Ausgabe August Nr. 3 / 2014 SYNAPSE Magazin der Medizinischen Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz Vorsicht – Hochspannung! Volkskrankheit Depression Tuberkulose in Südamerika 2 SYNAPSE August Inhalt SYNAPSE August Editorial 3 Editorial: Qualität Bezirk 4 Kreative Kraft der Künstler aus der Region 6 Europa im Blickpunkt 7 Mit guten Wünschen in den Ruhestand Psychiatrie 8 Volkskrankheit Depression – Teil 1 10 Pflege und Service – An einem Strang ziehen 12 Katastrophen für die Seele – Teil 2 14 Trauma – Sucht – Borderline 16 Was ist eine Gedächtnisambulanz? 18 Mit der Abhängigkeit leben lernen 21 Yoga – Einheit von Körper und Geist 22 Substanzbezogene Störungen im Alter 24 Ostbayerischer Leuchtturm Regensburg 25 Sportfest mit olympischen Gedanken Kinder- und Jugendpsychiatrie 27Bindungsstörungen 28 24 Betten für die Nord-Oberpfalz Neurologie 30 Vorsicht – Hochspannung! 33 Vier Millionen Euro für die Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen 34 Aromapflege – Die Macht der Düfte 36 Bayern gegen den Schlaganfall Forensik 38 Mein medbo-Tag: Drinnen und draußen 40 Bolivia, mi amor! medbo 44 Wann immer das Leben uns braucht 46 Sicherheit am Arbeitsplatz 48 Der Arbeitgeber auf der Therapiecouch 50 Der Speck ist weg! 51 Kicken für den guten Zweck 52 Halbzeit beim Projekt „Mehr Frauen in Führungspositionen“ 53Personalia 43Kreuzworträtsel 54 Veranstaltungshinweise U3 Impressum Das Titelbild zeigt eine Sonnenblume aus den Gärten der medbo: Ein kleiner Sommergruss der SYNAPSE-Redaktion an alle Leserinnen und Leser. Qualität D ie Qualität des deutschen Gesundheitswesens ist hoch: Das zeigt sich vor allem dann, wenn etwa im Urlaub im Ausland medizinische Hilfe benötigt wird. In diesem Fall wollen die meisten Menschen nur eines: So schnell wie möglich zurück nachhause, weil man sich beim vertrauten Hausund Facharzt beziehungsweise im Krankenhaus gut aufgehoben fühlt, und weil man den Spezialisten zuhause doch eher vertraut, als Einrichtungen im Urlaubsland. Doch was ist Qualität und woran misst man Qualität? Nach den Lehrbüchern unterscheiden wir heute Struktur-, Prozessund Ergebnisqualität. Lässt sich die Strukturqualität etwa durch den Zustand der Gebäude, der angebotenen Diagnostik- und Medizintechnik oder der Einrichtung von Praxen und Krankenzimmer definieren, tut man sich bei den beiden anderen Kategorien schon schwerer. Die Qualität der Behandlungsabläufe – beispielsweise im Krankenhaus – sind für den medizinischen Laien nur schwer bewertbar oder messbar. In der Regel weiß dieser nicht, wie optimale Abläufe oder Prozesse anders sein sollten – sieht man einmal von überlangen Wartezeiten vor diagnostischen Maßnahmen oder beim Arztbesuch ab. Es kommt noch dazu, dass der Patient bei medizinischen Maßnahmen wie Operationen oder Untersuchungen nicht selten schläft und er schon deshalb nicht in der Lage ist, die Qualität der medizinischen Prozesse zu bewerten. Spannend ist die Frage dann bei der Ergebnisqualität, das heißt: Ist für den Patienten das erwartete Ergebnis erreicht? Ist er wieder völlig gesund? Sind seine Erwartungen an Diagnostik und Therapie erfüllt worden. Dies ist aber nun einmal in hohem Maße von der subjektiven Wahrnehmung des Einzelnen abhängig. Hier spielen Erwartungen, Vertrauen in handelnde Personen, bisherige Erfahrungen und vieles mehr die entscheidende Rolle. Der Patient wird nicht bewerten können, ob er nach allen Regeln der ärztlichen Kunst behandelt wurde, soweit er nicht selbst Arzt ist. Er wird auch nicht bewerten können, ob das Behandlungsergebnis das optimal erreichbare Ergebnis ist. Er kann aber bewerten beziehungsweise beurteilen, wie mit ihm als Mensch umgegangen wurde, wie seine Sorgen und Nöte gehört wurden, wie seine Intimsphäre gewahrt wurde und wie oft er mit dem Arzt sprechen konnte. Auch wird er im Krankenhaus beurteilen können, wie die Sauberkeit und die Freundlichkeit des Personals waren und wie das Essen geschmeckt hat. Das wird der Patient am Ende unter dem Begriff „Qualität“ der Behandlung und der Einrichtung zusammenfassen. Und danach wird er beurteilen, ob er selber wieder kommt, wenn‘s nötig ist, und ob er anderen die Einrichtung empfiehlt oder nicht. Als Krankenhausbetreiber nimmt die medbo deshalb die Beurteilung des Aufenthaltes durch Patienten sehr ernst. Viele Ergebnisse der Patientenbefragungen sind schon eingegangen in kleinere und größere Verbesserungsmaßnahmen. Und es muss auch künftig unser Anspruch sein, die Patientenversorgung kontinuierlich zu verbessern. Kurt Häupl, Vorstand der medbo 3 SYNAPSE August Bezirk Sammlung Bezirk Oberpfalz SYNAPSE August Bezirk Jürgen Böhm, „Tomografie“ 4 Kreative Kraft der Künstler aus der Region Günter Bonack Seit 1988 zeigt die Sammlung Bezirk Oberpfalz im Oberpfälzer Künstlerhaus in Schwandorf (Kebbelvilla) das bildnerische Schaffen von Künstlerinnen und Künstlern aus der gesamten Region. Insgesamt umfasst die Sammlung mittlerweile 99 Objekte aus den Bereichen Malerei und Grafik sowie 35 Arbeiten aus den Bereichen Plastik und Installation. Einmal jährlich wird die Sammlung in Form einer großen Ausstellung präsentiert. D iese Kunstsammlung ist ein Archiv für die Entwicklung der Kunst aus der Oberpfalz“, stellt Andrea Lamest fest, die seit Anfang des Jahres die Leitung des Oberpfälzer Künstlerhauses (Kebbelvilla) vom langjährigen „Kümmerer“ Heiner Riepl übernommen hat. In den letzten vier Jahren wurde die Sammlung Bezirk Oberpfalz kontinuierlich erweitert, insgesamt wurden 23 Werke Oberpfälzer Künstler erworben. Ein besonderes Augenmerk richtet sich dabei auch auf den Ankauf von Werken der jüngeren Künstlergeneration. Die Auswahl besorgt eine Jury mit Vertretern aus Kunstexperten, der Bezirksheimatpflege, des Bezirkstags der Oberpfalz und dem Landkreis und der Stadt Schwandorf. „Die Oberpfalz ist stark in Wirtschaft, Kunst und Kultur“, betonte Bezirkstagspräsident Franz Löffler bei der Präsentation der diesjährigen Neuerwerbungen in der Schwandorfer Kebbelvilla und verwies darauf, dass diese Stärken „ganzheitlich“ die Lebensqualität in der Oberpfalz ausmachen. Neuerwerbungen der Sammlung Annegret Hoch, „Konzertant“ Das Werk „Konzertant II“ der in Cham geborenen Künstlerin Annegret Hoch „erzählt“ in starken Farben und leuchtenden Malschwüngen von der musikalischen Energie eines Orchesterensembles. „Etwa vier Eier sind in den Farben des Bildes verwendet“, erläutert die Künstlerin, die bevorzugt mit Eitemperafarben arbeitet, eine Mischung von Wasser, Leinöl und Eigelb. Bis zur Erfindung der Ölmalerei kam dieser Farbträger in den Werken alter Meister wie Botticelli zum Einsatz und besticht das Auge des Betrachters durch seine starke Leuchtkraft der Farben. Hochs Weg führte von der Oberpfalz im Rahmen von Stipendien und Ausstellungen bis in die USA und nach China. Auf ihren Reisen werden Naturphänomene wie architektonische Räume zur Quelle der Inspiration und künstlerischen Arbeit. Sowohl in der Oberpfalz wie auch in ganz Bayern hat sie zahlreiche Arbeiten im Bereich Kunst am Bau geschaffen. Auch die Wege des Künstlers Jürgen Böhm haben aus der Oberpfalz hinaus und wieder zurück geführt und zwar im Rahmen eines Stipendiums, das er über das Künstlerhaus in Schwandorf erhalten hat. Sein Weg führte ins benachbarte Tschechien nach Klatovy/Klattau. Indem er Fotonegative ähnlicher Motive aus beiden Ländern übereinanderlegt, schafft er vor dem Auge des Betrachters einen bayerisch-böhmischen Dialog. Die Präsentation dieses fotografischen Zwiegesprächs ordnet er in Leuchtkästen an, sein Werk „Tomografie“ hat in der Sammlung Bezirk Oberpfalz nichts Vergleichbares. Der 1957 in Falkenstein geborene und in Weiden i.d. Oberpfalz lebende Künstler Tone Schmidt arbeitet mit kinetischen, also beweglichen, Objekten. Das vom Bezirk Oberpfalz für seine Sammlung angekaufte Objekt „Der Hirsch“ offenbart einen doppelbödigen Charakter: Einerseits hat der elektrische Hirsch mit dem geräuschvollen Klappern seines Geweihs etwas humorvoll-ironisches an sich, gleichzeitig wirkt diese Installation aber auch kämpferisch und bedrohlich. Für den Künstler symbolisiert der Hirsch die in stetiger Ausein- Bernhard Maria Fuchs Tone Schmidt, „Der Hirsch“ andersetzung lebenden Pole, die den Menschen umtreiben zwischen Verstand und Gefühl, Bindung und Freiheit, Einlassen und Loslassen. Mit dem Ankauf zweier Werke des im Februar dieses Jahres früh verstor- benen Künstlers Bernhard Maria Fuchs hat der Bezirk Oberpfalz erstmals seit 1990 wieder Werke aus der Gattung Landschaftsmalerei erworben. Eindrucksvoll und überzeugend schilderten bei der Präsentation seine beiden erwachsenen Töchter, wie der Vater beim Malen im Freien mit der Natur verschmolz. Fuchs war „ein echter Oberpfälzer, heimatverbunden und weltoffen“, betonte Bezirkstagspräsident Löffler, „er holte sich auf Reisen nach Marokko, Neuseeland und Indonesien Anregungen für seine ausdrucksstarken Naturbilder. Die Zerstörung der Natur durch Industrie und Technik fand Eingang in seine Bilder durch schwarze Flächen inmitten kraftvoll gestalteter farbiger Landschaften“. Für Kunstinteressierte ist ein Teil des bildnerischen Werks der Sammlung Bezirk Oberpfalz in den Gängen der Bezirkshauptverwaltung, Ludwig-Thoma-Str. 14, während der Öffnungszeiten zugänglich. 5 6 SYNAPSE August Bezirk SYNAPSE August Bezirk Verdiente Kollegen verabschieden sich aus der Bezirksverwaltung Mit guten Wünschen in den Ruhestand Martina Hirmer Zwei langjährige Mitarbeiter an bedeutender Stelle sagten Ende Juli „Leb‘ wohl“ und schieden aus dem aktiven Dienst in der Bezirksverwaltung aus: Bezirkstagspräsident Franz Löffler verabschiedete Leitenden Regierungs­ direktor Karl-Peter Hartmann und Regierungsrat Georg Lenz mit launigen Worten und guten Wünschen in die passive Phase der Altersteilzeit beziehungsweise in die Pension. K Das Bild zeigt das Präsidium der Europaregion Donau-Moldau mit dem diesjährigen Vorsitzenden Bezirkstagspräsident Franz Löffler (6. von links) arl-Peter Hartmann leitete beginnend vom 1. Juli 1994 die Bezirkssozialverwaltung, die größte Ab­ teilung der Bezirksverwaltung mit zwischenzeitlich 110 Mitarbeitern – bei seinem Amtsantritt waren es noch 50. Er war seit 1999 Vertreter des Bezirkstagspräsidenten im Amt und nicht nur deswegen ein „gewichtiger“ Mitarbeiter. Vielmehr hatte er das Gros des Bezirkshaushalts zu verantworten: Mit über 90 Prozent des Verwaltungshaushalts ist der Einzelplan 4 – Soziale Sicherung der bedeutendste Teil. Waren es bei Hartmanns Amtsantritt noch Ausgaben in Höhe von 176 Millionen Euro, so betragen diese heute 327 Millionen Euro. Dies verdeutlicht den Aufgaben- und Verantwortungszuwachs im Bereich der Eingliederungshilfe, insbesondere durch die Inklusion, und der Hilfe zur Pflege. „Sie haben die Soziale Sicherung in der Oberpfalz geprägt wie kein anderer. Sie waren ein strenger, aber gerechter Sachwalter des Mach- und Finanzierbaren im Sozialbereich“, lobte Bezirkstagspräsident Löffler Hartmann zum Abschied. Georg Lenz zählte zu den dienstältesten Mitarbeitern der Bezirksverwaltung. Er wurde 1975 dem damals noch unselbstständigen Bezirk als Mitarbeiter zugewiesen. Im „Sachgebiet 140 – Bezirkshauptverwaltung“ der Regierung der Ober- pfalz begann seine Karriere, die für ihn viele Sprossen bereit hielt: Er war langjähriger Pressesprecher, enger persönlicher Mitarbeiter der Bezirkstagspräsidenten Alfred Spitzner und Hans Bradl sowie anschließend Leiter des Referats Kultur und Bildung der Bezirkshauptverwaltung. „Georg Lenz war ein Stabilitätsfaktor in der Verwaltung, der auftretende Probleme nicht nur erkannte, sondern auch Lösungen parat hatte. Sein trockener Humor und sein Wortwitz werden fehlen“, sagte Bezirkstagspräsident Franz Löffler. Georg Lenz’ fast 40jähriges Arbeitsleben beim Bezirk Oberpfalz ermöglichte es ihm, unter allen fünf Bezirkstagspräsidenten seinen Dienst zu tun: Von Johann Pösl (1954 bis 1978) über Alfred Spitzner (1978 bis 1992), Hans Bradl (1992 bis 1999) und Rupert Schmid (1999 bis 2008) bis zu Franz Löffler (seit 2008). Präsidium der Europaregion Donau-Moldau tagte unter Vorsitz des Bezirks Oberpfalz in Regensburg Europa im Blickpunkt Bezirkstagspräsident Franz Löffler (Mitte) mit Georg Lenz (links) und Karl-Peter Hartmann Martina Hirmer Die Verbindungen zu den tschechischen und österreichischen Nachbarn werden enger. Anfang Juni traf sich das Präsidium der Europaregion Donau-Moldau in Regensburg. Bezirkstagspräsident Franz Löffler als diesjähriger Vorsitzender des Zusammenschlusses, begrüßte die Spitzenvertreter aus den beteiligten Regionen Niederbayern, Ober- und Niederösterreich sowie den tschechischen Bezirken Pilsen, Südböhmen und Vysočina in der Oberpfalz. I m Zentrum des Treffens standen die bisherige Arbeit der sieben so genannten Wissensplattformen und die künftige Kooperation der Regionen innerhalb der 2012 gegründeten Europaregion Donau-Moldau. „Die Wissensplattformen sind das Herzstück der Europaregion. Sie bieten den Experten aus den drei beteiligten Ländern die einmalige Möglichkeit, sich über die Grenzen hinweg in ihren Fachgebieten auszutauschen und sich mit Zukunftsthemen zu befassen, die alle Regionen gleichermaßen beschäftigen. Aus ihnen kommt der Mehrwert, den wir uns für die Menschen versprechen“, hob Löffler hervor. Die Europaregion Donau-Moldau bietet die notwendigen Strukturen für gemeinsame Projekte. Aktuell werden Vorhaben auf verschiedenen Arbeitsgebieten verwirklicht, wie zum Beispiel eine Energiesystemanalyse, die der Erfassung von Daten zu Energieerzeugung und –verbrauch im gesamten Aktionsgebiet dient. Ferner entsteht ein Hochschulführer, der den jungen Menschen in der Region die vielfältigen Studienmöglichkeiten aufzeigt. Zudem wird eine so genannte „Kompetenzlandkarte“ die maßgeblichen Institutionen für die Zusammenarbeit auf den Gebieten Bildung, Kultur und Wirtschaft abbilden. Die Europaregion Donau-Moldau ist ein Zusammenschluss von sieben Regionen. Auf Seiten der Oberpfalz hat der Bezirk die Federführung übernommen. Ziel ist es, die Identifikation der Menschen mit ihrer Heimat in einem europäischen Kontext zu stärken, die Region im Wettbewerb mit anderen Großräumen zu positionieren sowie die Vorzüge der Gebiete zwischen Donau und Moldau bekannter zu machen. 7 8 SYNAPSE August Psychiatrie SYNAPSE August Psychiatrie Volkskrankheit Depression – Teil 1 Prof. Dr. Thomas C. Baghai Depressive Störungen sind nach Informationen der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation, WHO) von herausragender gesundheitsökonomischer Bedeutung. Sie sind Erkrankungen, die einen immensen Leidensdruck bei Betroffenen und Angehörigen verursachen, weil sie mit der höchsten Einschränkung der Lebensqualität verbunden sind. In dieser und der nächsten Ausgabe widmet sich SYNAPSE der „Volkskrankheit Depression“. D epressionen führen häufig und regelhaft zu psychosozialen Beeinträchtigungen und können nicht selten eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (mit)verursachen. Sie stellen deshalb auch volkswirtschaftlich ein hochrelevantes Problem dar. Depressionen sind hierbei keine seltenen Erkrankungen: Die 30-Tages-Prävalenz beschreibt die Anzahl an Erkrankten, die über den definierten Zeitraum von 30 Tagen registriert werden. Für Depressionen werden hier fast zehn Prozent angegeben. Noch höher ist die Lebenszeitprävalenz, also der Anteil an Erkrankten, die bis zum Erhebungszeitpunkt im Laufe ihres Lebens erkrankt sind. Je nach Untersuchung werden hier Werte um 20% erreicht. Interessanterweise finden sich in allen Untersuchungen beträchtliche Geschlechtsunterschiede: für Männer werden etwa zwölf Prozent, für Frauen Werte bis zu 26% angegeben. Ob diese Unterschiede tatsächlich nur durch ein häufigeres Auftreten der Erkrankung bei Frauen bedingt sind, ob sich Männer, die unter Depressionen leiden, häufiger einer ausreichenden Diagnostik (und damit auch der Behandlung) entziehen, oder ob die aktuell genutzten Diagnosesysteme depressive Erkrankungen bei Frauen sensitiver erfassen als bei Männern, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt. Diagnosen, Verlaufsformen und Symptome Depressive Erkrankungen können als Einzelepisode oder in Form von wiederkehrenden Krankheitsphasen auftreten. Eine so genannte unipolare Depression, in deren Krankheitsverlauf sich depressive Krankheitsphasen und längere gesunde Intervalle abwechseln, kann von einer bipolaren Depression unterschieden werden, bei der zusätzlich kürzere Zeiten mit gehobener Stimmungslage bis hin zum Vollbild einer Manie auftreten. Diese Erkrankungsform der Bipolaren Erkrankung oder Bipolaren Störung entspricht dem früher eher gebräuchlichen Begriff der Manisch-Depressiven Erkrankung. Die Hauptsymptome einer Depression bestehen nach allen gängigen Diagnosesystemen aus einer depressiven Verstimmung, die oft von Freudlosigkeit, Interessenverlust, Energielosigkeit und leichter Ermüdbarkeit begleitet wird. Weitere häufige Symptome sind Schlafstörungen, Antriebsstörungen sowie Störungen des Denkens und der Entscheidungsfähigkeit. Zudem werden depressive Erkrankungen oft von Gefühlen der eigenen Wertlosigkeit und von Schuldgefühlen begleitet. Zu beachten ist hierbei immer, dass auch mangelnder Lebenswille mit passiven Todeswünschen bis hin zur akuten und aktiven Selbstmordgefährdung auftreten können. Therapie Trotz der Schwere der Erkrankung sind Depressionen in der Regel sehr gut und erfolgreich behandelbar. Ziel einer antidepressiven Behandlung ist hierbei immer die vollständige Gesundung und Wiederherstellung der vor der Erkrankung vorhandenen sozialen und beruflichen Leistungsfähigkeit. Nach der Akutbehandlung ist es Ziel der weiteren antidepressiven Therapie und Rezidivprophylaxe (Rückfallschutzbehandlung), weitere Krankheitsepisoden zu verhindern und eine gute Lebensqualität zu erhalten. Daneben sind die Vermeidung von Selbstmorden und die Wiederherstellung einer guten körperlichen Gesundheit, die während einer Depression oft ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wird, erklärte Behandlungsziele. Multimodale Kombinationstherapie Die Therapie depressiver Störungen besteht meist aus einer multimodalen Kombinationstherapie. Diese setzt sich aus einer biologischen Therapie (meist medikamentöse Behandlung) in Kombination mit einer strukturierten Psychotherapie zusammen, (etwa kognitive Verhaltenstherapie (KVT) oder interpersonelle Psychotherapie (IPT) als Einzel- oder Gruppentherapie, häufig in Kombination mit sozialpädagogischer Mitbetreuung und weiteren ergänzenden (komplementären). Die komplementären Therapieverfahren ergänzen die oben genannten Therapien. Hier wird beispielsweise die Ergotherapie in Form der Beschäftigungstherapie oder der Arbeitstherapie angeboten. Die Sporttherapie besteht idealerweise aus kombiniertem Kraft- und Ausdauertraining, hilfreich sind aber auch weitere Gruppenangebote wie verschiedene Ballsportgruppen, Wassergymnastik oder Schwimmtraining. Das Erlernen von aktiven Entspannungsverfahren wie der progressiven Muskelrelaxation, dem autogenen Training oder auch die Anwendung von Yoga können bei innerer Anspannung und bei Schlafstörungen, die in der Depression häufig zu finden sind, sehr hilfreich sein. Kunst- und Musiktherapie ergänzen häufig das therapeutische Angebot. Individualisierte Therapieverfahren Alle Therapieverfahren werden individualisiert, das heisst auf die speziellen Bedürfnisse der einzelnen Patienten zugeschnitten angeboten. Der individuelle Therapieschwerpunkt kann sich hierbei im Behandlungsverlauf verändern. Es kann etwa zunächst ein pharmakotherapeutischer Schwerpunkt mit Medikamenten gewählt werden, der im weiteren Therapieverlauf durch einen psychotherapeutischen Schwerpunkt abgelöst wird. Bei der medikamentösen Behandlung wird in der Regel versucht, die Behandlung mit größtmöglicher Sicherheit und Verträglichkeit sowie optimaler Wirksamkeit zu beginnen. Beeinflussende Faktoren können unter anderem diagnostische Subtypen der Depression, Alter, Begleiterkrankungen, aber auch der Schweregrad der Erkrankung oder spezifische Symptome der depressiven Erkrankung wie etwa Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Unruhe und Getriebenheit oder eine Antriebsstörung sein. Therapiephasen in der Depressionsbehandlung Traditionell wird hierbei die Behandlung depressiver Erkrankungen in die Therapieabschnitte Akut­therapie, Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe eingeteilt. Ziel der Behandlung ist es zunächst, nach möglichst kurzer Zeit ein Ansprechen auf die Therapie zu erreichen. Das klinische Management depressiver Erkrankungen geht jedoch weit über dieses Kriterium hinaus. Die vollständige Symptomfreiheit ohne Vorliegen der diagnostischen Kriterien der depressiven Erkrankung ist das klare Behandlungsziel. Neben der vollständigen Gesundung ist es dann nach der Akutbehandlung Ziel der weiteren antidepressiven Therapie und Rückfallprophylaxe, weitere Krankheitsepisoden zu verhindern und eine gute Lebensqualität zu erhalten. Aus Sicht der behandelten Patienten bestehen die wichtigsten Kriterien für eine wirksame Therapie in einer Rückkehr zu Optimismus, Selbstvertrauen und der vor der Erkrankung üblichen Selbsteinschätzung. Besonders wichtig ist dieses Therapieziel aber auch deshalb, weil nur nach möglichst vollständiger Remission von einem reduzierten Rückfallrisiko ausgegangen werden kann. In der nächsten Ausgabe der SYNAPSE stehen Therapieverfahren gegen die „Volkskrankheit Depression“ im Blickpunkt. Prof. Dr. Thomas C. Baghai ist Leitender Oberarzt am Zentrum für Allgemeinpsychiatrie I und Psychosomatik der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum Regensburg 9 10 SYNAPSE August Psychiatrie SYNAPSE August Psychiatrie Patientenzimmer der Komfort-Station Pflege und Service An einem Strang ziehen Für Pflegekräfte ist es ungewohnt, auf der Station weiteres Personal zur Unterstützung an der Seite zu haben. Stationsleiterin Michaela Wollny erzählt in der SYNAPSE über die Zusammenarbeit des Service-Personals und der Pflege-Mitarbeiter auf der Komfort-Station der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Bezirksklinikum Regensburg. S: Was genau ist die Komfort-Station? W.: Auf der Komfort-Station bietet das Bezirksklinikum Regensburg Psychiatrie-Patienten Unterbringung und Dienstleistungen auf Hotel-Niveau. Dazu buchen die Patienten das Wahlleistungspaket „Unterkunft und Verpflegung“. Sie bekommen dafür während ihrer Therapie ein Plus an Privatsphäre in Verbindung mit mehr Service und Komfort. Hier geht es um Punkte wie Einzel- oder Zweitbettzimmer mit einer gehobenen Zimmerausstattung oder spezielle Mittags-Menüs. Die medizinische Versorgung ist hiervon nicht betroffen: Diese ist für alle Patienten auf dem gleichen hohen Standard. S: Welche Aufgaben übernimmt der Service auf Station? W.: Der Service übernimmt gänzlich das Aufgabenfeld des Hotelwesens. Er ist beispielsweise zuständig für den Zimmerkomfort wie Auffüllen der Minibar mit Säften, frische Handtücher im Bad oder für die morgendliche Tageszeitung im Pa­ tientenzimmer. Außerdem ist er zuständig für die Aufnahme der Essensbestellung der Patienten, das Anrichten des Buffets, aber auch für die Frisör-Terminvereinbarung und die Blumenstrauß-Bestellung an Geburtstagen. S: Was ist der Job der Pflege auf der Komfort-Station? W.: Die Pflege kommt ihren Pflege-Kernaufgaben nach. Das heißt zum einen den medizinischen Leistungen wie Tablettenverteilen und Verbändewechseln. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf der therapeutischen Arbeit mit den Patienten. Patienten der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie erhalten im Rahmen der Bezugspflege regelmäßig Einzel- beziehungsweise Gruppentherapien, die von den Pflegekräften gestaltet werden. Vermeintliche Aufgaben der Pflege wie Bettenmachen oder Essensbestellungen aufgeben werden auf der Komfort-Station gerade nicht von der Pflege durchgeführt, sondern fallen in den Service-Bereich. Das aus- und weitergebildete Pflegepersonal kann sich dadurch dem Patienten vorwiegend therapeutisch widmen. Ein Beispiel: Leidet ein Patient unter einer Essstörung, dann ist bei der Eingabe von Essen Pflegefachpersonal erforderlich. Ansonsten übernimmt der Service den Bereich „Essen“. S: Was gewinnt die Pflege durch den Partner Service? W.: Pflege in der Psychiatrie ist sehr zeitintensiv. Die Unterstützung durch das Service-Personal bringt uns daher vor allem eines: Zeitersparnis, die wir für die pflegerische Betreuung des Patienten dringend brauchen. Aber nicht nur die Entlastung ist ein Punkt. Der Service unterstützt die Pflege bisweilen auch inhaltlich: Die Service-Mitarbeiter erleben die Patienten in Alltagssituationen wie beispielsweise im Essensraum, auf dem Zimmer oder in einem persönlichen Austausch am Info-Desk. Das Pflege-Personal erhält dadurch weitere, wichtige Informationen, die der Patient innerhalb einer Therapie­ sitzung eventuell nicht von sich aus Preis geben würde. S: Kommen sich Service und Pflege auch manchmal in die Quere? W.: Die Aufgaben der Pflege und des Service sind im Großen und Ganzen eindeutig getrennt und in Dokumenten festgehalten. Übergreifend kann man sagen, dass alle Patienten-fernen Tätigkeiten vom Service übernommen werden und alle Patienten-nahen Arbeiten die Pflege innehat. S: Wie gewährleisten Sie Teamwork zwischen Service und Pflege? W.: Da die Komfort-Station vor drei Jahren völlig neu gegründet wurde, lagen keine vorgefertigten Abläufe vor und es bestand die Möglichkeit der freien Gestaltung. Welche Aufgaben unter welche Berufsgruppe fallen, wurde zu Beginn festgelegt und wird bei Bedarf erweitert oder verändert. Auf dieser Basis startete damals ein neu zusammengewürfeltes Team aus Pflege und Service seine Arbeit und zieht bis heute an einem Strang. Eine große Rolle spielen natürlich auch die Führungskräfte. Karoline Niederle, die Leiterin des Patientenservice, und ich arbeiten gut und konstruktiv zusammen. Das strahlt auf unsere Teams ab. Auf der Komfort-Station hat keiner das Gefühl, „Hilfskraft“ der jeweiligen anderen Berufsgruppe zu sein. Außerdem veranstalten wir regelmäßig gemeinsame Teamsitzungen. Und auch Festivitäten wie Sommerfest und Weihnachtsfeier finden natürlich gemeinsam statt. (VKO) Es existieren aber natürlich auch Überschneidungen und fließende Übergänge. Beispielsweise bei der Aufnahme eines Patienten: Hier müssen beide Berufsgruppen administrative Tätigkeiten erledigen können. Kommt ein Patienten-Zugang um drei Uhr nachts an, so ist kein Service im Haus und die Pflege muss diese Aufgabe übernehmen. Oder: In Abhängigkeit vom Krankheitszustand des Patienten kann die Aufgabe der „Begleitung eines Patienten“ zu Untersuchungen oder Konsiliar-Fahrten in andere Kliniken vom Service übernommen werden. Michaela Wollny und Karoline Niederle 11 12 SYNAPSE August Psychiatrie SYNAPSE August Psychiatrie Traumatherapie in der psychiatrischen Tagesklinik am Bezirksklinikum Regensburg Katastrophen für die Seele – Teil 2 Volker Dittmar, Prof. Dr. Thomas Frodl Seit nahezu zehn Jahren gibt es in der psychiatrischen Tagesklinik ein spezielles Behandlungsangebot für schwer traumatisierte Menschen. Ziel der Therapie: Der Schritt in ein neues, angstfreies Leben. erarbeitet. Angelernte fehlangepasste Beziehungsmuster können formuliert, in den Lebenszusammenhang gestellt und mit Hilfe von Veränderungsstrategien neu erprobt werden. Hierfür sind die Interaktionen in der Gruppe ausgesprochen hilfreich. H Zur Anwendung kommen wissenschaftlich evaluierte Behandlungsverfahren wie tiefenpsychologische Therapie, Verhaltenstherapie, Psychodrama sowie Elemente spezieller Therapieprogramme für traumatisierte Patienten (psychodynamisch imaginative Traumatherapie, PITT) oder für emotional-instabile Persönlichkeiten (Dialektisch Behaviorale Therapie, DBT). In psychoedukativen Gruppen erfahren die Patienten Einsicht in die Bedeutung der eigenen Symptomatik sowie eine ausführliche Informationsvermittlung über die Erkrankung mit ihren typischen Symptomen und Verläufen. auptziele der Therapie sind selbstverantwortliche Lebensgestaltung, Beziehungsfähigkeit sowie Arbeitsfähigkeit. Die Behandlung erfolgt im Rahmen eines gruppentherapeutischen Konzeptes, innerhalb dessen die Patientengruppe die ganze Woche gemeinsam das gleiche Therapieprogramm durchläuft. Durch eine familiäre Atmosphäre werden Kontaktmöglichkeiten, Vertrauen und Beziehungsfähigkeit gefördert. Der Schwerpunkt der Gruppentherapie liegt auf der Förderung lösungs- und ressourcenunterstützender Gruppeninteraktionen. Die Kerngruppe bildet die therapeutische Heimat der Patienten - sie ist halb geschlossen. Schwerpunktmäßig werden in der Kerngruppe die interpersonellen Probleme angesprochen und Neben der psychotherapeutischen Gruppenbehandlung unterteilt sich die Therapie in einen lebens­ praktischen, einen kreativ-gestalterischen und einen körperorientierten Teil sowie in intensive Einzelpsychotherapie. Die spezielle Behandlung der Traumatisierungen erfolgt ausschließlich in Einzelgesprächen. Neben einem differenzierten und strukturierten tagesklinischen Angebot stellt der Aufbau einer Beziehung einen außerordentlich wichtigen Teil der tagesklinischen Therapie dar. Co-therapeutische Gruppenarbeit sowie Bezugspflege, die vom Pflegepersonal und Ergotherapeuten durchgeführt wird, ist daher von besonderer Bedeutung. In dieser von den Co-Therapeuten durchgeführten psychosozialen Pflege geht es vor allem um Ich-stützende, haltgebende Gespräche, wobei auch Tagesstrukturierung und milieutherapeutische Elemente Beachtung finden. Dabei werden Ich-Funktionen ge­stärkt, regressive Entwicklungen begrenzt und ein besserer Realitätsbezug entwickelt. Phase I: Alltagsstabilisierung Für die Behandlung traumatisierter Patienten hat sich eine phasenorientierte Behandlung in drei nicht ganz trennscharf voneinander abgegrenzte Phasen bewährt. Ziele der ersten Phase der Traumatherapie sind Alltagsstabilisierungen und Sicherheit, Beziehungsaufbau und Arbeitsbündnis sowie Ressourcenorientierung und Stressreduktion. Selbstfürsorge und Selbstberuhigung werden durch Erlernen von Imaginations- und Achtsamkeitsübungen bestärkt. Ein Eigenverantwortung förderndes und antiregressives Vorgehen mit Hilfe der Arbeit mit verletzten inneren Anteilen („Innere Kindarbeit“, „Ego-State-Therapie“) stellt einen wichtigen Baustein des therapeutischen und beratenden Angebotes dar. Eine ressourcen- und lösungsorientierte Haltung, verbunden mit dem Ansatz der Hilfe zur Selbsthilfe, stellt den wichtigsten Grundsatz der tagesklinischen Arbeit mit traumatisierten Patienten dar. Stabilisierung steht im Vordergrund vor dem Gang in die Vergangenheit. Erst die Fähigkeit der Patienten, ihr Erleben in eigener Verantwortung am Abend und am Wochenende gestalten zu können, sowie erfolgreiches Erlernen von Selbstberuhigungsstrategien zur Begrenzung auf­ kom­ mender unangenehmer Stimmungen oder Erinnerungen wie Flashbacks lassen therapeutische Angebote wie die Traumakonfrontation bei traumatisierten Patienten zu. Phase II: Traumakonfrontation Nach erfolgreicher Stabilisierung erfolgt in einer zweiten Phase der Traumatherapie die Traumakonfrontation, in der verschiedene Techniken zur Traumabewältigung eingesetzt werden können: EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) als hoch wirkungsvolle, aber auch emotional sehr intensive Methode der Traumakonfrontation sowie die Beobachtertechnik und die Bildschirmtechnik als schonendere traumakonfrontative Verfahren. Phase III: Der Blick nach vorne In der dritten Phase der Traumatherapie kommt es zur Zukunftsplanung und Neuausrichtung des Lebens, möglicherweise auch zu einer Phase der Trauer um das Versäumte und die zerstörte Kindheit. Damit verbunden sind auch die Annahme des eigenen Lebensschicksals und die Erkenntnis, zu welchen Stärken und Fähigkeiten die schwierige Lebensgeschichte geführt hat. Aufgrund der relativ langen Aufenthaltsdauer (vier bis sechs Monate) können die Patienten nach langwieriger und erfolgreicher Stabilisierung auch die zweite und dritte Phase der Traumatherapiebehandlung erreichen. Medikamentöse Behandlung Die Behandlung in der Tagklinik ist immer den individuellen Bedürfnissen des Betroffenen angepasst. Somit kann die oben beschriebene psychotherapeutische Behandlung alleine oder auch in Kombination mit medikamentösen Behandlungen erfolgen. Die Auswahl eines Medikaments richtet sich nach den im Vordergrund bestehenden Beschwerden. Bei Schlafstörungen kommen etwa Schlafmittel, bei Depressionen Fortsetzung auf Seite 14 13 14 SYNAPSE August Psychiatrie SYNAPSE August Psychiatrie Fortsetzung von Seite 13 einstellen und sich vorbereiten“, so Dr. Unglaub weiter. und Ängsten Antidepressiva zum Einsatz. Die Gabe von Antidepressiva, insbesondere die SerotoninWiederaufnahmehemmer, hat sich bisher am meisten bei posttraumatischen Störungen bewährt. Bei Unruhezuständen und Zuständen, in denen es zur Realitätsverkennung kommt, kann auch die Gabe eines Neuroleptikums sinnvoll sein. Die Dauer der Einnahme wird sorgfältig überprüft. Zentrum für Suchtmedizin Regensburg Das Zentrum unter der Leitung von Chefarzt Prof. Dr. Norbert Wodarz gehört zur Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum Regensburg. Jährlich werden dort mehr als 2.000 Patienten wegen Suchtproblemen aller Art sowie den häufig vorkommenden körperlichen, psychischen und sozialen Folge- und Begleiterkrankungen behandelt. Am häufigsten werden Menschen mit Alkoholproblemen, mit Abstand gefolgt von Problemen mit illegalen Drogen diagnostiziert und therapiert. In über 20 Jahren wurde hier eine differenzierte Therapiekette mit einem breiten Behandlungsangebot etabliert, das die psychische, körperliche und soziale Dimension von Suchterkrankungen berücksichtigt. Das Zentrum für Suchtmedizin bietet eine leitlinien- und evidenzbasierte Behandlungskette für Abhängigkeitserkrankungen in allen Phasen des Erkrankungsverlaufs. Kontaktaufnahme Die Kontaktaufnahme für einen Platz in der Traumatherapiegruppe in der Tagesklinik erfolgt über das Sekretariat, nach einer schriftlichen Anmeldung und einem einige Wochen später stattfindenden ausführ­ lichem Vorgespräch. In diesem stehen neben einer Anamnese auch die Ziele der Patienten sowie die Vorstellung des tagesklinischen Therapieprogramms im Vordergrund. Bereits in diesem ersten Gespräch erfolgt durch die Therapeuten ein Bindungsangebot an die Patienten mit dem Ziel, die in der Kindheit häufig nicht erlebten akzeptierenden und sicheren Bindungserfahrungen im Rahmen des tagesklinischen Angebotes in der Traumatherapiegruppe neu erfahren zu können. Zusammenfassend hat sich das tagklinische Angebot sehr bewährt, da es sowohl die Traumatherapie vorbereitet, einen geeigneten stützenden Rahmen verleiht, als auch eine individuelle Traumatherapie ermöglicht. Gleichzeitig können die Patienten in ihrem Alltag eingebunden bleiben und neu gelerntes direkt umsetzen. Dipl.-Psych. Volker Dittmar ist Psychologischer Psychotherapeut und Traumatherapeut an der Psychiatrischen Tagesklinik, Prof. Dr. Thomas Frodl ist Chefarzt des Zentrums für Allgemein­psychiatrie II der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum Experten tagten am medbo Bezirksklinikum Regensburg Trauma – Sucht – Borderline Renate Neuhierl Psychisch kranke Menschen, die gleichzeitig an mehreren Störungen leiden, sind eine besondere Aufgabe für Ärzte und Therapeuten. Gerade traumatisierte Patienten, die zusätzlich eine Borderline Störung und eine Suchterkrankung entwickelt haben, bedürfen einer sehr komplexen Therapie. Dr. Wilhelm Unglaub, leitender Oberarzt am medbo Zentrum für Suchtmedizin des Bezirksklinikums Regensburg, lud Ende Mai bereits zum dritten Mal Fachkollegen aus ganz Bayern zu einem Symposium nach Regensburg ein, das sich ganz dem Thema TSB – Trauma, Sucht, Borderline – widmete. I n neun verschiedenen Workshops erarbeiteten sich 190 Psychiater, Psychotherapeuten und psychiatrische Fachpfleger Wissen und Be- handlungstechniken, um die Betroffenen besser verstehen und betreuen zu können. Hierbei ging es um Fragen der Stabilisierung von Traumapatienten in der stationären Akutbehandlung oder um die Abgrenzung von jugendlichen Verhaltensauffälligkeiten zur Borderline-Symptomatik. Auch die Spezialsichtweise des Maßregelvollzugs auf den Umgang mit komorbiden TSB-Patienten wurde bearbeitet. „Im Zentrum des Symposiums stand bewusst die Betrachtung von kombinierten Störungsbildern, wie sie immer wieder bei Patienten und Patientinnen in psychiatrischer oder in suchtmedizinischer Behandlung anzutreffen sind“, erläutert Dr. Unglaub. Gerade das Zusammentreffen von jeweils unterschiedlich gewichteten Anteilen von Traumatisierung, Borderline-Störung und Suchtmittelkonsums mache die Therapie der Betroffenen oft kompliziert. „Zwei Schritte nach vorne, einer zurück: Rückschläge in der Therapie sind bei dieser Störungskombination meist programmiert. Betroffene Patienten und das behandelnde Team müssen sich gleichermaßen darauf Für drogenabhängige Patienten mit Kindern, die an einer Trauma-Sucht-Borderline Störung leiden, kann die Entwöhnungseinrichtung Station 27 im Bezirksklinikum Regensburg ein modifiziertes Konzept anbieten. Die Mitarbeiter der Station sind speziell für die Behandlung von TSB-Patienten ausgebildet. Borderline-Störung Borderline-Störungen gehören zu den Persönlichkeitsstörungen. Patienten weisen eine ausgeprägte Störung der Affektregulation, der zwischenmenschlichen Verhaltensweisen und des Selbstwertgefühls auf. Ihr Verhalten ist sehr oft dissoziativ: Sie grenzen sich ab und haben Schwierigkeiten mit der Regulation von Distanz und Nähe zu anderen Menschen. Ihre Stimmungen wechseln abrupt und heftig, was auf die Umwelt sehr verstörend wirkt. In aller Regel weisen Borderline-Patienten auch Symptome anderer psychiatrischer Erkrankungen auf (Komor­ bidität): allen voran Depressionen, ADHS und psychotische Symptome wie Wahnvorstellungen oder Paranoia. Häufig sind Traumata ein auslösendes Element. Expertenschätzungen zur Häufigkeit der Borderline-Störungen selbst gehen indes auseinander: Es gibt Meinungen, die von einem 2%-Anteil der Menschen mit einer Veranlagung zu Borderline in der Bevölkerung ausgehen. Andere Schätzungen gehen von einer Lebenszeitprävalenz von knapp 6% aus: Dieser Anteil an Menschen hat eine hohe Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens an einer Borderline-Störung zu erkranken. Oft geht die Erkrankung einher mit Selbstverletzungen aller Art. Entsprechend hoch ist bei Borderline-Patienten die Anfälligkeit für Selbstmordgedanken und -versuche bis hin zum vollendeten Suizid. Bis zu 16 Prozent der BorderlinePatienten sterben infolge eines Selbstmordversuchs. 15 16 SYNAPSE August Psychiatrie SYNAPSE August Psychiatrie Zentrum für Altersmedizin Was ist eine Gedächtnisambulanz? Achim Weigel, PD Dr. Jochen Schneider und PD Dr. Stephan Schiekofer Bereits zu Beginn der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts wurden in England und den USA die ersten „Gedächtnissprechstunden“ eingerichtet. Ziel dieses damals neuartigen ambulanten Angebots war die verbesserte Früherkennung von Demenzerkrankungen, bei denen Gedächtnisprobleme in vielen Fällen die ersten Symptome darstellten. wurden Hirnkarten und Diagramme entworfen, in denen Zentren für einzelne psychische Funktionen lokalisiert wurden. Zu einer ersten interdisziplinären Zusammenarbeit von Medizinern, Pädagogen und Psychologen kam es im Ersten Weltkrieg, als viele junge Männer mit Gehirnverletzungen mit Hilfe der damaligen „Psychotechniken“ rehabilitiert werden sollten. M Von Anfang an war der „lokalisatorische Ansatz“ von Kritik begleitet. Die Kritiker bezweifelten die Zuordnung von isolierten Symptomen zu umschriebenen Hirnteilen. Den lokalisatorisch orientierten Forschern wurde von den „holistischen“ (ganzheitlichen) Kritikern vorgeworfen, dass sie versäumten, die tieferen Ursachen der einzelnen Symptome zu hinterfragen. Mitte des 20. Jahrhunderts galt das Lokalisieren psychischer Funktionen als überholt – die „Lokalisationisten“ wurden als „Diagrammzeichner“ verspottet. Es gab in Deutschland deshalb bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts praktisch keine Zusammenarbeit zwischen Neurowissenschaft und Psychologie. Fortschritte in der Neurochirurgie und der technischen Diagnostik von Hirnschädigungen – insbesondere durch die Verbesserung bildgebender Verfahren und deren Analysemöglichkeiten – erlaubten eine zunehmend exaktere Abgrenzung von Veränderungen/Verletzungen am Gehirn. Die Übernahme von Modellen der Informatik ermöglichten ein neues Verständnis der Informationsverarbeitung und der Vernetzung von Gehirnstrukturen. ittlerweile gibt es auch in Deutschland mehr als 150 Gedächtnissprechstunden, die teilweise auch unter Bezeichnungen wie „memory clinic“, „Gedächtniszentrum“ oder – wie am Bezirksklinikum Regensburg – „Gedächtnisambulanz“ firmieren. Der Ansatz der Gedächtnis­ ambulanzen ist der der Neuropsychologie. Entwicklung Neuropsychologie Die Psychologie als Wissenschaft entwickelte sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Spannungsfeld der bereits bestehenden universitären Fachbereiche „Philosophie“ und „Physiologie“. Die bisherige metaphysische Bestimmung der Psychologie als „Seelenlehre“ veränderte sich hin zu einer wissenschaftstheoretisch unterlegten Definition der Psychologie auf der Grundlage mathematisch formulierter Gesetze im Sinne einer „Psychophysik“ oder physiologischen Psychologie. Als Stammvater der Psychologie als eigenständige Wissenschaft gilt Prof. Wilhelm Wundt, der das erste Institut für experimentelle Psychologie mit einem systematischen Forschungsprogramm gründete. Seine Forschungsschwerpunkte waren vor allem die Psychophysik der Sinnesempfindungen, Aufmerksamkeit, Bewusstsein und die Psychophysiologie der Emotionen. Die anatomische, physiologische und neurologische Gehirnforschung führte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu den Ursprüngen der Neuropsychologie. Es Die Neuropsychologie eta­ blierte sich als interdisziplinäres Teilgebiet der Klinischen Psychologie und der Neurowissenschaften. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts erweitert die kognitive Neurowissenschaft zunehmend ihren einseitigen Blick auf den Menschen als „Informationsverarbeitungsmaschine“ und bezieht nunmehr soziale und emotionale Aspekte mit ein. Das Interesse der Neuropsychologie gilt letztlich dem Zusammenhang zwischen Verhalten und Gehirn – das grundsätzliche Thema bleibt die Zerlegbarkeit und Lokalisierbarkeit der Psyche, wobei sich die Zuordnung von kognitiven Funktionen meist an makroanatomischen, gut unterscheidbaren Regionen des Gehirns orientiert. Gedächtnisambulanz am Bezirksklinikum Regensburg Bei dem etwa zweistündigen Untersuchungstermin bei der Erstaufnahme eines ambulanten Patienten finden neben der körperlich-neurologischen und neuropsychologischen Untersuchung auch ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten und dessen Angehörigen statt. Gegebenenfalls werden weitere Untersuchungen wie Ableitung der Hirnströme, spezifische Labordiagnostik, Liquorgenetik, bildgebende Verfahren oder eine Untersuchung des Schlafes veranlasst. Der überweisende Arzt erhält eine ausführliche Rückmeldung in Form eines Arztbriefes. Neben der differentialdiagnostischen Einschätzung des Patienten werden nicht-/medikamentöse Therapieempfehlungen, eine Einschätzung des Betreuungs- und Pflegebedarfs sowie die Empfehlung weiterer Verlaufsuntersuchungen und konkreter Hilfsangebote gegeben. In der Gedächtnisambulanz liegt der Schwerpunkt der Neuropsychologie in der Diagnostik von hirnorganischen Veränderungen, deren Lokalisation sowie einer differenzierten Beurteilung des kognitiven Status. Neurodegenerative Erkrankungen sind durch charakteristische Leistungsprofile gekennzeichnet, die im Zusammenhang mit den zugrunde liegenden neuropathologischen Veränderungen stehen. Für manche Erkrankungen ist auch heute noch der Rückschluss von psychischen Ausfällen auf die Lokalisation der Schädigung verlässlicher als die Darstellung der Läsion mittels bildgebender Verfahren. Diese psychischen Ausfälle lassen sich durch die standardisierten Testverfahren einer neuro­psycho­logischen Untersuchung objektiv einordnen. Bei einem standardisierten Test sind die Durchführungsmodalitäten vorgegeben und auch die Auswertung erfolgt nach einem vorgegebenen Standard. Das individuelle Testergebnis wird in Bezug gesetzt zu einer repräsentativ erhobenen Stichprobe, die idealerweise nach Alter, Geschlecht und Bildungsgrad der untersuchten Person gleichgesetzt werden kann. Dem Verlaufsaspekt kommt bei der Diagnose einer Demenz besondere Bedeutung zu. Oft sind geringgradige Leistungseinbußen bei einmali- ger Untersuchung nicht sicher zu bewerten und auch mit der Diagnose einer leichten, kognitiven Beeinträchtigung ist das Risiko erhöht, später doch eine Demenz zu entwickeln. Auch bei schwierigen differenzialdiagnostischen Fragestellungen wie etwa der Unterscheidung zwischen einem dementiellen Prozess und einer Depression mit kognitiven Leistungseinbussen kann eine Verlaufsbeurteilung relevante Informa­ tionen liefern. Die neuropsychologische Untersuchung Der Ablauf einer neuropsychologischen Untersuchung beginnt mit einem ausführlichen Gespräch mit dem Patienten („Anamnese“), in dem Informationen über die Vorgeschichte, Schulabschluss, Berufsausbildung, familiären Hintergrund, Kleine Geschichte der Regensburger Gedächtnisambulanz Die Regensburger Gedächtnisambulanz der medbo wurde im Jahre 1999 durch PD Dr. Bernd Ibach als eine auf neurodegenerative Erkrankungen bei älteren Menschen spezialisierte Ambulanz gegründet. Schon von Beginn an kamen neben psychiatrischen und neurologischen Untersuchungsmethoden auch neuropsychologische Verfahren zur Anwendung. Trainings- und Therapiekurse für Patienten wurden (und werden) durch ein interdisziplinäres Team im Rahmen eines „Gedächtnistrainings“ angeboten. In den Jahren 2006 bis 2012 leitete PD Dr. Hans Klünemann die Ambulanz. Er intensivierte die Zusammenarbeit mit der Universität und führte eine Vielzahl von klinischen Studien zur Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen durch. Durch die enge Anbindung an Wissenschaft und Forschung konnte die Patientenversorgung nochmals verbessert werden. Seit 2012 ist die Gedächtnisambulanz unter der Leitung von Dr. Günter Rösl organisatorisch enger mit den stationären Bereichen des „Zentrums für Altersmedizin“ verbunden. Es konnte dadurch die spezifisch geriatrische Untersuchung und Versorgung der ambulanten Patienten durch verstärkte Kooperation der diversen medizinischen Fachgebiete weiter ausbaut werden. Vorerkrankungen, aber auch Befürchtungen und die Gründe für das Aufsuchen der Gedächtnisambulanz gesammelt werden. Gleichzeitig ergeben sich hier schon wichtige Informationen über das Sprachverhalten, mögliche Wortfindungsstörungen, Ge­­ dächtnis, Orientiertheit und die Persönlichkeitsstruktur. Zusätzlich müssen oft auch anwesende Angehörige befragt werden („Fremd­ anamnese“), um valide Informationen über die Vorgeschichte, die prämorbide Leistungsfähigkeit, Beginn und Verlauf der Symptomatik, Auffälligkeiten im Alltag und die Psychodynamik in Ehe/Familie zu gewinnen. Diese Verfahren erlauben zwar noch keine differentialdiagnostischen Aussagen, aber geben wichtige Hinweise innerhalb des diagnostischen Entscheidungsprozesses und schon eine vorläufige, grobe Schweregradeinteilung. Zur weiteren Abklärung wird in unserer Gedächtnisambulanz standardmäßig die umfangreichere Testbatterie des „CERAD“ eingesetzt, in den auch der „Mini Mental Status Test“ (MMSE) und der „Uhrentest“, integriert sind, die als bekannteste Verfahren im deutschsprachigen Raum zu nennen sind. Darüber hinaus werden zusätzlich ausführlichere Untertests für nicht-/ sprachliches Gedächtnis, Sprache, kognitive Geschwindigkeit und Flexibilität durchgeführt. PD Dr. Stephan Schiekofer ist Chefarzt, Achim Weigel Psychologe am Zentrum für Altersmedizin am Bezirksklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg. PD Dr. Jochen Schneider ist Arbeitsgruppenleiter am LCSB & Zentrum für Innere Medizin, Klinik für Innere Medizin II, Homburg, Universität des Saarlandes 17 18 SYNAPSE August Psychiatrie SYNAPSE August Psychiatrie Entwöhnungsbehandlung für Alkoholund Medikamentenabhängige im Zentrum für Suchtmedizin Regensburg Mit der Abhängigkeit leben lernen Team der Station 13b Je nach Studie gelten in Deutschland schätzungsweise 1,5 bis 2 Millionen aller Erwachsenen nach den diagnostischen Kriterien als alkohol-, nochmal so viele als medikamentenabhängig. Die Zahl der „Missbraucher“ ist sogar noch höher. Für die Oberpfalz bedeutet dies etwa 45.000 alkoholbeziehungsweise medikamentenabhängige Menschen. A bhängigkeitserkrankungen lassen sich nach heutigem Wissensstand als Folge der Wechselwirkungen von Merkmalen der Person (wie etwa Persönlichkeit), der Umwelt (etwa soziales Umfeld) und der Droge (zum Beispiel Eigenwirkung der Substanz) begreifen. Biologische Vulnerabilitätsfaktoren bestimmen demnach im Wechselspiel mit psychischen und sozialen Faktoren das Gesamtrisiko einer Abhängigkeitsentwicklung. Was die Zahlen und Erklärungen auf den ersten Blick nicht verraten, ist der Leidensdruck bei dem Betroffenen selbst und die oftmals große Hilflosigkeit seines unmittelbaren sozialen Umfeldes. Seelische und körperliche Folgeschäden sowie zunehmende Probleme im sozialen Bereich (etwa Scheidung, Arbeitsplatz-/Führerscheinverlust) lassen bei länger anhaltendem Suchtmittelkonsum medizinische und psychotherapeutische Interventionen notwendig werden, um die Krankheitsentwicklung stoppen zu können. Differenzierte Therapiekette Abhängigkeitserkrankungen – alleine oder in Kombination mit anderen psychischen Erkrankungen – finden sich daher bei annähernd jeder vierten Aufnahme in der Klinik für Psychi­ atrie und Psychotherapie am Bezirksklinikum Regensburg. Entsprechend wurde in den letzten Jahren im Zentrum für Suchtmedizin eine differenzierte Therapiekette (Entgiftung ➪ Motivation ➪ Entwöhnung) mit einem breiten Behandlungsangebot sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich etabliert. Kernbestandteile der Behandlung sind dabei die vorwiegend verhaltenstherapeutisch ausgerichtete störungsspezifische Gruppenpsychotherapie und therapeutische Einzelgespräche. Diese werden durch eine weiterführende medizinische Behandlung, Sozialberatung, Psychoedukationsgruppen, Sport-, Entspannungs- und Ergotherapie, Angehörigenarbeit und andere Therapieangebote ergänzt. Neben der medizinisch notwendigen Diagnostik und Behandlung begleitender Erkrankungen wie typischer Alkoholfolgeschäden erfolgt eine sozialpädagogische Abklärung und eventuell Unterstützung bei familiären, finanziellen und beruflichen Problemen. Besonders wichtig ist es, mit den Patienten die Funktionalität ihres Alkohol- und Medikamentenkonsums zu erarbeiten und alternative „substanzfreie“ Wege des Umganges zu finden. Beispielsweise dient vielen Patienten Alkoholund Medikamentenkonsum zur Alltags- und Stressbewältigung. Diese Strategie wird zunächst als durchaus hilfreich erlebt, weil sie kurzfristig zu (subjektiv) positiven Wirkungen führt. Die Untauglichkeit dieser Bewältigungsstrategie bleibt Abhängigen oft lange verborgen; meist zeigt sie sich erst, wenn bereits die ersten Folgeschäden des Konsums aufgetreten sind. Der scheinbare Pro­ blemlöser ist dann selbst zum Pro­ blem geworden. Das schaffe ich! In Form von Verhaltensübungen oder Rollenspielen werden zum Beispiel alternative „substanzfreie“ Verhaltensweisen eingeübt. Wichtig ist für viele Patienten auch zu erleben, dass negative Denkweisen und negative Selbstbewertungen („das schaffe ich eh nicht“) beeinflussbar sind, dass sie selbst über taugliche Ressourcen der Alltags- beziehungsweise Stressbewältigung verfügen. Dem widerspricht nicht, dass sie auch ermutigt werden, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das setzt aber voraus, dass sie in der Lage sind, ihre eigene Befindlichkeit wahrzunehmen und auch Vertrauenspersonen mitzuteilen. Oft wird erstmals deutlich, dass an der eigenen Befindlichkeit nicht immer nur „andere“ schuld sind, sondern man selbst in der Lage ist, damit konstruktiv ohne Suchtmittel statt destruktiv mit Suchtmittel umzugehen. Rückfallprävention Schließlich gilt der Rückfallpräven­ tion im Behandlungsverlauf größte Aufmerksamkeit. Rückfälliges Verhalten ist kein plötzlich auftretendes Ereignis, sondern dem geht meist ein Entwicklungsprozess voran. Zu diesem gehört eine Abfolge von „typischen“ Denk- und Handlungsweisen, die am Ende oft zum Rückfall führen. Im Rahmen der Rückfallprävention werden unter anderem allgemeine und individuelle – innere und äußere – Rückfallauslöser besprochen, ebenso scheinbar unwichtige Entscheidungen, rückfalltypische Ereignisketten und Warnsignale sichtbar gemacht. Es ist im Laufe der Behandlung wichtig, das „Gelernte“ auch in der Praxis zu erproben. Die Patien- ten müssen lernen, sich mit negativen Gefühlen auseinanderzusetzen, da solche zum Leben bei jedem Menschen gehören. Dazu gehören nach entsprechender Vorbereitung auch das Erleben und der Umgang mit „Versuchungssituationen“. Anschließend wird das Erlebte besprochen und nach Lösungsmöglichkeiten für eventuell aufgetretene Schwierigkeiten gesucht. Es wird aufgezeigt, dass Suchtverlangen (auch während des stationären Krankenhausaufenthaltes) durchaus „normal“ ist und meist situationsbezogen auftritt; oft lassen sich dabei konkrete innere und äußere Auslöser ermitteln. Unter Abwägung der Vor- und Nachteile der Abstinenz sowie der Vor- und Nachteile weiteren Suchtmittelkonsums sollen die Patienten der 13b für sich eine klare Abstinenzentscheidung treffen können. Fortsetzung auf Seite 20 Station 13b im Profil Station 13b ist Teil des Zentrums für Suchtmedizin, das seinerseits zur Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum Regensburg gehört. Auf der Station werden seit 1986 sogenannte Kurzzeit-Entwöhnungs­behandlungen für alkohol- und medikamentenabhängige Erwachsene durchgeführt. Sie verfügt über 20 Behandlungsplätze. Das Behandlungsteam besteht aus einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychologen, einem Sozialpädagogen, Pflegekräften, Ergo- und Sporttherapeuten. Voraussetzung für eine Aufnahme ist ein abgeschlossener Entzug und die Bereitschaft des Patienten, etwas am bisherigen Umgang mit Alkohol oder suchterzeugenden Medikamenten zu verändern. Vorbereitende Maßnahmen können nach Voranmeldung auf den Akutaufnahmestationen im Zentrum für Suchtmedizin durchgeführt werden. Dort, oder auch bei jeder Suchtberatungsstelle, kann die Übernahme für die Behandlungskosten bei der zuständigen Rentenversicherung, in Sonderfällen auch bei der Krankenkasse beantragt werden. Nach einer Kostenübernahmezusage kann eine Aufnahme auf der Station 13b nach meist nur kurzer Wartezeit erfolgen. Im Rahmen der Entwöhnung bietet die Station ein von der Rentenversicherung anerkanntes Behandlungs­ programm, das sich auch einer regelmäßigen externen Qualitätssicherung unterzieht und zertifiziert ist. Kontaktdaten der Station 13b am Bezirksklinikum Regensburg: Tel. +49 (0)941/941-2330 | Fax +49 (0)941/941-2335 | Mail [email protected] 19 Fortsetzung von Seite 19 Ziel der Behandlung ist eine realitätsbezogene, lebensbejahende und suchtmittelfreie Lebensführung. Dabei setzt Station 13b auf die Entwicklung von Selbsthilfepotentialen und die Förderung einer selbstverantwortlichen Lebensführung, einschließlich sozialer und beruflicher Integration. In Anlehnung an systemische Sichtweisen versucht das Behandlungsteam die Ressourcen und – etwa im Rahmen von Angehörigenseminaren und -gesprächen – das soziale Umfeld der Patienten dafür nutzbar zu machen. Die Zeit „danach“ Nachsorge ist gerade bei Kurzzeittherapien wichtig, um bereits erreichte Therapieeffekte zu festigen. Sie dient der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation und der weiteren Rückfallprävention. Station 13b empfiehlt den Patienten eine individuell abgestimmte Nachbetreuung, die etwa bei Haus- und Fachärzten, ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten, Suchtberatungsstellen sowie – indikativ – in therapeutischen Wohngemeinschaften erfolgen kann. Die entsprechenden Kontakte werden noch während der Behandlung hergestellt. Die Patienten besuchen bereits während ihres stationären Aufenthalts die regionalen Selbsthilfegruppen und nehmen Kontakt zu ihren heimatnahen Suchtberatungsstellen auf. Zusätzlich bietet Station 13b den Patienten im Anschluss an ihren stationären Aufenthalt eine ambulante Nachsorgebehandlung sowie im Bedarfsfall eine individuelle Krisenintervention am Bezirksklinikum Regensburg an. SYNAPSE August Psychiatrie Eva Bablick, Dr. Dr. Helmut Hausner SYNAPSE August Psychiatrie Yoga – Einheit von Körper und Geist 20 O bwohl Yoga mehr ist als Gymnastik, kommen beim medizinischen Yoga hauptsächlich körperorientierte Übungen zur Anwendung, die nicht mit esoterischen oder weltanschaulichen Konzepten verknüpft werden. Indische Wurzeln Yoga stammt ursprünglich aus Indien, wo die Erfahrung entstand, dass durch bestimmte körperliche und geistige Übungen Reifungs- und Entwicklungsprozesse beim Menschen angestoßen werden können. Yoga wurde letztlich als Ausdruck einer philosophischen Lebenspraxis gesehen. Vor diesem Hintergrund entstanden unterschiedliche Yoga-Schulen, in denen häufig das meditative Element eine größere Bedeutung hatte als die körperlichen Übungen. Modernes Yoga In der psychosomatischen Therapie kommt überwiegend ein körperbetontes modernes Yoga-Konzept zum Einsatz, was auf dem klassischen Hatha Yoga beruht. Dieses gliedert sich in die drei Teile Körperhaltung (Asana), Atemübung (Pranayama) und Meditation (Dhyana). Neben den bekannten Yoga-Figuren, die im Stehen oder auf einer Matte sitzend oder liegend ausgeführt werden, ermöglicht das moderne Hatha Yoga auch solche Übungen, die beispielsweise auf einem Stuhl sitzend praktiziert werden können. Gleichgültig ob jung oder alt, kerngesund oder körperlich beeinträchtigt – jeder kann mit der Yoga-Praxis beginnen. Am meisten freut sich das Team der Station 13b darüber, wenn sich ehemalige Patienten gelegentlich melden, einfach nur, um zu sagen, dass es ihnen gut geht und die Mitarbeiter der 13b ihnen helfen konnten. Behandlungsteam der Station 13b des Zentrums für Suchtmedizin am Bezirksklinikum Regensburg Viele Menschen nutzen heutzutage auch im Westen Yoga als ganzheitliches Übungsverfahren um ihr körperliches und geistiges Wohlbefinden im Alltag zu steigern. Im Zentrum für Psychi­atrie Cham ist Yoga ein wichtiger Bestandteil des psychosomatischen Behandlungsprogramms. Wissenschaftlich untersucht und wirksam Christine Dirscherl, Medizinische Fachangestellte in Cham, zeigt den perfekten „Baum“ Die Jahrtausende alten indischen Erfahrungen über die wohltuende Wirkung der Yoga-Praxis wurde mittlerweile auch in medizinischen Studien bestätigt. Eine Wirksamkeit konnte insbesondere bei Burn-out, Depressionen, Angsterkrankungen und chronischen Schmerzen nach- gewiesen werden. Neben den klassischen Entspannungsverfahren wie der Progressiven Muskelentspannung und dem Autogenen Training stellt Yoga somit eine wertvolle Bereicherung der therapeutischen Möglichkeiten in der Psychosomatik und Psychiatrie dar. Am besten selbst ausprobieren Yoga ist ein Entwicklungsprogramm für Körper und Geist. Nur darüber zu lesen vermittelt daher lediglich einen oberflächlichen Eindruck von der positiven Kraft dieses Verfahrens. Mit Hilfe der hier beschriebenen „Baumübung“ kann man sich selbst ein erstes Yoga-Erlebnis gönnen. Diese Übung ist besonders hilfreich, wenn man sich gehetzt oder unruhig fühlt und aufgrund des Zeitdrucks eigentlich keine Zeit zum Entspannen hat. Die Haltung bei der hier beschriebenen Yoga-Übung ist einem Baum nachempfunden, der mit seinen Wurzeln tief in der Erde verankert ist. Auf dieser sicheren Basis kann er hoch in den Himmel wachsen und eine ausladende Krone entwickeln. Baumübung Verlagern Sie im Stand das Gewicht auf das linke Bein. Verwurzeln Sie sich über ihren linken Fuß im Boden. Drücken Sie kraftvoll mit ihm in den Boden und wachsen Sie aus Ihrer linken Seite heraus nach oben. Heben Sie jetzt den rechten Fuß. Drehen Sie das rechte Bein im Hüftgelenk nach außen. Stellen Sie die rechte Ferse auf den linken Fußrücken. Die rechte Fußspitze zeigt auswärts. Bringen Sie nun Ihre Hände vor der Brust aneinander. Halten Sie den Blick in Augenhöhe. Verweilen Sie so ruhig atmend für ein paar Atemzüge. Beenden Sie jetzt die Übung und bringen Sie Ihren rechten Fuß wieder zurück in die Ausgangsstellung. Spüren Sie einen Moment im Stand nach. Wiederholen Sie dann die Übung mit Ihrem rechten Bein als Standbein. Die „Baumübung“ beruhigt den Geist durch die Konzentration, die man braucht, um sein Gleichgewicht zu wahren, sie stärkt Ausdauer und Standfestigkeit. Dr. Dr. Helmut Hausner ist Leitender Arzt (Chefarzt), Eva Bablick ist Physiotherapeutin am Zentrum für Psychiatrie Cham 21 22 SYNAPSE August Psychiatrie SYNAPSE August Psychiatrie Substanzbezogene Störungen im Alter Anna Magin, Dr. Heribert Fleischmann Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) macht auf das Problem aufmerksam, der Bezirk Oberpfalz fördert ein entsprechendes Modellprojekt der Caritas-Fachambulanz in Regensburg: Die Zahl der von einer Abhängigkeitserkrankung betroffenen älteren und alten Menschen steigt, während es gleichzeitig dem Hilfesystem noch nicht im ausreichenden Maß gelingt, diese Menschen zu erreichen und zu unterstützen. D ass die Zahl älterer Menschen mit Suchtproblemen in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich stark zunehmen wird, hat mehrere Ursachen: Infolge des demographischen Wandels steigen die Zahl und der Anteil der älteren Menschen deutlich an. Die geburtenstarken Jahrgänge (1950 bis 1970, insbesondere 1960 bis 1966) werden ab 2015 (insbesondere ab 2025) 65 Jahre alt sein. Zugleich kommt mit den Menschen dieser Jahrgänge eine Generation ins Rentenalter, die so massiv Alkohol konsumiert hat, wie keine davor. In der Zeit von 1950 bis 1980 ist der Alkoholkonsum um 400% gestiegen: von etwa 3,2 auf 12,7 Liter reinem Alkohol pro Kopf und Jahr. Hoher Konsum aber erhöht die Wahrscheinlichkeit, eine Abhängigkeit zu entwickeln. Belastende Verlusterlebnisse im Alter können zusätzlich das Risiko der Entwicklung Mehr Informationen zum Thema: Eine sehr gute Überblicksinformation (aus der auch manche der Daten dieses Artikels stammen) zum Thema mit zahlreichen Praxishilfen ist die Broschüre „Substanzbezogene Störungen im Alter“, die über die DHS zu beziehen ist (www.dhs.de). einer Abhängigkeitserkrankung erhöhen. Aufgrund der verbesserten medizinischen Möglichkeiten werden darüber hinaus Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung heute älter, als dies früher möglich war. Dies gilt im Besonderen auch für heroinabhängige Patienten, die substituiert werden. Alkoholfolgeschäden Als Alkoholfolgeschäden stehen bei älteren Menschen neben häuslichen Unfällen wie Stürzen vor allem nicht durch Altersabbau verursachte, verminderte körperliche und geistige Leistungsfähigkeit (kognitive Defizite, Interesselosigkeit, Stimmungsschwankungen) und Voralterung der Organe im Vordergrund. Dasselbe gilt für alkoholassoziierte Krankheiten, wie Lebererkrankungen bis hin zu Leberzirrhose, hirnorganische Schädigungen und Krebserkrankungen im Vordergrund. Alkoholfolgeschäden werden nicht selten als altersbedingte Veränderungen verkannt. Medikamentenmissbrauch Nicht unerwähnt bleiben soll das Thema Medikamentenmissbrauch: Die DHS geht davon aus, dass vier bis fünf Prozent aller häufig verordneten Arzneimittel ein eigenes Suchtpotential besitzen. Schätzungsweise ein Drittel bis die Hälfte dieser Medikamente werden langfristig zur Suchterhaltung und zur Vermeidung von Entzugserscheinungen verordnet. Die meisten der abhängigkeitserzeugenden Medikamente gehören in die Gruppe der Schlaf- und Beruhigungsmittel und enthalten einen Wirkstoff aus der Gruppe der Benzodiazepine. 2008 wurden insgesamt 29 Millionen Schlaf- und Beruhigungsmittel verkauft, 20,4 Millionen davon enthielten Mittel mit Benzodiazepin- oder benzodiazepinähnlichen Wirkstoffen. Sie wirken angstlösend, ermüdend, schlafanstoßend, muskelentspannende und krampflösend. Die Abhängigkeit kann bereits wenige Wochen nach Einnahmebeginn einsetzen. Als Entzugserscheinungen treten die Beschwerden auf, gegen die das Medikament ursprünglich helfen sollte, was dann zu einer weiteren Verordnung führt. Gefahren und Nebenwirkungen Neben der gewünschten Wirkung kann es zu erhöhter Unfallgefahr durch Müdigkeit, zu Gleichgewichtsstörungen, verminderter Bewegungskontrolle, verminderter Reaktionsgeschwindigkeit, Benommenheit, Interessenverlust, Rückzug aus Beziehungen, depressiven Verstimmungen, Konzentrationsstörungen aber auch zu Unruhe, Verwirrung und Erregungszuständen kommen. Nicht selten entsteht der falsche Eindruck einer beginnenden Demenz. Eine Erhebung im Auftrag des Gesundheitsministeriums hat gezeigt, dass 2009 insgesamt etwa vier Prozent der Befragten einen problematischen Medikamentenkonsum aufweisen, wobei der Konsum in den Altersgruppen ab 40 Jahren häufiger ist. In den Altersgruppen ab 65 Jahren steigen die Verordnungszahlen zum Teil noch weiter deutlich an. Angesichts der demographischen Entwicklung ist auch hier eine Zunahme der Zahl der Betroffenen als gegeben anzunehmen. Bei geschätzten zehn bis 20% der Patientinnen und Patienten auf geriatrischen Stationen sind Nebenwirkungen von Medikamenten der Grund für den Krankenhausaufenthalt. Rauchen im Alter Rauchen ist auch im höheren Lebensalter nicht selten. Bei den 60bis 65-Jährigen raucht jeder vierte Mann und jede sechste Frau. Der Anteil der Raucher nimmt jedoch ab dem mittleren Erwachsenenalter mit steigendem Alter kontinuierlich ab. Das liegt einerseits daran, dass die Ausstiegsquote steigt, andererseits führt das jahrelange Rauchen in diesen Altersgruppen zu einer deutlich erhöhten Sterblichkeit. Setzt sich der langjährige Trend fort, ist für die Zukunft zumindest mit einer leichten Abnahme der Raucherquote zu rechnen. Bei den älteren Frauen dagegen zeichnet sich noch ein Anstieg der Raucherquote ab. Aufgrund der demographischen Entwicklung wird die absolute Zahl der älteren Raucher und Raucherinnen wahrscheinlich deutlich steigen. Lange Zeit wurde die Sucht und Suchtmittelmissbrauch im höheren Lebensalter nicht wahrgenommen oder verharmlost. Seit die DHS das Jahr 2006 zum Schwerpunktjahr „Alter und Sucht“ erklärte, ist aber viel in Bewegung gekommen. Die Suchtforschung hat sich verstärkt der Thematik angenommen und stellt zunehmend verlässliche Daten, altersspezifische Diagnose- und Behandlungsansätze zur Verfügung. Hilfesysteme greifen nicht immer Bisher gelingt es dem Hilfesystem aber nicht in zufriedenstellendem Maße, ältere suchtkranke Menschen zu erreichen, obwohl Studien zeigen, dass angepasste Behandlungsmethoden erfolgreich sind. So liegt zum Beispiel der Anteil der über 65-Jährigen an den Klienten der Caritas-Suchtberatungsstellen im Bezirk Oberpfalz unter drei Prozent, obwohl bereits 2010 in Deutschland etwa 21% der Bevölkerung über 65 Jahre alt waren. Unbedingt auszubauen sind die bessere Vernetzung von Altenhilfe, Suchthilfe und Medizin. Das Modellprojekt der Caritas zur Verbesserung der Erreichbarkeit von älteren Menschen durch das Suchthilfesystem hat genau dies zum Ziel. Im Rahmen des Projekts sind folgende Angebote geplant: Offene Informations- und Motivationsgruppen für Betroffene und deren Angehörige, Beratungsangebote (eventuell als Hausbesuch, Kontakt bevorzugt/unterstützt durch Mitglieder von Selbsthilfegruppen), Öffentlichkeitsarbeit, Netzwerkarbeit, intensive Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen aus dem Bereich Suchthilfe und Altenhilfe, sowie Informationsveranstaltungen und Mitarbeiterschulung in Einrichtungen der Altenhilfe und der Altenpflegeschulen. Die Erkenntnisse des Projekts sollen allen Oberpfälzer Suchtberatungsstellen zur Verfügung gestellt werden. Dr. Heribert Fleischmann ist der Ärztliche Direktor des Bezirks­ klinikums Wöllershof und Vor­ sitzender der DHS (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.), Anna Magin ist Psychiatriekoordinatorin des Bezirks Oberpfalz 23 24 SYNAPSE August Psychiatrie SYNAPSE August Psychiatrie chen Hälfte des Freistaats nur eine einzige Universität mit einer medizinischen Fakultät – Regensburg!“. Bezirkstagspräsident Franz Löffler und Prof. Dr. Rainer Rupprecht Erstes Ostbayern Symposium Psychiatrie in Regensburg Ostbayerischer Leuchtturm Regensburg Renate Neuhierl, Prof. Dr. Rainer Rupprecht Im April 2014 fand es erstmalig in Regensburg statt: Das neue Ostbayern Symposium im Fachbereich Psychiatrie und Psychotherapie. Ins Leben gerufen wurde es auf Initiative von Prof. Dr. Rainer Rupprecht, dem Ärztlichen Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum und Inhaber des entsprechenden Lehrstuhls. D ieses Symposium ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg, unsere ostbayerischen ‚Schätze‘ gemeinsam zu heben und die fachliche Expertise gleich vor Ort zu nutzen, auszutauschen und zu vermitteln“, begrüßte Bezirkstagspräsident Franz Löffler das fast vollbesetzte Auditorium im Hörsaal des Bezirksklinikums Regensburg. Gerade in den bayerischen Bezirken mit hoher struktureller Inhomogenität sei es von größter Bedeutung, dass sich Experten aus Forschung und Lehre mit versorgenden Medizinern und Vertretern komplementärer Einrichtungen intensiv vernetzten. Die Hälfte Bayerns „Sprechen wir von Ostbayern, impliziert dies, dass der Freistaat in eine westliche und in eine östliche Hälfte aufgeteilt werden kann. Damit versorgen wir nicht weniger als die Hälf- te Bayerns“, führte Prof. Dr. Rupprecht humorvoll in die Veranstaltung ein, „Und wenn man sich dieses geteilte Bayern genau anschaut, so findet man in der gesamten östli- Das Symposium soll dazu dienen, versorgende Ärzte, Forscher und Experten im Großraum Ostbayern über neue Erkenntnisse und Entwicklungen im Fachgebiet Psychiatrie und Psychotherapie zu informieren. Kollegialer Dialog und Austausch im ostbayerischen Raum finden hier eine neue, wichtige Plattform. Entsprechend bestritten bei der Gründungsveranstaltung nicht nur forschende, sondern gerade auch versorgende Mediziner das Tagungsprogramm. Die Ärztlichen Direktoren sowie Chefärzte und leitende Oberärzte der ostbayerischen Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie trugen ebenso vor wie niedergelassene Kollegen. Breitgefächertes Programm Das Spektrum der angebotenen Themen war breitgefächert: Von der Früherkennung und Frühbehandlung schizophrener Psychosen – vorgetragen von Prof. Dr. Hermann Spießl vom Bezirkskrankenhaus Landshut –, über den Bereich Angststörungen (Prof. Dr. Peter Zwanzger vom kbo Inn-Salzach-Klinikum) oder ein Bericht zu Therapieevaluationsstudien bei der stationären Behandlung depressiver Erkrankungen (Prof. Dr. Ulrich Vorderholzer, Schön-Kliniken Prien). Prof. Dr. Manfred Wolfersdorf – Bayreuth und damit das dortige Bezirkskrankenhaus wurden kurzum Ostbayern einverleibt – sprach über die neuesten Erkenntnisse und Zahlen in Sachen Suizidalität. Mit der „Body Integrity Identity Disorder“ stellte Prof. Dr. Wolfgang Schreiber vom Bezirksklinikum Mainkofen eine Störung dar, bei der sich der Patient erst nach Amputation einer Gliedmaße körperlich wieder hergestellt fühlt. Ein Highlight war der launige Vortrag des Regensburger Psychiaters Dr. Albert Zacher zu Last und Nutzen psychiatrischer Biographik in Forschung und Versorgung: „Wozu denn all die Lebensgeschichten?“. Die medbo-Protagonisten widmeten sich dem Neurofeedback (Dr. Dr. Helmut Hausner, Zentrum für Psychiatrie Cham) und der Behandlung Alkoholkranker unter Kosten- und Effizienzgesichtspunkten (Dr. Heribert Fleischmann, Bezirksklinikum Wöllershof). Prof. Dr. Thomas Baghai, leitender Oberarzt am Bezirksklinikum in Regensburg, informierte über die neuesten Forschungsergebnisse zum Einsatz antidepressiver Pharmakotherapie bei komorbiden somatischen Erkrankungen. Prof. Dr. Rainer Rupprecht ist Ärztlicher Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum und Inhaber des gleichnamigen Lehrstuhls an der Universität Regensburg Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Regensburg Sportfest mit olympischen Gedanken Lissy Höller „Wir müssen gleich rüber und die anderen beim Volleyball anfeuern“, sagt ein Patient und läuft zum Beach-Volleyballfeld. Zum Bejubeln braucht es eigentlich keinen mehr, denn mit den Klängen von Trommel und Rasseln und dem Applaus von rund 20 Zuschauern hat das Match auf dem Sand den Charakter eines Schulfestes. hat“, sagt Sporttherapeut Josef Brunner. Das beweist auch eine ganze Station, die motiviert bis unter die Haarspitzen zum Rasenskilauf antritt und prompt bei der Kehrtwende übereinander purzelt. Die Patienten quittieren den Unfall, der den Sieg kostet, mit einem schallenden Lachen. D Josef Brunner hat vor 25 Jahren das Sportfest ins Leben gerufen und er ist in diesem Jahr ein letztes Mal vor seinem Ruhestand in offizieller Funktion dabei. Seine Kollegen bezweifeln nicht, dass er in den kommenden Jahren weiter dem Sportfest treu die Stange halten wird. as Sportfest besuchen stationäre und ambulante Patienten der Psychiatrie am Bezirksklinikum Regensburg. Die dreitägige Veranstaltung Mitte Juli einfügen hebt ganz bewusst den Spaßfaktor hervor mit eindeutig nicht-olympischen Wettbewerben, wie „wer fährt am langsamsten Fahrrad“. Alles ist freiwillig beim Sportfest. Wer kommt, wie lang er bleibt und an welchen Wettbewerben er teilnimmt, bleibt jedem Patienten selbst überlassen. So ist ein ständiges Kommen und Gehen auf dem Sportplatz, und wer nicht mitmachen will, kann als Zuschauer dabei sein. Der Ansporn zum Mitmachen kommt entweder aus der Gruppe oder vom Sportler selbst. Angeboten werden unter anderem Boccia, Kegeln, Rasenskilauf und ein Treffsicherheits-Parcour mit fünf Stationen. „Wir haben ein niederschwelliges Angebot, das jeder mitmachen kann und Spaß dabei Letzte Runde Die vier Sport- und Bewegungstherapeuten Silvia Daza, Renate Piehorsch, Josef Brunner und Harald Dullak freuen sich - frei nach dem olympischen Gedanken - über jeden, der beim Sportfest mitmacht. Für sie ist es wichtig, die Patienten zu aktivieren und deren soziale Kompetenzen zu stärken. Zwar gibt es nach drei Tagen jeweils für die drei Besten eine Urkunde und Eintrittskarten für das Regensburger Westbad, aber dabei sein ist alles. „Verloren haben wir“, lacht eine Patientin zu Piehorsch, die nach dem Volleyball-Ergebnis fragte… „aber das macht nix, Spaß hat’s gemacht.“ 25 26 SYNAPSE August KJP SYNAPSE August KJP Kinder- und Jugendpsychiatrie Bindungsstörungen Dr. Simon A. Meier Frühe Bindungserfahrungen mit den Eltern prägen die sozio-emotionale Entwicklung eines Menschen nachhaltig und haben langfristige und deutliche Auswirkungen auf seine seelische Gesundheit. gen des Kindes- und Jugendalters dar. Sie sind kontextübergreifende, tiefgreifende Beziehungsstörungen, die sowohl kognitive Fähigkeiten, als auch sozio-emotionales Verhalten und die Persönlichkeitsentwicklung nachhaltig beeinträchtigen. S Als Begleiterkrankungen von Bindungsstörungen treten fast immer Aufmerksamkeitsstörungen, sehr häufig Sozialverhaltensstörungen, affektive Störungen, Persönlichkeitsentwicklungsstörungen, Teilleistungsstörungen sowie teilweise pseudoautistische Verhaltensweisen auf. Aufgrund der vielfältigen Komorbiditäten von Bindungsstörungen mit deren häufig „überschattenden“ Symptomen (etwa Aufmerksamkeitsstörung) bedarf es, neben umfangreicher und spezifischer Erfahrung auf diesem Gebiet, zusätzlicher gezielter und fundierter Methoden in der Diagnostik. ich beispielsweise in Lebenskrisen Unterstützung aktiv einzuholen oder sie zulassen zu können, hängt ebenso in entscheidender Weise davon ab, welches internale Arbeitsmodell von Beziehungen erlernt worden ist, wie das Selbstwirksamkeitserleben in der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben aufgestellt ist. Die Bindungsentwicklung ist somit immer unabdingbar mit der Autonomieentwicklung verknüpft. Organisierte Bindungsmuster können dabei für ein Individuum einen protektiven Faktor darstellen (sicher-autonomes Muster) oder nicht (unsicher-vermeidendes beziehungsweise unsicher-ambivalentes Muster). Wenn diese stabilen und funktionierenden Strategien vorübergehend zusammenbrechen (etwa nach einem unverarbeiteten Trauma eines Elternteils) oder längerfristig versagen und dies folglich zu einer Bindungsdesorganisation mit Rollenumkehr beziehungsweise Bestrafung und Kontrollausübung gegenüber einer Hauptbezugsperson führt, entsteht ein deutliches Emotionsregulationsdefizit, beziehungsweise eine emotionale Dysregulation. Dies kann einen bedeutsamen Risikofaktor für die psychische Gesundheit darstellen. Bindungsstörung: Schwerwiegende psychische Erkrankung Bindungsstörungen gemäß der ICD10 oder der DSM-V stellen, weit über das Phänomen der Bindungsdesorganisation hinaus, eine der schwerwiegendsten psychischen Erkrankun- Hierzu zählen insbesondere eine altersangemessene und fundierte Bindungsdiagnostik, Verfahren zur Einschätzung der Persönlichkeitsentwicklung, der Emotionswahrnehmung, der vorliegenden Emotionsregulationsstrategien, sowie störungsspezifische Interviews und Fragebögen. Diese umfangreichen Untersuchungen können in allen Institutsambulanzen der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie durchgeführt werden. Perspektivenplanung Neben der Diagnostik bieten die Institutsambulanzen ein umfassendes Angebot zur Therapie- und Perspektivenplanung für Kinder und Jugendliche mit Bindungsstörungen, in Absprache mit ihren sorgeberechtigten Eltern, an. Dies beinhaltet sowohl einen patienten- und einen familienzentrierten therapeutischen Ansatz, wie auch den Einbezug von Leistungen der Jugendhilfe. Ein langfristig tragfähiger und Halt vermittelnder Lebensmittelpunkt, der die hohen alltäglichen Belastungen im Umgang mit den strukturell tiefgreifend gestörten Patienten immer wieder aushalten und abfedern kann, stellt dabei eine zentrale Säule der Behandlung dar. Durch Konstanz, Verlässlichkeit und Beständigkeit, die über neue, stabile Beziehungserfahrungen vermittelt werden, kann sich die Häufigkeit und Intensität der emotionalen Ausbrüche und aggressiven Durchbrüche deutlich reduzieren lassen. Doch auch die Helfersysteme stoßen dabei immer wieder an ihre Grenzen. Deshalb wurde nun in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Regensburg eine neue Therapiegruppe (PEGAB – Psychoedukativ orientierte Therapiegruppe für Angehörige von Kindern und Jugendlichen mit Bindungsstörungen) für Angehörige wie etwa Adoptiv- und Pflegeeltern, sowie Mitarbeiter aus der Jugendhilfe (etwa Heimerzieher, Erziehungsbeistände), die in ihrer täglichen Arbeit Patienten mit Bindungsstörungen versorgen, ins Leben gerufen. Hierbei erfolgt neben der Vermittlung von spezifischem Störungswissen eine sehr praxisnahe Beratung anhand videogestützter Fallarbeit und Hausbesuchen. Wissenschaftlich evaluiert wird dieses neue und bisher weltweit einzigartige störungsspezifische Gruppentherapiekonzept durch den Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen- Nürnberg. Dr. phil. Simon A. Meier ist Diplom-Psychologe an der Instituts­ambulanz der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Bezirksklinikum Regensburg 27 28 SYNAPSE August KJP SYNAPSE August KJP Kinder- und Jugendpsychiatrie in Weiden 24 Betten für die Nord-Oberpfalz Renate Neuhierl Der Bezirk Oberpfalz und die medbo (Medizinische Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz) werden eine neue Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Standort Weiden errichten. Der Krankenhausplanungsausschuss beim Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege genehmigte am 13. Mai 2014 insgesamt 24 vollstationäre Betten und einen Ausbau des bestehenden tagklinischen KJP-Angebots um sechs Plätze. E in positives Signal“, sagte Bezirkstagspräsident Franz Löffler zu der Entscheidung. „Wir haben den Antrag im Februar gestellt und freuen uns sehr über die schnelle Zusage des Ministeriums“. Die Strategie des Bezirks einer dezentralen, wohnortnahen Versorgung gerade im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) wäre, so Löffler, nicht nur bestätigt worden, sondern erfahre durch die jetzt mögliche Maßnahme einen enormen Schub. Denn wesentlich an der Entscheidung sei auch, dass der Krankenhausplanungsausschuss die Ansiedelung der neuen Einrichtung in Weiden in der Nord-Oberpfalz befürworte: Das bislang einzige vollstationäre Angebot in Sachen Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Oberpfalz befindet sich am anderen, südlichen Ende des Bezirks – in Regensburg. „Und für Kinder und ihre Familien aus Weiden, Tirschenreuth, Waldsassen und so weiter ist die große Entfernung bei meist auch noch längerer Behandlungsdauer eine zu große Belastung – das medizinische Angebot muss gerade im Bereich der Kinder und Jugendlichen zu den Men- schen kommen“, ergänzt der Bezirkstagspräsident. „Das Prinzip der heimatnahen Versorgung war und ist uns umso wichtiger, da außerhalb der städtischen Zentren Regensburg und Neumarkt bis heute in der gesamten Oberpfalz auch keine Kinder- und Jugendpsychiater niedergelassen sind“, erläutert medbo Vorstand Kurt Häupl. „Hier hat die Kassenärztliche Vereinigung den Sicherstellungsauftrag“. Steigende Fallzahlen Der Bezirk Oberpfalz und sein Krankenhausträger medbo bauen seit 1992 das kinder- und jugendpsychiatrische Angebot kontinuierlich aus. Neben einer KJP-Klinik mit 28 vollstationären Betten in Regensburg betreibt das Unternehmen in Amberg, Cham, Regensburg und Weiden insgesamt 50 tagesklinische Plätze und umfangrei- che Institutsambulanzen. Die medbo hatte bereits 2009 eine Erweiterung der Regensburger Einrichtung um 12 stationäre Betten beantragt, die ab Ende 2016 voraussichtlich auch zur Verfügung stehen werden. „Wir verzeichnen ein enormes Fallzahlenwachstum an allen unseren Standorten und in allen Altersgruppen“, erläutert Dr. Christian Rexroth, kommissarischer Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinderund Jugendpsychiatrie am Bezirksklinikum Regensburg und Chefarzt der KJP-Außenstandorte. In der Regensburger KJP-Klinik hätten sich, so Rexroth, die vollstationären Fallzahlen seit 2003 verdoppelt – bei konstant 28 Betten seit 1993. 353 Kinder und Jugendliche wurden 2013 stationär behandelt. „Dabei gab es nachweisbar mindestens 420 ernsthaft erkrankte Patienten mit dringendem stationärem Behandlungsbedarf. Sie stehen jetzt KJP-Versorgungssituation in der Oberpfalz: Weitere Daten und Fakten In den nächsten fünf Jahren ist nach Experten-Schätzung eine Fallzahlsteigerung im Bereich KJP von mindestens 30 Prozent zu erwarten. Alle Altersgruppen sind von der Fallzahlzunahme betroffen. Die Zahl der Notaufnahmen in der KJP aufgrund von akuten Krisensituationen steigt in der Oberpfalz zu Lasten der elektiven Aufnahmen. Die Folge ist eine Verkürzung der durchschnittlichen stationären Verweildauer auf zuletzt 27,3 Tage. Die durchschnittliche Verweildauer betrug 2012 im Bundesdurchschnitt hingegen 38,4 Tage. 2013 wurden 36 minderjährige Suchtkranke bei der medbo behandelt, alleine 20 in den erwachsenenpsychiatrischen Einrichtungen in Regensburg und Wöllershof. Seit 2009 hat sich die Fallzahl mehr als verdreifacht, die Tendenz bleibt steigend. Bezirksrat Toni Dutz, Prokurist Manfred Tretter (Kliniken Nordoberpfalz), KJP-Oberarzt Hans Kiefl, KJP-Chefarzt Dr. Christian Rexroth, medbo Vorstand Kurt Häupl, Bezirkstagspräsident Franz Löffler und Bezirkstagsvizepräsident Lothar Höher (v.l.n.r.) teilweise auf unserer Warteliste“, erläutert Dr. Rexroth, „und für das laufende Jahr zeichnen sich weitere zusätzliche 60 Patienten ab“. Die Dunkelziffer-Schätzungen gehen indessen noch weiter: Nach der KIGGS-BELLA-Studie (2007) leiden im bundesweiten Durchschnitt etwa fünf Prozent aller Kinder und Jugendlichen an einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung: In der Oberpfalz wären dies etwa 9.000 Kinder. Medizinstandort Weiden Der Standort Weiden war für die medbo die erste Wahl bei der Beantragung der weiteren stationären Kapazitäten: Die seit 2001 bestehende KJP-Tagesklinik und die Institutsambulanz sind etablierte Einrichtungen und können räumlich und personell eng mit dem neuen stationären Bereich verzahnt werden. Hinzu kommt die bewährte enge Zusammenarbeit der KJP Weiden mit den Kliniken Nordoberpfalz, insbesondere der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, sowie dem medbo-eigenen Bezirksklinikum Wöllershof. Weiden ist zudem das überregionale Zentrum der Nord-Oberpfalz und verkehrstechnisch günstig erschlossen. Die genehmigte Kapazität von 24 Betten ermöglicht einen Betrieb von zwei Stationen mit je zehn Betten und einen intensivtherapeutischen Akutbereich mit vier Betten. In welcher Form das Klinik-Projekt baulich umgesetzt wird, steht noch nicht fest: „Wir prüfen mehrere Optionen. Wichtig ist der medbo allerdings, dass die vollstationäre Einrichtung weiter im Stadtzentrum angesiedelt ist, damit die Synergien mit den somatischen Einrichtungen am Klinikum Weiden erhalten bleiben“, so Kurt Häupl. Stationäre Behandlung suchtkranker Jugendlicher Die Entscheidung zum Antrag der medbo, in Weiden auch einen vollstationären Bereich mit acht Betten für suchtkranke Jugendliche einzurichten, hat der Krankenhausplanungsausschuss vertagt. Dr. Christian Rexroth: „Bislang können Jugendliche mit Suchterkrankungen auf den altersgemischten Stationen der KJP nur im Ausnahmefall stationär behandelt werden. Meist müssen diese Jugendlichen in die Erwachsenenpsychiatrie oder in andere somatische Kliniken verlegt werden, die teilweise in anderen Bundesländern liegen. Das ist oft nicht zielführend, weil dort auf die psychischen Ursachen der Abhängigkeit nicht altersspezifisch eingegangen werden kann“. Hinzu käme, so Rexroth, der Einfluss neuer Drogen wie Crystal Speed, die gerade in den grenznahen Räumen zu Tschechien ein großes und vor allem neues Problem darstellten. „Hier greifen die klassischen Therapiemethoden der Suchtmedizin nicht eins-zu-eins – wir brauchen hier neue Wege gerade für den jugendlichen Erkrankten.“ 29 30 SYNAPSE August Neurologie SYNAPSE August Neurologie det sich unmittelbar nach der Akutphase: die sogenannte Keraunoparalyse, auch Blitzlähmung genannt. Dabei sind die Patienten mehr oder minder komplett gelähmt. Diese Lähmung bildet sich aber innerhalb von Stunden wieder zurück. Es kann auch zu Bewusstlosigkeit, Verwirrtheit und Sensibilitätsstörungen kommen. Mit der höchsten Sterblichkeit verbunden sind direkte Blitzeinschläge in den Kopf. Dabei kann es zu Blutungen und schweren Kontusionen kommen. Auch das Rückenmark kann in diesen Fällen geschädigt werden, da es einen sehr guten Leiter für den Strom darstellt. Blitzforschung an der Klinik für Neurologie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum Vorsicht – Hochspannung! Diagnose und Therapie Prof. Dr. Berthold Schalke Blitzverletzungen sind relativ seltene Ereignisse: Nur etwa 100 Fälle gibt es pro Jahr in Deutschland. Circa zehn bis 20 % der Verletzten sterben an den Folgen des Blitzschlages. Dies ist auch der Grund, warum das Forschungsinteresse in Bezug auf Personenschäden relativ gering ist. S ehr viel zahlreicher und insgesamt auch finanziell höher sind Schäden, die durch Blitzeinschläge in Häuser und Infrastruktur auftreten. Hier ist nicht nur an direkte Häuserbrände zu denken, sondern vor allen Dingen auch an Ausfälle im elektronischen Bereich, Störungen des Flugverkehrs und vieles mehr. Wie kam es nun dazu, dass wir uns für das Thema ‚Blitzschlagverletzung‘ interessierten? Das ist ganz einfach: Plötzlich steht ein Patient, der vom Blitz getroffen wurde, in der Poliklinik und hat Beschwerden und Probleme, die sich schwer zuordnen lassen. Man fängt an, sich mit dem Phänomen Blitz zu beschäftigen, und stellt fest, dass es nicht nur eine Art von Blitz gibt, sondern vier, je nachdem wie die Ladung und die Richtung des Blitzes orientiert sind. Arten des Blitzeinschlags Es gibt verschiedene Arten von Blitzschlagverletzungen. Zum einen den direkten Blitzeinschlag, wo der Mensch direkt vom Blitz getroffen wird. Diese sind – wie schon geschildert – eher seltenere Ereignisse, aber sie können häufig auch zum Tode führen. Dann gibt es den sogenannten Blitzüberschlag, etwa von Bäumen oder Holz- oder Metallmasten. Eine dritte Kategorie ist die sogenannte Berührungsspannung, das heißt der Mensch fasst an ein in der Regel stromleitendes metallenes Objekt, etwa einen Zaun oder Fahnenmast. Ein Teil des Blitzstromes fließt dann über die Person ab. Die letzte Form ist der sogenannte Erdschlag, das heißt der Blitz schlägt in der Nähe der Person ein und breitet sich kreisförmig über den Erdboden aus. Je näher die Person zur Einschlagstelle steht, umso höher ist die Spannung. Weiterhin ist die durch den Körper fließende Spannung davon abhängig, wie weit der Schritt ist, da die Schrittspannung mit der Schrittlänge ansteigt. Zuletzt sind noch die indirekten Schäden für den Menschen zu nennen, etwa bei Explosion von getroffenen Gegenständen oder durch herabfallende Äste, Dachziegel et cetera. Für den Menschen wohl eher nicht so bedeutend ist die Wirkung des elektromagnetischen Impulses, der aber elektronische Geräte sehr stark stören oder zerstören kann. Vom Blitz getroffen Welche Wirkung hat aber ein Blitzschlag oder Gleichstromimpuls auf den menschlichen Körper? Der Strom fließt nicht gleichmäßig durch den menschlichen Körper, da die Gewebe einen unterschiedlichen elektrischen Widerstand haben. So leiten Fettgewebe und Muskeln deutlich schlechter als etwa Nervenbahnen oder Gefäße. Der größte Anteil der Stromspannung oder des Stromes fließt wohl über die Haut ab. Erstaunlich ist bei den oben genannten physikalischen Parametern, dass es trotzdem meist nur zu Verbrennungen zweiten Grades kommt, dass heißt Rötung und Blasenbildung, aber keine Verkohlung. Dies liegt daran, dass die Zeitdauer der Einwirkung sehr kurz ist: maximal eine Sekunde. Schädigungen können auch an den Augen (Linsen­ trübung durch thermische Schädigung) oder im Ohr entstehen (Trommelfellriss durch das Knalltrauma). Die Patienten, die sich in der Neurologie vorstellen, klagen in der Regel über zwei wesentliche Be- schwerdegruppen: zum einen, dass sie den Eindruck haben, kognitiv nicht mehr so fit zu sein. Sie können sich keine Dinge mehr merken. Arbeitsabläufe, die früher ohne Probleme abgewickelt wurden, brauchen sehr viel länger. Diese Patienten fühlen sich einfach nicht mehr so leistungsstark. Zusätzlich kommen häufig depressive Symptome hinzu, mitbedingt durch die posttraumatische Belastungsstörung sowie sehr oft eine Furcht vor aufziehenden Gewittern oder lauten Geräuschen. Das zweite und neurologisch eindrucksvollste Krankheitsbild fin- Blitze Blitz und Donner haben die Menschheit schon immer fasziniert. Nicht umsonst sind die Götter des Altertums (Zeus und Jupiter) und der germanischen Sagenwelt (Wotan) mit dem Vorhandensein von Blitz und Donner verbunden. Blitze können bei ihren Entladungen von Wolke zu Erde oder Wolke zu Wolke Spannungen von mehreren Millionen Volt haben. Die Ströme, die fließen, liegen im Bereich von 100.000 Ampère, die entstehenden Temperaturen liegen zwischen 5.000 und 50.000°C. Sie liegen damit höher als auf der Sonnenoberfläche. Die oben genannten Symptome bilden sich meist innerhalb der folgenden Tage mehr oder minder zurück. Die Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen bleiben oft lange bestehen, eventuell als Dauerschaden. Die Bildgebungsbefunde bis hin zum Kernspin sind dabei sehr oft unauffällig, so dass nicht blitzerfahrene neurologische Gutachter keine signifikanten Schäden feststellen. Mit Hilfe einer differenzierten neuropsychologischen Testung gelingt es aber sehr oft, schwere neuropsychologische Defekte bis hin zu 100% Minderung der Erwerbsfähigkeit zu diagnostizieren. Gelingt die frühzeitige Erfassung dieser Schäden, ist eine ebenso frühzeitige neurologische Rehabilitation durchaus erfolgsversprechend. Im peripheren Nervensystem klagen die Patienten sehr oft über unspezifische Symptome, die in der konventionellen neurologischen Untersuchung oft nicht nachgewiesen werden können. Auch die Messung der konventionellen motorischen oder sensiblen Leitgeschwindigkeiten führt in der Regel zu keinem pathologischen Befund. Die Symptomatik wird deshalb von den Gutachtern meist als psychogen eingestuft. Im Rahmen unserer Arbeit konnten wir aber zeigen, dass bei Blitzschäden, die dünnen unbemarkten Fasern in der Haut beschädigt Fortsetzung auf Seite 32 31 32 SYNAPSE August Neurologie SYNAPSE August Neurologie Neurologie Fortsetzung von Seite 31 werden. Diese sogenannten ‚small fibers‘ sind für die Temperatur und Schmerzleitung verantwortlich. Deshalb kann man solche Schäden nur mit hochspezifischen Testmethoden zur unterschiedlichen Temperaturempfindung nachweisen. Mittlerweile ist es auch gelungen, die Befunde histologisch zu bestätigen. Im Rahmen unserer Arbeit stellen sich immer mehr Patienten mit Zustand nach Blitzschlagverletzung vor. Teilweise wurden sie auch von den Berufsgenossenschaften gezielt geschickt, da die Schäden bei dieser Personengruppe sehr oft von nicht blitzschlagerfahrenen Gutachtern vollkommen falsch eingestuft wurden. Es ist uns gelungen, bei etlichen Blitz- aber auch Stromschlag geschädigten Patienten die Schädigungsfolgen nachzuweisen und damit in die Begutachtung mit einzubeziehen. Neue Gefahrenquelle: Gleichstrom Ein wesentliches Problem ist, dass sich nur sehr wenige Mediziner mit den klinischen Folgen von Blitzschlagverletzten ernsthaft beschäftigen. Das liegt sicher an der relativ geringen Patientenzahl. In Deutschland betreuen wir in der Neurologischen Poliklinik sicherlich die größte Gruppe an Patienten mit Blitzschlagverletzungen. In der Zukunft ist zu erwarten, dass sich das rapide ändert, denn Blitzschlagverletzungen ähneln denen bei Gleichstromverletzungen. Gleichstrom spielte vor wenigen Jahren kaum eine Rolle. Allenfalls in der Industrie wurden Präzisionsmaschinen mit Gleichstrom betrieben. Heute produziert jede Solaranlage auf einem Hausdach Gleichstrom. Es existieren zunehmend mehr Elektroautos mit hohen Batterieladungen, so dass davon auszugehen ist, dass in Zukunft mehr Gleichstromverletzungen mit entsprechenden Verletzungsbildern auch auf dem neurologischen Gebiet auftreten werden. Erste Hilfe Kommt es zu einer Blitzschlagverletzung einer Person, sollte man, falls erforderlich, unmittelbar mit den Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen. Dies ist auch möglich, da der Körper des Verletzten nicht mehr von Strom durchflossen ist, wie das bei technischen Stromverletzungen der Fall sein kann. Viele der Todesopfer könnten wahrscheinlich noch leben, wenn ein Mensch in der Nähe gewesen wäre, der unmittelbar mit Reanimationsmaßnahmen hätte beginnen können. Am sichersten ist es jedoch immer noch, wenn man in einem Gebäude warm und trocken sitzt und das Gewitter von innen heraus beobachten kann. Denn das Naturphänomen Blitz und Donner kann durchaus ästhetisch und schön sein, solange man nicht vom Blitz getroffen wird. Vier Millionen Euro für die Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen Mit rund vier Millionen Euro fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen seines GO-Bio Wettbewerbs ein Projekt Prof. Dr. Ulrich Bogdahns, dem Ärztlichen Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum und Inhaber des Lehrstuhls für Neurologie. Das Projekt setzte sich gegen 106 Mitbewerber durch. I m Zentrum des Regensburger Forschungsprojekts stehen neurodegenerative Erkrankungen – allen voran die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) – bei denen es noch keine ursächlich wirksame Therapie gibt. Prof. Bogdahns Team hat einen Ansatz zur Therapieentwicklung bei derartigen neurodegenerativen Erkrankungen entwickelt. Damit konnte sich Bogdahn gegen 106 Bewerber bei den Deutschen Biotechnologietagen in Hamburg als einer von insgesamt fünf Preisträgern des GOBio Wettbewerbes (Phase I) durchsetzen. Mit knapp vier Millionen Euro wird das Projekt nun gefördert. Suche nach neuem Wirkstoff Die molekularen Ursachen der ALS sind vielfältig. Eine große Anzahl relevanter Gen-Mutationen sind inzwischen bekannt und tragen immer weiter zum Verständnis der Erkrankung bei. Aber eine wirksame ursächliche Therapie gibt es bisher noch nicht. Durch einen innovativen Wirkstoff soll die Neubildung von Nervenzellen gezielt wieder reaktiviert werden. „Bei Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen ist die Konzentration des TGFß-Moleküls erhöht. Ein Übermaß davon hemmt die Fähigkeit des Zentralen Nervensystems, sich zu regenerieren und neue Nervenzellen hervor- Was tun bei Gewittern? Nähere Informationen im Internet unter den Schlagworten „Unfälle durch Blitzeinwirkung VDE/abb2/12“. In der ersten Phase wird ein Wirkstoff entwickelt, der anschließend in einer klinischen Studie getestet werden soll. Zudem werden Biomarker identifiziert, die der späteren Patientensicherheit dienen sollen sowie bestimmte Rückschlüsse auf die Wirkung des Präparates zulassen. Aus diesen Indikatoren sind auch umfassende Erkenntnisse über die Krankheit selbst und ihre molekularen, zellulären und funktionellen Mechanismen zu erwarten. In der zweiten Phase sind die klinische Prüfung des Wirkstoffs und die Gründung von „CampoNeuro Pharma“ als Biotechnologie-Unternehmen geplant. Dieses soll langfristig den Wirkstoff herstellen und möglicherweise auch vertreiben. Gründeroffensive Biotechnologie – GO-Bio Prof. Dr. Berthold Schalke ist Leitender Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum Am besten ist es, sich während eines Gewitters in einem festen Haus oder einem Auto aufzuhalten. Ist es nicht möglich, sollten Gebäude ohne Blitzschutzanlage, große Zelte mit Metallgestängen oder die Umgebung von Gebäuden und Metallmasten aufgesucht werden. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass zu den Wänden und Metallteilen ein Abstand von mindestens drei Metern eingehalten wird. Überrascht einen das Gewitter auf freiem Feld, sollte man einen möglichst tiefen Punkt suchen, sich hinhocken und die Füße ganz eng beieinander halten. Ist man im Wald, sollte man auch die direkte Nähe von Bäumen meiden, also ebenfalls einen Mindestabstand von drei Metern halten. zubringen. Diesen natürlichen Kompensationsmechanismus wollen wir reaktivieren und damit für die Patienten wieder ein möglichst normales Leben ermöglichen“, erläutert Professor Bogdahn das Projektziel. Amyotrophe Lateralsklerose Stephen Hawking ist der wohl berühmteste Betroffene von Amyotropher Lateralsklerose (ALS), eine der schwersten neurodegenerativen Erkrankungen. Bei ALS werden die für die Muskelbewegungen verantwortlichen Nervenzellen fortschreitend und irreversibel geschädigt oder schwinden ganz. In Folge dessen kommt es bei den Patienten unaufhaltsam zu Lähmungen der Körpermuskulatur. Statistisch gesehen beträgt die Überlebenszeit der ALS-Patienten nach Diagnosestellung zwischen ein und drei Jahren. Wann und welche Symptome bei jedem einzelnen Betroffenen auftreten, kann noch nicht exakt vorhergesagt werden. Seit 2005 unterhält das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Förderprogramm „Gründeroffensive Biotechnologie“, kurz GO-Bio. Damit unterstützt das BMBF gezielt vielversprechende Gründerteams in dem meist langwierigen und kostspieligen Entwicklungsprozess neuer Medikamente und Therapien. Die GO-Bio-Bewerber müssen sich einem harten und hochselektiven Auswahlwettbewerb stellen. Die eingereichten Ideen werden auf Innovations- und Marktfähigkeit geprüft. Weniger als zehn Prozent der Bewerber schaffen den Sprung in die Förderung. In den bisher durchgeführten sechs Auswahlrunden wurden aus insgesamt 600 eingereichten Vorschlägen lediglich 46 besonders aussichtsreiche Projekte für eine Förderung durch GO-Bio identifiziert. Aus diesen sind bislang 21 Unternehmensgründungen hervorgegangen.(RNE/UKR) 33 34 SYNAPSE August Neurologie SYNAPSE August Neurologie Aromapflege Duftende Wickel und Auflagen zeigen beispielsweise zur Tonuslösung oder Schmerzreduktion gute Wirkungen. Hand- und Fußmassagen komplettieren die Anwendungsgebiete der Aromatherapie. All diese Maßnahmen lassen sich in den pflegerischen Alltag gut integrieren und sind eine Bereicherung für die Bewohner und das Team. Die Macht der Düfte Melanie Kießling, Kathrin Werner und Kirsten Gangl Seit einem Jahr sind sie im Einsatz: fünf Gesundheits- und Krankenpfleger am Neurologischen Spezialpflegeheim HAUS 15 des Bezirksklinikums Regensburg hatten im Sommer 2013 einen Basiskurs zur Aromapflege erfolgreich absolviert und konnten mit der Integration dieser bereichernden Pflegemethode in den therapeutischen Alltag beginnen. N ach und nach wurden auch alle weiteren Kollegen im Neurologischen Spezialpflegeheim geschult, um einen sachkundigen und sicheren Umgang mit den Ölen zu gewährleisten. Auch bei der Angehörigenarbeit und in der Ausbildung von Gesundheits- und Krankenpflegeschülern hat die Aromapflege mittlerweile einen festen Platz. Vor allem aber profitieren die schwer hirngeschädigten Bewohner des Neurologischen Spezialpflegeheims jeden Tag vom Einsatz der hochwertigen ätherischen Öle. Aromatherapie und Aromapflege Aromapflege ist ein Teilbereich der Aromatherapie. Die Aromatherapie ist in Deutschland per Gesetz Ärzten vorbehalten und gehört zur Phytotherapie. Sie beinhaltet die gezielte therapeutische Anwendung von Ölen pur oder gemischt über den Geruchssinn, die Haut und die Schleimhäute, zum Beispiel über Kapseln oder Zäpfchen. Als anerkannte Pflegemethode wird die Aromapflege in die pflegerischen Handlungen auf der Grundlage von Anamnese und Pflegeplanung als unterstützende Maßnahme individuell integriert. Inhalte der Ausbildung waren entsprechend unter anderem die Herstellung, Qualitätssicherung, Dosierung, Wirkung und Anwendung einzelner Öle sowie Indikationen und Kontraindikationen vor allem im neurologischen Bereich. Zur äußerlichen Anwendung kommen 100% naturreine ätherische Öle, Hydrolate, fette Pflanzenöle sowie bereits speziell für die Pflege hergestellte Mischungen. Die Wirkung der Öle entfaltet sich nicht nur über den Geruchssinn, sondern auch über die Aufnahme über die Haut, sodass auch intubierte, tracheotomierte und beatmete Bewohner profitieren. Über die Haut gelangen die Öle in den Organismus. Blutund Lymphbahnen transportieren die ätherischen Stoffe und werden über Lunge, Leber und Niere wieder ausgeschieden. Beobachtungen und Erfahrungen Pflegepädagogik-Studentin Kathrin Werner hat eine Studie mit dem Titel „Implementierung der Aromapflege im klinischen Bereich“ in HAUS 15 durchgeführt. Im Fokus stand die Evaluation der Anwendung von ätherischen Ölen in der Pflege. Hierzu wurde das gesamte Pflegeteam von HAUS 15 zu Häufigkeit und Art der Anwendung sowie die verwendeten Öle und Düfte befragt. Auch der Stand des theoretischen Fachwissens wurde erfasst. Nicht zuletzt untersuchte die Studie die praktischen Effekte der Aromapflege: die wahrnehmbaren Veränderungen am Patienten. Die physische Wirkung ist klar messbar über Blutdruck-, Pulsund Muskeltonusveränderungen sowie über die Reduktion von Bakterien, Viren und Pilzen durch die antibakterielle, antivirale und antimykotische Wirkung der Öle. Teebaum- oder Manukaöl wirken nachgewiesen sogar gegen MRSA und andere antibiotikaresistente Keime antiseptisch. Ergebnis: Als positive Veränderungen wurden die entspannende Wirkung, die Steigerung der Aufmerksamkeit, der hautpflegende Effekt sowie Harmonisierung und An- Psychisch wirken ätherische Öle über das Limbische System und können somit Einfluss auf die Gefühlswelt, Wohlbefinden und Wiedererkennung haben. regung genannt. Die verwendeten Öle wirken zudem antibakteriell und antiviral. Zusätzlich kommt es beim Einsatz von Aromapflege zu einer Reduzierung von Schmerzen und zur Verringerung von Muskeltonus und Speichelfluss beim Bewohner, was wiederrum eine intakte Mundschleimhaut zur Folge hat. Des Weiteren beurteilten die Teilnehmer auf einer Skala von „1“ bis „10“ die Effektivität der Aromapflege mit dem asymmetrischen Mittelwert 7. Auch die fachliche Kompetenz der Aromapfleger konnte punkten. Aromapflege ist ein qualitätssicherndes und -steigerndes Pflege­ instrument. Eine feste Integration in das Repertoire des pflegerischen Bereichs ist sinnvoll – zumal die Aromapflege in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern tendenziell noch wenig Anwendung findet. Melanie Kießling ist Gesundheitsund Krankenpflegerin, Wund­ expertin ICW und Pain Nurse Plus, Kathrin Werner ist Gesundheits-, Kranken- und Altenpflegerin und Kirsten Gangl ist Krankenschwester/Palliativ-Weiterbildung im Neurologischen Spezial­ pflegeheim am Bezirksklinikum Regensburg Anwendungsgebiete im HAUS 15 Aromapflege im Hausgebrauch Die Raumbeduftung mit Hilfe zum Beispiel von Duftsteinen schafft eine angenehme Raumatmosphäre. Der sonst so typische medizinische Krankenhausgeruch wird abgemildert und die Zimmer wirken heimeliger. Dabei wirken Öle wie Bergamotte, Manda­ rine oder Zitrone erfrischend, belebend und aktivierend. Sie werden vorwiegend vormittags verwendet. Weihrauch, Manuka, Teebaum oder Zimt reinigen die Luft und können unangenehme Gerüche ausgleichen. Öle zur Entspannung wie Lavendeloder Rosenöl eignen sich besonders gut abends zur Schlafenszeit. • bei Spannungskopfschmerzen Eukalyptusöl an den Schläfen einreiben (Achtung: nicht bei Epilepsie verwenden, hier hilft alternativ Melisse) • gegen kalte Füße hilft ein warmes Fußbad mit Meersalz und Zimtöl • gegen fettende Gesichtshaut Jojobaöl und Zitrone (Augen und Schleimhäute aussparen) • gegen Akne kann Teebaum- oder Lavendelöl mit Jojobaöl hilfreich sein • für Narbenpflege und gegen Falten empfiehlt sich Hagebuttenkernöl • um den Appetit anzuregen ein paar Tropfen Mandarinenöl auf einen Duftstein träufeln • gegen innere Unruhe und Anspannung können Zitrusdüfte und Jasminöl als Raumbeduftung helfen, gegen Aggressivität Immortelle • bei Apathie werden Düfte wie Rose und Limette verwendet • zur Hautpflege und Dekubitusprophylaxe eignen sich vor allem Teebaum-, Manuka-, Lavendel- und Citrosenöl mit Mandelöl gemischt • ein Sonnenschutzöl kann man sich selbst mit Jojoba und Sandelholzöl herstellen • beim Einschlafen kann Lavendelöl helfen Ein weiteres Anwendungsgebiet bilden Waschungen und Bäder. Ätherische Öle können hier in Verbindung mit einem Emulgator wie Honig, Sahne oder Meersalz einen hohen hautpflegerischen Effekt erzielen, belebend und entspannend wirken. Sie können auch therapeutische Anwendung finden wie bei- spielsweise als fiebersenkende Maßnahme durch eine Teilkörperwaschung oder zum Aufwärmen kalter Füße im Winter mit einem Fußbad. Sonnenschutz verwendet werden. Zur Hautpflege eignen sich fette Öle in Verbindung mit einzelnen ätherischen Ölen wie etwa Lavendelöl. Einreibungen zum Beispiel zur Atemstimulation können gut mit Hilfe von ätherischen Ölmischungen durchgeführt und intensiviert werden. Sie erleichtern den Bewohnern das Abhusten. Jojobaöl und Sandelholz können gemischt sogar als Für die Mundpflege gibt es eine spezielle Mischung, die ins Mundpflegewasser geträufelt wird. Der angenehme Geschmack dient als Anregung für die Geschmackssinne, zur orofacialen Stimulation und Keimreduktion auf der Mundschleimhaut. Aromaöle nie pur auf die Haut geben, nur gemischt mit einem fetten Trägeröl (etwa Mandel oder Jojoba) verwenden! Bitte vor Erstanwendung Allergietest durchführen und nur wenige Tropfen verwenden (maximal fünf Tropfen pro Anwendung). 35 36 SYNAPSE August Neurologie SYNAPSE August Neurologie schwestern Maria Lindermayer und Carolin Deininger maßen bei über 150 Besuchern Blutdruck und Blutzucker. Der Leiter der Stroke-Unit (Schlaganfallspezialstation) am Bezirksklinikum, Prof. Dr. Felix Schlachetzki, Stroke-Unit-Oberärztin Dr. Sandra Boy sowie Dr. Annemarie Lenner, Leitende Oberärztin der Klinik für Neurologische Rehabilitation, klärten über Risikofaktoren für einen Schlaganfall und über typische Symptome auf. Interessenten konnten ihr individuelles Schlaganfall-Risiko ermitteln lassen und sich Tipps und Infos zur Prävention holen. Schlaganfall-Bus machte Station am Regensburger Haidplatz Bayern gegen den Schlaganfall Die Initiative „Bayern gegen den Schlaganfall“ unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Horst Seehofer hatte eine „Schlag­ anfall-Tour“ quer durch den Freistaat Bayern organisiert. Am 18. Juli machte die Tour am Regensburger Haidplatz Station: In Form eines feuerroten London-Doppeldecker-Bus. U nter der Federführung der medbo Klinik für Neurologie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum Regensburg (BKR) und der Klinik für Neurologische Rehabilitation am BKR konnten sich Regensburger und auch Touristen vor und im Bus den ganzen Tag über bei Fachleuten zu verschiedenen Aspekten des Schlaganfalls informieren. Auch die Apotheke des BKR war mit von der Partie. Die speziell für Schlaganfallpatienten ausgebildeten Kranken- Aufklärung: „Time is Brain“ Die AOK Regensburg beriet die Besucher zu Versicherungsfragen und geförderten Präventionsmaßnahmen. Mit Vertretern der Regensburger Schlaganfall-Selbsthilfe-Gruppen konnten sich die Besucher des London-Bus über Erfahrungen im Um- Schlaganfall: Informationen und Fakten In Deutschland erleiden jährlich etwa 250.000 Menschen einen Schlaganfall. Allein in Bayern sind mehr als 40.000 Menschen von den Folgen dieser Erkrankung betroffen. In den kommenden Jahren wird mit dem Durchschnittsalter der Bevölkerung auch die Zahl der Schlaganfälle rapide steigen. Wichtige Symptome des Schlaganfalls: • Schlagartig auftretende neurologische Ausfälle wie eine halbseitige Lähmung oder Schwäche von Arm und Bein, ein Herabhängen des Mundwinkels, Taubheitsgefühle, der Ausfall der Sprechfunktion oder Schwierigkeiten, Worte zu finden sind wichtige Anzeichen eines Schlaganfalls. • Mitunter kann es auch zu Doppeltsehen und vorübergehender Blindheit auf einem Auge kommen oder zu heftigem Schwindel mit Gangunsicherheit. Manche Patienten verstehen Gesprochenes nicht mehr. Da diese Symptome nicht mit Schmerzen einhergehen, werden sie häufig auf den ersten Blick als harmlos eingeschätzt. Ein fataler Fehler! • Manche Patienten nehmen vom Schlaganfall betroffene Körperteile nicht wahr (Neglect-Syndrom): Einen gelähmten Arm erkennen sie möglicherweise nicht als ihren eigenen. Auch die Mimik ist oft nicht mehr steuerbar. Fragen Sie Patienten aktiv danach: „Ist dies Ihr Arm?“, „Bitte lächeln Sie mich kurz an“. gang mit den Folgen eines Gehirninfarkts informieren. Ziel der Initiative „Bayern gegen den Schlaganfall“ ist es, die Bevölkerung über Risikofaktoren und Symptome des Schlaganfalls aufzuklären. Viele Menschen kennen die Symptome eines Schlaganfalls nicht und können ihre individuellen Risikofaktoren nicht einschätzen. „Dabei ist es so wichtig, dass möglichst viele Menschen einen Schlaganfall erkennen und schnell die richtigen Maßnahmen einleiten: Schnelligkeit rettet im Ernstfall Gehirn“, erklärt Dr. Sandra Boy, Oberärztin an der Klinik für Neurologie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum und Expertin in der dortigen Stroke-Unit (Schlaganfall-Spezialstation), „am allerwichtigsten ist die erste Maßnahme: Unbedingt den Notruf 112 wählen!“. (RNE/LHO) Dr. Annemarie Lenner (links aussen), Dr. Sandra Boy (vorne Mitte) und Prof. Dr. Felix Schlachetzki (zweiter von rechts) mit dem Team des Schlaganfallbus 37 38 SYNAPSE August Forensik SYNAPSE August Forensik Mein medbo Tag in der Forensischen Entlassstation Drinnen und draußen Renate Neuhierl Ein großes Thema bei der medbo ist der Maßregelvollzug. Hier werden Menschen, die aufgrund einer psychiatrischen Störung oder einer Suchterkrankung straffällig geworden sind, auf richterliche Anweisung untergebracht und nach Möglichkeit therapiert. Und natürlich gesichert! Es gibt aber in dieser Welt aus dicken Türen und Gitterstäben eine „Welt des Übergangs“: Die Entlassstation. Berufsbildungswerks, die sich über die Forensik in Regensburg informieren. Hinter der Pforte wartet Stationsleiter Andreas Dinauer auf mich: „Das Kommen und Gehen ist hier nicht nur normal, sondern Programm“, meint er. „In HAUS 4 ist nicht nur die Entlassstation untergebracht, sondern auch die Forensisch Psychiatrische Ambulanz. Unsere Pa­tienten kommen und gehen ständig“. D ie Entlassstation – der Name ist hier Programm – bereitet die Patienten auf ihre Zeit „danach“ vor: Auf den Tag, an dem sie in die Freiheit entlassen werden. Am Bezirksklinikum Regensburg ist diese Entlassstation derzeit eine Insel: Das alte HAUS 4 befindet sich beinahe mitten in der riesigen Baustelle, an der die künftige Jugendforensik und der Ausbau der Erwachsenenforensik entstehen. In den ersten Bauabschnitt wird die Station im September umziehen. Dann weicht auch HAUS 4 den Baggern. Seit 2009 gibt es in Bayern offiziell Forensisch Psychiatrische Ambulanzen, so auch am Bezirksklinikum Regensburg. Im Maßregelvollzug folgt man der Auffassung, dass ein begleiteter Übergang die Therapieerfolge sichern hilft. Und so werden in Regensburg Patienten erst einige Wochen in der Entlassstation untergebracht, wo sie mit Unterstützung eines Teams von Ärzten, Sozialarbeitern, Pflegern und Therapeuten systematisch die Zeit „danach“ planen und organisieren. „Danach“ hilft die Ambulanz. Sie ist also derzeit ein bisserl schlecht erreichbar, und das lässt mich schmunzeln. Denn beim Stichwort Maßregelvollzug denkt man erst einmal, dass man zwar gut rein-, aber nicht gleich wieder rauskommt. Umso erstaunter bin ich, als ich beim „Schleusen“ – also beim Passieren der doppelt gesicherten Pforte – gleich auf eine Gruppe Besucher stoße. Es sind Mitarbeiter eines Sucht: Eine chronische Krankheit Das alte HAUS 4 und der Rohbau der künftigen Entlass-Station Die Mehrheit der forensischen Patienten hat Sucht-Probleme. Diese Menschen sind in aller Regel chronisch krank und damit – je nach Lebensumstand – auch immer mal wieder Rückfall-gefährdet. „Ein Suchtkranker kann ebenso wenig dafür garantieren, zukünftig zu jeder Zeit auf sein Suchtmittel verzichten zu können, wie ein Zuckerkranker garantieren kann, nie wieder eine Blutzuckerentgleisung zu erleiden“, erläutert die Leitende Oberärztin Dr. Kirsten Lange, die mir in ihrem Büro die Arbeit und die Abläufe in der Entlassstation erklärt. Deshalb seien die gerichtlich erteilten Abstinenzweisungen oft sehr problematisch für die Patienten und das Arzt-Patienten-Verhältnis. Andererseits machten die Abstinenzweisungen aus strafrechtlicher Sicht natürlich Sinn: „Die Regensburger Forensik versucht diesem Problem durch einen kontinuierlichen Wissensaustausch mit dem Gericht und den Vollzugsbehörden zu begegnen, der erfreulicherweise in Regensburg auf eine sehr konstruktive Weise möglich ist“. Es klopft an der Tür: Ein ehemaliger Patient kommt vorbei – ganz freiwillig. Seine Führungsaufsicht ist schon längst ausgelaufen, er möchte aber den Kontakt zur Ambulanz nicht ganz verlieren. Dr. Lange nimmt sich ein paar Minuten Zeit für ihn, fragt ihn auch nach Familie und Freunden. „Wie ein kleiner Plausch unter guten Bekannten“, denke ich mir. Aber das ist nur natürlich: Im Maßregelvollzug verbringen die Patienten viele Monate und manchmal auch Jahre in Therapie und damit viel Zeit mit dem betreuenden Team. Man kennt sich einfach – und das ist gut so. Ordnung ins Chaos Die Entlass-Vorbereitung ist eine sehr aufregende Phase im Therapie-Verlauf. Die Zeit im Maßregelvollzug bedeutet nicht einfach nur, eingesperrt zu sein. Sie bedeutet für die Patienten auch Schutz und eine gewisse Sorglosigkeit in Bezug auf ganz alltägliche Dinge wie Mahlzeiten oder Freizeitbeschäftigung. Auf der Entlassstation regeln sie ihren Alltag jetzt weitest gehend wieder selbst, auch wenn das Unterstützer-Team noch jederzeit greifbar im Haus ist. Das Stichwort „Resozialisierungsplan“ fällt. Der Begriff unterstellt, dass es auch beim Planen der Zeit nach dem Maßregelvollzug einen geregelten Ablauf gibt. Der Alltag ist aber – wie bei jedem anderen Menschen auch – oft unberechenbar. Und so müssen einst verheißungsvoll erschienene Pläne nicht selten verändert, manchmal sogar aufgegeben werden. Dies ist mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden, bei dem die Ambulanzmitarbeiter mitdenken und unterstützen. Das Team ist immer wieder auch mal Feuerwehr, wenn die Patienten schnelle Hilfe bei der Lösung von Problemen brauchen. Es klopft wieder an der Tür. Ein älterer Patient mit einer Aktentasche kommt herein. Er habe Schwierigkeiten mit dem Gericht. Morgen sei eine Anhörung, wo entschieden werde, ob er endgültig entlassen werde. Aber die therapeutische Wohngemeinschaft, in die er ziehen soll, hat ihm noch keine Bestätigung geschickt – und ohne die Bestätigung wird er nicht entlassen. Kirsten Lange greift zum Telefonhörer und klärt die Sache ab. Die „Feuerwehr“ ist offensichtlich gut vernetzt. Respekt! Ich denke an den Ämter-Hürdenlauf, als ich einmal meine Brieftasche verloren hatte. Und mir wird klar, was „Entlassung“ für diese Menschen ganz praktisch bedeutet: Sie brauchen Dokumente, eine Sozialversicherungsnummer, fehlende Zeugnisse müssen beschafft, ein Bankkonto muss eröffnet werden. Termindruck, Hürden, Sorgen. „Es fällt vielen nicht leicht, ein völlig neues Leben aufzubauen: Wo sollen sie künftig wohnen, wo bekommen sie Arbeit, wie lernen sie neue Menschen kennen? Zurück ins alte Milieu kommt für viele nicht mehr infrage“, erklärt Dr. Lange, „aber wie ein neues Leben aussehen könnte, wie man neue und vor allem andere Menschen kennenlernt: Das muss man oft erst ausprobieren und dabei auch an Fehlern lernen und wieder neu beginnen oder anders weiter machen dürfen“. Tapetenwechsel Dr. Lange zeigt mir die Patienten-Zimmer. Mehrbettzimmer mit Bad auf dem Flur, eine kleine Gemeinschaftsküche, ein Wohnzimmer mit ein paar Sofas, eine Waschmaschine. „Kein Luxus“, denke ich mir. Ein Bewohner räumt gerade auf. Ich unterhalte mich ein wenig mit ihm. Worauf er sich am meisten freue, möchte ich von ihm wissen: „Nächste Woche ziehe ich nachhause zu meiner Frau. Und in einem Monat fange ich als Staplerfahrer bei einer Spedition an“. Ob es eine harte Zeit für ihn gewesen sei, hier in der Forensik? „Es gibt schlimmere Orte“, meint er. Ich glaube ihm. 39 40 SYNAPSE August Forensik 41 Das TB-Centro II in Santa Cruz Kampf gegen Tuberkulose in Südamerika Bolivia, mi amor! Dr. Ralf Mütterlein Er ist Ärztlicher Direktor einer in Deutschland einzigartigen Klinik: Der Klinik für Lungen- und Bronchialheilkunde am Bezirkskrankenhaus Parsberg, in der krankheitsuneinsichtige Tuberkulose-Patienten behandelt werden. Als Experte in Sachen Tuberkulose (TB) ist Dr. Ralf Mütterlein aber immer wieder ehrenamtlich in Bolivien unterwegs. Ein Erfahrungsbericht. B olivia, mi amor! – Dies war mein erster Gedanke, als ich im Herbst 1989 erstmalig bolivianischen Boden betrat, mich eine unbeschreibliche Schwüle umfing und gefühlt hunderte freundliche Bolivianer um mich herumwuselten, um mein Gepäck und mich in eines der wartenden Taxis zu bugsieren. Die Fahrt in die heimliche Hauptstadt Santa Cruz kostete damals für knapp 25 km umgerechnet 3 Euro. Die Stadt selbst ist ein Schmelztiegel verschiedener ethni- scher Volksgruppen, vor allem aus den Anden, die dort Arbeit und Zuflucht suchen. Etliche produzierende Betriebe werden von Deutschen geführt, und aufgrund der unterschiedlichen Mentalität von Europäern und Bolivianern sind dies auch die wenigen, die wirklich gut funktionieren. Bolivien selbst ist mehr als doppelt so groß wie Deutschland, mit knapp zwölf Millionen Einwohnern aber deutlich weniger dicht besiedelt. Die Staatsform ist eine Demokratie, in seiner zweiten Amtsperiode geleitet von dem ehemaligen Kokabauern Evo Morales und seiner sozialistischen Partei MAS. Erstmalig in der Geschichte des Landes ist mit ihm ein Indigeno an der Spitze des Staates, und er hat seiner Volksgruppe ein neues, stolzes Gesicht gegeben. Leider ist es ihm bis heute nicht gelungen, Frieden unter den verschiedenen Bevölkerungsschichten, vor allem Hispanos und Indios, zu vermitteln. Die Fronten zwischen ihnen verhärten sich Monat für Monat. Auch sein Ziel, mehr Bildung zu vermitteln und die Korruption abzustellen, ist bis heute nicht annähernd erreicht. Nachdem er auch viele ausländische Investoren aus dem Land gejagt hat, gilt Bolivien immer noch als das ärmste Land Südamerikas. Tuberkulose in der Dritten Welt Aber zurück zu den Ursprüngen meiner Bolivien-Geschichte: Das Kuratorium Tuberkulose in der Welt e.V. mit Sitz in Gauting wurde in den 70er-Jahren von Prof. Dr. Herbert Blaha ins Leben gerufen. Zunächst um die soziale Nachbetreuung von Tuberkulosekranken zu organisieren. Nach den Schrekkensmeldungen aus den Staaten der dritten Welt, wo sich im Gegensatz zu Mitteleuropa die TB ungehindert weiter ausbreitete, entschloss man sich, auch in solchen Ländern die Tuberkulosebehandlung zu organisieren, so zum Beispiel auch in Nepal oder Togo. Auf Bitten der damaligen Präsidentin des Roten Kreuz in Santa Cruz im Jahre 1982 wurde ein in der TB-Behandlung erfahrener Arzt, Dr. Bernhard Kranig, vom Kuratorium dorthin entsendet, um ein Tuberkulose-Programm für die Ärmsten ins Leben zu rufen. Die Erkrankungshäufigkeit war damals mehr als 20 Mal so hoch wie in Mitteleuropa und TB grassierte hauptsächlich in sozial schwachen Schichten. So entstand zunächst ein Diagnose- und Therapiezentrum im Stadtkern, in den Folgejahren ein zweites in der Peripherie. Hier können sich Bewohner Santa Cruz´, welche keinen Zugang zu einer medizinischen Versorgung haben oder diese nicht bezahlen können, vorstellen, wenn sie den Verdacht haben, an einer TB erkrankt zu sein. TB-Diagnostik nach westlichen Standards In den „Centros“ erfolgt dann eine umfangreiche TB-Diagnostik nach westlichen Standards, und wenn sich der Verdacht bestätigt, eine TB-Behandlung nach den Richtlinien der WHO. Jedes Zentrum wird von einem indigenen Arzt geleitet, unterstützt von etwa acht einheimischen Mitarbeitern, von Medizinisch-Technischen Assistenten (MTA) bis zur Putzfrau. Ein Teil dieser MTAs wurde im Labor in Gauting geschult, um ihnen westliche Helfer des Roten Kreuzes und Patienten Arbeitsweisen gemäß den WHO-Richtlinien beizubringen. Betritt ein Patient ein solches Behandlungszentrum, befindet er sich zunächst im Wartebereich. Eine Krankenschwester nimmt dann seine Personalien auf und bringt ihn zum Labor, wo er eine Speichelprobe abgeben muss. Danach erfolgt eine körperliche Untersuchung durch einen Arzt, der ihn im Hinblick auf eine mögliche Tuberkulose auch ausführlich befragt. Wenige Tage nach dieser Erstvorstellung erscheint der Patient ein zweites Mal, um die Ergebnisse seiner Untersuchung zu besprechen. Im Falle eines positiven Sputumbefundes erfolgt dann die Aufklärung über die Therapie und die Versorgung mit Medikamenten. In der Folgezeit muss der Patient in monatlichen Abständen im Centro vorsprechen, um seinen Heilungsverlauf zu dokumentieren. Außerdem wird er eingeladen, an den monatlichen Veranstaltungen zur Patientenschulung teilzunehmen, nicht zuletzt, um ihn zum Abschluss der Behandlung in der Gruppe von Schicksalsgenossen zu motivieren. Im Gegensatz zu deutschen Patienten kann ein TB-Kranker in Bolivien seine Arbeit während der Therapie nicht aufgeben, denn dann wäre seine Familie unversorgt. Eine stationäre Versorgung solcher Erkrankten ist in Bolivien nicht Standard. Alltag im Centro Mein Arbeitstag dort beginnt um 8 Uhr morgens mit einer Bespre- chung mit Schwester Ilona Patino. Sie hat während des Jahres alle schwer lösbaren Probleme gesammelt, und die gilt es jetzt abzuarbeiten. Dazu gehören hauptsächlich Schwierigkeiten mit den Behörden und deren Besuche, ebenso Kontakte mit dem deutschen Konsul in Santa Cruz, der uns nach Kräften unterstützt. Mit dem Team der Zentren werden gemeinsam logistische Probleme abgearbeitet und mit den Ärzten wird über Patienten diskutiert, bei denen sie sich in der Betreuung überfordert fühlten. Mit dem Personal muss ich auch Mitarbeitergespräche führen. Ebenso wichtig ist der ständige Kontakt mit dem Direktorium des Roten Kreuzes in Santa Cruz, welches uns als Non-Governmental Organisation (NGO) ein „Dach“ für unsere Arbeit bietet. Viele Nachmittage bin ich mit den Ärzten und Krankenschwestern der Zentren in unserem eigenen Fahrzeug unterwegs in die Armenviertel, um Patienten in ihrer häuslichen Umgebung aufzusuchen. Dort werden sie über noch notwendige Hygienemaßnahmen informiert und eventuell weitere Familienmitglieder zur Untersuchung einbestellt. Die Kommunikation findet ausschließlich in Spanisch statt, denn in Bolivien wird kaum Englisch gesprochen, und wenn ja, dann selten verständlich. So war auch ich gezwungen, diese Sprache zu lernen: Heute spreche ich das „Castellano“ Fortsetzung auf Seite 40 42 SYNAPSE August Forensik SYNAPSE August Forensik Fortsetzung von Seite 41 Tuberkulose-Fälle pro 100 000 Einwohner der Bolivianer verhandlungssicher. Mein Arbeitstag endet meist gegen 19 Uhr mit einer Abschlussbesprechung mit Schwester Patino und Dr. Tomas Gonzales von Centro I bei einem kalten Bier in einem Biergarten, den ein Deutscher dort mit seiner bolivianischen Ehefrau unter „bayrischen“ Grundsätzen betreibt. Ein „Erdinger“ ist übrigens dort deutlich billiger und kälter als in Deutschland! Mehr als 20.000 Patienten in 30 Jahren Alle Behandlungen sind für die Patienten kostenlos. Das Kuratorium finanziert sich ausschließlich über Spenden, somit natürlich auch die Kosten für die Patienten. Die Leistung der Laboratorien ist so effektiv, dass sie inzwischen zum nationalen Referenzlabor für TB-Diagnostik in Bolivien ernannt wurden. In enger Zusammenarbeit mit der nationalen Gesundheitsbehörde und dem bolivianischen Roten Kreuz, Filiale Santa Cruz, konnten in den mehr als 30 Jahren ihrer Existenz in den Zentren mehr als 20.000 Patienten behandelt und geheilt, die Häufigkeit der Tuberkulose in der Stadt mehr als halbiert werden. 200 Japan Vereinigte Staaten 150 Großbritannien China Bolivien 100 50 0 2000 2002 2001 2004 2003 2006 2005 2008 2007 2010 2009 ger werden, und auch meine Aufenthalte dort werden sich wohl verlängern. Selbstverständlich erfolgt die Betreuung des Projektes von Deutschland aus ehrenamtlich, nur die Reise- und Aufenthaltskosten werden erstattet. Für die Zeit dort muss der Jahresurlaub genommen werden. Andererseits erfüllt mich bei jedem Besuch eine ungeheure Befriedigung und Dankbarkeit, helfen zu dürfen, wo der Staat versagt. Die Erleichterung der Patienten über die erhaltene Hilfe und ihre Heilung ist mir und uns Bestätigung genug. Das Anspruchsdenken deutscher Patienten fehlt dort völlig, medizinisches Personal wird als Helfer angenommen, nicht als Dienstleister für Klienten. Mein Denken und Handeln aus menschlicher und medizinischer Sicht ist durch meine Arbeit dort weicher und verständnisvoller geworden und hat mich auch in meiner täglichen Arbeit am Bezirkskrankenhaus Parsberg erheblich beeinflusst. Der Abschied aus Bolivien fällt mir jedes Mal schwer und wird nur erleichtert durch die Gewissheit, dass ich in zwei Jahren wiederkomme. Am 29. Oktober diesen Jahres geht es wieder los. Dr. Ralf Mütterlein ist Ärztlicher Direktor der Klinik für Lungenund Bronchialheilkunde am Bezirkskrankenhaus Parsberg 2012 2001 Quelle: TheGlobalEconomy.com, World Bank Solche Erfolge in einem derart schlecht organisierten Land erfordern eine gut durchdachte Logistik, vor allem aber Menschen, die ihr Handwerk bezüglich des Managements von TB-Erkrankten verstehen. So wird das Programm in Santa Cruz von zwei deutschen Fachärzten geleitet. Im jährlichen Wechsel erfolgt für mehrere Wochen ein Besuch der Centren von Dr. Gunther Loytved aus Würzburg und mir zur Supervision und Regelung aller innerhalb eines Jahres angefallenen Probleme. Vor Ort wird das Projekt von Ilona Patino geleitet, einer deutschen Kranken- schwester, die mit einem bolivianischen Chirurgen verheiratet ist und seit gut 30 Jahren dort lebt. Ohne das Engagement von Ilona Patino und ihrer preußisch-korrekten Art wäre die Arbeit des Kuratoriums dort erheblich gefährdet, wenn nicht gar unmöglich. Auch unterstützen die Regierung und das Gesundheitsministerium unsere Arbeit durch umfangreiche Aufklärungskampagnen und Schriften bezüglich der Infektion und Ausbreitung der Tuberkulose. medbo-logisch! Anlaufpunkt bei multirestistenter Tuberkulose Seit Ende 2013 wird mit finanzieller Hilfe des deutschen Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Santa Cruz ein zusätzlicher Anlaufpunkt für Patienten aufgebaut, die an multiresistenter Tuberkulose leiden. Dieses Krankheitsbild erfordert neben viel Erfahrung und Geduld eine Betreuung der Betroffenen über mindestens 18 Monate, manchmal auch über Jahre. Um die personellen und sachlichen Voraussetzungen zu schaffen – was aus Eigenmitteln des Kuratoriums nicht möglich wäre – hat das BMZ, auch in Anerkennung der hervorragenden Arbeit des Kuratorium, die erforderlichen Mittel in Höhe von 450.000 Euro zur Verfügung gestellt. Ehrenamt Typische Wohnsituation von TB-Kranken in Bolivien So wird auch in den nächsten Jahren die Arbeit in Bolivien nicht weni- Unser Lösungswort: Fluss in der Oberpfalz (Die Auflösung finden Sie auf der Umschlagseite innen) 43 44 SYNAPSE August medbo SYNAPSE August medbo Regensburger Krankenhäuser standen Rede und Antwort Wann immer das Leben uns braucht In einer Gemeinschaftsaktion der Bayerischen Krankenhausgesellschaft e.V. (BKG) informierten die Krankenhäuser in ganz Bayern Anfang Juli über Patientensicherheit und Qualitätsstandards im klinischen Alltag. In Regensburg traten die Krankenhäuser und Kliniken gemeinsam vor die Öffentlichkeit. U m auf die vielfältigen Maßnahmen und die großen Anstrengungen hinzuweisen, die die Krankenhäuser jeden Tag für ihre Patienten leisten, führte die BKG Anfang Juli die Themenwoche ‚Patientensicherheit und Qualität’ durch und stimmte damit in die bundesweite Kampagne der Deutschen Krankenhausgesellschaft ‚Wann immer das Leben uns braucht’ ein. In Regensburg präsentierten sich die Ärztlichen Direktoren und Geschäftsführer der Krankenhäuser und Kliniken gemeinsam im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit anschließender Fragerunde. Neben dem medbo Bezirksklinikum standen die Barmherzigen Brüder, das Universitätsklinikum, das Evangelische Krankenhaus und das Caritas-Krankenhaus Mitte St. Josef interessierten Bürgern Rede und Antwort. Die verschiedenen Themenkomplexe der Veranstaltung umfassten unter anderem die Hygiene im Krankenhaus, interne und lokale Vernetzungen und Kooperationen in Regensburg, die Qualität der Ausbildung von Pflegekräften und Ärzten sowie Maßnahmen, die von den Krankenhäusern für eine größtmögliche Patientensicherheit ergriffen werden. Darüber hinaus wurde ein Einblick in die Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser in Regensburg gegeben. „Für meine Kollegen und mich“, so Dr. Andreas Kestler, Geschäftsführer der Barmherzigen Brüder Regensburg und des Evangelischen Krankenhauses, „war es im Rahmen der BKG-Themenwoche ‚Patientensicherheit und Qualität’ wichtig, dass wir uns zusammen als ‚Medizinstandort Regensburg’ dem Thema stellen. Wir wollten gemeinsam den offenen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern suchen“. Vorbildliche Zusammenarbeit am Medizinstandort Regensburg Auch wenn die Krankenhäuser in einigen Bereichen im Wettbewerb zueinander stehen, werden in dafür geeigneten Gebieten bewusst intensive Kooperationen gesucht und eingegangen. Dadurch kann für den einzelnen Patienten eine optimale Versorgung am Regensburger Medizinstandort gewährleistet werden. Exemplarisch seien an dieser Stelle nur das Onkologische Zentrum UCC (UKR, Caritas-Krankenhaus St. Josef und medbo Bezirksklinikum) genannt. Außerdem wird in Regensburg die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung in hervorragender Weise mit Forschung und Lehre verknüpft. Fast alle Krankenhäuser in Regensburg sind Kooperationskliniken oder akademische Lehrkrankenhäuser der Universität. „Im Fall zum Beispiel der medbo sind dies Psychiatrie, Neurologie sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie“, so Dr. Fried Eckart Seier, Direktor des Geschäftsbereichs Medizinische Leistungen der medbo. Der Medizinstandort Regensburg müsse den Vergleich mit den bevölkerungsstarken Metropolen München, Nürnberg/Erlangen Prof. Dr. Oliver Kölbl (Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Regensburg), Dr. Fried Eckart Seier (Medizinischer Direktor medbo), Dr. Joachim Ramming (Geschäftsführer St. Josef Krankenhaus), Dr. Andreas Kestler (Geschäftsführer Krankenhaus Barmherzige Brüder und Evangelisches Krankenhaus) mit dem Banner der BGK-Kampagne oder Augsburg keinesfalls scheuen, so Dr. Seier weiter. Seine fünf Krankenhäuser mit ihren unterschiedlichen Fachgebieten und gegenseitigen Kooperationen bieten eine vollumfassende Versorgung für Patienten in der gesamten Region Ostbayern und darüber hinaus. Auch die großen Ausbildungsanstrengungen der Krankenhäuser in Regensburg seien eine Maßnahme, die einen nachhaltig positiven Effekt für die Krankenversorgung von morgen darstellt. Qualität und Sicherheit sind oberstes Ziel Deutschland hat weltweit eines der leistungsfähigsten Gesundheitssysteme, das für jeden Bürger unmittelbaren Zugang bietet. Die Qualität der Behandlung sowie die Sicherheit der Patienten haben nach den immensen Anstrengun- gen der Krankenhäuser in den vergangenen Jahren einen Standard erreicht, der noch nie so hoch war wie heute. Dies gilt auch für den Gesundheitsstandort Regensburg. tätssicherung und – weiterentwicklung. Interne wie externe Indikatoren werden genutzt, um die Qualitätsstandards auf dem bereits sehr hohen Niveau weiter zu optimieren. Die Krankenhäuser sind nach anspruchsvollen Verfahren zertifiziert und verfolgen mit viel Aufwand breitgefächerte Fehlervermeidungsstrategien. „Beim Qualitätsmanagement ist mittels kontinuierlicher Befragungen natürlich auch der Patient selbst aktiv mit eingebunden“, erläuterte Professor Dr. Oliver Kölbl, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Regensburg, typische Verfahren zur Quali- „Positives Feedback unserer Patienten, die guten Bewertungen der Krankenkassen sowie Platzierungen in der FOCUS-Liste bestätigen uns in unserem Handeln“, so Dr. Joachim Ramming, Geschäftsführer des Caritas-Krankenhauses St. Josef, „denn dieser Erfolg sichert die Zukunft der Krankenhäuser.“ Anerkannte Hygienekonzepte, übergreifende ärztliche Leitlinien und SOPs (Standard Der Regensburger Krankenhaus-Standort in Zahlen: Krankenhausmitarbeiter in Regensburg Stationäre Patienten in Regensburg (2013) Ambulante Patienten in Regensburg (2013) ca. 10.200 Mitarbeiter ca. 109.600 Patienten ca. 290.000 Patienten Operating Procedures), WHO-Empfehlungen, Patientenidentifikationsarmbänder, Arzneimittelkommissionen – um nur ein paar Beispiele zu nennen – sind längst etablierter Standard, um den Patienten ein Maximum an Sicherheit zu bieten. Speziell dem Bereich der ‚Hygiene’ gilt in den Regensburger Krankenhäusern ein besonderes Augenmerk: mit einem eigenen Institut für klinische Hygiene, hauptamtlichen Hygienikern, vielen Hygienefachpflegekräften, hygienebeauftragten Ärzten oder so genannten Link Nurses, die ein Verbindungsglied zwischen Hygienefachkraft und dem Stations- beziehungsweise Bereichspersonal darstellen. Außerdem tragen rege klinische Forschungstätigkeiten in allen Regensburger Krankenhäusern dazu bei, stets aktuelle Therapieoptionen auf der Höhe der Zeit anbieten zu können. (RNE) 45 46 SYNAPSE August medbo SYNAPSE August medbo Arbeitsschutz bei der medbo bei denen Spätfolgen nicht auszuschließen sind. Diese sind im sogenannten Verbandbuch zu dokumentieren, das herangezogen werden kann, falls Ansprüche geltend gemacht werden müssen. Sofern der Mitarbeiter eine Erkrankung auf die berufliche Tätigkeit zurückführt, sollte er sich mit dem Unfallversicherungsträger oder dem Arbeitgeber in Verbindung setzen. Sicherheit am Arbeitsplatz Peter Exner Arbeitsmedizin, Gesundheitsmanagement, Arbeitssicherheit und Brandschutz: Mit diesen und noch weiteren Instrumenten wird bei der medbo das Ziel verfolgt, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Es koordiniert der medbo Arbeitsschutz. H auptaufgaben des Arbeitsschutzes (AS) sind der Aufbau einer Sicherheitsorganisation, das grundsätzliche Risikomanagement sowie die Notfall- beziehungsweise Krisenvorsorge durch geeignete Präventivmaßnahmen. Zur Notfallvorsorge bestehen bei der medbo insbesondere die AS-Organisationen Brandschutz, Erste-Hilfe und medizini- scher Notfall, Hygiene sowie Kritische Infrastruktur (KRITIS). Prävention steht im Mittelpunkt des Arbeitsschutzes. Im Idealfall erkennt der AS krankmachende und sicherheitsgefährdende Faktoren am Arbeitsplatz frühzeitig und veranlasst rechtzeitig Vorsorgemaßnahmen medizinischer, technischer und organisatorischer Art. Ein fortschrittlicher Arbeitsschutz-Ansatz geht dabei deutlich über den reinen akuten Sicherheitsaspekt hinaus. Die langfristige Erhaltung der Gesundheit der Beschäftigten und deren Wohlbefinden bei der Arbeit (Gesundheitsmanagement) bekommen immer größere Bedeutung. Ansprechpartner in Sachen Arbeitsschutz: • Arbeitsschutzkoordinator: Peter Exner, Abteilung Organisation, Gebäude- und Raummanagement, Bezirksklinikum Regensburg, Tel. +49 (0)941/941-7220 • Arbeitsmedizin (Betriebsärztlicher Dienst): Dr. Claudia Christmann-Fichtl, Carl-Korth-Institut, Bezirksklinikum Regensburg, Haus 18, Tel. +49 (0)941/941-1950 • Gesundheitsmanagement: Dr. Ema-Kristina Loncarek, Bezirksklinikum Regensburg, Haus 18, Tel. +49 (0)941/941-1824 • Arbeitssicherheit (Sicherheitstechnischer Dienst): Peter Hahn, Reiner Kopp, ias health & safety GmbH, Bezirksklinikum Regensburg, Haus 12, Tel. +49 (0)941/941-1777 • Brandschutz (Brandschutzbeauftragte): Sabine Hempel, Bezirksklinikum Regensburg, Haus 12, Tel. +49 (0)941/941-1770 Weitere Informationen im Internet unter: www.infektionsfrei.de www.nadelstichverletzung.de www.agr-ev.de („Aktion gesunder Rücken“) www.dvv-ev.de (Viruskrankheiten) www.inqa.de (Arbeitsqualität) www.kuvb.de (Unfallversicherung) www.bgw-online.de (Unfallversicherung) www.dguv.de (Unfallversicherung) www.baua.de (Arbeitsschutz und -medizin) Deshalb richten sich alle Arbeitsschutzbestrebungen in erster Linie an die Belegschaft der medbo selbst – und insbesondere an die Führungskräfte. Denn die organisatorische Umsetzung der AS-Maßnahmen am Arbeitsplatz erfolgt letztendlich durch die Mitarbeiter, die ordnungsgemäße Durchführung verantworten die Führungskräfte. Partner der Mitarbeiter Die Beratung der Belegschaft zu Fragen des Arbeitsschutzes ist daher eine Kernaufgabe des ASTeams: Sei es bei Fragen der ergonomischen Gestaltung von Arbeitsplätzen, sei es durch Beratung bei Neubau- und Umbaumaßnahmen oder zum Brandschutz. Der AS stellt Unterweisungsunterlagen zur Verfügung. Er erprobt und empfiehlt Körperschutzmittel. Nicht zuletzt untersucht und analysiert der Arbeitsschutz Arbeitsunfälle. Gesetzliche Grundlagen: Arbeitsschutzgesetz Das Arbeitsschutzgesetz fasst die allgemeinen Grundsätze des Arbeitsschutzes wie folgt zusammen: • Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten werden • Gefahren sind an ihrer Quelle zu bekämpfen • bei den Maßnahmen sind der Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige ge­sicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen • Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluss der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen • individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen Das Arbeitssicherheitsteam: Peter Exner, Dr. Claudia Christmann-Fichtl, Reiner Kopp, Dr. Ema Loncarek, Peter Hahn und Sabine Hempel • spezielle Gefahren für besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen sind zu berücksichtigen • den Beschäftigten sind geeignete Anweisungen zu erteilen • mittelbar oder unmittelbar geschlechtsspezifisch wirkende Regelungen sind nur zulässig, wenn dies aus biologischen Gründen zwingend geboten ist. Kenntnisse über den sicheren Einsatz von Arbeitsverfahren, über Geräte und Maschinen, über Arbeitsund Gefahrstoffe, die persönliche Schutzausrüstung und das richtige Verhalten bei Betriebsstörungen (Brand, Unfälle, Notfälle, Katastrophen) erlangen. Zentrales Instrument: Gefährdungsbeurteilung Unter Arbeitsunfällen sind nur solche Ereignisse zu verstehen, die während der Arbeitszeit oder auf dem (direkten) Weg von oder zur Arbeitsstätte, am Arbeitsplatz oder im Rahmen eines Dienstganges oder einer Dienstreise, bei der Ausübung der beruflichen Tätigkeit geschehen. Nach einem Arbeitsunfall ist der Arbeitgeber unverzüglich zu verständigen (innerhalb von zwei Tagen). Das gilt auch für kleinere Verletzungen, Die Gefährdungsbeurteilung ist ein zentrales Instrument des Risikomanagements. Durch eine systematische Herangehensweise können Gefahrenquellen identifiziert und geeignete Präventions-Maßnahmen definiert werden. Im Sinne einer lernenden AS-Organisation ergibt sich ein Regelkreis (siehe Abbildung). Arbeitsschutz im Alltag Im Fall der Fälle: Arbeitsunfall Bei Fragen oder Problemen können sich Betroffene auch an den betriebsärztlichen Dienst, die Sicherheitsfachkraft, den Personalrat, die staatlichen Arbeitsschutzbehörden, den zuständigen Technischen Aufsichtsbeamten des Unfallversicherungsträgers und an das betriebliche Gesundheitsmanagement wenden. Tritt trotz präventiver Maßnahmen ein Arbeitsunfall oder eine beruflich bedingte Erkrankung ein, so sind alle Beschäftigten der medbo gegen die Folgen beim zuständigen Unfallversicherungsträger, der Kommunalen Unfallversicherung Bayern (KUVB), abgesichert. Für Beamte ist der Dienstherr im Rahmen der Beamtenversorgung und der darin enthaltenen Unfallfürsorgeleistungen zuständig. Peter Exner ist Arbeitsschutz­koordinator der medbo Abbildung: Die sieben Schritte der Gefährdungsbeurteilung Der Arbeitsalltag bringt eine Vielzahl von Gesundheitsrisiken mit sich. Am Beispiel der pflegenden Berufe können dies sein: Muskel-Skelett-Erkrankungen, Nadelstichverletzungen, Patientenübergriffe, Hauterkrankungen, Psychische Belastungen (Traumata), Schlafstörungen durch Schichtdienst oder Burnout. Daher muss jeder Beschäftigte mindestens einmal im Jahr an seinem Arbeitsplatz unterwiesen werden. Arbeitsplatzbezogene Unterweisungen werden vor Ort am Arbeitsplatz durchgeführt und müssen durch die Führungskraft dokumentiert werden. Wichtig ist, dass die Beschäftigten über Gefahren und Möglichkeiten zu deren Vermeidung informiert sind. Sie müssen daher Quelle: www.bgw-online.de, Rubrik „Gefährdungsbeurteilung“ Quelle: www.ukaachen.de 47 48 SYNAPSE August Personal Personalmanagerin Simone Pfeifle warf einen differenzierten Blick auf die Personalpolitik der medbo Der Arbeitgeber auf der Therapiecouch Judith Buchwald Warum arbeiten Sie gerne bei Ihrem Arbeitgeber? Diese simple, aber in Zeiten von Fachkräftemangel doch so akute Frage stellte Simone Pfeifle den Mitarbeitern der Medizinischen Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz, kurz medbo. F ür ihre Masterarbeit zur Konzeption eines Employer-Branding-Ansatzes im Gesundheitswesen tauchte die junge Human Ressource Managerin tief ein in die Berufswirklichkeit von Ärzten, Pflegepersonal und Angestellten. Ihre Ergebnisse: Die medbo hat sich in der Innenwahrnehmung als attraktiver, stabiler und zukunftsfähiger Arbeitgeber etabliert. In der Außenwirkung hängt vor allem dem Bezirksklinikum in Regensburg immer noch das Image der ehemaligen Nervenheilanstalt Karthaus nach. Mit circa 2.100 Mitarbeitern ist das Bezirksklinikum in Regensburg der größte Standort der medbo. Weitere Einrichtungen befinden sich in Amberg, Cham, Parsberg, Weiden und Wöllershof. „Durch diese flächendeckende Ausrichtung stellen wir die psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung von etwa einer Million Einwohner sicher“, berichtet Horst Meisinger, der Personaldirektor der medbo. Eine Klinik im Schlaraffenland? „Ganz im Gegenteil“, betont Meisinger. Im Bereich Neurologie und in weiteren Teilbereichen buhlt die medbo mit anderen Kliniken und Privatpraxen um die Gunst der Fachkräfte. Hinzu komme der aktuelle Zeitgeist. „Der Anteil behandlungs- Bezirksklinikum Regensburg bedürftiger psychischer Erkrankungen nimmt stetig zu. Umso wichtiger ist es, qualifizierte Mitarbeiter zu binden und neue zu finden.“ Nach außen habe das Bezirksklinikum zudem nach wie vor ein Imageproblem. „Würde man die Menschen in Regensburg auf der Straße fragen, würde man vermutlich mehr über die ehemalige Nervenheilanstalt Karthaus als über das moderne Kliniken- und Therapiezentrum erfahren, das die medbo heute ist“, berichtet Pfeifle. Mitarbeiter werben Mitarbeiter Siegerin Simone Pfeifle inmitten der männlichen Konkurrenz und der Juroren Preisgekrönte Master-Arbeit Simone Pfeifle hat am 8. Mai 2014 im Rahmen einer festlichen Gala in Regensburg den Studentenpreis der Wirtschaftszeitung (Mittelbayerischer Verlag) überreicht bekommen. Unter insgesamt 25 eingereichten Bachelor- und Masterarbeiten setzte sich Pfeifle mit ihrer Untersuchung der Arbeitgebermarke medbo gegen die durchwegs starke Konkurrenz durch. Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wurde erstmalig vergeben. Um neue Zukunftsstrategien zu ergründen und die enorme medizinische Bedeutung des Versorgungsangebots am Bezirksklinikums auch nach außen zu transportieren, öffnete Meisinger der Studentin Tür und Tor. Er gewährte der 26-Jährigen tiefe Einblicke in die Personalstruktur des Unternehmens. Für Meisinger ein erster Schritt zu erfolgreichem Employer Branding: Transparenz schaffen. Und den Mitarbeitern Mitbestimmungs- und Gestaltungsrechte einräumen. Die gaben ihren Teil zurück. Insgesamt 24,6 Prozent der Beschäftigten – von der Führungs- bis zur Reinigungskraft – beteiligten sich an der von Pfeifle durchgeführten Onlineumfrage. Zudem stellten sich 76 Prozent der Führungskräfte für ein Interview zur Verfügung. Pfeifle selbst hospitierte in verschiedenen Bereichen der medbo. „Dadurch lernt man die Menschen und deren Arbeitsalltag besser kennen. Man bekommt ein Gefühl dafür, vor welchen Herausforderungen die Mitarbeiter tagtäglich stehen, welche Höhen und Tiefen deren Job mit sich bringt“, beschreibt Simone Pfeifle ihren Ansatz. Die hohe Beteiligung – normalerweise liegt der Anteil im Durchschnitt bei etwa sieben bis acht Prozent – wertete Pfeifle als gutes Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass die Mitarbeiter ihrem Arbeitgeber vertrauen und ihn auch in Zukunft weiter voranbringen wollen. Ein zentrales Ergebnis der Analyse, auf das künftig auch das Recruiting der medbo angepasst werden soll: Die Mitarbeiter machen sich schon jetzt gern für ihren Arbeitgeber stark. Etwa 40 Prozent der derzeit Beschäftigten wurden auf die medbo durch Freunde, Verwandte und Bekannte aufmerksam. „Dieses Recruiting-Potenzial wollen wir natürlich weiter ausbauen“, sagt Mei- singer. „Wohl nicht durch ein Kopfgeld“, betont der Personaldirektor. Allerdings soll ein gezieltes „Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter“-Programm entwickelt werden. Als weiteres Zugpferd des Employer Brandings der medbo identifizierte Pfeifle das gut ausgebaute Personalentwicklungskonzept. So werden beispielsweise Führungskräfte über zwei Jahre in internen Schulungsprogrammen auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet. Neue Ansprüche der „Generation Y“ „Ein Chefarzt erwirbt seine Führungsqualitäten nicht durch seinen Titel“, gibt Pfeifles Masterarbeitsbetreuer Prof. Dr. Bernt Mayer von der Fakultät Betriebswirtschaft, Unternehmens- und Personalführung der OTH Amberg-Weiden zu Bedenken. „Auch wenn viele Ärzte heute noch nach diesem Selbstverständnis agieren.“ Akuter Fachkräftemangel und erhöhte Ansprüche der sogenannten „Generation Y“ an ihr Arbeitsumfeld zwingen die Medizinbranche laut Mayer zum Umdenken. „Jede Klinik ist auch ein Unternehmen, das es zu führen gilt.“ Dabei müsse der Spagat zwischen Mitarbeiterführung auf der einen Seite und Patientenversorgung auf der anderen Seite gemeistert werden. Das eine geht jedoch nicht ohne das andere. „Nur wenn sich die Mitarbeiter in ihren Sorgen und Nöten Ernst genommen fühlen, werden sie sich auch freundlich und hingebungsvoll um die Patienten kümmern können“, merkt Mayer an. Als ausgemachte Stärke bietet die medbo ihren Führungskräften und Mitarbeitern im Gegenzug Nachhaltigkeit und Stabilität. „Wir wollen unsere Mitarbeiter längerfristig an das Unternehmen binden und bieten daher eine Vielzahl von Entwicklungsmöglichkeiten“, betont Horst Meisinger. Auf dem Gelände des Bezirksklinikums in Regensburg befinden sich unter anderem eine Berufsfachschule für Pflegekräfte und ein eigenes Institut für Bildung und Personalentwicklung. Durch Kooperationsverträge mit der Universität haben wissenschaftlich ausgerichtete Mitarbeiter neben der praxisorientierten Arbeit auch die Möglichkeit, ihre Forschung weiter auszubauen. Judith Buchwald ist Redakteurin der Wirtschaftszeitung. Der Beitrag erschien erstmals im April 2014 in der Wirtschaftszeitung Siegerteam FC KUNO 007 mit Organisatoren und Verantwortlichen des Vereins „zweitesLeben e.V.“ SYNAPSE August Personal Weight Watchers Kurs ein voller Erfolg Der Speck ist weg! Dr. Ema Loncarek, Michaela Zeuke Seit März 2014 ist das Bezirks­ klinikum Regensburg (BKR) um fast 180 Kilo leichter geworden. 27 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatten sich dazu entschlossen, am Pilotprojekt „Weight Watchers at Work“ teilzunehmen. D ie dreizehn Wochen mit dem Weight-Watchers Coach Daniela Zintl waren ein voller Erfolg. Im Schnitt verloren die Teilnehmer stattliche 6,5 Kilo pro Person. Außerdem nahmen sie viel Wissenswertes zum Thema gesunde Ernährung mit, lernten, mit Verführungen und Stress besser umzugehen, und erhielten Motivationshilfen, um wieder mehr Lust auf Bewegung zu bekommen. Erfolgreich gegen den „inneren Schweinehund“ Vor allem das Gruppengefühl hat die meisten mitgerissen und geholfen, den “inneren Schweinehund“ zu überwinden. Die Treffen wurden alle zu fast 90% besucht! Dass man sich nicht nur im Kurs, sondern auch auf dem Stationsflur oder im Büro trifft, hat bei dem ein oder anderen den Ehrgeiz gefördert. Als einen großen Vorteil empfanden die Teilnehmer, dass der Kurs nach Schichtende angeboten wurde. „So SYNAPSE-Interview mit Kurs­teilnehmerin Brigitte Bauer S: Gab es einen Auslöser, der vor dem Entschluss stand „jetzt pack ich`s an, jetzt nehm ich ab“? B: Ich habe mich mit meinem Gewicht nicht mehr wohgefühlt, wollte einfach etwas ändern. S: Was ist bisher Ihr größter Erfolg? B: Mein größter Erfolg ist, dass ich mit dem Weight Watchers Programm gut abgenommen habe und ich jetzt viel bewusster esse. S: Jetzt wollen wir`s genau wissen... wieviel haben Sie denn schon abgenommen? B: Meine bisherige Abnahme liegt bei 18 kg! S: Herzlichen Glückwunsch! Und was ist Ihr nächstes Ziel? B: Mein Abnahmeziel ist noch nicht erreicht. Ich möchte nochmals 10 kg verlieren. S: Was macht es Ihnen leicht, mit Weight Watchers abzunehmen? Was gefällt Ihnen am Konzept? B: Am Weight Watchers Konzept finde ich besonders gut, dass ich alles essen kann, was ich möchte, und mir meine Points einteilen kann, wie ich will. S: Was war oder ist Ihre größte Herausforderung bezüglich der Abnahme? B: Das Weight Watchers Programm hat es mir sehr leicht gemacht mit der Ernährungsumstellung – anfangs der „einfache Start“, dann die Points zählen – das Abnehmen geht wie von selbst! S: Was für eine Rolle spielt das Treffen bei Ihrer Abnahme? B: Das Treffen ist für mich sehr wichtig – ich bekomme neue Tipps für besondere Situationen im Alltag. Besonders erwähnen möchte ich die absolut tolle Einführung durch meinen Coach Daniela Zintl! Sie macht uns Teilnehmern so richtig Mut, auch wenn es mal nicht wie gewünscht läuft! S: Was möchten Sie den Mitarbeitern der medbo noch sagen? B: Ich werde den Kurs jedem empfehlen, der abnehmen möchte! Unsicher muss niemand sein, der sich überlegt, in den Kurs zu kommen – das Wiegen in jedem Treffen ist freiwillig und absolut diskret! Mein Lebensgefühl hat sich um 100% gebessert. Ich fühle mich sehr wohl und bin viel fitter geworden – auch ein ganz großer Dank an die medbo, meinen Arbeitgeber, der mir diesen Kurs ermöglicht hat! musste ich mich nicht noch mal von zu Hause aus aufraffen und irgendwohin fahren“ erklärte eine Teilnehmerin, die schon mehrfach alleine versucht hat, Pfunde zu verlieren. Betriebliches Gesundheits­­mana­gement als strategische Aufgabe In Kooperation mit Weight Watchers ermöglicht die medbo jetzt erneut ab Herbst allen „abnehmwilligen“ Beschäftigten am BKR, direkt am Arbeitsplatz am Kursprogramm teilzunehmen. Die medbo übernimmt dabei wieder einen Großteil der Kosten, damit sich auch untere Einkommensgruppen den Kurs leisten können. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter engagieren sich jeden Tag für ihren Betrieb und bringen ihr Fachwissen und ihre Kompetenzen ein“, so Personaldirektor Horst Meisinger. In einer anspruchsvoller werdenden Lebens- und Arbeitswelt sollte der Arbeitgeber daher Voraussetzungen schaffen, mit deren Hilfe der Einzelne seine Potenziale entfalten und dabei gesund bleiben könne. Mit diesem bezuschussten Abnehmkurs sieht sich die medbo auf einem guten Weg, die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu fördern. Dr. Ema Loncarek koordiniert das Betriebliche Gesundheits­ management der medbo, Michaela Zeuke ist Bildungs­ referentin am IBP Informationen zum nächsten Weight Watchers at Work Kurs: Der neue 13-wöchige Kurs findet ab 10. September 2014 statt und endet Mitte Dezember. Die Gruppe trifft sich jeweils mittwochs um 17:00 Uhr im Seminarraum II des IBP am Bezirksklinikum Regensburg. Eine Kurssitzung dauert jeweils 60 bis 90 Minuten. Der Selbstkostenanteil pro Teilnehmer beträgt 65 Euro. Pflegestudenten sammeln 900 Euro für „Zweites Leben“ Kicken für den guten Zweck Florian Landstorfer Im Rahmen einer Projektarbeit ihres Studiums „Pflege Dual“ an der evangelischen Hochschule Nürnberg veranstalteten Hannah Ertl, Tanja Koch, Arzu Umutlu und Florian Landstorfer ein Benefizfußballturnier am Bezirksklinikum Regensburg zu Gunsten des Vereins „Zweites Leben e.V.“: 900 Euro kamen zusammen. Ein voller Erfolg! Gesiegt hat leider … die Konkurrenz. G eplant war von vorneherein ein Benefiz-Projekt. Da alle beteiligten Studenten selbst an der Berufsfachschule für Krankenpflege am Bezirksklinikum Regensburg gelernt haben, war es natürlich eine Frage der Ehre, den auch am Bezirksklinikum so präsenten Verein „Zweites Leben“ zu unterstützen. Angetreten sind neben einigen Hobbymannschaften ein Team der Berufsfachschule für Krankenpflege am Bezirksklinikum, ein zusammengewürfeltes Psychiatrieteam, sowie eine Mannschaft der KUNO Ostbayern von der „Konkurrenz“ am Uniklinikum, welche das Turnier schließlich für sich entscheiden konnte. Jedes Kicker-Team entrichtete 50 Euro Startgeld. Durch die Unterstützung einiger Unternehmen (ein Dankeschön an Coca Cola, die Brauerei Jacob, die Metzgerei Schmid und die Bäckerei Melzl), der freiwilligen Helfer des Vereins sowie Kollegen der Organisatoren konnte neben dem Startgeld durch den Verkauf von Bratwurst, Brezeln, Kuchen und Getränken zusätzlich noch etwas Geld erwirtschaftet werden. Am Ende belief sich der Spen- denbetrag auf stolze 900 Euro. Zu erwähnen sei, dass eines der teilnehmenden Teams, der FC Bayern Fanclub Hohenschambach, sich nicht lumpen ließ und zusätzlich 500 Euro auf den Erlös drauf gelegt hat. KUNO-Team erringt Wanderpokal Dem Wetter geschuldet hielten sich die Zuschauerscharen leider in Grenzen. Dennoch wurde allen Anwesenden einiges geboten. Neben dem guten Zweck stand natürlich auch der Spaß im Vordergrund. Wann hat ein Krankenpflegeschüler schon einmal die Gelegenheit, in den knallharten Zweikampf mit seinem Praxisanleiter zu gehen? Viele harte Ballduelle und spannende Begegnungen gab es zu sehen. Schon das Eröffnungsspiel, das unsere Krankenpflegeschule mit einem gemischten Team gegen das für alles gewappnete Psychiatrieteam bestritt, rauchte vor Kampfgeist. Natürlich gab es für die Kicker auch etwas zu gewinnen: Einen Wanderpokal für die Turnier-Sieger sowie gestiftete Preise für die „Stockerl“-Teams. Wie der Wanderpokal schon vermuten lässt, soll das Turnier nun jährlich stattfinden und sich als feste Veranstaltung etablieren. Das Ziel für nächstes Jahr lautet: Mehr Zuschauer und vielleicht auch das ein oder andere Team anderer Abteilungen der medbo und der umliegenden Krankenhäuser! Mit etwas Glück bleibt der Pokal im nächsten Jahr vielleicht bei uns im Haus. Florian Landstorfer studiert an der FH Nürnberg im Dualen Studiengang Pflege 51 52 SYNAPSE August Personal SYNAPSE August Personal Regionales Bündnis für Chancengleichheit Halbzeit beim Projekt „Mehr Frauen in Führungspositionen“ Borgia Zizler neue Abteilungsleiterin Personalmanagement Dr. Kerstin Geserer Am 15. Mai 2013 unterzeichnete Kurt Häupl, Vorstand der medbo, die Vereinbarungsurkunde unter den Augen der Vertreter der Stadt Regensburg und der am Projekt beteiligten Regensburger Bündnispartner. Bereits ein Jahr später können sich die Ergebnisse, der damals gesetzten Ziele, sehen lassen. I n der betriebsspezifischen Vereinbarung verpflichtet sich die medbo, sich selbst angemessene und realistische Ziele zu setzen, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen und konkrete personalpolitische Maßnahmen zu entwickeln, um diese Ziele zu erreichen. Die Handlungsfelder gliedern sich dabei in • Unternehmensstrategie und Kommunikation • Personalgewinnung und Auswahlprozesse • Personal- und Talent­management • Arbeitsorganisation • Vereinbarkeit von Karriere und Privatleben Im ersten Handlungsfeld konnten folgende Ziele bereits umgesetzt werden: auf der medbo-Homepage sind die Themen „Beruf und Karriere“ sowie „Frauen in Führungspositionen“ aufgenommen, die TeilzeitStelle „Beruf und Familie“ ist etabliert, in der SYNAPSE und in Leitungskonferenzen wird regelmäßig zum Thema „Beruf und Familie“/ „Frauen führen“ informiert. Im Handlungsfeld Personalgewinnung und Auswahlprozesse sind die zu erarbeitenden Maßnahmen noch im Aufbau befindlich. Für ehemalige Praktikanten soll ein Kontakthalteprogramm und ein Bewerberpool etabliert werden und Bewerbungsgespräche mit einem standardisierten Leitfaden geführt sowie die Führungskräfte dazu geschult werden. Auch beim dritten Maßnahmenbereich, in dem es um das Personal- und Talentmanagement geht, sind erste Schritte getan worden. Hier lässt sich als Erfolg verzeichnen, dass das Zertifikataudit ‚beruf­ undfamilie‘ angestrebt wird, der Gesprächsleitfaden zum Mitarbeitergespräch erweitert wurde und das Thema ‚Frauen in Führungspositio- nen‘/‚Beruf und Familie‘ in das zweijährige medbo Führungskräfte-Entwicklungs­programm einfließt. Ein Bereich, der zu den langfristig angelegten Maßnahmen zählt, ist der Ausbau der Positionen in der medbo, in denen Führen in Teilzeit möglich ist. Dieses hochgesteckte Ziel ist im Handlungsfeld Arbeitsorganisation verankert und soll ebenfalls die Chancen für Frauen erhöhen, eine Führungsposition zu übernehmen. Das Handlungsfeld, dessen Umsetzung für die medbo-Mitarbeiter bereits seit letztem Jahr konkret nutzbare Maßnahmen nach sich zieht, ist die Vereinbarkeit von Karriere und Privatleben. So wird die bezuschusste medbo-Ferienbetreuung mittlerweile an allen Standorten angeboten und die zweite Kinderkrippe auf dem Regensburger Betriebsgelände mit 24 Plätzen wird im September 2014 eröffnet. Das angestrebte Kontakthalteprogramm zu Mitarbeitern in Elternzeit oder Sonderurlaub befindet sich bereits in der Pilotphase S eit 1. Juni 2014 ist Borgia Zizler Abteilungsleiterin Personalmanagement im Geschäftsbereich Personal der medbo. In dieser Funktion koordiniert sie die Sachgebiete Personalreferat, Personalcontrolling/-abrechnung sowie Zeitwirtschaft. Sie übernimmt die Aufgabe von Michael Lell, der in die Stabsstelle Recht des Geschäftsbereichs gewechselt ist. Borgia Zizler gehört der medbo seit 1. Mai 2010 an und war zunächst stellvertretende Abteilungsleiterin Personalmanagement und Sachgebietsleiterin des Personalreferats. Nach der Geburt ihres ersten Kindes ging Borgia Zizler für insgesamt sieben Monate in Mutterschutz/ Elternzeit. Seit Mitte März 2014 ist sie in Teilzeit mit 20 Wochenstunden zurück im Beruf – ebenso wie ihr Mann, mit dem sie sich die Betreuung ihres Sohnes teilt. Borgia Zizler verfügt über zehn Jahre einschlägige Berufspra- xis im Bereich Personalmanagement in verschiedenen Branchen. Zuvor studierte sie Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Personalwirtschaft an der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik, und schloss mit einem MBA ab. Horst Meisinger, Direktor des Geschäftsbereichs Personal: „Mit Borgia Zizler haben wir eine fachlich und sozial sehr kompetente Abteilungsleiterin gewinnen können, die die medbo und alle Facetten der Personalarbeit sehr gut kennt. Ganz bewusst unterstützt die medbo das Modell der Teilzeitführung, insbesondere für Frauen, und ich bin mir sicher: Sie wird zeigen, dass Führungsverantwortung auch in Teilzeit erfolgreich sein kann.“(RNE) Horst Meisinger, Direktor des Geschäftsbereichs Personal: „Wie weit wir in der Umsetzung unserer gesteckten Ziele sind, haben wir im Austausch mit den anderen Bündnispartnern deutschlandweit beim Branchengipfel in Berlin im Mai diesen Jahres gesehen. Unsere langfristig angelegten Maßnahmen sind entweder bereits umgesetzt oder in der Aufbauphase und somit bis nächstes Jahr bearbeitet. Konkret können wir bereits heute einen Anstieg des Anteils von Frauen in Führungspositionen in der medbo gesamt um zwei Prozentpunkte auf 38% in einem Jahr verzeichnen“. Das sind Zahlen, die positiv stimmen – allerdings nicht zum Ausruhen einladen. Christina Zahnweh studierte an der Universität Regensburg Diplom-Pädagogik mit den Nebenfächern Betriebswirtschaftslehre und Arbeits- und Organisationspsychologie. Im Rahmen ihrer Diplomarbeit beschäftigte sich Zahnweh mit dem Thema, wie sich Führungsverhalten von Oberärzten auf Einsatz und Einstellung von Assistenzärzten zu ihrer Tätigkeit auswirkt. Dieses Know-how konnte sie zunächst in die Organisationsentwicklung im Bereich Einweiser-Marketing am Klinikum Nürnberg einbringen. Dr. Kerstin Geserer koordiniert das Projekt „Beruf und Familie“ des SG Personalentwicklung Bei ihrer Tätigkeit als Bildungsreferentin am IBP kann Christina Zahnweh ihre praktischen Erfahrungen im Gesundheitswesen mit dem Wissen, wie Mitarbeiter ge­fordert und gefördert werden können, ideal verbinden. Christina Zahnweh – Neue Bildungsreferentin am Regensburger IBP Christina Zahnweh ist seit 1. Juli 2014 neue Bildungsreferentin am Institut für Bildung und Personalentwicklung (IBP). 53 Bildungswerk Irsee SYNAPSE Mai Personalia / Veranstaltungen Synapse August Bezirk 55 www.bildungswerk-irsee.de Der medbo-Vorstand dankt allen Jubilaren für ihre langjährige Treue und Unterstützung! Breit gefächertes Programm 40-jähriges Jubiläum Sofie Bitter Johann Drexler Rainer Eckert Brigitte Tichy Reinigungskraft Veranstaltungsorganisator Elektriker Stationsleiterin Regensburg Regensburg Regensburg Regensburg Gesundheits- und Krankenpflegerin Küchenhilfe Gesundheits- und Krankenpflegerin Gesundheits- und Krankenpflegerin Personalabrechnerin Regensburg Regensburg Regensburg Wöllershof Regensburg Mit seinem breit gefächerten Programm gibt das Bildungswerk Irsee, das zentrale Fort- und Weiterbildungsinstitut des Bayerischen Bezirketags, Jahr für Jahr neue Impulse. Die Veranstaltungen sind praxisorientiert und wissenschaftlich fundiert. Ärzte, Forscher und Experten der medizinischen Einrichtungen schätzen sowohl den fachlichen als auch den persönlichen Austausch. Im Herbst stehen gleich zwei hochrangig besetzte Veranstaltungen auf dem Programm: die Jahrestagung der Bayerischen Nervenärzte und das 5. Irseer Symposium für Kinder- und Jugendpsychiatrie unter dem Thema „Netze knüpfen – Kinderwohl schützen“. 25-jähriges Jubiläum Rita Dettlaff Elfriede Haimerl Herlinde Kleineidam Gabriele Spörer Andrea Stadelmayer Veranstaltungshinweise 18. September 2014 Regensburg, 15:00 Uhr, Bezirksklinikum Regensburg Einweihung der neuen Kinderkrippe 21. September 2014 Regensburg, 11:10 Uhr, Vereinsheim Freier TuS, Regensburg Stiftung Alzheimer Demenz Pflege + Forschung: DEMWALK 2014 - Nordic Walking gegen Demenz mit Rosi Mittermaier und Christian Neureuther 02. Oktober 2014 Regensburg, IBP, 19:00 Uhr Visite-Vortrag – Prof. Dr. Rainer Rupprecht, Ärztlicher Direktor Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum: „Panikattacken und Angststörungen: Wenn der Alltag zum Horror wird“ Bildungswerk des Bayerischen Bezirketags Klosterring 4, D-87660 Irsee Das komplette Programm „impulse 2014“ mit detaillierten Beschreibungen aller Angebote finden Sie auf unserer Homepage. Telefon 08341 906-604, -606, -608 Telefax 08341 906-605 E-Mail [email protected] www.bildungswerk-irsee.de 18. September 2014 Regensburg, 16:30 Uhr, Aula der Berufsfachschule für Krankenpflege Regensburg Bildungswerk des Bayerischen Bezirketags Examensfeier der Schulklassen 63a und b 27. September 2014 Regensburg, HAUS 26, 10:00 Uhr, Bezirksklinikum Regensburg 20 Jahre Psychiatrische Tagesklinik - Informationstag 09./10. Oktober 2014 Regensburg, IBP „Schizophrenie: Einblicke und Ausblicke“ Jahreskongress der gfts Gesellschaft zur Förderung empirisch begründeter Therapieansätze bei schizophrenen Menschen Impressum Herausgeber: Medizinische Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz KU (Anstalt des öffentlichen Rechts), Vorstand Universitätsstraße 84 | 93053 Regensburg | Tel +49 (0) 941/941-0 | www.medbo.de Rätselauflösung von Seite 41 Lösungswort: WALDNAAB Redaktionelle Leitung: Renate Neuhierl (RNE), [email protected] Autoren: Günter Bonack, Pressestelle Bezirk Oberpfalz Martina Hirmer, Pressestelle Bezirk Oberpfalz Lissy Höller (LHO), Presse- und Öffentlichkeitsarbeit medbo Verena Kobras (VKO), Praktikantin PR & Öffentlichkeitsarbeit medbo Foto: Titel frenta - Fotolia.com; S2/3 Heino Pattschull - Fotolia.com; S3 Zitzlsperger; S4/5 Oberpfälzer Künstlerhaus; S6/7 Bezirk Oberpfalz; S9 Friedberg - Fotolia.com; S10/11 Bauer; S11 Kobras; S12/13 mabe123 - istockphoto.com; S14/15 helenecanada - istockphoto.com; S16/17 pico - Fotolia.com; S19 Paulista - Fotolia.com; S20/21 medbo; S24o Neuhierl; S24u Grafik Mayer; S25 Höller; S26 sborisov - Fotolia.com; S29 Neuhierl; S30/31 sytilin - Fotolia. com; S32 Fantasista - Fotolia.com; S33 www.hawking.org.uk; S34/35 hidesy - istockphoto.com; S36/37 medbo; S38 Neuhierl; S39 DNY59 - istockphoto.com; S40/41 Mütterlein; S42 Ammit - istockphoto.com; S44/45 Neuhierl; S47 Neuhierl; S48 Neuhierl; S49 medbo; S50 Karin & Uwe Annas - Fotolia.com; S51 medbo; S52 vgstudio - Fotolia.com; S53r Adam Gregor - Fotolia.com; S53o Privat; S53u Privat; S54/55 a_korn - Fotolia.com Das Titelbild zeigt eine Sonnenblume aus den Gärten der medbo: Ein kleiner Sommergruss der SYNAPSE-Redaktion an alle Leserinnen und Leser. Konzeption und Leitung: Renate Neuhierl Grafische Gestaltung: Creativbuero Jürgen Mayer Auflage: 5.000 Stück | Erscheinungsweise: vierteljährig | Vertrieb: B 07930 S Gender-Erklärung: Um die Lesbarkeit zu vereinfachen wird in der SYNAPSE meist auf die zusätzliche Formulierung der weiblichen Form verzichtet. Wir möchten deshalb darauf hinweisen, dass die ausschließliche Verwendung der männlichen Form explizit als geschlechtsunabhängig verstanden werden soll. DIe nächste SYNAPSE erscheint am 15. November 2014. Redaktionsschluss ist der 01. Oktober 2014. 1V05-1405-00014 54 PANIKATTACKEN UND ANGSTSTÖRUNGEN Wenn der Alltag zum Horror wird! Prof. Dr. med. Rainer Rupprecht Ärztlicher Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum Regensburg Donnerstag, 02. Oktober 2014 19:00 Uhr medbo Bezirksklinikum | Hörsaal IBP Universitätsstr. 84 | 93053 Regensburg visite: Ärzte, Forscher und Experten unserer Kliniken und Einrichtungen informieren Sie zu wichtigen Themen der seelischen und neurologischen Gesundheit Der Eintritt ist kostenfrei. Kostenloses Parken auf dem Besucherparkplatz hinter der Haupteinfahrt zum Bezirksklinikum Regensburg, Universitätsstraße 84. Sie erreichen das Bezirksklinikum mit den Buslinien 6 und 11 ab Regensburg-Hauptbahnhof – Haltestelle „Universität/Bezirks­klinikum“ bzw. „Uni-Mensa“.