Tischversion Psychosomatische Medizin

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Tischversion
Psychosomatische Medizin heißt nicht etwa dem
Körper weniger, sondern dem Seelischen mehr Beachtung schenken! (Viktor v. Weizsäcker)
Ziel der Leitlinie ist die Sensibilisierung des Hausarztes, ...
ƒ den Patienten nicht nur körperlich, sondern ganzheitlich zu betrachten,
ƒ bei der Abklärung der Beschwerden nicht sequentiell vorzugehen, sondern Soma und Psyche
»parallel« zu beachten,
ƒ den Patienten rechtzeitig an einen Experten weiterzuleiten, um eine weitere Somatisierung und Chronifizierung zu verhindern,
ƒ psychische Aspekte bei chronischen Erkrankungen
zu erkennen,
ƒ Über- und Unterdiagnostik zu vermeiden.
Vier Gruppen von Krankheiten werden unterschieden:
ƒ Psychische Erkrankungen, wie etwa Angsterkrankungen, Belastungs- und Anpassungsstörungen,
depressive Syndrome, Psychosen,
ƒ Funktionelle Störungen, die somatoforme Erkrankungen, also körperliche Beschwerden ohne organischen Befund darstellen,
ƒ Psychosomatische Krankheiten als diejenigen
körperlichen Erkrankungen, bei deren Entstehung
oder Verlauf psychosoziale Faktoren wesentlich
beteiligt sind,
ƒ Somatopsychische Störungen, die dann vorliegen, wenn schwere somatische Erkrankungen
psychische Probleme auslösen.
Der Arzt sollte durch sorgfältiges und vorurteilsfreies
Beobachten und Untersuchen einschließlich psychiatrischer Untersuchungsverfahren versuchen herauszufinden, welches die besonderen »krankmachenden«
Ursachen (z. B. fehllaufende Bewältigungsstrategien,
Psychosomatische Medizin
lebensgeschichtliche Belastungen) des jeweils betroffenen Menschen in seiner Behandlung sind.
Orientierende diagnostische Fragen
Für den hausärztlichen Bereich werden Fragen vorgeschlagen, die bei Verdacht auf Depression, Ängste
oder somatoforme Störungen eingesetzt werden können und zur Ermittlung des Bedarfs an psychotherapeutischer Beratung bestimmt sind.
ƒ Gibt es etwas, was sich in den letzten Monaten in
Ihrem Leben gegenüber früher verändert hat?
ƒ Gibt es Belastungen am Arbeitsplatz oder in der
Familie?
ƒ Gab es ein besonderes Ereignis in Ihrem Leben in
den letzten Monaten?
ƒ Gibt es irgendetwas, was Sie besonders beschäftigt?
ƒ Machen Ihnen bestimmte Themen oder Menschen
Ihrer Umgebung Sorgen?
ƒ Mit welcher Stimmung wachen Sie morgens auf?
Wie entwickelt sie sich im Laufe des Tages?
ƒ Können Sie gut ein- und durchschlafen?
ƒ Würden Sie sagen, dass Sie mit Ihrer Sexualität
zufrieden sind?
ƒ Gibt es noch irgendetwas Wichtiges, von dem Sie
meinen, dass ich es wissen sollte, um Ihnen helfen
zu können?
Patienten mit Angststörungen (Generalized Anxiety
Disorder, GAD) lassen sich nach Literaturangabe mit
zwei Fragen (sog. GAD-2) erkennen:
ƒ Haben Sie sich in den vergangenen zwei Wochen
häufig nervös, ängstlich oder gereizt gefühlt?
ƒ Konnten Sie Ihre Sorgen oft nicht kontrollieren?
Bei Verdacht auf Depression:
ƒ Haben Sie sich im vergangenen Monat oft niedergeschlagen oder hoffnungslos gefühlt?
ƒ Hatten Sie im letzten Monat häufig wenig Freude
bei den Dingen, die Sie tun?
ƒ Benötigen Sie deswegen Hilfe?
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Psychosomatische Medizin
Verdacht auf:
Psychosomatische Erkrankung
Erhebung des psychischen
Befundes
Auffällig?
nein
Kein Hinweis auf
psychische Erkrankung
nein
Kein Hinweis auf
psychische Erkrankung
ja
Gesundheitsfragebogen für
Patienten (PHQ-D)
Auffällig?
ja
Störungsspezifische Checkliste(n)
Störungsspezifische Tests:
• Depression: BDI-2
• Andere
Diagnose(n):
Psychische Störung(en)
Betreuung durch Hausarzt mit
psychosomatischem Engagement
oder Überweisung zum
Erhebung psychosozialer
Belastungsfaktoren
Diagnose:
Psychosoziale Ursachen
• Facharzt für Psychosomatische
Medizin und Psychotherapie
• Facharzt für Psychiatrie und
Psychotherapie
• Psychologischer
Psychotherapeuten
• Arzt mit psychotherapeutischem
Schwerpunkt
(Zusatzbezeichnung)
Behandlungsplan
Allgemeine Behandlung
Die Behandlung erfolgt umfassend in Kooperation mit
den psychosomatisch-psychotherapeutischen Fachdisziplinen unter Berücksichtigung folgender Aspekte:
ƒ Regelmäßiger Ausdauersport zur Regulation der
Stressreaktion und zur Senkung der erhöhten
Grundspannung
ƒ Regelmäßige aktive Entspannung inklusive Erlernen und Durchführen eines speziellen Entspannungstrainings und einer generellen Veränderung
der Lebensführung zur Senkung der erhöhten
Grundspannung
ƒ Verändern äußerer Stressoren (wenn möglich)
ƒ Verändern des Umganges mit äußeren Situationen
und inneren Phänomenen, um psychisches Leid zu
minimieren
ƒ Medikamentöse Behandlung, wenn indiziert
ƒ Aufklärung
ƒ Training der Einsichtsfähigkeit in Zusammenhänge
Therapeutisch sind spannungslösende Gesprächsinterventionen, Entspannungsübungen, somatische Trainingsmaßnahmen und begleitende, stützende Gesprächstherapien sowie verschiedene Formen der
Psychotherapie (psychoanalytische Psychotherapie,
tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Verhaltenstherapie durch den konsultierten Psychotherapeuten) sinnvoll und hilfreich. Dabei ist die Kommunikation mit den zusätzlichen ambulanten oder stationären Therapeuten ein wichtiges Bindeglied des therapeutischen Netzes für den Patienten, zu dem er seine
Zustimmung geben muss.
ƒ Einen psychologischen Psychotherapeuten kann
der Patient direkt (Praxisgebühr) oder mit ärztlicher
Überweisung aufsuchen. Für die Beantragung einer
Richtlinienpsychotherapie benötigt er eine Bescheinigung (Konsiliarbericht), dass keine organische
Erkrankung vorliegt.
ƒ Ein ärztlicher Psychotherapeut kann ebenfalls
direkt oder mit Überweisung aufgesucht werden.
Hier ist ein Konsiliarbericht für die Beantragung
einer Richtlinienpsychotherapie nicht erforderlich.
Der Hausarzt sollte sich vor Fehlern und Gefahren
durch eigene Fehleinschätzungen, Gegenübertragungen und Vorurteile schützen, beispielsweise mittels
Supervision, Balintgruppenarbeit, interkollegialem Austausch und selbstkritischem Hinterfragen seines Vorgehens. Schnittstellen zu Spezialisten (z. B. zu Psychiatern, ärztlichen und nichtärztlichen Psychotherapeuten, Kliniken) müssen von jedem Hausarzt aufgebaut und gepflegt werden.
Medikamentöse Behandlung
Die psychopharmakologische Behandlung sollte in
enger Zusammenarbeit mit einem Facharzt für
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie oder
mit einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
erfolgen.
Kooperation
Häufig und besonders bei ausgeprägten psychosomatischen Krankheitsbildern sind Spezialisten heranzuziehen: Psychiater, ärztliche oder psychologische Psychotherapeuten. Mitunter hilft auch die interdisziplinäre
Fallkonferenz weiter, um Klarheit über die Zusammenhänge zu gewinnen. Weitere Kooperationspartner sind
Psychosomatiker, psychiatrische Institutsambulanzen,
sozialpsychiatrische Dienste und Selbsthilfegruppen.
Korrespondenzadresse
Ausführliche Leitlinie im Internet
Hausärztliche Leitlinie
PMV forschungsgruppe
Fax: 0221-478-6766
Email: [email protected]
http:\\www.pmvforschungsgruppe.de
www.pmvforschungsgruppe.de
> publikationen > leitlinien
www.leitlinien.de/leitlinienanbieter/deutsch/pdf/
hessenpsychosomatik
»Psychosomatische Medizin«
Tischversion Teil 1 1.0
August 2009
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