21. Juni 2011

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1.4.4 Laplace-Prinzip in kontinuierlichen Wahrscheinlichkeitsräumen
Das folgende Beispiel zeigt, dass im kontinuierlichen Fall die Bedeutung von
gleichwahrscheinlich“ nicht immer ganz klar sein muss.
”
Bertrand’sches Paradoxon
Wir betrachten einen Kreis mit einem eingeschriebenen gleichseitigen Dreieck. Was ist
die Wahrscheinlichkeit, mit der die Länge einer zufällig gewählten Sehne die
Seitenlänge dieses Dreiecks übersteigt (Ereignis A)?
DWT
c
Ernst
W. Mayr
1.4 Rechnen mit kontinuierlichen Zufallsvariablen
240/476
r
2
S
120Æ
M
DWT
c
Ernst
W. Mayr
d
S
M
1.4 Rechnen mit kontinuierlichen Zufallsvariablen
'
241/476
Beobachtungen:
Die Seiten des Dreiecks haben Abstand 2r vom Mittelpunkt M .
Die Lage jeder Sehne ist (bis auf Rotation um M ) durch einen der folgenden
Parameter festgelegt:
Abstand d zum Kreismittelpunkt,
Winkel ϕ mit dem Kreismittelpunkt.
Wir nehmen für jeden dieser Parameter Gleichverteilung an und ermitteln Pr[A].
1
2
Sei d ∈ [0, r] gleichverteilt. A tritt ein, wenn d < 2r , und es folgt Pr[A] = 12 .
Sei ϕ ∈ [0◦ , 180◦ ] gleichverteilt. Für A muss gelten ϕ ∈]120◦ , 180◦ ], und es folgt
somit Pr[A] = 31 .
Siehe auch diese graphischen Darstellungen!
DWT
c
Ernst
W. Mayr
1.4 Rechnen mit kontinuierlichen Zufallsvariablen
242/476
2. Wichtige stetige Verteilungen
2.1 Gleichverteilung
(
1
b−a
für x ∈ [a, b],
0
sonst.


Z x
0
F (x) =
f (t) d t = x−a
b−a

−∞

1
f (x) =
E[X] =
DWT
c
Ernst
W. Mayr
für x < a,
für a ≤ x ≤ b,
für x > b.
a+b
(a − b)2
und Var[X] =
.
2
12
2.1 Gleichverteilung
243/476
2.2 Normalverteilung
Die Normalverteilung nimmt unter den stetigen Verteilungen eine besonders
prominente Position ein.
Definition 98
Eine Zufallsvariable X mit Wertebereich WX = R heißt normalverteilt mit den
Parametern µ ∈ R und σ ∈ R+ , wenn sie die Dichte
(x − µ)2
1
=: ϕ(x; µ, σ)
· exp −
f (x) = √
2σ 2
2πσ
besitzt.
In Zeichen schreiben wir X ∼ N (µ, σ 2 ).
N (0, 1) heißt Standardnormalverteilung. Die zugehörige Dichte ϕ(x; 0, 1) kürzen wir
durch ϕ(x) ab.
DWT
c
Ernst
W. Mayr
2.2 Normalverteilung
244/476
Die Verteilungsfunktion zu N (µ, σ 2 ) ist
Z x
1
(t − µ)2
√
F (x) =
·
exp −
d t =: Φ(x; µ, σ) .
2σ 2
2πσ −∞
Diese Funktion heißt Gauß’sche Φ-Funktion (ϕ ist nicht geschlossen integrierbar).
DWT
c
Ernst
W. Mayr
2.2 Normalverteilung
245/476
Lemma 99
Z
∞
I :=
2 /2
e−x
dx =
√
2π.
−∞
Beweis:
Wir berechnen zunächst I 2 :
Z ∞
Z ∞
−x2 /2
−y 2 /2
2
e
dx
e
dy
I =
−∞
−∞
Z ∞Z ∞
2
2
=
e−(x +y )/2 d x d y .
−∞
−∞
Wir gehen nun zu Polarkoordinaten über und setzen x := r cos φ und y := r sin φ.
Dann ist
∂x ∂y sin φ ∂r ∂r cos φ
= r(cos2 φ + sin2 φ) = r
∂x ∂y = −r sin φ r cos φ ∂φ ∂φ DWT
c
Ernst
W. Mayr
2.2 Normalverteilung
246/476
Beweis (Forts.):
und wir erhalten
Z
2
2π
Z
I =
∞
−r2 /2
e
0
Z
Z
rdrdφ =
0
0
2π
h
−e−r
2 /2
i∞
0
dφ
2π
1 d φ = 2π.
=
0
DWT
c
Ernst
W. Mayr
2.2 Normalverteilung
247/476
= 0;5
=1
=2
1,0
0,8
0,8
0,6
0,6
0,4
0,4
0,2
0,2
0,0
-3,0
-2,0
-1,0
= 0;5
=1
=2
1,0
0,0
1,0
2,0
3,0
0,0
-3,0
-2,0
Dichte und Verteilung von
DWT
c
Ernst
W. Mayr
2.2 Normalverteilung
-1,0
0,0
1,0
2,0
3,0
N (0, σ 2 )
248/476
Satz 100 (Lineare Transformation der Normalverteilung)
Sei X eine normalverteilte Zufallsvariable mit X ∼ N (µ, σ 2 ). Dann gilt für beliebiges
a ∈ R \ {0} und b ∈ R, dass Y = aX + b normalverteilt ist mit Y ∼ N (aµ + b, a2 σ 2 ).
Beweis:
Wir betrachten zunächst den Fall a > 0“:
”
y−b
Pr[Y ≤ y] = Pr[aX + b ≤ y] = Pr X ≤
a
Z (y−b)/a
1
(u − µ)2
√
=
·
exp −
d u.
2σ 2
2πσ −∞
Nach der Substitution u = (v − b)/a und d u = (1/a) · d v erhalten wir
DWT
c
Ernst
W. Mayr
2.2 Normalverteilung
249/476
Beweis (Forts.):
1
Pr[Y ≤ y] = √
·
2πaσ
y
(v − aµ − b)2
exp −
2a2 σ 2
−∞
Z
dv.
Also Y ∼ N (aµ + b, a2 σ 2 ). Für a < 0 verläuft der Beweis analog.
DWT
c
Ernst
W. Mayr
2.2 Normalverteilung
250/476
Sei also X eine beliebige N (µ, σ 2 )-verteilte Zufallsvariable X und Y :=
X−µ
σ .
Dann ist nach Satz 100 Y N (0, 1)-verteilt. Y heißt auch normiert.
Ferner gilt
a−µ
b−µ
Pr[a < X ≤ b] = Pr
<Y ≤
σ
σ
b−µ
a−µ
=Φ
−Φ
.
σ
σ
DWT
c
Ernst
W. Mayr
2.2 Normalverteilung
251/476
Satz 101
X sei N (0, 1)-verteilt. Dann gilt
E[X] = 0 und
Var[X] = 1.
Beweis:
1
E[X] = √
2π
∞
x2
x · exp −
2
−∞
Z
d x.
Da der Integrand punktsymmetrisch zu (0, 0) ist, folgt E[X] = 0.
DWT
c
Ernst
W. Mayr
2.2 Normalverteilung
252/476
Beweis (Forts.):
Mittels Lemma 99 und durch partielle Integration erhalten wir
2
Z ∞
√
x
dx
2π =
exp −
2
−∞
2 ∞
2
Z ∞
x x
2
= x exp −
+
dx
x
·
exp
−
2 −∞
2
−∞
|
{z
}
=0
Daraus folgt, dass E[X 2 ] = 1 ist und somit Var[X] = E[X 2 ] − E[X]2 = 1.
DWT
c
Ernst
W. Mayr
2.2 Normalverteilung
253/476
Satz 102
X sei N (µ, σ 2 )-verteilt. Dann gilt
E[X] = µ und Var[X] = σ 2 .
Beweis:
Y := X−µ
ist standardnormalverteilt. Ferner gilt gemäß der Rechenregeln für
σ
Erwartungswert und Varianz
E[X] = E[σY + µ] = σ · E[Y ] + µ = µ
und
Var[X] = Var[σY + µ] = σ 2 · Var[Y ] = σ 2 .
DWT
c
Ernst
W. Mayr
2.2 Normalverteilung
254/476
2.3 Exponentialverteilung
Die Exponentialverteilung ist in gewisser Weise das kontinuierliche Analogon zur
geometrischen Verteilung. Wie die geometrische Verteilung ist sie gedächtnislos“. Sie
”
spielt daher vor allem bei der Modellierung von Wartezeiten eine große Rolle.
DWT
c
Ernst
W. Mayr
2.3 Exponentialverteilung
255/476
Definition 103
Eine Zufallsvariable X heißt exponentialverteilt mit dem Parameter λ, λ > 0, wenn sie
die Dichte
(
λ · e−λx falls x ≥ 0,
f (x) =
0
sonst
besitzt.
Für die entsprechende Verteilungsfunktion gilt (für x ≥ 0)
Z x
h
ix
F (x) =
λ · e−λt d t = −e−λt = 1 − e−λx .
0
0
Für x < 0 gilt selbstverständlich F (x) = 0.
DWT
c
Ernst
W. Mayr
2.3 Exponentialverteilung
256/476
Z
∞
t · λ · e−λt d t
0
h
i∞ Z ∞
e−λt d t
= t · (−e−λt )
+
0
0
1
1 −λt ∞
= .
=0+ − ·e
λ
λ
0
E[X] =
DWT
c
Ernst
W. Mayr
2.3 Exponentialverteilung
257/476
Analog erhalten wir
2
Z
∞
t2 · λ · e−λt d t
0
h
i∞ Z
2
−λt
+
= t · (−e )
E[X ] =
0
=0+
∞
2t · e−λt d t
0
2
2
· E[X] = 2
λ
λ
und somit
Var[X] = E[X 2 ] − E[X]2 =
DWT
c
Ernst
W. Mayr
2.3 Exponentialverteilung
1
.
λ2
258/476
2,0
1,0
= 0;5
=1
=2
1,6
0,8
1,2
0,6
0,8
0,4
0,4
0,2
0,0
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
0,0
0,0
= 0;5
=1
=2
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
Dichte und Verteilung der Exponentialverteilung
DWT
c
Ernst
W. Mayr
2.3 Exponentialverteilung
259/476
2.3.1 Eigenschaften der Exponentialverteilung
Satz 104 (Skalierung exponentialverteilter Variablen)
Sei X eine exponentialverteilte Zufallsvariable mit dem Parameter λ. Für a > 0 ist die
Zufallsvariable Y := aX wieder exponentialverteilt mit dem Parameter λ/a.
Beweis:
FY (x) = Pr[Y ≤ x] = Pr[aX ≤ x]
h
x
xi
= Pr X ≤
= FX
a
a
− λx
a
=1−e
.
DWT
c
Ernst
W. Mayr
2.3 Exponentialverteilung
260/476
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