Versicherung bei Magen- und Darmkrebs im Jahre 2012 SCOR inFORM - Dezember 2012 Versicherung bei Magen- und Darmkrebs im Jahre 2012 Autor Dominique Lannes Ärztlicher Berater SCOR Global Life Redaktion Bérangère Mainguy Tél. : +33 (0)1 58 44 70 00 Fax : +33 (0)1 58 44 85 17 [email protected] Herausgeber Gilles Meyer © Dezember 2012 - ISSN beantragt - Alle Rechte vorbehalten. Weitergabe und Vervielfältigung dieser Publikation oder von Teilen daraus sind ohne die ausdrückliche Genehmigung des Herausgebers nicht gestattet. SCOR ist nach Kräften bemüht, für die Richtigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen zu sorgen. Eine Haftung im Fall von ungenauen, unrichtigen oder unvollständigen Informationen ist jedoch ausgeschlossen. SCOR inFORM - Dezember 2012 Versicherung bei Magen- und Darmkrebs im Jahre 2012 Einleitung Darmkrebs ist, zusammen mit Brust-, Lungen- und Prostatakrebs die häufigste bösartige Tumorerkrankung. Die Inzidenz ist weltweit sehr unterschiedlich, wobei in den Vereinigten Staaten etwa 10 mal mehr Fälle von Darmkrebs auftreten als in Afrika. In Australien, Neuseeland, Japan und Westeuropa wird das Risiko als hoch erachtet, während die Inzidenz in Südamerika und den übrigen asiatischen Ländern geringer erscheint. Um die Anzahl der Darmkrebserkrankungen zu veranschaulichen, sei die geschätzte jährliche Inzidenz von etwa 330.000 Neuerkrankungen in Europa und 150.000 in den Vereinigten Staaten als Anhaltspunkt genannt. Häufig ergibt sich der Verdacht auf Darmkrebs aufgrund einer positiven Hämoccult-Untersuchung (Untersuchung des Stuhls auf Blut) und die Diagnose wird daraufhin mittels Koloskopie (Darmspiegelung) gesichert. Die Risikofaktoren von Darmkrebs, insbesondere eine familiäre Disposition, sind hinreichend bekannt; es wird nach Vorläuferpolypen des Karzinoms gesucht und diese werden reseziert. Chirurgie und Chemotherapie haben sich in den letzten 20 Jahren so stark verbessert, dass zahlreiche Fälle heute heilbar sind. Magenkrebs ist weltweit ebenfalls stark verbreitet. Auf ihn entfallen rund 10% aller Krebserkrankungen weltweit. Seine Inzidenz schwankt von Land zu Land sehr stark. Er kommt sehr häufig in Südostasien, insbesondere in Japan, und in Zentraleuropa vor, während er in den Vereinigten Staaten und Westeuropa selten geworden ist und sein Vorkommen in diesen Ländern konstant sinkt. In Europa wurden im Jahre 2008 über 145.000 Fälle von Magenkrebs diagnostiziert, davon die meisten Fälle in Zentraleuropa. Magenkrebs ist jedoch nicht Gegenstand einer systematischen Früherkennung. Die Diagnose mittels Gastroskopie erfolgt häufig im Spätstadium; Chemotherapien sind weniger wirksam und die Prognose eher schlecht. Die länderspezifischen Inzidenz-Unterschiede dieser beiden Krebsformen hängen vermutlich mit einer unterschiedlichen Ernährungsweise und eventuell auch mit besonderen genetischen Veranlagungen zusammen. 3 Assurer les cancers Versicherung bei Magengastrique und Darmkrebs et colorectalimenJahre 20122012 Darmkrebs entwickeln: adenomatösen Stielpolypen (pilzförmig) oder flachen Polypen. Gibt es keine regelmäßigen Kontrolluntersuchungen können sich einige dieser Polypen innerhalb eines Jahrzehnts zu Krebs entwickeln. Diese Polypen sind zumeist asymptomatisch und ihre Diagnose wird mittels Koloskopie gestellt, die in den meisten Fällen eine sofortige Entfernung (Polypektomie) ermöglicht. Das kolorektale Karzinom betrifft etwa die Hälfte aller Krebsformen des Verdauungsapparats und seit 1980 ist eine regelmäßige Zunahme der Inzidenz zu beobachten1. Der Krebs betrifft Männer und Frauen gleichermaßen und das mittlere Eintrittsalter liegt zwischen 65 und 70 Jahren. Er tritt zwar selten bei unter 45-Jährigen auf, doch verdoppelt sich sein Vorkommen alle 10 Jahre. In zwei Dritteln der Fälle ist der Krebs im eigentlichen Dickdarm (Kolon) lokalisiert in einem Drittel der Fälle im Rektum (Mast- bzw. Enddarm). Diese Krebsform ist heute besser bei einer größeren Anzahl an Patienten heilbar. Seit einigen Jahren hat sich seine Mortalität regelmäßig verringert. Im Jahr 2008 verursachte er weltweit über 600.000 Todesfälle. Ein weiterer begünstigender Faktor für Dickdarmkrebs ist eine chronische Entzündung der Darmwand, wie sie bei chronischentzündlichen Darmerkrankungen (CEDE) auftritt, insbesondere Colitis ulcerosa, aber auch Morbus Crohn. Nach über zehnjährigem Verlauf begünstigen chronisch entzündliche Darmerkrankungenn das Auftreten von Kolorektalkrebs und bedürfen einer regelmäßigen Überwachung mittels Koloskopie. Die CEDE betreffen vorwiegend junge Menschen zwischen 20 bis 40 Jahren. Dennoch stellen sie lediglich einen sehr geringen Prozentsatz der kolorektalen Karzinome dar, im Vergleich zum Adenokarzinom, das sich aus Polypen der Lieberkühn-Krypten (Drüsen) entwickelt. Die unterschiedlichen Formen von Darmkrebs und ihre begünstigenden Faktoren 95% der Darmkrebsfälle treten sporadisch auf, d.h. sie werden nicht genetisch übertragen. Dennoch besteht eine gewisse familiäre Veranlagung. Wenn z.B. der Vater oder die Mutter Polypen oder Darmkrebs hatte, tragen deren Kinder, und Geschwister ein erhöhtes Risiko, diese Krankheit ebenfalls zu entwickeln. Adenokarzinom 95% der kolorektalen Karzinome sind Adenokarzinome, die sich zumeist aus gutartigen Läsionen der Lieberkühn-Krypten 95% der Kolorektalkarzinome entwickeln sich aus Polypen + - 10 Jahre Stielpolyp des Kolons Kolonkrebs 1 • Quellen: Zeitraum von 1980 bis 1985 (Belot A ,2008); Zeitraum von 1990 bis 2011 (HCL/InVS/INca/Francim/Inserm, 2011) 4 SCOR inFORM - Dezember 2012 5% der Darmkrebsfälle hingegen wird genetisch übertragen, entweder vom Vater oder von der Mutter. In diesen Fällen besteht bei den Kindern ein 50%-iges Risiko, ebenfalls Träger der krebsverursachenden Mutation zu sein. Bei den erblichen Kolonkarzinomen unterscheidet man zwei Hauptformen: Europäischen Kommission empfahl im Jahre 2000 die Einrichtung einer Darmkrebs-Früherkennung in Europa. Seitdem wurden verschiedene Kampagnen zur Früherkennung von Dickdarmkrebs gestartet. Führend in diesem Bereich sind derzeit Großbritannien und Frankreich. • Die familiäre adenomatöse Polyposis (FAP) macht lediglich 1 bis 2% der Fälle von kolorektalen Karzinomen aus. Das Kolon ist bereits im Kleinkindalter mit Tausenden von Polypen bedeckt und die Verwandlung eines Polypen in Krebs ist unausweichlich. Das Screening dieser Krankheit erfolgt heutzutage innerhalb der Risikofamilie anhand eines genetischen Bluttests. Die Behandlung besteht in der Entfernung des gesamten Kolons (totale Kolektomie) vor Auftreten eines Karzinoms, gewöhnlich im Alter unter 20 Jahren. Frankreich bietet seit 2009 allen Personen von 50 bis 74 Jahren alle zwei Jahre die Durchführung eines sogenannten Hämoccult®Tests an, der darauf abzielt, okkultes Blut im Stuhl nachzuweisen2. Dieser Test wird als „Selektionstest“ bezeichnet, denn er dient zum Herausfiltern von Personen mit erhöhtem Risiko für Polypen oder Kolonkrebs. Bei positivem Testergebnis ist in jedem Fall eine Koloskopie vorzunehmen, um das Vorliegen von adenomatösen Polypen oder Krebs abzuklären und eine möglichst frühzeitige Behandlung einzuleiten. Ein Schwachpunkt des Hämoccult®Tests ist seine 50%-ige Sensibilität, d.h. der Test erweist sich in der Hälfte der Fälle als positiv, obwohl die Koloskopie weder Polypen noch Krebs nachweist. Die häufigste Ursache hierfür ist das Vorliegen von inneren Hämorrhoiden. • Auf das Lynch-Syndrom, HNPCC (Hereditary Non Polyposis Colorectal Cancer) entfallen 4 bis 5% der Fälle von kolorektalen Karzinomen. In diesem Fall tritt der Krebs in ungewöhnlich jungem Alter (unter 50 Jahren) auf und geht mit einem erhöhten Risiko für eine weitere Krebserkrankung einher, die wenige Jahre nach Behandlung des ersten Karzinoms auftritt. In diesen Familien ist beispielweise im Vergleich zur Gesamtbevölkerung eine höhere Prävalenz von Krebserkrankungen der Gebärmutter, der Eierstöcke oder des Magens zu beobachten. „Intervallkrebs“: Hierbei handelt es sich um einen Krebs, der nur wenige Monate nach einem negativen Hämoccult®Test diagnostiziert wird. Bei einer Serie von über 2000 Koloskopien3 wurden im Intervall zwischen zwei Tests dreizehn Krebserkrankungen festgestellt. In 4 von 13 Fällen war die Krebserkrankung auf unvollständig resezierte gutartige adenomatöse Polypen zurückzuführen und in 3 von 13 Fällen auf Läsionen, die bei der Untersuchung nicht gesehen worden waren. Das Restrisiko, an Intervallkrebs zu erkranken, fordert eine unablässige Verbesserung der Früherkennungstests und der Koloskopie: Präparate/Vorbereitungen zur besseren Darmentleerung, Verbesserung der Visualisierungstechnik von Polypen, langsamere Durchführung der Koloskopien usw., um die diagnostische Aussagekraft zu optimieren. Weitere Tumorarten Diese sind wesentlich seltener (5%). Hierbei handelt es sich um Lymphome, Sarkome, Stromatumore (GIST) oder Tumore endokrinen Ursprungs. Angelpunkt der Früherkennung ist der Nachweis von Blut im Stuhl Zurzeit liegt die Beteiligung der französischen Bevölkerung an der Darmkrebs-Früherkennung mittels Hämoccult®-Test bei 32%. Um jedoch die Wirksamkeit des Tests im Massen-Screening nachzuweisen (Kosteneinsparung durch die Anzahl der geretteten Leben), müsste diese Beteiligung über 50% betragen. Frankreich liegt noch unter dieser Grenze, daher ist es wichtig, Ärzte und Bevölkerung gleichermaßen zu einer höheren Beteiligung an diesem Früherkennungsprogramm für kolorektale Tumore zu motivieren. Es ist heute nachgewiesen, dass die Früherkennung von Dickdarmkrebs die Mortalität in der Allgemeinbevölkerung senkt, da sie eine frühzeitige Behandlung ermöglicht. Ein Polyp oder Kolonkarzinom ist anfangs zumeist asymptomatisch, doch in einigen Fällen kommt es zu okkulten Blutungen. Die Früherkennung im Jahre 2012 besteht hauptsächlich im Nachweis von sichtbarem oder unsichtbarem Blut im Stuhl. Deutschland war das erste Land, in dem bereits 1977 Maßnahmen zur Früherkennung von Dickdarmkrebs getroffen wurden. Die Krebssachverständigengruppe zur Beratung der 2 • Empfehlungen der Konsenskonferenz von 1998 und deren Bekräftigung im Jahre 2005 (www.has-sante.fr) 3 • Pabby A et al. Gastrointest Endosc 2005;61:385-91 5 Versicherung bei Magen- und Darmkrebs im Jahre 2012 werden. In allen Fällen ist eine Koloskopie erforderlich, denn die Diagnose eines kolorektalen Karzinoms kann nur anhand dieser Untersuchung gestellt werden. Dieser Massen-Screeningtest ist nicht für Personen mit ohnehin erhöhtem Kolonkrebs-Risiko bestimmt, das bei persönlicher oder familiärer Vorgeschichte (Blutsverwandte ersten Grades) von Darmkrebs, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (Crohn-Krankheit, Colitis ulcerosa), bei Vorliegen einer kürzlichen Veränderung des Stuhlverhaltens, mit bloßem Auge sichtbarem Blut im Stuhl usw. besteht. Diese Personen sind zwingend einer Koloskopie zu unterziehen, insbesondere ab dem 40. Lebensjahr. Der Hämoccult®-Test wird durch andere Tests abgelöst werden, sobald diese die Marktreife erlangen. Es soll z.B. demnächst ein sensiblerer immunologischer Test erhältlich sein, der weniger Stuhlproben erfordert, was die Akzeptanz seitens der Patienten erhöhen wird. Die Koloskopie ist eine visuelle Untersuchung des Kolons. In der Praxis wird die Endoskopie mit einem flexiblen Rohr (Koloskop) von etwa 10 mm Durchmesser und einer Länge von 1,3 m durchgeführt. Dieses wird in den After eingeführt und bis zum anderen Ende des Kolons vorgeschoben, d.h. bis zum Zökum und zur Ileozökalklappe. Das Endoskop ist an der Spitze mit einer Lichtquelle und einer Kamera ausgestattet, damit die untersuchte Zone am Bildschirm visualisiert werden kann (Video-Endoskopie). Das Endoskop kann Luft einblasen, um die Falten der Kolonwände zu glätten und Wasser einspritzen, um die Kolonwand zu reinigen. Zudem lassen sich eine Zange oder andere Instrumente einführen, um Gewebeproben an einer Kolonwandläsion zu entnehmen (Biopsie) oder Polypen zu resezieren. Parallel zum Nachweis von Blut im Stuhl werden weitere Tests entwickelt: darunter z.B. ein Test zum Nachweis von genetischen Veränderungen im Stuhl, oder besser noch im Blut, oder ein Screeningtest für Personen mit erhöhtem Kolonkarzinomrisiko. Den neuen Screening-Tests lässt sich eine blühende medizinische und kommerzielle Zukunft prognostizieren, jedoch erst, wenn eine wissenschaftliche Validierung im großen Maßstab erfolgt ist. Das Kolon muss einwandfrei sauber sein. Daher wird vor der Untersuchung eine Vorbereitung zur Entleerung des Kolons durchgeführt. Die Untersuchung dauert circa zwanzig Minuten. Um die Verträglichkeit der Untersuchung zu verbessern, wird gelegentlich eine Vollnarkose angeboten. Diese Untersuchung zieht in sehr seltenen Fällen Komplikationen wie eine KolonPerforation oder Hämorrhagien nach sich. Daher ist sie unter optimalen gerätetechnischen Voraussetzungen durchzuführen und der Patient bei der Untersuchug gut zu überwachen. Es kann manchmal sehr schwierig sein, einen Polypen oder ein Karzinom bei der Koloskopie zu entdecken, insbesondere wenn das Karzinom sich aus einem „flachen” Polypen entwickelt. Schwierig ist es auch beim Lynch-Syndrom mit erblicher Veranlagung, denn der Krebs tritt häufig auf, nachdem die Schleimhaut im Vorjahr noch unauffällig war. Seit einigen Jahren lässt sich in manchen Fällen die Koloskopie auch durch eine im Koloskopie Darmkrebs ist zumeist asymptomatisch. Zwar gibt es Symptome, doch diese werden von den Patienten meist nicht als alarmierend wahrgenommen. Hierbei kann es sich z.B. um jüngst eingetretene Störungen des Stuhlverhaltens, das Vorliegen von Blut im Stuhl (Rektalblutungen), eine sideropenische Anämie oder eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes handeln. Das Vorliegen dieser Krebsform kann auch im Zusammenhang mit der Abklärung von Leber- oder Lungenmetastasen untersucht Koloskop Video-Endoskop 6 SCOR inFORM - Dezember 2012 Aufwärtstrend befindliche neue Technik ersetzen: die Kolon-CT, auch virtuelle Koloskopie genannt. Diese Technik beruht auf einer Computertomografie des Kolons und spezieller Computersoftware, die den Darm in 3D rekonstruiert und darstellt. Diese Untersuchung erfolgt ohne Vollnarkose, aber mit einer Kolonvorbereitung (Darmentleerung) wie bei einer Koloskopie. Sie ermöglicht den Nachweis von Polypen und Tumoren, jedoch weder eine Biopsie noch eine Resektion. Die Staging-Untersuchungen beinhalten eine klinische Untersuchung, eine bildgebende Untersuchung der Leber wie z.B. Sonografie oder Computer-Tomografie und ein Röntgenbild oder eine CT der Lunge. Ideal wäre die unmittelbare Durchführung eines Thorax- und Abdomen-CT, um Thorax und Unterleib in einer Untersuchung zu untersuchen. Der PET-Scan (PositronenEmissions-Scan) ist eine relativ neuartige bildgebende Untersuchung. Sie kombiniert die Techniken der Computer-Tomografie und die der Szintigrafie. Sie ist jedoch nicht das Mittel der ersten Wahl im Rahmen des Stagings. Sind die Staging-Untersuchungen erfolgt, lässt sich der Tumor nach Größe, Zustand der Lymphknoten und eventuell aufgefundenen Metastasen nach der TNM-Klassifikation4 einstufen. Die endgültige Einstufung erfolgt jedoch erst nach dem chirurgischen Eingriff auf Grundlage der histologischen Untersuchung des Tumors und der Lymphknoten. Staging-Untersuchungen Ein Darmkarzinom kann lokal die Kolonwand oder das Rektum durchbrechen und die benachbarten Organe wie Prostata, Gebärmutter oder Peritoneum (Bauchfell) infiltrieren. Es kann ebenfalls die benachbarten Lymphknoten N(1.2) befallen und sich über die Blutbahn auf entfernte Organe ausbreiten wie insbesondere Leber und Lunge oder, in selteneren Fällen, Knochen und Gehirn. Dann handelt es sich um Metastasen (M1). Chirurgie Staging-Untersuchungen werden durchgeführt, um die Größe des Tumors (T), seine eventuelle Ausbreitung auf die Lymphknoten (N) und das Vorhandensein oder Fehlen von Metastasen (M) zu ermitteln. Die chirurgische Behandlung des Kolonkarzinoms besteht darin, den vom Tumor befallenen Teil des Kolons zu entfernen (Kolektomie). Es sind hinreichende Resektions-Sicherheitssäume von mindestens 5 cm beidseits des Tumors zu entfernen, um Chirurgische Therapie eines Karzinoms des rechten Kolons mit Lymphknotenausräumung: die dunklere Zone entspricht der zu entfernenden Kolonpartie nebst den zu entfernenden Lymphknoten Stenosierendes Kolonkarzinom Stenose des linken Kolons Form eines „abgegessenen Apfels” Tumor Lymphknoten Quelle: Professor Tiret 4 • Die TNM-Klassifikation (Tumor, Knoten (Node), Metastase) beruht auf der lokalen, regionären (Lymphknoten-) und metastatischen Ausbreitung des Tumors 7 Versicherung bei Magen- und Darmkrebs im Jahre 2012 Komplikationen nach Kolon-OP ein späteres lokales Rezidiv zu vermeiden. Die Wiederherstellung der Darmdurchgängigkeit erfolgt Allgemein sofort, ohne künstlichen Darmausgang (Kolostoma). Bei der Kolektomie wird ebenfalls eine Entfernung der Lymphknoten in der unmittelbaren Nähe des Tumors vorgenommen: Man nennt dies „Lymphknotenausräumung”. Es kommt nur selten zu Komplikationen und die Mortalität liegt unter 1%. Hierbei kann es sich um eine undichte Nahtstelle der Kolonanastomose, um eine Peritonitis (Bauchfellentzündung) oder eine Darmfistel handeln. Auch thromboembolische Komplikationen (Phlebitis, Lungenembolie) können auftreten. Diese werden durch das Tragen von Stützstrümpfen und eine Prophylaxebehandlung mit Antikoagulantien verhindert, die für mehrere Wochen nach der Krankenhausentlassung eingenommen werden. Die histologische Analyse der Lymphknoten ist ausschlaggebend für die weitere Behandlung. Kurz gesagt ist bei positivem Befund der Lymphknoten, d.h. bei deren Befall mit Krebs, eine postoperative Chemotherapie angezeigt. Im gegenteiligen Fall erfolgen zumeist nur regelmäßige Kontrolluntersuchungen. Chemotherapie Die Kolonchirurgie erfolgt klassisch am „offenen Unterleib”, doch seit einigen Jahren wird auch eine laparoskopische Kolonchirurgie durchgeführt (Kamera und chirurgische Instrumente werden durch ein „Schlüsselloch”, d.h. durch kleine Öffnungen in die Bauchhöhle eingeführt). Der Vergleich der Ergebnisse einer traditionellen und einer laparoskopischen Kolektomie ergibt keine Unterschiede in Bezug auf Überleben, Rezidivrate und Lebensqualität. Hingegen sind die Auswirkungen der Operation weniger ausgeprägt bei der Laparoskopie, denn sie verursacht weniger Schmerzen und folglich einen geringeren Schmerzmittelbedarf. Auch die Darmpassage setzt schneller wieder ein und die Entlassung aus dem Krankenhaus geht rascher. Nach der Kolonoperation kann die Notwendigkeit einer ergänzenden (adjuvanten) Chemotherapie bestehen. Der ausschlaggebende Faktor bei der Entscheidung für oder gegen eine Chemotherapie ist derzeit die Lymphknoten-Infiltration - N(1.2). Ist der Einsatz der adjuvanten Chemotherapie bei N0-Patienten angezeigt? Wenn keine Lymphknoten-Infiltration (N0) vorliegt, ist das Rezidivrisiko dennoch nicht ausgeschlossen. Es beträgt ca. 20%. Die adjuvante Chemotherapie bringt jedoch in diesen Fällen kaum einen Vorteil und die derzeitige Empfehlung lautet daher, bei Nichtvorliegen einer Lymphknoten-Infiltration keine Chemotherapie zu verabreichen. Frühzeitige Rehabilitation der Patienten Gesamtüberlebensrate von behandelten Patienten mit Kolorektalkarzinom der Klassifikation N0, mit oder ohne adjuvante Chemotherapie Dieser Ansatz bewirkte im Zuge des letzten Jahrzehnts einen bedeutenden Fortschritt bei der Versorgung von Patienten mit Kolonkarzinomen. Es handelt sich um einen disziplinübergreifenden Ansatz unter Beteiligung von Chirurgen, Anästhesisten, Krankengymnasten und Pflegepersonal. Die Zielsetzung lautet, die Behandlungsdauer zu verkürzen, um den Patienten in die Lage zu versetzen, das Krankenhaus rascher zu verlassen. 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0 In der Praxis bedeutet dies, dass die präoperative Kolonvorbereitung und Medikation vereinfacht, die Infusionen während der Operation auf ein Mindestmaß reduziert werden, die Eröffnung der Bauchdecke kleiner gehalten, Drainagen und Magensonden vermieden werden und Nahrungsaufnahme und Mobilisierung des Patienten sehr rasch wieder hergestellt werden. Die Operationen waren insgesamt weniger traumatisch und ermöglichten es den Patienten im günstigsten Fall, das Krankenhaus drei Tage nach der Operation eines Kolonkarzinoms zu verlassen. 84% 1-5% 82% Überleben ohne Rezidiv Chemotherapie Ohne Chemotherapie 0 6 12 18 24 30 36 Zeit (in Monaten) 42 48 Quellen: Michel P. Gastroenterology 1999;117:784-93, IMPACT b2. J Clin Oncol 1999;17:1356-1363, Gray RG. Proc Am Soc Clin Oncol 2004;abs 3501 8 SCOR inFORM - Dezember 2012 Einsatz der adjuvanten Chemotherapie bei N(1.2)-Patienten nicht unbeachtliche rezidivfreie Überlebensrate nach fünf Jahren bei Patienten, die noch unlängst als unheilbar galten. Wenn eine Lymphknoten-Infiltration vorliegt (N1.2), haben seit den 90er Jahren Chemotherapien auf der Grundlage von 5FU/ Levamisol signifikante Verbesserungen der Überlebensrate gezeigt. Jüngst gelang eine weitere 25%-ige Steigerung der Überlebensrate ohne Rezidiv durch das Folfox-Schema (5FU– Folsäure – Oxaliplatin). 72,2% 65,3% 0 6 12 18 24 30 36 Zeit (in Monaten) 42 6 -2 00 3 04 20 -2 00 0 20 01 -2 00 7 98 19 -1 99 4 95 99 -1 Interdisziplinäre Tumorkonferenz In allen Fällen wird die Entscheidung, eine adjuvante Chemotherapie einzusetzen, erst nach Erörterung auf der Interdisziplinären Tumorkonferenz getroffen, an der Ärzte aller betroffenen Fachrichtungen teilnehmen, wobei die Lymphknoten-Infiltration als ausschlaggebender Faktor gilt. Es gibt jedoch auch noch weitere untergeordnete Rezidiv-Risikofaktoren wie eine OP im Stadium des Darmverschlusses oder bei Peritonitis, bei einer einen Nerven umschließenden Wucherung, Vorliegen von Blutoder Lymphgefäß-Embolien usw. sowie neuere prognostische Kriterien, auf die später eingegangen wird und die es auf der Tumorkonferenz zu erörtern gilt, um eine optimale therapeutische Versorgung sicherzustellen. FOLFOX LV5FU2 Ohne Chemotherapie 45% 92 Diagnosejahr Quellen: Kopetz S et al. J Clin Oncol 2009; 27:3677-83 Gesamtüberlebensrate von behandelten Patienten mit Kolorektalkarzinom der Klassifikation N(1.2), mit oder ohne adjuvante Chemotherapie 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0 19 19 90 -1 99 1 Heutzutage tragen Patienten mit kolorektalem Karzinom und Lymphknoten-Infiltration, die eine Chemotherapie erhalten, ein Rezidivrisiko von unter 30%. Doch die Intensitätssteigerung der Chemotherapie erhöht ebenfalls deren Toxizität. Insbesondere Oxaliplatin besitzt eine neurotoxische Wirkung, die zu Sensibilitätsstörungen und Parästhesien führen kann. 36 30 24 18 12 6 0 19 Überlebensrate nach 5 Jahren (%) Gesamtüberlebensrate nach 5 Jahren von behandelten Patienten mit Kolorektalkarzinom und Metastasen nach Diagnosejahr gegliedert 48 Quellen: Andre T et al. N Engl J Med 2004;350:2343-51 Prognose Chemotherapie und chirurgische Intervention bei Metastasen Bei der Prognose des kolorektalen Karzinoms gilt das Auftreten bzw. fehlende Auftreten eines Rezidivs innerhalb von drei Jahren nach der Krebsoperation als entscheidendes Kriterium. Mehrere Studien haben eine Korrelation zwischen rezidivfreiem Überleben nach drei Jahren und Gesamtüberlebensrate auf lange Sicht aufgezeigt. Statistisch gesehen bestehen für das kolorektale Karzinom gute Heilungschancen. Über alle Stadien hinweg beträgt die Überlebensrate nach fünf Jahren 65% bei Frauen und 61% bei Männern. Bei Vorliegen von Fernmetastasen ist die Chemotherapie auf dem Vormarsch. Sie ermöglicht es, die mittlere Überlebensrate mit ca. 30 Monaten ein wenig zu verbessern. Dieser Fortschritt ist zwar ermutigend, aber natürlich unzureichend. Der Trend geht daher zurzeit zu einer aggressiveren Behandlung von Metastasen. In bestimmten Fällen wie beispielsweise bei Lebermetastasen wird die chirurgische Entfernung angeboten. Ihre Ergebnisse sind aussichtsreich. Heutzutage können 20% der Patienten eine Metastasen-Operation erhalten. Einige von ihnen haben bereits eine präoperative Chemotherapie erhalten, um die Metastase zu verkleinern und so ihre chirurgische Entfernung zu ermöglichen5. Diverse Studien6 zeigen inzwischen eine 5 • D Smith et al. JFHOD 2010;4569 6 • Masi G et al. Ann Surg 2009; 249: 420-5. Adam R et al. J Clin Oncol 2009;27:1829-35. Goéré D et al. Ann Surg 2010; 251:686-91 9 Versicherung bei Magen- und Darmkrebs im Jahre 2012 TNM-Klassifikation für das Kolorektalkarzinom T = Tumor, N = Knoten, M = Metastase Schleimhaut T1 Gewebeschicht unterhalb der Schleimhaut Muskulär T2 T3 T4 Darmwand Serös N0 N(1.2) Infiltration benachbarter Organe N0 = ohne Infiltration von Lymphknoten, N(1.2) = Infiltration von Lymphknoten (1 oder mehrere), Nx = unbestimmt M0 = ohne Metastasen, M1 = Vorliegen von Metastasen (Leber, Lungen usw.), Mx = unbestimmt Quelle: Société Nationale Française de Gastro-Entérologie (Französische Gesellschaft für Gastroenterologie, SNFGE) TNM-Stadium Das TNM-Stadium des Tumors stellt selbstverständlich den ausschlaggebenden prognostischen Faktor dar: es besteht eine 90%-ige Überlebensrate nach fünf Jahren in den Anfangsstadien ohne Infiltration der Lymphknoten (N0), wobei diese Zahl auf 5 bis 15% bei Vorliegen von Metastasen M(1.2) sinkt. Hieraus wird die Bedeutung der Früherkennung ersichtlich. Die Diagnose im Spätstadium bei Darmverschluss oder Peritonitis oder bei Vorliegen von im Rahmen der histologischen Untersuchung des Tumors sichtbaren tumoralen Gefäßembolien gilt darüber hinaus als erschwerender prognostischer Faktor. mangelhafte Reparatur der Chromosomen zurückzuführen, was als „Mikrosatelliteninstabilität” (MSI) bezeichnet wird. MSI-Tumore weisen eine günstigere Prognose auf als MSSTumore, da sie ein geringeres Risiko von Lymphknotenund Fernmetastasenbildung aufweisen. Die prognostische Beurteilung von Kolorektalkarzinomen der Klassifikation N0 erfolgt zudem anhand des MSI- oder MSS-Status des Tumors. Neben der prognostischen Relevanz besitzt der MSI- oder MSSStatus zudem eine therapeutische Relevanz, denn MSS-Tumore sprechen besser als MSI-Tumore auf Chemotherapien an, insbesondere bei 5FU-basierenden Behandlungen. Gesamtüberlebensrate nach 5 Jahren von behandelten Patienten mit Kolorektalkarzinom, aufgeschlüsselt nach MSI- oder MSS-Status des Tumors Parallel zur TNM-Klassifikation entwickeln sich jedoch neue prognostische Kriterien. Die im Folgenden dargestellten Kriterien dürften in Kürze Einfluss auf die Behandlung des kolorektalen Karzinoms haben. 100 Überlebensrate (%) MSS- und MSI-Status Auf zellulärer Ebene geht das Auftreten eines kolorektalen Karzinoms mit zwei wichtigen biologischen Mechanismen einher. In den meisten Fällen (85%) handelt es sich um eine Anhäufung chromosomaler Mutationen aufgrund verschiedener schädigender Einflüsse, denen die Kolorektalzellen ausgesetzt sind, in Kombination mit natürlichen „Kopierfehlern” bei der Replikation von Zellen zur Geweberegeneration. Der Tumor erhält die Bezeichnung „MSS”, was für „Mikrosatellitenstabilität” steht. Bei den verbleibenden 15% ist die Karzinomentwicklung auf eine 80 76% MSI 60 54% MSS 40 p<0,0001 20 0 0 2 4 6 8 Jahre nach der Diagnose Quelle: Gryfe. N Engl J Med 2000;342:69-77 10 10 SCOR inFORM - Dezember 2012 Zukunftsaussichten Doch es gibt noch weitere Faktoren, die Umwälzungen gegenüber der klassischen prognostischen Beurteilung des kolorektalen Karzinoms darstellen. So erschien beispielsweise im Jahre 2005 eine Studie, die aufzeigt, dass die peritumorale Infiltration durch lymphozytäre Immunzellen einen maßgebenden prognostischen Faktor beim kolorektalen Karzinom darstellt. Ein Patient in einem frühen Krebsstadium nach TNM-Klassifikation kann im Endeffekt eine schlechte Prognose haben, wenn keine peritumorale lymphozytäre Infiltration vorliegt. Auch der Umkehrschluss hat sich als zutreffend erwiesen. Es existieren zudem weitere Tests zur Prognoseeinschätzung des kolorektalen Karzinoms und Orientierung der therapeutischen Versorgung. Diese sind bereits in einigen Ländern erhältlich, obwohl ihre Validierung an einer hinreichend großen Population noch aussteht. Daher bleibt Vorsicht geboten. Rektumkarzinom Das besondere Problem beim Rektumkarzinom liegt im Erhalt des Schließmuskelapparates. Gelingt dies nicht, ist ein bleibender künstlicher Darmausgang (Kolostoma) unerlässlich. Es gibt jedoch noch weitere markante Besonderheiten wie zum Beispiel den Zugriff auf den Tumor im Rahmen einer sehr einfachen klinischen Untersuchung (Rektaluntersuchung). Zudem bieten sich die Sono-Endoskopie und das Rektal-MRT zur Beurteilung der lokoregionären Ausbreitung des Tumors an. Das Rektumkarzinom unterscheidet sich auch dadurch, dass eine Reihe von Tumoren zunächst mit Strahlentherapie bzw. sogenannter neoadjuvanter Strahlen-Chemotherapie behandelt wird und die Operation erst in einem zweiten Schritt erfolgt. In einigen ausgewählten Fällen ermöglicht eine solche Behandlung es, die Größe des Tumors soweit zu reduzieren, so dass die lokale Tumorexzision leichter erfolgen kann. Das Ziel dieser Behandlung besteht jedoch in erster Linie in einer Halbierung des lokalen Rezidivrisikos. Bei der Operation ist der Tumor mit einem hinreichenden Sicherheitssaum bei der Resektion des Rektums zu beseitigen, gewöhnlich über 1 cm, um das Risiko eines lokalen Rezidivs zu begrenzen. Moderne chirurgische Verfahrenstechniken zielen darauf ab, in 80 bis 85% der Fälle den Schließmuskel zu bewahren, wobei in manchen Fällen eine zeitweilige Kolostomie vorgenommen wird. Das funktionale Ergebnis nach der chirurgischen Rekonstruktion der Region ist maßgebend, denn der chirurgische Eingriff kann zu Störungen der Darmtätigkeit und schwerer Stuhlinkontinenz führen. Liegt der Tumor sehr nahe am Schließmuskel des Afters bzw. hat er diesen infiltriert, kann der Schließmuskel nicht erhalten werden (15% der Fälle). Hier ist eine bleibende Kolostomie 11 angezeigt, der von den Patienten so befürchtete „künstliche Darmausgang” (Kolostoma, auch Anus praeter genannt). Es kann jedoch eine gewisse Akzeptanz beim Patienten erzielt werden, wenn dieser den Stuhlabgang durch regelmäßige Einläufe zur Stuhlentleerung gut kontrollieren kann. Eine Umfrage aus dem Jahre 2009 ergab, dass die Rate der Kolostomie-Patienten von der Erfahrung des Chirurgen abhängt: je erfahrener der Chirurg, desto seltener greift er auf die endgültige Kolostomie zurück. Abschließend sind Patienten mit Rektumkarzinom auch über mögliche Störungen des Sexuallebens aufzuklären (Impotenz, Ejakulationsstörungen). Diese Komplikationen können sich durch eine präoperative Strahlentherapie verstärken. Die Wirksamkeit der postoperativen Chemotherapie bei Rektumkarzinom ist nicht klar erwiesen. Dennoch wird sie in Anlehnung an den Erkenntnisstand zum Kolonkarzinom häufig vorgeschlagen. Für Patienten, die vollständig auf die Behandlung ansprechen, besteht derzeitig der Trend darin, nach einer neoadjuvanten Strahlen-Chemotherapie keine postoperative Chemotherapie durchzuführen. Tumor-Nachsorge Das Ziel der Tumornachsorge ist es, ein lokales Rezidiv oder Fernmetastasen möglichst frühzeitig zu erkennen. Zumeist handelt es sich um Lebermetastasen (80% der Fälle), an zweiter Stelle kommen die Lungenmetastasen und seltener ossäre oder zerebrale Metastasen. Die Nachsorge eines Kolorektalkarzinoms erfolgt Lebermetastase eines Kolonkarzinoms (Computertomografie) Leber Niere Metastase klinisch und radiologisch anhand einer Abdomen-Sonografie oder anhand einer Thorax- und Abdomen-CT, sowie Bestimmung des CEA-Spiegels im Blut (Carcinoembryonales Antigen). Bei Nichtvorliegen von Fernmetastasen erfolgen diese Nachsorgeuntersuchungen in den ersten drei Jahren alle drei bis vier Monate Assurer les cancers Versicherung bei Magengastrique und Darmkrebs et colorectalimenJahre 20122012 Risikofaktoren für Magenkrebs und anschließend zwei weitere Jahre lang halbjährlich. Nach 5 Jahren erfolgen keine speziellen Nachsorgeuntersuchungen mehr, mit Ausnahme einer Koloskopie alle 5 Jahre. Der PETScan wird derzeit nicht standardmäßig für die Nachsorge empfohlen, sondern zur Erkennung von Metastasen eingesetzt, wenn die klassischen Untersuchungen keinen Aufschluss bieten (beispielsweise bei isoliertem Spiegelanstieg des Tumormarkers CEA). Helicobacter pylori Magenkarzinom Das Magenkarzinom (Magenkrebs), stellt aufgrund seiner Prävalenz in bestimmten Regionen der Welt wie beispielsweise Asien und Osteuropa ein Problem der öffentlichen Gesundheit dar. In den meisten anderen Ländern ist seine Inzidenz hingegen paradoxerweise gering und konstant rückläufig. Hinsichtlich der Auftrittshäufigkeit rangiert es weit hinter dem Kolonkarzinom. Weltweit befällt diese Krebsform vorwiegend Männer. Die unterschiedlichen Formen von Magenkrebs und ihre begünstigenden Faktoren Adenokarzinom 95% der Magenkarzinome sind Adenokarzinome. Als Hauptrisikofaktor gilt eine Infektion der Magenschleimhaut mit Atrophische Gastritis DarmMetaplasie Krebs 80% + 20% Quellen: Figueiredo C. et al. J Natl Cancer Inst 2002;94:1680-7 - Talley NJ. Lancet 2008;372:350 - Murphy G et al. Gastroenterology 2009; in press dem Bakterium Helicobacter pylori (HP). Es handelt sich um eine der am weitesten verbreiteten chronischen Infektionen weltweit: Die Infektionsrate beträgt abhängig vom Land zwischen 20 und 90% der erwachsenen Bevölkerung. Diese gewöhnlich in der Kindheit erworbene Infektion steht in direktem Zusammenhang mit dem sozioökonomischen Entwicklungsstand des Landes. Je schlechter die Hygienebedingungen, desto höher liegt der Anteil der an Helicobacter pylori erkrankten Bevölkerung. Die Infektion mit Helicobacter pylori verursacht eine als Gastritis bezeichnete Entzündung der Magenschleimhäute. Diese HPGastritis nimmt in manchen Fällen einen chronischen Verlauf und führt zu einer intestinalen Metaplasie. In Kombination mit weiteren Kofaktoren wie Alkohol-, Tabakkonsum und Ernährung Prozentsatz der an HP erkrankten Bevölkerung weltweit, aufgeschlüsselt nach Regionen 30% 30% 50% 40% 70% 80% 70% 50% 70% 70% 90% 70% 80% genetische Faktoren sonstige (EpsteinBarr-Virus, Alkohol-, Tabakkonsum usw.) 90% 70% 80% 20% Quelle: Stiftung „The helicobacter Foundation” 12 SCOR inFORM - Dezember 2012 sowie bei Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) oder einer genetischen Veranlagung kann aus dieser Metaplasie ein Magenkarzinom entstehen. Die Infektion mit Helicobacter pylori allein verursacht jedoch kein Karzinom; im Übrigen entwickeln weniger als 3% der mit HP infizierten Personen Magenkrebs. Wie bei den meisten anderen Krebsformen liegt daher beim Magenkarzinom eine multifaktorielle Ätiologie vor, wobei Veranlagung und erworbene Faktoren gleichermaßen eine Rolle spielen. Die systematische Behandlung von HP-Trägern mit Antibiotika wird derzeit debattiert, da das Kosten-Nutzen-Verhältnis umstritten und das Risiko, dadurch eine Antibiotikaresistenz zu begünstigen, nicht von der Hand zu weisen ist. Hingegen tendiert man heute verstärkt zu der Empfehlung, Helicobacter pylori bei Blutsverwandten ersten Grades von Magenkrebspatienten zu eradizieren. In selteneren Fällen kann es auch bei der Biermer-Krankheit, einer 2/3-Resektion des Magens (Gastrektomie), der MénétrierKrankheit und gutartigen Adenomen zur Entstehung von Magenkrebs kommen. Es gibt eine seltene Form eines gering differenzierten Adenokarzinoms, das die unterschiedlichen Schichten der Magenwand infiltriert, ohne sie zu zerstören. Diese Form des Magenkrebses nennt sich Linitis plastica. Problematisch ist, dass Biopsien im Rahmen der Gastroskopie unauffällig sein können und die Diagnosestellung verzögern bzw. in die Irre führen können. erforscht. Bei etwa 1/3 der GIST-Patienten ist ein maligner Verlauf mit Rezidiv oder Tumor-Metastasen zu beobachten. Behandlung und Prognose Die Diagnose des Magenkarzinoms wird zumeist im Spätstadium gestellt, im Rahmen der ätiologischen Abklärung einer Anämie, einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes, unspezifischen Schmerzen oder Verdauungsstörungen oder auch bei der ätiologischen Abklärung von Lymphknoten-, Leber- oder Lungenmetastasen. Zumeist entwickelt sich der Tumor langsam in der Magenhöhle. Bei Diagnosestellung im Rahmen einer Gastroskopie ist der Tumor meistens bereits sehr groß. Seine Behandlung ist problematisch und die Prognose eher zurückhaltend. Das Adenokarzinom des Magens muss operativ entfernt werden, dies ist die einzige Behandlung mit Heilungsaussicht. Die chirurgische Behandlung besteht in einer Teil- oder Totalgastrektomie, je nach Lokalisation des Tumors. Bei Karzinomen im unteren Bereich des Magens erfolgt eine subtotale Gastrektomie (Teilentfernung des Magens). In allen anderen Fällen wird er komplett entfernt (totale Gastrektomie). Der Verlust des kompletten Magens bzw. eines großen Teils des Magens ist für den Körper eine große Umstellung. Die Gastrektomie bewirkt stets einen Gewichtsverlust von rund zehn Kilogramm Totale Gastrektomie Lymphome Bei 3% der bösartigen Magentumore handelt es sich um Lymphome. Es gibt zweierlei Formen: • das MALT-Lymphom des Magens (mucosa associated lymphoid tissue), ein kleinzelliges, niedriggradig malignes Lymphom. Dieses Lymphom entwickelt sich genau wie das Adenokarzinom aus einer Magenentzündung infolge einer Infektion mit Helicobacter pylori; • das großzellige, hochgradig maligne B-Zell-Lymphom, Dieses stellt sich zumeist in Form eines großen, ulzerierten Tumors bei der Endoskopie dar. Gastrointestinale Stromatumore (GIST) GIST sind seltene Tumore des Verdauungstraktes, die sich zumeist an der Magenwand bilden. Diese Tumore wurden früher häufig mit Leiomyomen oder Schwannomen verwechselt und wurden erst um das Jahr 2000 genauer eingegrenzt und näher 13 Quelle: Professor Tiret Assurer les cancers Versicherung bei Magengastrique und Darmkrebs et colorectalimenJahre 20122012 Gesamtüberlebensrate nach 5 Jahren von behandelten Patienten mit Magenkrebs, aufgeschlüsselt nach TNM-Stadium TNM Krebs 2000, Vereinigte Staaten T1N0M0 78% T1N1M0 T2N0M0 58% T1N2M0 T2N1M0 T3NOM0 34% T2N2M0 T3N1M0 T4N0M0 20% T3N2M0 8% T4N1,2,3M0,M1 7% Die anderen Lymphome sind entweder indolent oder aggressiv. Sie sprechen gut auf Chemotherapie an und sind gewöhnlich für den Patienten nicht lebensbedrohlich. Gastrointestinale Stromatumore (GIST). Prognose und Behandlung hängen von zwei wesentlichen Parametern ab: erstens von der Größe des Tumors, die 15 bis 20 cm betragen kann und andererseits vom mitotischen Index, d.h. der Anzahl der im Tumor in Zellteilung befindlichen Zellen. Das Rezidivrisiko ist bei GIST von unter 2 cm Größe und mit einem niedrigen mitotischen Index (<5) sehr gering, so dass hier regelmäßige Kontrolluntersuchungen ausreichend sind. Bei großen GIST mit hohem mitotischem Index (>10) hingegen besteht ein hohes Rezidivrisiko, so dass hier eine operative Entfernung mit adjuvanter Behandlung durch tägliche orale Einnahme von Imatinib (Glivec®) über einen Zeitraum von drei Jahren erfolgt. Tarifierung von Magenund Darmkrebs Quelle: Professor Michel und der Patient muss seine Nahrungsaufnahme auf mehrere kleine Mahlzeiten verteilen. Darüber hinaus ist alle vier Monate eine Vitamin B12-Injektion erforderlich, da nicht mehr genügend Vitamin B12 über den Magen resorbiert wird. Die Heilungsergebnisse eines rein operativ behandelten Adenokarzinoms des Magens bleiben mit lediglich 30% Überlebenden nach 5 Jahren bei einer Tumorklassifikation von T3N0 dürftig. Maßgebend für die Risikoprüfung ist die endgültige TNM-Stadieneinteilung nach der Operation, wobei der Lymphknotenstatus N als erschwerender Tarifierungsfaktor zu betrachten ist. Kolorektales Karzinom (Adenokarzinom) Derzeit wird in einigen Fällen eine prä- und postoperative Chemotherapie in Kombination mit Strahlentherapie diskutiert, doch auch in diesem Fall bleibt die Gesamtüberlebensrate sehr gering. Bei Vorliegen einer oder mehrerer Fernmetastasen und insbesondere bei Leber- oder Lungenmetastasen sind die Überlebensraten noch schlechter. Die durchschnittliche Überlebensdauer beträgt weniger als ein Jahr, unabhängig von der eingesetzten Chemotherapie. Es wird aktive medizinische Forschung betrieben, um die Chemotherapie-Behandlung auf das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen bestimmter Rezeptoren an der Oberfläche der Tumorzellen abzustimmen (z. B. liegen bei 15% der Magenkarzinome HER2-Rezeptoren vor), doch auch dies verbessert das Überleben der Patienten lediglich um einige Monate. Tumore ohne Lymphknoteninfiltration sind bereits ein Jahr nach der Operation versicherbar, wohingegen Tumore mit Lymphknotenbeteiligung (N1, N2) erst 5 Jahre nach der Operation versicherbar sind. Anschließend ist das Risiko entsprechend dem Stadium einzuschätzen bzw. kann nach 5 bzw. 10 Jahren ohne Rezidiv ohne Zuschlag versichert werden. Tumore mit lokoregionärem Rezidiv bzw. Fernmetastasen können bei Vorliegen einer Remission von mindestens 5 Jahren individuell eingeschätzt werden. Magenkarzinom (Adenokarzinom) Das MALT-Lymphom des Magens ist besonders bemerkenswert. Erfolgt eine Eradikation des Helicobacter pylori durch die Gabe von Antibiotika, lässt sich in 80% der Fälle eine Heilung mit hervorragender Prognose erzielen. Diese Krebsform wird somit nicht mit Chemotherapie, sondern mit Antibiotika behandelt! Bei diesem Tumor ist Vorsicht geboten, denn auch 2012 ist seine Prognose noch unverändert schlecht. In den meisten Fällen sind Tumore ohne Lymphknoteninfiltration 7 Jahre nach der operativen Entfernung versicherbar. Tumore mit Lymphknotenbeteiligung (N1, N2) sollten generell abgelehnt werden. 14 SCOR inFORM - Dezember 2012 Fazit Im Jahre 2012 wurden bedeutende medizinische Fortschritte bei der Behandlung von Magen- und Darmkrebs erzielt, insbesondere in den Bereichen Endoskopie, Radiologie (Computertomografie, MRT, Pet-Scan-Verfahren), Genetik, Chirurgie, Chemotherapie und Strahlentherapie. Ein weniger spektakulärer jedoch ebenso bedeutender Fortschritt war die Generalisierung der disziplinübergreifenden Versorgung von Krebspatienten. Anatomische Zeichnung des Darmtraktes, Trong Jim Tchou King, Zeichnung von Dr. Orang Oe-te. Chinesisches Manuskript (Ms chinois) 5341, BN, Paris In den meisten Ländern hat sich eine Kooperation zwischen Spezialisten aller Fachrichtungen etabliert, um eine bestmögliche medizinisch-chirurgische Versorgung eines jeden Einzelfalles zu erreichen. Patienten mit Krebserkrankungen des Verdauungstraktes ziehen aufgrund der Komplexität der medizinischen Versorgung große Vorteile aus den interdisziplinären Tumorkonferenzen. Festzuhalten ist, dass Darmkreb insgesamt eine bessere Prognose hat als Magenkrebs und dass die TNM-Klassifikation für die Risikobeurteilung beider Tumorformen maßgebend ist. Auf diesem Gebiet ist jedoch nichts in Stein gemeißelt und es kristallisieren sich neue prognostische Faktoren heraus (MMS- bzw. MSI-Status, peritumorale lymphozytäre Infiltration beim Kolorektalkarzinom usw.). Somit liegt es an uns, diese Entwicklungen zu verfolgen und sie in der Welt der Versicherungen umzusetzen. 15 SCOR Global Life 5 avenue Kléber 75795 Paris Cedex 16 France www.scor.com