Ziel in der Milchviehhaltung: Hohe Laktationsleistung (und hohe

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Kälberställe – Komfort für die „Kleinen“
Kälber stellen hohe Ansprüche an das Stallklima. Sie reagieren empfindlich auf hohe
Luftgeschwindigkeiten bei niedrigen Temperaturen sowie hohe Luftfeuchtigkeit verbunden mit hoher Keimdichte. Deshalb sind für diese Tiere eigene Ställe zu planen,
die nicht in Rinder- oder Kuhställe integriert werden dürfen. Dr. Anja Stumpe und
Herbert Rieder, DLR Eifel stellen die Anforderungen der Kälber an die Haltung sowie
mögliche Bauausführungen von Kälberställen vor.
Das genetische Potential der Milchviehrassen ermöglicht heute ein Erstkalbealter von
durchschnittlich 24 Monaten. Voraussetzung dafür sind jedoch neben intensiver Fütterung optimale Haltungsbedingungen. Dabei verdienen die ersten 6 Monate der
Aufzucht aus folgenden Gründen besondere Beachtung:
1. Die Kälber bauen erst allmählich eine eigene Immunität gegen Krankheitserreger
auf. Das heißt, die Umgebung muss keimarm sein, denn krankheitsbedingte
Wachstumseinbrüche lassen sich in dieser, für die vollständige Ausbildung der
Körperorgane wichtigen Phase nie mehr aufholen.
2. Kälber können ihre Körperwärme noch nicht gut halten. Daher muss ihnen die
Möglichkeit gegeben werden, bei kalter Witterung ihr eigenes Mikroklima zu
schaffen
3. Aufgrund der geringen Wärmeproduktion kann bei Rindern dieser Altersgruppe
noch keine Thermik im Stall entstehen. Jede Zuluftöffnung direkt oberhalb des
Aufenthaltsbereiches der Tiere, egal ob Trauf-First-, Fensterbelüftung oder Luftleck bewirkt, dass bei kalter Witterung die Kaltluft förmlich auf die Tiere herabfällt
und diese verkühlt. Das gilt übrigens auch für Fensteröffnungen, in die Netze eingesetzt wurden.
4. Hohe Luftfeuchte in Verbindung mit erhöhten Schadgaskonzentrationen erhöht
die Anfälligkeit der Tiere gegen Atemwegserkrankungen. Es gilt also, möglichst
viel Frischluft an das Tier heran zu führen, aber ohne dass es zu Luftgeschwindigkeiten von mehr als 0,2 m pro Sekunde (Zugluft) oder herabfallender Kaltluft
kommt.
Diese Punkte lassen sich am besten in Stallsystemen mit Außenklimabedingungen
berücksichtigen.
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Dr. Anja Stumpe, Herbert Rieder
Internet: www.dlr-eifel.rlp.de
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Dick eingestreute Kälberhütten bzw. Iglus sollten für die Biestmilchperiode Standard
sein. Die Einzelhaltung ist in der Regel auf einen Zeitraum von 1 – 2, maximal jedoch
8
Wochen
beschränkt.
Ab
der
9.
Woche
schreibt
die
Tierschutz-
Nutztierhaltungsverordnung die Gruppenhaltung vor, wenn mehr als 3, nach Alter
und Gewicht zusammen passende Kälber auf dem Betrieb gehalten werden. Gesunde Kälber können bereits nach der ersten Lebenswoche in die Gruppenhaltung
wechseln. Optimal ist es, wenn die Haltung unter Außenklimabedingungen fortgesetzt wird. Für die Gruppenhaltung sind laut Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung
die in Tabelle 1 angegebenen Werte nicht zu unterschreiten.
Tabelle 1: Mindestflächenbedarf bei Gruppenhaltung von Kälbern
(TierSchNutztV)
Mindestgröße
bis 3 Kälber
Lebendgewicht je Kalb
2
bzw. Alter
(m )
(m2)
unter 150 kg
150 - 220 kg
über 220 kg
2 - 8 Wochen
ab 9 Wochen
1,5
1,7
1,8
4,5
6,0
Die Erfahrungen der Praxis zeigen allerdings, dass diese Werte die untere Grenze
darstellen. Um der Stallmüdigkeit vorzubeugen sind mindestens zwei Stallabteile einzuplanen. Nur so kann ein konsequentes Rein-Raus-Verfahren funktionieren um Infektionsketten zu unterbrechen. Der Aufbau einer Gruppe sollte nach 6 Wochen abgeschlossen sein. Die Tiere einer Gruppe haben dann einen ähnlichen immunologischen Status und es bildet sich eine soziale Rangordnung, die nicht durch Zu- und
Abgänge gestört wird. Nach dem Absetzen sollten die Tiere noch einige Wochen im
gleichen Stall bleiben, damit der Stress des Absetzens und des Umstallens nicht aufeinander treffen.
Für die Gruppenhaltung der Kälber haben sich neben den Stallsystemen mit Großraumiglus oder -hütten als Fertigkonzepte (z.B. Holm & Laue Iglusystem, Urban System-Kälberstall, Förster-Kälberdorf, Modularer Kälberstall von Kristen) oder als
Selbstbaulösungen, vor allem Pultdachhallen als Offenstall mit Windschutznetzen
bewährt.
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Für alle Offenställe gelten die folgenden Grundsätze:
•
Optimal ist die Ausrichtung der offenen Seite nach Süden oder Süd-Süd-Ost.
•
Die Ställe sollten als Zweiraumlaufställe gefahren werden.
•
Um Zugluft zu vermeiden
o sind drei Seiten des Stalles hermetisch zu schließen. Dazu gehört auch, dass
Öffnungen, die durch profilierte Dacheindeckungen oder durch Stülpschalungen entstehen, sorgfältig abgedichtet werden. Auch Tore sind durch Kunststoff- oder Gummischürzen nach unten abzudichten;
o sind an der Frontseite Windschutznetze anzubringen. Sie verhindern ein Einfallen von kalter Luft. Über das Öffnen der Windschutznetze von unten nach
oben kann je nach Wetterlage das Stallklima gesteuert werden;
o muss das Dach wärmegedämmt sein. Dadurch wird ein Herabfallen von Kaltluft verhindert.
•
Eine glatte Dachunterfläche verhindert Luftverwirbelungen und verbessert den
geregelten Luftaustausch.
•
Eine Lüftungsklappe oder ein zu öffnendes Fensterband aus Doppelstegplatten
kann an sehr warmen Tagen den Luftaustausch unterstützen.
•
Der Futtertisch wird 0 cm bis max. 10 cm höher als die Standfläche angelegt.
•
Die Standfläche mit 110 - 130 cm Tiefe sollte ein Gefälle von > 4 Prozent zur Liegefläche aufweisen.
•
Direkt hinter der Standfläche wird die Abflussrinne platziert, über die bei der Reinigung und Desinfektion das Reinigungswasser abgeführt wird.
•
Das Niveau der Liegefläche sollte max. 10 cm unter der Oberkante der Standfläche angelegt werden.
•
Der Liegebereich sollte ausgehend von der Standfläche um 2 bis zu 3 Prozent je
nach Stallsystem ansteigen. Bei dieser Lösung liegen die Kälber gegenüber der
Standfläche erhöht. So sind die Tiere den Schadgasen deutlich weniger ausgesetzt.
•
Besteht der Stallsockel aus Beton, sollte dieser gedämmt sein. Spezialelemente
sind im Fachhandel erhältlich.
•
Auch gut geplante Außenklimaställen müssen regelmäßig, das heißt je nach Belegungsdichte alle 1 – 3 Wochen entmistet werden, um die Voraussetzungen für
eine keim- und schadgasarme Umwelt zu schaffen. Nur Nachstreuen hilft nicht,
da in der Mistmatratze weiter Schadgase produziert werden.
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Folgende Grundrisse haben sich bewährt:
1. Stall mit mittig angeordnetem Futtertisch (Abbildung 1 und Bild 1)
Dieser Grundriss zeichnet sich aus durch zwei Stallabteile, in denen die beiden Kälbergruppen durch den Futtertisch getrennt sind. Die beiden Abteile können unabhängig voneinander entmistet werden. Dies ist unter hygienischen Gesichtspunkten
vorteilhaft. Am Ende des Stichfuttertisches kann der Tränkeautomat aufgestellt und
von beiden Gruppen genutzt werden.
Bild 1: Offenfrontstall mit mittigem Futtertisch, gedämmtem Pultdach und Tränkeautomat am Ende des Futtertisches. Eine Dämmung unterhalb der Sparren würde Luftverwirbelungen noch besser verhindern. (Dr.Stumpe, Rieder)
Skizze: Rieder, Dr. Stumpe
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2. Stall mit Futtertisch an der Frontseite (Abbildung 2 und Bild 2)
Bei diesem Grundriss sind 2 Entmistungstore notwendig um die beiden Abteile unabhängig voneinander entmisten zu können. Die Abtrennung zwischen den Abteilen
sollte winddicht sein um Luftverwirbelungen zu unterbinden. Der Futtertisch kann
durchgängig befahren werden.
Bild 2: Offenfrontstall mit frontseitigem Futtertisch, gedämmtem Pultdach und Tränkeautomat. Die Abtrennung zwischen den Abteilen ist noch nicht winddicht verschlossen. (Dr. Stumpe, Rieder)
Skizze: Rieder, Dr. Stumpe
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Die in den Abbildungen dargestellten Maße, insbesondere die Höhen stellen Anhaltspunkte dar, die einzelbetrieblich. z.B. abhängig von der Entmistungstechnik verändert werden müssen. Je nach Standort und betrieblicher Situation muss den Kälbern die Möglichkeit für den Aufbau eines Kleinklimas (Mikroklima) gegeben werden.
Dies kann erreicht werden z.B. durch eine abgehängte Zwischendecke (siehe Schnitte in Abbildungen 1 und 2). Diese Bereiche sind ebenfalls nach hinten abzudichten,
damit keine Kaltluft auf die Kälber herabfällt.
Fazit
Kälber stellen besondere Ansprüche an das Klima. Aufgrund der im Verhältnis zum
Gewicht großen Körperoberfläche und der geringen eigenen Wärmeproduktion (noch
kein Wiederkäuer) sind die Tiere anfällig gegen hohe Luftgeschwindigkeiten bei niedrigen Temperaturen. Deshalb sind für diese Tiere eigene Ställe zu planen, die nicht in
Rinder- oder Kuhställe integriert werden dürfen. Die vorgestellten Systeme als auch
die Stallsysteme mit Großraumiglus oder -hütten als Fertigkonzepte stellen Lösungen
dar, die je nach Standort, Wetterlage und betrieblicher Situation in Details abgeändert werden müssen.
Bei bestehenden Ställen können durch einen Klimacheck mögliche Schwachpunkte
aufgedeckt werden. Für weitere Fragen stehen die beiden Autoren bzw. die Berater
des jeweils zuständigen DLR zur Verfügung.
Dr. Anja Stumpe
Herbert Rieder
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