Familienforum des Zeitungsverlages Waiblingen: Gesunde Ernährung für Klein- und Kindergartenkinder Die folgenden Informationen hat für unsere Leser zusammengestellt: Ernährungswissenschaftlerin Stephanie Euler, Geschäftsbereich Landwirtschaft des Landratsamtes Rems-Murr. 1. Lebensmittelauswahl Theoretische Erkenntnisse helfen in der Praxis wenig. Um den Überblick über die empfohlenen Lebensmittelmengen zu erleichtern, hat die „DGE“ (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) den Lebensmittelkreis entwickelt und der aid (Allgemeiner Informationsdienst für die Agrar- und Ernährungswirtschaft) die Ernährungspyramide. Beide teilen die Lebensmittel in Gruppen ein und gewichten die Anteile auf dem Speiseplan. Gruppe 1: Getränke wie Wasser, ungesüßter Früchte- oder Kräutertee, Saftschorle ...liefern Flüssigkeit und gelöste Mineralstoffe täglich mindestens 1 Liter, also 6 Gläser – bei Hitze und Schwitzen mehr Gruppe 2: Getreideerzeugnisse – am besten die Hälfte Vollkorn ...liefern viel Stärke (Kohlenhydrate), Ballaststoffe, B-Vitamine und Magnesium täglich 4-5 Brotscheiben/Brötchen, evtl. statt 1 Scheibe 1 Portion Müsli täglich 1 Portion Nudeln, Reis oder Kartoffeln oder anderes Getreide wie Polenta Gruppe 3: Obst, die dritte Portion auch als Saft ...liefert viel Vitamin C, Beta-Karotin, Folsäure und Kalium täglich 2-3 Portionen Obst: Apfel, Beeren, Banane. Frisch gepresster oder Direktsaft kann die dritte Portion ersetzen Gruppe 4: Gemüse, am besten die Hälfte roh ...liefert viel Vitamin C, Beta-Karotin, Folsäure Kalium und Bioaktivstoffe täglich 2 Portionen Gemüse, roh als grüner Salat, Radieschen, Gurke; gekocht als Beilage oder Hauptgericht, auch mal mit Hülsenfrüchten Gruppe 5: Milch und Milchprodukte ....liefern viel Eiweiß, Calcium und Vitamin B2 täglich etwa 2 Gläser Milch oder 1 Glas Milch und 1 Becher Joghurt und 1 Scheibe Käse oder 1 Portion Trinkjoghurt und 2-3 Scheiben Käse (100 ml Milch entsprechen im Kalziumgehalt ca. 15 g Schnitt- oder 30 g Weichkäse) Gruppe 6: Fleisch, Fisch, Wurst und Eier, bewusst genießen ...liefern viel Eiweiß (Ei), Eisen (Fleisch), Jod (Fisch) pro Woche 2-3 Portionen Fleisch pro Woche 2-3 Portionen Wurst- und Fleischwaren pro Woche 1 Portion fettarmer Seefisch (Kabeljau, Seelachs, Rotbarsch) pro Woche 1 Portion fettreicher Fisch (Lachs, Hering, Makrele) pro Woche 2 Eier Gruppe 7: sichtbare Fette wie Butter, Öl und ungehärtete Margarine ...liefern mehrfach ungesättigte Fettsäuren und die Vitamine E (Öl) und D (Butter) täglich 1 EL Butter täglich 1 EL Öl (am besten Rapsöl) oder Margarine Gruppe 8: unnötig, aber erlaubt: Süßigkeiten und Knabberzeug ...liefern – außer Kalorien – nichts und kommen deshalb im Ernährungskreis nicht vor und in der Pyramide nur als Miniportion täglich höchstens 1 süßen Riegel oder ein paar Kekse (50-60 g) täglich höchstens 1 Knabberportion wie 10 Chips oder 4 Cräcker (10-15 g) Beim Ernährungskreis als Symbol für das, was der Körper braucht, fehlt das 8. Segment. Das heißt nicht, dass Süßigkeiten und Knabberzeug verboten sind – nur lebensnotwendig sind sie tatsächlich nicht. 2. WICHTIGSTE MAHLZEIT DES TAGES: DAS FRÜHSTÜCK Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages - dennoch gibt es immer mehr Kinder, die zu Hause nicht frühstücken und erst in der Schule oder im Kindergarten ihr erstes Frühstück verzehren. 2.1. Frühstück aus ernährungsphysiologischer Sicht Gerade für Kinder ist das Frühstück eine sehr wichtige Mahlzeit, denn am Morgen sind die Energie- und Nährstoffspeicher durch die Nahrungspause während der Nacht leer. Um genügend Energie zum Spielen und Lernen zu haben, müssen die Speicher wieder gefüllt werden. Auch der Verlauf der Leistungskurve macht deutlich, wie wichtig ein Frühstück am Morgen ist. Zur Zeit des Aufstehens ist sie niedrig und erreicht ihren Höhepunkt erst gegen 10 Uhr am Vormittag. Die Leistungskurve verläuft deutlich höher nach einem Frühstück. Damit sie nicht zu stark abfällt, sollte ein zweites Frühstück um 9 oder 10 Uhr verzehrt werden. Alles über ein gesundes Frühstück finden Kinder und Erwachsene unter www.fruehstueckfertig-los.de . Die dort zu findende Leistungskurve zeigt sehr deutlich, welche Stellung das Frühstück in der Ernährung der Kinder einnehmen sollte. 2.2. Das gehört zu einem leckeren Frühstück Mit einem ausgewogenen Frühstück sowie der Zwischenmahlzeit am Vormittag sollen etwa 1/3 des täglichen Energiebedarfs gedeckt werden. Umso wichtiger ist es, möglichst viele nährstoffreiche Lebensmittel zu verwenden. Die ideale Frühstücksgrundlage ist Getreide in Form von Vollkornbrot oder Müsli. Ergänzt werden die Getreideprodukte durch eine Tasse Milch, einen Joghurt etc., denn Milchprodukte sind gerade während des Wachstums für Kinder unentbehrlich. Frisches Obst oder Gemüse sollten ebenfalls Bestandteil des ersten und zweiten Frühstücks sein. Nicht fehlen dürfen auch die Getränke. Gut geeignet sind neben Milch Kräuter- und Früchtetee, Mineralwasser oder verdünnter Saft. Tipp: Kann Ihr Kind morgens noch keine großen Mengen essen, dann geben Sie ihm ein größeres zweites Frühstück mit in die Schule oder in den Kindergarten. 2.3. So frühstücken auch Morgenmuffel Viele Kinder haben morgens wenig Appetit und würden am liebsten ohne Frühstück das Haus verlassen. Unter Berücksichtigung einiger Tipps wird auch Ihr Kind eine Kleinigkeit essen und trinken. • Wecken Sie Ihr Kind rechtzeitig. Nur wenn genügend Zeit für ein Frühstück eingeplant ist, kann sich Ihr Kind die Zeit nehmen, die es benötigt. • Essen Sie gemeinsam, denn in Gesellschaft schmeckt es immer besser. • Decken Sie den Tisch schön. Eine angenehme Atmosphäre regt den Appetit an. • Gestalten Sie die Brote Ihres Kindes abwechslungsreich. Ein lustiges Gesicht aus Obststücken auf dem Müsli weckt den Appetit. • Lassen Sie Ihr Kind entscheiden, was es essen möchte, und bereiten das Pausenbrot gemeinsam vor. • Bieten Sie kleine Portionen an. • Schneiden Sie Brot, Obst oder Gemüse in kleine Stücke und dekorieren Sie diese auf einem Teller. Mundgerechte Portionen laden zum Zugreifen ein. 2.4. Frühstücksideen Müsli mit Früchten Haferflocken nach Appetit (4-6 Esslöffel) ½ Apfel ¼ Banane 2 TL Haselnüsse 1 EL Rosinen nach Wahl Milch, Joghurt, Orangensaft Fruchtiger Joghurt 1 Becher Naturjoghurt verschiedenes Obst der Saison je nach Vorliebe kann das Obst im Mixer püriert werden Knäckespaß 1 oder 2 Scheiben Knäckebrot (am besten Vollkorn) Kräuterquark Gemüsestücke (Tomaten, Gurken, Radieschen) Bananenbrot 1 Scheibe Vollkornbrot Quark 1 Banane oder anderes Obst wie Apfelstücke Das Brot wird mit dem Quark bestrichen, die Bananenstücke werden nach Belieben darauf verteilt 3. TRINKEN Neben dem Frühstück sollte die Aufmerksamkeit der Eltern auf dem Trinken liegen. Grade im Kleinkind- und Kindergartenalter sind die Kinder sehr aktiv und haben entsprechend einen stark erhöhten Flüssigkeitsbedarf. Nicht nur im Sommer, auch im Winter muss darum auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden. Neben den schon oft erwähnten Tees und Fruchtsaftschorlen ist das Angebot für Kinder extrem unübersichtlich. Einige Getränke sollten im „Trinkplan“ der Kinder gar nicht vorkommen. 3.1. Erfrischungsgetränke Eistee, Colagetränke und andere süße Durstlöscher enthalten bis zu 35 Stück Würfelzucker pro Liter. Dies fördert nicht nur Übergewicht, sondern auch Zahnschäden. Die enthaltenen Säuerungsmittel wie Phosphorsäure in Cola oder Zitronensäure in Eistee verstärken ebenfalls Zahnschäden. Denn sie greifen den Zahnschmelz an und lösen die Mineralstoffe heraus. Auch Säfte wie zum Beispiel Apfelsaft haben einen natürlichen, relativ hohen Gehalt an Zitronensäure und sollten deshalb von Kindern nicht pur getrunken, sondern am besten mit drei bis fünf Teilen Mineralwasser gemischt werden. Vor allem Kleinkinder, die noch gerne aus einer Trink- oder Schnabeltasse nuckeln, entwickeln durch den Zucker- und Säuregehalt schnell Zahnschäden und Karies. Grade, wenn Ihre Kinder kurz vor dem Zahnwechsel stehen, können die „falschen Getränke“ schnell hochbedenklich werden. Auch Light-Getränke bieten keine gute Alternative zu zuckerreichen Getränken. Die hier enthaltenen Zuckeraustauschstoffe schmecken sehr süß, so dass sich Kinder an diesen Geschmack gewöhnen. Ihr Süßempfinden nimmt also langsam ab. 3.2. Coffein Cola hat neben einem sehr hohen Zuckergehalt auch einen relativ hohen Coffeingehalt zumindest für Kinder. Coffein ist ein in Pflanzen natürlich vorkommendes Alkaloid, das als Stimulans wirkt. Das heißt, es kann in geringem Maße die Müdigkeit vertreiben und kurzzeitig die Leistung verbessern. Bei empfindlichen Personen und vor allem bei Kindern kann Coffein jedoch zu Reizbarkeit, Herzklopfen, Unruhe und Schlaflosigkeit führen. Coffein ist übrigens nicht nur in Colagetränken enthalten, sondern auch in den meisten Eisteesorten, da diese auf der Basis von schwarzem oder grünem Tee hergestellt werden und auch diese Coffein enthalten. Zum Vergleich: eine Dose Cola enthält etwa 40 mg Coffein, eine Tasse schwarzer Kaffee etwa 80 mg und eine Tasse schwarzer/grüner Tee je nach Zubereitung 20-50 mg. 3.3. Fazit Cola, Eistee und andere Erfrischungsgetränke sind für (Klein-) Kinder keine geeigneten Durstlöscher. Sie sollten frühestens ab dem Grundschulalter in Maßen getrunken werden. Ideale Durstlöscher für Kinder - und Erwachsene - sind dagegen Trink- und Mineralwässer, ungesüßte Früchte- und Kräutertees sowie stark verdünnte Saftschorlen. Als Zwischenmahlzeit, die gleichzeitig der Flüssigkeitszufuhr dient, ist auch Molke sehr gut geeignet. 4. ÜBERGEWICHT BEI KINDERN Übergewicht ist ein Problem, das nicht nur Erwachsene, sondern in steigendem Maße auch Kinder betrifft. Der Berufsverband Kinderheilkunde und Jugendmedizin schätzt, dass rund 20% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland von Übergewicht bzw. Adipositas betroffen sind. Diese Zahl deckt sich mit den Angaben im Ernährungsbericht 2000, die auf einer für Deutschland repräsentativen Studie beruhen. Die verbreitete Annahme, dass die Häufigkeit für Übergewicht im Kindesalter in den letzten Jahren angestiegen ist, konnte in dieser Studie nicht bestätigt werden. Registriert wurde allerdings eine Verschiebung innerhalb der Gruppe: Schwergewichtige Kinder sind noch dicker als früher und betroffen sind immer öfter bereits jüngere Kinder. Da Übergewicht in jungen Jahren neben Hänseleien und körperlicher Beeinträchtigung auch Langzeitschäden (Gelenkverschleiß, Bluthochdruck, Stoffwechselerkrankungen) nach sich ziehen kann, ist eine rechtzeitige Reduzierung des Gewichts von großer Bedeutung. 4.1. Ist mein Kind zu dick? Erste Anzeichen für Übergewicht sind Fettpolster an Bauch, Hüfte, auf der Brust und im Nacken. Beurteilt wird das Körpergewicht mit Hilfe des BMI (Body Mass Index). Und so wird er ausgerechnet: BMI = Körpergewicht (kg): Körpergröße * Körpergröße (in m) Ein Kind im Alter von 7 Jahren wiegt 24 kg und ist 1,23 m groß. Der BMI dieses Kindes ist das Gewicht geteilt durch die Körpergröße in Metern zum Quadrat 24 kg / 1,23 m x 1,23 m Der BMI von 15,9 liegt für ein Kind dieses Alters im Bereich des Normalgewichts. Kinder befinden sich in unterschiedlichen Wachstumsphasen. Deshalb muss der BMI ins Verhältnis zum Alter gesetzt werden. Dabei ergeben sich folgende Kurven: Innerhalb des orangeroten Bereichs ist das Gewicht normal. Die Bereiche oberhalb und unterhalb der markierten Fläche bezeichnen Über- bzw. Untergewicht. Eine weitere schnelle Möglichkeit zur Bestimmung des BMIs bietet die Seite www.mybmi.de. Der BMI Rechner liefert in Sekundenschnelle den BMI speziell für Kinder. 4.2. Ursachen für Übergewicht Die Ursachen für Übergewicht sind vielseitig. Neben einer falschen Ernährung mit zu fettigem Essen oder kalorienreichen Getränken spielen auch Gewohnheiten und mangelnde Bewegung eine Rolle. Ist das Übergewicht einmal erreicht, dann befindet sich das Kind in einer Art Teufelskreis, denn durch das zusätzliche Gewicht fallen Bewegungen schwerer, so dass noch weniger herumgetobt und Sport getrieben wird. Außerdem werden übergewichtige Kinder häufig gehänselt und geraten in eine Außenseiterrolle. Viele kompensieren diese psychischen Belastungen mit Frustessen und essen sich weiteren Kummerspeck an. 4.3. Der Kampf gegen das Übergewicht Abnehmen fällt immer schwer, denn wer langfristig etwas erreichen will, muss Gewohnheiten ändern. Gerade Kinder sind in großem Maße dabei von ihren Familien abhängig, denn nur wenn diese mitziehen und sie unterstützen sind Erfolge möglich. Der erste Schritt im Kampf gegen das Übergewicht ist die Erforschung der Ursachen. Denn nur wenn Sie und Ihr Kind wissen was, wann und warum es isst, können Gewohnheiten verändert werden. Sind die Ursachen ergründet, dann müssen Ziele gesetzt werden. Wichtig ist es, die Ziele nicht zu hoch zu stecken. Grade bei Kindern im Kleinkind- und Kindergartenalter, die (schon) mit Übergewicht zu kämpfen haben, sollten nun auf keinen Fall rigoros auf eine Diät gesetzt werden. Statt dessen reicht es, die Kinder an gesundes und abwechslungsreiches Essen heranzuführen. Da Kinder noch wachsen, reichen häufig schon vernünftige Änderungen des Essverhaltens aus, um das Gewicht zu normalisieren. 5. WISSENSCHAFTLICHES UND NICHT ALLZU BEKANNTES: Das Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund forscht seit vielen Jahren anwendungsorientiert im Bereich der Kinderernährung. Seit 1985 wird dort die DONALDStudie (Dortmund Nutritional and Anthropometric Longitudinelly Designed Study) durchgeführt, eine Langzeitstudie zu Ernährung, Stoffwechsel, Wachstum und Entwicklung von Säuglingen, Kindern und Jugendlichen. Auf den Erkenntnissen dieser Studie basieren die Empfehlungen der optimierten Mischkost „OptimiX“ – ein Konzept zur gesunden Ernährung nicht nur von Kindern und Jugendlichen, sondern für Familien geeignet. Das Besondere von optimiX ist, dass es nicht nur Empfehlungen für einzelne Mahlzeiten wie das Frühstück oder für einzelne Lebensmittelgruppen wie Obst und Gemüse oder Milch und Milchprodukte gegeben werden, sondern ein Konzept für die ganze Tagesernährung darstellt. Für viele Familien sind die Empfehlungen sehr praktisch und leicht umzusetzen. Weitere Informationen und Anregungen wie Rezepte sind unter www.fke-do.de zu finden. 6. LITERATUR-EMPFEHLUNG Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund (Hrsg.): „Empfehlungen für die Ernährung von Kindern und Jugendlichen – Die Optimierte Mischkost optimiX““. Dortmund 2005 Broschüren des Ministeriums für Ernährung und ländlichen Raum: http://www.mlr.badenwuerttemberg.de/cgi/styleguide/content.pl?ARTIKEL_ID=10630&TEMPLATE=broschueren .html