1 Zielsetzungen für den Sozialstaat

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„Gemeinwesenarbeit“ in Zeiten spätrömischer Dekadenz
von Dr. Jochen Ostheimer, veröffentlicht in: Sozialmagazin 35 (2010) 5, 36-49.
Der Sozialstaat wächst und gedeiht – und gerät in eine Wachstumskrise. Es droht ein Abgleiten in eine Situation, die nur als „spätrömische Dekadenz“ bezeichnet werden kann, wie stellvertretend für eine nicht klar abgrenzbare geistige Strömung der FDP-Vorsitzende Westerwelle meint. Hatte vor wenigen Jahren der SPD-Chef Müntefering noch vehement vor den „Heuschrecken“ gewarnt, die etwa in Gestalt von Hedgefonds im Vierteljahrestakt Erfolg messen,
Substanz absaugen und Unternehmen kaputtgehen lassen würden, wenn sie sie abgefressen
hätten, so stellt sich die neue Gemengelage anders dar: Die Schwachen müssten vor den Faulen geschützt werden. Damit bekommt der Sozialstaat eine neue Ausrichtung: Schutz der
Schwachen nicht vor Verelendung, sondern – und an dieser Stelle wird bereits durch die
Wortwahl eine ethisch-politische Vorentscheidung getroffen – vor solchen, die, wenn sie sich
mehr um sich selbst kümmerten, die staatliche Unterstützung überflüssig machen könnten und
auch sollten. Um sie in diese Richtung zu bewegen, wird unter anderem über eine Arbeitspflicht nachgedacht. Dabei macht sich nicht nur Westerwelle Gedanken über ein das Gemeinwohl förderndes „Schneeschippen“. Auch die SPD-Landesvorsitzende von Nordrheinwestfalen, Kraft, lässt ihre Gedanken in eine ähnliche Richtung schweifen, redet, temperaturbedingt, vom Straßenkehren als Angebot für Hartz-IV-Empfänger, wenngleich ihre Begründung etwas anders ausfällt, eher den Aspekt der Integration in Arbeitsmarkt und Gesellschaft
betont.
Diese Diskussionen um eine notwendige „geistig-politische Wende“ (Westerwelle) stellen die
grundsätzliche Frage, welche Aufgaben der Sozialstaat übernehmen und wie er sie erfüllen
soll. Unabhängig von parteipolitischem Kalkül ist dies eine Frage, die tatsächlich zu diskutieren ist. Denn ein Blick in die jüngere Vergangenheit zeigt, dass sozialstaatliche Maßnahmen
von Regierungen gerne genutzt werden, um irgendwelche politischen Obliegenheiten bis hin
zur Finanzierung der deutschen Einheit zu erfüllen.
Im Folgenden soll erstens untersucht werden, welche gängigen normativen Zielvorgaben für
den Sozialstaat sich unterscheiden und wie sie sich begründen lassen. Zweitens wird dann die
vergangene und aktuelle Entwicklung des Sozialstaats nachgezeichnet und kritisch diskutiert.
Auf diese Weise kann gezeigt werden, dass die gegenwärtige Diskussion Teil eines größeren
Umbruchs in der sozialen Landschaft ist, der grundlegend die Soziale Arbeit angeht. Denn der
Sozialstaat stellt den politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmen für das Selbstverständnis und die Ausgestaltung der Sozialen Arbeit dar.1 Der Umbau der Gesellschaft und
v.a. der gesellschaftlichen Plausibilitäten wiederum strukturiert ihre Arbeitsfelder und produziert ihre Aufgaben.
1
Zielsetzungen für den Sozialstaat
Dass der Staat ein Sozialstaat sein soll, ist unumstritten. Doch über seine Ausgestaltung
herrscht kein Konsens, wie nicht nur der Bundestagswahlkampf unlängst wieder deutlich gemacht hat, sondern mehr noch die aktuelle Debatte, die ein Artikel von Sloterdijk im Juni vergangenen Jahres in der FAZ ausgelöst hat und die unter anderem in der Zeit unter dem Titel
„Klassenkampf von oben“ mit zahlreichen Beiträgen kontrovers weitergeführt wurde.
Es fehlt eine übereinstimmende Konzeption für den Sozialstaat auf der normativen Ebene:
Zielsetzung, Ausrichtung, Kriterien sind unklar. Dieses Defizit fällt nicht auf, wenn genügend
Geld zum Verteilen vorhanden ist. Ist dies wie seit geraumer Zeit nicht mehr der Fall, wird
1
Vgl. Maaser 2008, der zu Recht darauf hinweist, dass es eine falsche Engführung ist, Soziale Arbeit als „reines
Ausführungsorgan des Sozialstaates“ (263) aufzufassen; diesem Missverständnis beugen beispielsweise Konzeptionen der Sozialen Arbeit als Menschenrechtsprofession (z.B. Staub-Bernasconi 2007) oder Gerechtigkeitsprofession (Schrödter 2007) vor.
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deutlich, dass es nicht um das Wünschbare, sondern nur um das Finanzierbare, d.h. das Notwendige geht. Und dann wird deutlich, dass es ein Konzept braucht.2
Faktisch aber wird der Sozialstaat von vielen als Pauschallösung für alle gesellschaftlichen
Probleme gesehen und dementsprechend unspezifisch ausgebaut. Dabei herrscht eine monetaristische Perspektive vor. Deshalb wird als politische Standardlösung meist die Verteilungsmaschine angeworfen: Elterngeld, Arbeitsbeschaffung für junge und alte Arbeitslose, neue
Zuschüsse zum Gesundheitssystem, außerplanmäßige Rentenerhöhung – wobei von keiner
Maßnahme gesagt werden kann, dass sie per se falsch sei. Sie alle sind daran orientiert, die
Ungleichheit zumindest nicht wachsen lassen sowie das Risiko des Statusverlusts gering zu
halten – beides Ziele, die sich im sozialen Nachkriegsdeutschland fest etabliert haben und
beispielsweise von der us-amerikanischen Leitvorstellung des Aufstiegs vom Tellerwäscher
zum Millionär weit entfernt sind.
1.1
Eine Unklarheit: zwei Arten von Grundrechten
Im Grundgesetz ist unwiderruflich festgehalten, dass die Bundesrepublik Deutschland ein
föderaler, demokratischer und sozialer Rechtsstaat ist. Art. 20 Abs. 1 GG bestimmt Deutschland als „demokratischen und sozialen Bundesstaat“; Art. 28 Abs. 1 GG bindet die Länderverfassungen an die „Grundsätze des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaats“; und in Art. 79 Abs. 3 GG wird das Sozialstaatsprinzip mit Ewigkeitsgültigkeit ausgestattet und der Disposition des Gesetz- wie des Verfassungsgebers entzogen.
Die sozialen Grundrechte werden in der deutschen Verfassung allerdings nicht durch einen
Katalog grundrechtlicher Gewährleistungen konkretisiert. Deshalb bestehen für ihre Interpretation erhebliche Spielräume, was sie von den klassischen liberalen Menschen- und Bürgerrechten unterscheidet.
Die Freiheitsrechte dienen dem Schutz des Individuums vor zumeist staatlichen, ungerechtfertigten Zwängen. Sie sind kategorische Grundrechte, sie gelten immer und überall, ohne einschränkende Bedingungen. Freiheitsrechte begründen einen Anspruch auf Nicht-Handeln.
Daher besitzen sie eine genuine Klarheit. Bei Verboten gibt es wenig zu deuteln.
Im Unterschied dazu bedürfen soziale Grundrechte der konkretisierenden Ausgestaltung und
unterliegen stets zwei einschränkenden Bedingungen. Sie behaupten als Leistungsrechte eine
Verpflichtung zu Handlungen. Handlungen jedoch sind stets konkret. Daher müssen soziale
Grundrechte nicht nur das Ziel, sondern etwa auch die Art oder den Grad der Leistungserbringung festlegen bzw. vorgeben, wie diese festzustellen sind. Zudem steht ihre Umsetzung immer unter dem Vorbehalt ausreichender und geeigneter Mittel; allgemein bekannt und oft beklagt ist der Finanzierungsvorbehalt. Außerdem verpflichten derartige Grundrechte nur zu
einer subsidiären Versorgung in „Not“-Situationen, in die zwar jeder geraten kann, in denen
sich aber im Prinzip niemand permanent befindet.
Damit unterliegen Sozialrechte aus systematischen Gründen einer höheren Deutungsbedürftigkeit als Freiheitsrechte. Folglich ist die konkrete Ausgestaltung des Sozialstaats in einem
weit größeren Maße rechtfertigungsbedürftig. Mit Blick auf diesen Legitimationsbedarf werden im Folgenden vier grundsätzliche Modelle vorgestellt. Sie gehen nicht von empirisch gegebenen sozialstaatlichen Versionen aus, sondern skizzieren Idealtypen, die jeweils eine Zielsetzung, mithin eine Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit entfalten. Alle vier Leitideen lassen sich in der gegenwärtigen sozialmoralischen Landschaft finden. Argumentative Grundlage der Erörterung sind diejenigen Voraussetzungen, auf denen auch Demokratie und Rechtsstaat beruhen, nämlich die Menschenrechte. Diese kohärentistische Vorgehensweise hat den
Vorteil, nur möglichst wenige Voraussetzungen zu machen und also Argumente zu nutzen,
die nicht erst noch als moralisch anschlussfähig ausgewiesen werden müssen.
2
Vgl. zum Folgenden Kersting 2008, 23-95.
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1.2
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Der Sozialstaat: Zielsetzungen und Legitimationsmodelle
1.2.1 Daseinsfürsorge
Die Menschenrechte dienen den fundamentalen Lebensinteressen der Menschen. Diese werden sowohl von Bedrohungshandlungen (wie Folter) als auch durch Situationen dramatischer
Unterversorgung gravierend verletzt. Daher müssen sie auf beide Arten der Gefährdung reagieren; alles andere wäre selbstwidersprüchlich. Also lässt sich auch ein Recht auf eine
Grundversorgung behaupten, die das Überleben sichert. Diesem Subsistenzrecht sind aber
enge Grenzen gesetzt; eine Ausweitung zu einem Anspruch auf Glück ist nicht statthaft.
Primärer Adressat dieses Rechts ist in der modernen Gesellschaft nicht der Mitmensch, der
auf der Basis von Tugendpflichten Almosen gibt, sondern gemäß der Wende von der Tugendzur Ordnungsethik der Staat. Der so angesprochene Sozialstaat erhält die Gestalt eines „Überlebensstaats“, er hat allein die Aufgabe, das nackte Dasein, das schiere Überleben der Bürger
zu sichern.
Seit einiger Zeit blitzen solche Gedanken vor allem bei Diskussionen über die medizinische
Versorgung alter Menschen auf. Notfallmaßnahmen, die das Überleben sichern und die wie
bei einem Unfall oder bei einem Herzinfarkt unter Zeitdruck durchgeführt werden müssen,
werden meist fraglos vorgenommen. Doch bei anderen Maßnahmen, die Zeit zur Reflexion
lassen, kann man immer wieder einmal die Frage hören, ob sie sich noch lohnen.
Betrachtet man abschließend das Menschenbild, das in diesem Diskurs durchschimmert, dann
zeigt sich, dass der Mensch rein in seiner biologischen Verfasstheit, als homo sapiens gesehen
wird. Es geht allein um biologische Existenzsicherung; alles Weitere bleibt dem einzelnen
anheimgestellt.
Dieses Modell bestimmt einen Mindeststandard, der nicht unterschritten werden darf.
Gleichwohl ist es defizitär. Dies bringt auch das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9.2.2010 zur Hartz-IV-Regelung zum Ausdruck:
„Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1
Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem
Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz
und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben
unerlässlich sind.“3
Vor allem aber – und das ist systematisch interessanter – ist die Argumentation dieses Modells nicht konsequent. Dies zeigen die Ausführungen zu dem folgenden Modell, das als
Hauptaufgabe des Sozialstaats den Schutz der Freiheit bestimmt.
1.2.2 Freiheitsfürsorge
Als Leitidee dieses Konzepts kann die Abwehr von gesellschaftlicher Exklusion angegeben
werden.4 Der Ausschluss von der gesellschaftlichen Teilhabe ist zu verhindern. Es stellt sich
somit die Frage nach Bedingungen, die notwendig gegeben sein müssen, damit die Freiheitsrechte verwirklicht werden können. Denn andernfalls sind die grundrechtlich geschützten
Freiheitsrechte wertlos. Diese Überlegung macht deutlich, dass die innere Logik der Freiheitsrechte einen Übergang von bloßen Abwehr- zu Leistungsansprüchen verlangt. Denn „die Abwesenheit von Fremdbestimmung ist nicht hinreichend für Selbstbestimmung.“5
Plausibel gemacht werden kann dieser Gedanke etwa am Beispiel der Arbeit. Nur unter bestimmten, anspruchsvollen und in der gesellschaftlichen Entwicklung erst spät errungenen
Bedingungen wie etwa Mindesteinkommen bzw. Tarifautonomie, Sozialversicherung oder
Arbeitsschutzbestimmungen wird der unselbständig Gewordene vor Ausbeutung und in seiner
3
Vgl. www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20100209_1bvl000109.html (16.2.2010); hier zit. ist
der 1. Leitsatz.
4
Vgl. Luhmann 1995; Nassehi 2000; ders. 2003; Ostheimer 2010; Kronauer 2002; Bude 2008.
5
Kersting 2006, 22; vgl. Berlin 1995.
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Würde geschützt, wie man deutlich an der sozialen Frage und dem Massenelend der Arbeiterschaft im 19. Jahrhundert erkennen kann.
Ein Minimal- und Nachtwächterstaat genügt diesen Anforderungen nicht. Das Sozialstaatsgebot ist kein Zusatz zum freiheitlichen Rechtsstaat, sondern seine ethisch konsequente Entfaltung. Er darf daher nicht zum Almosenstaat werden.
Ethisch und politisch brisant an diesem Konzept ist der Grundsatz, dass die Fürsorge für Freiheit unabhängig von der Ursache der Selbstversorgungsunfähigkeit gewährt wird. Auf eine
moralisierende Unterscheidung, ob ein Betroffener seine Bedürftigkeit selbst verschuldet hat
oder nicht, ist zu verzichten. Denn andernfalls könnte als argumentative Grundlage nicht, wie
eingangs formuliert, der Wert der Freiheit als solcher dienen, sondern lediglich die wertvolle
Freiheit wertvoller Bürger. Doch genau eine solche (womöglich essenzialistisch fundierte)
Unterscheidung widerspricht dem Grundansinnen des Liberalismus, wie es etwa Rawls an
zentraler Stelle seiner Gerechtigkeitstheorie formuliert. „Jedermann soll gleiches Recht auf
das umfangreichste System gleicher Grundfreiheiten haben, das mit dem gleichen System für
alle anderen verträglich ist.“6
Dem Freiheitsmodell scheint eine widersprüchliche Tendenz immanent zu sein (die letztlich
die Vielfalt der Positionen innerhalb des Liberalismus widerspiegelt). Zum einen lässt sich der
Sozialstaat als eine interimistische Veranstaltung verstehen, die sich selbst überflüssig machen soll.7 Dieser Gedanke der bedingten Hilfe, der „Ausfallbürgschaft“ wird systematisch
vom Prinzip der Subsidiarität entfaltet, das daher als das grundlegende Organisationsprinzip
für die Ausgestaltung des Sozialstaats gelten kann. Die Grundidee besagt, dass Aufgaben
möglichst dort erledigt werden sollen, wo sie anfallen, topographisch gesprochen: möglichst
weit unten, bei den kleinen sozialen Einheiten. Die übergeordneten sozialen Einheiten, insbesondere der Staat, dürfen sich dort nicht unerlaubt einmischen, wo gesellschaftliche Akteure
eigenverantwortlich ihre Angelegenheiten erfolgreich zu erfüllen in der Lage sind (Kompetenzanmaßungsverbot). Zugleich aber müssen sie helfend eingreifen, wenn sich ein Problem
als zu groß erweist; und sie müssen, soweit es in ihrer Macht steht, dafür sorgen, dass die untergeordneten Einheiten die Mittel erhalten, die sie für ihre Aufgabenerfüllung benötigen (Unterstützungsgebot). Hier bestehen gegenwärtig Defizite, unter denen besonders die Kommunen leiden.
Ganz im Sinne des Subsidiaritätsprinzips wird gegenwärtig dem Abbau der Arbeitslosigkeit
eine große Bedeutung beigemessen, weil viele und auch die wichtigsten Formen der gesellschaftlichen Integration über die Erwerbsarbeit verlaufen (Einkommen, sozialer Kontakt, gesellschaftliche Bestätigung, Sinn usw.). Wer einen Arbeitsplatz hat – und für seine gute Arbeit
einen guten Lohn erhält –, ist idealerweise nicht auf den Sozialstaat angewiesen.
Zum anderen zeigt sich, dass die engen Grenzen der ursprünglichen Aufgabe des Sozialstaats,
den Bedürftigsten in ihrer größten Not zu helfen, schon längst gesprengt sind und dass auch
die damit verbundene traditionelle moralische Begründung für den modernen Sozialstaat nicht
ausreicht. Denn dieser richtet sich, etwa in Form der Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung, an die große Mehrheit der Bevölkerung und damit auch an die Mittelschicht und sogar
an die Besserverdiener. Auch die Förderung von Familien oder auch der Bildungsbereich
werden gerne als Leistungen des Sozialstaats verbucht; damit wird der Sozialstaat wahrhaft zu
einer Angelegenheit der ganzen Gesellschaft. Gleiches gilt dann für die Soziale Arbeit: „Auch
viele Bürger, die ein normales Leben führen, kommen im Zuge des gesellschaftlichen Wandels zunehmend als Klienten oder Nutzer der Sozialen Arbeit in Betracht.“8
6
Rawls 1988, 81.
Nichts anderes gilt im sozialarbeiterischen und pädagogischen Bereich, nur wird dort eher von Empowerment
gesprochen; vgl. Herriger 2002.
8
Maaser 2008, 264.
7
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Systematisch zusammengefasst lassen diese Beispiele darauf schließen, dass eine Ordnung
der positiven Freiheit einen gewissen Hang „zu einem etatistischen Maximalismus“9 ausbildet. Aus Sicht der Freiheitsfürsorge ist dies stimmig. Denn Freiheit ist kein Wert, der an eine
bestimmte Statusgruppe gebunden ist.
Diese hier angeklungene Ambiguität im Freiheitsverständnis macht sich auch im Menschenbild bemerkbar. Zum einen steht die Leitkategorie der Personalität prominent im Zentrum: die
eigenverantwortliche, zur selbstbestimmten Lebensführung berechtigte Person, die unterstützt
werden muss, aber nicht entmündigt werden darf. Zum anderen aber wird der Bürger schnell
als Bourgeois verstanden, d.h. als Unternehmer-Bürger, der selbstbestimmt lebt und sich nur
wenig um das Gemeinwesen kümmert. Freiheit wird vor allem auf den wirtschaftlichen Bereich bezogen. Die Person kippt in „das unternehmerische Selbst“10, die republikanischrechtsstaatliche Tradition des Liberalismus wird dem wirtschaftsliberalen Strang untergeordnet, was einer allgemeinen Entwicklung im Liberalismus entspricht.11
1.2.3 Gleichheitsfürsorge
Die meisten verbinden Sozialstaat intuitiv kaum mit Freiheit, sondern mit Gleichheit. Für
Gleichheit sorgen, so lautet die Maxime des dritten Sozialstaatsmodells. Im Hintergrund steht
eine spezifische gerechtigkeitsphilosophische Auffassung. Die klassische Formel der Gerechtigkeit: suum cuique – jedem das Seine, wird egalitaristisch ausgelegt: jedem das Gleiche.
Eine Gesellschaft der Gleichen ist das Ziel. Diese Idee ist in unterschiedlichen Arenen und
Bewegungen der neuzeitlichen Entwicklung immer wieder vorgebracht und entfaltet worden.
Insbesondere aber gehört sie zur ideenpolitischen Standardausstattung Nachkriegsdeutschlands. Sie spiegelt den Geist dieses „sozialdemokratischen Jahrhunderts“12 wider.
Das Modell der Gleichheitsfürsorge ist in seiner Grundidee offen für das Leistungsprinzip.
Doch es weist zugleich mit Nachdruck darauf hin, dass jeder seine Leistungsfähigkeit seinen
natürlichen Anlagen und den sozialen Bedingungen verdankt. Leistungsfähigkeit ist sehr voraussetzungsreich und kann daher nicht ohne weiteres zur Begründung des sozialen Status herangezogen werden. Die Natur nämlich ist eine Lotterie, die Kategorie der Gerechtigkeit ist
auf sie nicht sinnvoll anwendbar. Ebenso sind die sozialen Umstände, in die jemand hineingeboren wird, zufällig und können daher nicht zur Rechtfertigung sozialer Ungleichheit dienen.13
Die brisante Aktualität dieses Konzepts liegt darin, dass sich nach den recht erfolgreichen
Egalisierungsmaßnahmen der letzten Jahrzehnte seit einigen Jahren eine Trendumkehr bemerkbar macht.14 Zahlreiche Personen, die noch vor wenigen Jahren fraglos der stabilen Mittelschicht zugerechnet worden wären, empfinden ein wachsendes Gefühl der Ungleichheit
und mehr noch der Unsicherheit. Soziale Exklusion ist das neue große Thema. Es geht nicht
einfach um Armut oder Benachteiligung, sondern um „die Frage nach dem verweigerten oder
zugestandenen Platz im Gesamtgefüge der Gesellschaft. Sie entscheidet darüber, ob Menschen das Gefühl haben, dass ihnen Chancen offenstehen […], oder ob sie glauben müssen,
nirgendwo hinzugehören […]. Für die Exkludierten gilt der meritokratische Grundsatz ‚Leistung gegen Teilhabe’ nicht mehr. Was sie können, braucht keiner“15.
9
Kersting 2006, 23; vgl. Nida-Rümelin 2000, 334f. – Eine solche Ausweitung des Sozialstaats findet sich auch
in den beiden folgenden Modellen.
10
Bröckling 2007.
11
Vgl. dazu auch mit Blick auf Entwicklung im ökonomischen Diskurs Ulrich 1998, 293-304 u.ö.
12
Dahrendorf 1999, 10.
13
Zudem ist auch das Leistungsverständnis selbst nochmals deutungsoffen, vgl. Somm 2009, 90-95.
14
Vgl. Geißler 2008, bes. 69-92.
15
Bude 2008, 14f.
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Die sowohl theoretischen als auch praktischen Probleme dieses Konzepts sind die in den öffentlichen Debatten der vergangenen Jahre wiederholt thematisiert worden. Von grundlegender Bedeutung ist die (Schwierigkeit der) Bestimmung des Kriteriums der egalitären Metrik.
Der Egalitarist vergleicht ununterbrochen alle miteinander und in jederlei Hinsicht und konzentriert seine Aufmerksamkeit auf jegliche Form von Schlechterstellung. Diese Benachteiligungskomparatistik hat darum womöglich erstens eine permanente gesellschaftliche Neidproduktion zur Folge. Zweitens ist sie mit einer Tendenz zur Monetarisierung verbunden. Die
vielfältigen Unterschiede in den Voraussetzungen können nämlich faktisch nicht ausgeglichen
werden. Daher müssen sie, um einen sozialstaatlichen Ausgleich zu schaffen, in das „universale Tauschäquivalent“ Geld übersetzt werden. Drittens ist mit einer Überstrapazierung der
politischen Möglichkeiten zu rechnen, der Sozialstaat wird zu einer „never ending story“.
Denn es gibt immer Formen von Ungleichheit und damit die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit
staatlicher Intervention.
Um dieser sich selbst beschleunigenden Dynamik zu entgehen, ist in politischen wie in sozialphilosophisch-legitimatorischen Diskurses die Umstellung von Verteilungs- auf Chancengerechtigkeit vorgeschlagen und vielfach schon umgesetzt worden.16 Deswegen wird gegenwärtig die Bedeutung der Bildung so betont, weil ihr grundsätzlich das Potenzial zugeschrieben
wird, ungünstige soziale Ausgangsbedingungen zu kompensieren. Und deswegen herrscht
gegenwärtig eine solch große Aufregung darüber, dass sich in Deutschland der soziale und
Bildungsstatus nach wie vor weitgehend vererbt, das Bildungssystem gerade kein Egalisierungsmotor ist.17 Der Segen der Umverteilung ist in mancherlei Hinsicht zurückgegangen,
doch die neuen Chancen, die sch eröffnen sollen, scheinen vielen eher wie ein Nadelöhr.
Um auch hier noch abschließend das Menschenbild anzusprechen: Der Mensch wird als das
Produkt der naturalen und vor allem der sozialen Bedingungen gesehen, was der geläufigen
personentheoretischen Vorstellung, wonach der Mensch unbeschadet seiner vielfältigen Bedingtheit dennoch ein freies Subjekt ist, das für sein Leben die Verantwortung trägt, nicht
ganz entspricht. Hinzu kommt ein gewisser Pessimismus. Den meisten Menschen wird insgeheim nicht zugetraut, für sich selbst sorgen zu können. Dementsprechend wird diesem Konzept vorgeworfen, dass staatliche Ausgleichsmaßnahmen den Menschen in seiner Fähigkeit,
sich selbst zu versorgen, entmündigen können. Nicht zuletzt werden Differenzen eher negativ
aufgefasst. Gleichheit wird als Voraussetzung für ein gelingendes und glückliches Leben betrachtet.
1.2.4 Demokratiefürsorge
Ein viertes Sozialstaatskonzept bricht mit den Voraussetzungen der drei vorherigen. In einer
gewiss vagen Traditionslinie, die von Aristoteles über Rousseau, Arendt, Habermas, Beck zur
ebenfalls vagen Leitidee Zivilgesellschaft führt, wird die sozialstaatliche Versorgung nicht
wie in den anderen Modellen in den Dienst der Abfederung von Marktrisiken gestellt. Vielmehr soll sie Politikfähigkeit im weiteren Sinn ermöglichen. Zentraler Wert dieses Konzepts
ist die Demokratie im Sinne einer aktiven, bürgernahen, partizipatorischen Mitgestaltung des
Gemeinwesens. Der Sozialstaat soll etwa durch ein Bürgergeld die materiellen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Bürger ihre Meinungen und Interessen tatkräftig in der Öffentlichkeit zu vertreten in der Lage sind. Denn die Voraussetzungen der Zivilgesellschaftsfähigkeit der Bürger wie etwa Zeit, Abkömmlichkeit, Bildung, finanzielle Sicherung/Freiheit sind
ungleich verteilt.18
16
Vgl. Kersting 2006, 30f.
Vgl. Deutsches PISA-Konsortium 2001, v.a. 351ff; vbw 2007; Bude 2008, 41-46, 93-105, 100-105, der skeptisch vom „Wahn einer schulischen und erzieherischen Abschaffung von sozialem Ausschluß“ (105) spricht.
18
Vgl. Luhmann 1971; Kocka 2003.
17
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Für die gesellschaftspolitische Debatte bedeutsam ist der Umstand, dass der Begriff der Arbeit
bzw. des Tätigseins eine neue Bedeutung erhält, die sich als wegweisend herausstellen könnte. Arbeit wird in einem zivilgesellschaftlichen Sinn verstanden. Die vorherrschende ökonomische Engführung des Arbeitsbegriffs wird aufgebrochen, denn sie bringt etliche gesellschaftliche Probleme mit sich.19 Die Erziehung von Kindern, die Pflege von Angehörigen,
Nachbarschaftshilfe oder das Engagement als Jugendtrainer erfahren keine Wertschätzung.
Sie sind zwar gesellschaftlich notwendig, wirken sich aber als individuelles Karrieremanko
aus, so dass sich die Gleichung aufstellen lässt: der sozial Engagierte ist der Dumme.
Ungeklärt am Konzept der Demokratiefürsorge ist die Finanzierung, wenngleich es dazu bereits einige Überlegungen gibt. Ebenso müsste spezifiziert werden, ob sich die Höhe der
Wohlfahrtsleistungen nach dem faktischen zivilgesellschaftlichen Engagement richtet (sowie
wie dieses definiert wird). Zudem lässt sich die Gefahr der Verselbständigung nicht von der
Hand weisen.
Interessant ist das Menschenbild dieses Sozialstaatsmodells, das sich auf den Begriff des homo politicus bringen lässt. Der Empfänger staatlicher Transferleistungen ist nicht ein ohnmächtiger Klient, sondern ein wertvolles Mitglied der Zivilgesellschaft. Der Bürger wird als
Citoyen wertgeschätzt, als Staats-Bürger (im Unterschied zum Bourgeois), der sich aktiv und
interessiert um das Gemeinwesen sorgt. Es ist dies eine positive Sicht des Menschen: er will
sich in die allgemeinen Belange einbringen, und er kann hier (die größte) Befriedigung finden. Allerdings wird dieser Aspekt einseitig ausgelegt und verabsolutiert. Andere Lebensbereiche spielen keine Rolle.
2
Die aktuelle Entwicklung des Sozialstaats
Die Ausgestaltung des Wohlfahrtswesens und der wirtschaftlichen Entwicklung bedingen sich
wechselseitig. Die Marktwirtschaft geht in eine neue Phase über. Sie wird global (gehandelt
wird rund um die Welt und rund um die Uhr; die Nationalstaaten treten in einen Standortwettbewerb), das Gewicht des Dienstleistungssektors wächst zusehends, Arbeitnehmerorganisationen verlieren an Mitgliedern und an Einfluss, die Finanzmärkte verselbständigen sich und
geben der gesamten Wirtschaft ihre Kurzfristorientierung vor. Überall breitet sich das Grundmerkmal der Flexibilität aus.
Der flexible Kapitalismus erfordert und erzeugt den „flexiblen Menschen“ (Sennett) mit flexiblen Beziehungen. Auch die Sozialstaatspolitik muss dies berücksichtigen. Die Orientierung
an der Freiheit erfährt eine neue Deutung. Selbstbestimmung wird unter der Perspektive von
Eigenverantwortung gesehen. Freiheit wird als Freiheit zum Aufstieg ganz scharf mit der
Freiheit der sozialen Hängematte kontrastiert. Der Mensch muss zur Freiheit befähigt werden:
durch „Fördern und Fordern“. Wer diese Chancen nicht wahrnimmt, ist dann nicht nur selber
schuld, sondern handelt auch unmoralisch, weil er der Gesellschaft seine Leistungen vorenthält.
Diese neue Entwicklung wird besonders deutlich und lässt sich sozial- und ideengeschichtlich
gut erklären, wenn man die drei grundlegenden Wohlfahrtsmodelle betrachtet, wie sie sich in
der westlichen Welt herausgebildet haben.20
2.1
Grundtypen des modernen Wohlfahrtsstaats
2.1.1 Das sozialdemokratisch-etatistische Modell
Als paradigmatische Umsetzungen des sozialdemokratisch-etatistischen Modells gelten die
skandinavischen Staaten, in denen der Sozialstaat von einer starken Arbeiterbewegung erkämpft wurde. Es ist zum einen dadurch gekennzeichnet, dass die Aufgabe der gesellschaftli19
20
Vgl. Böhnisch/Arnold/Schröer 1999, 319-321.
Vgl. Esping-Andersen 1990; Kaufmann 2002; Gabriel 2007.
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chen Wohlfahrtsproduktion primär an den Staat fällt. Zum anderen gibt es starke individuelle
Sozial- und Teilhaberechte, und die Versorgungsleistungen gelten als selbstverständliches
Bürgerrecht. Sie müssen nicht erst z.B. durch Erwerbsarbeit verdient werden, sie sind frei von
sozialer Stigmatisierung und bauen soziale Unterschiede ab.
Die Probleme dieses Konzepts zeigen sich bei wirtschaftlichen Krisen. Dann nämlich kann es
zu massiven gesellschaftlichen Verteilungskämpfen kommen, die den für die soziale Wohlfahrt allein zuständigen Staat in eine Legitimations- und Akzeptanzkrise stürzen können.
2.1.2 Das liberale Modell
Den Gegenentwurf zum sozialdemokratischen Modell stellt das liberale Wohlfahrtskonzept
dar, das in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem in Großbritannien („Thatcherismus“) und in den USA („Reaganomics“) entstanden ist und das sich an die Laisser-faireHaltung des 19. Jahrhunderts wieder annähert.
Als eigentlicher Wohlfahrtsproduzent gilt die Wirtschaft. Die soziale Sicherung wird den
Marktmechanismen anvertraut. Zur Begründung werden deren höhere Flexibilität und Kundennähe sowie die größere Freiheitlichkeit genannt. Die wichtigsten Instrumente sind freiwillige bzw. gesetzlich verpflichtende private Versicherung sowie seit einigen Jahren auch Zeitarbeitsfirmen. Der Staat hält sich mit Leistungen, Vorgaben oder Interventionen im Bereich
der sozialen Sicherung weitgehend zurück und konzentriert sich stattdessen auf die Förderung
der Wirtschaft. Hohe soziale Ungleichheit sowie prekäre Beschäftigungsverhältnisse werden
als Kehrseite individueller Freiheit billigend in Kauf genommen.
Für die Bewältigung sozialer Probleme besteht ein großer Freiraum für das private soziale
Engagement von Individuen und Assoziationen wie Stiftungen, Vereinen, Pfarreien, Selbsthilfeorganisationen. Sie sollen mithelfen, die Marktrisiken zu kompensieren, aber unpolitisch
sein. Darüber hinaus setzen sich auch Unternehmen für eine Verbesserung des sozialen Miteinanders ein; die Bezeichnung als corporate social responsibility (CSR) zeigt schon die Herkunft dieses Phänomens.21
2.1.3 Das konservativ-intermediäre Modell
Das dritte Modell wird in der Forschung etwas uneinheitlich beschrieben. Zusammengefasst
kann es als korporatistisch bzw. intermediär betrachtet werden; es gilt z.T. auch als konservativ bzw. als katholisch, während im skandinavischen Typus eher die Verbindung von Luthertum und Staatskirchentum und im liberalen Modell calvinistische Traditionslinien durchschimmern.
Das intermediäre Konzept entstand Ende des 19. Jahrhunderts vor allem in Deutschland, es ist
aber in unterschiedlichen Schattierungen auch in Österreich, Frankreich oder den Niederlanden anzutreffen. Es verbindet obrigkeitsstaatliche Herrschaftsinteressen, starke kirchliche
Organisationen sowie sozialdemokratische Elemente, die gemeinsam ein spezifisches Sozialstaatsarrangement geschaffen haben. Dem Staat kommt darin eine zentrale Rolle zu, doch er
agiert in enger Abstimmung mit den großen gesellschaftlichen Interessenverbänden wie Gewerkschaften, Kirchen, Wohlfahrtsverbänden. Die soziale Sicherung erfolgt primär über gesetzlich geregelte Pflichtversicherungen, die quasistaatliche Aufgaben übernehmen und öffentlich-rechtlichen Charakters sind. Sozialpolitik ist wesentlich Beschäftigungspolitik.22 Leitend für die Ausgestaltung ist das Subsidiaritätsprinzip: Der Staat schafft den gesetzlichen
Rahmen, fördert finanziell und gewährt Bestandsgarantien, bleibt jedoch als Akteur möglichst
im Hintergrund.
Probleme erwachsen diesem Modell vor allem bei lang anhaltender Massenarbeitslosigkeit.
Zudem zeigt sich, dass es eher auf Normal(erwerbs)biographien ausgerichtet ist und vom demographischen Wandel oder der Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse leicht überfordert
21
22
Zu CSR mit Blick auf die „Herausforderungen für Träger sozialer Arbeit“ vgl. Müller 2008.
Vgl. Böhnisch/Arnold/Schröer 1999, 225-238.
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wird. Dies bekommen gegenwärtig auch die Sozialen Dienste zu spüren, die seit dem gesellschaftlichen Aufbruch in den späten 1960er Jahren in großer Zahl entstanden sind.23
2.2
Die „neosoziale“ Wende
Was sich in der aktuellen Situation der wohlfahrtsstaatlichen Ausrichtung nicht nur in
Deutschland, sondern in vielen westlichen Ländern, auch in Skandinavien, beobachten lässt,
ist ein Trend zum liberalen Modell.24 Gleichermaßen Hintergründe wie Merkmale dieser
Entwicklung sind erstens eine fundamentale Krise des Korporatismus.25 Gewerkschaften erleiden einen gewaltigen Bedeutungsverlust. Dieser hat zum einen Ursachen in einem tiefer
liegenden soziokulturellen Wandel der Gesellschaft, der hier nicht weiter entfaltet werden
kann, zum anderen in den Veränderungen der Arbeitswelt selbst: der Bedeutungszuwachs des
Dienstleistungssektors gegenüber dem produzierenden Gewerbe, die Zunahme verschiedener
Formen prekärer Beschäftigungen sowie die Auslagerung von Arbeitsplätzen an Zeitarbeitsfirmen, geringfügige Beschäftigung und nicht zuletzt die Internationalisierung von Unternehmen. All diese Faktoren erschweren eine gewerkschaftliche Organisation beträchtlich. Einen
ähnlichen Niedergang erfahren die Kirchen, die Parteien, die Wohlfahrtsverbände, die Vereine. Viel erfolgreicher sind Assoziationen, die Interessen vertreten, die nicht von Mitgliederzahlen abhängen.
Ein zweites Merkmal ist der Rückzug des Staates zugunsten des Marktes bzw. die Förderung
des Marktes durch den Staat.26 Als Beispiele lassen sich sämtliche Formen der staatlich verordneten oder nahegelegten privaten Absicherung gesellschaftlich bedingter Risiken nennen,
etwa Zusatzversicherung in den Bereichen Gesundheit und Pflege oder der Altersvorsorge
(z.B. Riesterrente). Der allmähliche Systemwandel von Umlage- zu einem Kapitaldeckungsverfahren ist Inbegriff des Wandels von einem intermediären zu einem liberalen Wohlfahrtsmodell. Davon ist freilich nicht allein der Sozialstaat, sondern die gesamte Gesellschaft betroffen, wie man etwa auch an den Bemühungen um eine Privatisierung der Hochschulbildung
erkennen kann. Die Zahl der privaten Hochschulen, die oftmals von einer starken (halb)öffentlichen Förderung profitieren, nimmt in den letzten Jahren konstant zu, und die zuständige Ministerin Schavan unterbreitet einen passenden Finanzierungsvorschlag: ein „Bildungssparen“ der Eltern und Großeltern für die (Kindes-)Kinder.
Analysiert man diesen Trend auf die darunter liegenden Muster, so erhält man als eine treibende Kraft das Dispositiv der Prävention, das auch den Sozialstaat erfasst, der sich demgemäß vom Versorgungs- zum Vorsorgestaat wandelt (ein anderes ist das der Effizienz, das hier
aber nicht weiter bedacht wird27).
In der ganzen Gesellschaft und in allen Bereichen des Sozialen herrscht die Maxime der Vorsorge: bei der Gesundheit, im Alter, bei der Bildung. Bildung beispielsweise beginnt schon im
Kindergarten und ist dann lebenslang fortzuführen; noch im Alter stehen etwa Gedächtnistrainings auf dem Programm. Dabei lässt sich ein Wandel vom Recht auf Vorsorge zur Pflicht
zur Vorsorge beobachten. In konsequenter Weiterführung gilt dann fehlende individuelle Vor23
Vgl. Böhnisch/Arnold/Schröer 1999, 228f; zum Ende der Normalbiographien und seinen Auswirkungen vgl.
etwa Beck 1986 oder Keupp 1999; zu grundlegenden Herausforderungen und Dynamiken im aktuellen Transformationsprozess der Wohlfahrtsproduktion vgl. Kessl/Otto 2009a, 7ff.
24
Vgl. Lessenich 2008; sowie Urban 2004 mit einer Analyse der rot-grünen Sozialpolitik, die diese Entwicklung
maßgeblich vorantrieb.
25
Vgl. Sachße 2003, 209-212; Fedke 2010.
26
Ob es deswegen schon angebracht ist, von „Post-Wohlfahrtsstaat“ zu sprechen (wie einige Beiträge in Bütow/Chassé/Hirt 2008 oder in Kessl/Otto 2009b), ist zweifelhaft. Denn wie die Wohlfahrtsforschung deutlich
macht, geht es um den „Wohlfahrtsmix“, also um die Frage, welche gesellschaftliche Instanz welchen Beitrag
zur Wohlfahrt leistet. Gegenwärtig verschieben sich die Gewichte und erfolgt eine Transformation des Sozialstaats, aber abgeschafft wird er nicht.
27
Vgl. Dahme/Wohlfahrt 2008, die vom „Effizienzstaat“ sprechen.
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sorge sowohl als irrational als auch als sozial schädlich, d.h. unmoralisch. Denn wer nicht
vorsorgt, fällt anderen zur Last.
Damit einher geht ein Abbau der Grundsicherung auch bei den Menschen, die bislang als legitime Unterstützungsempfänger galten, wie z.B. Rentner, Hausfrauen, Kinder. Stattdessen breiten sich unter dem Stichwort der Flexibilisierung schlechte Arbeitsplätze aus, die als Auffangbecken vor der sozialen Hängematte und als Sprungbrett in den Arbeitsmarkt dienen sollen. Dies wird von der Politik ganz ausdrücklich angestrebt: „Das Leitbild der Zukunft ist das
Individuum als Unternehmer seiner Arbeitskraft und Daseinsvorsorge. Diese Einsicht muß
geweckt, Eigeninitiative und Selbstverantwortung, also das Unternehmerische in der Gesellschaft, müssen stärker entfaltet werden.“28 Dass dies vielleicht auch zu einer „Gesellschaft der
Ichlinge“29 führen kann, wird dabei wenig reflektiert – wenngleich das Phänomen als solches
beklagt wird.
Eine notwendige Folge dieser Entwicklungen ist die Angleichung der Frauen- und Männerbiographien. Erwerbsarbeit wird schon aus Gründen der sozialen Sicherung zu einem individuellen Erfordernis, das keine Rücksicht auf das Geschlecht nehmen kann – und daher vielleicht in neuer Weise diskriminierend wirkt. Zugleich werden beispielsweise „Vätermonate“
eingeführt, um die Einbußen der Mütter infolge der Kindererziehung ein wenig auszugleichen. All dies wird u.a. erforderlich wegen der und ermöglicht zugleich die Individualisierung
der Sozialvorsorge.
Die Frage ist nun, was all dies mit „liberal“ zu tun hat. Das in der Wohlfahrtsforschung so
genannte liberale Modell (Kap. 2.1.2) kann nicht einfach als Umsetzung des normativen Sozialstaatskonzepts der Freiheitsfürsorge (Kap. 1.2.2) gedeutet werden. Diesem geht es um die
Freiheit zur Selbstverwirklichung, die stets zwei Seiten hat: die Freiheit von ungerechtfertigten Einschränkungen durch den Staat oder andere und die Freiheit zur aktiven Gestaltung des
eigenen Lebens. Diese setzt voraus, dass dem Individuum bestimmte materielle Voraussetzungen zur Verfügung stehen bzw. zur Verfügung gestellt werden. Ziel ist das, was seit Anbeginn der Ethik als höchstes Gut thematisiert wird: das gelingende, das glückliche Leben.
Unter den Bedingungen der Moderne darf das Gemeinwesen zwar Vorschläge, aber keine
Vorschriften machen, was materialiter zur Glückseligkeit gehört. Diese Unterscheidung ist
der große Lernerfolg der neuzeitlichen Moralphilosophie. Zum Selbstverständnis der modernen Gesellschaft gehört die Trennung zwischen der Sphäre deontologischer Rechte, deren
Beachtung jeder gegenüber jedem anderen rechtmäßig beanspruchen kann, und dem Bereich
des guten Lebens, dessen inhaltliche Ausgestaltung jedem einzelnen (und teilweise auch jeder
kulturellen Gemeinschaft) notwendig freigestellt ist.
Der Sozialstaat war in seinen Anfängen wie auch in seiner Entfaltung im Nachkriegsdeutschland ein genuines Projekt dieser Modernisierung. Durch Stärkung der Abwehr- und Anspruchsrechte der Arbeitnehmer wurde ihre Freiheit vergrößert. Daher bildeten in dieser Phase die Ziele Freiheit und Gleichheit auch keinen Gegensatz, sondern ließen die Entwicklung
in dieselbe Richtung verlaufen.
Davon entfernen sich die aktuellen Vorschläge zur Reform des Sozialstaats. Die Zielsetzung
des Wohlfahrtsstaates erfährt eine Ergänzung. Bezugspunkt ist nicht allein das (in irgendeiner
Weise bedürftige) Individuum mit seinen Anspruchsrechten, sondern der Fokus richtet sich
zunehmend auf die Bewahrung der Integrität und Funktionalität des gesamten sozialen Verbandes, der also auch vor den individuellen Bedürfnissen geschützt werden muss. Somit erklärt sich auch die Betonung des Forderns vor dem Fördern.30
Den sozial- und mentalitätsgeschichtlichen Hintergrund bildet die liberale „Versicherungsgesellschaft“. Eine liberale Gesellschaftsordnung ist stets von dem Paradox herausgefordert, ihre
28
Kommission für Zukunftsfragen Bayern – Sachsen 1997, 36.
Vgl. Keupp 2000.
30
Vgl. Lahusen/Stark 2003.
29
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Freiheitlichkeit durch die Einschränkung von Freiheiten zu schützen. Ein dazu passendes,
freiheitliches Instrument ist die Versicherung. Die Institution der Versicherung stiftet „Sicherheit im Sinne der Kalkulierbarkeit von Gefährdungen, Schädigungen und Entschädigungen“. Ihre Einführung stellt „eine institutionelle Form gesellschaftlicher Regierung der Freiheit“ dar. „Mit der Versicherung wird die Gesellschaft (als Gesellschaft freier Individuen)
zum Subjekt ihrer Selbstregierung.“31 Der Staat wird damit zum „Vorsorgestaat“32, der sich
nicht wie der liberale Nachtwächterstaat auf die Gewährung von Freiheitsrechten beschränken
kann, sondern eine genuine öffentlich-rechtliche Verantwortung trägt.
Die liberale Versicherungsgesellschaft entwickelt als ihre dunkle Kehrseite die Tendenz zur
(Selbst-)Verteidigung der Gesellschaft gegen Bedrohungen aus ihrer Mitte, wie sie etwa der
Missbrauch von Sozialleistungen darstellt. Im Zuge dieser Entwicklung wird in der aktuellen
Ausgestaltung des Sozialstaats das Risikomanagement wieder individualisiert, privatisiert und
moralisch aufgeladen. Jeder muss eigenverantwortlich und vorsorgend dafür Sorge tragen,
dass eine staatliche Versorgung nicht notwendig werden wird. Eigenverantwortung wird auf
diese Weise in den Dienst der Sozialverantwortung gestellt. Diese grundlegende Sozialorientierung der Fürsorge ist für den Soziologen Stephan Lessenich der Grund, die aktuellen Veränderungen nicht als ein neoliberales, sondern als ein „neosoziales“ Programm zu qualifizieren. Denn im Zentrum stehen gerade nicht die liberalen Freiheitsrechte des Individuums.
Darüber hinaus, und das ist die zweite Facette des Neosozialen, zeigen Fürsorgemaßnahmen
offen, was früher oftmals nur unterschwellig wirksam war: ihre normalisierende Kraft. Dass
soziale Hilfe immer auch kontrollierend, einengend, unterwerfend wirkt, ist das Thema zahlreicher Studien Michel Foucaults und anderer von ihm inspirierter Autoren, aber auch immer
schon ein Gegenstand der Selbstreflexion der Sozialen Arbeit. Das aktuelle Programm des
Förderns und Forderns verkörpert diese Dualität paradigmatisch und macht die Aufgabe der
Normalisierung, der nachholenden Sozialisierung explizit.
Im Zeichen von Vorsorge und Flexibilisierung wird die moderne Gesellschaft zu einer Aktivgesellschaft, die sich einen „aktivierenden Staat“ schafft. Die oberste Bürgerpflicht heißt: mitmachen. Um dies zu unterstützen, wird eine investierende (statt wie zuvor kompensierende)
Sozialpolitik in die Pflicht genommen und spezifisch ausgebaut. Davon bleibt auch die Soziale Arbeit nicht unberührt.33 Und wieder einmal stellt sich ihr die Frage, ob auch sie mitmacht
– und damit unter Umständen auch Exklusion verfestigt. Denn die Arbeitsgesellschaft verspricht und verlangt gleichermaßen eine Normalerwerbstätigkeit. Doch diese Option steht
einer zunehmenden Zahl an Bürgern nicht mehr offen. Damit erzeugt die Gesellschaft strukturell eine Paradoxie und erwartet deren individuelle Bewältigung; zugleich stellt sie dafür sozialarbeiterische Hilfsangebote zur Verfügung, die aber die Ursachen gerade nicht lösen können.34 Die Folge sind strukturelle Anomien. Das neue Thema von Gesellschaft, Politik und
Sozialwissenschaften sind – in weitgehender Übereinstimmung von Fremd- und Selbstwahrnehmung – die „Verlierer“, die „Ausgeschlossenen“.35 Daher, so der Impuls von Böhnisch,
sei ein „Zugehörigkeitsdiskurs“ zu führen, der genau dieses Problem thematisiere: Die Er-
31
Lessenich 2008, 80.
Vgl. Ewald 1993.
33
Vgl. etwa Dahme/Otto/Wohlfahrt 2003; Dollinger/Raithel 2006; Oschek 2007, v.a. 87-98; Kessl/Otto 2009b;
Eichinger 2009.
34
Vgl. Luhmann 1986, 143f: „Die Daseinsvorsorge wird von der Wirtschaft und ihrem Geldmechanismus besorgt; sie ist ein zentraler Antriebsfaktor gesellschaftlichen Wandels. Den Organisationen sozialer Hilfe obliegt
eher eine ‚Daseinsnachsorge’. Sie arbeiten an der Beseitigung von Problemfällen, die sich aus der Verwirklichung der vorherrschenden Strukturen und Verteilungsmuster immer neu ergeben. Es ist nicht ihre Sache, und
überhaupt nicht Sache von Hilfe, sich eine Änderung der Strukturen zu überlegen, die konkrete Formen der
Hilfsbedürftigkeit erzeugen.“
35
Vgl. Böhnisch 1994, bes. 66-78; Bude 2008; Maier 2008.
32
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werbsarbeit könne in Zukunft nicht mehr der zentrale gesellschaftliche Integrationsfaktor
sein; daher seien neue Möglichkeiten und Rechte bürgerschaftlicher Teilhabe nötig.36
Wenn die Zeichen auf Aktivität stehen, dann braucht es entsprechend einen „aktivierenden
Sozialstaat“, der nicht nur die liberale Wohlfahrtsgesellschaft vor den Faulen schützt, sondern
auch dem Menschen bei seiner Selbstwerdung hilft, indem er seine Mitarbeit fordert und fördert. „Erwerbsarbeit um jeden Preis“, so lautet die Maxime.37 Dazu werden Maßnahmen entwickelt, die früher einmal mit „ABM“ abgekürzt wurden, dann Ein-Euro-Jobs getauft wurden
und jetzt einprägsam in die Bilder „Schneeschippen“ oder „Straßenkehren“ gebracht werden.
Die dazu vorgetragenen Begründungen und also auch Zielsetzungen variieren: Zum einen
geht es darum, Kosten zu sparen; dann soll Druck auf die Arbeitsunwilligen ausgeübt werden,
die es sich in der sozialen Hängematte bequem machen, wie es heißt; drittens gibt es die Absicht, Arbeitslose für den Arbeitsmarkt wieder fit zu machen („employability“, so lautet die
eingedeutschte Zauberformel); des Weiteren ist es das Ziel, Arbeitslose über die Integration in
den Arbeitsmarkt in die Gesellschaft zu integrieren; nicht zuletzt schimmert die Auffassung
durch, dass ein Mensch ohne sinnvolle Beschäftigung verkomme. Arbeitsanreize, wie intensiv
sie auch ausfallen mögen, sind letztlich noch am Leitmodell einer Normalerwerbsbiographie
orientiert. Die Normalität, die normale gesellschaftliche Notwendigkeit ist die ununterbrochene Vollerwerbstätigkeit. Eine längere Auszeit ist für die meisten finanziell nicht möglich, und
zudem ergeben sich beträchtliche Nachteile im Bereich der sozialen Sicherung. Zusätzliche
Angebote, inzwischen vermehrt über Zeitarbeitsfirmen organisiert, sollen mögliche Lücken,
die faktisch immer häufiger und immer länger werden, verhindern oder schließen helfen.
Dass dies vergangenen wie postmodernen Idealen widerspricht, geht in der öffentlichen Debatte unter. Fast die ganze Menschheitsgeschichte über war das Wunschbild die Muße; und
der Fluch lautete, im Schweiße seines Angesichts sein Brot zu essen. Und dem Postmaterialismus steckt es schon im Namen, dass Arbeit und Arbeitswerte nicht Inbegriff des Lebensglücks sind.
Auch wenn man konzedieren muss, dass es bei Sozialhilfe und ähnlichen Maßnahmen nicht
um das glückliche Leben geht, lässt sich doch feststellen, dass im gegenwärtigen Sozialstaatsdiskurs weder Glückseligkeit noch ihre Voraussetzungen, nämlich Freiheit in einem positiven,
anspruchsvollen Sinn, als Leitkategorien die Richtung bestimmen.
Stattdessen zeigt sich eine Tendenz, die in ungekannter Verbindung von Liberalismus, zugemutetem Individualismus und Kollektivvorsorge eine Renaissance des Gemeinwohls ankündigt. Dementsprechend wird auch die Wohlfahrt zu einer Gemeinwohlfürsorge. Dazu passt
die Forcierung gemeinnütziger Arbeit – als neosoziale Gestalt von „Gemeinwesenarbeit“.
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36
37
Vgl. Böhnisch/Arnold/Schröer 1999, 321f.
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