Enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC)

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Enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC)
Worterklärung

enteron
= Darm (i.S. Dünndarm)

häm
= Blut

rhagie
= fließend, strömend

Escherichia coli = Bakterium (s.u.)
Bei EHEC handelt es sich um eine Gastroenteritis, verursacht durch das Bakterium
Escherichia coli.
Leitsymptome sind wässrige, evtl. blutig-wässrige Durchfälle. Betroffen sind meist
Säuglinge, Kinder, Ältere und Abwehrgeschwächte.
Erreger
Escherichia coli, ein gramnegatives, begeißeltes Stäbchenbakterium, das ubiquitär (überall verbreitet)
im Boden, Wasser und im Stuhl vorkommt. Darüber hinaus ist das Bakterium ein wichtiger Bestandteil
der physiologischen Darmflora des Menschen. Allerdings ist er auch ein fakultativer Krankheitserreger
von Durchfallerkrankungen und Harnweginfektionen. Es werden zahlreiche Serotypen unterschieden.
Der Serotyp, der EHEC verursacht, produziert ein Toxin, das die Darmwandzellen beschädigen und so
blutigen Durchfällen auslösen kann.
Der Erreger kommt v.a. bei Rindern vor.
Ansteckung


vom Tier auf den Mensch: v.a. über rohe Milch, nicht durchgekochtes Rindfleisch (v.a.
Rinderhack), rohes, ungewaschenes Obst und Gemüse, wenn
mit EHEC-Erregern verseuchte Gülle auf das Gemüse
aufgebracht wurde
von Mensch zu Mensch: fäkal-oral (selten, bei nicht beachten der Hygieneregeln)
Inkubationszeit
ca. 1 bis 8 Tage
Symptome
Typisch sind wässrige, evtl. auch wässrig-blutige Durchfälle. Eventuell kommt es zu Fieber, Übelkeit,
Erbrechen und Bauchschmerzen.
Bisher gesunde Erwachsene erholen sich meist rasch.
Schweregrade

asymptomatische Verläufe

leichte Durchfallerkrankung

schwere Durchfallerkrankung mit blutigen Durchfällen

Entwicklung eines HUS (hämolytisch-urämisches Syndrom, s. Kap. 27.1.6)
Risikogruppen
Zu schweren Krankheitsverläufen kommt es vor allem bei:

Säuglingen

Kindern

älteren Menschen

Abwehrgeschwächten
Komplikationen

HUS (hämolytisch-urämisches Syndrom, s. Kap. 27.1.6)
Differenzialdiagnose
Durchfallerkrankungen durch andere Erreger, allergisch bedingte Durchfälle, Colitis ulcerosa, Morbus
Crohn
Nachweis
Erregernachweis im Stuhl bzw. Toxinnachweis im Blut
Schulmedizinische Therapie
Die Gabe von Antibiotika ist problematisch, da sich gezeigt hat, dass durch die Abtötung bzw.
Schädigung der Bakterien Endotoxine freigesetzt werden, die die Beschwerden verstärken können.
Deshalb bleibt der Ausgleich des Wasser- und Salzhaushaltes ein wichtiges therapeutisches Ziel.
Schwere Krankheitsverläufe werden in der Klinik behandelt.
Meldepflicht1
Für Heilpraktiker besteht gem § 6 Abs. 1 IfSG Meldepflicht bei Verdacht auf oder bei Erkrankung, wenn
entweder eine Person betroffen ist, die eine Tätigkeit im Sinne des § 42 Abs. 1 ausübt oder wenn zwei
oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang
wahrscheinlich ist oder vermutet wird
Darüber hinaus besteht Meldepflicht für Ärzte bei Erregernachweis gem. § 7 IfSG.
1
In den letzten Jahren gingen ungefähr 1000 Meldungen jährlich ein.
Behandlungsverbot
Für Heilpraktiker besteht Behandlungsverbot gem. §§ 24,6 und 7 IfSG.

Fallbeispiel
Eine Mutter ruft wegen ihrer 6-jährigen Tochter an, die unter heftigen Bauchkrämpfen und Durchfällen
leidet. Sie habe ihr zunächst, wie schon früher öfter bei Durchfällen, Salzstangen gegeben und Cola zu
Trinken. Diesmal habe das aber nichts genützt, denn die Durchfälle werden immer schlimmer, die
letzten beiden Male war schon etwas Blut beigemischt. Dem Kind gehe es ansonsten nicht schlecht,
denn es liege brav ganz ruhig im Bett und klage nicht. Allerdings sei nun auch Fieber aufgetreten.
Auf Befragen, was das Kind am Vortag gegessen habe, teilt sie mit, dass die Oma da war und
Hackfleischbällchen gekocht habe. Ihre Tochter sei immer ganz wild auf die bereits gewürzte Rohmasse
und habe deshalb kräftig aus der Schüssel genascht, bevor die Oma das Hackfleisch gebraten habe.
Dies könne man dem Kind ja wohl nicht übel nehmen.
Der Heilpraktiker veranlasst eine Klinikeinweisung, da der Verdacht auf eine infektiöse Enteritis mit
Exsikkose besteht.
Enteropathisches hämolytisch-urämisches Syndrom
(HUS, Gasser-Syndrom)
Worterklärung

enteron
= Darm

pathie
= Krankheit, Schmerz

häm
= Blut

lyse
= lösen, auflösen

Urämie
= Harnvergiftung

Syndrom
= Gruppe von Krankheitszeichen
HUS ist eine Komplikation, die sich infolge von Infektionen einstellen kann, vor allem von
Infektionen mit enterohämorrhagischen Escherichia coli (siehe Abschnitt 27.2.25). Von
HUS sind vor allem Kleinkinder und Säuglinge betroffen.
Es kommt zur folgenden Trias:
 akute hämolytische Anämie
 Niereninsuffizienz bis Nierenversagen
 erhöhte Blutungsneigung (durch Thrombozytopenie)
Betroffen
Betroffen sind vor allem Säuglinge und Kleinkinder,
aber auch ältere Menschen und Abwehrgeschwächte.
Erreger
sind Bakterien, meistens enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC),
evtl. auch Pneumokokken oder andere Erreger.
Ursache
Die genaue Ursache ist nicht bekannt. Aber die Erkrankung entwickelt sich meist infolge einer Infektion
mit enterohämorrhagischen Escherichia coli (siehe EHEC, Kap. 27.2.25).
Dabei können die Toxine der Erreger, die Zellen der Darmschleimhaut, die Erythrozyten, die
Thrombozyten und die Nieren schädigen. Darüber hinaus können die Überreste der Erythrozyten die
kleinen Nierengefäße verstopfen und es können sich kleine Blutgerinnsel bilden, die die Hirn- und
Nierengefäße verstopfen.
Symptome
Es kommt zu einer hämolytischen Anämie. Die genaue Ursache ist unbekannt. Allerdings wird vermutet,
dass es zu einer Antikörperbildung gegen die Erythrozyten gekommen ist, da das körpereigene
Abwehrsystem die roten Blutkörperchen mit den eingedrungenen Erreger verwechselt, da sich
bestimmte Oberflächenmerkmale der Erythrozyten und der Erreger gleichen (ähneln). Des Weiteren
kommt es zur Niereninsuffizienz bis zum Nierenversagen, außerdem zu erhöhter Blutungsneigung
durch eine Verminderung der Thrombozyten (Thrombozytopenie).
Prognose
Die Erkrankung hat eine Letalität von bis zu 10 %.
80 % der Betroffenen müssen an die Dialyse, davon etwa 10 bis 20 % lebenslang.
Therapie
Die Behandlung erfolgt durch den Arzt und muss sich an der Schwere der Erkrankung ausrichten. Meist
wird nur mit Flüssigkeits- und Elektrolytersatz behandelt. Es wird kein Antibiotika verordnet. Die Gabe
von Motilitätshemmern2 sind kontraindiziert, da sie eine Erregerausscheidung mit Stuhl verhindern.
Meldepflicht3
Für Heilpraktiker bei Verdacht, Erkrankung und Tod gem. §§ 8 und 6 IfSG, Absatz 1
Behandlungsverbot
für Heilpraktiker gem. §§ 24, 6 und 7 IfSG
2
3
Motilitätshemmer hemmen die Darmperistaltik
In den letzten Jahren gingen ungefähr 70 Meldungen jährlich ein.
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