise A∧¬A → B anstelle von ((A∧(¬A)) →
B).
Eine ausführliche Diskussion weiterer möglicher Junktoren und ihre Bezeichnungen in der Literatur findet man unter
www.mathecafe.de/logik/booleschefunktionen.html
Aufgabe 1.3 Man versuche, den Begriff “arithmetischer Term”, der in fast jeder Programmiersprache verwendet wird, in ähnlicher Weise wie in Definition 1.1
formal zu präzisieren, damit durch ein automatisches Verfahren überprüft werden kann, ob eine vorgelegte Zeichenkette ein korrekter Term ist. Dabei können
arithmetische Variablen x, y, z, . . . verwendet werden, die jetzt reelle (oder beispielsweise auch nur ganzzahlige) Werte annehmen dürfen, und bestimmte arithmetische Operatoren wie +, −, ∗, /, max, min. Man nimmt dann diese speziellen
Symbole mit einer ganz festen Bedeutung in die Signatur mit auf.
Wie könnte man diese Definition erweitern, wenn auch Vergleiche zwischen Termen mit den Vergleichsoperatoren =, 6=, <, ≤, >, ≥ zugelassen werden sollen?
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1.1 Aussagenlogik
6
Definition 1.4 Die Verknüpfung der Wahrheitswerte von belegten Aussagenvariablen A und B bei Verwendung der jeweiligen Junktoren wird durch die
folgenden Wahrheitswertetafeln festgelegt.
¬A
1
0
A
0
1
A
0
0
1
1
B
0
1
0
1
A∧B
0
0
0
1
A∨B
0
1
1
1
A→B
1
1
0
1
A↔B
1
0
0
1
Wird also jede Variable mit einem festen Wahrheitswert belegt, dann wird durch
Rekursion auch jeder aussagenlogischen Formel eindeutig ein Wahrheitswert zugeordnet.
Beispiel 1.5 In diesem Beispiel beachte man bei der Überprüfung der angegebenen Werte besonders die getroffenen Klammerkonventionen.
A
0
0
1
1
B
0
1
0
1
A ∧ ¬A
0
0
0
0
A ∨ ¬A
1
1
1
1
¬B → ¬A
1
1
0
1
¬A ∨ B
1
1
0
1
¬(A → B)
0
0
1
0
Definition 1.6 Zwei aussagenlogische Formeln p und q heißen gleichwertig oder
(semantisch) äquivalent, in Zeichen p ≡ q, wenn beide bei jeder Belegung der (in
ihnen vorkommenden) Variablen denselben Wahrheitswert besitzen.
Eine aussagenlogische Formel p heißt allgemeingültig oder eine Tautologie (grch.
tautologia = dasselbe sagend), wenn p ≡ 1 gilt. Dagegen spricht man bei p ≡ 0
von einer widersprüchlichen Formel oder einer Kontradiktion (lat. contra = gegen,
dicere = sagen, sprechen). Eine nicht widersprüchliche Formel heißt erfüllbar.
Aufgabe 1.7 Wie würde man entsprechend die “Termäquivalenz” für Terme aus
Aufgabe 1.3 definieren?
Durch Aufstellen der entsprechenden Wahrheitswertetafeln beweist man den folgenden Hilfssatz. Diese und weitere Äquivalenzen werden diskutiert auf
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1.1 Aussagenlogik
7
www.mathecafe.de/logik/formelaequivalenz.html
Lemma 1.8 Für aussagenlogische Formeln x gelten die folgenden Äquivalenzen
(1)
¬0 ≡ 1,
(2)
¬1 ≡ 0,
(3)
¬(¬x) ≡ x,
(4)
x ∧ ¬x ≡ 0,
(5)
x ∨ ¬x ≡ 1,
(6) x ↔ ¬x ≡ 0,
(7)
0 ∧ x ≡ 0,
(8)
1 ∧ x ≡ x,
(9)
0 ∨ x ≡ x,
(10)
1 ∨ x ≡ 1,
(11) 0 → x ≡ 1,
(12) 1 → x ≡ x,
(13) x → 0 ≡ ¬x,
(14) x → 1 ≡ 1,
(15) x → x ≡ 1,
(16) x ↔ 0 ≡ ¬x,
(17) x ↔ 1 ≡ x.
Beweis:
x 0 1 ¬x
0 0 1 1
1 0 1 0
¬0 ¬1 ¬(¬x) x ∧ ¬x
1
0
0
0
1
0
1
0
x 0 1 ¬x
0 0 1 1
1 0 1 0
0∧x
0
0
x 0 1 ¬x
0 0 1 1
1 0 1 0
1∧x
0
1
0∨x
0
1
x→0 x→1 x→x
1
1
1
0
1
1
1∨x
1
1
x ∨ ¬x
1
1
0→x
1
1
x ↔ ¬x
0
0
1→x
0
1
x↔0 x↔1
1
0
0
1
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1.1 Aussagenlogik
8
Bemerkung 1.9 Aufgrund der Definition des Junktors ↔ und der Äquivalenz
≡ von Formeln gilt p ≡ q genau dann, wenn p ↔ q eine Tautologie ist.
Aus (1) und (2) folgt insbesondere, daß die Tautologien gerade die Negationen
der Widersprüche sind und umgekehrt.
Die Formel (3) beschreibt die “doppelte Verneinung”, welche wieder die ursprüngliche Aussage ergibt.
Die Formel (5) ist auch als “tertium non datur” bekannt: Jede Aussage kann nur
wahr oder falsch sein, eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. (Dies liegt natürlich
an der vorausgesetzten Zweiwertigkeit der Logik!)
Die Formel (11) zeigt, daß aus einem Widerspruch jede beliebige Aussage folgt:
“ex contradictione quodlibet” oder kürzer aber nicht ganz korrekt “ex falso quodlibet”.
Die Formel (13) begründet das Prinzip des Widerspruchsbeweises: Wenn aus einer
(als wahr angenommenen) Aussage ein Widerspruch gefolgert werden kann, muß
diese Aussage falsch sein, “tertium non datur”.
Die Formel (15) beschreibt die “Selbstimplikation”, also jede Formel impliziert
sich selbst.
Satz 1.10 Für aussagenlogische Formeln x, y, z gelten die folgenden Äquivalenzen
(18)
(19)
(20)
(21)
(22)
(23)
(24)
(25)
(26)
(27)
(28)
(29)
(30)
x∧x
x∨x
x∧y
x∨y
x↔y
x ∧ (y ∧ z)
x ∨ (y ∨ z)
x ↔ (y ↔ z)
x ∧ (x ∨ y)
x ∨ (x ∧ y)
x → (x → y)
x ∧ (y ∨ z)
x ∨ (y ∧ z)
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
x,
x,
y ∧ x,
y ∨ x,
y ↔ x,
(x ∧ y) ∧ z,
(x ∨ y) ∨ z,
(x ↔ y) ↔ z,
x,
x,
x → y,
(x ∧ y) ∨ (x ∧ z),
(x ∨ y) ∧ (x ∨ z),
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1.1 Aussagenlogik
9
(31)
x → (y ∧ z)
(32)
x → (y ∨ z)
(33)
x∧y →z
(34)
x∨y →z
(35)
¬(x ∧ y)
(36)
¬(x ∨ y)
(37)
¬(x → y)
(38)
¬(x ↔ y)
(39) (x ∧ ¬y) ∨ (y ∧ ¬x)
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
(x → y) ∧ (x → z),
(x → y) ∨ (x → z),
(x → z) ∨ (x → z),
(x → z) ∧ (x → z),
¬x ∨ ¬y,
¬x ∧ ¬y,
x ∧ ¬y,
¬x ↔ y,
(x ∨ y) ∧ ¬(x ∧ y).
Beweis: Übungsaufgabe!
Bemerkung 1.11 Die Äquivalenzen (35) und (36) werden auch De Morgansche
Regeln genannt, nach Augustus de Morgan (1806 - 1871).
Folgerung 1.12 Für aussagenlogische Formeln x, y gelten die folgenden Äquivalenzen
(40) x ↔ y ≡
(41) x → y ≡
(42) x ∨ y ≡
(43) x ∧ y ≡
(x → y) ∧ (y → x),
¬x ∨ y,
¬(¬x ∧ ¬y),
¬(¬x ∨ ¬y).
Beweis: (40) ergibt sich aus der folgenden Wahrheitswertetafel:
x
0
0
1
1
y
0
1
0
1
x↔y
1
0
0
1
x→y
1
1
0
1
y→x
1
0
1
1
(x → y) ∧ (y → x)
1
0
0
1
(41) folgt aus (37) mittels (35) und doppelter Verneinung (3).
(42) und (43) folgen aus (36) bzw. (35) ebenfalls durch doppelte Verneinung. Vorherige Seite Nächste Seite Zurück Erste Seite Letzte Seite
1.1 Aussagenlogik
10
Bemerkung 1.13 Diese Folgerung zeigt, daß sich nacheinander ↔, → und ∧
aus allen Formeln entfernen lassen, so daß man “eigentlich” nur die Junktoren
¬ und ∨ in der Definition 1.1 (2) benötigt. Dasselbe gilt aber auch für ¬ und
∧. Es ist nur eine Frage der Bequemlichkeit, die anderen Junktoren ebenfalls
zu benutzen. Man bezeichnet die jeweils verwendete Menge von Junktoren, also
Σ = {¬, ∧, ∨, →, ↔} bzw. Σ = {¬, ∧} usw. auch als logische Signatur (lat. signum
= Zeichen, Kennzeichen) der gerade betrachteten Logik.
Definition 1.14 Atomare Formeln und deren Negationen heißen Literale. Eine
Disjunktion p1 ∨ . . . ∨ pn , wobei jede Teilformel pi eine Konjunktion von Literalen
ist, heißt eine disjunktive Normalform oder alternative Normalform. Eine Konjunktion q1 ∧ . . . ∧ qn , wobei jede Teilformel qi eine Disjunktion von Literalen ist,
heißt eine konjunktive Normalform.
Ohne Beweis sei der folgende Satz mitgeteilt, der dann natürlich auch verwendet
werden darf.
Satz 1.15 Zu jeder aussagenlogischen Formel gibt es eine äquivalente in disjunktiver Normalform und eine äquivalente in konjunktiver Normalform.
Satz 1.16 Für aussagenlogische Formeln x, y, z gelten die folgenden Tautologien
(44)
x
(45)
((x → y) → x)
(46)
(x → (y → z))
(47)
(x → y)
(48)
(x → y)
(49)
(x → (y → z))
(50) (x → y) ∧ (x → z)
(51) (x → z) ∧ (y → z)
(52) (x → y) ∧ (x → ¬y)
(53) (x → y) ∧ (¬x → y)
→
→
→
↔
→
→
→
→
→
→
(y → x),
x,
(y → (x → z)),
((¬y) → (¬x)),
((y → z) → (x → z)),
((x → y) → (x → z)),
(x → y ∧ z),
(x ∨ y → z),
¬x,
y.
Beweis: Einige Formeln lassen sich statt durch Wahrheitswertetafeln auch kürzer
durch Fallunterscheidungen beweisen:
(44): Ist x wahr, dann auch y → x für jede Formel y und daher (44). Ist x aber
falsch, so gilt diese Implikation wegen “ex falso quodlibet”.
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1.2 Prädikatenlogik
11
(45): Ist x wahr, so gilt die Implikation. Ist x falsch, so gilt x → y für jedes y,
womit dann aber (x → y) → x falsch ist. Daher gilt aber die gesamte Implikation.
Rest: Übungsaufgabe!
Bemerkung 1.17 In diesem Satz sind einige Beweismethoden angegeben. (44)
beschreibt das Prinzip der “Prämissenbelastung”, (45) ist als “Formel von Peirce”
(C. S. Peirce, 1839 - 1914) bekannt, (46) als “Prämissenvertauschung”. (47) stellt
den “Beweis durch Kontraposition” dar. (48) beschreibt den sogenannten “Kettenschluß”, (49) den “Fregeschen Kettenschluß” (Gottlob Frege, 1848 - 1925).
(52) stellt das “Platonische Falschheitskriterium” (Platon, 428/27 - 348/47 v.
Chr.) dar, (53) das “Euklidische Wahrheitskriterium” (Euklid, um 360 - um 280
v. Chr.)
Bemerkung 1.18 Die Methode der Wahrheitswertetafeln stellt eine universelle Beweismethode für aussagenlogische Formeln dar, jedoch steigt der Aufwand
exponentiell mit der Anzahl der auftretenden Variablen. Man ist daher an Verfahren (Algorithmen) interessiert, die “wesentlich schneller” die Wahrheit, Falschheit
oder Erfüllbarkeit einer Formel feststellen. Daß die Suche nach derartigen Algorithmen nicht nur für die Aussagenlogik große Bedeutung hat, sondern für fast
alle Bereiche der Mathematik (und ihrer Anwendungen), zeigt die Komplexitätstheorie.
1.2
Prädikatenlogik
Sei E ein Grundbereich von Objekten auch Universum genannt. Dann ist eine
Variable x über E ein Zeichen, für welches jedes Objekt aus E eingesetzt werden
kann. Eine Aussageform oder Prädikat P über E ist ein sprachliches Gebilde
einer natürlichen oder formalen Sprache, in dem wenigstens eine Variable über E
auftritt und aus dem beim Einsetzen von Objekten aus E für alle Variablen aus
P eine Aussage entsteht. Wenn in dem Prädikat P genau die Variablen x1 , . . . , xn
auftreten, schreibt man P (x1 , . . . , xn ), nennt P ein n-stelliges Prädikat und sagt,
daß die Variablen x1 , . . . , xn in P frei vorkommen.
Eine Aussageform hat noch keinen Wahrheitswert, sondern dieser wird erst festgelegt, wenn jede Variable in ihr durch einen Wert aus E ersetzt wird. (Ähnlich
haben die in Aufgabe 1.3 betrachteten arithmetischen Terme erst dann einen
Wert, wenn jeder Variablen eine (reelle) Zahl zugeordnet wurde. Man beachte
auch, daß die im zweiten Teil dieser Aufgabe betrachteten Vergleichsoperatoren
gerade zweistellige Prädikate sind.)
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1.2 Prädikatenlogik
12
Sei E = N0 die Gesamtheit aller natürlichen Zahlen.
P (x): x ist eine Primzahl.
T (x, y): x teilt y.
G(x) : T (2, x), also “x ist gerade”.
P (9) ist also die falsche Aussage “9 ist eine Primzahl”, P (3) die wahre Aussage
“3 ist eine Primzahl”. Ebenso ist T (2, 9) eine falsche Aussage, aber T (2, x) ist
noch keine Aussage.
Definition 1.19 Es sei E eine nichtleere Menge von Objekten und VE =
{x0 , x1 , x2 . . .} eine Menge von (Objekt-)Variablen über E. Weiterhin sei P =
{P, Q, R, . . .} eine Menge von Prädikaten, in denen nur Variablen aus VE auftreten. Dann werden die prädikatenlogischen Formeln wie folgt erklärt:
(1) Jeder der Wahrheitswerte und jedes Prädikat ist eine prädikatenlogische Formel. Sie werden atomare Formeln oder kurz Atome genannt.
(2) Sind p und q prädikatenlogische Formeln, dann auch
(¬p), (p ∧ q), (p ∨ q), (p → q), (p ↔ q).
(3) Ist p(x) eine prädikatenlogische Formel, in der die Variable x frei vorkommt,
dann sind auch (∀x p(x)) und (∃x p(x)) prädikatenlogische Formeln, in denen die
Variable x nicht mehr frei sondern gebunden ist. Alle anderen in p frei vorkommenden Variablen bleiben frei.
(4) Nur die durch wiederholte Anwendung von (1) - (3) definierten Zeichenketten
sind prädikatenlogische Formeln. Die Gesamtheit aller so definierten Formeln
werde mit FP = FP (VE ) bezeichnet
Aufgabe 1.20 Man versuche nun noch einmal eine Formalisierung für den zweiten Teil von Aufgabe 1.3.
Bemerkung 1.21 Man liest ∀x p(x) als “für alle x (aus E) gilt p(x)” und nennt
diese Formel eine Allaussage. Dagegen liest man die Existenzaussage ∃x p(x) als
“es gibt ein x (aus E), für das p(x) gilt”. Weiterhin heißt ∀ der Allquantor oder
Generalisator und ∃ der Existenzquantor oder Partikularisator.
Man schreibt auch oft knapper: Statt ∀x(x ∈ N → x ≤ 2x) kurz ∀x ∈ N(x ≤ 2x)
oder ∀x ∈ N : x ≤ 2x.
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1.2 Prädikatenlogik
13
Für manche Zwecke ist es nützlich, den Existenzquantor noch zu modifizieren
durch ∃!x p(x) mit der Lesart “es gibt höchstens ein x (aus E), für das p(x)
gilt” und ∃!!x p(x) für “es gibt genau ein x (aus E), für das p(x) gilt”. Man
kann aber beide Formeln durch zusammengesetzte Formeln allein mit Hilfe des
Existenzquantors ausdrücken:
∃!x p(x) ↔ ((∃x p(x) ∧ ∃y p(y)) → x = y)
∃!!x p(x) ↔ (∃x p(x)) ∧ (∃x p(x) ∧ ∃y p(y) → x = y).
Die exakte Festlegung der formalen Semantik der Quantoren und damit der Wahrheitswerte von prädikatenlogischen Formeln würde den Rahmen dieser kurzen
Einführung sprengen. Man findet dies aber in dem Skript zur Logischen Programmierung, das unter www.mathecafe.de/logik/ verlinkt ist.
Es werden auch Alternativen zur Prädikatenlogik untersucht (Fuzzylogik, Modallogik, Temporallogik, Kausallogik), in denen neben anderen Wahrheitswerten
auch andere Quantoren eingeführt werden.
Der folgende Satz kann nur mit Hilfe der oben erwähnten Präzisierungen streng
bewiesen werden. Er darf jedoch im weiteren Verlauf dieser und anderer Vorlesungen angewandt werden.
Satz 1.22 Es sei p(x, y) eine Formel, die von den zwei verschiedenen Variablen x
und y abhängt und q(x) eine Formel, die von x abhängt. Dann gelten die folgenden
Äquivalenzen:
(54) ∀x∀y p(x, y)
(55) ∃x∃y p(x, y)
(56)
¬∃x q(x)
(57)
¬∀x q(x)
≡
≡
≡
≡
∀y∀x p(x, y),
∃y∃x p(x, y),
∀x ¬q(x),
∃x ¬q(x).
Außerdem gilt die Implikation
(58) ∃x∀y p(x, y) → ∀y∃x p(x, y).
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1.2 Prädikatenlogik
14
Beispiel 1.23 Über dem Bereich E = Z der ganzen Zahlen bezeichne p(x, y)
die Aussageform x + y = 0. Dann ist ∀y∃x p(x, y), also ∀y∃x x + y = 0 eine
wahre Aussage, denn man kann zu jeder ganzen Zahl y immer die ebenfalls ganze
Zahl x = −y wählen. Dagegen ist im Bereich E = N0 der natürlichen Zahlen diese
Aussage nicht wahr. Dies zeigt also, daß die Wahrheit oder Falschheit einer Formel
von E abhängt. In beiden Bereichen ist aber die Formel ∃x∀y x + y = 0 falsch.
Daher gilt die Umkehrung in (58) nicht. In allen diesen Aussagen tritt neben dem
mathematischen Standardprädikat “=” noch das weitere (Verknüpfungs-)Symbol
“+” auf, dem hier eine ganz bestimmte Bedeutung unterstellt wird, nämlich die
der Addition von (ganzen oder natürlichen) Zahlen, vgl. Aufgabe 1.3.
Beispiel 1.24 Über dem Bereich E = F aller aussagenlogischen Formeln stellt
die Äquivalenz ≡ gemäß Definition 1.6 ebenfalls ein zweistelliges Prädikat in Infixnotation dar. Für Variablen p, q, r aus VE lassen sich dann die Aussagen des
folgenden Lemmas beweisen. Hier werden also Aussagen über Aussagen formalisiert!
Lemma 1.25 Für aussagenlogische Formeln p, q, r gelten die folgenden Aussagen:
(59)
(60)
(61)
∀p p ≡ p,
∀p∀q p ≡ q → q ≡ p,
∀p∀q∀r p ≡ q ∧ q ≡ r → p ≡ r.
Beweis: (59) ist trivial! (Jede Formel p hat bei jeder Variablenbelegung denselben
Wahrheitswert wie sie selbst.)
(60) ist ebenfalls trivial. (Wenn die Formeln p und q bei jeder Variablenbelegung denselben Wahrheitswert besitzen, dann besitzen auch q und p bei jeder
Variablenbelegung denselben Wahrheitswert.)
(61): Wenn p ≡ q und q ≡ r wahr sind, dann besitzen sowohl p und q als auch q
und r bei jeder Variablenbelegung denselben Wahrheitswert. Dann besitzen aber
auch p und r bei jeder Variablenbelegung denselben Wahrheitswert.
Aufgabe 1.26 Man formalisiere möglichst weitgehend mit Hilfe geeigneter
prädikatenlogischer Formeln die Begriffe “Teiler”, “Primzahl” und “größter gemeinsamer Teiler” innerhalb der ganzen Zahlen Z und der natürlichen Zahlen N0 .
Es dürfen also die Prädikate ganz(x) und nat(x) als gegeben betrachtet werden.
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1.3 Mengenbildung und Mengenalgebra
1.3
15
Mengenbildung und Mengenalgebra
Wir gehen zunächst einmal von der Mengendefinition nach Georg Cantor (1845
- 1918), dem “Vater der Mengenlehre”, aus:
Unter einer Menge verstehen wir jede Zusammenfassung M von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten m unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche
die Elemente von M genannt werden) zu einem Ganzen.
Man notiert diesen Sachverhalt formal durch m ∈ M , gelesen: “m ist Element
von M ” oder “M enthält m”. Das Symbol ∈ ist ein stilisiertes griechisches ε
(“Epsilon”) wegen der Bedeutung “Element” (lat. elementum = Grundstoff).
In einer axiomatischen Mengenlehre (grch. axiomata = als wahr angenommener
Grundsatz) wird diese “naive” Vorstellung nun formal präzisiert. Hier wird eine
mögliche Präzisierung angegeben, die von Ernst Zermelo (1871 - 1953) und Abraham Adolf Fraenkel (1891 - 1965) entwickelt wurde und als “ZFC-Mengenlehre”
bezeichnet wird. Dabei steht “C” für das Auswahlaxiom (”axiom of choice”).
Da eine Menge M nach Cantors Vorschlag genau aus ihren Elementen besteht,
fordert man das Extensionalitätsaxiom (lat. extensio = Umfang), d. h. jede
Menge ist durch ihren Umfang bereits eindeutig bestimmt, auf die “inhaltliche
Bedeutung” ihrer Elemente kommt es also nicht an:
∀M ∀N (∀x(x ∈ M ↔ x ∈ N ) ↔ M = N ).
Dies hat weiterhin zur Folge, daß jedes Element einer Menge in dieser Menge
nur einmal vorkommt und daß es auf die Reihenfolge der Elemente einer Menge
ebenfalls nicht ankommt!
Weiterhin präzisiert man die Idee des “Zusammenfassens” von Elementen zu
einer Menge in einem möglichst schwachen Sinn, indem man fordert, daß man
mindestens zwei (nicht notwendig verschiedene) Objekte immer zu einer Menge
zusammenfassen kann. Man formuliert daher das Paarmengenaxiom:
∀a∀b(∃M (∀x x ∈ M ↔ x = a ∨ x = b)).
Nach dem Extensionalitätsaxiom ist M durch a und b jeweils eindeutig bestimmt.
Man nennt diese Menge eine Zweiermenge und notiert sie als M = {a, b}, speziell
für a = b als M = {a}, wobei sie dann als Einermenge bezeichnet wird.
Da es bisher nicht gesichert ist, ob es überhaupt Mengen gibt, fordert man axiomatisch die Existenz von mindestens einer Menge. Man kann sich hierbei prinzipiell auf eine sehr “kleine” Menge beschränken, in der überhaupt keine Elemente
liegen und fordert daher im Nullmengenaxiom:
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1.3 Mengenbildung und Mengenalgebra
16
∃M ∀x ¬x ∈ M .
Nach dem Extensionalitätsaxiom gibt es genau eine derartige Menge; diese wird
leere Menge genannt und mit ∅ oder {} bezeichnet.
Damit gibt es wenigstens die paarweise verschiedenen Mengen ∅, {∅}, {{∅}},
{∅, {∅}} usw.
Nennt man nun eine Menge M Teilmenge einer Menge N , wenn jedes Element
von M auch ein Element von N ist, und notiert dies als M ⊆ N , so ist jede
Menge Teilmenge von sich selbt, die leere Menge ist Teilmenge jeder Menge, und
für die oben genannten Beispiele gelten beispielsweise {∅} ⊆ {∅, {∅}} usw.
Man möchte aber auch die Elemente, die in verschiedenen Mengen zusammengefaßt wurden, immer zu einer einzigen Menge zusammenfassen dürfen. Wiederum
fordert man in dem kleinen Vereinigungsmengenaxiom möglichst vorsichtig,
daß dies zumindest für zwei Mengen stets erlaubt ist:
∀A∀B∃M (x ∈ M ↔ x ∈ A ∨ x ∈ B)
Wiederum nach dem Extensionalitätsaxiom ist M durch A und B eindeutig bestimmt und man schreibt M = A ∪ B.
Nun kann man für jede Menge M den eindeutig bestimmten Nachfolger M + :=
M ∪{M } definieren. Es gelten dann immer M ∈ M + und M ⊆ M + . Insbesondere
hat man dann die “Folge” von paarweise verschiedenen Mengen 0 := ∅, 1 := ∅+ =
∅ ∪ {∅} = {∅} = {0}, 2 := (∅+ )+ = {∅}+ = {∅} ∪ {{∅}} = {∅, {∅}} = {0, 1} usw.
Man möchte nun auch diese “unendlich vielen” Mengen wieder zu einer Menge
zusammenfassen können und fordert das Unendlichkeitsaxiom:
∃M (∅ ∈ M ∧ ∀x(x ∈ M → x+ ∈ M )).
Hiernach muß M nicht genau aus den Elementen der oben genannten Folge bestehen, sondern könnte noch mehr Elemente enthalten. Man nennt daher jede
Menge mit dieser Eigenschaft eine Nachfolgermenge. Jetzt kann man die Menge
der natürlichen Zahlen N0 als eindeutig bestimmte Nachfolgermenge definieren,
die in jeder Nachfolgermenge enthalten ist. Speziell in der Mengenlehre wird anstelle von N0 auch das Symbol ω benutzt.
Aufgabe 1.27 Man beweise, daß die natürlichen Zahlen in der angegebenen
Form tatsächlich existieren. Dabei darf auch die in Definition 1.32 eingeführte
Durchschnittsbildung benutzt werden.
Weiterhin zeige man, daß die Peano-Axiome (Guiseppe Peano, 1858 - 1932) erfüllt
sind:
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1.3 Mengenbildung und Mengenalgebra
17
(P1) ∅ ∈ N0 .
(P2) n ∈ N0 → n+ ∈ N0 .
(P3) ∀n ∈ N0 ∀m ∈ N0 (n+ = m+ → n = m).
(P4) ¬∃n ∈ N0 : 0 = n+ .
(P5) ∀N ⊆ N0 (N Nachfolgermenge → N = N0 ).
Daß die oben zitierte Cantorsche Definition, wenn man sie zu naiv ganz wörtlich
nimmt, schnell zu Widersprüchen (Antinomien) führt, stellte sich bald heraus.
Ein besonders bekanntes Beispiel für eine derartige Antinomie fand Bertrand
Russell (1872 - 1970) mit der sogenannten Russellschen Menge R wie folgt:
Russell definierte zunächst die Allmenge X, also die “Menge aller Mengen”. Da
jede Menge ja ein Objekt unseres Geistes ist, schien diese Mengenbildung nach
der Cantorschen Definition möglich. Diese Menge mußte sich dann notwendigerweise selbst enthalten, also X ∈ X erfüllen. Dies sieht zwar ungewöhnlich aus,
scheint aber noch nicht unmöglich zu sein. Russell bildete nun die Menge R aller
“gewöhnlichen” Mengen M , die also ¬M ∈ M , oder kurz M 6∈ M erfüllen. Jetzt
fragte er: “Ist R eine “gewöhnliche” Menge, gilt also R 6∈ R, oder nicht?”
Wäre R eine gewöhnliche Menge, also R 6∈ R, dann müsste sie aber Element von
R sein, also R ∈ R erfüllen, was nicht sein kann.
Wäre aber R eine ungewöhnliche Menge, so wäre R nicht in R enthalten, also
R 6∈ R und damit R eine gewöhnliche Menge, was ebenfalls nicht sein kann.
Daher ist die Bildung von R und damit auch von X widersprüchlich, man darf
also nicht so “uferlos” Mengen bilden.
Ebenfalls von Russell, der übrigens 1950 als bisher einziger Mathematiker den
Literaturnobelpreis erhielt, stammt die hübsche Veranschaulichung dieses “Russelschen Paradoxons” mit dem Dorfbarbier, der genau die Männer eines Dorfes
rasiert, die sich nicht selbst rasieren. (Die Auflösung dieses Paradoxons durch die
Annahme, daß “der” Dorfbarbier eine emanzipierte Frau ist, war damals wohl
noch undenkbar!)
Russell schlug dann als Ausweg (alternativ zu dem oben begonnenen axiomatischen) einen stufenweisen Aufbau aller Mengen vor.
Zunächst ging Russell von gegebenen Objekten, sogenannten Urelementen oder
Urmengen aus, die er als Mengen 0. Stufe bezeichnete: X 0 , Y 0 , Z 0 , . . . oder
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1.3 Mengenbildung und Mengenalgebra
18
x, y, z, . . . in üblicher Schreibweise. Dies sind die Elemente der gewöhnlichen Mengen. (Mit der Bezeichnungsweise “Urmengen” bringt man zum Ausdruck, daß es
nur Mengen gibt, keine anderen Objekte!)
Dann ging er zu den gewöhnlichen Mengen der 1. Stufe über: X 1 , Y 1 , Z 1 , . . . oder
X, Y, Z, . . ..
Jetzt folgten Mengensysteme als Mengen der 2. Stufe: X 2 , Y 2 , Z 2 , . . . oder
X, Y, Z, . . .. Ihre Elemente sind gerade die gewöhnlichen Mengen oder deren Elemente.
So fortfahrend gelangte er zu den Mengen der n. Stufe: X n , Y n , Z n , . . ..
Da jede Menge M einer Stufe n auf diese Weise nur Elemente einer niedrigeren
Stufe enthalten kann, ist M ∈ M ausgeschlossen und die oben dargestellte Antinomie kann nicht mehr auftreten. Es bleibt aber unklar, ob nicht andere Widersprüche durch zu großzügige Mengenbildung auftreten können. Daher schränkt
man die Bildung von Mengen durch das folgende Mengenbildungsaxiom näher
ein. Es handelt sich hierbei nicht um ein einzelnes Axiom sondern um ein Axiomenschema, aus dem (je nach Wahl der gleich beschriebenen Aussageform P )
unendlich viele verschiedene konkrete Axiome entstehen.
Zunächst bezeichne M n für jede Stufe eine Mengenvariable für Mengen der n.
Stufe. Weiterhin sei P (M n ) eine Aussageform über Mengen n. Stufe, in der also
keine Mengen höherer Stufe auftreten dürfen. Dann soll gelten:
∃M n+1 ∀M n (M n ∈ M n+1 ↔ P (M n )).
Mit dem Extensionalitätsaxiom folgt sogar, daß jede nach dem Mengenbildungsaxiom gebildete Menge eindeutig bestimmt ist:
Satz 1.28 ∃!!M n+1 ∀M n (M n ∈ M n+1 ↔ P (M n )).
Beweis: Seien M1n+1 und M2n+1 beides Mengen (n + 1). Stufe, die diese Bedingung erfüllen. Dann ist für alle Mengen M n n. Stufe die Aussage M n ∈ M1n+1
gleichwertig zu P (M n ) und die Aussage M n ∈ M2n+1 gleichwertig zu P (M n ).
Wegen Lemma 1.25 folgt hieraus M n ∈ M1n+1 ↔ M n ∈ M2n+1 , also nach dem
Extensionalitätsaxiom die behauptete Gleichheit.
In der axiomatischen Mengenlehre, in der man keine Stufen betrachtet, formuliert
man anstelle des Mengenbildungsaxioms etwas vorsichtiger das Aussonderungsaxiom:
∀N ∃M ∀x(x ∈ M ↔ x ∈ N ∧ P (x, x1 , . . . , xn )).
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1.3 Mengenbildung und Mengenalgebra
19
Nach dem Extensionalitätsaxiom ist M als Teilmenge von N eindeutig bestimmt
und man schreibt M = {x ∈ N | P (x, x1 , . . . , xn )}. Man nennt P (x, x1 , . . . , xn )
einen definierenden Ausdruck von M .
Beispiel 1.29 In der Russelschen Mengenlehre bezeichne P (x) die Aussageform
x = x für eine Mengenvariable x 0. Stufe. Dann ist E = {x | x = x} die
Allmenge, die alle Urmengen enthält und ∅ = {x | x 6= x} die leere Menge, die
keine Elemente enthält. Beides sind Mengen 1. Stufe.
In der axiomatischen Mengenlehre ist die Bildung der Allmenge nur innerhalb einer bereits gegebenen Menge möglich und stimmt dann natürlich mit dieser gegebenen Menge überein. “Allmengen” im naiven Sinn, die zu Widersprüchen führen
können, wenn man zu großzügig mit ihnen umgeht, werden dann als Unmengen bezeichnet. Man kann aber Mengen und Unmengen zu sogenannten Klassen
zusammenfassen und den widerspruchsfreien Umgang mit ihnen in einer “Klassenlogik” mathematisch korrekt formulieren. Dies überschreitet aber den Rahmen
dieser Vorlesung bei weitem. Die “Russellsche Menge” ist dann übrigens ebenfalls
eine Unmenge.
Bei der Bestimmung einer Menge mit Hilfe einer definierenden Eigenschaft sind
oft auch andere suggestive Schreibweisen üblich: Statt nN0 := {x | x ∈ N0 ∧ n | x}
schreibt man auch nN0 := {x ∈ N0 | n | x} oder nN0 := {nm | m ∈ N0 }.
Definition 1.30 Es sei n > 0 eine natürliche Zahl und ai für i = 1, . . . , n Elemente aus E mit ai 6= aj für alle i 6= j. Man nennt derartige Elemente auch
paarweise verschieden, wobei diese Bedingung für n = 1 immer erfüllt sein soll.
Bezeichnet P (x) := x = a1 ∨ x = a2 ∨ . . . ∨ x = an , so schreibt man für die
Menge M = {x | P (x)} auch M = {a1 , . . . , an } und nennt sie eine n-elementige
Menge. Eine Menge M heißt endlich, wenn sie leer ist (0-elementig) oder eine
n-elementige Menge für irgend eine natürliche Zahl n > 0. Alle anderen Mengen
heißen unendlich. Für n = 1 ergeben sich nochmals die oben schon definierten
Einermengen, für n = 2 die Zweiermengen. Man schreibt |M | := n für jede nelementige Menge und nennt diese Anzahl ihrer Elemente ihre Mächtigkeit oder
Kardinalität und |M | eine Kardinalzahl. Für alle unendlichen Mengen M schreibt
man |M | = ∞, wobei dieses Symbol keine konkrete Kardinalzahl darstellt, sondern nur eine Abkürzung für die Aussage ¬∃n ∈ N0 : |M | = n ist.
Insbesondere ist also die Menge {1, . . . , n} für jede natürliche Zahl n endlich.
Wir werden später sehen, daß diese Mengen gewissermaßen die “Prototypen” der
endlichen Mengen sind.
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1.3 Mengenbildung und Mengenalgebra
20
Aufgabe 1.31 Zeigen Sie, daß für die Kardinalitäten beliebiger endlicher Mengen A und B und dem in Definition 1.32 eingeführten Durchschnitt A ∩ B und
der Vereinigung A ∪ B gilt
|A ∪ B| = |A| + |B| − |A ∩ B|.
Versuchen Sie anschließend, eine Verallgemeinerung dieser Formel für |A1 ∪ . . . ∪
An | bei endlich vielen endlichen Mengen Ai zu finden.
Ersetzt man in einer Mengendefinition M := {x | P (x)} den definierenden Ausdruck P (x) durch einen dazu gleichwertigen Q(x), so wird wegen des Extensionalitätsaxioms durch Q(x) dieselbe Menge M beschrieben. Insbesondere kann
man die leere Menge auch durch den Ausdruck Q(x) = 0 und die Allmenge
durch R(x) = 1 definieren. Außerdem wird jede Menge M durch den Ausdruck
M (x) := x ∈ M beschrieben. Diese Möglichkeit gestattet es, Verknüpfungen von
Mengen A ◦ B gemäß
(A ◦ B)(x) = A(x) ◦ B(x)
durch Verknüpfungen von Prädikaten durch logische Junktoren ◦ zu definieren,
wobei ◦ sogar eine beliebige zweistellige Boolesche Funktion sein kann. Dabei
übertragen sich die Eigenschaften der Junktoren unmittelbar auf die Eigenschaften der mengentheoretischen Verknüpfungen. Üblicherweise führt man allerdings
aus historischen Gründen neue Symbole für die Mengenverknüpfungen ein.
Definition 1.32 Für Mengen A und B Mengen definiert man
den Durchschnitt A ∩ B = {x | (A ∧ B)(x)} = {x | x ∈ A ∧ x ∈ B},
die Vereinigung A ∪ B = {x | (A ∨ B)(x)} = {x | x ∈ A ∨ x ∈ B},
das Komplement A = −A = {x | ¬A(x)} = {x | x 6∈ A},
die (mengentheoretische) Differenz A \ B = A ∩ B = {x | x ∈ A ∧ ¬(x ∈ B)},
die symmetrische Differenz A∆B = {x | x ∈ (A \ B) ∪ (B \ A)}.
Zwei Mengen A und B mit A ∩ B = ∅ nennt man disjunkt, und die Elemente
eines Mengensystems M heißen paarweise disjunkt, wenn je zwei Elemente A 6= B
aus M disjunkt sind.
Bemerkung 1.33 Die Veranschaulichung dieser mengentheoretischen Verknüpfungen geschieht meist durch Venn-Diagramme (John Venn, 1834 - 1923).
Menge A und Komplement −A
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1.3 Mengenbildung und Mengenalgebra
21
E
A
E
−A
A
Durchschnitt A ∩ B
E
A
B
Vereinigung A ∪ B
E
A
B
Differenz A \ B
E
A
B
Symmetrische Differenz A∆B
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1.3 Mengenbildung und Mengenalgebra
22
E
A
B
Die Aussagen des folgenden Satzes ergeben sich unmittelbar aus den entsprechenden Aussagen für die logischen Junktoren.
Satz 1.34 Für Mengen A, B, C gelten
(62)
(63)
(64)
(65)
(66)
(67)
(68)
(69)
(70)
(71)
(72)
(73)
(74)
(75)
(76)
(77)
A∩A
A∪A
A∩B
A∪B
(A ∩ B) ∩ C
(A ∪ B) ∪ C
A ∩ (A ∪ B)
A ∪ (A ∩ B)
A ∩ (B ∪ C)
A ∪ (B ∩ C)
A∪∅
A∩E
A∩∅
A∪E
A∩A
A∪A
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
A,
A,
B ∩ A,
B ∪ A,
A ∩ (B ∩ C),
A ∪ (B ∪ C),
A,
A,
(A ∩ B) ∪ (A ∩ C),
(A ∪ B) ∩ (A ∪ C),
A,
A,
∅,
E,
∅,
E,
(78)
(79)
(80)
(81)
(82)
A
∅
E
A∩B
A∪B
=
=
=
=
=
A,
E,
∅,
A ∪ B,
A ∩ B.
Beweis: (62) und (63) folgen aus (18) und (19).
(64) und (65) folgen aus (20) und (21).
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1.3 Mengenbildung und Mengenalgebra
23
(66) und (67) folgen aus (23) und (24).
(68) und (69) folgen aus (26) und (27).
(70) und (71) folgen aus (29) und (30).
(72) folgt aus (9) mit (65), (73) aus (8) mit (64).
(74) folgt aus (7), (75) aus (10).
(76) folgt aus (4), (77) aus (5).
(78) folgt aus (3).
(79) folgt aus (1), (80) aus (2).
(81) folgt auch (35), (82) aus (36).
Bemerkung 1.35 (62) und (63) besagen, daß Durchschnitt bzw. Vereinigung
von Mengen idempotent sind.
(64) und (65) stellen fest, daß beide Operationen auch kommutativ sind.
(66) und (67) beschreiben die Assoziativität der beiden Operationen.
Die Gleichungen (69) und (68) werden Absorptionsgesetze genannt, die Gleichungen (70) und (71) Distributivgesetze.
Schließlich nennt man (76) und (77) die Komplementgesetze.
Gelten ganz allgemein auf einer Menge M für zwei Operationen ∩ und ∪ die
Gesetze (64) - (69), so spricht man von einem Verband. Gelten dazu noch (71)
und (70), so heißt der Verband distributiv.
Ist jedem Element dieses distributiven Verbandes dann noch eindeutig ein “Komplement” zugeordnet und gibt es zwei ausgezeichnete Elemente (meist mit “o”
und “e” bezeichnet), so daß die Komplementgesetze gelten, so spricht man von
einer Booleschen Algebra.
Jede Potenzmenge ist also eine Boolesche Algebra.
Eine ausführlichere Behandlung dieser algebraischen Strukturen findet man in
dem Skript zur Verbandstheorie
www.mathe.tu-freiberg.de/∼hebisch/skripte/verbtheorie/verb.pdf
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1.3 Mengenbildung und Mengenalgebra
24
Die Assoziativ- und Kommutativgesetze für Durchschnitt und Vereinigung gestatten auch die bekannten Schreibweisen für Durchschnitte und Vereinigungen
endlich vieler Mengen A1 , . . . , An :
Tn
Ai := (. . . (A1 ∩ A2 ) ∩ . . . ∩ An−1 ) ∩ An ,
Sn
Ai := (. . . (A1 ∪ A2 ) ∪ . . . ∪ An−1 ) ∪ An .
i=1
i=1
Folgerung 1.36 Für Mengen A, B, C gelten
(83)
(84)
(85)
(86)
(87)
(88)
(89)
(90)
(91)
(92)
(93)
A\∅
A\E
∅\A
E\A
A\A
A\B
(A ∩ B) \ C
(A ∪ B) \ C
A \ (B ∩ C)
A \ (B ∪ C)
A \ (B \ C)
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
A,
∅,
∅,
A,
∅,
A ∪ B,
(A \ C) ∩ (B \ C),
(A \ C) ∪ (B \ C),
(A \ B) ∪ (A \ C),
(A \ B) ∩ (A \ C),
(A \ B) ∪ (A \ C).
Beweis: Die ersten fünf Aussagen sind trivial!
(88): Wegen A \ B = A ∩ B folgt aus (81) A \ B = A ∩ B = A ∪ B, wobei in der
letzten Gleichheit noch (78) benutzt wurde.
Rest: Übung!
Folgerung 1.37 Für Mengen A, B, C gelten
(94)
A∆B
(95)
A∆B
(96) (A∆B)∆C
(97)
A∆∅
(98)
A∆A
A∆B
(99)
(100) A ∩ (B∆C)
=
=
=
=
=
=
=
(A ∪ B) \ (A ∩ B),
B∆A,
A∆(B∆C),
A,
∅,
A∆B,
(A ∩ B)∆(A ∩ C).
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1.3 Mengenbildung und Mengenalgebra
25
Beweis: (94): Es ist nach Definition der symmetrischen und der mengentheoretischen Differenz A∆B = (A ∩ B) ∪ (B ∩ A). Mit (70) und (71) folgt hieraus
A∆B = (A ∩ B) ∪ (A ∩ A) ∪ (B ∩ B) ∪ (B ∩ A). Wegen A ∩ A = B ∩ B = ∅ gilt
also A∆B = (A ∪ B) ∩ (A ∪ B) = (A ∪ B) ∩ A ∩ B, wobei die letzte Gleichheit
aus (81) kommt. Mit der Definition der mengentheoretischen Differenz folgt nun
die Behauptung.
(95): Nach Definition der symmetrischen Differenz und wegen (65) gilt A∆B =
(A \ B) ∪ (B \ A) = (B \ A) ∪ (A \ B) = B∆A.
(97): Es ist mit der vorhergehenden Folgerung A∆∅ = (A\∅)∪(∅\A) = A∪∅ = A.
(98): Es ist mit der vorhergehenden Folgerung A∆A = (A\A)∪(A\A) = ∅∪∅ = ∅.
Rest: Übung!
Definition 1.38 Seien A und B Mengen. Man nennt A eine Teilmenge oder
Untermenge von B und B dann eine Obermenge von A, in Zeichen: A ⊆ B, wenn
∀x(x ∈ A → x ∈ B) gilt. Hat man dann noch A 6= B, so heißt A echte Teilmenge
von B, in Zeichen: A ⊂ B. Diese Beziehung zwischen zwei Mengen nennt man
auch Inklusion (lat. includere = einschließen).
Folgerung 1.39 Für alle Mengen A, B, C gelten
(101)
∅
(102)
A
(103) A ⊆ B ∧ B ⊆ A
(104) A ⊆ B ∧ B ⊆ C
⊆
⊆
→
→
A,
A,
A = B,
A ⊆ C.
Beweis: Da x ∈ ∅ für alle x falsch ist, gilt x ∈ ∅ → x ∈ A wegen “ex falso
quodlibet”, also ist (101) richtig. (102) und (103) folgen aus (40) und dem Extensionalitätsaxiom, (104) folgt aus (48).
Beispiel 1.40 Für jede natürliche Zahl n ∈ N0 ist nZ := {x | ∃z(z ∈ Z ∧ x =
n · z)} eine Teilmenge von Z und ebenso ist nN0 = nZ ∩ N0 eine Teilmenge von
N0 . Natürlich ist 0Z = {0} und 1Z = Z. Weiterhin gilt n | m ↔ mZ ⊆ nZ,
wodurch man die in (102) - (104) enthaltenen Aussagen über die Inklusion direkt
in Aussagen über die Teilbarkeit in den natürlichen Zahlen übersetzen kann.
Entsprechende Aussagen über Teilmengen von N0 erhält man, wenn man die
Mengen nN0 = N0 ∩ nZ betrachtet.
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1.3 Mengenbildung und Mengenalgebra
26
Die Aussage (103) wird sehr oft verwendet, um die Gleichheit von zwei Mengen
zu zeigen.
Für unendliche Mengen ist durch die bisherigen Axiome nicht gesichert, daß man
sämtliche Teilmengen einer Menge wieder zu einer Menge zusammenfassen darf.
Daher fordert man noch das Potenzmengenaxiom:
∀M ∃P ∀X(X ∈ P ↔ ∀y(y ∈ X → y ∈ M )).
Definition 1.41 Für jede Menge M sei P(M ) = {A | A ⊆ M } die Potenzmenge
von M , also die Menge aller Teilmengen von M .
Beispiel 1.42 Es ist P(∅) = {∅}, P({a}) = {∅, {a}}, P({a, b}) =
{∅, {a}, {b}, {a, b}}, P({a, b, c}) = {∅, {a}, {b}, {a, b}, {c}, {a, c}, {b, c}, {a, b, c}}.
Folgerung 1.43 Für Mengen A und B und ihre Potenzmengen gelten
(105) P(A) ∩ P(B) = P(A ∩ B),
(106) P(A) ∪ P(B) ⊆ P(A ∪ B).
Beweis: Sei X ⊆ A ∩ B, dann gilt auch X ⊆ A und X ⊆ B. Also liegt jedes
X ∈ P(A ∩ B) sowohl in P(A) als auch in P(B). Ist andererseits Y eine Menge,
die sowohl in P(A) als auch in P(B) liegt, dann ist Y Teilmenge von A und
Teilmenge von B. Also ist jedes y ∈ Y sowohl in A als auch in B enthalten und
liegt daher im Durchschnitt A ∩ B. Dies zeigt dann Y ∈ P(A ∩ B). Daher sind
beide Seiten gleich.
Rest: Übung!
Um auch Vereinigungen über unendlich viele Mengen bilden zu können fordert
man das große Vereinigungsmengenaxiom, woraus natürlich das kleine sofort
folgt:
∀M∃X∀x(x ∈ X ↔ ∃M (M ∈ M ∧ x ∈ M )).
Definition 1.44 Es sei M ein Mengensystem. Man definiert
die Vereinigung über M als
S
M
= {x | ∃X (X ∈ M ∧ x ∈ X)} und
den Durchschnitt über M 6= ∅ als
T
M
= {x | ∀X (X ∈ M → x ∈ X)}.
Speziell für Mengensysteme M = {An | n ∈ N0 } schreibt man auch
T
T
S∞
M= ∞
n=0 An .
n=0 An bzw.
S
M
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=
1.4 Relationen und Abbildungen
27
Bemerkung 1.45 Für Zweiermengen M = {A, B} stimmt M mit der VereiniT
gung A ∪ B und M mit dem Durchschnitt A ∩ B überein.
S
S
und
T
erniedrigen in einer gestuften Mengenlehre die Stufe der Menge um 1.
Für M = ∅ würde sich ∅ = E, die Allmenge, ergeben. Man verzichtet üblicherweise in einer nicht gestuften Mengenlehre auf derartige Durchschnittsbildungen,
wenn das Mengensystem nicht einer festen Potenzmenge entstammt!
T
Aufgabe 1.46 Man beweise durch vollständige Induktion: Ist M eine nelementige Menge, so ist die Potenzmenge P(M ) 2n -elementig, kurz: |P(M )| =
2|M | . Man schreibt daher auch 2A oder 2A für P(M ) bei beliebigen Mengen A.
Aufgabe 1.47 Versuchen Sie, den Beweis des Euklid für die Aussage, daß es
nicht nur endlich viele Primzahlen gibt, möglichst weitgehend mit mengentheoretischen und prädikatenlogischen Mitteln zu formalisieren
Aufgabe 1.48 Man beweise die Möglichkeit der sogenannten Division mit Rest:
Zu a, b ∈ Z mit b 6= 0 existieren ein eindeutig bestimmtes q ∈ Z, der Quotient, und
ein eindeutig bestimmtes r ∈ Z, der Rest mit a = q · b + r und 0 ≤ r < |b|. (Man
kann also a stets durch b 6= 0 eindeutig mit Rest r dividieren.) Sei n > 0 eine
ganze Zahl, also eine natürliche Zahl n 6= 0. Definiert man für r = 0, 1, . . . , n − 1
die (nichtleeren!) Mengen [r]n = {x ∈ Z | x läßt bei Division durch n den Rest
r}, dann sind diese Restklassen modulo n nicht leer und paarweise disjunkt und
S
für das Mengensystem Z/(n) = {[r]n | r = 0, . . . , n − 1} gilt Z = Z/(n).
1.4
1.4.1
Relationen und Abbildungen
Kartesische Produkte
Die folgende Definition des geordneten Paares und damit des kartesischen Produktes (René Descartes, 1596 - 1650) geht auf Kazimierz Kuratowski (1896 1980) zurück.
Definition 1.49 Für beliebige Elemente a und b (aus E) sei das geordnete Paar
(a, b) definiert als Zweiermenge (a, b) = {{a}, {a, b}}.
Sind A und B Mengen, dann heißt A × B = {(a, b) | a ∈ A ∧ b ∈ B} das
kartesische Produkt oder Kreuzprodukt oder direktes Produkt von A und B.
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1.4 Relationen und Abbildungen
28
Bemerkung 1.50 Das geordnete Paar (a, b) ist eine Menge 2. Stufe und das
kartesische Produkt daher eine Menge 3. Stufe.
Für a 6= b ist (a, b) eine Zweiermenge, für den Spezialfall a = b ist (a, a) = {{a}}
eine Einermenge.
Man kann geordnete Paare (M n , M m ) (und damit Kreuzprodukte) auch für Mengen M n , M m beliebiger, sogar verschiedener, Stufen definieren.
Folgerung 1.51 Für geordnete Paare gilt (a, b) = (a0 , b0 ) ↔ (a = a0 ) ∧ (b = b0 ).
Beweis: Natürlich folgt aus (a = a0 )∧(b = b0 ) sofort die Gleichheit (a, b) = (a0 , b0 )
und es ist nur die umgekehrte Implikation zu zeigen.
Wir unterscheiden zwei Fälle: 1. Es ist a = b. Dann ist (a, a) einelementig und
daher auch (a, a) = (a0 , b0 ). Dies ist nur für a0 = b0 der Fall. Also gilt {{a}} =
{{a0 }}, woraus zunächst {a} = {a0 } und damit auch a = a0 folgt.
2. Es ist a 6= b. Dann ist (a, b) eine Zweiermenge und damit auch (a0 , b0 ). Also gilt
ebenfalls a0 6= b0 . Daher sind {a} und {a0 } Einermengen und {a, b} sowie {a0 , b0 }
Zweiermengen. Für die beiden Elemente der gleichen Zweiermengen {{a}, {a, b}}
und {{a0 }, {a0 , b0 }} kann daher nur {a} = {a0 } und {a, b} = {a0 , b0 } gelten. Aus
der ersten Gleichung folgt dann schon a = a0 und hieraus {a, b} = {a, b0 }. Durch
Subtraktion von {a} folgt dann {b} = {b0 } und damit b = b0 .
Satz 1.52 Für Mengen A, B, C, D gelten die folgenden Aussagen
(107)
A×B =∅
(108) C 6= ∅ ∧ A × C = B × C
(109)
(A ∩ B) × C
(110)
A × (B ∩ C)
(111)
(A ∪ B) × C
(112)
A × (B ∪ C)
(113)
(A × B) ∩ (C × D)
(114)
(A × B) ∪ (C × D)
(115)
(A \ C) × (B \ D)
↔
→
=
=
=
=
=
⊆
⊆
A = ∅ ∨ B = ∅,
A = B,
(A × C) ∩ (B × C),
(A × B) ∩ (A × C),
(A × C) ∪ (B × C),
(A × B) ∪ (A × C),
(A ∩ C) × (B ∩ D),
(A ∪ C) × (B ∪ D),
(A × B) \ (C × D).
Sind A und B in einer gemeinsamen Obermenge M enthalten und beziehen sich
die Komplemente auf M bzw. M × M , so gilt
(116)
A × B ⊆ A × B.
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1.4 Relationen und Abbildungen
29
Beweis: (107): Ist A = ∅ oder B = ∅, so kann es natürlich kein Element (a, b) ∈
A × B geben, denn dann müßte a ∈ A und b ∈ B gelten. Also folgt dann
A × B = ∅. Sind andererseits sowohl A als auch B nicht leer, dann gibt es
wenigstens ein a ∈ A und ein b ∈ B. Dann liegt aber (a, b) in A × B und diese
Menge ist nicht leer.
(108): Gelte also C 6= ∅ ∧ A × C = B × C und sei x ∈ A. Dann gibt es ein
c ∈ C und (x, c) ∈ A × C = B × C zeigt x ∈ B. Also gilt A ⊆ B. Durch
Vertauschung der Rollen von A und B folgt auch die umgekehrte Inklusion und
damit die Gleichheit.
(116) Aus (115) folgt (M \ A) × (M \ B) ⊆ (M × M ) \ (A × B), und dies ist
gerade die Behauptung.
Rest: Übung!
Definition 1.53 Für natürliche Zahlen n ≥ 3 und Mengen Mi , i = 1, . . . , n
sowie Elemente xi ∈ Mi seien n-Tupel rekursiv definiert durch
(x1 , x2 , x3 ) := ((x1 , x2 ), x3 ) für n = 3 und
(x1 , x2 , . . . , xn ) := ((x1 , . . . , xn−1 ), xn ) für n > 3.
Weiterhin sei M1 × M2 × . . . × Mn := {(x1 , . . . , xn ) | x1 ∈ M1 ∧ . . . ∧ xn ∈ Mn }
das kartesische Produkt der Mi .
Speziell für M1 = M2 = . . . = Mn = A schreibt man hierfür An und nennt dies
die n-te Potenz von A mit den Randfällen A2 = A × A, A1 = A und A0 = {∅}.
In der Informatik werden die Elemente (a1 , . . . , an ) von An auch Listen der Länge
n genannt und als [a1 , . . . , an ] notiert. Speziell bezeichnet [ ] dann die leere Liste
aus A0 . Die Menge A heißt in diesem Zusammenhang auch ein Datentyp. Es ist
S
n
dann A∗ = ∞
n=0 A die Menge aller Listen über A.
Aufgabe 1.54 Man beweise durch vollständige Induktion: Ist A eine melementige Menge, so ist An eine mn -elementige Menge, kurz: |An | = |A|n für
alle endlichen Mengen A und n ∈ N0 .
1.4.2
Korrespondenzen und Relationen
Definition 1.55 Es seien A und B Mengen. Eine Teilmenge R ⊆ A × B nennt
man auch eine Korrespondenz oder Relation aus A in B und dazu R−1 := {(b, a) |
(a, b) ∈ R} ⊆ B × A die inverse Korrespondenz. Weiterhin heißen
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1.4 Relationen und Abbildungen
30
D(R) := {x | x ∈ A ∧ ∃y ∈ B : (x, y) ∈ R} der Definitionsbereich und
W (R) := {y | y ∈ B ∧ ∃x ∈ A : (x, y) ∈ R} der Wertebereich von R.
Eine Korrespondenz R ⊆ A × B heißt Korrespondenz
von A in B oder linkstotal, falls D(R) = A gilt,
aus A auf B oder rechtstotal, falls W (R) = B gilt,
von A auf B, falls D(R) = A und W (R) = B gelten.
Schließlich setzt man noch R(x) := {y | (x, y) ∈ R} für alle x ∈ D(R) und nennt
R rechtseindeutig, wenn R(x) einelementig für alle x ∈ D(R) ist.
Für Teilmengen A0 ⊆ A und B 0 ⊆ B bezeichnet R|0A × B 0 := R ∩ (A0 × B 0 ) =
{(a0 , b0 ) ∈ A0 × B 0 | (a0 , b0 ) ∈ R} die Einschränkung von R auf A0 × B 0 .
Beispiel 1.56 Für A = {1, 2, 3, 4, 5} und B = {a, b, c, d} sei R
{(1, a), (1, c), (3, b), (4, b)}, also D(R) = {1, 3, 4} und W (R) = {a, b, c}.
=
R
D(R)
1
a
2
b
3
c
4
d
W(R)
5
B
A
Dann gilt beispielsweise R(1) = {a, b}, R(3) = R(4) = {b} und R(2) = R(5) = ∅
sowie R−1 (a) = {1} = R−1 (c), R−1 (b) = {3, 4} und R−1 (d) = ∅.
Bemerkung 1.57 Ist R ⊆ A × B eine beliebige Korrespondenz und setzt man
A0 := {x ∈ A | ∃y ∈ B ∧ (x, y) ∈ R} = D(R) sowie B 0 := {y ∈ B | ∃x ∈
A ∧ (x, y) ∈ R} = W (R), dann ist R0 = R ∩ (A0 × B 0 ) eine Korrespondenz von
A0 auf B 0 , also eine auf diesen Mengen links- und rechtstotale Korrespondenz.
Daher wird oft eine oder sogar beide dieser Eigenschaften allgemein vorausgesetzt,
insbesondere bei Abbildungen.
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1.4 Relationen und Abbildungen
31
Definition 1.58 Für eine beliebige Korrespondenz R ⊆ A × B werde die Erweib ⊆ P(A) × P(B) definiert durch R(X)
b
terung R
:= {y ∈ B | ∃x ∈ X : (x, y) ∈
S
−1 (Y ) := {x ∈ A | ∃y ∈ Y :
R} = {R(x) | x ∈ X}. Daher hat man auch Rd
S
(x, y) ∈ R} = {R−1 (y) | y ∈ Y }.
b linkstotal und rechtsFolgerung 1.59 Für jede Korrespondenz R ⊆ A × B ist R
b
−1 (∅) = ∅. Weiterhin hat man
eindeutig. Es ist stets R(∅)
= ∅ und damit auch Rd
b
−1 (B) = D(R).
R(A)
= W (R) und Rd
Für alle X1 , X2 ⊆ A und alle Y1 , Y2 ⊆ B gelten
b
b
b
(117) R(X
1 ∪ X2 ) = R(X1 ) ∪ R(X2 ),
d
d
−1 (Y ∪ Y ) = R
−1 (Y ) ∪ R
−1 (Y ),
(118) Rd
1
2
1
2
b
b
b
(119) R(X1 ∩ X2 ) ⊆ R(X1 ) ∩ R(X2 ),
d
d
−1 (Y ∩ Y ) ⊆ R
−1 (Y ) ∩ R
−1 (Y ),
(120) Rd
1
2
1
2
d
−1 (B \ Y ) ⊆ A \ R
−1 (Y ).
(121) Rd
1
1
In (119) gilt die Gleichheit, wenn R linkseindeutig ist, in (120) und (121) steht
jeweils die Gleichheit, wenn R rechtseindeutig ist.
Beweis: Man beachte, daß (117) und (118) dieselben Aussagen nur für die unterschiedlichen Korrespondenzen R und R−1 sind. Dasselbe gilt bezüglich (119)
und (120).
(117): Für y ∈ B sind jeweils gleichwertig:
b
y ∈ R(X
1 ∪ X2 ),
∃x ∈ (X1 ∪ X2 ) : (x, y) ∈ R,
∃x ∈ X1 : (x, y) ∈ R ∨ ∃x ∈ X2 : (x, y) ∈ R,
b
b
y ∈ R(X
1 ) ∨ y ∈ R(X2 )
b
b
y ∈ R(X
1 ) ∪ R(X2 ).
Man kann aber auch mit Satz 1.127 (4) schließen:
b
R(X
1 ∪ X2 ) =
[
{R(x) | x ∈ (X1 ∪ X2 )}
=
[
{R(x) | x ∈ X1 ∨ x ∈ X2 }
=
[
({R(x) | x ∈ X1 } ∪ {R(x) | x ∈ X2 })
=
[
{R(x) | x ∈ X1 } ∪
[
{R(x) | x ∈ X2 })
b
b
= R(X
1 ) ∪ R(X2 ).
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1.4 Relationen und Abbildungen
32
Rest: Übung!
Definition 1.60 Seien R ⊆ A × B und S ⊆ C × D Korrespondenzen. Dann
heißt
R ◦ S := {(x, z) | (x, z) ∈ A × D ∧ ∃y ∈ B ∩ C : (x, y) ∈ R ∧ (y, z) ∈ S}
die Verkettung von R mit S.
Beispiel 1.61 Für R wie in Beispiel 1.56, C = {b, c, d, e, f }, D = {α, β, γ, δ} sei
S = {(b, α), (d, β), (d, γ), (e, α)}.
R
1
a
2
b
α
3
c
β
d
γ
4
B
S
δ
5
e
A
f
D
C
RoS
Dann gilt R ◦ S = {(3, α), (4, α)}.
Satz 1.62 Für Korrespondenzen R, S, T gelten
(122)
(R−1 )−1 = R,
(123) (R ◦ S)−1 = S −1 ◦ R−1 ,
(124) (R ◦ S) ◦ T = R ◦ (S ◦ T ).
Beweis: (122) ist trivial.
(123): Für (d, a) ∈ (R ◦ S)−1 sind jeweils gleichwertig
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1.4 Relationen und Abbildungen
33
(a, d) ∈ R ◦ S
∃x ∈ B ∩ C : (a, x) ∈ R ∧ (x, d) ∈ S
∃x ∈ C ∩ B : (d, x) ∈ S −1 ∧ (x, a) ∈ R−1
(d, a) ∈ S −1 ◦ R−1 .
(124): Seien R ⊆ A × B, S ⊆ C × D und T ⊆ E × F . Dann sind für alle
(a, f ) ∈ A × F gleichwertig
(a, f ) ∈ (R ◦ S) ◦ T ,
∃d ∈ D ∩ E : (a, d) ∈ R ◦ S ∧ (d, f ) ∈ T ,
∃d ∈ D ∩ E : ∃b ∈ B ∩ C : (a, b) ∈ R ∧ (b, d) ∈ S ∧ (d, f ) ∈ T ,
∃b ∈ B ∩ C : ∃d ∈ D ∩ E : (a, b) ∈ R ∧ (b, d) ∈ S ∧ (d, f ) ∈ T ,
∃b ∈ B ∩ C : (a, b) ∈ R ∧ (b, f ) ∈ S ◦ T ,
(a, f ) ∈ R ◦ (S ◦ T ).
Definition 1.63 Es sei A eine Menge und n > 0 eine natürliche Zahl. Eine
Teilmenge % ⊆ An heißt eine n-stellige Relation auf A. Im Fall n = 2 spricht
man auch von binären Relationen. Die Menge aller binären Relationen werde mit
BA bezeichnet. Binäre Relationen % schreibt man oft in Infixnotation, also a%b
anstelle von (a, b) ∈ %.
Bemerkung 1.64 Relationen sind also Elemente der Potenzmengen P(An ).
Stets sind ∅, die leere Relation, und An , die Allrelation, Relationen auf An . Zu BA
gehört auch immer die identische Relation oder Identität ιA = {(a, a) | a ∈ A} auf
A. Sie wird auch als idA oder 1A oder ∆A oder schlicht als Gleichheit = notiert.
Folgerung 1.65 Für binäre Relationen %i ∈ BA = P(A × A) auf einer Menge A
gelten
(125) (%1 ∪ %2 ) ◦ %3
(126) %1 ◦ (%2 ∪ %3 )
(127) (%1 ∩ %2 ) ◦ %3
(128) %1 ◦ (%2 ∪ %3 )
=
=
⊆
⊆
%1 ◦ %3 ∪ %2 ◦ % 3 ,
%1 ◦ %2 ∪ %1 ◦ % 3 ,
%1 ◦ %3 ∪ %2 ◦ % 3 ,
%1 ◦ %2 ∪ %1 ◦ % 3 .
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1.4 Relationen und Abbildungen
34
Beweis: (125): Für (a, b) ∈ A2 sind jeweils gleichwertig:
(a, b) ∈ (%1 ∪ %2 ) ◦ %3 ,
∃c ∈ A : (a, c) ∈ %1 ∪ %2 ∧ (c, b) ∈ %3 ,
∃c ∈ A : ((a, c) ∈ %1 ∨ (a, c) ∈ %2 ) ∧ (c, b) ∈ %3 ,
∃c ∈ A : ((a, c) ∈ %1 ∧ (c, b) ∈ %3 ) ∨ ((a, c) ∈ %2 ) ∧ (c, b) ∈ %3 ),
(a, b) ∈ %1 ◦ %3 ∨ (a, b) ∈ %2 ◦ %3 ,
(a, b) ∈ %1 ◦ %3 ∪ %2 ◦ %3 .
Rest: Übung!
1.4.3
Äquivalenz- und Ordnungsrelationen
Definition 1.66 Eine binäre Relation % ∈ BA heißt
reflexiv :↔ ιA ⊆ %,
irreflexiv :↔ ιA ∩ % = ∅,
symmetrisch :↔ %−1 ⊆ %,
asymmetrisch :↔ %−1 ∩ % = ∅,
antisymmetrisch :↔ %−1 ∩ % ⊆ ιA ,
transitiv :↔ % ◦ % ⊆ %,
konnex :↔ % ∪ %−1 ∪ ιA = ωA ,
linear :↔ % ∪ %−1 = ωA .
Eine Äquivalenz(relation) ist eine reflexive, symmetrische und transitive Relation, eine partielle Ordnung(srelation) ist eine reflexive, antisymmetrische und
transitive Relation. Eine totale oder lineare Ordnung(srelation) ist eine reflexive,
antisymmetrische, transitive und lineare Relation. Mit E(A) werde die Menge
aller Äquivalenzrelationen auf A bezeichnet. Für Äquivalenzrelationen schreibt
man statt % oft andere Symbole wie ≡, ∼ oder ∼
= und benutzt die Infixnotation.
Entsprechend benutzt man für Ordnungsrelationen oft das Symbol ≤ in Infixnotation. Ist ≤ partielle Ordnungsrelation auf der Menge A, so nennt man das Paar
(A, ≤) eine partiell geordnete Menge, im Fall, daß ≤ sogar eine lineare Ordnung
ist, eine linear oder total geordnete Menge oder eine Kette. Eine Präordnung oder
Quasiordnung ist eine reflexive und transitive Relation.
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1.4 Relationen und Abbildungen
35
Beispiel 1.67 Die Identität ιA und die Allrelation ωA liegen stets in E(A). Wegen
der Reflexivität gilt für jede Äquivalenzrelation % auf A bereits ιA ⊆ % ⊆ ωA .
Die Identität ιA ist ebenso stets eine partielle Ordnung auf A, die in jeder anderen partiellen Ordnung auf A enthalten ist. Liegen aber in A mindestens zwei
verschiedene Elemente a 6= b, so gilt weder (a, b) ∈ ιA noch (b, a) ∈ ιA und daher
ist dies keine lineare Ordnung. Man schreibt diese partielle Ordnung auf jeder
Menge üblicherweise als Gleichheit, also a = b anstelle von (a, b) ∈ ιA .
Die Gleichwertigkeit ≡ ist wegen Lemma 1.25 eine Äquivalenz auf der Menge
F(V ) aller aussagenlogischen Formeln.
Die Inklusion ⊆ ist wegen Folgerung 1.39 eine partielle Ordnung auf jeder Potenzmenge P(M ). Enthält M mehr als ein Element, so ist diese partielle Ordnung
nicht linear.
Die Teilbarkeitsrelation | ist eine partielle Ordnungsrelation auf der Menge der
natürlichen Zahlen N0 , aber nur eine Quasiordnung auf der Menge der ganzen
Zahlen Z.
Die übliche ≤-Relation ist eine lineare Ordnung auf den Mengen N0 , Z und Q, also
sind (N0 , ≤), (Z, ≤) und (Q, ≤) linear geordnete Mengen.
Bemerkung 1.68 Ist (A, ≤) partiell geordnete Menge, so schreibt man auch
b ≥ a für a ≤ b und a < b für a 6= b mit a ≤ b.
Die hierdurch entstehende binäre Relation < auf A ist irreflexiv, asymmetrisch
und transitiv. Man spricht dann von einer partiellen Ordnung in irreflexiver
Schreibweise. Umgekehrt kann man jede derartige Relation < durch Vereinigung
mit ιA zu einer partiellen Ordnungsrelation ≤ machen.
Jeder partiellen Ordnung ≤ in reflexiver Schreibweise auf einer Menge A entspricht auf diese Weise eindeutig eine partielle Ordnung < in irreflexiver Schreibweise. Genau dann ist ≤ linear, wenn < konnex ist.
Bemerkung 1.69 Für (kleine) endliche Mengen A kann man sich partielle Ordnungen ≤ auf A durch Hasse-Diagramme (Helmut Hasse, 1898 - 1979) veranschaulichen: Man zeichnet für jedes Element von A einen Punkt in der Zeichenebene, wobei man den zu einem Element a ∈ A gehörenden Punkt so anordnet,
daß er “oberhalb” von allen Punkten liegt, die zu einem Element x ∈ A gehören,
das x ≤ a erfüllt. Anschließend verbindet man zwei verschiedene Punkte genau
dann durch eine gerade Linie, wenn für die zugehörigen Elemente a ≤ b gilt und
kein Element x ∈ A \ {a, b} mit a ≤ x und x ≤ b existiert. Für die kleinen Potenzmengen aus Beispiel 1.42 ergeben sich damit die folgenden Diagramme. Im
letzten Beispiel ist eine (Teil-)Kette rot hervorgehoben.
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1.4 Relationen und Abbildungen
36
{a,b}
{a}
Φ
P( Φ )
{b}
{a}
Φ
Φ
P({a})
P({a,b})
{a,b,c}
{a,b}
{a}
{a,c}
{b}
{b,c}
{c}
Φ
P({a,b,c})
Aufgabe 1.70 Man untersuche, welche der in Definition 1.66 genannten Eigenschaften sich von % auf jede Einschränkung von % auf eine Teilmenge A0 ⊆ A
übertragen, also beispielsweise:
Jede Einschränkung einer (linearen) Ordnungsrelation ist wieder eine (lineare)
Ordnungsrelation.
Beispiel 1.71 Es seien (A1 , ≤1 ) und (A2 , ≤2 ) total geordnete Mengen. Dann
definiert (a1 , a2 ) ≤ (b1 , b2 ) :↔ (a1 <1 b1 ) ∨ (a1 = b1 ∧ a2 ≤2 b2 ) eine totale
Ordnung auf A1 × A2 , die lexikographische Ordnung.
Man kann diese Konstruktion der lexikographischen Ordnung daher induktiv auf
kartesische Produkte A1 × . . . × An mit endlich vielen Faktoren übertragen.
Definition 1.72 Es sei A eine Menge. Eine Teilmenge Z ⊆ P(A) \ {∅} heißt eine
Zerlegung oder Partition oder disjunkte Überdeckung von A, wenn die Elemente
S
von Z paarweise disjunkt sind und Z = A gilt.
Satz 1.73 Es sei A eine Menge, E(A) die Menge aller Äquivalenzrelationen auf
A und Z(A) die Menge aller Zerlegungen von A.
a) Für jede Zerlegung Z ∈ Z(A) wird durch
x%Z y :↔ ∃X ∈ Z ∧ x ∈ X ∧ y ∈ X
für alle x, y ∈ A eine Äquivalenzrelation %Z definiert.
b) Ist % ∈ E(A) dann ist Z% = {[x]% | x ∈ A} eine Zerlegung von A, wobei [x]% =
{y ∈ A | x%y} die von x ∈ A repräsentierte Äquivalenzklasse oder Restklasse ist.
c) Für alle % ∈ E(A) und Z ∈ Z(A) gelten %Z% = % und Z%Z = Z.
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1.4 Relationen und Abbildungen
37
Beweis: a) Sei x ∈ A = Z. Dann gibt es ein X ∈ Z mit x ∈ X und x ∈ X. Also
ist %Z reflexiv. Gilt x%Z y für x, y ∈ A, so gibt es ein X ∈ Z mit x, y ∈ X. Dann
gilt aber auch y%Z x, und %Z ist auch symmetrisch. Gelten nun x%Z y und y%Z z für
x, y, z ∈ A, so gibt es X, Y ∈ Z mit x, y ∈ X und y, z ∈ Y . Da die Mengen aus Z
paarweise disjunkt sind, kann dies wegen y ∈ X ∩ Y nur für X = Y gelten. Dann
gilt aber x, z ∈ X und daher x%Z z. Also ist %Z auch transitiv.
S
b) Wegen x ∈ [x]% ⊆ A für alle x ∈ A aufgrund der Reflexivität von % sind
S
die Restklassen nichtleere Teilmengen von A und es gilt A = {[x]% | x ∈ A}.
Es bleibt zu zeigen, daß die Restklassen paarweise disjunkt sind. Sei dazu a ∈
[x]% ∩ [y]% 6= ∅. Dann ist [x]% = [y]% nachzuweisen. Wegen der Transitivität und
Symmetrie von % ist dies gleichwertig zu x%y. Nun gilt aber x%a und y%a und
daher wiederum wegen der Transitivität und Symmetrie auch x%y.
c) Siehe Vorlesung!
Definition 1.74 Die zu einer Äquivalenzrelation % ∈ E(A) gehörende Zerlegung
wird auch als A/% = {[x]% | x ∈ A} notiert und Faktormenge von A nach %
genannt. Jedes Element x0 ∈ [x]% wird dann ein Repräsentant der Restklasse [x]%
genannt. Unter einem Repräsentantensystem von % versteht man eine Teilmenge
A0 ⊆ A, so daß für jede Klasse [x]% ∈ A/% genau ein Repräsentant x0 ∈ [x]% ∩ A0
existiert.
Bemerkung 1.75 Auf der Faktormenge F(V )/ ≡ aller aussagenlogischen Formeln kann man auch die aussagenlogischen Junktoren ¬, ∧ und ∨ definieren, indem man die Äquivalenzklassen repräsentantenweise verknüpft, also etwa
[x]∧[y] := [x∧y]. Dann folgt aus Satz 1.10, daß hierdurch eine Boolesche Algebra
entsteht. Die ausgezeichneten Elemente sind hierbei die Klasse [1], die aus allen
Tautologien besteht, und die Klasse [0], die genau die widersprüchlichen Formeln
enthält.
Beispiel 1.76 Die in Aufgabe 1.48 eingeführten Restklassen [r]n modulo n bilden für jede natürliche Zahl n > 0 eine Partition von Z. Die zugehörige Äquivalenzrelation ≡ mod n wird bestimmt durch a ≡ b mod n ↔ a − b ∈ nZ für alle
a, b ∈ Z und gelesen als “a ist kongruent zu b modulo n”. Die Faktormenge wird
meist als Z/(n) notiert.
Beispiel 1.77 Auf der Menge Z := N20 wird durch (a, b) ∼ (c, d) :↔ a + d = b + c
für alle a, b, c, d ∈ N0 eine Äquivalenzrelation definiert. Für die Äquivalenzklassen
schreibt man a − b := [(a, b)]∼ und nennt sie Differenzen der natürlichen Zahlen
a und b. Auf der Menge Z := Z/ ∼ dieser Äquivalenzklassen kann man durch
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1.4 Relationen und Abbildungen
38
(a − b) + (c − d) = (a + c) − (b + d) eine Addition und durch (a − b) · (c −
d) := (ac + bd) − (ad + bc) eine Multiplikation definieren. Auf diese Weise erhält
man die ganzen Zahlen Z mit den bekannten Rechengesetzen. Die Menge N0 der
natürlichen Zahlen ist in der Form N0 = {a − 0 | a ∈ N0 } in Z enthalten.
Beispiel 1.78 Auf der Menge Q = Z × (Z \ {0}) wird durch (a, b) ∼ (c, d) :↔
ad = bc für alle (a, b), (c, d) ∈ Q eine Äquivalenzrelation definiert. Für die Äquivalenzklassen schreibt man ab := [(a, b)]∼ und nennt sie Quotienten der ganzen
Zahlen a und b 6= 0, wobei a der Zähler und b der Nenner dieses Bruches ist. Auf
der Menge Q := Q/ ∼ dieser Äquivalenzklassen kann man durch ab + dc := ad+bc
bd
eine Addition und durch ab · dc := ac
eine Multiplikation definieren. Auf diese Weibd
se erhält man die rationalen Zahlen Q mit den bekannten Rechengesetzen. Die
Menge Z der ganzen Zahlen ist in der Form Z = { a1 | a ∈ Z} in Q enthalten.
Bemerkung 1.79 Ein in vielen innermathematischen Anwendungen benötigtes
Hilfsmittel zum Nachweis der Existenz bestimmter Mengen stellt das Auswahlaxiom dar:
Ist M ein Mengensystem paarweise disjunkter Mengen mit ∅ 6∈ M, dann gibt es
eine Auswahlmenge A, so daß für alle X ∈ M die Schnittmenge X ∩A einelementig
ist. Mit anderen Worten, A “wählt” aus jeder Menge aus M genau ein Element
“aus”.
Offensichtlich ist das Auswahlaxiom gleichwertig damit, daß jede Äquivalenzrelation auf jeder Menge ein Repräsentantensystem besitzt.
Folgerung 1.80 Es sei % eine Präordnung auf A. Dann ist ∼:= % ∩ %−1 eine
Äquivalenzrelation auf A und auf der Faktormenge A/ ∼ wird durch
(129) [a]∼ ≤ [b]∼ :↔ a%b
für alle [a]∼ , [b]∼ ∈ A/ ∼ eine partielle Ordnung definiert.
Beweis: Da % reflexiv ist, gilt dasselbe für %−1 und damit auch für ∼= % ∩ %−1 .
Aus a ∼ b folgt a%b und a%−1 b und damit b%−1 a und b%a, also b ∼ a. Damit ist
∼ auch symmetrisch. Aus a ∼ b und b ∼ c folgen a%b, b%c, a%−1 b und b%−1 c. Die
Transitivität von % ergibt jetzt a%c und a%−1 c, also auch a ∼ c. Damit ist ∼ eine
Äquivalenzrelation.
Zunächst ist zu zeigen, daß die Definition von ≤ repräsentantenunabhängig ist:
Seien dazu a, a0 , b, b0 ∈ A mit [a]∼ = [a0 ]∼ und [b]∼ = [b0 ]∼ , also a ∼ a0 und b ∼ b0 .
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1.4 Relationen und Abbildungen
39
Dann folgen a%a0 und b%b0 sowie a0 %a und b0 %b. Gilt nun a%b, so gelten a0 %a, a%b
und b%b0 , mit der Transitivität also auch a0 %b0 . Daher wird auch [a0 ]∼ ≤ [b0 ]∼
definiert.
Die Reflexivität und Transitivität übertragen sich sich durch (129) von % unmittelbar auf ≤.
Gilt nun [a]∼ ≤ [b]∼ und [b]∼ ≤ [a]∼ , so folgt a%b und b%a und daher auch a%−1 b,
also a ∼ b und damit [a]∼ = [b]∼ .
Definition 1.81 Es sei (A, ≤) eine partiell geordnete Menge und T ⊆ A. Ein
Element a ∈ A heißt
obere (untere) Schranke von T , wenn t ≤ a (a ≤ t) für alle t ∈ T gilt,
maximales (minimales) Element von T , wenn a ∈ T und a ≤ t → a = t (t ≤ a →
a = t) für jedes t ∈ T gilt,
größtes (kleinstes) Element von T , wenn a ∈ T und t ≤ a (a ≤ t) für jedes t ∈ T
gilt.
Die Menge T heißt nach oben (nach unten) beschränkt (in A), wenn sie eine obere
(untere) Schranke besitzt. Ist beides der Fall, nennt man T beschränkt (in A).
Die partiell geordnete Menge (A, ≤) erfüllt die Minimalbedingung, wenn jede
nichtleere Teilmenge T von A ein minimales Element besitzt.
Eine total geordnete Menge (A, ≤) heißt wohlgeordnet, wenn sie die Minimalbedingung erfüllt.
Folgerung 1.82 a) Jedes größte (kleinste) Element ist eindeutig bestimmt und
stets auch maximal (minimal).
b) In einer wohlgeordneten Menge (A, ≤) besitzt jede nichtleere Teilmenge T auch
ein kleinstes Element.
Beweis: a) Sind a, a0 ∈ T größte Elemente von T , so gilt a0 ≤ a, da a größtes
Element ist, und ebenso a ≤ a0 , da a0 größtes Element ist. Mit der Antisymmetrie
von ≤ folgt a = a0 , also die Eindeutigkeit. Ist nun a ∈ T größtes Element von T ,
dann gilt t ≤ a für alle t ∈ T und daher ergibt sich aus t ≤ a wiederum mit der
Antisymmetrie sofort a = t. Also ist a maximal.
Die Behauptungen über kleinste und minimale Elemente folgen dual!
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1.4 Relationen und Abbildungen
40
b) Sei T 6= ∅ Teilmenge von A. Dann existiert wegen der Minimalbedingung
ein minimales Element a ∈ T . Für alle t ∈ T gilt wegen der Linearität der
Ordnungsrelation aber t ≤ a oder a ≤ t. Wegen der Minimalität von a ist daher
nur a ≤ t möglich. Also ist a kleinstes Element von T .
Beispiel 1.83 Betrachtet man für eine n-elementige Menge M mit n > 1 die
Menge A = P(M )\{∅, M } mit der Inklusion ⊆ als partieller Ordnungsrelation, so
ist (A, ⊆) eine partiell geordnete Menge, in der die n Einermengen {m} minimale
und die n − 1-elementigen Mengen M \ {m} für jedes m ∈ M maximale Elemente
sind.
Jede endliche Teilmenge T der ganzen Zahlen Z besitzt in der total geordneten Menge (Z, ≤) ein größtes und ein kleinstes Element, ist also insbesondere
beschränkt. Dagegen besitzt die unendliche Teilmenge N0 zwar ein kleinstes Element 0 aber keine obere Schranke.
Die total geordnete Menge (N0 , ≤) erfüllt die Minimalbedingung, ist also wohlgeordnet.
Ist M = {a1 , . . . , an }, so definiert ai ≤ aj :↔ i ≤ j eine totale Ordnung auf M
und wegen der Endlichkeit besitzt jede nichtleere Teilmenge von M natürlich ein
kleinstes Element. Also ist (M, ≤) wohlgeordnet.
Die leere Menge ∅ besitzt als einzige binäre Relation die leere Relation ∅ = ∅ × ∅
und diese ist eine totale Ordnungsrelation auf ∅. Offensichtlich ist sie auch eine
Wohlordnung. Dagegen ist die leere Menge nicht beschränkt, da keine Schranken
existieren!
Definition 1.84 Es sei (A, ≤) eine partiell geordnete Menge und T ⊆ A. Ein
Element a ∈ A heißt obere Grenze oder Supremum von T , wenn es obere Schranke
von T ist und für alle oberen Schranken s ∈ A von T bereits a ≤ s gilt, wenn also
a kleinstes Element in der Menge der oberen Schranken von T ist. Man schreibt
dann a = supA T . Dual wird eine untere Grenze oder Infimum von T definiert
und als inf A T notiert.
Existieren in (A, ≤) für jede Zweiermenge T = {a, b} sowohl ein Supremum als
auch ein Infimum, so nennt man (A, ≤) einen Verband. Man schreibt dann auch
a ∧ b := inf{a, b} und a ∨ b := sup{a, b}. Existieren Supremum und Infimum sogar
für jede Teilmenge von A, so spricht man von einem vollständigen Verband.
Beispiel 1.85 Durch das folgende Hasse-Diagramm wird auf der Menge A =
{0, a, b, c, d, 1} eine partielle Ordnung definiert.
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1.4 Relationen und Abbildungen
41
1
c
d
a
b
0
Die Teilmenge T1 = {a, b, c, d} besitzt die maximalen Elemente c und d, also kein
größtes Element, und die minimalen Elemente a und b, also auch kein kleinstes
Element. Die Menge T2 = {a, b} besitzt die oberen Schranken c, d und 1, aber
kein Supremum, jedoch ist die einzige untere Schranke 0 natürlich Infimum von
T2 . Es handelt sich also nicht um einen Verband.
Bemerkung 1.86 Man beachte, daß sich die Eindeutigkeit von Supremum bzw.
Infimum im Falle ihrer Existenz aus Folgerung 1.82 ergeben.
Die Menge N0 bildet mit der Teilbarkeitsrelation | eine partiell geordnete Menge
(N0 , |), in der für eine beliebige Teilmenge A das Infimum durch den größten
gemeinsamen Teiler ggT (A) aller a ∈ A und das Supremum durch das kleinste
gemeinsame Vielfache kgV (A) aller a ∈ A gegeben ist. Speziell ist ggT (N0 ) = 1
und kgV (N0 ) = 0. Schränkt man die Teilbarkeitsrelation auf die Menge T (n)
aller Teiler einer festen Zahl n ein, so bildet (T (n), |) ebenfalls einen endlichen
und daher vollständigen Verband. Für (T (36), |) erhält man das folgende HasseDiagramm. In ihm ist die Kette {3, 6, 18, 36} rot hervorgehoben.
36
12
18
4
9
6
3
2
1
Beim zweiten Beispiel, dem Teilerverband (T (30), |), ergibt sich dasselbe Bild wie
bei der Potenzmenge (P({a, b, c}), ⊆) in Bemerkung 1.69, beide halbgeordneten
Mengen sind “irgendwie gleich”. Wir werden dies später im Begriff der “Isomorphie” präzisieren.
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1.4 Relationen und Abbildungen
42
30
6
10
15
2
3
5
1
Folgerung 1.87 Ist M ⊆ P(A) ein beliebiges Teilsystem einer Potenzmenge, so
S
T
gelten sup M = M und inf M = M in der partiell geordneten Menge (P(A), ⊆).
Insbesondere hat man inf ∅ = A = sup P(A) und inf P(A) = ∅ = sup ∅ für die
beiden extremen Fälle M = ∅ und M = P(A). Die partiell geordnete Menge
(P(A), ⊆) ist daher ein vollständiger Verband.
Beweis: Es werden die Behauptungen über die Suprema gezeigt, die Behauptungen über die Infima folgen dann dual.
Sei zunächst M = ∅ und B ⊆ A beliebig. Dann gilt C ⊆ B für jedes C ∈ M, da
es kein derartiges C gibt. Also ist B obere Schranke von M. Die kleinste obere
Schranke ist daher das kleinste Element von P(A), also ∅. Daher gilt ∅ = sup M =
sup ∅ und dies ist natürlich das Infimum von P(A).
Sei nun M 6= ∅ und V := M ⊆ A. Ist dann M ∈ M eine beliebige Menge aus
diesem Mengensystem, so gilt x ∈ V für alle x ∈ M , also M ⊆ V . Damit ist
V obere Schranke von M. Sei nun S eine beliebige obere Schranke von M und
x ∈ V . Dann gibt es wenigstens ein M ∈ M mit x ∈ M . Wegen M ⊆ S folgt
x ∈ S, also insgesamt V ⊆ S, und damit ist V kleinste obere Schranke, also
S
sup M = V = M.
S
Beispiel 1.88 In der wohlgeordneten Menge (N0 , ≤) besitzt zwar jede nichtleere
Teilmenge ein kleinstes Element und daher ein Infimum, aber kein Supremum,
wenn sie nicht endlich ist und daher nicht nach oben beschränkt. Man kann diesen
“Mangel” aber beheben, indem man ein neues Element ∞ 6∈ N0 hinzugibt und
die Wohlordnung ≤ von N0 auf N∞
0 := N0 ∪ {∞} erweitert gemäß n < ∞ für alle
n ∈ N0 . Dann besitzt in der ebenfalls wohlgeordneten Menge (N∞
0 , ≤) sogar jede
∞
Teilmenge T ein Infimum und ein Supremum, also ist (N0 , ≤) ein vollständiger
Verband.
Auf der linear geordneten Menge (Z, ≤) reicht es dagegen nicht, ein größtes Element ∞ zu adjungieren (lat. adiungere = anbinden), um einen vollständigen
Verband zu erhalten. Hier gibt es auch nach unten unbeschränkte Mengen. Man
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1.4 Relationen und Abbildungen
43
fügt also zwei Elemente +∞ und −∞ hinzu und erweitert die Ordnung von Z
auf Z±∞ := Z ∪ {+∞, −∞} durch −∞ < x < +∞ für alle x ∈ Z. Dann ist auch
(Z±∞ , ≤) ein vollständiger Verband.
Auf die gleiche Weise kann man auch die linear geordnete Menge der reellen
Zahlen (R, ≤) zu einem vollständigen Verband (R±∞ , ≤) erweitern, was allerdings
erheblich aufwendiger zu beweisen ist.
Warum funktioniert diese Konstruktion nicht bei den rationalen Zahlen Q?
Folgerung 1.89 a) Es sei E ⊆ E(A) ⊆ P(A × A) eine Menge von ÄquivalenzreT
lationen auf A. Dann ist auch E eine Äquivalenzrelation auf A.
b) Ist % ∈ BA eine beliebige binäre Relation auf A, dann existiert eine kleinste
Äquivalenzrelation %∗ auf A mit % ⊆ %∗ .
c) Für %, σ ∈ E(A) ist % ◦ σ genau dann ebenfalls eine Äquivalenzrelation, wenn
% ◦ σ = σ ◦ % gilt.
Beweis: a) Für E = ∅ ist E = ωA nach Folgerung 1.87 und dies ist eine
T
Äquivalenzrelation auf A. Sei nun E 6= ∅ und σ := E. Für jedes % ∈ E gilt dann
ιA ⊆ %, also auch ιA ⊆ σ. Also ist σ reflexiv. Für (a, b) ∈ σ gilt (a, b) ∈ % und
damit wegen der Symmetrie auch (b, a) ∈ %. Also gilt (b, a) ∈ σ und σ ist auch
symmetrisch. Sind schließlich (a, b), (b, c) ∈ σ so folgt wiederum (a, b), (b, c) ∈ %
und wegen der Transitivität (a, c) ∈ %. Dies zeigt auch (a, c) ∈ σ und σ ist
transitiv.
T
b) Stets ist die Allrelation ωA eine Äquivalenzrelation auf A mit % ⊆ ωA . DaT
her liefert %∗ := E = inf E für E = {σ ∈ E(A) | % ⊆ σ} 6= ∅ die gesuchte
Äquivalenzrelation.
c) Übung!
Die folgenden Sätze, die für gewisse Grundlagenfragen der Mathematik sehr wichtig sind, können im Rahmen einer axiomatisch aufgebauten Mengenlehre mit teilweise erheblichem Aufwand bewiesen werden. In dieser Einführung seien sie ohne
Beweis zitiert.
Satz 1.90 Lemma von Zorn (Max August Zorn, 1906 - 1993) Besitzt in der
partiell geordneten Menge (A, ≤) jede Kette eine obere Schranke, dann gibt es ein
maximales Element in A.
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1.4 Relationen und Abbildungen
44
Satz 1.91 Wohlordnungssatz Jede Menge kann wohlgeordnet werden.
Es kann sogar allgemeiner gezeigt werden:
Theorem 1.92 Es sind äquivalent:
(1) Auswahlaxiom
(2) Wohlordnungssatz
(3) Lemma von Zorn
1.4.4
Abbildungen
Definition 1.93 Sind A und B Mengen, dann versteht man unter einer partiellen
Abbildung f aus A in B eine rechtseindeutige Relation f ⊆ A × B. Ist f noch
linkstotal, so spricht man einfach von einer Abbildung. Man schreibt f : D(f ) →
B für partielle Abbildungen und f : A → B für Abbildungen. Das zu x ∈ D(f )
eindeutig bestimmte y ∈ B mit (x, y) ∈ f wird auch in der Form y = f (x)
notiert. Man nennt den Wertebereich W (f ) = f (A) bei Abbildungen auch das
Bild von f und schreibt Imf (lat. imago = Bild). Für Teilmengen Y ⊆ B nennt
−1 (Y ) auch das Urbild von Y .
man fd
Eine rechtstotale Abbildung f : A → B heißt surjektiv oder eine Surjektion
(franz. sur = auf), eine linkseindeutige Abbildung heißt eineindeutig, injektiv
oder Injektion (lat. inicere = hineinwerfen). Eine Abbildung, die sowohl surjektiv
als auch injektiv ist, nennt man bijektiv (lat. bis = zweimal) oder eine Bijektion
zwischen A und B.
Beispiel 1.94 Die identische Relation ιA ist auf jeder Menge A eine bijektive
Abbildung ιA : A → A. Sie wird daher auch identische Abbildung auf A genannt.
Für jede Teilmenge A ⊆ B ist inA = {(a, a) | a ∈ A} ⊆ A × B eine injektive
Abbildung. Sie wird die natürliche Injektion oder Einbettung von A in B genannt.
Ist M = M1 × . . . × Mn 6= ∅ ein kartesisches Produkt, dann wird für i = 1, . . . , n
durch πi (x1 , . . . , xi , . . . , xn ) := xi eine surjektive Abbildung πi : M → Mi definiert, die Projektion auf die i-te Komponente von M . Man nennt eine Teilmenge
A ⊆ M auch ein subdirektes Produkt der Mengen Mi , wenn πi (A) = Mi für
i = 1, . . . , n gilt.
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1.4 Relationen und Abbildungen
45
Aufgabe 1.95 Abbildungen, die Teilmengen der Zahlenbereiche N0 , Z, Q, R oder
C (komplexe Zahlen) aufeinander abbilden, werden im allgemeinen Funktionen
genannt, beispielsweise in der Zahlentheorie, der Analysis oder der Funktionentheorie. Untersuchen Sie die auf Ihrem Taschenrechner (oder in Ihrer LieblingsProgrammiersprache) realisierten Funktionen hinsichtlich der in Definition 1.93
eingeführten Begriffe. Welches sind bei bijektiven Funktionen die Umkehrfunktionen? Woher kennt der Rechner eigentlich die jeweiligen Funktionswerte mit
derartiger Genauigkeit?
Folgerung 1.96 a) Für jede Abbildung f : A → B ist die Einschränkung f |
A × f (A) : A → f (A) surjektiv.
b) Ist f : A → B injektiv, dann ist auch die Einschränkung f | A0 := f | A0 × B :
A0 → B für jede Teilmenge A0 ⊆ A injektiv.
c) Für Abbildungen f : A → B und g : B → C ist auch f ◦ g : A → C eine
Abbildung.
d) Ist f : A → B bijektiv, dann ist auch f −1 : B → A eine bijektive Abbildung.
Sie wird die Umkehrabbildung von f genannt.
e) Ist f : A → B eine Abbildung, dann ist kerf := {(x, y) ∈ A2 | f (x) = f (y)}
eine Äquivalenzrelation auf A.
f ) Für Abbildungen f, g : A → B gilt f = g ↔ ∀x ∈ A : f (x) = g(x).
Beweis: a) und b) sind trivial.
c) Für jedes x ∈ A gibt es genau ein y ∈ B mit y = f (x) und für jedes y ∈ B
gibt es genau ein z ∈ C mit z = g(y) = g(f (x)). Also gibt es zu jedem x ∈ A
genau ein z ∈ C mit (x, z) ∈ f ◦ g. Damit ist f ◦ g linkstotal und rechtseindeutig,
also eine Abbildung. Wie hier schon geschehen, schreibt man meist z = g(f (x))
für z = (f ◦ g)(x).
d) Ist f : A → B bijektiv, so ist sie links- und rechtstotal sowie links- und
rechtseindeutig. Damit ist dann f −1 als Relation rechts- und linkstotal sowie
rechts- und linkseindeutig, also der Reihe nach: überall definiert, surjektiv, eine
Abbildung und injektiv, d. h. ebenfalls eine Bijektion.
e) Dies folgt aus der Tatsache, daß die Gleichheit “=” eine Äquivalenzrelation
auf f (A) ist!
f) Gilt f = {(x, f (x)) | x ∈ A} = g = {(x, g(x)) | x ∈ A}, so folgt aus der jeweiligen Rechtseindeutigkeit sofort f (x) = g(x) für alle x ∈ A. Hat man umgekehrt
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1.4 Relationen und Abbildungen
46
diese Gleichheiten, so folgt wiederum aus der Rechtseindeutigkeit von f und g
als Abbildungen die Gleichheit f = g als Relationen.
Folgerung 1.97 Für alle Abbildungen f : A → B und g : B → C gelten die
folgenden Aussagen.
a) Es ist f genau dann injektiv, wenn f (x) = f (x0 ) → x = x0 für alle x, x0 ∈ A
gilt.
b) Sind f und g beide injektiv (surjektiv, bijektiv), so ist auch f ◦ g injektiv
(surjektiv, bijektiv).
c) Ist f ◦ g injektiv, dann ist f injektiv.
d) Ist f ◦ g surjektiv, dann ist auch g surjektiv.
e) Ist f ◦ g bijektiv, dann ist f injektiv und g surjektiv.
f ) Genau dann ist f bijektiv, wenn f ◦ f −1 = ιA und f −1 ◦ f = ιB gelten.
Beweis: a) Ist f : A → B eine injektive Abbildung und gilt f (x) = f (x0 ) =
y ∈ B für x, x0 ∈ A, so gelten (x, y) ∈ f und (x0 , y) ∈ f , woraus wegen der
Linkseindeutigkeit sofort x = x0 folgt. Liegen umgekehrt die Paare (x, y) und
(x0 , y) in f ⊆ A × B, so gilt, da f Abbildung ist, f (x) = y = f (x0 ). Damit folgt
aus der vorausgesetzten Implikation dann x = x0 , also die Linkseindeutigkeit.
b) Sind f und g injektiv, so folgt aus (f ◦ g)(x) = g(f (x)) = g(f (x0 )) = (f ◦ g)(x0 )
wegen der Injektivität von g aus a) zunächst f (x) = f (x0 ) und hieraus wegen der
Injektivität von f dann ebenso mit a) x = x0 . Also ist auch f ◦ g injektiv.
Sind f und g surjektiv, so gelten f (A) = B und g(B) = C, also (f ◦ g)(A) =
g(f (A)) = g(B) = C, und damit die Surjektivität dieser Verkettung.
Hieraus ergibt sich unmittelbar die Behauptung für die Bijektivität.
c) Ist f ◦ g injektiv und gilt f (x) = f (x0 ), so folgt (f ◦ g)(x) = g(f (x)) =
g(f (x0 )) = (f ◦ g)(x0 ), und damit aus der Injektivität auch x = x0 . Mit a) folgt
die Behauptung.
d) Ist f ◦ g surjektiv und c ∈ C, so gibt es ein x ∈ A mit c = (f ◦ g)(x) = g(f (x)).
Dann erfüllt y := f (x) ∈ B aber auch g(y) = c, d. h. g ist rechtstotal, also
surjektiv.
e) Dies folgt unmittelbar aus c) und d).
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1.4 Relationen und Abbildungen
47
f) Ist f bijektiv, dann nach Folgerung 1.96 d) auch f −1 . Zu x ∈ A gibt es ein
eindeutig bestimmtes y ∈ B mit (x, y) ∈ f , also (y, x) ∈ f −1 , und zu diesem y
ist x = f −1 (y) eindeutig bestimmt, da f −1 Abbildung ist. Es folgt (f ◦ f −1 )(x) =
f −1 (f (x)) = f −1 (y) = x, also f ◦ f −1 = ιA . Vertauscht man nun die Rollen von
f und f −1 (beides sind bijektive Abbildungen!) erhält man f −1 ◦ f = ιB .
Gelten umgekehrt die beiden Gleichungen, so folgt aus der Injektivität von ιA =
f ◦ f −1 mit c) die Injektivität von f und aus der Surjektivität von ιB = f −1 ◦ f
die Surjektivität von f .
Lemma 1.98 Sei A eine Menge und % ∈ E(A) eine Äquivalenzrelation auf A.
Dann ist die Abbildung ν : A → A/% gemäß ν(x) := [x]% für alle x ∈ A surjektiv
und es ist kerν = %. Weiterhin ist ν injektiv und damit bijektiv genau dann, wenn
% = ιA gilt.
Beweis: Zu [x]% ∈ A/% ist x ∈ A ein Repräsentant dieser Klasse, der von ν auf
diese Klasse abgebildet wird. Also ist ν surjektiv. Es ist (x, x0 ) ∈ kerν gleichwertig
zu ν(x) = ν(x0 ) nach Definition von kerν, und daher zu [x]% = [x0 ]% . Da %
Äquivalenzrelation ist, ist dies wiederum gleichwertig zu (x, x0 ) ∈ %. Dies zeigt
kerν = %. Es ist % = ιA genau dann, wenn jede Klasse [x]% aus genau einem
Element besteht, also gleich {x} ist. Dies ist aber gleichwertig damit, daß ν(x) =
{x} für alle x ∈ A gilt. Dies zeigt dann die Injektivität von ν. Ist andererseits ν
nicht injektiv, so gibt es x 6= x0 in A mit ν(x) = [x]% = ν(x0 ) und damit (x, x0 ) ∈ %
also ist dann % 6= ιA .
Man nennt die Abbildung ν : A → A/% auch die kanonische Projektion von A
auf A/%.
Satz 1.99 Erster Abbildungssatz Es sei f : A → B eine Abbildung, ν :
A → A/kerf die kanonische Projektion und inf (A) die Injektion von f (A) ⊆ B
in B. Dann existiert genau eine bijektive Abbildung ϕ : A/kerf → f (A) mit
f = ν ◦ ϕ ◦ inf (A) .
Beweis: Definiere ϕ : A/kerf → f (A) durch ϕ([x]kerf ) := f (x) für alle
[x]kerf ∈ A/kerf . Dann ist zunächst die Repräsentantenunabhängigkeit oder
Wohldefiniertheit zu zeigen: Für alle x, x0 ∈ A mit [x]kerf = [x0 ]kerf muß bereits
f (x) = f (x0 ) gelten. Aus [x]kerf = [x0 ]kerf folgt aber (x, x0 ) ∈ kerf nach Definition dieser Äquivalenzklassen. Daher gilt auch f (x) = f (x0 ) nach Definition der
Relation kerf .
Es ist ϕ surjektiv, denn zu y ∈ f (A) gibt es ein x ∈ A mit f (x) = y und daher
gilt für die Klasse [x]kerf ∈ A/kerf bereits ϕ([x]kerf ) = y.
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1.4 Relationen und Abbildungen
48
Es ist ϕ auch injektiv und damit bijektiv, denn aus ϕ([x]kerf ) = ϕ([x0 ]kerf ) folgt
f (x) = f (x0 ) und damit (x, x0 ) ∈ kerf , also auch [x]kerf = [x0 ]kerf .
Es ist f = ν ◦ ϕ ◦ inf (A) , denn für alle x ∈ A gilt f (x) = inf (A) (f (x)) =
inf (A) (ϕ([x]kerf )) = inf (A) (ϕ(ν(x))) = ν ◦ ϕ ◦ inf (A) (x), und wegen Folgerung 1.96 d) gilt die Gleichheit der Abbildungen.
Schließlich ist ϕ eindeutig bestimmt, denn ist auch ϕ0 : A/kerf → f (A) mit
f = ν ◦ ϕ0 ◦ inf (A) , so folgt aus inf (A) (ϕ(ν(x)) = inf (A) (ϕ0 (ν(x)) für alle x ∈ A
zunächst ϕ(ν(x)) = ϕ0 (ν(x)) aus der Injektivität von inf (A) . Da ν surjektiv ist,
folgt ϕ([x]kerf ) = ϕ0 ([x]kerf ) für alle [x]kerf ∈ A/kerf , also ϕ = ϕ0 wiederum
wegen Folgerung 1.96 d).
Definition 1.100 Für Mengen A und B bezeichne AB := {f | f : B → A},
also die Menge aller Abbildungen von B in A. Speziell für B = {1, . . . , n}, also
f : {1, . . . , n} → A schreibt man ai := f (i) für i = 1, . . . , n und notiert f kurz als
n-Tupel f = (a1 , . . . , an ) ∈ An anstelle von f = {(1, a1 ), . . . , (n, an )} ⊆ B × A.
Für B = N0 erhält man analog die (unendlichen) Folgen (ai )i∈N0 . Ist B = I eine
beliebige nichtleere Menge, die in diesem Zusammenhang Indexmenge genannt
wird, so spricht man von f auch als einer indizierten Familie und notiert diese
in der Form (ai )i∈I oder (ai | i ∈ I). Ist hierbei A = P(M ), so nennt man (Ai )i∈I
eine Mengenfamilie der Mengen Ai ⊆ M .
Bemerkung 1.101 Mengenfamilien stellen also eine Verallgemeinerung der “ungeordneten” Mengensysteme dar, indem sie es ermöglichen, über den jeweiligen
Index “gezielt” einzelne Elemente des Mengensystems anzusprechen und es auch
gestattet ist, daß ein- und dieselbe Menge mehrfach in der Familie vorkommt,
was bei Mengensystemen wegen des Extensionalitätsaxioms nicht der Fall ist.
1.4.5
Kardinalzahlen
Definition 1.102 Zwei Mengen A und B heißen gleichmächtig, in Zeichen: A ∼
B, wenn es eine Bijektion f : A → B gibt.
Man nennt eine Menge A abzählbar unendlich, wenn A ∼ N0 gilt. Eine endliche
oder abzählbar unendliche Menge heißt abzählbar. Eine nicht abzählbare Menge
wird überabzählbar genannt.
Man schreibt ℵ0 := |N0 | = |N | (“Aleph Null” ist die “Mächtigkeit” von N0 ; Aleph
ist der erste Buchstabe des hebräischen Alphabets) für jede abzählbar unendliche
Menge N . Durch |M | > ℵ0 kürzt man dann die Aussage “M ist überabzählbar”
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1.4 Relationen und Abbildungen
49
ab. Unter einer Kardinalzahl versteht man die Mächtigkeit einer Menge, also
die Anzahl ihrer Elemente. Ist die Menge unendlich, so spricht man von einer
transfiniten Kardinalzahl.
Folgerung 1.103 Für Mengen A, B, C gelten
(130)
A ∼ A,
(131)
A ∼ B → B ∼ A,
(132) A ∼ B ∧ B ∼ C → A ∼ C.
Die Ähnlichkeit ∼ ist also auf jedem Mengensystem M eine Äquivalenzrelation.
Beweis: (130) gilt wegen Beispiel 1.94, (131) wegen Folgerung 1.96 d), (132)
wegen Folgerung 1.97.
Beispiel 1.104 a) Es ist N ∼ N0 , da die Nachfolgerfunktion f : N0 → N
gemäßf (n) = n + 1 für alle n ∈ N0 bijektiv ist. Es ist nämlich f −1 (n) = n − 1 für
alle n ∈ N die Umkehrabbildung.
Hieraus folgt durch geeignete Einschränkung von f sofort: {0, . . . , n − 1} ∼
{1, . . . , n} und daher {0, . . . , n − 1} ∼ {a1 , . . . , an } für jede n-elementige Menge.
Die Kardinalzahl einer endlichen Menge ist also stets eine natürliche Zahl.
Weiterhin folgt (E ∪ N0 ) ∼ N0 für jede endliche Menge E. Die Vereinigung einer
endlichen und einer abzählbar unendlichen Menge ist stets abzählbar unendlich.
b) Es ist Z ∼ N0 , da die Abbildung f : N0 → Z gemäß f (n) =
und f (n) = − n+1
für ungerades n bijektiv ist.
2
n
2
für gerades n
Hieraus ergibt sich weiter (N ∪ N0 ) ∼ N0 für jede abzählbar unendliche Menge N
und daher: Endliche Vereinigungen abzählbar unendlicher Mengen sind abzählbar
unendlich.
c) Erstes Cantorsches Diagonalverfahren: Es ist N × N ∼ N, da die Abbildung
f : N × N → N gemäß f (n, m) = n(n+1)
+ (m+1)(m+2)
+ nm − 1 bijektiv ist.
2
2
Hieraus folgt Q+ ∼ N und daraus dann Q ∼ N0 oder allgemein: Die abzählbare
Vereinigung abzählbarer Mengen ist abzählbar.
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1.4 Relationen und Abbildungen
50
Bemerkung 1.105 Man kann auch für unendliche oder transfinite Kardinalzahlen wie ℵ0 Summen und Produkte definieren und dann die eben bewiesenen
Aussagen durch Gleichungen ausdrücken. Wir werden diese aber in dieser Vorlesung nicht weiter benutzen. Für alle n ∈ N0 gelten:
n + ℵ0
ℵ0 + ℵ0
0 · ℵ0
n · ℵ0
ℵ0 · ℵ0
=
=
=
=
=
ℵ0 ,
ℵ0 ,
0,
ℵ0 (n 6= 0),
ℵ0 .
Beispiel 1.106 Ist M ∼ N0 eine abzählbar unendliche Menge und f : N0 → M
eine Bijektion, dann wird analog wie im Beispiel 1.83 für endliche Mengen durch
f (i) ≤ f (j) :↔ i ≤ j eine Wohlordnung auf M definiert. Dies beweist den
Wohlordnungssatz zumindest für abzählbare Mengen.
Satz 1.107 Jede Teilmenge einer abzählbaren Menge ist abzählbar.
Beweis: Sei M ⊆ N und N abzählbar. Für endliches N oder endliches M ist
die Behauptung offensichtlich. Es bleibt der Fall N ∼ N0 und M unendlich zu
betrachten. Dann gibt es eine Bijektion f : N0 → N , also N = {ai = f (i) | i ∈ N0 }
mit paarweise verschiedenen ai . Wegen M ⊆ N und M unendlich existiert eine
Teilfolge (aik )k∈N0 mit M = {aik | k ∈ N0 } und natürlich sind auch diese aik
paarweise verschieden. Daher ist g : N0 → M mit g(k) = aik eine Bijektion und
folglich M ∼ N0 , also M abzählbar.
Satz 1.108 Satz von Cantor Für jede Menge A gilt A 6∼ P(A). Insbesondere
ist P(N0 ) überabzählbar.
Beweis: Wäre f : A → P(A) eine (sogar nur) surjektive Abbildung, dann gäbe
es zu X := {x ∈ A | x ∈
/ f (x)} ein x0 ∈ A mit f (x0 ) = X. Der Fall x0 ∈ X
führt zu x0 6∈ f (x0 ) = X, also einem Widerspruch. Aber auch der Fall x0 6∈ X,
der zu x0 ∈ f (x0 ) = X führt, liefert einen Widerspruch. Nach dem Platonischen
Falschheitskriterium (52) kann es daher kein derartiges x0 ∈ A geben, also kann f
nicht surjektiv und daher auch nicht bijektiv sein. In P(N0 ) liegen die abzählbar
unendlich vielen paarweise verschiedenen Einermengen {n} für n ∈ N0 , daher
kann P(N0 ) nicht endlich sein. Nach dem ersten Teil des Satzes ist P(N0 ) aber
auch nicht abzählbar unendlich.
Wir zeigen nun noch, daß die reellen Zahlen R, also die Menge aller Dezimalzahlen,
überabzählbar ist. Wegen N0 ⊆ R kann sie natürlich nicht endlich sein.
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1.4 Relationen und Abbildungen
51
Lemma 1.109 a) Es gibt eine bijektive Abbildung f : (−1, 1) → R, also
(−1, 1) ∼ R für dieses offene Intervall.
b) Für jedes nichtleere offene Intervall (a, b) ⊆ R ist b − a 6= 0 und daher g :
1
(a, b) → (0, 1) mit g(x) = b−a
(x − a) eine Bijektion. Also gilt (0, 1) ∼ R.
Beweis: a) Vorlesung!
a
b) Es ist g −1 : (0, 1) → (a, b) gemäß g −1 (x) = (b − a)(x + b−a
) offensichtlich die
Umkehrabbildung. Also gilt speziell (0, 1) ∼ (−1, 1). Mit a) und der Transitivität
von ∼ folgt hieraus die letzte Behauptung.
Satz 1.110 Zweites Cantorsches Diagonalverfahren Das offene Einheitsintervall (0, 1) und damit auch R ist überabzählbar.
Beweis: Jedes x ∈ (0, 1) werde durch einen nicht abbrechenden Dezimalbruch
x = 0.x0 x1 x2 x3 . . . dargestellt, wobei für abbrechende Dezimalbrüche immer die
eindeutig bestimmte alternative Darstellung mit Periode 9 gewählt werde. Wegen
x 6= 1 gibt es aber stets mindestens eine Stelle xi 6= 9. Angenommen, es gäbe eine
Bijektion f : N0 → (0, 1). Dann kann man alle Dezimalbrüche aus (0, 1) auflisten
durch
f (0) = x0 = 0.x00 x01 x02 . . . ,
f (1) = x1 = 0.x10 x11 x12 . . . ,
f (2) = x2 = 0.x20 x21 x22 . . . ,
..
.
Definiere nun die Zahl y = 0.y0 y1 y2 . . . durch folgende Vorschrift. Es sei yi = 1,
falls xii ∈ {0, 2, . . . , 9}, und yi = 2, falls xii = 1 gilt. Dann ist y ∈ (0, 1) und
y 6= xi für jedes i ∈ N0 , also f nicht surjektiv. Es kann daher keine derartige
Bijektion geben. Dies zeigt (0, 1) 6∼ N0 und daher wegen der Transitivität von ∼
und dem vorhergehenden Lemma R 6∼ N0 .
Bemerkung 1.111 Man definiert nun eine neue Kardinalzahl c := |R| und nennt
diese die Mächtigkeit des Kontinuums.
Es gilt dann ℵ0 < c und die sogenannte Kontinuumshypothese (CH) lautet:
Es gibt keine Kardinalzahl zwischen ℵ0 und c.
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1.4 Relationen und Abbildungen
52
Es ist eines der fundamentalsten Ergebnisse der neueren Mathematik, daß die
Kontinuumshypothese aus der axiomatischen Mengenlehre heraus weder widerlegbar ist (von Kurt Gödel (1906 - 1978) 1938 gezeigt) noch beweisbar (von Paul
Cohen (1934 - 2007) 1963 gezeigt). Man kann also die bisher vorgestellte axiomatische Mengenlehre auf zwei völlig verschiedene Arten erweitern, einmal indem
man die Kontinuumshypothese als neues Axiom hinzunimmt, einmal indem man
ihre Negation hinzunimmt. Je nachdem existieren dann ganz unterschiedliche
unendliche Mengen.
Mit Hilfe der Gleichmächtigkeit ∼ von Mengen definierte Richard Dedekind (1831
- 1916) die Endlichkeit einer Menge, ohne auf die natürlichen Zahlen zurückzugreifen, wie folgt: Eine Menge M ist (Dedekind-)endlich, wenn ¬∃X : X ⊂ M ∧ X ∼
M ), wenn sie also keine zu ihr gleichmächtige echte Teilmenge besitzt.
Alfred Tarski (1902 - 1983) schlug dagegen die folgende Definition vor, die ebenfalls keine natürlichen Zahlen benötigt: M ist (Tarski-)endlich, wenn (P(M ), ⊆)
die Minimalbedingung erfüllt.
Bertrand Russell wiederum orientierte sich mehr an der Definition der natürlichen
Zahlen als Nachfolgermenge, indem er definierte: M ist (Russell-)endlich, wenn M
in jedem Mengensystem enthalten ist, das die leere Menge und mit jeder Menge
auch deren Vereinigung mit einer beliebigen Einermenge enthält.
Ohne Beweis sei hier nur angegeben:
Satz 1.112 Für jede Menge M sind gleichwertig:
(1) M ist endlich.
(2) M ist Dedekind-endlich.
(3) M ist Tarski-endlich.
(4) M ist Russell-endlich.
Damit hat man dann auch alternative Charakterisierungen unendlicher Mengen,
etwa mit Dedekind: Jede unendliche Menge besitzt eine echte Teilmenge, die zu
ihr gleichmächtig ist.
Aufgabe 1.113 Man beweise: Jede unendliche Menge enthält eine abzählbar
unendliche echte Teilmenge.
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1.4 Relationen und Abbildungen
1.4.6
53
Verknüpfungen
Eine ausführlichere Behandlung der hier nur kurz eingeführten algebraischen
Strukturen erfolgt in der Algebra-Vorlesung:
www.mathe.tu-freiberg.de/∼hebisch/skripte/algebra/gruppen.pdf
Definition 1.114 Es sei n ∈ N0 und A eine Menge. Eine n-stellige Verknüpfung
oder (algebraische) Operation (lat. operare = verrichten, arbeiten) in A ist dann
eine Abbildung f : An → A.
Bemerkung 1.115 a) Eine nullstellige Operation in A 6= ∅ ist ein Element aus
A, denn ist f : {∅} → A eine Abbildung, so ist diese eindeutig bestimmt als
f = {(∅, a)} für ein a ∈ A. Konkrete Beispiele sind ∅ und M in jeder Potenzmenge
A = P(M ) oder 0 und 1 in den Zahlbereichen N0 , Z und Q oder 0 und 1 in der
Menge der Wahrheitswerte.
b) Einstellige Operationen sind also nichts weiter als beliebige Abbildungen
f : A → A. Man nennt solche Abbildungen auch Transformationen der Menge
A, beispielsweise bei den Transformationen der Zustandsmenge eines Automaten
oder bei geometrischen Transformationen. Konkrete Beispiele sind die Komplementbildung f (B) = B für B ⊆ M in jeder Potenzmenge A = P(M ), die Negation f (p) = ¬p in der Menge der aussagenlogischen Formeln, das Entgegengesetzte
f (a) = −a in den Zahlbereichen N0 , Z und Q oder das Inverse f (a) = a−1 in der
Menge Q \ {0}.
c) Binäre Operationen f : A2 → A treten (ähnlich wie binäre Relationen) in
der Mathematik am häufigsten auf. Sie werden ebenfalls meistens in der Infixnotation geschrieben, also z. B. a ∗ b anstelle von f (a, b). Konkrete Beispiele sind
Durchschnitt ∩, Vereinigung ∪, Differenz \ und symmetrische Differenz ∆ in
jeder Potenzmenge, die Junktoren ∧, ∨, → und ↔ in der Menge der aussagenlogischen Formeln und die arithmetischen Operationen Summe + (lat. summus
= das Oberste, Höchste) und Produkt · (lat. producere = hervorbringen) in den
Zahlbereichen.
Definition 1.116 Eine binäre Operation ∗ in einer Menge A 6= ∅ heißt
assoziativ (lat. associare = verbinden), wenn (a ∗ b) ∗ c = a ∗ (b ∗ c),
kommutativ (lat. commutare = vertauschen), wenn a ∗ b = b ∗ a,
idempotent, (lat. idem = selbst, potens = mächtig), wenn a ∗ a = a
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1.4 Relationen und Abbildungen
54
jeweils für alle a, b, c ∈ A gilt. Die Menge A wird Trägermenge der Operation ∗ genannt und das Paar (A, ∗) ein Gruppoid. Unter der Ordnung von (A, ∗)
versteht man dann die Kardinalzahl |A|. Ist die Operation ∗ assoziativ, so nennt
man (A, ∗) eine Halbgruppe. Eine kommutative und idempotente Halbgruppe wird
Halbverband genannt.
Aufgabe 1.117 Welche Tasten Ihres Taschenrechners realisieren nullstellige,
einstellige oder zweistellige Operationen? Welche zweistelligen Operationen davon sind assoziativ, kommutativ, idempotent, welche nicht?
Beispiel 1.118 Für jeden Verband (A, ≤) bildet sowohl die Supremumsbildung
a ∨ b = sup{a, b} als auch die Infimumsbildung a ∧ b = inf{a, b} eine binäre Operation, die assoziativ, kommutativ und idempotent ist. Daher sind dann (A, ∨)
und (A, ∧) Halbverbände. Dies begründet auch die Bezeichnung.
Beispiel 1.119 Für (kleine) endliche Mengen A kann man binäre Operationen
auf A auch durch Cayley-Tafeln (Arthur Cayley, 1821 - 1895) definieren. Man
notiert in einer Tabelle, deren Kopfzeile und erste Spalte jeweils die Elemente von
A in einer festen linearen Ordnung enthält, in der Zeile mit dem ersten Element
ai ∈ A und in der Spalte zu dem Element aj ∈ A das Verknüpfungsergebnis
ai ∗ aj ∈ A. Dann kan man beispielsweise die Kommutativität der durch diese
Tafel definierten Operation ∗ an der Symmetrie zur Hauptdiagonalen erkennen.
Solche Tafeln eignen sich auch dazu, binäre Operationen auf einem Rechner zu
speichern, ihre Gesetzmäßigkeiten zu überprüfen und mit ihnen zu rechnen.
Die Menge B = {0, 1} kann durch 0 < 1 linear geordnet werden. Auf dieser Menge
existieren dann stets das Supremum a ∨ b und das Infimum a ∧ b für alle a, b ∈ B.
Es handelt sich also um einen Verband. Die entsprechenden Cayley-Tafeln sind
dann
∨ 0
0 0
1 1
1
1
1
und
∧ 0
0 0
1 0
1
0
1
und dies sind genau die Ergebnisse der logischen Junktoren ∨ und ∧, wenn man
sie auf die wahre Aussage 1 und die falsche Aussage 0 gemäß (7) - (10) anwendet.
Man kann übrigens 0 und 1 auch mit den natürlichen Zahlen 0 und 1 identifizieren. Dann wird die oben angegebene Ordnung gerade die gewöhnliche Ordnung
für diese Zahlen und ∧ und ∨ werden Minimum min und Maximum max für
natürliche Zahlen.
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1.4 Relationen und Abbildungen
55
Beispiel 1.120 Für jede Menge A ist die Menge TA := AA aller Abbildungen
von A in sich mit der Verkettung ◦ wegen (124) eine Halbgruppe (TA , ◦), die
Transformationshalbgruppe auf A. Insbesondere ist jede bijektive Abbildung f :
A → A in TA enthalten. Diese Abbildungen werden auch Permutationen von A
genannt.
Aufgabe 1.121 Man beweise: Für jede n-elementige Menge A gibt es genau
n! := 1 · 2 · · · n, gelesen: “n Fakultät”, Permutationen auf A.
Beispiel 1.122 Für eine beliebige Menge A sei A+ :=
N}. Durch
S∞
n=1
An :=
S
{An | n ∈
(133) (x1 , . . . , xn ) · (y1 , . . . , ym ) := (x1 , . . . , xn , y1 , . . . , ym ) ∈ An+m ⊆ A+
für alle (x1 , . . . , xn ), (y1 , . . . , ym ) ∈ A+ wird dann eine assoziative binäre Operation auf A+ definiert, die Konkatenation genannt wird. Die Halbgruppe (A+ , ·)
heißt dann die freie Halbgruppe über A. Man schreibt kurz x1 . . . xn anstelle von
(x1 , . . . , xn ) und nennt dieses Element von An ⊆ A+ ein Wort der Länge n über
A. Speziell in der Informatik spricht man in diesem Zusammenhang auch von
dem Alphabet A 6= ∅, nennt die Worte x1 . . . xn auch Strings über A und die
Elemente von A, also die Worte der Länge 1, Buchstaben, Zeichen oder Symbole.
Unter einer formalen Sprache versteht man eine beliebige Teilmenge von A+ .
Bemerkung 1.123 Es ist ∅+ = ∅ und A+ unendlich für A 6= ∅. Für einelementige Mengen A = {a} gilt A+ = {an | n ∈ N}, also ist A+ abzählbar unendlich
und die freie Halbgruppe (A+ , ·) ist kommutativ. Enthält dagegen A mindestens
zwei verschiedene Elemente a 6= b, so ist wegen ab 6= ba die freie Halbgruppe
(A+ , ·) niemals kommutativ. Bei abzählbarem Alphabet A bleibt A+ aber immer
abzählbar, da An für jedes n ∈ N abzählbar ist und die abzählbare Vereinigung
abzählbarer Mengen ebenfalls.
Für jedes Alphabet A 6= ∅ gibt es also überabzählbar viele formale Sprachen, von
denen man mit endlichen Texten aber nur abzählbar viele beschreiben kann.
Konkrete Beispiele sind sämtliche Programmiersprachen, aber auch die Menge
aller aussagenlogischen Formeln über dem Alphabet A = V ∪ B ∪ {¬, ∧, ∨, →, ↔}
oder aller prädikatenlogischen Formeln über dem Alphabet A = VE ∪ P ∪ B ∪
{¬, ∧, ∨, →, ↔, ∀, ∃}. Dasselbe gilt für die Menge der in Aufgabe 1.3 betrachteten
arithmetischen Terme.
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1.5 Verallgemeinerte mengentheoretische Operationen
56
Aufgabe 1.124 Man versuche für ein endliches Alphabet, etwa A = {a, b}, auf
A+ eine lexikographische Ordnung zu definieren und damit A+ wohlzuordnen.
Eine ausführliche Darstellung von Beschreibungsmechanismen für formale Sprachen findet man in dem Skript zur Automatentheorie
www.mathe.tu-freiberg.de/∼hebisch/skripte/formsprach/formsprach.pdf
1.5
Verallgemeinerte mengentheoretische Operationen
Definition 1.125 Ist (Ai )i∈I eine indizierte Mengenfamilie über einer Menge M ,
so definiert man
S
i∈I
Ai := {Ai | i ∈ I} und
S
T
i∈I
Ai := {Ai | i ∈ I}.
T
Bemerkung 1.126 Durchschnitt und Vereinigung über Mengenfamilien werden
also über Durchschnitt und Vereinigung von Mengensystemen definiert. Daher
kommt es auf die Reihenfolge der Elemente dieser Mengenfamilie ebensowenig
an, wie darauf, ob einzelne Mengen Ai mehrfach in der Familie auftreten. InsbeS
S
sondere sind diese Operationen kommutativ, genauer: Es gilt i∈I Ai = i∈I Aπ(i)
T
T
und i∈I Ai = i∈I Aπ(i) für jede Permutation π : I → I.
Außerdem ist i∈I Ai das Supremum von {Ai | i ∈ I} in (P(M ), ⊆), also die
T
kleinste Menge, die alle Ai als Teilmengen umfaßt, und entsprechend i∈I Ai das
Infimum, also die größte Menge, die in allen Ai als Teilmenge enthalten ist.
S
Diese Definition verallgemeinert die schon weiter oben eingeführten BezeichnunS
S
gen ni=1 Ai bzw. ∞
i=1 Ai für die Vereinigung und analog für den Durchschnitt.
Satz 1.127 Es seien (Ai )i∈I und (Bi )i∈I Mengenfamilien über derselben Menge
M und C ⊆ M . Dann gelten
(1) ∀j ∈ I :
T
i∈I
i∈I
Ai =
S
i∈I
Ai =
T
Ai ⊆ A j ⊆
(2)
T
(3)
S
(4)
S
i∈I (Ai
∪ Bi ) =
S
(5)
T
i∈I (Ai
∩ Bi ) =
T
i∈I
Ai .
i∈I
Ai .
S
i∈I
i∈I
Ai ∪
S
i∈I
Ai ∩
T
Ai .
i∈I
Bi .
i∈I
Bi .
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1.5 Verallgemeinerte mengentheoretische Operationen
(6)
T
(7)
S
i∈I
Ai ∪
i∈I (Ai
(8) C ∩
S
(9) C ∪
T
T
i∈I
Bi ⊆
∩ Bi ) ⊆
S
i∈I (Ai
∪ Bi ).
Ai ∩
i∈I
T
i∈I
S
i∈I
Ai =
S
i∈I (C
∩ Ai ).
i∈I
Ai =
T
i∈I (C
∪ Ai ).
57
Bi .
S
Ist I = k∈K Ik eine Partition von I, dann gelten die verallgemeinerten Assoziativgesetze
(10)
T
(11)
S
i∈I
Ai =
T
i∈I
Ai =
S
k∈K
k∈K
T
S
i∈Ik
Ai .
i∈Ik
Ai .
Beweis: Natürlich kann man jede Gleichung bzw. Inklusion elementweise überprüfen. Oft ist es allerdings einfacher, weniger formal sondern mehr inhaltlich zu
S
S
argumentieren. Dazu bezeichne VA := i∈I Ai = {Ai | i ∈ I} die Vereinigung
T
T
dieser Mengenfamilie und DA := i∈I Ai = {Ai | i ∈ I} ihren Durchschnitt.
Nach Folgerung 1.87 sind dies gerade sup und inf dieser Mengenfamilie in der
partiell geordneten Menge (P(M ), ⊆). Analog seien VB , DB , VA∩B , DA∩B usw.
für die anderen beteiligten Mengenfamilien definiert.
(1) Dies folgt nun unmittelbar aus der Definition von Infimum und Supremum
gemäß Definition 1.84.
Die restlichen Aussagen (2) - (11) sind jeweils paarweise dual zueinander. Daher
reicht es, immer nur eine pro Paar zu beweisen, also etwa (2), (4), (6), (8) und
(10).
(2) Es ist x ∈ i∈I Ai gleichwertig zu ¬∀i ∈ I : x ∈ Ai . Nach (57) ist dies
S
gleichwertig zu ∃i ∈ I : ¬(x ∈ Ai ), also zu x ∈ i∈I Ai .
T
(4) Aus Ai ⊆ VA ⊆ VA ∪ VB und Bi ⊆ VB ⊆ VA ∪ VB folgt nach Definition der
Vereinigung Ai ∪ Bi ⊆ VA ∪ VB für alle i ∈ I und daher nach Definition des
Supremums auch VA∪B ⊆ VA ∪ VB . Umgekehrt folgt Ai ⊆ Ai ∪ Bi ⊆ VA∪B und
daher nach der Definition des Supremums VA ⊆ VA∪B . Analog folgt VB ⊆ VA∪B .
Nach der Definition der Vereinigung ergibt sich daher auch die andere Inklusion
VA ∪ VB ⊆ VA∪B .
(6) Wegen DA ⊆ Ai ⊆ Ai ∪ Bi für alle i ∈ I folgt DA ⊆ DA∪B nach Definition
des Infimums. Analog erhält man DB ⊆ DA∪B . Nach Definition der Vereinigung
zeigt dies bereits DA ∪ DB ⊆ DA∪B . Daß die umgekehrte Inklusion nicht immer
gilt, kann man noch durch ein geeignetes Gegenbeispiel zeigen.
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1.5 Verallgemeinerte mengentheoretische Operationen
58
(8) Aus (7) folgt mit C = Bi für alle i ∈ I und der Kommutativität des Durchschnitts (64) bereits VC∩A ⊆ C ∩ VA . Umgekehrt folgt für jedes x ∈ C ∩ VA auch
x ∈ C ∧ x ∈ Ai für ein i ∈ I und damit x ∈ C ∩ Ai . Dies impliziert aber x ∈ VC∩A ,
also auch die umgekehrte Inklusion.
(10) Es sind jeweils gleichwertig
x∈
T
i∈I
Ai ,
∀i ∈ I : x ∈ Ai ,
∀k ∈ K∀i ∈ Ik : x ∈ Ai ,
x∈
S
S
k∈K (
i∈Ik
Ai ).
Satz 1.128 Es sei (Ai,j | (i, j) ∈ I × J) eine durch die Indexmenge I × J doppelt
indizierte Mengenfamilie. Dann gilt
S
i∈I
T
j∈J
Ai,j ⊆
T
j∈J
Beweis: Es ist x ∈
S
S
i∈I
i∈I
Ai,j .
T
j∈J
Ai,j gleichwertig zu
∃i ∈ I∀j ∈ J : x ∈ Ai,j .
Nach der Vertauschungsregel für Quantoren (58) folgt hieraus
∀j ∈ J∃i ∈ I : x ∈ Ai,j
und dies ist gleichwertig zu x ∈
T
j∈J
S
i∈I
Ai,j .
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2 Gruppen, Ringe, Körper
2
59
Gruppen, Ringe, Körper
Weiterführende Informationen zu den Inhalten dieses Kapitels findet man unter
www.mathecafe.de/algebra/
2.1
2.1.1
Gruppen
Elementare Eigenschaften
Definition 2.1 Es sei (G, ·) ein Gruppoid. Ein Element e ∈ G heißt linksneutral
oder ein Linkseinselement, wenn e · a = a für alle a ∈ G gilt. Dual spricht man
von einem rechtsneutralen oder Rechtseinselement, wenn a · e = a für alle a ∈ G
erfüllt ist, und e heißt ein neutrales Element oder Einselement, wenn beides gilt.
Dagegen heißt ein Element a ∈ G linksabsorbierend (rechtsabsorbierend, absorbierend), wenn a · b = a (b · a = a, beides) für alle b ∈ G gilt.
Eine Halbgruppe (G, ·) mit einem Einselement e wird auch Monoid genannt. Man
notiert dies oft als (G, ·, e).
Beispiel 2.2 Auf jeder nichtleeren Menge G kann man durch a · b := a für alle
a, b ∈ G eine Multiplikation definieren, die wegen a · (b · c) = a = a · b = (a · b) · c
ersichtlich assoziativ ist. Daher ist (G, ·) eine Halbgruppe, die sogenannte Linkszerohalbgruppe auf G. Hierin ist jedes a ∈ G linksabsorbierend und rechtsneutral.
Dual dazu wird die Rechtszerohalbgruppe auf G durch a · b := b für alle a, b ∈ G
definiert.
Für |G| = 1 erhält man dasselbe (kommutative) Monoid. Es wird auch das triviale
Monoid genannt. Für |G| > 1 sind diese Halbgruppen natürlich nicht kommutativ
und wegen der nächsten Folgerung keine Monoide.
Folgerung 2.3 Ein Einselement e ∈ G (absorbierendes Element a ∈ G) ist,
wenn es existiert, eindeutig bestimmt.
Beweis: Man kann sogar etwas mehr zeigen: Ist e ∈ G Linkseinselement und e0 ∈
G Rechtseinselement, so folgt bereits e0 = e · e0 = e. Ist a ∈ G linksabsorbierend
und a0 ∈ G rechtsabsorbierend, so folgt bereits a = a · a0 = a0 .
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2.1 Gruppen
60
Beispiel 2.4 a) (N0 , ·, 1), (Z, ·, 1) und (Q, ·, 1) sind kommutative Monoide.
b) (N , +, 0), (Z, +, 0) und (Q, +, 0) sind additiv geschriebene kommutative Monoide. Wie in diesen Fällen wird ein Einselement in einem additiv geschriebenen
Gruppoid oft Nullelement genannt.
c) Jede Potenzmenge (P(M ), ∩, M ) ist ein kommutatives und idempotentes Monoid. Ebenso ist (P(M ), ∪, ∅) ein derartiges Monoid.
d) In jeder Transformationshalbgruppe (TA , ◦) ist die identische Abbildung ιA ein
Einselement, also (TA , ◦, ιA ) ein Monoid, das (volle) Transformationsmonoid auf
A. Die für jedes a ∈ A definierte konstante Abbildung ca : A → A mit ca (x) = a
für alle x ∈ A ist stets rechtsabsorbierend wegen (f ◦ ca )(x) = ca (f (x)) = a =
ca (x) für jedes f ∈ TA und Folgerung 1.96 f). Existieren also mindestens zwei
verschiedene Elemente a 6= b in A, so ist wegen ca ◦ cb = cb 6= ca = cb ◦ ca dieses
Monoid nicht kommutativ.
e) Ist (G, ·) ein beliebiges Gruppoid, so kann man ein Element e 6∈ G als Einselement zu (G, ·) adjungieren, indem man die Multiplikation von G auf G ∪ {e}
fortsetzt durch e · x = x · e = x für alle x ∈ G ∪ {e}, also insbesondere e · e = e.
Dann ist (G ∪ {e}, ·, e) ein Gruppoid mit dem Einselement e. Dieses ist genau
dann idempotent, kommutativ bzw. assoziativ, wenn (G, ·) die jeweilige Eigenschaft hat.
Führt man diese Adjunktion eines Einselementes speziell für eine freie Halbgruppe
(A+ , ·) durch, so schreibt man für das Einselement meistens ε oder λ und nennt
es das leere Wort oder den leeren String mit der Länge 0. (Natürlich darf ε bzw.
λ noch nicht in A vorkommen!) Man identifiziert dann A0 mit {ε} und schreibt
S
n
∗
mit A∗ := ∞
n=0 A kurz (A , ·, ε) für dieses freie Monoid über dem Alphabet A.
Definition 2.5 Ein Element a ∈ G eines Gruppoids (G, ·) heißt linkskürzbar
(rechtskürzbar) in (G, ·), wenn a · x = a · y → x = y (x · a = y · a → x = y)
für alle x, y ∈ G gilt. Sind beide Implikationen erfüllt, so nennt man a kürzbar.
Das Gruppoid (G, ·) heißt kürzbar, linkskürzbar, rechtskürzbar, wenn jedes a ∈ G
diese Eigenschaft hat.
Beispiel 2.6 a) Jedes Linkseinselement ist linkskürzbar, jedes Rechtseinselement rechtskürzbar. Daher ist jede Linkszerohalbgruppe rechtskürzbar und jede
Rechtszerohalbgruppe linkskürzbar.
b) (N0 , +, 0) ist ein kürzbares Monoid und dasselbe gilt für (N, ·, 1). Dagegen ist
0 nicht kürzbar in (N0 , ·).
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2.1 Gruppen
61
c) Jedes freie Monoid ist kürzbar.
d) Definiert man in einem Gruppoid (G, ·) für jedes a ∈ G die Linkstranslation
λa : G → G durch λa (x) := a · x und dual die Rechtstranslation %a : G → G
durch %a (x) := x · a jeweils für alle x ∈ G, so sind dies Transformationen von G.
Offensichtlich ist λa genau dann injektiv, wenn a linkskürzbar ist, und dual %a
genau dann injektiv, wenn a rechtskürzbar ist. Weiterhin ist (G, ·) genau dann
kommutativ, wenn λa = %a für alle a ∈ G gilt. In diesem Fall nennt man diese
Abbildungen einfach Translationen. Bei Cayley-Tafeln von endlichen Gruppoiden
stehen in der Zeile mit dem Index a gerade die Werte von λa und in der Spalte
mit dem Index a die Werte von %a .
Definition 2.7 Es sei (G, ·, e) ein Monoid und a ∈ G. Ein Element a0 ∈ G mit
a0 · a = e heißt Linksinverses zu a (mit a · a0 = e heißt Rechtsinverses zu a), und es
heißt ein Inverses zu a, wenn es beide Bedingungen erfüllt. In diesem Fall nennt
man a invertierbar. Die Menge aller invertierbaren Elemente von (G, ·, e) werde
mit G∗ bezeichnet.
Folgerung 2.8 Es sei (G, ·, e) ein Monoid.
a) Ein linksinvertierbares (rechtsinvertierbares, invertierbares) Element a ∈ G ist
linskürzbar (rechtskürzbar, kürzbar).
b) Ein Inverses zu einem Element a ∈ G∗ ist stets eindeutig bestimmt und wird
im folgenden mit a−1 bezeichnet.
c) Es ist e ∈ G∗ 6= ∅ und e−1 = e.
d) Für a ∈ G∗ gilt a−1 ∈ G∗ und (a−1 )−1 = a.
e) Für a, b ∈ G∗ gilt a · b ∈ G∗ und (a · b)−1 = b−1 · a−1 .
Beweis: a) Aus a · x = a · y folgt a0 · (a · x) = a0 · (a · y) und daraus mit der
Assoziativität dann x = e · x = (a0 · a) · x = (a0 · a) · y = e · y = y. Dual folgt die
Behauptung bezüglich der Rechtskürzbarkeit und damit dann die bezüglich der
Kürzbarkeit.
b) Ist a0 ∈ G Linksinverses zu a ∈ G und a00 ∈ G Rechtsinverses, so gilt aufgrund
der Assoziativität a0 = a0 · e = a0 · (a · a00 ) = (a0 · a) · a00 = e · a00 = a00 .
c) folgt aus e · e = e, d) folgt aus a−1 · a = e = a · a−1 .
e) Wiederum mit der Assoziativität folgt (a · b) · (b−1 · a−1 ) = a · e · a−1 = e und
(b−1 · a−1 ) · (a · b) = b−1 · e · b = e.
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2.1 Gruppen
62
Beispiel 2.9 In dem vollen Transformationsmonoid (TA , ◦, ιA ) besteht TA∗ genau
aus den Permutationen, also den bijektiven Abbildungen f : A → A. (Man
vergleiche noch einmal Folgerung 2.8 d) und e) mit den Aussagen von Satz 1.62.)
Satz 2.10 Für jede Halbgruppe (G, ·) sind gleichwertig:
a) Für alle a, b ∈ G existieren (eindeutig bestimmte) x, y ∈ G mit a · x = b und
y · a = b.
b) Es gibt ein Linkseinselement e` ∈ G und zu jedem a ∈ G existiert ein a0 ∈ G
mit a0 · a = e` .
c) Es gibt ein Einselement e ∈ G und zu jedem a ∈ G existiert ein Inverses
a0 ∈ G, d. h. (G, ·, e) ist Monoid mit G∗ = G.
Beweis: Vorlesung!
Definition 2.11 Eine Gruppe ist eine Halbgruppe (G, ·), welche die Bedingungen aus Satz 2.10 erfüllt. Eine kommutative Gruppe wird auch abelsche Gruppe
genannt (Niels Henrik Abel, 1802 - 1829).
In einer additiv geschriebenen Gruppe (G, +) notiert man das neutrale Element
auch als 0 und das Inverse zu a ∈ G als −a.
Eine additiv geschriebene abelsche Gruppe (G, +) nennt man auch einen Modul
(lat. modus = Maß, Maßstab) und darin a − b := a + (−b) die Differenz (lat.
differre = sich unterscheiden) von a und b aus G.
Bemerkung 2.12 Die Bedingung a) aus Satz 2.10 besagt (für ein beliebiges
Gruppoid) gerade, daß sämtliche Links- und Rechtstranslationen surjektiv sind.
Für invertierbare Elemente sind diese Abbildungen wegen der Kürzbarkeit nach
Folgerung 2.8 a) daher bereits Permutationen, woraus sich dann schon die Eindeutigkeit in a) ergibt.
Für beliebige Gruppoide sind die drei Bedingungen aus Satz 2.10 nicht mehr
gleichwertig. Man nennt Gruppoide, die a) einschließlich der Eindeutigkeit
erfüllen, Quasigruppen. Solche Quasigruppen werden in der Codierungstheorie
zur Konstruktion von fehlererkennenden Codes benutzt.
Wegen Satz 2.10 a) beschreibt die Cayley-Tafel einer endlichen Halbgruppe genau dann eine Gruppe, wenn jedes Element in jeder Zeile und in jeder Spalte
(genau einmal) auftritt. Tafeln mit dieser Eigenschaft (auch ohne daß die Assoziativität erfüllt ist), werden auch Lateinische Quadrate genannt. Sie werden in
der Kombinatorik untersucht.
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2.1 Gruppen
63
Beispiel 2.13 Ist (G, ·, e) ein Monoid, so ist (G∗ , ·, e) wegen Folgerung 2.8 eine Gruppe, die Einheitengruppe von (G, ·, e). Insbesondere bilden in dem vollen
Transformationsmonoid (TA , ◦, ιA ) die Permutationen diese Einheitengruppe. Sie
wird auch die volle Permutationsgruppe oder Symmetrische Gruppe auf A genannt
und mit S(A) oder Sym(A) oder SA bezeichnet.
Beispiel 2.14 a) (Z, +, 0), (Q, +, 0), (R, +, 0) sind Moduln.
b) (Q \ {0}, ·, 1) und (R \ {0}, ·, 1) sind abelsche Gruppen.
c) Wegen Folgerung 1.37 ist (P(M ), ∆, ∅) für jede Menge M eine abelsche Gruppe. Für eine Zweiermenge M := {a, b} seien die Elemente von P(M ) wie folgt
bezeichnet: 0 := ∅, 1 := {a}, 2 := {b} und 3 := M . Dann erhält man für diese
Gruppe die folgende Cayley-Tafel.
∆
0
1
2
3
0
0
1
2
3
1
1
0
3
2
2
2
3
0
1
3
3
2
1
0
Diese Gruppe der Ordnung 4 wird Kleinsche Vierergruppe (Felix Klein, 1849 1925) genannt und üblicherweise mit V4 bezeichnet.
Für eine Einermenge M := {a} erhält man mit den Abkürzungen 0 := ∅ und
1 := M entsprechend die Cayley-Tafel
∆ 0
0 0
1 1
1
1
0
Diese beschreibt die Addition modulo 2 (ohne Übertrag), also die Addition von
Bits, welche eine grundlegende arithmetische Operation in allen Rechnern darstellt.
Offensichtlich ist sie als “Teil” in der Kleinschen Vierergruppe enthalten, ähnlich
wie die Gruppe der ganzen Zahlen (Z, +) in der Gruppe der rationalen Zahlen
(Q, +) enthalten ist.
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2.1 Gruppen
64
Beispiel 2.15 Für n ∈ N seien P1 , . . . , Pn gleichmäßig auf dem Einheitskreis
angeordnete Punkte, also für n ≥ 3 die Eckpunkte eines regelmäßigen n-Ecks.
Zur Vereinfachung der Schreibweise bezeichnen wir die Punkte nur noch durch
ihre Indizes, wie im Bild für n = 4, und schreiben M := {1, . . . , n} für die Menge
dieser Punkte.
P2
P1 P2
P1
P1
P3
2
3
1
4
Mit r sei die Drehung um den Mittelpunkt des Einheitskreises um den Drehwinkel
ϕ = 2π/n in positiver Richtung bezeichnet. Dann permutiert r die Menge M in
der folgenden Weise: r(1) = 2, r(2) = 3, . . . , r(n − 1) = n, r(n) = 1.
Weiterhin sei rk für k ∈ N0 die k-fache Verkettung dieser Drehung mit sich selbst,
also r0 := ιM , r1 := r, r2 := r ◦ r, rk+1 := rk ◦ r. Wegen rn = ιM (Drehung um 2π) gilt rk = rk+n und daher rk ◦ rn−k = ιM = rn−k ◦ rk . Also hat
man (rk )−1 = rn−k . Daher ist die Verkettung eine assoziative Verknüpfung auf
der Menge Cn = {r0 , r1 , . . . , rn−1 }, r0 ist Einselement und jedes Element aus
Cn besitzt in Cn ein Inverses. Es ist also (Cn , ◦, r0 , −1 ) eine Gruppe, die Drehgruppe des regelmäßigen n-Ecks. Sie wird auch zyklische Gruppe der Ordnung n
genannt und ist stets kommutativ. Derartige Gruppen werden u. a. in der Kristallographie und Chemie benutzt, um Symmetrieeigenschaften von Kristallen
und Molekülen zu beschreiben. (Schreibt man die Komponenten xi eines beliebigen n-Tupels (x1 , x2 , . . . , xn ) ∈ An für einen Datentyp A an die Eckpunkte des
n-Ecks, dann bewirkt diese Drehung eine Abbildung shif t : An → An gemäß
shif t(x1 , x2 , . . . , xn ) := (xr(1) , . . . , xr(n) ) = (x2 , . . . , xn , x1 ), also gerade einen zyklischen Linksshift der n-Tupel.)
In der folgenden Cayley-Tafel dieser Gruppe für n = 4 werden die Elemente rk
einfach durch ihre Exponenten k dargestellt.
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2.1 Gruppen
65
◦
0
1
2
3
0
0
1
2
3
1
1
2
3
0
2
2
3
0
1
3
3
0
1
2
Man erhält dieselbe Cayley-Tafel, wenn man die Verknüpfung ⊕ auf Zn =
{0, 1, . . . , n − 1} ⊆ Z als Addition modulo n definiert: Für x, y ∈ Zn ist
x ⊕ y := x + y ∈ Z, wenn bereits x + y < n gilt, sonst ist x ⊕ y := x + y − n.
Dagegen ist die Cayley-Tafel der Kleinschen Vierergruppe hiervon “wesentlich
verschieden”, denn dort ist jedes Element sein eigenes Inverses, was in den zyklischen Gruppen Cn für n ≥ 3 nicht der Fall ist. Wir werden die “wesentliche
Gleichheit” (nicht nur) von Gruppen später im Begriff der “Isomorphie” präzisieren.
2.1.2
Untergruppen und Homomorphie
Lemma 2.16 Es sei f : Gn → G eine n-stellige Operation auf einer nichtleeren
Trägermenge G, ∅ 6= U ⊆ G und f |U := f ∩ U n × U die Einschränkung von f
auf U n+1 . Genau dann ist f |U : U n → U eine n-stellige Operation auf U , wenn
f (U n ) ⊆ U gilt.
Beweis: Ist f |U eine n-stellige Operation auf U , so gilt f |U (u1 , . . . , un ) ∈ U für
alle (u1 , . . . , un ) ∈ U n , also f (u1 , . . . , un ) ∈ U , d. h. f (U n ) ⊆ U . Umgekehrt ist
f | U als Einschränkung einer Abbildung selbst eine partielle Abbildung auf U n .
Es bleibt zu zeigen, daß f |U linkstotal ist. Zu beliebigem (u1 , . . . , un ) ∈ U n ist
aber (u1 , . . . , un , f (u1 , . . . , un )) ∈ U n+1 und damit (u1 , . . . , un , f (u1 , . . . , un )) ∈
f |U . Also ist f |U linkstotal.
Definition 2.17 Es sei (G, ·) ein Gruppoid. Unter einem Untergruppoid (einer
Unterhalbgruppe, einer Untergruppe) (U, ·) von (G, ·) versteht man eine nichtleere
Teilmenge U von G, die zusammen mit der Einschränkung · |U selbst ein Gruppoid (eine Halbgruppe, eine Gruppe) (U, · |U ) ist.
Mit Sub(G) ⊆ P(G) werde die Menge aller Untergruppoide eines Gruppoids (Unterhalbgruppen einer Halbgruppe, Untergruppen einer Gruppe) (G, ·) bezeichnet.
Satz 2.18 Genau dann ist (U, ·) für ∅ =
6 U ⊆ G Untergruppoid des Gruppoids
(G, ·), wenn
(134)
U · U := {u · v | u, v ∈ U } ⊆ U
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2.1 Gruppen
66
gilt. Ist hierbei (G, ·) eine Halbgruppe, so auch (U, ·).
Genau dann ist (U, ·,−1 ) für ∅ 6= U ⊆ G Untergruppe einer Gruppe (G, ·,−1 ),
wenn neben (134) noch
(135)
U −1 := {u−1 ∈ G | u ∈ U } ⊆ U
gilt. Gemeinsam sind (134) und (135) gleichwertig zu
(136)
U · U −1 := {u · v −1 | u, v ∈ U } ⊆ U.
Das Einselement von G ist dann auch das Einselement von U .
Beweis: Der erste Teil folgt unmittelbar aus Lemma 2.16. Ersichtlich gilt die
Assoziativität für alle a, b, c ∈ U ⊆ G. Bis auf die Behauptung über die Einselemente folgt auch der Rest aus Lemma 2.16. Zu u ∈ U 6= ∅ liegt u−1 ∈ G nach
(135) bereits in U . Dann folgt aber mit (134) auch e = uu−1 ∈ U .
Beispiel 2.19 a) In jeder Gruppe (G, ·,−1 , e) sind {e} und G Untergruppen, die
trivialen Untergruppen.
b) (N0 , +) ist Unterhalbgruppe von (Z, +), (Z, +) ist Untergruppe von (Q, +),
(Q+ := {q ∈ Q | q > 0}, +) ist Unterhalbgruppe von (Q, +)
c) ({−1, 1}, ·) ist Untergruppe von (Q \ {0}, ·), (Q+ , ·) ist Untergruppe von (Q \
{0}, ·).
Aufgabe 2.20 Bestimmen Sie alle Untergruppen von (Z, +). Hinweis: Die Division mit Rest ist hilfreich.
Lemma 2.21 Ist (Ui )i∈I eine Familie von Untergruppoiden eines Gruppoids
T
(Unterhalbgruppen einer Halbgruppe) (G, ·), so ist D = Ui entweder leer oder
ein Untergruppoid (eine Unterhalbgruppe) von (G, ·). Sind hierbei alle Ui Untergruppen einer Gruppe (G, ·), so ist D eine Untergruppe von (G, ·). Also ist
Sub(G) in diesem Fall ein vollständiger Verband.
Ist ∅ 6= A ⊆ G in einem Gruppoid (einer Halbgruppe, Gruppe) (G, ·), dann
existiert ein kleinstes Untergruppoid (eine kleinste Unterhalbgruppe, eine kleinste
Untergruppe) (D, ·) von (G, ·) mit A ⊆ D.
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2.1 Gruppen
67
Beweis: Vorlesung!
Definition 2.22 Man nennt (D, ·) aus dem zweiten Teil von Lemma 2.21 das
von A erzeugte Gruppoid bzw. die von A erzeugte Halbgruppe (Gruppe) und
schreibt hierfür < A > und nennt A ein Erzeugendensystem von < A >. Eine
Halbgruppe (Gruppe) (G, ·) heißt zyklisch oder monogen, wenn es ein a ∈ G mit
< a >:=< {a} >= G gibt.
Für ein Element a ∈ G einer Gruppe (G, ·) nennt man o(a) = | < a > |, also
die Ordnung der von a erzeugten Untergruppe von (G, ·), die Ordnung von a.
(Nach dem weiter unten bewiesenen Satz von Lagrange ist sie stets ein Teiler der
Ordnung |G| von (G, ·).)
Beispiel 2.23 a) Die Halbgruppe (N, +) wird von {1} erzeugt, ist also eine unendliche zyklische Halbgruppe.
b) Die Gruppe (Z, +) wird ebenfalls von {1} erzeugt, ist also eine unendliche
zyklische Gruppe. Jedes Element a 6= 0 hat unendliche Ordnung und 0 hat die
Ordnung 1.
c) Die Drehgruppe Cn wird von der Drehung r um den Winkel ϕ = 2π/n erzeugt,
ist also endliche zyklische Gruppe der Ordnung n. Für n = 4 ist o(r) = 4 und
o(r 2 ) = 2.
d) Sei (G, ·) eine Gruppe und a ∈ G. Für die Untergruppe < a >= {an | n ∈ Z}
gibt es die beiden folgenden Möglichkeiten:
1. Alle Potenzen an sind paarweise verschieden. Dann gilt | < a > | = ∞, also ist
< a > eine unendliche zyklische Gruppe.
2. Es gibt n 6= m in Z mit an = am , wobei m < n angenommen werden darf.
Dann folgt an−m = e, also ak = e für ein k ≥ 1. Dann gibt es ein minimales k ∈ N
dieser Art. Daher gilt < a >= {a0 , a1 , . . . , ak−1 } mit paarweise verschiedenen ai ,
also | < a > | = k. Dann ist < a > eine zyklische Gruppe der Ordnung k = o(a).
Satz 2.24 Es sei (U, ·) Untergruppe einer Gruppe (G, ·). Definiert man für alle
x, y ∈ G
(137)
x ∼r y :↔ xy −1 ∈ U
und
x ∼` y :↔ x−1 y ∈ U,
dann sind ∼r und ∼` Äquivalenzrelationen auf G, die für alle x, y ∈ G
(138)
x ∼r y ↔ x−1 ∼` y −1
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2.1 Gruppen
68
erfüllen. Die zugehörigen Äquivalenzklassen sind für alle x ∈ G
(139)
[x]∼r = U x = {ux | u ∈ U }
und
[x]∼` = xU = {xu | u ∈ U }.
Für jedes x ∈ G ist die Rechtstranslation %x : U → U x eine Bijektion. Also gilt
|U | = |U x| und ebenso |U | = |xU |. Bezeichnet G/ ∼r = {U x | x ∈ G} bzw. G/ ∼`
= {xU | x ∈ G} die Menge der jeweiligen Äquivalenzklassen, dann wird durch
ϕ(U x) = x−1 U ∈ G/ ∼` für alle U x ∈ G/ ∼r eine Bijektion ϕ : G/ ∼r → G/ ∼`
definiert. Also gilt |G/ ∼r | = |G/ ∼` |.
Beweis: Zeige mit Hilfe von Satz 2.18, daß ∼r eine Äquivalenzrelation ist. Dann
folgt dual dasselbe für ∼` . Wegen xx−1 = e ∈ U ist ∼r reflexiv. Mit xy −1 ∈ U
liegt wegen (135) aber auch yx−1 = (xy −1 )−1 in U , also ist ∼r symmetrisch. Aus
xy −1 ∈ U und yz −1 ∈ U folgt wegen (134) auch xy −1 yz −1 = xz −1 ∈ U und damit
die Transitivität von ∼r .
Weiterhin gilt x−1 ∼` y −1 ↔ (x−1 )−1 y −1 = xy −1 ∈ U ↔ x ∼r y. Damit ist auch
(138) gezeigt.
Es ist y ∼r x gleichwertig zu yx−1 = u für ein u ∈ U , also zu y = ux ∈ U x. Dies
zeigt die richtige Beschreibung der Äquivalenzklassen von ∼r und die Behauptung
für ∼` folgt dual.
Die Injektivität der Rechtstranslationen %x folgt aus der Rechtskürzbarkeit von
x in der Gruppe (G, ·), die Surjektivität ist klar.
Da ϕ ebenfalls surjektiv ist, denn offensichtlich wird die Nebenklasse U x−1 auf
eine gegebene Nebenklasse xU abgebildet, bleibt die Injektivität zu zeigen. Aus
ϕ(U x) = ϕ(U y) folgt aber x−1 U = y −1 U , also x−1 ∼` y −1 . Dies führt wegen (138)
aber zu x ∼r y und damit zu U x = U y.
Definition 2.25 Die Äquivalenzklassen [x]∼r bzw. [x]∼` in Satz 2.24 heißen
Rechts- bzw. Linksnebenklassen von (U, ·) in (G, ·). Die Anzahl |G/ ∼r | = |G/ ∼` |
heißt Index von (U, ·) in (G, ·), in Zeichen: |G : U |.
Folgerung 2.26 Satz von Lagrange (Joseph Louis Lagrange, 1736 - 1813)
Für jede Untergruppe (U, ·) einer Gruppe (G, ·) gilt
(140) |G| = |G : U | · |U |.
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2.1 Gruppen
69
Beweis: Sei zunächst |G| = ∞. Ist dann auch U eine unendliche Untergruppe von
G, so steht auch auf der rechten Seite ∞. Ist dagegen U eine endliche Untergruppe,
so muß es unendlich viele Nebenklassen geben, da alle gleichmächtig zu U sind
und damit die Vereinigung endlich vieler endlicher Klassen nicht die unendliche
Trägermenge G ergeben könnte. Also sind wiederum beide Seiten von (140) gleich.
Sei nun |G| endlich. Dann kann man die Elemente von G abzählen, indem man die
disjunkten |G : U | Nebenklassen abzählt, die aber alle |U | Elemente enthalten.
Hieraus folgt sofort (140).
Definition 2.27 Es sei (G, ·) ein Gruppoid. Eine Äquivalenzrelation ≡ aus E(G)
heißt linksinvariant, linkskompatibel oder eine Linkskongruenz, wenn
(141)
a≡b→c·a≡c·b
für alle a, b, c ∈ G gilt. Dual heißt ≡ eine Rechtskongruenz, wenn
(142)
a≡b→a·c≡b·c
für alle a, b, c ∈ G gilt. Sind beide Implikationen stets erfüllt, so nennt man ≡
eine Kongruenz(relation) auf (G, ·).
Lemma 2.28 Es sei ≡ eine Äquivalenzrelation auf dem Gruppoid (G, ·).
a) Genau dann ist ≡ Kongruenzrelation auf (G, ·), wenn
(143)
a≡b∧c≡d→a·c≡b·d
für alle a, b, c, d ∈ G erfüllt ist.
b) Ist ≡ Kongruenzrelation auf (G, ·) und G/ ≡ die Faktormenge, dann wird
durch
(144)
[a]≡ · [b]≡ := [a · b]≡
für alle [a]≡ , [b]≡ ∈ G/ ≡ eine binäre Operation auf G/ ≡ definiert, so daß
(G/ ≡, ·) ein Gruppoid, das Faktorgruppoid von (G, ·) nach ≡, ist. Mit (G, ·) ist
auch (G/ ≡, ·) assoziativ (kommutativ, idempotent, ein Monoid, eine Gruppe).
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2.1 Gruppen
70
Beweis: Vorlesung!
Satz 2.29 Für jede Untergruppe (U, ·) einer Gruppe (G, ·) sind äquivalent:
a) ∼r ist Kongruenzrelation auf (G, ·).
b) ∼` ist Kongruenzrelation auf (G, ·).
c) ∼r und ∼` stimmen überein.
d) Für alle x ∈ G gilt
(145)
U x = xU.
In diesem Fall schreibt man G/U für diese Gruppe anstelle von G/ ∼r = G/ ∼` .
Beweis: Vorlesung!
Definition 2.30 Eine Untergruppe (U, ·) einer Gruppe (G, ·), die (145) für alle
x ∈ G erfüllt, nennt man einen Normalteiler von (G, ·) und (G/U, ·) heißt dann
die Faktorgruppe von (G, ·) nach (U, ·).
Satz 2.31 Es sei (N, ·) ein Normalteiler einer Gruppe (G, ·) und κ Kongruenz
auf (G, ·).
a) Es ist κN := {(x, y) ∈ G2 | xy −1 ∈ N } eine Kongruenz auf (G, ·).
b) Es ist Nκ := [e]κ für das Einselement e ∈ G ein Normalteiler von (G, ·).
c) Es gelten N = NκN und κ = κNκ .
Beweis: Vorlesung!
Beispiel 2.32 Wie in jeder abelschen Gruppe ist in dem Modul (Z, +) jede Untergruppe bereits Normalteiler. Nach Aufgabe 2.20 sind dies gerade die Untergruppen (nZ, +) für n ∈ N0 . Die zu dem Normalteiler nZ gehörende Kongruenzrelation
κnZ ist dann gerade gegeben durch a κnZ b ↔ a − b ∈ nZ, also nichts anderes als
a ≡ b modulo n. Man schreibt für Z/nZ auch wie schon getan Z/(n) und erhält
als Faktorgruppen dieRestklassengruppen (Z/(n), +) modulo n. Schreibt man nun
noch für die Restklasse [m]n ∈ Z/(n) einfach wieder m, so erhält man für n = 4
die Cayley-Tafel aus Beispiel 2.15 und für n = 2 die zweite Tafel aus Beispiel 2.14.
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2.1 Gruppen
71
Definition 2.33 Es seien (G, ·) und (G0 , ) Gruppoide. Ein Homomorphismus
von (G, ·) in (G0 , ) ist eine Abbildung ϕ : G → G0 , die
(146)
ϕ(a · b) = ϕ(a) ϕ(b)
für alle a, b ∈ G erfüllt. Ein injektiver Homomorphismus wird auch Monomorphismus oder Einbettung genannt, ein surjektiver Homomorphismus ein Epimorphismus und ein bijektiver Homomorphismus auch Isomorphismus.
Für G = G0 nennt man Homomorphismen auch Endomorphismen und bijektive
Endomorphismen heißen Automorphismen. Schließlich bezeichne Hom(G, G0 ) die
Menge aller Homomorphismen von G in G0 , End(G) die Menge aller Endomorphismen und Aut(G) die Menge aller Automorphismen von (G, ·).
Zwei Gruppoide (Halbgruppen, Gruppen) heißen isomorph, in Zeichen G ∼
= G0 ,
wenn es einen Isomorphismus ϕ : G → G0 gibt.
Aufgabe 2.34 Durch welche Funktionstasten sind auf Ihrem Taschenrechner
Gruppenhomomorphismen realisiert?
Lemma 2.35 Es seien (G, ·) und (G0 , ) Gruppoide und ϕ : G → G0 ein Homomorphismus.
a) Stets ist das Bild Imϕ = ϕ(G) Untergruppoid von (G0 , ). Mit (G, ·) ist auch
(ϕ(G), ) Halbgruppe.
b) Besitzt (G, ·) ein Einselement e, so ist ϕ(e) Einselement von (ϕ(G), ). Mit
(G, ·, e) ist daher auch (ϕ(G), , ϕ(e)) Monoid.
c) Ist (G, ·, e) Monoid und a−1 das Inverse von a ∈ G, so ist ϕ(a−1 ) = ϕ(a)−1
das Inverse von ϕ(a) in ϕ(G).
d) Es ist ϕ(U ) ∈ Sub(G0 ) für alle U ∈ Sub(G), falls G und G0 beides Gruppoide
(Halbgruppen, Gruppen) sind.
e) Es ist ϕ−1 (U 0 ) ∈ Sub(G) für alle U 0 ∈ Sub(G0 ), falls G und G0 beides Gruppoide (Halbgruppen, Gruppen) sind.
Beweis: Vorlesung!
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2.1 Gruppen
72
Lemma 2.36 a) Es ist ιG ∈ Aut(G) ⊆ End(G), also beide Mengen nicht leer.
b) Sind ϕ : G → G0 und ψ : G0 → G00 Homomorphismen, dann auch ϕ ◦ ψ : G →
G00 . Also ist (End(G), ◦, ιG ) ein Monoid.
c) Ist ϕ : G → G0 ein Isomorphismus, dann auch ϕ−1 : G0 → G. Also ist
(Aut(G), ◦, ιG ) gerade die Gruppe der Einheiten von (End(G), ◦, ιG ).
d) Die Isomorphie ∼
= ist eine Äquivalenzrelation auf jeder nichtleeren Menge von
Gruppoiden (Halbgruppen, Gruppen).
Beweis: Vorlesung!
Satz 2.37 Homomorphiesatz für Gruppen Es seien (G, ·) und (G0 , ·) Gruppen und ϕ : G → G0 ein Homomorphismus. Dann gelten:
a) Ist e0 ∈ G0 das Einselement von (G0 , ·), dann ist der Kern Ker(ϕ) = ϕ−1 (e0 ) =
{x ∈ G | ϕ(x) = e0 } von ϕ ein Normalteiler von (G, ·).
b) Die zu Ker(ϕ) gemäß Satz 2.31 a) gehörende Kongruenz ist gerade kerϕ gemäß
Folgerung 1.96 e).
c) Die Faktorgruppe (G/Ker(ϕ), ·) ist isomorph zu (ϕ(G), ·) vermöge des Isomorphismus ψ([x]) = ϕ(x) für alle [x] ∈ G/Ker(ϕ).
d) Mit dem kanonischen Epimorphismus νKerϕ : (G, ·) → (G/Ker(ϕ), ·) und der
Injektion inϕ(G) : ϕ(G) → G0 gilt νKer(ϕ) ◦ ψ ◦ inϕ(G) = ϕ. Die Abbildung ψ ist
dadurch eindeutig bestimmt.
Beweis: a) Da ϕ(G) Untergruppe von (G0 , ·) ist, liegt das Einselement e0 von G0
bereits in ϕ(G) und stimmt dort mit dem Einselement ϕ(e) überein. Insbesondere
gilt e ∈ Ker(ϕ). Sind nun x, y ∈ Ker(ϕ) so gilt ϕ(xy −1 ) = ϕ(x)ϕ(y −1 ) =
e0 ϕ(y)−1 = (e0 )−1 = e0 , d. h. U = Ker(ϕ) ist Untergruppe von (G, ·). Sei jetzt
a ∈ G beliebig. Dann folgt für jedes u ∈ U wegen ϕ(aua−1 ) = ϕ(a)ϕ(u)ϕ(a−1 ) =
ϕ(a)e0 ϕ(a)−1 = e0 bereits aua−1 ∈ U . Also gilt aU a−1 ⊆ U und damit aU ⊆ U a.
Dual folgt U a ⊆ aU , d. h. U = Ker(ϕ) ist Normalteiler.
b) Es ist xκKer(ϕ) y genau dann, wenn e0 = ϕ(xy −1 ) = ϕ(x) · ϕ(y)−1 ist, also genau
dann, wenn ϕ(x) = ϕ(y) gilt.
c) Definiere ψ : G/Ker(ϕ) → ϕ(X) wie angegeben gemäß ψ([x]) = ϕ(x) für
alle [x] ∈ G/Ker(ϕ). Dann ist ψ wohldefiniert, denn [x] = [y] ist gleichwertig zu
xy −1 ∈ Ker(ϕ), also zu xy −1 = k für ein k ∈ Ker(ϕ), also zu x = ky für ein
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2.1 Gruppen
73
k ∈ Ker(ϕ). Hieraus folgt aber ϕ(x) = ϕ(ky) = ϕ(k)ϕ(y) = ϕ(y). Ersichtlich
ist ψ surjektiv. Die Injektivität folgt aus ψ([x]) = ψ([y]) → ϕ(x) = ϕ(y) →
ϕ(xy −1 ) = ϕ(x)ϕ(y)−1 = e0 → xy −1 ∈ ker(ϕ) → [x] = [y]. Schließlich ist ψ ein
Homomorphismus wegen ψ([x][y]) = ψ([xy]) = ϕ(xy) = ϕ(x)ϕ(y) = ψ([x])ψ([y]).
d) Es ist νKer(ϕ) ◦ ψ(x) = ψ([x]) = ϕ(x) für alle x ∈ G. Daher gilt νKer(ϕ) ◦ ψ = ϕ.
Aus νKer(ϕ) ◦ ψ1 = ϕ = νKer(ϕ) ◦ ψ2 folgt aber bereits ψ1 ([x]) = ψ2 ([x]) für alle
[x] ∈ G/Ker(ϕ), also ψ1 = ψ2 .
Satz 2.38 Satz von Cayley Jede Gruppe ist zu einer Untergruppe einer Symmetrischen Gruppe isomorph.
Beweis: Sei (G, ·) eine beliebige Gruppe. Für jedes x ∈ G ist jede Rechtstranslation %x : G → G bijektiv und liegt damit in der Symmetrischen Gruppe (SG , ◦).
Definiere ϕ : G → SG durch ϕ(x) = %x für alle x ∈ G. Dann ist ϕ injektiv, denn
ϕ(x) = ϕ(x0 ) bedeutet die Gleichheit %x = %x0 der beiden Rechtstranslationen,
also insbesondere die Gleichheit %x (e) = %x0 (e) für das Einselement e von (G, ·),
was natürlich x = x0 liefert. Außerdem gilt für beliebige Elemente x, x0 ∈ G und
alle y ∈ G auch
%xx0 (y) = y(xx0 ) = (yx)x0 = (%x ◦ %x0 )(y),
woraus ϕ(xx0 ) = %xx0 = %x ◦ %0x = ϕ(x) ◦ ϕ(x0 ) folgt. Daher ist ϕ sogar ein
Homomorphismus und damit (G, ·) isomorph zu der Untergruppe ϕ(G) von SG .
2.1.3
Permutationsgruppen
Definition 2.39 Unter einer Permutationsgruppe versteht man eine beliebige
Untergruppe einer Symmetrischen Gruppe S(A) auf einer Menge A, also ein
Element von Sub(S(A)).
Lemma 2.40 Es seien A 6= ∅ =
6 B Mengen. Aus A ∼ B folgt S(A) ∼
= S(B).
Existiert eine injektive Abbildung f : A → B, dann ist S(A) isomorph zu einer
Untergruppe von S(B).
Beweis: Sei f : A → B eine Bijektion. Für jede Permutation π ∈ S(A) ist dann
π 0 := f −1 ◦ π ◦ f eine Permutation von B und die Abbildung ϕ : S(A) → S(B)
gemäß ϕ(π) := π 0 ist ein Isomorphismus.
Rest: Übung!
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2.1 Gruppen
74
Definition 2.41 Es sei a ∈ A 6= ∅ und π ∈ S(A). Gilt a = π(a) so heißt a
Fixpunkt von π, andernfalls mobil bei π.
Permutationen π1 , π2 ∈ S(A) heißen (elemente)fremd, wenn für alle a ∈ A gilt: a
ist Fixpunkt von π1 , wenn a mobil bei π2 ist.
Lemma 2.42 Sind π1 , π2 ∈ A fremd, so gilt π1 ◦ π2 = π2 ◦ π1 .
Beweis: Mit Kontraposition ist die Voraussetzung gleichwertig dazu, daß für alle
a ∈ A gilt: a ist Fixpunkt von π2 , wenn a mobil bei π1 ist. Unterscheide nun drei
Fälle:
1. π1 (a) = a = π2 (a): Dann gilt offensichtlich (π1 ◦ π2 )(a) = a = (π2 ◦ π1 )(a).
2. π1 (a) 6= a: Dann folgt aber π2 (a) = a und π1 (π1 (a)) 6= π1 (a) und daher
auch π2 (π1 (a)) = π1 (a). Nun hat man (π1 ◦ π2 )(a) = π2 (π1 (a)) = π1 (a)) und
(π2 ◦ π1 )(a) = π1 (π2 (a)) = π1 (a), also ebenfalls (π1 ◦ π2 )(a) = (π2 ◦ π1 )(a).
3. π2 (a) 6= a: Dieser Fall entsteht aus dem 2. Fall durch Vertauschung der Rollen
von π1 und π2 .
Damit gilt in jedem Fall (π1 ◦ π2 )(a) = (π2 ◦ π1 )(a).
Lemma 2.43 Es sei U ∈ Sub(S(A)) eine Permutationsgruppe. Die Relation
τU ∈ A2 sei definiert durch
(147)
a τU b :↔ ∃π ∈ U : π(a) = b.
Dann ist τU Äquivalenzrelation auf A.
Beweis: Wegen ιA ∈ U ist τU reflexiv, wegen (135) ist τU symmetrisch, wegen
(134) transitiv.
Definition 2.44 Die Elemente der Faktormenge A/τU heißen Transitivitätsgebiete von U . Im Fall τU = ωA = A × A nennt man U transitiv.
Definition 2.45 Es sei a ∈ A und π ∈ S(A). Dann heißt O(π, a) := {π n (a) |
n ∈ Z} der Orbit oder die Bahn von a bezüglich π.
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2.1 Gruppen
75
Bemerkung 2.46 Die Bahnen sind die Transitivitätsgebiete der von π erzeugten
zyklischen Untergruppe < π > von S(A).
Es sind zwei Fälle möglich: 1. Alle π n (a) sind paarweise verschieden. Dann ist die
Bahn (abzählbar) unendlich.
2. Es gibt n 6= m aus Z mit π n (a) = π m (a). Dies ist offensichtlich gleichwertig
damit, daß ein minimales k ∈ N mit a = π k (a) existiert. In diesem Fall ist die
Bahn endlich und k = |O(π, a)| ihre Länge.
Zur Untersuchung von endlichen Permutationsgruppen kann man die endliche
Menge A immer durch eine der Mengen Mn := {1, . . . , n} für n ∈ N ersetzen. Man
schreibt dann kurz Sn oder Sn für S({1, . . . , n}) und notiert eine Permutation
π ∈ Sn in der Form
1
2
...
n
π=
.
π(1) π(2) . . . π(n)
Man beachte, daß stets Sn ⊆ Sn+1 gilt.
1 ... n
∈ Sn schreibt
1 ... n
man abkürzend immer π = (1). Dann gilt S1 = {(1)} und diese Symmetrische
Gruppe ist offensichtlich kommutativ.
Beispiel 2.47 Für die identischen Abbildung π =
Unter einer Transposition versteht man eine Permutation π ∈ Sn , die genau
zwei Elemente i 6= j aus Mn gemäß π(i) = j und π(j) = i vertauscht und
alle anderen k ∈ Mn \ {i, j} gemäß π(k) = k fix läßt. Man schreibt dann kurz
π = (i j) = (j i), wobei man meistens i < j wählt. Es ist dann stets π 2 = (1),
also jede Transposition zu sich selbst invers. Für n = 2 liegt in S2 neben (1) noch
genau die Transposition (1 2), und daher ist auch S2 kommutativ.
In S3 liegen neben (1) und den Transpositionen (1 2), (1 3) und (2 3) noch deren
Produkte, z. B. π := (1 2)◦(1 3). Wegen π(1) = 2, π(2) = 3 und π(3) = 1 bewirkt
π also eine zyklische Vertauschung dieser drei Elemente, was man auch kurz als
(1 2 3) notiert. Entsprechend gilt dann (1 3 2) = (1 3) ◦ (1 2) und diese beiden
Produkte sind verschieden. Also ist S3 und damit jede Symmetrische Gruppe Sn
mit n ≥ 3 nicht kommutativ.
Definition 2.48 Eine Permutation π ∈ Sn heißt ein Zyklus oder eine zyklische
Vertauschung der Länge `, wenn es paarweise verschiedene Zahlen i1 , . . . , i` ∈ Mn
mit π(ik ) = ik+1 für k = 1, . . . , ` − 1 und π(i` ) = i1 gibt. Man schreibt dann
π = (i1 i2 . . . i` ).
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2.1 Gruppen
76
Lemma 2.49 a) Jeder Zyklus der Länge ` > 1 kann gemäß (i1 i2 . . . i` ) =
(i1 i2 ) ◦ (i1 i3 ) ◦ . . . ◦ (i1 i` ) als Produkt von ` − 1 Transpositionen geschrieben
werden. Für n > 1 kann auch (1) = (1 2) ◦ (1 2) als Produkt von Transpositionen
geschrieben werden.
b) Sind π1 und π2 elementefremde Zyklen aus Sn , so gilt π1 ◦ π2 = π2 ◦ π1 .
c) Jede Permutation aus Sn kann als Produkt elementefremder Zyklen geschrieben
werden. Diese Darstellung ist bis auf die Reihenfolge der Zyklen eindeutig.
Beweis: Übung!
Definition 2.50 Es seien π ∈ Sn für n ≥ 2 und 1 ≤ i < j ≤ n. Dann heißt
(i, j) eine Inversion von π, wenn π(j) < π(i) gilt, und π heißt gerade (ungerade),
wenn die Anzahl der Inversionen von π gerade (ungerade) ist. Man definiert das
Signum von π als sgn(π) := +1, falls π gerade ist, und sgn(π) := −1 sonst. Die
Menge aller geraden Permutationen in Sn wird als An oder An notiert.
Beispiel 2.51 Die identische Abbildung (1) ist eine gerade Permutation.
Jede Transposition ist ungerade, denn
(i j) =
1 2 ... i − 1 i
1 2 ... i − 1 j
i + 1 ... j − 1 j
i + 1 ... j − 1 i
j + 1 ... n
j + 1 ... n
besitzt genau die Inversionen (j, i + 1), (j, i + 2), . . . , (j, j − 1), (j, i) und (i +
1, i), (i + 2, i), . . . , (j − 1, i), also eine ungerade Anzahl.
In S3 gelten noch sgn((1 2 3)) = sgn((1 3 2)) = −1. Es ist also |A2 | = |S2 |/2 und
|A3 | = |S3 |/2.
Satz 2.52 Für alle π1 , π2 ∈ Sn gilt sgn(π1 ◦ π2 ) = sgn(π1 ) · sgn(π2 ), d. h. sgn :
Sn → {−1, +1} ist ein Homomorphismus von (Sn , ◦) in die Gruppe ({−1, +1}, ·).
Insbesondere gilt sgn((i1 . . . i` )) = (−1)`−1 .
Eine Permutation ist genau dann gerade, wenn sie als Produkt einer geraden
Anzahl von Transpositionen darstellbar ist.
(An , ◦) ist Normalteiler von (Sn , ◦) mit |An | = |Sn |/2.
Beweis: Vorlesung!
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2.2 Ringe
2.2
77
Ringe
Definition 2.53 Unter einem Ring (R, +, ·) versteht man eine nichtleere Trägermenge R zusammen mit zwei binären Operationen, einer Addition + und einer
Multiplikation ·, so daß folgendes gilt:
(1) (R, +) ist ein Modul mit dem Nullelement 0.
(2) (R, ·) ist ein Gruppoid.
(3) Es gelten die Distributivgesetze a·(b+c) = a·b+a·c und (b+c)·a = b·a+c·a
für alle a, b, c ∈ R.
Ein Ring heißt kommutativ (idempotent, Ring mit Einselement), wenn das Gruppoid (R, ·) die jeweilige Eigenschaft hat.
Handelt es sich bei (R, ·) um eine Halbgruppe, so spricht man auch von einem
assoziativen Ring.
Assoziative und idempotente Ringe mit Einselement werden auch Boolesche Ringe genannt.
Bemerkung 2.54 Die Distributivgesetze besagen gerade, daß die Links- und
Rechtstranslationen von (R, ·) bereits Endomorphismen des Moduls (R, +) sind.
Man beachte, daß die rechten Seiten der Distributivgesetze nur definiert sind,
wenn man die übliche Prioritätsregel “Punktrechnung vor Strichrechnung” anwendet.
Folgerung 2.55 Für alle Elemente a, b, c ∈ R eines Ringes (R, +, ·) gelten:
(1) 0 · a = 0 = a · 0, das Nullelement ist also absorbierend.
(2) (−a) · b = −(a · b) = a · (−b) und (−a) · (−b) = a · b, die üblichen Vorzeichenregeln.
(3) a · (b − c) = a · b − a · c.
(4) (b − c) · a = b · a − c · a.
Beweis: (1) Es gilt 0 · a + 0 · a = (0 + 0) · a = 0 · a = 0 · a + 0 und durch Kürzen
von 0 · a in dem Modul (R, +) folgt 0 · a = 0. Dual ergibt sich 0 = a · 0.
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2.2 Ringe
78
(2) Wegen der Distributivgesetze und (1) gilt a·b+(−a)·b = (a+(−a))·b = 0·b = 0
und daher (−a) · b = −(a · b) im Modul (R, +). Dual folgt die zweite Gleichung.
Hieraus ergibt sich dann (−a) · (−b) = −(a · (−b)) = −(−[a · b]) = a · b.
(3) Nach Definition der Differenz gilt wegen der Distributivgesetze a · (b − c) =
a · (b + (−c)) = a · b + a · (−c) = a · b + (−(a · c)) = a · b − a · c.
(4) ist dual zu (3).
Definition 2.56 Es sei (R, +, ·) ein Ring. Elemente a, b ∈ R \ {0} mit a · b = 0
heißen Nullteiler in R. (R, +, ·) heißt nullteilerfrei, wenn a · b = 0 → a = 0 ∨ b = 0
für alle a, b ∈ R gilt.
Unter einem Integritätsbereich (R, +, ·) versteht man einen assoziativen, kommutativen und nullteilerfreien Ring mit Einselement 1 6= 0.
Ein Schiefkörper ist ein assoziativer Ring mit Einselement 1 6= 0, für den R∗ =
R \ {0} gilt, für den also (R \ {0}, ·) Gruppe ist.
Ein kommutativer Schiefkörper wird Körper genannt.
Beispiel 2.57 a) Der Nullring ({0}, +, ·) mit den Operationen 0 + 0 = 0 = 0 · 0
ist ein kommutativer, nullteilerfreier Boolescher Ring, der aber wegen 1 = 0 kein
Integritätsbereich ist.
b) Für jeden Modul (R, +) mit dem Nullelement 0 wird durch a · b := 0 eine
assoziative und kommutative Multiplikation auf R definiert, so daß (R, +, ·) ein
Ring ist. Er wird der Zeroring auf (R, +) genannt. Für |R| > 1 sind alle von 0
verschiedenen Elemente Nullteiler.
c) Die ganzen Zahlen (Z, +, ·) sind ein Integritätsbereich, der kein Körper ist.
d) Die rationalen Zahlen (Q, +, ·), die reellen Zahlen (R, +, ·) und die komplexen
Zahlen (C, +, ·) sind Körper.
e) Wegen Folgerung 1.37 ist für jede Menge M 6= ∅ die Potenzmenge (P(M ), ∆, ∩)
ein Boolescher Ring mit dem Einselement M , der für |M | ≥ 2 Nullteiler besitzt.
Dann gilt nämlich für a 6= b aus M sowohl {a} =
6 ∅=
6 {b} als auch {a} ∩ {b} = ∅.
Für M = {a} dagegen erhält man einen Körper, dessen Cayley-Tafeln mit den
Abkürzungen 0 := ∅ und 1 := M wie folgt aussehen.
+ 0
0 0
1 1
1
1
0
· 0
0 0
1 0
1
0
1
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2.2 Ringe
79
Dieser zweielementige Körper beschreibt die Addition und Multiplikation modulo
2, welche die Grundlage der Arithmetik in jedem Digitalrechner sind.
f) Es sei (G, +) ein Modul. Für ϕ, ψ ∈ End(G) sei eine Addition gemäß
(ϕ + ψ)(g) = ϕ(g) + ψ(g) für alle g ∈ G definiert. Dann ist (End(G), +, ◦)
ein assoziativer Ring mit Einselement ιG , der Endomorphismenring von (G, +).
Bemerkung 2.58 Jeder endliche Integritätsbereich ist bereits ein Körper.
Es gilt der Satz von Wedderburn (Joseph Wedderburn, 1882 - 1948): Jeder endliche Schiefkörper ist bereits ein Körper.
Die Hamiltonschen Quaternionen (William Rowan Hamilton, 1805 - 1865) bilden
einen nicht-kommutativen Schiefkörper.
Definition 2.59 Ein Unterring (U, +, ·) eines Ringes (R, +, ·) ist eine Teilmenge
∅ 6= U ⊆ R, so daß (U, +) Untermodul von (R, +) und (U, ·) Untergruppoid von
(R, ·) ist. Die Menge aller Unterringe von (R, +, ·) werde mit Sub(R) bezeichnet.
Lemma 2.60 Ist (Ui )i∈I eine Familie von Unterringen eines Ringes (R, +, ·), so
T
ist D := Ui ∈ Sub(R). Daher existiert für jede Teilmenge A ⊆ R auch der
kleinste Unterring von (R, +, ·), der A umfaßt.
Beweis: Übung!
Definition 2.61 Es sei (R, +, ·) ein Ring mit Einselement e 6= 0. Dann heißt
χ(R) := o(e), falls diese Ordnung von e im Modul (R, +) endlich ist, und χ(R) :=
0 sonst, die Charakteristik von (R, +, ·).
Lemma 2.62 Für einen Integritätsbereich (R, +, ·) ist χ(R) = 0 oder χ(R) = p
eine Primzahl.
Beweis: Sei χ(R) = n = m · k mit 1 ≤ m, k ≤ n. Dann ist me := m
i=1 e 6= 0
P
und ke = ki=1 e 6= 0 wegen der Minimalität von n als Ordnung von e in (R, +).
Andererseits ist 0 = ne = me · ke und damit (R, +, ·) nicht nullteilerfrei.
P
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2.2 Ringe
80
Definition 2.63 Eine Kongruenz(relation) eines Ringes (R, +, ·) ist eine Äquivalenzrelation κ ∈ E(R), die sowohl Kongruenz des Moduls (R, +) als auch Kongruenz des Gruppoids (R, ·) ist, d. h. es muß
(148)
aκb → (a + c) κ (b + c) ∧ a · c κ b · c ∧ c · a κ c · b
für alle a, b, c ∈ R gelten.
Lemma 2.64 Ist κ Kongruenzrelation des Ringes (R, +, ·), dann werden durch
(149)
(150)
[a]κ + [b]κ := [a + b]κ ,
[a]κ · [b]κ := [a · b]κ
binäre Operationen auf der Faktormenge R/κ definiert, so daß (R/κ, +, ·) ebenfalls ein Ring ist, der Restklassenring von (R, +, ·) nach κ. Mit (R, +, ·) ist auch
(R/κ, +, ·) assoziativ, kommutativ oder Ring mit Einselement.
Beweis: Vorlesung!
Beispiel 2.65 Die Kongruenz modulo n, also a ≡ b ↔ a − b ∈ nZ ist für jedes
n ∈ N0 eine Kongruenz auf dem Ring (Z, +, ·) der ganzen Zahlen.
Daher ist der Restklassenring modulo n ein assoziativer und kommutativer Ring
(Z/(n), +, ·) mit Einselement [1]n . Wie das Beispiel n = 4 zeigt, muß dies nicht
immer ein Integritätsbereich sein, denn dann gilt [2]4 · [2]4 = [4]4 = [0]4 .
Definition 2.66 Es seien (R, +, ·) und (R0 , ⊕, ) Ringe. Eine Abbildung ϕ :
R → R0 heißt ein (Ring-)Homomorphismus, wenn
(151)
(152)
ϕ(a + b) = ϕ(a) ⊕ ϕ(b)
ϕ(a · b) = ϕ(a) ϕ(b)
jeweils für alle a, b ∈ R gelten, wenn also ϕ sowohl ein Modul-Homomorphismus
von (R, +) in (R0 , ⊕) als auch ein Gruppoid-Homomorphismus von (R, ·) in
(R0 , ) ist. Sind (R, +, ·) und (R0 , ⊕, ) beides Ringe mit Einselement, so muß
noch
(153)
ϕ(e) = e0
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2.2 Ringe
81
für die Einselemente gelten. Unter dem Kern des Ringhomomorphismus versteht
man dann den Kern Ker(ϕ) = {a ∈ R | ϕ(a) = 0} des Modulhomomorphismus.
Die Bezeichnungen Epimorphismus, Monomorphismus, Isomorphismus, Endomorphismus und Automorphismus sind dann wie bei Gruppoid-Homomorphismen
definiert und werden gegebenenfalls mit dem Zusatz “Ring-” versehen.
Bemerkung 2.67 Ist (R0 , ⊕, ) Integritätsbereich und ϕ nicht die konstante
Nullabbildung, so folgt (153) bereits aus (151) und (152). Dann existiert nämlich
ein a 6= 0 aus R mit ϕ(a) 6= 00 und damit e0 · ϕ(a) = ϕ(a) = ϕ(e · a) = ϕ(e) · ϕ(a).
Die Rechtskürzbarkeit von ϕ(a) 6= 00 in (R0 , ⊕, ) liefert dann die Behauptung.
Definition 2.68 Es sei (R, +, ·) ein Ring. Eine Teilmenge ∅ 6= I ⊆ R heißt ein
Ideal von (R, +, ·), wenn für alle a, b ∈ I und r ∈ R gilt
a − b ∈ I, d. h. (I, +) ist Untermodul (also Normalteiler) von (R, +),
r · a ∈ I und a · r ∈ I.
Insbesondere ist also I ∈ Sub(R).
Lemma 2.69 Für jeden Ringhomomorphismus ϕ : R → R0 ist Ker(ϕ) ein Ideal
von (R, +, ·).
Beweis: Da ϕ : R → R0 insbesondere ein Modulhomomorphismus ist, ist Ker(ϕ)
Normalteiler von (R, +). Aus a ∈ Ker(ϕ), also ϕ(a) = 0 folgt ϕ(r · a) = ϕ(r) ·
ϕ(a) = 0, also r · a ∈ Ker(ϕ) und dual auch a · r ∈ Ker(ϕ).
Satz 2.70 Es sei (I, +, ·) Ideal von (R, +, ·) und κ eine Kongruenz auf (R, +, ·).
Dann gelten die folgenden Aussagen:
a) Die durch a κI b ↔ a − b ∈ I für alle a, b ∈ R definierte Relation ist eine
Kongruenz auf (R, +, ·).
b) Die Kongruenzklasse I := [0]κ ist ein Ideal von (R, +, ·).
c) Es gilt κ = κIκ und I = IκI .
Beweis: Vorlesung!
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2.2 Ringe
82
Bemerkung 2.71 Ist I Ideal eines Ringes (R, +, ·), so schreibt man R/I für den
Restklassenring (R/κI , +, ·).
Es gilt der Homomorphiesatz für Ringe: Jedes homomorphe Bild (ϕ(R), +, ·) eines
Ringes (R, +, ·) ist isomorph zum Restklassenring (R/Ker(ϕ), +, ·).
Definition 2.72 Es sei (R, +, ·) ein assoziativer Ring mit Einselement. Ein Polynom über (R, +, ·) in der Unbestimmten x ist dann eine endliche Summe der
Form
n
f (x) = a0 + a1 x + a2 x2 + . . . + an xn =
X
ai x i
i=0
mit Koeffizienten ai ∈ R. Außer beim Nullpolynom f (x) = 0 existiert immer ein
Koeffizient an 6= 0 mit dem höchsten Index n. Diesen nennt man den Leitkoeffizienten und n den Grad des Polynoms f (x), in Zeichen grad(f (x)) = n. Die Menge
aller Polynome in der Unbestimmten x mit Koeffizienten aus R werde als R[x]
notiert.
Seien f (x) =
Pn
i=0
ai xi , g(x) =
Pm
j=1 bj x
j
∈ R[x]. Dann wird ihre Summe durch
max(n,m)
(f + g)(x) =
X
(ak + bk )xk
k=0
definiert, wobei ak := 0 für k > n und bk := 0 für k > m gesetzt werde. Dagegen
wird ihr Produkt durch
(f · g)(x) :=
n+m
X
k=0
ck xk mit ck =
X
ai · b j
k=i+j
festgelegt.
Satz 2.73 Es ist (R[x], +, ·) ebenfalls ein assoziativer Ring mit Einselement.
Genau dann ist (R[x], +, ·) kommutativ (nullteilerfrei), wenn dies für (R, +, ·)
gilt.
Beweis: Vorlesung!
Bemerkung 2.74 Da R[x] ebenfalls assoziativer Ring mit Einselement ist, existiert dann auch R[x, y] := (R[x])[y] in der Unbestimmten y, also ein Polynomring in zwei Unbestimmten x, y. So fortfahrend gelangt man zum Polynomring
R[x1 , . . . , xn ] in endlich vielen Unbestimmten x1 , . . . , xn über R. Rechnungen in
diesen Polynomringen bilden die Grundlage für jedes Computeralgebra-System.
Als Koeffizientenbereich wird dabei der Körper K = Q der rationalen Zahlen
oder ein endlicher Körper K benutzt.
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2.3 Körper
83
Aufgabe 2.75 Zeigen Sie, daß in jedem Polynomring (K[x], +, ·) über einem
Körper (K, +, ·) die Division mit Rest wie folgt möglich ist. Zu f [x], g(x) ∈ K[x]
mit g(x) 6= 0 existieren eindeutig bestimmte Polynome q(x), r(x) ∈ K[x] mit
f (x) = q(x)g(x) + r(x) und r(x) = 0 oder grad(r(x)) < grad(g(x)).
2.3
Körper
Definition 2.76 Es sei (K, +, ·) ein Körper. Unter einem Teilkörper oder Unterkörper (U, +, ·) versteht man eine Teilmenge U ⊆ K mit |U | ≥ 2 und
a, b ∈ U → a − b ∈ U sowie a, b ∈ U , b 6= 0 → a · b−1 ∈ U . Man nennt dann
(K, +, ·) auch einen Oberkörper von (U, +, ·) und spricht von einer Körpererweiterung [K : U ], gelesen:“K über U ”.
Bemerkung 2.77 Wegen U 6= ∅ existiert ein a ∈ U und damit gilt 0 = a−a ∈ U
für das Nullelement von K. Wegen |U | ≥ 2 gibt es aber auch ein a 6= 0 in U und
damit gilt e = a · a−1 ∈ U für das Einselement e ∈ K.
Außerdem ist dann (U, +, ·) ebenfalls ein Körper.
Satz 2.78 Sei (K, +, ·) ein Schiefkörper, (R, +, ·) ein Ring und ϕ : K → R ein
Ringhomomorphismus. Dann gilt entweder ϕ(K) = {0} oder ϕ ist injektiv, also
(ϕ(K), +, ·) isomorph zu (K, +, ·).
Beweis: Ist ϕ nicht injektiv, so gibt es a 6= b aus K mit ϕ(a) = ϕ(b), also
a − b 6= 0 und ϕ(a − b) = 0. Dann gilt aber c = c · (a − b)−1 · (a − b) für alle c ∈ K
und daher ϕ(c) = ϕ(c · (a − b)−1 ) · ϕ(a − b) = 0, also ϕ(K) = {0}.
Bemerkung 2.79 Da ein Körper nur diese beiden trivialen homomorphen Bilder
besitzt, hat er auch nur die beiden Kongruenzen ιK und ωK und die beiden Ideale
{0} und K.
Aufgabe 2.80 Es seien a, b ∈ Z und d = ggT (a, b) ihr größter gemeinsamer
Teiler. Zeigen Sie mit Hilfe des Euklidischen Algorithmus: Es gibt x, y ∈ Z mit
d = x · a + y · b. Der ggT (a, b) läßt sich also nicht nur immer berechnen, sondern
auch aus a und b “linear kombinieren”.
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2.3 Körper
84
Beispiel 2.81 Der Restklassenring (Z/(n), +, ·) ist genau dann ein Körper, wenn
n eine Primzahl ist. Ist nämlich n = a · b zerlegbar mit 1 < a, b < n, so gilt
[a]n 6= [0]n 6= [b]n , aber [a]n · [b]n = [n]n = [0]n , d. h. (Z/(n), +, ·) besitzt Nullteiler
und kann daher kein Körper sein. Ist andererseits n eine Primzahl und [a]n 6= [0]n
aus Z/(n) mit einem Repräsentanten 1 ≤ a ≤ n − 1, so gilt ggT (a, n) = 1 und
mit dem Euklidischen Algorithmus kann man Zahlen x, y ∈ Z bestimmen mit
1 = x · a + y · n. Dann gilt [1]n = [x]n [a]n + [y]n [n]n = [x]n [a]n , d. h. [x]n 6= [0]n ist
Inverses zu [a]n in der kommutativen Halbgruppe (Z/(n), ·). Daher ist (Z/(n), +, ·)
ein Körper.
Beispiel 2.82 Wie Beispiel 2.81 zeigt, sind in (Z/(n), +, ·) genau die Elemente
[a]n invertierbar, für die ggT (a, n) = 1 ist, für die a also teilerfremd zu n ist.
Man bezeichnet die Gruppe (Z/(n)∗ , ·) dieser Einheiten von (Z/(n), ·) als prime
Restklassengruppe modulo n und nennt ihre Ordnung ϕ(n) := |Z/(n)∗ | den Wert
der Eulerschen ϕ-Funktion (Leonhard Euler, 1707 - 1783) an der Stelle n ≥ 2.
Man setzt noch ϕ(1) := 1. Es ist also ϕ(n) die Anzahl der zu n teilerfremden
Zahlen a ∈ Z mit 1 ≤ a ≤ n. Insbesondere ist ϕ(p) = p − 1 für jede Primzahl p
und ϕ(pr ) = pr−1 (p − 1) für jede Primzahlpotenz.
Wie bei Gruppen und Ringen kann man zeigen:
Lemma 2.83 Ist (Ui )i∈I eine Familie von Unterkörpern eines Körpers (K, +, ·),
T
dann ist D = Ui ebenfalls ein Unterkörper von (K, +, ·). Daher ist Sub(K)
ein vollständiger Verband. Man nennt P = inf Sub(K), also den Durchschnitt
aller Unterkörper von (K, +, ·), den Primkörper von (K, +, ·). Er hat wie alle
Unterkörper von (K, +, ·) dieselbe Charakteristik. Im Fall χ(K) = 0 ist (P, +, ·)
isomorph zu (Q, +, ·), im Fall χ(K) = p ist er isomorph zu (Z/(p), +, ·).
Beweis: Vorlesung!
Bemerkung 2.84 Für n ∈ N gibt es genau dann einen (endlichen) Körper mit n
Elementen, wenn n = pr für eine Primzahl p und einen Exponenten r ∈ N gilt. Ein
derartiger Körper ist bis auf Isomorphie eindeutig bestimmt und wird mit GF (pr )
oder Fpr bezeichnet und Galois-Feld oder Galois-Körper genannt (Évariste Galois,
1811 - 1832). Es ist immer Z/(p) Primkörper von GF (pr ) und beide haben die
Charakteristik p.
In der Informatik, speziell der Codierungstheorie, werden insbesondere die GaloisFelder GF (2r ) für bestimmte Exponenten r benötigt, etwa r = 8, r = 64, r = 256
etc.
Beispielsweise ist GF (22 ) auf der Menge {0, 1, a, b} durch die folgenden CayleyTafeln gegeben
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2.3 Körper
85
+ 0
0 0
1 1
a a
b b
1
1
0
b
a
a
a
b
0
1
b
b
a
1
0
·
0
1
a
b
0
0
0
0
0
1
0
1
a
b
a
0
a
b
1
b
0
b
1
a
Beispiel 2.85
√ Es sei k ∈ N keine Quadratzahl. Wie im Fall k = 2 kann man
zeigen, daß 2 6∈ Q gilt. Es gibt
√ nun einen kleinsten Unterkörper (D, +, ·)
von (R, +, ·), der A := Q ∪ { k} enthält, nämlich den Durchschnitt über
alle Unterkörper
(U, +,
√
√·) von (R, +,√·) mit A ⊆ U . Man kann zeigen, daß
D = Q( k) := Q + Q k := {a + b k | a, b ∈ Q} gilt. Jeder dieser quadratischen Zahlkörper
damit die Charakteristik 0. Es
√ hat (Q, +,
√ ·) als Primkörper und √
ist jeweils Z( k) := Z + Z k ein Untering von
√ Q( k) und damit ein Integritätsk) ein Quotient von zwei Elementen
bereich.
Weiterhin
ist
jedes
Element
aus
Q
(
√
aus Z( k).
Ersetzt man in √
allen diesen Überlegungen k√durch −k, dann erhält man Unterkörper Q + Q −k und Unterringe Z + Z −k von (C, +, ·). Hier kann man
auch k = −1 wählen und erhält so speziell den Ring der ganzen Gaußschen
Zahlen Z + Zi (Carl Friedrich Gauß, 1777 - 1855).
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Index
n-Fakultät, 55
n-Tupel, 29
n-te Potenz, 29
Äquivalenz, 5
Äquivalenzrelation, 34
Abbildung, 44
bijektive, 44
eineindeutige, 44
identische, 44
injektive, 44
konstante, 60
partielle, 44
surjektive, 44
Absorptionsgesetze, 23
Addition
modulo 2, 79
Adjunktion einer Eins, 60
Aleph Null, 48
Allmenge, 19
Allrelation, 33
Alphabet, 55
Assoziativität, 23
Atom, 4, 12
Aussage, 3
Aussageform, 11
Aussagenvariable, 4
Aussonderungsaxiom, 18
Auswahlaxiom, 38, 44
Automorphismengruppe, 72
Automorphismus, 71
Bahn, 74
Bijektion, 44
Bild, 44
Boolesche Algebra, 23
Boolescher Ring, 77, 78
Buchstabe, 55
Cayley-Tafel, 54, 61–64, 70, 78, 84
De Morgansche Gesetze, 9
Definitionsbereich, 30
Diagonalverfahren
Zweites, 51
Erstes, 49
Differenz, 62
mengentheoretische, 20
symmetrische, 20
Disjunktion, 5
Distributivgesetze, 77
Distributivität, 23
Division mit Rest, 27
doppelte Negation, 8
Durchschnitt, 20
Einbettung, 44
Einermenge, 15
Einheitsintervall, 51
Einschränkung, 30
Einselement, 59
Element
absorbierendes, 59
größtes, 39
invertierbares, 61
kürzbares, 60
kleinstes, 39
linksabsorbierendes, 59
linkskürzbares, 60
linksneutrales, 59
maximales, 39
minimales, 39
neutrales, 59
Ordnung von einem, 67
rechtsabsorbierendes, 59
rechtskürzbares, 60
rechtsneutrales, 59
Endomorphismus, 71
Epimorphismus, 71
Erzeugendensystem, 67
Euklidischer Algorithmus, 83
86
INDEX
Euklidisches Wahrheitskriterium, 11
ex falso quodlibet, 8
Extensionalitätsaxiom, 15
Faktorgruppe, 70
Faktorgruppoid, 69
Faktormenge, 37
Familie, 48
Fixpunkt, 74
Folge
unendliche, 48
Formel
äquivalente, 6
allgemeingültige, 6
aussagenlogische, 4
erfüllbare, 6
gleichwertige, 6
prädikatenlogische, 12
von Peirce, 11
widersprüchliche, 6
Funktion, 45
Galois-Feld, 84
Galois-Körper, 84
geordnetes Paar, 27
gleichmächtig, 48
Grad, 82
Grenze
obere, 40
untere, 40
Gruppe, 62
abelsche, 62
symmetrische, 63
zyklische, 64, 67
Gruppoid, 54
Halbgruppe, 54
freie, 55
monogene, 67
zyklische, 67
Halbverband, 54
Hasse-Diagramm, 35
Homomorphismus, 71
87
Idempotenz, 23
Identität, 33
Implikation, 5
Index, 68
Indexmenge, 48
Infimum, 40
Injektion, 44
Inklusion, 25
Integritätsbereich, 78
Inverses, 61
Inversion, 76
Isomorphismus, 71
Junktor, 5
Körper, 78
Körpererweiterung, 83
kürzbar, 60
Kardinalität, 19
Kardinalzahl, 19, 49, 54
transfinite, 49, 50
kartesisches Produkt, 27
Kette, 34
Kettenschluß, 11
Klasse, 19
Kleinsche Vierergruppe, 63
Koeffizient, 82
Kommutativität, 23
Komplement, 20
Komplementgesetze, 23
Kongruenzrelation, 69
Konjunktion, 5
Konkatenation, 55
Kontinuumshypothese, 51
Kontradiktion, 6
Kontraposition, 11
Korrespondenz, 29, 44
inverse, 29
linkstotale, 30
rechtseindeutige, 30
rechtstotale, 30
Kreuzprodukt, 27
Lateinische Quadrate, 62
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INDEX
Leitkoeffizient, 82
Linkseinselement, 59
Linksinverses, 61
linkskürzbar, 60
Linkskongruenz, 69
Linksnebenklassen, 68
linkstotal, 30
Linkstranslation, 61
Liste, 29
Literal, 10
Mächtigkeit, 19, 48
Menge
überabzählbare, 48
abzählbar unendliche, 48
abzählbare, 48
beschränkte, 39
Dedekind-endliche, 52
endliche, 19
leere, 16
linear geordnete, 34
nach oben beschränkte, 39
nach unten beschränkte, 39
partiell geordnete, 34
Russell-endliche, 52
Russellsche, 17
Tarski-endliche, 52
total geordnete, 34
unendliche, 19
wohlgeordnet, 39
Mengen
disjunkte, 20
paarweise disjunkte, 20
Mengenbildungsaxiom, 18
Mengenfamilie, 48
Mengensystem, 18
Minimalbedingung, 39
Modul, 62
Monoid, 59
Monomorphismus, 71
Multiplikation
modulo 2, 79
Nachfolgerfunktion, 49
88
Nachfolgermenge, 16
natürliche Injektion, 44
Negation, 5
doppelte, 8
Normalform
disjunktive, 10
konjunktive, 10
Normalteiler, 70
Nullelement, 60
Nullmengenaxiom, 15
Nullpolynom, 82
Nullring, 78
Nullteiler, 78
nullteilerfrei, 78
obere Grenze, 40
obere Schranke, 39
Oberkörper, 83
Obermenge, 25
Operation
algebraische, 53
arithmetische, 53
binäre, 53
einstellige, 53
nullstellige, 53
Orbit, 74
Ordnung
eines Gruppoids, 54
lexikographische, 36
partielle, 34
totale, 34
Ordnungsrelation, 34
Paar
geordnetes, 27
Paarmengenaxiom, 15
Partition, 36
Permutation, 55
gerade, 76
ungerade, 76
Permutationsgruppe, 73
transitive, 74
Platonisches Falschheitskriterium, 11
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INDEX
Polynom, 82
Potenzmenge, 26, 60, 78
Potenzmengenaxiom, 26
Prämissenbelastung, 11
Prämissenvertauschung, 11
Präordnung, 34
Primkörper, 84
Produkt
direktes, 27
kartesisches, 27
subdirektes, 44
Produkt von Polynomen, 82
Projektion, 44
kanonische, 47
quadratischer Zahlkörper, 85
Quasigruppe, 62
Quasiordnung, 34
rechtseindeutig, 30
Rechtseinselement, 59
Rechtsinverses, 61
rechtskürzbar, 60
Rechtskongruenz, 69
Rechtsnebenklassen, 68
rechtstotal, 30
Rechtstranslation, 61
Relation, 29
n-stellige, 33
antisymmetrische, 34
asymmetrische, 34
binäre, 33
identische, 33
irreflexive, 34
konnexe, 34
leere, 33
lineare, 34
linkseindeutige, 29
linksinvariante, 69
linkskompatible, 69
linkstotale, 29
rechtseindeutige, 29
rechtskompatible, 69
89
rechtstotale, 29
reflexive, 34
symmetrische, 34
transitive, 34
Repräsentant, 37
Repräsentantensystem, 37
Repräsentantenunabhängigkeit, 47
Restklassen modulo n, 27
Restklassengruppe
prime, 84
Restklassengruppen modulo n, 70
Restklassenring, 80
modulo n, 80
Ring, 77
assoziativer, 77
Boolescher, 77
idempotenter, 77
kommutativer, 77
mit Einselement, 77
Ringhomomorphismus, 80
Russelsche Antinomie, 17
Satz von Cantor, 50
Satz von Lagrange, 68
Satz von Wedderburn, 79
Schiefkörper, 78, 79
Schranke
obere, 39
untere, 39
Selbstimplikation, 8
Signatur
logische, 10
Signum, 76
Sprache
formale, 55
String, 55
Subjunktion, 5
Summe von Polynomen, 82
Supremum, 40
Surjektion, 44
Symbol, 55
Tautologie, 6
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INDEX
Teilkörper, 83
Teilmenge, 25
echte, 25
Term, 5
tertium non datur, 8
Trägermenge, 54
Transformation, 53
Transformationshalbgruppe, 55
Transformationsmonoid, 60
Transitivitätsgebiet, 74
Translation, 61
translation, 68
Transposition, 75
Umkehrabbildung, 45
Unbestimmte, 82
Unendlichkeitsaxiom, 16
Universum, 11
Unmenge, 19
untere Grenze, 40
untere Schranke, 39
Untergruppe, 65
triviale, 66
Untergruppoid, 65
Unterhalbgruppe, 65
erzeugte, 67
Unterkörper, 83
Untermenge, 25
Urbild, 44
Urelement, 17
Urmenge, 17
90
Vergleichsoperator, 5
Verkettung, 32
Verknüpfung, 53
Vorzeichenregeln, 77
Wahrheitswert
Boolescher, 4
Wahrheitswertetafel, 6
Wertebereich, 30
Widerspruch, 6
Widerspruchsbeweis, 8
Wohldefiniertheit, 47
Wohlordnung, 39, 40, 43, 50
Wohlordnungssatz, 43
Wort, 55
leeres, 60
Zahlen
ganze, 38
ganze Gaußsche, 85
natürliche, 16
rationale, 38, 43
reelle, 43, 50
Zeichen, 55
Zerlegung, 36
Zornsches Lemma, 43, 44
Zweiermenge, 15
zyklische Vertauschung, 75
Zyklus, 75
Variable, 11
arithmetische, 5
aussagenlogische, 4
frei vorkommende, 11
gebundene, 12
Verband, 23, 40, 54
distributiver, 23
Vereinigung, 20
Vereinigungsmengenaxiom
großes, 26
kleines, 16
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