Gemeinde Oberderdingen Geplantes Baugebiet „Industriegebiet, 7. Abschnitt“ (Kreuzgarten) Artenschutzrechtliche Prüfung Auftraggeber: Gemeinde Oberderdingen Amthof 13 75038 Oberderdingen Auftragnehmer: THOMAS BREUNIG INSTITUT FÜR BOTANIK UND LANDSCHAFTSKUNDE Bahnhofstraße 38 76137 Karlsruhe Telefon: (0721) 9379386 Telefax: (0721) 9379438 E-Mail: [email protected] Bearbeitung: Diplom-Biologe Siegfried Demuth Karlsruhe, Oktober 2011 Gemeinde Oberderdingen artenschutzrechtliche Prüfung Industriegebiet, Abschnitt 7 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung und Aufgabenstellung.......................................................................3 2 Methodik...............................................................................................................3 3 Ergebnisse der Untersuchungen .......................................................................3 4 5 3.1 Vögel ......................................................................................................................3 3.2 Habitatstrukturen.....................................................................................................4 Artenschutzrechtliche Beurteilung ....................................................................4 4.1 Vorbemerkung ........................................................................................................4 4.2 Betroffenheit von besonders geschützten Arten [§ 44 Abs. 1, Nr. 1 BNatSchG] ......4 4.3 Störungsverbot streng geschützter Arten und europäischer Vogelarten.................... [§ 44 Abs. 1, Nr. 2 BNatSchG] ................................................................................5 4.4 Betroffenheit von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten besonders geschützter............. Arten [§ 44 Abs. 1, Nr. 3 BNatSchG] .......................................................................5 4.5 Fazit der artenschutzrechtlichen Prüfung ................................................................5 Literatur ................................................................................................................6 Anhang Karte Vogelkartierung Institut für Botanik und Landschaftskunde 2 Gemeinde Oberderdingen artenschutzrechtliche Prüfung Industriegebiet, Abschnitt 7 1 Einleitung und Aufgabenstellung Die Gemeinde Oberderdingen plant im Gewann Kreuzgarten südlich des Ortsteils Flehingen zwischen der Bahnlinie und der B 293 die Ausweisung eines ca. 8,4 ha großen Baugebiets (siehe Karte im Anhang). Die Gemeinde hat das Büro Breunig, Karlsruhe, am 21.1.2011 beauftragt, für das Vorhaben eine artenschutzrechtliche Bewertung vorzunehmen. Die Erfassung der Vögel sowie die artenschutzrechtliche Prüfung erfolgte durch Diplom-Biologen Siegfried Demuth. 2 Methodik Da im Gebiet nur intensiv bewirtschaftete Äcker vorkommen, wurde auf Grund der Struktur und Habitatausstattung nur die Vögel als artenschutzrelevante Artengruppen ausgewählt. Nach Anhang IVa der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) sind alle europäischen Vogelarten besonders geschützt, einige Arten dieser Artengruppen darüber hinaus streng geschützt. Die Vögel wurden an drei Begehungsterminen (15.4., 21.4. und 3.6.2011) erfasst. Die Beobachtungen erfolgten zwischen Sonnenaufgang und etwa 11.00 Uhr. Die Vogelkartierung orientiert sich an den Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands (SÜDBECK et al. 2005). 3 Ergebnisse der Untersuchungen 3.1 Vögel Im Untersuchungsgebiet wurde insgesamt drei Vogelarten nachgewiesen, darunter eine Art mit Brutverdacht. Tabelle 1: beobachtete Vogelarten deutscher Name Feldlerche Rabenkrähe Turmfalke wissenschaftlicher Name Alauda arvensis Corvus corone Falco tinnunculus Status BV N/ÜF N/ÜF B Rote Liste b b s BW 3 * V Datum D 3 * * I / II / III III I Erläuterungen: Status BV: Brutverdacht; N: Nahrungsgast; ÜF: Überflieger Rote Liste Gefährdungsstatus nach der Roten Liste Deutschland (D) und Baden-Württemberg (BW): * nicht gefährdet, V Art der Vorwarnliste, 3 gefährdet § Art ist nach der EG- oder der Bundesartenschutzverordnung besonders (b) oder streng (s) geschützt Datum der Beobachtung: I = 15.4.2011; II = 21.4.2011; III = 3.6.2011. Als artenschutzrechtlich relevante Brutvogelart im Gebiet ist die in Baden-Württemberg und in Deutschland gefährdete Feldlerche zu betrachten. Am 15.4.2011 wurden über dem Winterweizenfeld ein singendes Männchen beobachtet sowie einmal ein Auffliegen eines Vogels aus dem Feld. Am 21.4.2011 wurde ebenfalls ein über dem Feld singendes Männchen beobachtet, das auch ins Feld eingeflogen ist. Die Beobachtungen lassen einen Brutverdacht für ein Feldlerchenpaar zu. An allen drei Beobachtungsterminen konnten auch über den benachbarten Feldern außerhalb des Untersuchungsgebiets mehrere singende Feldlerchen beobachtet werden. Es ist davon auszugehen, dass im weiteren Umkreis mehrere Brutquartiere vorhanden sind. Institut für Botanik und Landschaftskunde 3 Gemeinde Oberderdingen artenschutzrechtliche Prüfung Industriegebiet, Abschnitt 7 3.2 Habitatstrukturen Die Ackerflächen sind extrem strukturarm und weisen keinerlei Gehölzbestände oder andere Biotopelement auf. Geeignete Habitatstrukturen für weitere artenschutzrelevante Tiergruppen sind nicht vorhanden. 4 Artenschutzrechtliche Beurteilung 4.1 Vorbemerkung In den Bestimmungen des § 44 BNatSchG wird zwischen Arten, die aufgrund nationaler Bestimmungen besonders oder streng geschützt sind, und europäisch geschützten Arten unterschieden. Zu den national geschützten Arten zählen alle Tier- und Pflanzenarten nach Anhang A und B der EG-Artenschutzverordnung sowie nach Anlage 1, Spalte 2 und 3 der Bundesartenschutzverordnung. Dabei wird zwischen besonders und streng geschützten Arten unterschieden. Für alle besonders geschützten Arten, die nicht zugleich auch europäisch geschützt sind, gilt bei nach § 15 BNatSchG zulässigen Eingriffen in Natur und Landschaft die so genannte „Freistellungsklausel“ nach § 44 Abs. 5 BNatSchG, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Zu den europäisch geschützten Arten gehören alle heimischen europäischen Vogelarten sowie alle Arten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie. Nachfolgend erfolgt eine Beurteilung der Planung im Hinblick auf mögliche Verbotstatbestände nach § 44 BNatSchG. Eine abschließende Prüfung bleibt der zuständigen Behörde vorbehalten. 4.2 Betroffenheit von besonders geschützten Arten [§ 44 Abs. 1, Nr. 1 BNatSchG] Gesetzliche Grundlage Nach § 44 Abs. 1, Nr. 1 ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Weiterhin gilt nach § 44 Abs. 5: Für nach § 15 zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft sowie nach Vorschriften des Baugesetzbuches zulässige Vorhaben im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe von Satz 2 bis 7. Sind in Anhang IVa der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten oder europäische Vogelarten betroffen, liegt ein Verstoß gegen das Verbot des Absatzes 1 Nr. 3 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wild lebender Tiere auch gegen das Verbot des Absatzes 1 Nr. 1 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt werden. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens ein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nicht vor. Beurteilung Unter der Voraussetzung, dass die Baumaßnahmen zwischen Anfang Oktober und Ende Februar – außerhalb der Brutzeit der Feldlerche – erfolgen, wird der Verbotstatbestand für die Gruppe der Vögel nicht erfüllt. Institut für Botanik und Landschaftskunde 4 Gemeinde Oberderdingen artenschutzrechtliche Prüfung Industriegebiet, Abschnitt 7 4.3 Störungsverbot streng geschützter Arten und europäischer Vogelarten [§ 44 Abs. 1, Nr. 2 BNatSchG] Gesetzliche Grundlage Nach § 44 Abs. 1, Nr. 2 ist es verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population verschlechtert. Beurteilung Unter der Voraussetzung, dass die Baumaßnahmen zwischen Anfang Oktober und Ende Februar – außerhalb der Brutzeit der Feldlerche – erfolgen, wird der Verbotstatbestand für die Gruppe der Vögel nicht erfüllt. 4.4 Betroffenheit von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten besonders geschützter Arten [§ 44 Abs. 1, Nr. 3 BNatSchG] Gesetzliche Grundlage Nach § 44 Abs. 1, Nr. 3 BNatSchG ist es verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Sind in Anhang IVa der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten oder europäische Vogelarten betroffen, liegt ein Verstoß gegen das Verbot des Absatzes 1 Nr. 3 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wild lebender Tiere auch gegen das Verbot des Absatzes 1 Nr. 1 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt werden. Beurteilung Durch das geplante Baugebiet erfolgt ein Eingriff in Ackerflächen, die eine Fortpflanzungsstätte für die Feldlerche darstellen, eine in Baden-Württemberg und Deutschland gefährdete Art. Da im weiteren Umfeld der Vorhabensfläche mehrere weitere Reviere mit Brutverdacht ermittelt wurden, kann davon ausgegangen werden, dass die ökologische Funktion der vom Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Als lokale Population können bei flächig verbreiteten Arten nach der Definition der LÄNDERARBEITSGEMEINSCHAFT NATURSCHUTZ (2009) die Vorkommen im Bereich einer Gemeinde, eines Kreises oder des Naturraums zusammengefasst werden. Der Verbotstatbestand für die Gruppe der Vögel wird daher nicht berührt. 4.5 Fazit der artenschutzrechtlichen Prüfung Insgesamt werden durch das Vorhaben nach gutachterlicher Beurteilung keine Verbotstatbestände des § 44 Bundesnaturschutzgesetz berührt. Institut für Botanik und Landschaftskunde 5 Gemeinde Oberderdingen artenschutzrechtliche Prüfung Industriegebiet, Abschnitt 7 5 Literatur HÖLZINGER J., BAUER H.-G., BERTHOLD P. & BOSCHERT M. (Bearbeitung), LANDESANSTALT FÜR UMWELT, MESSUNGEN UND NATURSCHUTZ (Herausgeber) 2007: Rote Liste und kommentiertes Verzeichnis der Brutvogelarten Baden-Württembergs (5. Fassung, Stand 31.12.2004). 1. Aufl. – Naturschutz-Praxis, Artenschutz 11: 1-172; Karlsruhe. HÖLZINGER J., BAUER H.-G., BERTHOLD P. & BOSCHERT M. (Bearbeitung), LANDESANSTALT FÜR UMWELT, MESSUNGEN UND NATURSCHUTZ (Herausgeber) 2007: Rote Liste und kommentiertes Verzeichnis der Brutvogelarten Baden-Württembergs (5. Fassung, Stand 31.12.2004). 1. Aufl. – Naturschutz-Praxis, Artenschutz 11: 1-172; Karlsruhe. SÜDBECK P., ANDRETZKE H., FISCHER S., GEDEON K., SCHIKORE T., SCHRÖDER K., & SUDFELD C. (HRSG.) 2005: Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. – 779 S.; Radolfzell. SÜDBECK P., BAUER H.-G., BOSCHERT M., BOYE P. & KNIEF W. 2007: Rote Liste der Brutvögel Deutschlands. 4. Fassung 30. November 2007. – Berichte zum Vogelschutz 44: 2381. 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