Bluttest verhindert sinnlosen Einsatz von Antibiotika bei viralen Atemwegsinfekten Patienten mit einer akuten Atemwegsinfektion benötigen deutlich weniger Antibiotika, wenn vor der Verordnung von Medikamenten ein bestimmter Bluttest gemacht wird. Dieser Test auf den Biomarker Procalcitonin (so genannter PCT-Test), der in Krankenhäusern schon seit einigen Jahren routinemäßig bei der Infektions- und Sepsisdiagnose eingesetzt wird, kann nun auch von niedergelassenen Ärzten zur gezielten Diagnose bakterieller Atemwegsinfekte angewendet werden. Darauf machen die Lungenärzte der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Werne aufmerksam. „Mit dem PCT-Test lassen sich bakterielle Infekte der unteren Atemwege rascher und zuverlässiger als bisher identifizieren und gezielter behandeln“, erläutert Prof. Dr. Tobias Welte, Direktor der Abteilung Pneumologie an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). „Patienten mit einer viralen Infektion kann so eine unnötige Antibiotikatherapie erspart bleiben. Schließlich sind Antibiotika nur gegen Bakterien wirksam, nicht aber gegen Viren. Trotzdem werden bei Atemwegsinfektionen nach wie vor die meisten Antibiotika verschrieben, obwohl diese überwiegend durch Viren hervorgerufen werden. Diese Praxis erhöht allerdings auch die Gefahr, dass Bakterien die für Patienten so gefährlichen Antibiotika-Resistenzen entwickeln.“ Reduziert den unnötigen Einsatz von Antibiotika um 42 Prozent Mittlerweile gibt es immer mehr Labore, die niedergelassenen Ärzten die Auswertung eines PCT-Tests anbieten. „Hierzu nimmt der Arzt dem Patienten Blut ab und schickt die Probe ins Labor“, berichtet Welte. „Das Testergebnis liegt in der Regel noch am gleichen Tag vor. Procalcitonin ist ein hochempfindlicher Biomarker, dessen Wert mit der Schwere einer bakteriellen Infektion korreliert. Nur wenn der Wert erhöht ist (das heißt mindestens 0,1 ng/ml beträgt - sicherer ist ein Wert über 0,25 ng/ml), ist von einer Infektion durch Bakterien auszugehen. Dann sollten Antibiotika eingesetzt werden. Bei Viren ist dieser Wert hingegen moderat bis gar nicht erhöht. Insofern lässt sich mithilfe des PCT-Tests der Einsatz von Antibiotika um 42 Prozent reduzieren – und damit auch die oft unkritische und unnötige Verschreibung dieser Medikamente. Patienten mit einer Infektion der unteren Atemwege sollten also ihren Arzt darauf ansprechen, ob er eine PCT-Bestimmung anbietet. In vielen Fällen wird der Test auch von den Krankenkassen erstattet. Dabei sind Biomarker wie Procalcitonin grundsätzlich nur als ein Hilfsmittel anzusehen - die letzte Entscheidung zur Therapie bleibt immer beim Arzt.“ Ausführliche Informationen über die Ursachen und Möglichkeiten der Behandlung und Vorbeugung von Lungen- und Atemwegserkrankungen finden Betroffene, Angehörige und Interessierte im Internet unter www.lungenaerzte-im-netz.de. Als Ansprechpartner für ein evtl. Interview steht Ihnen Prof. Tobias Welte, Direktor der Abteilung Pneumologie an der Medizinischen Hochschule Hannover, gerne zur Verfügung. Sie erreichen ihn in der Klinik unter der Telefonnummer: 0511-532-3531. Quelle: European Respiratory Journal (2010), Band 36, Seite 601-607. Zusammenfassung (abstract): http://erj.ersjournals.com/content/36/3/601.abstract?sid=60858c14-a8ff-47f38e00-7cf4893fd4eb