Vergessen mußt, was früher Du gelernt! „Unser Bildner hat zu den Sinnen den Geist gefügt, nicht bloß, damit sich der Mensch seinen Lebensunterhalt erwerbe, sondern auch dazu, daß wir vom Sein der Dinge, die wir mit unseren Augen betrachten, zu den Ursachen ihres Seins und Werdens vordringen, wenn auch weiter kein Nutzen damit verbunden ist.“ Johannes Kepler SPEZIELLE und ALLGEMEINE RELATIVITÄTSTHEORIE Dozent: Jan Kalisch © Jan Kalisch, 2004 „Von der Relativitätstheorie werden Sie überzeugt sein, wenn Sie dieselbe studiert haben werden. Deshalb verteidige ich Sie Ihnen mit keinem Wort.“ Albert Einstein * Ulm, 14.3.1879, † Princeton, 18.4.1955 WICHTIGE ARBEITEN EINSTEINS 1905 „Über einen die Erzeugung und Verwandlung des Lichtes betreffenden heuristischen Gesichtspunkt“ – Photoeffekt, „Zur Elektrodynamik bewegter Körper“ – erste Arbeit zur SRT, „Ist die Trägheit eines Körpers von seinem Energieinhalt abhängig?“ – E = m c² 1911 „Einfluß der Schwerkraft auf die Ausbreitung des Lichtes“ – erste entscheidende Ideen zur ART 1913 „Entwurf einer Verallgemeinerten Relativitätstheorie und eine Theorie der Gravitation“ (mit Großmann) 1915 „Zur Allgemeinen Relativitätstheorie“, „Erklärung der Perihelbewegung des Merkur aus der ART“, „Feldgleichungen der Gravitation“ 1923 Physik-Nobelpreis für seine „Verdienste um die Theoretische Physik, besonders für die Entdeckung des für den Photoelektrischen Effekts geltenden Gesetzes“ DIE PHYSIK ALS EXAKTE NATURWISSENSCHAFT • physikalische Theorie – besteht aus möglichst wenig Axiomen (Grundannahmen) – beschreibt möglichst viele Phänomene (Versuche) – aus den Axiomen folgen logisch alle anderen Gesetze • physikalisches Gesetz – nicht beweisbar – kann nur durch endliche Anzahl von Versuchen unterstützt werden – ist Aussage über den Zusammenhang physikalischer Größen – muß experimentell überprüfbar sein => Größen müssen meßbar sein • physikalische Größe – durch Meßvorschrift definiert – Messung muß prinzipiell überall und jederzeit durchführbar sein • Messen – Vergleich des Wertes einer Größe mit einem Bezugswert • Bezugswert – Wert der Größe für einen Bezugszustand oder –prozeß – zugewiesener Zahlenwert legt physikalische Einheit fest ENTWICKLUNG DER PHYSIK IM GROBEN KLASSISCHE MECHANIK ELEKTRODYNAMIK & OPTIK SPEZIELLE RELATIVITÄTSTHEORIE KLASSISCHE QUANTENMECHANIK NEWTONS GRAVITATIONSGESETZ ALLGEMEINE RELATIVITÄTSTHEORIE SPEZIELLRELATIVISTISCHEQUANTENMECHANIK ? KLASSISCHE MECHANIK UND ELEKTRODYNAMIK • Vorwort • ‚Relativ‘ und ‚absolut‘ • Grundbegriffe jeder Mechanik • Geometrie und Raumbegriff der Physik • Grundbegriffe in der Klassischen Mechanik (1) • Geradlinig gleichförmige Bewegung • Kräftefreie Bewegung (Bewegung aus Trägheit) • Trägheitsgesetz und Inertialsysteme • Galilei-Transformationen • Relativitätsprinzip der Klassischen Mechanik • Klassisches Additionstheorem für Geschwindigkeiten • Äthertheorie • Maxwells Elektrodynamik • Konsequenzen • Auflösung durch Einstein „Am Anfang (wenn es einen solchen gab), schuf Gott Newtons Bewegungsgesetze samt den notwendigen Massen und Kräften. Dies ist alles; das Weitere ergibt die Ausbildung geeigneter mathematischer Methoden durch Deduktion.“ ‚RELATIV‘ UND ‚ABSOLUT‘ • relativ = vom Beobachter abhängig • absolut = vom Beobachter unabhängig, für alle Beobachter gleich GRUNDBEGRIFFE JEDER MECHANIK • • • • Thema: Bewegung der Körper und die auf sie wirkenden Kräfte Bewegung = Änderung des Ortes im Raum mit der Zeit Körper = Objekt mit einer Masse => Grundbegriffe der Mechanik: Raum, Zeit, Masse, Kraft GEOMETRIE UND RAUMBEGRIFF DER PHYSIK • Ortsbestimmung setzt Längenmessung voraus • Längenmessung setzt Abstandsdefinition voraus • Definition: Zwei Punkte eines starren Körpers haben stets den gleichen Abstand. • Definition ordnet dem mathematischen Begriff ‚Abstand‘ ein physikalisch reales Objekt zu • Axiome einer Geometrie (Mathematik) nun auf realen Raum übertragbar => Zutreffen der Axiome auf realen Raum experimentell prüfbar • Messungen => Geometrie, die den realen Raum am besten beschreibt • Längenmessung: Konstruiere (kürzeste) Verbindungslinie gemäß dieser Geometrie, trage Linie mit starren Stäbchen bekannter Länge ab • Geodäte := kürzeste Verbindungslinie zwischen zwei Punkten „Insofern die Geometrie sicher ist, sagt sie nichts über die wirkliche Welt aus, und insofern sie über unsere Erfahrung etwas aussagt, ist sie nicht sicher.“ GRUNDBEGRIFFE IN DER KLASSISCHEN MECHANIK RAUM • Newton postulierte die Existenz eines Absoluten Raumes • Eigenschaften des Absoluten Raumes – existiert unabhängig von jeder Materie – wird durch Materie in ihm nicht beeinflußt – ist Ruhesystem des Äthers – dreidimensional – räumlicher Abstand von Ereignissen ist absolut – euklidisch (Satz des Pythagoras gilt überall) Isaac Newton – kein Ort vor anderen ausgezeichnet (homogen) – keine Richtung vor anderen ausgezeichnet (isotrop) • Messung räumlicher Abstände = Abtragen der Verbindungsgeraden mit starren Stäbchen bekannter Länge • Orts- und Zeitangaben nur bei Angabe des Bezugssystems vollständig • hier nur kartesische Koordinatensysteme ZEIT • Newton postulierte die Existenz einer Absoluten Zeit • Eigenschaften der Absoluten Zeit (Newton): – wird durch Materie nicht beeinflußt – zeitlicher Abstand von Ereignissen ist absolut => Gleichzeitigkeit ist absolut – eindimensional – homogen und isotrop • Messung zeitlicher Abstände = Zählen der Ticks einer Uhr • Messung räumlicher und zeitlicher Abstände ist nun definiert => Bewegungsgrößen wie Geschwindigkeit v := dx/dt und Beschleunigung a:= d²x/dt² sind meßbar GERADLINIG GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNG Def.: Eine Bewegung x(t) heißt geradlinig gleichförmig in bezug auf ein Koordinatensystem (KS), wenn x(t) in diesem KS eine Gerade ist (also d²x/dt² ≡ 0) KRÄFTEFREIE BEWEGUNG (BEWEGUNG AUS TRÄGHEIT) • Kraft = Folge der Wechselwirkung mit anderen Körpern • nimmt mit dem Abstand ab (Feldkräfte) oder verschwindet (Kontaktkräfte) => Ein von allen anderen Körpern hinreichend entfernter Körper bewegt sich praktisch kräftefrei TRÄGHEITSGESETZ UND INERTIALSYSTEME • Newtonsche Axiome gelten nur in speziellen KSen, den Inertialsystemen • 1. Axiom legt Inertialsysteme fest: Ein kräftefreier Körper bewegt sich in allen Inertialsystemen geradlinig gleichförmig • Umgekehrt: Sind alle kräftefreien Bewegungen in einem KS geradlinig gleichförmig, so ist das KS ein Inertialsystem (IS) GALILEI-TRANSFORMATIONEN (GT) x‘ = x – v t, t‘ = t (einfachster Fall) • Alle ISe sind durch GT verbunden (gegeneinander geradlinig gleichförmig und drehungsfrei bewegt) • Beweis: Sei x(t) kräftefrei und daher d²x/dt² = 0 im IS K. => d²x‘/dt‘² = d²x‘/dt² = d²(x – v t)/dt² = d²x/dt² = > d²x‘/dt‘² = 0 => Bewegung auch in K‘ geradlinig gleichförmig => K‘ ist IS. Wegen der Beliebigkeit von v folgt daraus die Behauptung. Galileo Galilei RELATIVITÄTSPRINZIP DER KLASSISCHEN MECHANIK • 2. Axiom: F = dp/dt, p := m v bzw. für Massenpunkt: F = m d²x/dt² • gilt nach Voraussetzung in allen ISen, also auch F‘ = m‘ d²x‘/dt‘² • Masse nicht geschwindigkeitsabhängig: m‘ = m • d²x‘/dt‘² = d²x/dt² (s.o.) => F‘ = m‘ d²x‘/dt‘² = m d²x‘/dt‘² = m d²x/dt² = F => Kräfte in beiden ISen gleich => IS-Wechsel ändert Bewegungsgleichung nicht => Relativitätsprinzip der KM: Alle Inertialsysteme sind zur Beschreibung der Physik gleichberechtigt Bedeutung: Führt man die gleichen Experimente in verschiedenen Inertialsystemen durch, so wird man anhand der Ergebnisse auf dieselben allgemeinen Gleichungen kommen. Umgekehrt gelten dieselben allgemeinen Gesetze in allen Inertialsystemen. IS-Wechsel = GT => KM ist ‚galilei-invariant‘ KLASSISCHES ADDITIONSTHEOREM FÜR GESCHWINDIGKEITEN • Zug (K‘) mit Geschwindigkeit v relativ zum Gleis (K), Mann mit Geschwindigkeit w‘ relativ zum Zug Wie groß ist die Geschwindigkeit w des Mannes relativ zum Gleis? • Steht der Mann eine Zeit ∆t still, so bewegt er sich relativ zum Bahnhof um v ∆t. Er bewegt sich nun aber noch innerhalb des Zuges um w‘∆t. Insgesamt bewegt er sich also um ∆x = v ∆t + w‘∆t. Wegen ∆x = w ∆t folgt w = v + w‘ • v, w‘ dürfen zeitabhängig sein, weil nur kleine Zeit ∆t betrachtet wird ÄTHERTHEORIE • Newton: Kraftübertragung erfolgt ohne Einfluß des dazwischenliegenden Raumes und damit ohne Zeitverzögerung => keine Erklärung für Fernwirkungen wie Gravitation, Elektromagnetismus • Licht und Schall haben Welleneigenschaften • Schall = Schwingung der Luft => Vermutung: Licht = Schwingung eines elastischen Mediums ‚Äther‘, das den gesamten Raum ausfüllt (mechanische Lichttheorie) • Faraday: Ätherkonzept erklärt Fernwirkungskräfte durch Übertragung von Zug- und Druckspannungen im Äther Michael Faraday • Maxwell: Schwingungen des Äthers breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit aus => Licht als elektromagnetische Welle deutbar • Newton: Das Ruhesystem des Äthers definiert den Absoluten Raum und ist ein Inertialsystem; er selbst mochte weder Äther noch Absoluten Raum MAXWELLS ELEKTRODYNAMIK • elektrisches Feld E gibt an, welche Kraft auf eine ruhende Ladung durch andere Ladungen wirkt • magnetisches Feld B gibt an, welche Kraft auf einen Strom (bewegte Ladung) durch andere Ströme wirkt • Unterscheidung zwischen ruhenden und bewegten Ladungen relativ James Clerk Maxwell => elektrische und magnetische Phänomene sind zwei Seiten derselben Medaille ‚Elektromagnetismus‘, nur der Winkel, unter dem man auf diese Medaille schaut, ist von Beobachter zu Beobachter verschieden • Maxwell-Gleichungen beschreiben Eigenschaften und Zusammenhang von E- und B-Feld • Maxwell-Gleichungen sind nicht galilei-invariant PROBLEME Konstanz der Lichtgeschwindigkeit • astronomische Beobachtungen (DeSitter) => Vakuumlichtgeschwindigkeit c ist unabhängig von der Bewegung der Lichtquelle und des Beobachters • Interferenzversuch (Michelson): keine Bewegung der Erde durch den Äther nachgewiesen – c konstant => gleisfester (K‘) bzw. zugfester (K) Beobachter mißt für den Lichtstrahl einer zugfesten Lampe: w‘ = c bzw. w = c Relativitätsprinzip der KM • klassische Addition von Geschwindigkeiten: w = v + w‘ Albert Michelson => gleisfester bzw. zugfester Beobachter mißt für den Lichtstrahl einer zugfesten Lampe: w‘ = c bzw. w = v + c => Widerspruch zwischen Konstanz der Lichtgeschwindigkeit und Relativitätsprinzip der KM Auflösungsversuch mit der Ätherhypothese • Erde schleppt Äther (= Trägermedium des Lichts) in ihrer Nähe mit => entweder: c in großer Entfernung beobachterabhängig – niemals nachgewiesen oder: gesamter Äther des Universums wird von der Erde mitgenommen – sehr exzentrischer Gedanke • Konstanz von c experimentell sehr genau bestätigt => Relativitätsprinzip muß falsch sein, => physikalische Gesetze müssen in einem bestimmten KS besonders einfach sein Vorschlag von Lorentz (Lorentz-Kontraktion): • Bewegung eines Körpers im Äther führt zur Kontraktion • Kontraktion wird durch Lorentz-Transformationen (LT) beschrieben (einfachster Fall): x‘ = γ (x – v t), t‘ = γ (t – v x/c²), γ := [1 – v²/c²] – ½ • Problem: Kontraktion prinzipiell nicht nachweisbar, denn jeder Maßstab erführe gleiche Kontraktion – Aussage physikalisch wertlos Hendrik Antoon Lorentz AUFLÖSUNG DURCH EINSTEIN (1905) • Einstein postuliert: Relativitätsprinzip (Gleichberechtigung aller IS) und Konstanz der Lichtgeschwindigkeit sind beide richtig => (1) Lorentz-Transformationen sind die realen Transformationsgesetze für Raum und Zeit in verschiedenen Inertialsystemen, (2) Äthertheorie überflüssig • Einstein zeigt: Maxwells Elektrodynamik ist lorentz-invariant !!! => Newtonsche Mechanik ist falsch und muß durch eine lorentz-invariante Form ersetzt werden SPEZIELLE RELATIVITÄTSTHEORIE • • • • • • • • • • • • • • • • • Vorwort Grundbegriffe in der Speziellen Relativitätstheorie Relativitätsprinzip Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit Relativität der Gleichzeitigkeit Lorentz-Transformationen Relativität räumlicher Abstände Relativität zeitlicher Abstände Additionstheorem für Geschwindigkeiten Minkowski-Diagramme Vierdimensionale Raumzeit Einteilung der Raumzeit und Kausalitätsprinzip Definition von Meter und Sekunde Geschwindigkeitsabhängigkeit der Masse Masse-Energie-Äquivalenz Massen- und Energieerhaltung Optischer Doppler-Effekt und Hubble-Gesetz „Der gesunde Menschenverstand, das ist die Summe aller unserer bis zum 18. Lebensjahr angesammelten Vorurteile.“ „Der normale Erwachsene denkt über die Raum-Zeit-Probleme kaum nach. Das hat er nach seiner Meinung bereits als Kind getan. Ich hingegen habe mich geistig derart langsam entwickelt, daß ich erst als Erwachsener anfing, mich über Raum und Zeit zu wundern. Naturgemäß bin ich dann tiefer in die Problematik eingedrungen als die normal veranlagten Kinder.“ GRUNDBEGRIFFE IN DER SPEZIELLEN RELATIVITÄTSTHEORIE RAUM • Einstein postulierte folgende Eigenschaften: – wird durch Materie in ihm nicht beeinflußt – dreidimensional – euklidisch – homogen – isotrop • Messung räumlicher Abstände = Abtragen der Verbindungsgeraden mit (möglichst) starren Stäbchen ZEIT • Einstein postulierte folgende Eigenschaften: – eindimensional – homogen • Messung zeitlicher Abstände s.u. Die übrigen Aussagen über Raum und Zeit folgen aus der Kombination mit folgenden Postulaten: RELATIVITÄTSPRINZIP Die Naturgesetze nehmen in allen Inertialsystemen die gleiche Form an, d.h. alle Inertialsysteme sind zur Beschreibung der Physik gleichberechtigt. Inertialsysteme sind (wie in der KM) durch geradlinig gleichförmige Bewegungen kräftefreier Körper definiert. PRINZIP DER KONSTANZ DER LICHTGESCHWINDIGKEIT Licht breitet sich im Vakuum in allen Inertialsystemen mit der Geschwindigkeit c = 299.792.458 m/s aus - unabhängig von der Bewegung der Lichtquelle. RELATIVITÄT DER GLEICHZEITIGKEIT • Behauptung: An zwei Orten A und B schlägt gleichzeitig ein Blitz ein. Was bedeutet ‚gleichzeitig‘? Mit welcher Meßvorschrift kann man Gleichzeitigkeit prüfen? • Vorschlag zur Definition: Apparat in die Mitte M der Strecke AB stellen: erstes Eintreffen eines Lichtstrahls startet Uhr, zweites Eintreffen eines Lichtstrahls stoppt Uhr. Zeigt die Uhr null an, so nenne man die Ereignisse gleichzeitig. • Kritik - Definition setzt gleiche Geschwindigkeit des Lichts auf den Strecken AM und BM voraus - diese Annahme ist erst prüfbar, wenn Zeitmessung schon bekannt ist • Scheinbar dreht man sich logisch gesehen im Kreis • Kritik an der Kritik: – Vorschlag macht in Wirklichkeit keine Voraussetzung über das Licht, denn Gleichzeitigkeit hat bisher noch keinen Sinn => ihre Definition muß nur eine experimentelle Entscheidung über das Zutreffen des zu definierenden Begriffs ‚Gleichzeitigkeit‘ ermöglichen – das tut sie => Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ist keine Voraussetzung oder Annahme, sondern Festlegung • bisher nur Messung räumlicher Abstände definiert • Festlegen der Lichtausbreitungsgeschwindigkeit => Definition zeitlicher Abstände • Seien A und B gleichzeitig im obigen Sinne und ebenso B und C • Vorstellung fordert Gleichzeitigkeit (im obigen Sinne) von A und C • Zutreffen dieser Aussage ist nicht selbstverständlich, sondern Annahme über das Gesetz der Lichtausbreitung • nur wenn A, B, C gleichzeitig im obigen Sinne sind, ist es sinnvoll, an der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit festzuhalten => sinnvolle Zeitdefinition: überall baugleiche Uhren aufstellen, die gleichzeitig (im obigen Sinne) alle den gleichen Zeigerstand haben (synchron) => Zeit eines Ereignisses = Zeigerstand auf der unmittelbar benachbarten Uhr • Synchronisation von Uhren: – Abstand di zwischen Uhr i und Uhr 0 messen, – Aussenden eines Lichtblitzes von der Uhr 0 zu ihrer Zeit t0, – bei Eintreffen des Lichtstrahls Uhr i auf ti = di/c stellen • so wird heutzutage die Weltzeit mit Atomuhren festgelegt • Additionstheorem für Geschwindigkeiten der KM => Widerspruch zur Konstanz der Lichtgeschwindigkeit • Herleitung enthielt zwei Annahmen, die genau genommen falsch sind: – (1) vergeht im Gleissystem die Zeit ∆t, so vergeht genauso viel Zeit im Zugsystem – (2) legt der Mann im Zugsystem die Strecke ∆x‘ zurück, so legt er eine genauso große Strecke im Gleissystem zurück – KM: räumliche und zeitliche Abstände absolut => Annahmen erlaubt SRT • Zug-KS: Blitzeinschläge an den Orten A‘ und B‘ • Zug-KS: Mittelpunkt der Strecke A‘B‘ ist M‘ • Gleis-KS: M‘ fällt im Augenblick der Blitzeinschläge mit M zusammen, bewegt sich aber mit v weiter • => eilt dem von B kommenden Lichtstrahl entgegen bzw. dem von A kommenden voraus • => Zug-KS: B findet früher statt als A • => Gleichzeitigkeit ist relativ LORENTZ-TRANSFORMATIONEN (LT) • Suche eineindeutige Transformationen x‘(x,t) und t‘(x,t) für die Koordinaten zweier Inertialsysteme, so daß Konstanz der Lichtgeschwindigkeit in beiden Systemen gilt. • einzige Lösung: Lorentz-Transformationen (hier einfachster Spezialfall) x‘ = γ (x – v t), t‘ = γ (t – v x/c²), γ =1/Wurzel[1 – v²/c²] • gehen für c → ∞ in Galilei-Transformationen über • |v| > c => imaginäre Längen und Zeiten – nicht sinnvoll => c ist obere Grenze für Geschwindigkeiten • Konstanz der Lichtgeschwindigkeit erfüllt, denn: Ausbreitung mit Lichtgeschwindigkeit in K (x = c t) <=> Ausbreitung mit Lichtgeschwindigkeit in K‘ (x‘ = c t‘) RELATIVITÄT RÄUMLICHER ABSTÄNDE • Stab der Länge L ruhe in K‘ : x‘(A) = 0, x‘(E) = L ∀ t‘ • Wie lang ist er in K ? (zur festen aber beliebigen Zeit t) • LT => 0 = γ (x(A) – v t), L = γ (x(E) – v t) => x(E) – x(A) = L/γ = L * Wurzel[1 – v²/c²] Lorentz-Kontraktion: Ein bewegter Stab ist verkürzt, in seinem Ruhesystem hat er die größte Länge RELATIVITÄT ZEITLICHER ABSTÄNDE • Uhr mit Taktlänge T ruhe in K‘ : t‘(A) = 0, t‘(E) = T ∀ x‘ • Wie lange dauert der Takt in K ? (am festen aber beliebigen Ort x) • LT => 0 = γ (t(A) – v x/c²), T = γ (t(E) – v x/c²), => t(E) – t(A) = T/γ = T * Wurzel[1 – v²/c²] Zeitdilatation: Der Takt einer bewegten Uhr ist verkürzt, in ihrem Ruhesystem dauert er am längsten. Die Zeit vergeht in bewegten IS langsamer. • Experimenteller Beweis für beide Effekte: Myonen – der Weg zur Erde ist verkürzt bzw. ihre Uhren gehen langsamer ADDITIONSTHEOREM FÜR GESCHWINDIGKEITEN IN DER SRT • Skizze wie bei KM • LT: x‘ = γ (x – v t), t‘ = γ (t – v x/c²) <=> x = γ (x‘ + v t‘), t = γ (t‘ + v x‘/c²) • x‘ = Ort des Fahrgasts im Zug-KS => x‘ = w‘ t‘ • x = Ort des Fahrgasts im Gleis-KS => x = w t => w = (v + w‘)/(1 + v w‘/c²) Bewegungen mit Unterlicht- bzw. Lichtgeschwindigkeit erfolgen in allen IS mit Unterlicht- bzw. Lichtgeschwindigkeit • Experimenteller Beweis: Lichtausbreitung in strömender Flüssigkeit: – kohärenten Lichtstrahl aufspalten – einen Teilstrahl durch ruhendes, anderen durch strömendes Medium schicken – anschließend beide zur Interferenz bringen – v = Strömungsgeschwindigkeit, – w‘ = c/n = Lichtgeschwindigkeit relativ zur Flüssigkeit => w = (c/n + v)/(1 + v/n c) ≈ c/n +v (1 – 1/n²) – empirische Formel von Fizeau (1849) MINKOWSKI-DIAGRAMME (MD) • erlauben graphische Lösung räumlich eindimensionaler SRT-Probleme KONSTRUKTION Bildschirmpräsentation: Betrachten der einzelnen Schritte (1) x- und ct-Achse: gleicher Maßstab, senkrecht aufeinander; Haupt- und Nebendiagonale = Weltlinien des am Ursprung gezündeten Lichtblitzes (2) LT => Gleichungen für x‘-Achse (ct‘= 0) und ct‘-Achse (x‘= 0): ct = v/c * x bzw. x = v/c * ct => x‘-Achse gegenüber x-Achse um Winkel α mit tan α = v/c in Richtung Hauptdiagonale geneigt (analog für ct‘-Achse) (3) x² - (ct)² = x‘² - (ct‘)² => Betrachte (x‘,t‘) = (1,0) => Hyperbelgleichung. Schnittpunkte von Hyperbel und x‘Achse hat x‘=1 (analog für ct‘-Achse). LT linear => wiederholtes Abtragen der Strecke liefert richtige Skala für x‘- und ct‘-Achse (4) Koordinatenlinien = Parallelen zu Achsen des betreffenden KS • Bisher nur einfachster Spezialfall der LT (Systeme in StandardKonfiguration) und eindimensionale Probleme: – x‘- und x-Achse fallen zusammen und haben gleiche Orientierung – Ursprung von S bewegt sich längs x-Achse mit v = const. – Ebenen y‘ = 0 und z‘ = 0 fallen stets mit den Ebenen y = 0 und z = 0 zusammen – Uhren zeigen im Moment des Zusammenfallens beider Systeme t‘=0=t • komplizierter: Fotos bewegter Körper: Überlagerung von LorentzKontraktion und Laufzeiteffekten VIERDIMENSIONALE RAUMZEIT • Minkowski: Raum und Zeit sind völlig gleichberechtigte Koordinaten einer vierdimensionalen Raumzeit ‚Welt‘ mit x1 := x, x2 := y, x3 := z, x4 := i c t. • Weltpunkt, Punktereignis = Ereignis ohne zeitliche Dauer und räumliche Ausdehnung • Weltlinie = Verbindungslinie der Weltpunkte einer Punktmasse • Abstand ∆s zweier beliebiger Weltpunkte xi und yi: ∆s² = ∑ (yi – xi)² (wie Pythagoras), • denn: Raum der SRT ist euklidisch und • Raumzeit ist pseudo-euklidisch, wegen „–“ c² t² ∆s ist für zwei beliebige Weltpunkte invariant unter allen Lorentz-Trafos „... früher war Einstein ein richtiger Faulpelz. Um die Mathematik hat er sich überhaupt nicht gekümmert.“ Hermann Minkowski EINTEILUNG DER RAUMZEIT UND KAUSALITÄTSPRINZIP • Wechselwirkungen und Informationen breiten sich höchstens mit c aus • => in bezug auf den Ursprung U = {0,0,0,0} können alle Ereignisse – mit t > 0 und Wurzel[x²+y²+z²] ≤ c t Wirkung (Zukunft) – mit t < 0 und Wurzel[x²+y²+z²] ≤ - c t Ursache (Vergangenheit) – mit Wurzel[x²+y²+z²] ≥ |c t| weder Ursache noch Wirkung (Gegenwart) von U sein. Anders formuliert: Vergangenheit ∆t < 0 ∆s² ≤ 0 zeitartig ∆s² > 0 raumartig Gegenwart Zukunft ∆t > 0 ∆s² ≤ 0 zeitartig • Für zeitartige Ereignisse gibt es immer ein IS, in dem der räumliche Abstand verschwindet • für raumartige Ereignisse gibt es immer ein IS, in dem der zeitliche Abstand verschwindet • ∆s² invariant unter LT => zeitartige Ereignisse bleiben zeitartig, raumartige bleiben raumartig • Ereignisse mit Wirkungszusammenhang sind offenbar zeitartig, Ereignisse ohne Wirkungszusammenhang raumartig miteinander verknüpft • Besonderheit der Zeit: sie läuft nur in eine Richtung ab* => Kausalitätsprinzip: Läßt sich von zwei Ereignissen A und B A als Ursache von B erklären, so muß A zeitlich vor B stattgefunden haben • KM: Zeit absolut => falls A für einen Beobachter vor B, so auch für alle anderen • SRT: Zeit relativ => Kann das Kausalitätsprinzip durch irgendeinen Beobachter, d.h. in irgendeinem IS verletzt werden? • Nein! Beweis: - (1) Besteht in einem IS ein Wirkungszusammenhang, so sind die Ereignisse dort zeitartig zueinander - (2) Dann bleiben die Ereignisse in allen IS zeitartig zueinander - (3) Da die ct-Achsen in allen IS nach oben* zeigen, bleibt die zeitliche Abfolge aller zueinander zeitartigen Ereignisse erhalten • Weitere Konsequenz: es gibt keinen absolut starren Körper 1D 2D - Lichtkegel • für geometrische Punkte ist v > c erlaubt: Drehen einer Taschenlampe: Lichtfleck auf weit entfernter Wand kann v > c haben, aber Informationsübertragung geschieht zwischen Lampe und Wand (mit v ≤ c), nicht zwischen verschiedenen Punkten der Wand DEFINITION VON METER UND SEKUNDE • nutzt Konstanz der Lichtgeschwindigkeit • Relativitätspostulat => Bei zwei Experimenten mit gleichem Aufbau und gleichem Anfangszustand vergeht unter gleichen Bedingungen bis zum (ersten) Eintreten des Folgezustands dieselbe Zeit. • für periodische Vorgänge ist die Zeitdauer einer Periode immer gleich => Definition: 1 Sekunde := 9.192.631.770fache Periodendauer der beim Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von 133Cs emittierten Strahlung => Definition: 1 Meter := 1/299.792.458 der vom Licht in einer Sekunde zurückgelegten Strecke GESCHWINDIGKEITSABHÄNGIGKEIT DER MASSE • Wand ruht in K parallel zur x-Achse • Kugel bewegt sich mit Geschwindigkeit w parallel zur y-Achse • Einschlag in Wand = vollkommen unelastischer Stoß • Kugel bleibt stecken => überträgt gesamten Impuls p = m w => Tiefe des Loches = Maß für den Impuls • K‘ bewegt sich parallel (x-Richtung) zur Wand mit v => gleiche Lochtiefe (y‘ = y) => p‘ = p • Zeitdilatation (t = t‘/γ) => Kugel hat Geschwindigkeit w‘ = w / γ => m‘ w‘ = m w => m‘ = γ(v) m m = γ m0 m = dynamische Masse, m0 = Ruhemasse • Kein Körper darf eine unendliche Masse haben => v < c • Ausnahme: m0 = 0 – Photonen alternative Herleitung: beide Beobachter stellen Gleichgewicht fest, beurteilen aber Raum und Zeit verschieden => Masse verschieden MASSE-ENERGIE-ÄQUIVALENZ • Ekin = Arbeit zur Beschleunigung aus der Ruhe auf die Geschwindigkeit v • Arbeit W := ∫F.dx = ∫F. v dt, F = dp/dt, p = m(v(t)) v(t) => Ekin(v) = ... = m0 c² (γ – 1) = m c² - m0 c² ≈ m0 v²/2 für |v/c|<<1 • W 12 = ∆E = Ekin(v2) – Ekin(v1) = [m(v2) - m(v1)] c² => Führt man einem Körper die Energie W zu, so erhöht sich dadurch seine Masse um W/c², d.h. ∆E = ∆m c² => Massenzuwachs bei Erwärmung • Postulat: wenn man alle Masse abführt, bleibt keine Energie übrig lim E (m 0) = 0 => E = m c² Masse ist eine Form der Energie (und umgekehrt) • Kein Körper darf unendlich viel Energie haben => v < c (außer Photonen) • E0 := E (v = 0) = m0 c² heißt Ruhenergie • im Gegensatz zur KM ist der absolute Wert der Energie festgelegt • zur Umwandelbarkeit von Masse in Energie ist damit noch nichts gesagt MASSEN- UND ENERGIEERHALTUNG • KM: Massen- und Energieerhaltungssatz sind unabhängig voneinander • SRT: keine Massenerhaltung, dafür aber Zusammenhang zwischen Masse und Energie: „Das wichtigste Ergebnis der Speziellen Relativitätstheorie betraf die träge Masse körperlicher Systeme. Es ergab sich, daß die Trägheit eines Systems von seinem Energieinhalt abhängen müsse, und man gelangte geradezu zur Auffassung, daß träge Masse nichts anderes sei als latente Energie. Der Satz von der Erhaltung der Masse verlor seine Selbständigkeit und verschmolz mit dem von der Erhaltung der Energie.“ Experimentelle Bestätigung: ist groß, gelb und (fast) jeden Tag zu sehen... • E = m c² ist die einzige Erklärung für den enormen Energieumsatz der Sonne unter Berücksichtigung ihres enormen Alters: • 584 Mio. t Wasserstoff fusionieren pro Sekunde zu 580 Mio. t Helium, die restlichen 4 Mio. t zerstrahlen zu Energie. • nach klassischen Vorstellungen wäre die Sonne schon längst so stark abgekühlt, daß ihr Licht für unser Überleben nicht genügen würde. Weitere Bestätigung... E = m c² (1905) „Es existiert vorläufig nicht der leiseste Anhalt dafür, ob und wann jemals diese Energiegewinnung erzielt werden könnte.“ (1920) „Einige neuere Untersuchungen von Enrico Fermi und Leo Szilard, die mir im Manuskript zugänglich wurden, lassen mich erwarten, daß das Element Uran zu einer neuen und wichtigen Energiequelle in der unmittelbaren Zukunft werden kann...“ (1939) Bildschirmpräsentation: nach Zitat 3 etwas warten • Wichtig für Elementarteilchenphysik: Energie-Impuls-Beziehung: E² = c² p² + E 0² Energie- und Impulserhaltung => E und p experimentell bestimmbar, Formel => E0 bzw. Ruhemasse m0 Experimentelle Bestätigung in unzähligen Versuchen mit Teilchenbeschleunigern • Gleichung ist Schlüssel zur speziell-relativistischen Quantenmechanik • Impulserhaltung gilt in der SRT in allen Inertialsystemen OPTISCHER DOPPLER-EFFEKT UND HUBBLE-GESETZ • akustischer Doppler-Effekt: Frequenz des Schalls ist von der Bewegung der Schallquelle und des Beobachters relativ zum Medium der Schallausbreitung (Luft) abhängig • Schall und Licht haben Welleneigenschaften => optischer Doppler-Effekt • c = const. in allen ISen => nur Relativbewegung von Quelle und Beobachter wichtig • c = λ f => Wellenlänge bzw. Frequenz beobachterabhängig • bei Energiezufuhr emittiert jedes Element Lichtquanten mit für das Element typischen Frequenzen (Fingerabdruck) • im Licht eines Sterns, der diese Elemente enthält, fehlen diese Frequenzen (Frauenhofer-Linien) => Rückschluß auf chemische Zusammensetzung • Licht von sich mit v entfernenden Galaxien: optischer Doppler-Effekt => Frequenzen aller Linien verändert gemäß fE = [(c – v)/(c + v)] fS • => Wellenlängen-Verhältnisse ändern sich nicht => Zuordnung der Linien zu den Elementen • Vergleich mit Wellenlängen auf der Erde => Faktor des Doppler-Effekts => Relativgeschwindigkeit der Galaxie zur Erde • Beobachtung (Hubble, 1925): die meisten Galaxien entfernen sich von uns gemäß: v = H r (H = Hubble-Konstante) • gerade noch erlaubt: v = c => größtmögliche Entfernung – Annahme: Rand des Universums liegt in dieser Entfernung • Weltall hat sich zu allen Zeiten höchstens mit c ausgebreitet => H = 1/Weltalter = ca. 10 – 20 Mrd. Jahre • Doppler-Effekt => Entfernung von Galaxien Edwin Hubble RELATIVISTISCHE PHYSIK Von der Masse-Energie-Äquivalenz und die Energie-Impuls-Beziehung abgesehen, haben wir bisher nur beschrieben, wie sich physikalische Größen bei einem Wechsel des Bezugssystems ändern. Die eigentliche Physik, d.h. der Zusammenhang zwischen verschiedenen physikalischen Größen, fehlt noch. In SRT und ART werden diese Gesetze konsequent mit Vierervektoren und entsprechend mit 4x4-Matrizen formuliert. Nur in dieser Darstellung entfalten die Gleichungen ihre volle Schönheit. Hierfür muß ich (leider) auf die entsprechende Fachliteratur verweisen. Viel zu lernen Du noch hast! „Wichtig ist, daß man nicht aufhört zu fragen. Neugier hat ihren eigenen Seinsgrund. Man kann nicht anders als die Geheimnisse von Ewigkeit, Leben oder die wunderbare Struktur der Wirklichkeit ehrfurchtsvoll zu bestaunen. Es genügt, wenn man versucht, an jedem Tag lediglich ein wenig von diesem Geheimnis zu erfassen. Diese heilige Neugier soll man nie verlieren.“ ALSO FRAGEN WIR: WARUM IST DIE SPEZIELLE RELATIVITÄTSTHEORIE SPEZIELL ? WARUM GIBT ES DIE ALLGEMEINE RELATIVITÄTSTHEORIE ? ALLGEMEINE RELATIVITÄTSTHEORIE Vorwort Grundbegriffe in der KM (2) - Masse - Meßvorschrift für träge Massen - Meßvorschrift für schwere Massen - Äquivalenz von schwerer und träger Masse - Kraft Das Wichtigste aus der SRT Kritik an KM und SRT - Scheinkräfte in der KM - Kritik am Trägheitsgesetz - Gravitationsgesetz fehlt Das Äquivalenzprinzip Uhren und Maßstäbe im Gravitationsfeld ALLGEMEINE RELATIVITÄTSTHEORIE Nichteuklidische Geometrien und Beschreibung gekrümmter Räume - Gaußsche Geometrie gekrümmter Flächen - Andere Geometrien - Gaußsche Koordinatensysteme - Metrik - Riemannsche Geometrie - Bedeutung für die ART - Eigenschaften der (pseudo-)riemannschen Raumzeit Äquivalenzprinzip Allgemeines Relativitätsprinzip Einsteinsche Feldgleichungen Allgemeinrelativistische Effekte - Lichtablenkung im Gravitationsfeld - Gravitationswellen - Gravitationswellendetektor - Gravitationsrotverschiebung Über die Mathematik in der Allgemeinen Relativitätstheorie: „Seitdem die Mathematiker über meine Relativitätstheorie hergefallen sind, verstehe ich sie selbst nicht mehr.“ GRUNDBEGRIFFE IN DER KM (2) MASSE • jeder materielle Körper hat folgende Eigenschaften: – träge Masse mT = Maß für Trägheit gegenüber Beschleunigungen – schwere Masse mS = Maß für gravitative Wechselwirkungen • für beide Arten von Masse gilt: – Die Masse eines zusammengesetzten Körpers ist gleich der Summe der Teilmassen (5. Axiom) – Die Masse ist geschwindigkeitsunabhängig (6. Axiom) – Die Summe aller Massen ist konstant (7. Axiom) MESSVORSCHRIFT FÜR TRÄGE MASSEN • wähle einen Körper und weise seiner trägen Masse m1T einen beliebigen aber festen Wert zu (=> m1T bekannt) • 3. Axiom (actio = reactio): Die Kräfte, die zwei Körper aufeinander ausüben, sind gleichgroß und von entgegengesetzter Richtung: F12 = – F21 => Läßt man eine beliebige Masse m2T mit m1T wechselwirken, so ist die Summe beider Kräfte null • 2. Axiom (IS !) => m1T a1 + m2T a2 = 0 • Beschleunigungen sind meßbar => m2T berechenbar MESSVORSCHRIFT FÜR SCHWERE MASSEN • die träge Masse kann als bekannt vorausgesetzt werden • NGG (in Bodennähe): F = m1S g • g hängt nur von Erdgrößen (Masse, Radius) und G ab • G ist noch nicht festgelegt • 2. Axiom (IS !) => F = m1T a1 => m1S/m1T g = a1 (als Fallbeschleunigung meßbar) • Galilei fand experimentell: Alle Körper fallen mit der gleichen Beschleunigung zu Boden – unabhängig von ihrer Zusammensetzung und Größe • g nach Voraussetzung für alle Körper gleich => m1S/m1T = m2S/m2T • g (bzw. G) kann so gewählt werden, daß m1S/m1T = 1 gilt => mS/mT =1 für alle Körper ÄQUIVALENZ VON SCHWERER UND TRÄGER MASSE: Das Verhältnis von träger und schwerer Masse ist für alle Körper gleich. Durch geeignete Wahl der Gravitationskonstanten kann es auf eins gesetzt werden. • Newton wußte, daß dies nicht selbstverständlich ist – in der KM waren Deutung und Schlußfolgerungen jedoch nicht notwendig • experimentell mit einer relativen Genauigkeit von 10-11 gesichert KRAFT • Massen und Beschleunigungen sind nun meßbar => erstmals Kräfte berechenbar mit F = m a • durch Beobachtung der Beschleunigung wurden nun Kraftgesetze F(x,v,t) (z.B. für Federn) abgeleitet • Kräfte sind also nicht direkt meßbar • erst durch das 2. Axiom wird der Kraftbegriff definiert • dieses enthält also noch gar keine eigenständige Aussage über die Eigenschaften der Kraft, die eine unabhängige Meßvorschrift zuließe DAS WICHTIGSTE AUS DER SRT • Raum und Zeit sind relativ • euklidischer Raum + Zeit pseudoeuklidische Raumzeit • allgemeine Naturgesetze haben in allen IS die gleiche Form • Lichtgeschwindigkeit ist im Vakuum in allen IS gleich => allgemeine Naturgesetze sind lorentz-invariant • alle Wirkungen breiten sich höchstens mit Lichtgeschwindigkeit aus • kein absolut starrer Körper möglich • einheitliche Beschreibung von Elektromagnetismus und Mechanik • (träge) Masse ist relativ • Masse-Energie-Äquivalenz • Aussagen beziehen sich zwar auf IS, sind aber auf beliebige KS – auch beschleunigte – umrechenbar (reine Mathematik) KRITIK AN KM UND SRT SCHEINKRÄFTE IN DER KM • Wirkt in einem IS K auf einen Körper die Kraft F, so gilt für seine Bewegung x(t): F = m d²x/dt² • der Ursprung eines Nicht-IS K‘ bewege sich in K mit x0 (t) * => Bewegung des Körpers in K‘: x‘(t) = x(t) – x0 (t) => m d²x‘/dt² = m (d²x/dt² – d²x 0/dt²) = F – m d²x 0/dt² => bei der Beschreibung einer Bewegung im Nicht-IS treten zusätzliche Kräfte „– m d²x0/dt²“ auf • man nennt sie Scheinkräfte, weil sie nur durch den Wechsel des KS, also durch die Beschleunigung des Beobachters, entstehen • SRT: gleiches Phänomen, aber Zeit und Raum in K und K‘ verschieden * zusätzlich auch Drehung der Systeme gegeneinander denkbar – s. Bsp. Beispiel: • Kind auf Karussell (Nicht-IS) spürt nach außen gerichtete Zentrifugalkraft FZF = m ω² r • Eltern auf dem Boden (IS): es gibt eine nach innen gerichtete Zentripetalkraft FZP = m aZP • diese bewirkt eine Zentripetalbeschleunigung aZP = – ω² r und damit eine Kreisbahn KRITIK AM TRÄGHEITSGESETZ • Die auf einen Körper wirkenden Scheinkräfte werden nicht durch andere Körper verursacht, sondern nur durch die Bewegung relativ zu einem IS • Ursache ist daher die Raumzeit an sich, d.h. • Scheinkräfte sind eine Aktion der Raumzeit auf einen Körper • es gibt aber keine Rückwirkung (Reaktion) des Körpers auf die Raumzeit • actio = reactio gilt also nur in IS • Auszeichnung bestimmter Bewegungszustände zur Beschreibung der Natur ist inkonsequent – insbesondere bei Bewegungen, zu deren Erhaltung keines äußeren Einflusses bedarf, z.B. gleichmäßige Rotation • Newton kannte diesen Einwand, konnte ihn aber nicht entkräften „Was hat die Natur mit den von uns eingeführten Koordinatensystemen und deren Bewegungszustand zu tun? Wenn es schon für die Naturbeschreibung nötig ist, sich eines von uns willkürlich eingeführten Koordinatensystems zu bedienen, so sollte die Wahl von dessen Bewegungszustand keiner Beschränkung unterworfen sein.“ GRAVITATIONSGESETZ FEHLT • 2 Punktladungen: Coulomb-Gesetz: FC = (1/4 π ε0) q1 q2 /r² • 2 Punktmassen: Newtons Gravitationsgesetz (NGG) : FG = – G m1 m2 /r² • kontinuierlich verteilte Ladung mit Ladungsdichte ρQ(x,t): ∆φ = – ρQ/ε0 • kontinuierlich verteilte Materie mit Massendichte ρm(x,t): ∆φ = 4 π G ρm, eine Punktmasse wird dabei am Ort x zur Zeit t gemäß d²x/dt² = – ∇φ beschleunigt • φ(x,t) = Coulomb- bzw. Gravitationspotential • große Ähnlichkeit – schon Maxwell versuchte Vereinigung von EM und G • Problem: EM-Felder können abgeschirmt werden, G-Felder nicht – es gibt keine Körper mit negativer Masse, also keine gravitative Abstoßung • NGG => gravitative Wechselwirkungen breiten sich ohne Zeitverzögerung aus – Widerspruch zur SRT: c ist Obergrenze • Forderungen an sinnvolle Gravitationstheorie in der SRT: – lorentz-invariant – NGG als Grenzfall zeitunabhängiger Felder und |v/c| <<1 • so eine Theorie gibt es nicht => Gravitation im Rahmen der SRT nicht beschreibbar DAS ÄQUIVALENZPRINZIP • Gleichheit von schwerer und träger Masse => Einstein vermutet: Gravitation und Trägheit sind zwei Seiten derselben Medaille Gedankenexperiment: Fahrstuhl • gegeben sei ein IS K und ein darin ruhender Beobachter A in einem kräftefreien Raumbereich • im gleichen Raumbereich ruhe ein Kasten K‘ mit einem darin ruhenden Beobachter B • an der Deckenmitte des Kastens ist außen ein Haken und daran ein Seil angebracht • nun ziehe eine konstante Kraft F an dem Seil A • Kasten wird gleichmäßig beschleunigt – Nichtinertialsystem (NIS) • B nimmt Druck des Kastenbodens mit seinen Beinen auf • Trägheit sorgt für die Bodenhaftung B • Beine drücken auf den Boden • fühlt sich nach unten gezogen, als wenn er auf einer Planetenoberfläche stünde • offenbar sorgt ein Schwerefeld für die Bodenhaftung • nun nimmt B einige Körper in die Hand und läßt sie los A • nach dem Loslassen wird auf sie keine Kraft mehr übertragen => geradlinig gleichförmige Bewegung (aus Trägheit) mit der letzten Geschwindigkeit vor dem Loslassen, also a = 0 • der Boden nähert sich allen mit der gleichen Beschleunigung a0 B • das Schwerefeld zieht die Körper an => sie fallen beschleunigt zu Boden • alle fallen mit der gleichen Beschleunigung a‘= – a0 zu Boden - das geht nur, wenn die Gleichheit von schwerer und träger Masse stimmt Schlußfolgerung von B aus dem Wissen über Gravitationsfelder: „Ich befinde mich offenbar in einem Gravitationsfeld konstanter Stärke. Aber warum falle ich dann nicht samt Kasten?“ Er blickt zur Decke und sieht den Haken und das Seil: „Ach so, mein Kasten ist im Gravitationsfeld ruhend aufgehängt.“ Insgesamt: • A: Ich ruhe, der Kasten bewegt sich beschleunigt mit a = a0 • B: Ich ruhe samt Kasten in einem Gravitationsfeld der Stärke g = – a0 KM • A ist das IS und hat deshalb Recht • das von B beschriebene Gravitationsfeld ist in Wirklichkeit eine Scheinkraft • beim Wechsel ins IS K verschwindet sie ART • Aussagen von A und B sind experimentell nicht unterscheidbar, wenn Gleichheit von schwerer und träger Masse gilt => A und B können mit gleichem Recht ihr eigenes System als ruhend ansehen, denn • Scheinkräfte sind ebenso gut als Auswirkungen eines realen Gravitationsfeldes deutbar, das durch Koordinatentrafo ins IS K verschwindet „In einem homogenen Gravitationsfeld gehen alle Bewegungen so vor sich wie bei Abwesenheit eines Gravitationsfeldes in bezug auf ein gleichförmig beschleunigtes Koordinatensystem.“ • Einstein postulierte: obige Erkenntnis gilt nicht nur für das betrachtete mechanische Beispiel sondern für alle physikalischen Vorgänge: ÄQUIVALENZPRINZIP: • Jedes G-Feld kann lokal durch eine entsprechende Beschleunigung ersetzt werden • Umgekehrt: Jedes G-Feld kann durch Übergang auf ein lokal frei fallendes (beschleunigtes) Bezugssystem lokal wegtransformiert werden. • Solche lokal frei fallenden Bezugssysteme haben sämtliche Eigenschaften eines IS ohne Schwerkraft • In jedem G-Feld existiert zu jedem Raumzeit-Punkt ein lokales IS, in dem sämtliche Naturgesetze lokal dieselbe Form wie in einem unbeschleunigten gravitationsfreien System annehmen – also die Form der SRT • ART: zwei Ursachen für Gravitationsfelder: – das verwendete KS – die Gravitationswirkung der im Weltall verteilten Massen • Es gibt allerdings kein KS, in dem die Gravitationswirkung der Massen global verschwindet Konsequenzen für UHREN UND MASSSTÄBE IM GRAVITATIONSFELD • Betrachte Gebiet, in dem in bezug auf ein gegebenes KS K kein G-Feld wirkt => in bezug auf K gelten Gesetze der SRT • In diesem Gebiet rotiere eine Scheibe mit scheibenfestem KS K‘ • Mittelpunkt sei relativ zu K geradlinig gleichförmig bewegt • Beobachter R auf dem Scheibenrand spürt nach außen gerichtete Kraft, die er als Wirkung eines G-Feldes ansehen darf • so ein G-Felder ist in der KM unmöglich, denn seine Stärke (Zentrifugalkraft) wächst (!) mit dem Abstand vom Mittelpunkt • Beobachter M (im Mittelpunkt der Scheibe) und R stellen scheibenfeste Uhren auf: • Uhr R bewegt sich relativ zu K, Uhr M nicht • SRT => Uhr R geht in bezug auf Uhr M dauernd langsamer => im G-Feld ist der Gang einer Uhr vom Ort abhängig, in dem sie ruht => keine dauerhafte Synchronisation der Uhren => Zeit-Definition durch relativ zu einem KS ruhende Uhren nicht möglich • Definition der relativen Ruhe setzt außerdem schon Ortsmessung voraus Problem: • R legt Stäbchen entlang des Scheibenrandes => Umfang • Stäbchen bewegen sich in Längsrichtung relativ zu K • SRT => Stäbchenlänge in bezug auf K verkürzt • R legt Stäbchen radial vom Mittelpunkt zum Rand => Radius • Stäbchen bewegen sich in Querrichtung relativ zu K • SRT => Stäbchen in bezug auf K dünner, aber keine Längenänderung => U/r > 2 π => auf der Scheibe und allgemein in allen G-Feldern: euklidische Geometrie ungültig • anderes Beispiel: Atomuhr ruht relativ zu einer Masse in deren G-Feld => Frequenz des Lichts vom Ort abhängig (G-Rotverschiebung) => Periodendauer ortsabhängig => Zeitmessung ortsabhängig => in anderen KS auch Änderung der Ortsmessung => G-Feld ändert Geometrie der Raumzeit NICHTEUKLIDISCHE GEOMETRIEN UND BESCHREIBUNG GEKRÜMMTER RÄUME GAUSS‘SCHE GEOMETRIE GEKRÜMMTER FLÄCHEN Gauß führte als erster bewußt eine nichteuklidische Geometrie ein, als er das folgende Problem untersuchte: • Es sei eine beliebig gebogene Fläche im dreidimensionalen euklidischen Raum eingebettet. In dieser Fläche lebt ein einsamer Planaer, dessen einzige Freude die Geometrie ist. Er kennt die Eigenschaften aller möglichen Geometrien aus den mathematischen Überlieferungen seiner Vorfahren – auch wenn ihm der Gedanke von mehr als zwei Dimensionen reichlich fantastisch erscheint. • Kann er allein aus Abstandsmessungen innerhalb der Fläche feststellen, ob sie euklidisch ist (Ebene) oder einer anderen Geometrie gehorcht? • Gauß: Ja, es gibt sog. innere Eigenschaften, die aus solchen Messungen bestimmt werden können und charakteristisch für die Geometrie sind. Beispiel: Die Fläche sei eine Kugeloberfläche. Der Planaer wählt sich einen Punkt P auf der Fläche und konstruiert um diesen einen Kreis mit Radius r, indem er alle Punkte mit Abstand r von P verbindet. Im dreidimensionalen euklidischen Raum, in dem die Kugelfläche eingebettet ist, beobachtet ein ‚Höherdimensionaler‘ das Geschehen. Er konstruiert sogleich die Ebene, in der alle Punkte des Kreises liegen. Das Verhältnis von Umfang und Radius beträgt U/R = 2 Pi. Nun bestimmt der Planaer das Verhältnis von Umfang U und Radius r: U/r < 2 Pi Seine Welt ist nicht-euklidisch!“ weitere Eigenschaft des Euklidischen Raumes: • in jedem Dreieck beträgt die Winkelsumme 180° • Gauß wurde mit Landvermessungen in Norddeutschland beauftragt. Er ließ dabei sehr genau die Winkelsumme eines Dreiecks prüfen, das durch die Spitzen dreier Berge im Harz gegeben wurde – die Euklidizität des realen Raumes war für ihn nicht selbstverständlich. Die Meßgenauigkeit war für den Beweis der Nichteuklidizität jedoch nicht ausreichend. Carl Friedrich Gauß ANDERE GEOMETRIEN GAUSS‘SCHE KOORDINATENSYSTEME • mathematische Behandlung von Räume erfordert ein KS, das jedem Punkt des Raumes genau n Zahlen eindeutig zuordnet • Dimension n des Raumes = kleinste Zahl von Kurvenscharen, mit der alle Punkte des Raumes erfaßt werden • Eindeutigkeit der Zuordnung verlangt: - Kurven verschiedener Scharen schneiden sich nur in einem Punkt - entlang einer Kurve ändert sich nur eine bestimmte Koordinate - Kurven ein und derselben Schar liegen dicht (füllen den Raum kontinuierlich aus) - Kurven ein und derselben Schar dürfen einander nicht schneiden • ansonsten können die Kurven beliebig krumm sein – es müssen nicht Geraden sein, wie es bei kartesischen Koordinaten der Fall ist • durch jeden Punkt geht genau eine Kurve jeder Kurvenschar • die so eingeführten KS heißen Gaußsche KS METRIK gekrümmte Fläche (2D): • jeder Punkt in der Fläche wird durch zwei Koordinaten {u,v} eines Gaußschen KS beschrieben • jeder Punkt der Fläche ist gleichzeitig ein Punkt im euklidischen Raum (3D), in dem die Fläche eingebettet ist => es gibt eine Funktion, die jedem Paar Gaußscher Koordinaten {u,v} die Koordinaten {x,y,z} des entsprechenden Punktes im euklidischen Raum zuordnet: {x (u,v), y(u,v), z(u,v)} – die Funktion sei im folgenden bekannt • Betrachte zwei in der Fläche liegende, unmittelbar benachbarte Punkte {x, y, z} und {x + dx, y + dy, z + dz} • Satz des Pythagoras => Abstand ds: ds² = dx² + dy² + dz² • für Punkte in der Fläche gilt: dx = ∂x/∂u du + ∂x/∂v dv, dy = ... => ds² = ((∂x/∂u)²+ (∂y/∂u)²+ (∂z/∂u)²) du² + 2 (∂x/∂u ∂x/∂v + ∂y/∂u ∂y/∂v + ∂z/∂u ∂z/∂v) du dv + ((∂x/∂v)²+ (∂y/∂v)²+ (∂z/∂v)²) dv² • Definition: Metrikkoeffizienten guu (u,v) := (∂x/∂u)²+ (∂y/∂u)²+ (∂z/∂u)² guv (u,v) := (∂x/∂u ∂x/∂v + ∂y/∂u ∂y/∂v + ∂z/∂u ∂z/∂v) =: gvu (u,v) gvv (u,v) := (∂x/∂v)²+ (∂y/∂v)²+ (∂z/∂v)² • bilden zusammen eine Matrix, die sog. Metrik • du dv = dv du => Metrik immer symmetrisch: guv = gvu • alle Abstände in der Fläche sind prinzipiell durch Integration nach ds bestimmbar – diese ist möglich, sobald die Metrik bekannt ist • Gauß => es gibt Größen, die den Flächentyp eindeutig charakterisieren • sie dürfen nicht davon abhängen, welches spezielle Gaußsche KS zur Flächenbeschreibung gewählt wird – die Fläche ist ja stets dieselbe • sie heißen Krümmungstensoren und enthalten die Metrikkoeffizienten und deren erste und zweite Ableitungen nach den Gaußschen Koordinaten RIEMANNSCHE GEOMETRIE • Riemann verallgemeinerte das Konzept der inneren Eigenschaften von Gauß‘ Flächengeometrie auf nicht-euklidische höherdimensionale Räume • Riemannsche Geometrie := Geometrie mit ds² = ∑k ∑l gkl (xm) dxk dxl und gkl hat positive Eigenwerte BEDEUTUNG FÜR DIE ART • Raumzeit der SRT ist pseudo-euklidisch • Raumzeit der ART ist pseudo-riemannsch: gkl hat drei positive und einen negativen Eigenwert Georg Friedrich Bernhard Riemann Einsteins Antwort an eine Schülerin, die über Matheprobleme klagte: „Mach Dir keine Sorgen wegen Deiner Schwierigkeiten mit der Mathematik; ich kann Dir versichern, daß meine noch größer sind.“ EIGENSCHAFTEN DER (PSEUDO-)RIEMANNSCHEN RAUMZEIT • in jedem Punkt läßt sich ein lokal (pseudo-)euklidisches KS konstruieren • global (pseudo-)euklidisches KS nicht möglich; anschaulich: • eine Kugel kann man nicht glatt mit einem Blatt Papier einwickeln und eine Orangenschale kann man nicht ohne Zerreißen eben machen • dabei ändern sich nämlich die Abstandsverhältnisse innerhalb der Fläche, also die Geometrie • hingegen kann man ein Blatt glatt um einen Zylinder wickeln • in jedem Punkt ist die Raumzeit lokal isotrop • nun präzisere Formulierung des möglich: ÄQUIVALENZPRINZIP Die Gesetze der SRT gelten in allen lokal ebenen Systemen der ART. Ein lokal ebenes System ist definiert durch: gij (xk = uk = 0) = ηij und ∂gij/∂xk (xk = uk = 0) = 0 mit gij = ∑k ∑l ηkl ∂xk/∂ui ∂xl/∂uj und xl = Koordinaten des lokal ebenen Systems, ul = Gaußsche Koordinaten und ηkl = Metrik des lokal ebenen KS = Metrik der SRT = 1 0 0 0 0100 0010 0 0 0 –1 • Außerdem postulierte Einstein ein ALLGEMEINES RELATIVITÄTSPRINZIP Die allgemeinen Naturgesetze lassen sich so formulieren, daß sie in jedem beliebigen (Gaußschen) Koordinatensystem dieselbe Form annehmen. EINSTEINSCHE FELDGLEICHUNGEN • G-Feld ändert Geometrie bzw. Metrik der Raumzeit • Zusammenhang wird durch Einsteinsche Feldgleichungen beschrieben: EINSTEINS GLEICHUNGEN FÜR DAS GRAVITATIONSFELD – 8 π G /c² Mij = Rij – R/2 gij • links: Energie- bzw. Massendichte • rechts: Krümmung der Raumzeit (Metrik und deren Ableitungen) • System nichtlinearer partieller DG 2. Ordnung – Lösung sehr schwierig • Massenverteilung => G-Feld => Krümmung der Raumzeit • umgekehrt: Körper und Photonen, auf die außer der Gravitation keine Kräfte wirken, bewegen sich entlang sogenannter Geodäten • Geodäte = kürzeste Verbindungslinie zweier Punkte in der Raumzeit (ist unabhängig vom gewählten KS) • Geodäten sind i.a. keine Geraden wie in der Euklidischen Geometrie • Krümmung der Raumzeit beeinflußt also Bewegung aller Körper • Einsteins Ableitung der Feldgleichungen enthält folgende Annahmen: • (1) Feldgleichungen müssen Allgemeines Relativitätsprinzip erfüllen • (2) Für die felderregende Wirkung von Materie ist allein die träge Masse (bzw. Energie) verantwortlich • (3) G-Feld und Materie zusammen müssen Energie- und Impulserhaltung erfüllen • Für schwache zeitunabhängige G-Felder erhält man das NGG „Das eine ist sicher, daß ich mich im Leben noch nicht annähernd so geplagt habe und daß ich große Hochachtung für die Mathematik eingeflößt bekommen habe, die ich bis jetzt in ihren subtileren Teilen in meiner Einfalt für puren Luxus ansah.“ Bei der mathematischen Formulierung der ART wurde Einstein von seinem Kommilitonen Marcel Großmann unterstützt, der inzwischen Professor für Mathematik geworden war. Marcel Großmann „Newton verzeih‘ mir; Du fandest den einzigen Weg, der zu Deiner Zeit für einen Menschen von höchster Denk- und Gestaltungskraft eben noch möglich war. Die Begriffe, die Du schufst, sind auch jetzt noch führend in unserem physikalischen Denken, obwohl wir nun wissen, daß sie durch andere, der Sphäre der unmittelbaren Erfahrung ferner stehende, ersetzt werden müssen, wenn wir ein tieferes Begreifen der Zusammenhänge anstreben.“ LICHTABLENKUNG IM GRAVITATIONSFELD • Photon hat Masse => Anziehung durch andere Massen (Sonne) => Abweichung von gerader Bahn (NGG, SRT) => ∆ϕ = 2 G M/(R0 c²) • ART: zusätzlich: Raumkrümmung durch G-Feld => ∆ϕ ≈ 4 G M/(R0 c²) • Experimentelle Bestätigung (Eddington): Sonnenfinsternis 1919: Vergleich berechneter und scheinbarer Position von Sternen liefert Ablenkwinkel ∆ϕ SRT ART Messung 0,88“ 1,75“ 1,5...2,2“ Arthur Stanley Eddington GRAVITATIONSWELLEN • beschleunigte Ladung sendet EM-Wellen aus – analog: • beschleunigte Masse sendet G-Wellen aus • Einsteinsche Feldgleichungen lassen ebene Wellen als Lösung zu • diese sind transversal und breiten sich wie das G-Feld mit c aus • trifft die Welle auf den Körper, so wird er verformt und zu Resonanzschwingungen angeregt • ringförmig um die Zylindermitte angeordnete Piezokristalle wandeln die Verformung in elektrische Signale um • Verformungen sehr klein => Apparatur (massiver Alu-Zylinder) tiefgekühlt und vibrationsfrei in Vakuumkammer aufhängen • Quellen hinreichend starker G-Wellen: – Doppelsterne, die einander schnell umkreisen – Gravitationskollaps von Sternen – Supernovae GRAVITATIONSWELLENDETEKTOR (D = 1m, L = 1,8 m) Experimenteller Nachweis durch Weber 1969 (offiziell nicht anerkannt) Neuere Anlagen (relative Meßgenauigkeit 10-19): kein Nachweis bis 1993 GRAVITATIONSROTVERSCHIEBUNG • Ausgangssituation wie beim optischen Doppler-Effekt • Quantenmechanik (Planck): Lichtwellen der Frequenz f wird Lichtquant (Photon) der Energie E = h f zugeordnet • E = m c² => Photon hat dynamische Masse m = h f/c² Max Planck => Energieverlust bei Aufstieg in einem Gravitationsfeld: dE = dW • Wellenzüge der zugeordneten Welle können nicht verschwinden => Energieverlust = Frequenzverringerung • NGG (gute Näherung für schwache Felder): F(r) = – G M m/r² • dE = c² dm und dW = F dr und m 2/m1 = f2/f1 => c² dm = – G M m/r² dr <=> dm/m = – G M/c² dr/r² <=> Ln [m2/m1] = G M/c² [1/r2 – 1/r1] • Bewegt sich ein Photon im (Newtonschen) G-Feld der Masse M, so ändert sich seine Frequenz gemäß Ln[f2/f1] = G M/c² (1/r2 – 1/r1) • Erdboden (1) und 20 m hoher Turm (2) => (f1 - f2)/f1 = 2,18 10-15 – experimentell bestätigt mit Hilfe des Mößbauer-Effekts • Sonnenoberfläche (1) und Erde (2) => (f1 - f2)/f1 = 2,13 10-6 – Einstein-Turm (Potsdam): Bestätigung mißlungen, Überlagerung durch andere Effekte an der Sonnenoberfläche Mößbauer Schwarzes Loch • sehr große und dichte Massen bewirken in einem bestimmten Bereich eine G-Rotverschiebung auf f2 = 0 – unsichtbar => Aus dem Innern eines Schwarzen Loches entkommt kein Lichtquant und keine Information • Bereich ist durch r < rS := 2 G M/c² gegeben, rS = Schwarzschild-Radius „Es war eine große Freude für mich, Ihnen von den Mysterien zu erzählen, vor die uns die Physik stellt. Man hat als Mensch gerade noch soviel Verstand mitbekommen, daß man von seiner Ohnmacht dem Seienden gegenüber eine deutliche Vorstellung erlangen kann. Die Welt des Menschengetriebes würde schöner aussehen, wenn diese Demut allen mitgeteilt werden könnte.“ „Woher kommt es, daß mich niemand versteht und jeder mag?“ „Wo ich geh und wo ich steh Stets ein Bild von mir ich seh, Auf dem Schreibtisch, an der Wand, Um den Hals am schwarzen Band. Männlein, Weiblein wundersam Holen sich ein Autogramm, Jeder muß ein Kritzel haben Von dem hochgelehrten Knaben.“ ältestes Foto von Einstein Im Alter von 6 Jahren mit seiner Schwester Maja Zum Thema Socken: „Als ich jung war, fand ich heraus, daß die große Zehe immer die Angewohnheit hat, ein Loch in die Socke zu machen. Und so habe ich aufgehört, Socken zu tragen.“ Über seinen Hund Chico: „Der Hund ist intelligent. Er hat Mitgefühl mit mir, weil ich immer soviel Post bekomme, deswegen versucht er den Postboten zu beißen.“ Zum Thema Religion: „Sie werden schwerlich einen tiefer schürfenden wissenschaftlichen Geist finden, dem nicht eine eigentümliche Religiosität eigen ist. Diese Religiosität unterscheidet sich aber von derjenigen des naiven Menschen. Letzterem ist Gott ein Wesen, auf dessen Sorgfalt man hofft, dessen Strafe man fürchtet – ein sublimiertes Gefühl von der Art der Beziehung des Kindes zum Vater. Der Forscher aber ist von der Kausalität allen Geschehens durchdrungen... Seine Religiosität liegt im verzückten Staunen über die Harmonie der Naturgesetzlichkeit, in der sich eine so überlegene Vernunft offenbart, daß alles Sinnvolle menschlichen Denkens und Anordnens dagegen ein gänzlich nichtiger Abglanz ist... Unzweifelhaft ist dies Gefühl nahe verwandt demjenigen, das die religiös schöpferischen Naturen aller Zeiten erfüllt hat.“ An einen Schokoladenfabrikanten: „Ich bewundere Ihre praktische Lebensweisheit. Denn um des günstigen Respons der Menschen möglichst sicher zu sein, ist es besser, ihrem Magen etwas zu bieten als ihrem Gehirn.“ Über die Quantenmechanik: Von Einsteins Arbeitszimmer im Physikalischen Institut in Prag konnte man den Garten der städtischen Irrenanstalt sehen. Gegenüber einem Kollegen bemerkte er dazu: „Sie sehen dort den Teil der Verrückten, der sich nicht mit der Quantenmechanik beschäftigt.“ Julius Robert Oppenheimer, leitender Wissenschaftler bei der Entwicklung der ersten Atombombe in Los Alamos Charlie Chaplin