Pressegespräch „Sarkopenie“, Donnerstag, 20. Jänner, 9.30 Uhr Hotel Le Meridien, 1010, Opernring 13 Eiweiß gegen den Muskelschwund Ernährungstherapie bei Sarkopenie – Die zentrale Rolle der Statement Prim. Univ.-Prof. Dr. Monika Lechleitner, Fachärztin für Innere Medizin, Ärztliche Direktorin am LKH Hochzirl Die angemessene Behandlung der Sarkopenie beruht auf einer Kombination von physischer Aktivität und proteinreicher Ernährung. Nachgewiesen ist ein positiver Zusammenhang zwischen Proteinaufnahme und Muskelmasse. Bei hoher Proteinzufuhr, so zeigten zum Beispiel Beobachtungsstudien über drei Jahre, kommt es zu 40 Prozent weniger Verlust von Muskelmasse als bei zu geringer Proteineinnahme. Eine zu geringe Proteinzufuhr hingegen verdoppelt zum Beispiel das Risiko von Gebrechlichkeit („Frailty“). Höherer Proteinbedarf im Alter – Unterversorgung ist weit verbreitet Ältere Menschen benötigen allerdings zur Bildung der gleichen Menge von Muskelproteinen eine höhere Eiweißzufuhr als jüngere. Bei Immobilität ist die Sensibilität gegenüber der Proteinzufuhr weiter reduziert, ein als „Anabolic resistance“ bezeichnetes Phänomen. In Bezug auf Sarkopenie verdient die Tatsache, dass ältere Menschen einen höheren Proteinbedarf haben, besondere Beachtung, weil sie in den derzeit gängigen Ernährungsempfehlungen (RDA) nicht berücksichtigt wird: Dort wird undifferenziert eine Tagesdosis von 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht für alle Erwachsenen ab dem 19. Lebensjahr als Minimum empfohlen. Studien ergaben allerdings, dass für ältere, speziell sarkopenische Menschen zur Aufrechterhaltung der Stickstoffbalance bzw. der fettfreien Körpermasse eine höhere Dosis erforderlich ist, etwa 1 bis 1,5g/kg/Tag. Doch selbst die täglichen 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht werden von 25 Prozent der älteren Menschen nicht erreicht, bei den Über-70-Jährigen sind es bereits 40 Prozent. 50 Prozent der älteren Menschen weisen eine tägliche Zufuhr von unter einem Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht auf. Es ist also eine weit verbreitete Unterversorgung mit Proteinen zu diagnostizieren, die dramatische Konsequenzen haben kann. Gleichmäßige Eiweißzufuhr – zentraler Stellenwert von Leucin Erforderlich ist eine den Empfehlungen entsprechende, möglichst gleichmäßig über die drei Hauptmahlzeiten verteilte Eiweißzufuhr. Angesichts der Ernährungsgewohnheiten älterer Menschen, die solchen Empfehlungen sehr oft widersprechenden, ist häufig eine entsprechende Supplementierung der Eiweißzufuhr angezeigt. Die Supplementierung von Protein und Aminosäuren, insbesondere Leucin, hat nachweisliche anti-katabole, also den Muskelabbau verringernde Effekte. Leucin, abgekürzt Leu oder L, ist beim Menschen eine essentielle Aminosäure, die für den Energiehaushalt im Muskelgewebe eine zentrale Rolle spielt. Nahrungsmittel mit relativ hohem Leucin-Anteil sind rohes Rindfleisch, rohes Hühnerbrustfilet, roher Lachs, Hühnereier, Kuhmilch mit einem Fettanteil von 3,7 Prozent, Walnüsse, Mais-Vollkornmehl, Weizen-Vollkornmehl, ungeschälter Reis und getrocknete Erbsen. Welche Proteine? Physiologisch gut belegt ist, dass der muskelbildende Effekt von rasch in den Blutkreislauf übergehenden „schnellen“ Eiweißstoffen (z. B. Molke) größer ist als der von „langsamen“ (z.B. Kasein). Ebenfalls belegt ist, dass der Verlust von Muskelproteinen bei Bettlägrigen nur 1 durch eine Supplementierung von essentiellen Aminosäuren in Verbindung mit ausreichender Aufnahme von Kohlenhydraten verhindert werden kann, nicht aber durch zusätzliche Zufuhr von nicht essentiellen Aminosäuren. Unter den essentiellen Aminosäuren dürfte die Aminosäure Leucin der mächtigste Regulator der Proteinsynthese des Skelettmuskels sein. Supplement-Mischungen aus essentiellen Aminosäuren wirken auf Sarkopenie nur dann anabolisch, wenn der Leucin-Anteil hoch ist (2,8g bzw. 41%), Produkte mit niedriger LeucinDosierung wirken nur bei Jüngeren muskelaufbauend. Zur Auslösung der Synthese von Muskelprotein dürften bei älteren Menschen weniger ein permanent leicht erhöhter Gesamtspiegel, als vielmehr hohe Spitzen an essentiellen Aminosäuren nach den Mahlzeiten („postprandial“) entscheidend sein. Dies vor allem, weil sich mit zunehmendem Alter der Schwellenwert erhöht, ab dem ein anabolischer (muskelaufbauender) Stimulus wirkt. Vitamin D Neben Proteinen äußert sich die ausreichende Aufnahme von Vitamin D bei älteren Menschen in einem Anstieg von Kraft und Funktion sowie einer Reduktion von Stürzen. Bei Sarkopenie sollte deshalb die empfohlene Tagesdosis von 800-1.000 IU eingehalten werden. Vitamin DQuellen sind zum Beispiel Seefische, maßvolle Sonnenexposition und Supplemente. Regelmäßige Ernährungsscreenings gegen Gewichtsverlust Zur Vorbeugung von Sarkopenie ist neben der ausreichenden Zufuhr von Protein, Leucin, Vitamin D, Antioxidantien, Omega-3-Fettsäuren und Flüssigkeit auch ein regelmäßiges Ernährungsscreening erforderlich. Die konsequente Kontrolle des Gewichts und der Kalorienund Flüssigkeitszufuhr ist die Voraussetzung dafür, dass Gewichtsverlust und Mangelernährung bemerkt werden und ihnen wirksam begegnet werden kann. Tabelle 1 Leucingehalt einiger Lebensmittel Gesamtprotein Leucin Anteil Rindfleisch, roh 21,26 g 1691 mg 8,0 % Hühnerbrustfilet, roh 23,09 g 1732 mg 7,5 % Lachs, roh 20,42 g 1615 mg 7,9 % Hühnerei 12,58 g 1088 mg 8,6 % Kuhmilch, 3,7 % Fett 3,28 g 321 mg 9,8 % Walnüsse 15,23 g 1170 mg 7,7 % Weizen-Vollkornmehl 13,70 g 926 mg 6,8 % Mais-Vollkornmehl 6,93 g 850 mg 12,3 % Reis, ungeschält 7,94 g 657 mg 8,3 % Erbsen, getrocknet 24,55 g 1760 mg 7,2 % Lebensmittel Leucin ist Bestandteil tierischen und pflanzlichen Proteins. Die oben stehenden Beispiele beziehen sich jeweils auf 100g des Lebensmittels, zusätzlich ist der prozentuale Anteil von Leucin am Gesamtprotein angegeben. 2 Tabelle 2 Proteingehalt einiger Lebensmittel Fleisch 14-22 % Kartoffel, Brot, Gemüse 4-8 % Eier 12-14 % Milch 3-3,7 % Käse 10-33 % Fisch 15-20 % Sojamehl 35-45 % Sojabohnen getrocknet 35 % 3