Keramische Werkstoffe 81 ________________________________________________________________________________________________________________________ 19. Magnetische Keramiken Da die meisten keramischen Magnete Eisen enthalten, werden sie auch „Ferrite“ genannt. Sie sind elektrische Halbleiter oder Isolatoren (im Gegensatz zu metallischen magnetischen Materialien). Ferrite halten daher die elektrischen Ströme bei hohen Frequenzen des magnetischen Wechselfeldes klein Æ Anwendung für Mikrowellen, Hifi-Lautsprecher. Entwicklung der Ferrite bei Philips, Eindhoven in den 30er Jahren; Verständnis der magnetischen Eigenschaften durch Néal (1948). Da sich eine Spule wie ein Stabmagnet verhält, wird ihr ein magnetisches Moment mmagn. zugeschrieben. Analog dazu wird den magnetischen Effekten in Materialien die Bewegung der Elektronen im Atom zugrundegelegt (Orbitalbewegung und effektiver Spin) mit Quantisierung des Drehimpulses in Einheiten von h = 1.055x10 -34 Js . Zusammenhang des magnetischen Dipolmoments mmagn. mit dem Drehimpulsmoment I: Q 2m (gyromagnetisches Verhältnis) m magn. = gI ;g = (19.1) Q, m: Ladung, Masse des sich bewegenden Teilchens. Quantisierung des Drehimpulsmoments Æ Quantisierung des magnetischen Moments: Bohrsches Magneton mB = q h = 9, 274x10- 24 Am 2 2 me (19.2) Das nukleare magnetische Moment ist von der Größe 10-3 des Bohrschen Magnetons und daher im allgemeinen vernachlässigbar. Beschreibung der Orbital- und Spinzustände eines Elektrons durch die Quantenzahlen n, l, me, s und des gesamten Drehimpulsmoments eines Atoms mit einer Reihe von Elektronen durch J Æ Ein Elektron mit der Orbitalquantenzahl l besitzt ein totales magnetisches Moment Infolge des Spin-Dipolmoments liegt eine Komponente des magnetischen Dipolmoments in Feldrichtung 1 von 1 mB vor Æ m magn. = 2[s(s+ 1)] 2 mB . Für ein System mit Elektronen, die sowohl Orbitalals auch Spin-Drehimpulse besitzen, gilt für das gyromagnetische Verhältnis g =g q 3 S (S + 1) - L( L + 1) mit g = + 2me 2 2J( J + 1) (19.3) g kann Werte von 1 bis 2 annehmen. Für viele Ferrite ist g nahe 2, d. h. das gesamte magnetische Dipolmoment des Spins macht den dominierenden Beitrag zur Magnetisierung aus. Die Orbital-Magnetisierung ist „eingefroren“. Makroskopische Betrachtung v der Magnetisierung. Magnetische Induktion B (= magnetischer Feldvektor, der die Kraft eines elektrischen Stromes bestimmt) am Ort P (Abb. 19.1) aus der Vektorsumme aller Elemente v dB v v m0 Ê Id l xvr ˆ dB = 4p ÁË r3 ˜¯ (19.4) v m Ê Idlsinq ˆ ˜ dB = 0 Á 4p Ë r 2 ¯ (19.5) m0 (Permeabilität des Vakuums Induktionskonstante:) = 4p x 10-7 H/m. Die magnetische Feldstärke ist so definiert, daß im v v v Vakuum H = B / m0 ist. B hängt von dem dem den Draht v umgebundenen Medium ab, während H nur vom Strom abhängt. Abb. 19.2.: Magnetisierung eines kreisförmigen Toroids, mit dem Querschnitt A: Das Material wird magnetisiert, d. h. erhält ein magnetisches Moment pro Einheitsvoluv men (Magnetisierung M ). Dieses rührt von mikroskopischen Strömen Ampèresche Ströme ID) her. 12 [l (l + 1) ] mB Dieses kann durch ein magnetisches Feld in einer solchen Weise orientiert werden, daß die Komponente des magnetischen Dipolmoments in Feldrichtung mit Werten vin me mB quantisiert ist. Abb. 19.1. Magnetische Induktion ausgehend von einem Stromelement. 82 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ Abb. 19.2. Effekte, die von der Anwesenheit eines magnetischen Materials herrühren; Ia ist der amperometrische Strom per Einheitslänge des Toroids. Abb. 19.3. Der Effekt einer Luftspalte in einem Toroid. Mit Gleichung (19.9) folgt Ê B ˆ He = Ha + NDÁ - He˜ Ë m0 ¯ Anwendung des Ampèreschen Theorems v v Ú Bd l = m I (19.6) 0 total (19.12) Division durch m0 / B und m re := B / m0 Ha (effektive relative Permeabilität) liefert auf die unterbrochene Linie in Abb. 19.2. links ergibt für nicht-magnetisches Material B = m0 nI (19.7) n: Zahl der Windungen / Einheitslänge Bei Verwendung magnetischer Materialien gilt wegen der Ampèreschen Ströme B = m0 nI + m0 I a (19.8) ( ) und unter der Annahme, daß die Magnetisierung proporv v tional dem magnetischen Feld ist M = c m H : v w v v v B = m0 H + cm H = m0mr H = mH ( ) Magnetische Materialien in Wechselfeldern Anwendung der magnetischen Materialien in Tranformatoren oder Wechselwirkung mit elektromagnetischen Wellen in Mikrowellenherden. Beschreibung durch komplexe Permeabilität m* = m' - jm' ' j = -1 bzw. komplexe relative Per- ( * (19.9) ( (19.13) ) ' '' meabilität m r = m r - jm r . Wegen I a dlA = MdlD (Abb. 19.2., rechts) folgt v v v B = m0 H + M Ê 1 1 1ˆ = + N D Á1+ ˜ m re mr m Ë r¯ ) (19.10) Betrachtung des Toroids Abb. 19.2. mit sinusförmigem Strom I = I0 ejwt (19.14) Für die Spannung gilt (o. Abl.): U = jAln2 wIm' + A ln2 wIm'' (19.15) m: Permeabilität, m r = 1 + cm: relative Permeabilitätskonstante. Einfluß der Gestalt, z. B. von Luftspalten: Erniedrigung des effektiven Feldes v v v H e = Ha - N D M (19.11) v H a : angelegtes magnetisches Feld, ND: Demagnetisierungsfaktor. Abb. 19.4. Phasendiagramm, das die Komponenten der Spannung U im Gleichtakt und außerhalb des Gleichtakts mit dem Antriebsstrom I zeigt. Keramische Werkstoffe 83 ________________________________________________________________________________________________________________________ -1 Da m'' << m' ist d m = tan m'' klein. m' D. h. die Spannung läuft dem Strom um nahezu 90° voraus. Mittlere Ladung P , die über einen Zyklus der Periode t abgegebeb wird: t P= 1 IU i dt = 12 I20 An 2lwm'' = 12 I 20 n2wm' tan dm t0 Ú (19.16) Ui: Spannungskomponente in Phase. m' tan d m ist eine Materialkonstante, die der erzeugten Wärme / Einheitsvolumen eines magnetischen Körpers im Wechselfeld proportional ist. m' und d m sind stark feldabhängig. Klassifizierung magnetischer Materialien Klassifizierung nach den magnetischen Suszeptibilitäten cm. Diamagnetische Materialien (meiste Materialien). Sehr kleine negative Suszeptibilitäten (c - 10-6). Beispiel: Inertgase, H2, viele Metalle, die meisten Nichtmetalle, viele organische Verbindungen. Die Elektronenbewegungen erzeugen ein Nettomagnetisches Feld 0. Anwendung eines magnetischen Feldes: die Elektronenbewegungen werden modifiziert und eine geringe Netto-Magnetisierung ist umgekehrt zum angelegten Feld induziert. Paramagnetische Materialien. Atome haben ein permanentes magnetisches Dipolmoment, das durch Spin- und Orbitalbewegungen der Elektronen erzeugt wird. Angelegtes magnetisches Feld Æ Orientierung der magnetischen Momente. Das resultierende magnetische Moment zeigt in die gleiche Richtung wie das angelegte Feld. cm > 0, aber klein (ª +10-3 ... + 10-6). Viele paramagnetische Materialien gehorchen dem Curieschen Gesetz c µ m 1 T (19.17) (der ordnende Effekt des angelegten Feldes ist dem unordnenden Edffekt der thermischen Energie entgegengesetzt). Beispiele: Verbindungen mit Übergangsmetallen oder Seltenen Erden, Ferromagnetika und Ferrite oberhalb der Curie-Temperatur. Ferromagnetische Materialien. Spontane Magnetisierung unterhalb der Curie-Temperatur. Ohne äußeres Magnetfeld: Bildung von Domänen mit eigener Magnetisierungsrichtung, so daß sich die Magnetisierung aufhebt. Mit äußerem Magnetfeld: Domänen, deren Magnetisierung näher parallel zum Feld sind, wachsen zu Lasten der näher antiparallel magnetisierten. Die spontane Magnetisierung kann mehrere Größenordnungen größer als das angelegte Feld sein. Daher haben ferromagnetische Materialien sehr hohe Permeabilitäten. Abschalten des angelegten Feldes: Teile der induzierten Domänenausrichtung bleiben erhalten. Das Material ist jetzt ein Magnet. Die spontane Magnetiesierung ist ein relativ seltenes Phänomen und auf die Elemente Fe, Co, Ni und einige Legierungen beschränkt. Einige ferromagnetische Oxide (CrO2) werden in Tonbändern verwendet. Die spontane Magnetisierung beruht auf der Ausrichtung unkompensierter Elektronenspins durch starke quantenmechanische Austauschkräfte. Antiferromagnetische Materialien. Die unkompensierten Elektronenspins benachbarter Kationen orientieren sich unterhalb der Néel-Temperatur in der Weise, daß sich ihre Magnetisierungen gegenseitig neutralisieren und die gesamte Magnetisierung ist 0. Beispiel: Mn, Cr, viele Übergangsmetalloxide. Niedrige cm (ª 10-3). Bei der Néel-Temperatur bricht die antiferromagnetische Kopplung zusammen, und die Materialien werden paramagnetisch. Ferrimagnetische Materialien. Antiferromagnetische Kopplung besteht zwischen Kationen auf kristallographisch unterschiedlichen Plätzen; die Magnetisierung eines Untergitters ist antiparallel zu dem eines anderen Untergitters. Da beide Magnetisierungen von ungleicher Stärke sind, existiert eine Netto-spontane Magnetisierung. Mit steigender Temperatur (ab OK) nimmt die Magnetisierung ab, erreicht am Néel-Punkt 0. 84 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ Paramagnetischer Effekt, Spontane Polarisierung bei: N Atome / Einheitsvolumen; magnetisches Dipolmoment soll vom Spin eines Elektrons herrühren Æ Magnetisches Moment in Richtung des angelegten Magnetfeldes: ± 1 m B; einige sind parallel und einige antiparallel zum Feld ausgerichtet Æ Energieunterschied zwischen den beiden Zuständen: 2 mBB Temperaturabhängigkeit der relativen Besetzung nach der Boltzmann-Statistik: nØ Ê zm B ˆ = exp Á - B ˜ Ë kT ¯ n↑ (19.18) = tanhx Mit N = n↑ + nØ folgt für die induzierte Magnetisierung M = (n↑ - nØ) mB: Ê m Bˆ M = NmB tanh Á B ˜ Ë kT ¯ Abb. 19.5. Graphen, die die Möglichkeit spontaner Magnetisierung unter einer kritischen Temperatur qc darstellen. mit x= (19.19) (19.25) mBm 0 wM kT (19.26) Mit Gleichung (19.25) folgt Für mB B << kT gilt näherungsweise Nm2BB Mª kT (19.20) M kT T = x= x Ms m2B m0 wN qc (19.27) qc: Curie-Temperatur oder Nm2Bm0 C cm = = kT T (19.21) d. h. das Curiesche Gesetz. Weiß 1907: Das magnetische Feld Hi, das im Innern eines Festkörpers von einem individuellen Dipol gesehen wird, ist das makroskopische innere Fel d H, das durch benachbarte Dipole modifiziert wird: H i = H + wM (19.22) w: molekulare Feldkonstante. Aus Gleichung (19.19) folgt Ï mBm 0 ( H + wM ) ¸˝ M = NmB tanhÌ Ó kT ˛ (19.23) Bei spontaner Polarisation M ≠ =, wenn H = 0. Aus Gleichung (19.23) folgt für H = 0 mit NmB : = Ms (Sättigungsmagnetisierung): M Ê m m wM ˆ˜ = tanh Á B 0 Ë Ms kT ¯ Abbildung 19.5.: Darstellung von Gleichungen (19.25) und (19.27): Möglichkeit der spontanen Polarisation unterhalb einer kritischen Temperatur qc. Sowohl Gleichung (19.25) als auch Gleichung (19.27) müssen gleichzeitig erfüllt sein. Für T > qc existiert kein Schnittpunkt und keine spontane Polarisation ist möglich. Für T < qc ist spontane Polarisation möglich. Magnetokristalline Anisotropie. Der Spin eines Elektrons kann durch ein unendlich kleines Feld ausgerichtet werden. Das impliziert eine unendlich hohe Permeabilität. Endliche Permeabilitäten resultieren aus der Kopplung zwischen den Spins und dem Kristallgitter aufgrund der Orbitalbewegung des Elektrons (Spin-Orbit-GitterKopplung). Sie führt zur Orientierung der Spins relativ zum Kristallgitter in einer Richtung minimaler Energie. Ausrichtung in anderen Richtungen führt zu einer Erhöhung der Energie (Anisotropie-Energie EK): e K = K1 (a12 a22 + a 22a 23 + a 23 a12 ) + K2 a12 a22 a 23 +L (19.24) (19.28) ai: cos (Magnetisierungs-Vektor, kristallographische Achse) Keramische Werkstoffe 85 ________________________________________________________________________________________________________________________ Tab. 19.1. Raumtemperatur-Anisotropie-Konstanten einiger wichtiger Ferrite. Tab. 19.2. Sättigungskonstanten der Magnetostriktion für einige polykristalline Ferrite. Abb. 19.7. Idealisierte magnetische Figuren-Konfigurationen: (a) antiparallele Figuren; (b) Flußmengen-Figur Oft kann K2 in der Reihenentwicklung vernachlässigt werden (Tab. 19.1.). Magnetostriktion. Spin-Orbital-Gitter-Kopplung Æ Änderungen in den Spin-Richtungen führen zu Änderungen in der Orientierung der Orbitale, die wegen der Behinderung durch das Gitter den Effekt leichter Änderungen der Gitterdimensionen haben (Magnetostriktion). Dieser Effekt wird durch die Magnetostriktionskonstante l m beschrieben = Verformung durch ein gesättigtes Feld. (+, wenn die Dimension in Feldrichtung ansteigt.) Abb. 19.8. Magnetische B-H Hysterese-Schleife Weißsche Domänen s. Abb. 19.6. - 19.9. Abb. 19.6. Die Änderung in der Spin-Orientierung über die Breite einer Bloch-Mauer. Abb. 19.9. Hysterese-Schleifen die den Unterschied zwischen magnetischen „weichen“ und „harten“ Materialien darstellen. 86 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ Ferrite besetzen (inverser Spinell, Abb. 19.11. unten). Spinel-Ferrite; z. B. NiOFe2O3 Frühestes bekanntes, natürlich vorkommendes magnetisches Material: Fe3O4 (Magnetit) = FeOFe2O3 Viele andere Zusammensetzungen der allgemeinen 2+ 2+ 2+ 2+ Formel MeOFe2O3 mit Me = M 2+ n , Fe , Co , Ni , Cu oder Zn2+ (oder Kombinationen davon) sind möglich. Betrachtung der magnetischen Spin-Momente der verschiedenen Kationen. Für NiOFe2O3 sind die resultierenden Spinquantenzahlen für Ni2+ = 1 und für Fe3+ Æ magnetische Momente: 2 mB bzw. 5 mB. Alle magnetischen Momente von A sind antiparallel zu dnen von B Æ es resultieren 16 m B als magnetisches Moment pro Einheitszelle (8 Ni2+-Ionen). Spinell-Struktur: 0 bildet ein dicht gepacktes Gitter, din dem 2 Zwischenräume (tetraedrisch, oktaedrisch) existieren. 8 Formeleinheiten / Einheitszelle mit 64 Tetraeder (A)und 32 Oktaeder (B)-plätzen. 8 A-Plätze und 16 B-Plätze sind besetzt.Abb. 19.10.: Die Pfeile geben die Richtungen der magnetischen Momente an. Die B-Ionen haben ihre magnetischen Momente antiparallel zu denen der A-Ionen (antiferromagnetische Kopplung). Darstellung der Besetzung der Plätze in Spinellen: Abb. 19.11. Im Falle des Mineral-Spinells (MgOAl2O3) besetzt Mg die A-Plätze und Al die B-Plätze (normale Spinellstruktur) In NiFe2O4 besetzen die Ni2+-Ionen die B-Plätze zusammen mit der gleichen Zahl von zufällig verteilten Fe3+-Ionen, während die restlichen Fe3+-Ionen A-Plätze Sättigungs-Magnetisierung: Ms = 16m B ª 2,5x105 Am -1 Einheitszellvolumen Die Zugabe eines nichtmagnetischen Stoffs wie Zn zu einem Spinell-Ferrit führt zu einer Erhöhung der Sättigungs-Magnetisierung: ZnFeO4 ist ein normaler Spinell mit der Präferenz von Zn auf A-Plätzen. Durch Substitution von Ni durch Zn entsteht 2+ ( Fe3+1-d Zn 2+d )( Fe3+1+ d Ni1-d )O 4 Die antiparallele Kopplung zwischen den magnetischen Momenten von A und B ist reduziert, da die Besetzung von A-Plätzen durch magnetische Ionen reduziert ist. Folglich ist der Curie-Punkt erniedrigt. Es ist jedoch der Überschuß der magnetischen Momente der Ionen auf Oktaederplätzen gegenüber den auf Tetraederplätzen angestiegen, und damit steigt die Magnetisierung (siehe Abb. 19.12. bis d = 0,4). Der spätere Abfall beruht auf der reduzierten Kopplung zwischen den A- und BPlätzen. Der Wert wird 0 mit d = 1. Die Spinell-Ferrite haben geringe magnetische Anisotropien und sind magnetisch weich. Abb. 19.10. Die Einheitszelle eines magnetischen inversen Spinells. Abb. 19.11. Diagrammartige Darstellung von Seitenbesetzung in (a) normalen und (b) inversen Spinellen. Abb. 19.12. Sättigungs-Magnetisierung per „Formel-Einheit“ 3+ 2+ 3+ 2+ Fe1+ für die Ferrite Fe1dZ nd dN i1-d O 4 als Funktion von d. ( )( ) Keramische Werkstoffe 87 ________________________________________________________________________________________________________________________ Hexaferrite Bariumhexaferrit (BaFe12O19) ist Modellsubstanz einer Klasse wichtiger hexagonaler Ferrite. Die Kristallstruktur ist der der Spinelle verwandt, aber sehr viel komplexer. Die Ba2+ und O2--Ionen bilden zusammen eine dichtgepackte Struktur; einige Schichten sind kubisch dichtgepackt und andere hexagonal dichtgepackt. Von den 12 Fe3+-Ionen sind 9 auf Oktaederplätzen, 2 auf Tetraederplätzen und 1 auf einem fünffach koordinierten Platz. 7 der Ionen auf Oktaederplätzen und das eine auf dem fünffach koordinierten Platz haben ihren Spin in einer Richtung,; die übrigen sind entgegengesetzt gerichtet Æ Überschuß von 4 Ionen mit Spin in einer Richtung. Da jedes Fe3+-Ion 5 Elektronen mit parallelem Spin aufweist, existieren 20 ungepaarte Spins je Formeleinheit. Das führt zu einer Sättigungsmagnetisierung von 20 mB pro Einheitszelle. BaFe12O19 weist eine extrem hohe magnetische Anisotropie auf (siehe Tab. 19.1.), mit der „leichten“ Richtung entlang der c-Achse. es zwischen den Ionen der ersten Übergangsreihe erwartet wird. Schreibweise der Granate nach Besetzung der Gitterplätze {R3 }c[ Fe2 ]a (Fe 3 )d O1 2 { }c : [ ]a : ( )d : 12-fach koordinierter Platz Oktaederplatz Tetraederplatz Es existiert eine starke Kopplung durch antiparallele Spins zwischen den Ionen auf den a- und d-Plätzen. Der Nettobeitrag / Formeleinheit ist 5mB. Die SE-Ionen auf den c-Plätzen haben ihre ungepaarten Spins antiparallel mit denen der Fe-Ionen auf den dPlätzen gekoppelt und tragen daher mit -3m R bei, wobei mR das magnetische Moment des R-Ios im Vielfachen des Bohrschen Magnetrons darstellt. Die gesamte Magnetisierung beträgt daher pro Formeleinheit M = 5 - 3mR Granate Granate sind eine Reihe isostruktureller Minerale mit der Zusammensetzung 3R' O⋅ R '2' O3 ⋅3SiO2 . Beispiel: 3CaO ⋅Al 2O 3 ⋅ 3SiO2 , 3CaO ⋅Fe 2O 3 ⋅ 3SiO2 , 3MnO⋅ Al 2O 3 ⋅ 3SiO2 . Y 3 Fe5 O1 2 (Yttrium-Eisen-Granat, YIG) ist das bekannteste Beispiel einer Klasse ferrimagnetischer Granate, die als Mikrowellenmaterial von Bedeutung ist. die kubische Einheitszelle enthält 8 Formeleinheiten (a ª 1200 pm) Y kann vollständig oder teilweise durch die Lanthanide (La, Ce, Nd, Gd etc.) ersetzt werden. Die Struktur enthält daher 2 Arten magnetischer Ionen (Fe und SE). In den Lanthaniden sind die ungepaarten 4f-Elektronen durch die 5s5p-Elektronen abgeschirmt. als Konsequenz der geringeren Orbital-Gitter-Kopplung existiert daher ein Beitrag der Orbitale zusätzlich zu dem der ungepaarten Spins. Die Lanthaniden tragen daher stärker zur Magnetisierung bei als es nach den Regeln, die für die Elemente der ersten Übergangsreihe gelten, erwartet wird. Als weitere Folge der Abschirmung ist die Kopplung der Lanthaniden-Ionen mit anderen Ionen schwächer als mR > 7 für Gd, Tb, Dy; m R ª 3,5 für Tm; mR ª 2,7 für Yb; mR ª 0 für Lu und Y. Für m R > 5 3 ist M negativ; M ist bei OK vom Beitrag der SE-Ionen dominiert. Für höhere Temperaturen nimmt dieser Beitrag der SE-Ionen wegen der schwachen Kopplung zwischen dem Fe auf d-Plätzen und dem R auf cPlätzen ab. Die Magnetisierung fällt auf 0 und steigt dann wieder. 0-Magnetisierung: = Kompensationspunkt Da bei hohen Temperaturen die Magnetisierung Abb. 19.13. Abhängigkeit der Sättigungs-Magnetisierung von der Temperatur für unterschiedliche Granate. 88 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ Abb. 19.14. Abhängigkeit der Sättigungs-Magnetisierung von der Temperatur für Y3(1-x)Gd3xFe5O12 für verschiedene x-Werte. hauptsächlich von der ( Fe3+ )d - [ Fe3+ ]a -Kopplung abhängt, zeigen alle SE-Granat-Ferrite ohne Substitution für Fe etwa den gleichen Curie-Punkt. Abhängigkeit der Sättigungs-Magnetisierung: Abb. 19.13. Durch das Auftreten des Kompensationspunkts kann die Magnetisierung nahezu - innerhalb eines gewissen Temperaturbereichs - temperaturunabhängig gemacht werden: Abb. 19.14. für Y3(1-x)Gd3xFe5O12 mit verschiedenen x-Werten als Parameter. Sintern der Granate in Luft möglich, da nur Fe3+ vorliegt. Eigenschaften wie die Gitterdimensionen, Temperaturkoeffizient der Magnetisierung, Expansion und magnetische Anisotropie können durch Anpassung der Zusammensetzung eingestellt werden. Granate können als Einkristalle und epitaktische einkristalline dünne Schichten hergestellt werden. Sie sind die Basis für magnetische Bubble-Memories. Eigenschaften, die das magnetische Verhalten beeinflussen - Weichferrite Beispiele: Abb. 19.15. Die wesentlichen Materialeigenschaften werden im Hinblick auf die Beeinflussung durch Zusammensetzung und Mikrostruktur diskutiert. Abb. 19.15. Eine Auswahl von Weichferrit-Gegenständen: (a) gewundenes TV Ablenkjoch und ungewundenes Joch; (b) Ferrit-Kerntransformatoren; (c) Transformatorenkerne; (d) Gefäßkerne Ursprüngliche Permeabilität (mri) Hohe Permeabilität wird durch Kontrolle der Zusammensetzung und der Mikrostruktur in komplexer Weise durch hohe Sättigungsmagnetisierung, niedrige magnetische Anisotropie und niedrige Magnetostriktion erreicht. Da die magnetische Anisotropie sehr schnell am Curie-Punkt mit der Abnahme der Sättigungsmagnetisierung abnimmt, ergibt sich als Ergebnis der beiden Einflüsse ein Peak in der Permeabilität gerade unterhalb der Curie-Temperatur. Abb. 9.16. zeigt die Abhängigkeit von m ri von der Temperatur für MnZnund NiZn-Ferrite für verschiedene ZnGehalte. Sie stimmt mit der Änderung der Curie-Temperatur und dem ZnGehalt überein. In NiZn-Ferriten kann durch Substitution geringer Mengen von Co Keramische Werkstoffe 89 ________________________________________________________________________________________________________________________ Abb. 19.16. DieWirkung von Temperatur auf die relative Ausgangsdurchlässigkeit mri für verschiedene d Werte in (a) Mn1dZndFe2O4 und (b) Ni1-d ZndFe2O4. für Ni die Anisotropie erniedrigt werden, da Co-Ferrite ein entgegengesetztes Vorzeichen aufweisen. Die Magnetostriktion kann durch die Sinteratmosphäre reduziert werden, indem eine geringe Menge Fe2+ gebildet wird (Die Magnetostriktionskonstante hat für Fe3O4 ein umgekehrtes Vorzeichen im Vergleich zu den meisten anderen Ferriten; siehe Tab. 19.2.) Wesentlicher Beitrag zu m ri von der Bewegung der Bloch-Wände. Daher hat die Mikrostruktur einen wesentlichen Einfluß. In hohem Maße beweglicher Domänenwände dürfen nicht von Mikrostrukturdefekten „gepinnt“ sein. Es werden daher für hohe Permeabilitäten große deflektierte Körner mit niedriger magnetischer Anisotropie verlangt. Abb. 19.18. Abhängigkeit der relativen Anfangspermeabilität von der Korngröße. Abb. 19.19. Abhängigkeit der relativen Anfangspermeabilität von der Porosität: Kurve A, Ni0.5Zn0.5Fe2O4; Kurve B, NiFe2O4. Abb. 19.18. und 19.19. zeigen die Abhängigkeit von der Konrgröße und der Porosität. ii) Verlustfaktor (tan d)/mri Der Verlustfaktor wird meist durch seine 3 Hauptbeiträge ausgedrückt: tan d tan dh tand e tan dr = + + mri mri m ri m ri (19.28) h: Hysteres, e: Wirbelstrom, r: Rest (z. B. ferrimagnetische Resonanz, Domänenwand-Resonanz). Abb. 19.17. Mikrostruktur der hohen Permeabilität von Mn-Zn Ferriten mit unterschiedlichen Korngrößen: (a) mri = 6500; (b) mri = 10000; (c) mri = 16000; (d) mri = 21500 Bei niedrigen Strömen und hohen Frequenzen kann tan dr dominieren. Bei hohen Amplituden (> 10 mT), n = 15...100 kHz wird die Verlustleistung 90 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ Abb. 19.21. Abhängigkeit des spezifischen Widerstands der Ferrite Ni0.3Zn0.7Fe2+dO4-x vom Eisengehalt. Abb. 19.20. Temperaturabhängigkeit vom spezifischen Widerstand für NiZn und MnZn Ferrite. hauptsächlich durch Hysterese verursacht. iii) Spezifischer elektrischer Widerstand Der elektrische Widerstand eines Ferritkerns bestimmt die Wirbelstromverluste. Typische RT-Widerstände von Ferriten: 10 - 108 W . (Vergleich ferromagnetische Legierungen: 10-4 W cm) Abb. 19.20.: Widerstand versus Temperatur fpr MnZn und NiZn-Ferrite. Leitfähigkeitsmechanismus: vermutlich durch Hopping zwischen Ionen derselben Art auf äquivalenten Gitterplätzen, z. b. Fe3+ ´ Fe2+, Mn3+ ´ Mn2+, Ni3+ ´ Ni2+. In der idealen inversen Spinellstruktur (NiFe2O4, MnFe2O4) gibt es keine Möglichkeit für Hopping. Jeder reale Kristall zeigt jedoch gleiche Ionen unterschiedlicher Oxidationszustände auf äquivalenten Plätzen (beispielsweise durch Sintern unter etwas reduzierenden Bedingungen). Beispiel der Abhängigkeit der elektrischen Leitfähigkeit von der Zusammensetzung, den Sinterbedingungen und der Mikrostruktur: Abb. 19.21, Ni0.3Zn0.7Fe2+dO4-x mit Variation von d. d = 0: gesamtes Eisen ist Fe3+, deshalb kein Hopping; d > 0: Bildung von Fe2+ (Fe2+ ´ Fe3+-Hopping); d < 0: Bildung von Ni3+, wobei der Prozeß Ni2+ Æ Ni3+, daher (teilweise) Bildung von Sauerstoffleerstellen. Daher ergibt sich ein sehr hoher Anstieg des Widerstands. Abb. 19.22. Abhängigkeit des spezifischen Widerstands der Ferrite NiFe1.9CodO4 auf den Kobaltgehalt. Abb. 19.23. Schematisches Diagramm von Ferriten mit halbleitenden Körnern umgeben von isolierenden Korngrenzen. Erhöhung des Widerstandes von Ni-Ferrit durch Einbau von Co: Abb. 19.22. Das Co wird eher reduziert (Co3+ Æ Co2+) als Fe. Das Fe3+ bleibt also in diesem Oxidationszustand. (Co3+ ´ Co2+ hat nur einen geringen Einfluß wegen der großen Distanz) Beispiel der Bedeutung der Abkühlrate nach dem Sintern: Ni0.4Zn0.6Fe2O4 zeigt nach dem Sintern in Luft bei 1300 °C nach dem Abschrecken einen spezifischen Widerstand von 103 W cm. Nach langsamem Abkühlen zeigt sich ein Wert von 105 W cm. Bei hohen Tempera- Keramische Werkstoffe 91 ________________________________________________________________________________________________________________________ Abb. 19.26. Durchkreuzung einer BlochWand durch eine Pore. Abb. 19.24. Einfluß von SiO2 und CaO Verbindungen mit den Fen0.68Zn0.2Fe2O4 auf den spezifischen Widerstand (Wm). turen ist Fe2+ begünstigt, das nur durch langsames Abkühlen zu Fe3+ oxidiert werden kann. Ebenso kann die Mikrostruktur eine Rolle spielen. Bei der Abkühlung können die Korngrenzen bevorzugt oxidiert werden und eine Region hohen Widerstands bilden (Abb. 19.23.). Weitere Möglichkeit: Zugabe geringer Mengen von CaO oder SiO2 (Abb. 19.24) Æ Segregation mit isolierender Region an der Korngrenze. iv) Permittivität (er). MnZn-Ferrite: Bei n = 1 Ghz ist er ª 10; bei n = 1 kHz ist er = 104...106. Ursache: relativ isolierende Korngrenzen (vgl. iii)). v) Resonanzeffekte. Die magnetokristalline Anisotropie von NiZn-Ferriten ist größer als von MnZn-Ferriten (Tab. 19.1.). Resonanz tritt auf, wenn die Frequenz des angelegten Feldes mit der natürlichen Präzessionsfrequenz, d. h. der Larmorfrequenz, übereinstimmt. Æ Permeabilität nimmt ab und Verluste nehmen zu (siehe Abb. 19.25 für NiZn-Ferrite). Der Einsatz dieser “ferrimagnetischen Resonanz“ beschränkt die Anwendung von MnZn-Ferriten auf n < 2 Mhz. Bei höheren Frequenzen (bis ª 200 Mhz) sind Zusammensetzungen des magnetokristallinen anisotropen NiZn-Ferrits zu verwenden. Ein anderes Resonanzphänomen hängt mit der Domänenwand-Bewegung zusammen. Es tritt bei ª 1/10 der ferrimagnetischen Resonanzfrequenz auf. Am Anfang der jungfräulichen Magnetisierungskurve tritt eine reversible Bewegung der Bloch-Wände auf. Bei höheren Feldern werden die Bewegungen irreversibel. Betrachtung des Zusammentreffens der Wand mit einer 2. Phase, z. B. einer Pore (Abb. 19.26.). Die Pore besitzt eine hohe magnetische Energie aufgrund der freien Pole an ihrer Oberfläche. Diese Energie kann beim Zusammentreffen mit einer Pore reduziert werden. Es besteht daher eine Tendenz für Wände, so viele Poren zu treffen wie möglich. Die Wände sind an die Poren (oder Einschlüsse) „gepinnt“. Ein gewisses Schwellenfeld muß angelegt werden, um sie zu lösen. Kleine Felder Æ leichte Verschiebung aus dem Energieminimum; beim Abschalten des Feldes reversible Rückkehr. Hohe Felder Æ Verschiebung über die Potentialbarriere in ein neues, entferntes Minimum; irreversible Verschiebung. Abb. 19.25. Magnetische Eigenschaften der polykristallinen Ni1-dZndFe2O4 als Funktionen von d und Frequenz: Kurve A, d = 0; Kurve B, d = 0.2; Kurve c. d = 0.36; Kurve D, d = 0.5; Kurve E, d = 0.64; Kurve F, d = 0.7; 92 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ Hartferrite Permanent magnetische Werkstoffe unterscheiden sich von den weichmagnetischen durch ihre hohe Koerzivität Hc, typischerweise > 150 kAm-1. i) Remanenz Br. Remanenz ist teilweise durch die Sättigungsmagnetisierung Ms und teilweise durch das Ausmaß der Disorientierung des Magnetisierungsvektors durch die Domänenentwicklung nach Entfernen des Sättigungsfeldes gegeben. Da der Magnetismus in Hexaferriten au der ferrimagnetischen Kopplung beruht und ein großer Teil der Ionen (Ba, Sr, O) nichtmagnetisch ist, ist ihre Sättigungsmagnetisierung niedrig im Vergleich zu metallischen Magneten. Hexaferrite haben hohe uniaxiale Anistotropien; die Remanenz kann deshalb durch eine Mikrostruktur mit der Orientierung der Kristallite in c-Richtung („leichte“ Richtung) verbessert werden. Polykristalle haben wegen der willkürlichen Orientierung der Kristallite geringere Remanenz als Einkristalle. ii) Koerzitivität Hc Die hohe Koerzitivität der Hexaferrite beruht primär auf ihren hohen magnetokristallinen Anisotropien, die zu Anisotropiefeldern von ª 1400 kA/m führt. Die praktisch erzielbaren Koerzitivfelder sind nur ein Bruchteil dieses Betrages, da kleinere Felder die Bewegung von Blochwänden verursachen kann. Es wurde beobachtet, daß das Koerzitivfeld ein Maximum aufweist, wenn die mittlere Korngröße ª 1 mm ist (Abb. 19.27). Bei kleineren Teilchengrößen wird der Gehalt an Domänenwänden reduziert, da deren Existenz Abb. 19.28. Demagnetisierungs- und Energieproduktkurven. energetisch unvorteilhaft wird. iii) Maximalenergieprodukt (BH)max Wir betrachten einen Permanentmagneten, der zum Aufbau eines magnetischen Feldes zwischen seinen Polen dienen soll. Ampèresches Theorem: ( Bg H g ) V g = - ( BmH m ) Vm (19.29) Bg, Bm, Hg, Hm: Flüsse und Felder in dem Luftgap und dem magnetischen Material; Vg, Vm: Gap- und Materialvolumina. Typische Demagnetisierungskurven: Abb. 19.28 (mit der Energie-Produkt-Kurve). Die horizontale Linie durch (BH)max schneidet bei P die Demagnetisierungskurve, um den optimalen Arbeitspunkt zu definieren. Bei Remanenz ist Br = m 0 Mr (Mr: remanente Magnetisierung). Dann ist das Demagnetisierungsfeld gegeben durch H D = -N DM r = - ND Br m0 (19.30) Es ist notwendig, daß HD nicht eine bestimmte Feldstärke Hi überschreitet, da sonst die remanente Magnetisierung permanent reduziert wird. HD < Hi (19.31) d. h. N DB r m H < Hi oder N D < 0 i m0 Br Abb. 19.27. Die Abhängigkeit der Koerzitivität von der Teilchengröße von einem Barium-Hexaferrit-Pulver. (19.32) Keramische Werkstoffe 93 ________________________________________________________________________________________________________________________ Tab. 19.3. Mikrowellenband Bezeichnungen Das bedeutet, daß geometrische Formen mit hohen Demagnetisierungsfaktoren nicht ihre remanente Magnetisierung beibehalten. In grober Näherung kann für Hi der Wert von Hc eingesetzt werden. Die Größe von m 0Hc/Br ist für permanente magnetische Materialien nahe 1 Æ Verwendung von Formen mir hohen Demagnetisierungsfaktoren (beispielsweise großen dünnen Scheiben). Keramische Scheiben sind besonders effizient, wenn ihr Dicken-/ Durchmesserverhältnis 1:2 ist, da sie dann nahe dem Punkt P in Abb. 19.28 liegen. Ni-Al-Co-Magnete haben dagegen m0Hc/Br-Verhältnisse von ª 0.1, so daß sie in der Form von Würfeln (ND ª 0.3) beispielsweise die remanente Magnetisierung nicht beibehalten. Metallische Magnete sind besonders in der Form von Stäben mit Längen-/ Durchmesser-Verhältnissen von ª 5 effizient. Mikrowellen-Ferrite Typischer Frequenzbereich: 1 Ghz 300 Ghz (l = 30 cm - 1 mm). Die Mikrowellenfrequenzbänder sind mit Codes belegt: Tab. 19.3. Neuerdings gewinnt die Triservice-Klassifizierung an Akzeptanz. Mikrowellen können entlang Wellenleisten ausgebreitet werden, die einfach ein Metallrohr sind. Durch das Einführen von Materialien in die Wellenleiter kann die Ausbreitungscharakteristik geändert werden. Daraus entstanden Isolatoren, Gyratoren, Phasenverschieber, Zirkulatoren etc. Eine wichtige Rolle spielen einige Ferrite, hauptsächlich solche mit hohem elektrischen Widerstand gekoppelt mit geringen magnetischen Verlusten. Mikrowellen können durch Ferrite eine beträchtliche Distanz zurücklegen und werden dabei in einer vorgegebenen Weise durch die Wechselwirkung zwischen den magnetischen und elektrischen Feldkomponenten der Welle und den magnetischen und dielektrischen Eigenschaften des Materials modifiziert. (Wenn elektromagnetische Wellen durch ein Dielektrikum hindurchgehen, ist nur die Wechselwirkung zuwischen der elektrischen Feldkomponente und dem Material von Bedeutung.) Wenn H auf ein Elektron mit Spin einwirkt, ist der Drehimpulsvektor gegenüber der Feldrichtung in einem Winkel geneigt. Da mit dem Drehimpuls ein magnetisches Moment verbunden ist, erfährt das Elektron eine Präzession um die Feldrichtung mit der Larmorfrequenz w L = gm 0H (19.33) Im Falle ferro- und ferrimagnetischer Materialien sind die Spins stark innerhalb des Gebiets einer Domäne gekoppelt. Wenn ein hinreichend starkes Magnetfeld angelegt 94 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ Abb. 19.29. Präzessionsbewegung der Magnetisierung: (a) M2, das sich mit H als Präzessionsenergie in eine Gerade schraubt, wird zerstreut; (b) Präzession wird durch ein angelegtes Radiofrequenzfeld aufrechterhalten. wird, verschwindet die Domänenstruktur und das Material besitzt einen Magentisierungsvektor Ms, der mit der Larmorfrequenz um H präzessiert. Wegen der SpinOrbit-Gitterkopplung wird die Präzessionsenergie stetig dissipiert, und Ms richtet sich langsam in H-Richtung aus (Abb. 19.25.a). Notwendige Zeit für den Energieübertrag: Relaxationszeit t. Die Präzessionsbewegung kann durch ein geeignetes Radiofrequenzfeld, das dem stationären Feld überlager ist, aufrechterhalten werden. Abb. 19.25.b: Hrf liegt in x-y-Ebene an und rotiert in der gleichen Richtung mit der gleichen Frequenz wie die Präzession („Gyromagnetische Resonanz“). In der Praxis wird das stationäre Feld, das die Larmor-Frequenz bestimmt, von dem extrem angelegten Feld, dem Demagnetisierungsfeld und dem Anisotropiefeld aufgebaut: ≡ effektives Feld He. Abb. 19.30 zeigt He, bei dem in einigen wichtigen Kommunikations- und Radarfrequenzbändern Resonanz eintritt. Niedrige Felder, wenn die Ferrite magnetisch ungesättigt sind: breitbandige Verluste („Niedrigfeld-Verluste“). Das Radiofrequenzfeld ist in Resonanz mit der Magnetisierung in individuellen Domänen, die um das Anisotropiefeld HA präzessiert. diese Resonanz tritt in einem Frequenzbereich zwischen m0gHA und m 0g(HA + Ms) auf. Für Niederfrequenz-Anwendungen sollten daher HA und Ms so klein wie möglich sein. Abb. 19.30. Effektive Feldwerte He bei denen in einigen wichtigen Frequenzbändern Resonanz auftritt. Abb. 19.31. Abhängigkeit der Permeabilität He für rechts- und linksdrehend polarisierte Komponenten einer eben polarisierten Mikrowelle der Frequenz w=gm0H0. sind, aufgelöst werden. Diese 2 Komponente wechselwirken sehr unterschiedlich mit dem Material, was zu verschiedenen komplexen relativen Permeabilitäten führt: * ' * * ' '' m r+ = mr + - jm r + ,mr - = mr - - jm r (Abb. 19.31). Dadurch unterscheiden sich die Phasengeschwindigkeiten der beiden Komponenten. Das Zurückbleiben der negativen (oder linksdrehenden) Komponente führt zu einer Rotation der Polarisationsebene im Uhrzeigersinn. Die Drehung relativ zu He hängt nicht von der Ausbreitungsrichtung ab; bei Reflexion erfolgt weitere Drehung (statt Rückdrehung). Ohne Ableitung: Drehung q pro Länge L: q er = m 0 gMs L 2c (19.34) Zum Verständnis wichtiger Mikrowellen-Anwendungen: Betrachtet wird die Ausbreitung einer in einer Ebene polarisierten Mikrowelle in einem Ferriten in der Richtung eines Sättigungsfeldes He. Mit typischen Werten von eR = 10, Ms = 170 kA m-1 folgt q/L = 10°/mm. Die Welle kann in 2 Komponenten gleicher Amplituden, die in entgegengesetzter Richtung zirkular polarisiert Beiträge zur Resonanzlinienbreite: i) intrinsische Linienbreite des 1-Kristalls (N 1t ) Keramische Werkstoffe 95 ________________________________________________________________________________________________________________________ ii) polykristalline Materialien: magnetische Anisotropien, mikrostrukturelle Eigenschaften. Jeder Kristallit erfährt sein eigenes effektives Feld. Wegen der verschiedenen Orientierungen der Kristallite entsteht eine Verteilung von Resonanzfrequenzen. Magnetische Inhomogenitäten, (z. b. Einschlüsse oder Poren) stören ebenfalls das lokale effektive Feld. Æ Porenfreie, einphasige Mikrostruktur ist für eine minimale Linienbreite notwendig. Es besteht ebenfalls eine Abhängigkeit vom Oberflächenfinish. Bei hohen Mikrowellenleistungen werden Spinwellen angelegt (statt an der bisher diskutierten Präzession). Die Leistung des radiofrequenten Feldes ist dann in das Spinwellen-System eingekoppelt, und die Energiedissipation wächst stärker als proportional mit wachsender Leistung an. Die Leistungsschwelle Pc, bei der Spinwellen-Resonanz eintritt, wird als Materialparameter DHk, der Spinwellen-Linienbreite, gemessen, die ein Maß für die Dämpfung der Spinwellen ist. 2 Methoden, um DHk, zu erhöhen (und damit die Möglichkeit, Leistung zu handhaben): — Modifizierung der Zusammensetzung, beispielsweise Substitution von Gd in Y2.9Gd0.1Fe5O12 durch H0 und Dy. (10fache Erhöhung von DHk) — Kleine Korngrößen (30 mm Æ 1 mm: 50-fache Erhöhung von DHk). D. h. 1-Kristalle sind optimale Mikrowellenmaterialien bei niedrigen Feldern; feinkörnige Materialien sind für hohe Leistungen zufriedenstellender. Fe2O3 und Fe3O4 treten mit > 90% Reinheit in großen Mengen auf. Die meisten Übergangselemente sind rein als Metalle verfügbar, die in Säuren gelöst werden können. eine Mischung der Nitrate kann eingedampft und calciniert werden, um Ausgangsoxidmischungen zur Herstellung der Spinelle und Granate zu bilden. Alternativ können Mischungen aus Oxiden, Karbonaten und Oxalaten ausgefällt werden. Mischen, Calcinieren, Mahlen. Kugelmühle mit Stahlkugeln (Æ Erhöhung des FeGehalts um 0,5 - 1 w/o). Calcinierung in einzelnen Chargen oder kontinuierlich in Rotationsöfen. Verwendung von Luftatmosphäre zur Bildnung eines hohen Mn3+-Anteils, da ein geringer Mn3+-Anteil im frühen Stadium des Sinterns (ª 430 °C) nachteilig ist. Sintern. Niedrige P O 2 : N2 (bei 1000 - 1300 °C). Aufrechterhalten des niedrigen P O 2 bis Abkühlung auf 500 °C. Einkristalline Ferrite. Anwendung in Tonköpfen, die hochabriebbeständig sein müssen. (MnZn)Fe2O4: Bridgman-Stockbarger-Methode. Granat-Ferrite (Schmelzen inkongruent): Zucht aus Lösungen in Mischungen auf der Basis von Bleioxid. GdGa-Granate (schmelzen kongruent): Czochralski- Herstellung von Ferriten Für die meisten Anwendungen geeignet: (MnZn)- und (NiZn)-Ferrite [(MnZn) Fe2O4, (NiZn)Fe2O4]. (MnZn)-Ferrite haben die niedrigeren Materialkosten, haben sonstige günstige Eigenschaften außer der Eignung bei hohen Frequenzen, haben aber den Nachteil des Sinterns unter geeigneten reduzierenden Bedingungen. (NiZn)-Ferrite können in der Luft gesintert werden. Rohstoffe Mineralien (mechanische oder chemische Reinigung). Abb. 19.32. Orientierung von Teilchen während des Extrudierens. 96 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ Verwendet werden nur Ferrite mit der hexagonalen Magnetoplumbit-Struktur (MO · 6 Fe2O3 , M = Ba, Sr). Methoden zur Orientierung der „leichten“ Magnetisierungsachsen in gesinterten Keramiken: Pressen von Mischungen aus Fe2O3 und BaCO3 und Sintern bei 1300 °C in Luft oder Calcinieren von Fe2O3 + BaCO3 und analoge Behandlung wie für Weichferrite. Orientieren durch Herstellen eines Schlickers mit Wasser, das durch Pressen in einer besonderen Preßform enfernt wird. Demagnetisierung und statische Felder werden durch Spulen um die Preßform herum angewandt. Anisotropie kann auch durch Anlegen eines Feldes während des Extrudierens erzeugt werden. Verwendung einer Paste aus Ba-Ferrit-Pulvr und eines viskos-flüssigen Mediums. Abb. 19.33. Orientierung von Teilchens beim Kalendern. Methode. Magnete mit orientierten Mikrostrukturen. Wesentlich für Permanentmagnete: — Hohes Koerzitivfeld, — hohe remanente Magnetisierung, — Erhalt dieser Eigenschaften über den Betriebstemperaturbereich. Ba-Ferrit-Pu.ver wird auch in Gummi oder PolymerMatrizen eingebracht. Das Pulver kann durch Kalendern hinzugefügt werden (Abb. 19.33), d. h. durch das Passieren einer Mischung aus Polymer und Ferrit zwischen Rollen, die mit verschiedenen Geschwindigkeiten rotieren. die starke Scherung verteilt das Pulver und orientiert die plättchenähnlichen Teilchen. Anwendungen. Induktoren und Transformatoren für kleine Signale. Ersatzschaltkreis: Abb. 19.35. Uc 1 w L = = 0 =Q U w0 RC R Q: Qualitätsfaktor; U: Spannungsabfall über R Abb. 19.34. Diagramm des Preß-Kreislaufs: M, Gießform; S, S’, Stanzen; P, Injektionspumpe; F, Suspension; C, Magnetspule. Die Stanzen enthalten Filter und Drainagetunnel für das Wasser. (i) Bevor und (ii) nachem das Material inden Komprssionszwischenraum eingefüllt wird, wird der Raum von 40% auf 13% Wassergehalt verdichtet und die Teilchen orientieren sich am magnetischen Feld: (iii) nach Verdichtung durch leichte Aufwärtsbewegung der unteren Stanze hängt der Grad der Bewegung von der Dicke des Materials ab; Demagnetisierung; (iv) Entfernen des kompakten Produktes. Abb. 19.35. Reihen-LCR-Schaltkreis