MRE-Update Worüber sprechen wir ? Kay-Uwe Wucher Institut für Hygiene und Umweltmedizin Universitätsklinikum Gießen-Marburg GmbH, Standort Gießen Sind sind älter als der Mensch – ca. 3.397.412.000 Jahre Bakterien, Viren, Pilze – unsere ständigen Begleiter • Wenn Sie denken, Sie sind allein: vergessen Sie`s – sie sind nur eine Wohngemeinschaft für Mikroorganismen, denn auf und in Ihnen leben 10 – 100 mal mehr Mikroorganismen als sie überhaupt Körperzellen haben! Ein Kuss mit Folgen Tausend Mal berührt… BAKTERIEN Bakterien • Sie sind einzellig und vermehren sich ca. alle 1520 Minuten. • Die günstigste Vermehrungstemperatur liegt zwischen 20°C- 40°C. • Haben sich ihren Umweltbedingungen optimal angepasst und reagieren auch relativ rasch auf Veränderungen • Sind ubiquitär 7 Good Guys – bad guys?? • Bakterien sind weder gut noch böse!!! • Pathologisch werden sie durch: • Verschleppung (zur falschen Zeit am falschen Ort) • Übermäßiges Wachstum (z.B. bei Antibiotikagabe) • Nahrungssuche (Erschließung der Nahrung durch Zellzerstörung) • Abgabe von Stoffwechselprodukten (Toxine) BESONDERHEITEN Anfärbbarkeit • Zur groben Unterscheidung werden Bakterein nach Gram (dänischer Bakteriologe, gestorben 1938) angefärbt Anfärbbarkeit • Ergebnis: • Kokken sind angefärbt, Stäbchen nicht BIOFILMBILDUNG Biofilme Bakterien leben nicht frei schwebend im Raum Haften an Oberflächen an (Adhärenz) und bilden dort komplexe Gemeinschaften (Biofilme) In Biofilmen wachsen Bakterien in einer Art Lebensgemeinschaft (sog. multizelluläre Aggregate), welche von einer (selbst produzierten) Schleimschicht (extrazelluläre Matrix) umgeben sind. Ubiquitäres Vorkommen auf Pflanzen, Tieren, im Wasser,…. Rolle der Biofilme beim Menschen häufig kritisch: dentale Plaques, Biofilm-Infektionen auf Implantaten oder Gefäßkathetern, Trachealkanülen, Blasenkatheter, Biofilme auf bzw. in Endoskopen, bei Mucoviszidose Modell zur Entstehung von Biofilmen Absiedelung Wachstum Freisetzung Beispiele für Biofilme auf medizinischen Devices MRSA, ESBL, MRGN – WAS VERBIRGT SICH HINTER DIESEN KÜRZELN? MRSA (Methicillin resistente Staph. aureus) VRE (Vancomycin resistente Enterokokken) ESBL/ MRGN (extended spectrum beta lactamase/ Multiresistente Gram-negative Erreger) Clostridium difficile Pseudomonas. aeruginosa MRSA (Methicillin resistente Staph. aureus) • Resistent gegen viele Antibiotika • NICHT resistent gegen Desinfektionsmittel • Keine eigenständige Erkrankung sondern „nur“ schwerer behandelbar als nicht-resistente Form • Gibt Resistenz nur in der eigenen Gattung weiter • Ist an vielen unterschiedlichen Infektionen beteiligt Bedeutendster Erreger nosokomialer Infektionen ESBL (extended spectrum beta lactamase) • Beschreibt eine Resistenzeigenschaft verschiedener Bakterien (v.a. Enterococcus spp., E. coli, Pseudomonas spp.) • Resistenz wird Gattungsübergreifend weitergegeben (Entwicklung unklar) • Ebenfalls NUR gegen Antibiotika resistent • V.a. Infektionen des Urogenitaltraktes und des Verdauungstraktes NEU: MULTIRESISTENTEGRAMNEGATIVE MIT 3 ODER 4 RESISTENZEN Neu: MRGN • Unterscheidung verschiedener gramnegativer Mikroorganismen hinsichtlich ihrer Resistenzen gegen bestimmte Leitantibiotika • Erfasst werden • Entereobactericeae (z.B. E. coli, E. cloacae, K. pneumoniae) • Pseudomonas aeruginosa • Acinetobacter baumanii Unsere „Stars“ E. coli Klebsiella pneumoniae Acinetobacter baumanii Enterobacter cloacae Pseudomonas aeruginosa Neu: MRGN • Innerhalb der Antibiotikastoffgruppen sind Leitsubstanzen definiert, die bei nicht-resistenten Stämmen wirksam wären Stoffgruppe Leitsubstanzen Handelsnamen (Beispiel) Penicilline Piperacillin Tazobactam Piperacillin® Tazobactam® Tazobac® Cephalosporine Cefotaxim Claforan® Carbapeneme Imipenem Meropenem Ertapenem Zienam® Meronem® Invanz® Fluorchinolone Ciprofloxacin Ciprobay® Panotile cipro® Neu: MRGN • Sind Erreger resistent geworden entscheidet die Anzahl der Resistenzen über die Zuordnung: • 1 – 2 Resistenzen keine Zuordnung (bei zwei Resistenzen ESBL) • Bei drei Resistenzen = MRGN 3 • Bei vier Resistenzen = MRGN 4 Enterobacteriacae Stoffgruppe Leitsubstanz Resistenzmuster Peniciline R R R R Cephalosporine Cefotaxim Imipenem/ Meropenem/ Carbapeneme Ertapenem R R S R S R R R Fluorchinolone R S R R Piperacilin-Tazobactam Ciprofloxacin Besonderheiten Acinetobacter baumanii: -Zwei der vier Stoffgruppen wirken nicht ausreichend -Hohe Umweltstabilität -Weltweit zu den 6 häufigsten Erregern der beatmungsassoziierten und nosokomialen Pneumonie zu rechnen Acinetobacter baumanii Stoffgruppe Leitsubstanz Resistenzmuster Peniciline Piperacilin-Tazobctam Wirkung nicht ausreichend Cephalosporine Cefotaxim Wirkung nicht ausreichend Carbapeneme Imipenem/ Meropenem/ Ertapenem S R R Fluorchinolone Ciprofloxacin R S R Welche Infektionen lösen MRGN aus? Jens Bredehorn / pixelio.de Dieter Schütz / pixelio.de Gerd Altmann / pixelio.de Katharina Wieland Müller / pixelio.de Hartmut910 / pixelio.de Gerd Altmann / pixelio.de Was empfiehlt das RKI? Zielgruppe dieser Empfehlung Diese Empfehlung richtet sich primär an die Träger und Mitarbeiter von Krankenhäusern. Auch in anderen medizinischen Einrichtungen, in denen invasive Therapien z. B. Beatmungen in der neurologischen Rehabilitation durchgeführt werden, kann sie hilfreich sein. Andere Einrichtungen, die den Lebensbereich der Patienten darstellen (Alten- und Pflegeheime), werden in dieser Empfehlung derzeit nicht berücksichtigt. Hier ist eine eigene individuelle Risikoabwägung empfehlenswert, wie sie in den Empfehlungen zur Infektionsprävention in Heimen [6] dargestellt wird. Aufgrund der Eigenschaften der gramnegativen Stäbchen sollten die Maßnahmen in Heimen jedoch nicht über die Maßnahmen, die für MRSA-positive Bewohner festgelegt sind, hinausgehen Clostridium difficile • grampositive Sporenbildner, Toxin A und B • Verursacher der Clostridium difficile assoziierten Diarrhoe (CDAD), der Pseudomembranösen Colitis, bis hin zum toxischen Megakolon • Bei Clostridium difficile ist die mechanische Reinigung die wichtigste Maßnahme zur Sporenreduktion Clostridium difficile • Besonderheit nicht die Resistenz sondern Sporen • Sporen sind extrem Umweltstabil • Können nur von speziellen Flächendesinfektionsmitteln beseitigt werden; Händedesinfektionsmittel wirken NICHT! • Darüber hinaus Gas- und Toxinbildner • Infektionen des Magen-Darm-Traktes mit z.T. schweren Verläufen • Ca. 4% der Bevölkerung tragen geringe Mengen dieser Mikroorganismen unbemerkt im Darm Clostridium difficile Clostridium difficile • Händedesinfektion • Nach Patientenkontakt oder Kontakt mit Erregerhaltigem Material (Stuhlgang) • Nach Verlassen des Zimmers • WICHTIG: aufgrund der Erregerresistenz gegen alkoholische Händedesinfektionsmittel sind NACH der Händedesinfektion die Hände zu waschen FAZIT • Multiresistente Erreger sind weiterhin auf dem Vormarsch • Mikroorganismen sind extrem anpassungsfähig • Neue Antibiotika sind in den kommenden Jahren nicht auf dem Markt • Nur durch eine sachgerechte und konsequente Umsetzung der hygienischen Vorgaben ist die Problematik zu beherrschen Des Hygienikers Traum: das menschenleere Krankenhaus…