Medizin - Grußwort zum 9. Deutschen Internistentag

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Medizin
Nr. 3 • März 2008
Therapie der chronischen myeloischen Leukämie
Ziel ist die hämatologische und
zytogenetische Remission
Die gesamte Therapie und auch die Prognose der Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie (CML)
hat sich seit Einführung des Tyrosinkinaseinhibitors Imatinib entscheidend verbessert. So gibt es inzwischen für die Behandlung von Patienten in der chronischen Phase der Erkrankung wissenschaftlich gut
fundierte Empfehlungen zum Einsatz dieses Medikaments. Bei Unverträglichkeit oder Unwirksamkeit von
Imatinib können alternativ Dasatinib oder Nilotinib, zwei weitere Substanzen aus der Klasse der Tyrosinkinaseinhibitoren, eingesetzt werden. In fortgeschrittenen Krankheitsstadien ist die jeweilige Vortherapie
für eine Therapieentscheidung zu berücksichtigen. Grundsätzlich gilt jedoch, dass CML-Patienten die Teilnahme an klinischen Studien empfohlen werden sollte.
entscheidend geändert und
imatinibresistenten Patienten. Denn
verbessert [13, 23]. Diese ziel-
damit lassen sich, so eine Studie mit
gerichtete molekulare Therapie war
54 Patienten, hämatologische Remis-
übrigens die erste rational entwick-
sionen bei 65 % und zytogenetische
elte Therapie gegen eine maligne
Remissionen bei 56 % der Betroffenen
humane Erkrankung [1, 16].
erreichen [24].
Der wichtigste Vertreter der spezifi-
Für Patienten mit fortgeschrittener
schen Tyrosinkinaseinhibitoren ist
chronischer myeloischer Leukämie,
Imatinib, das selektiv die ABL-, BCR-
die entweder eine Imatinibresistenz
Die chronische myeloische Leukämie
tion mit Hydroxyurea oder Cytosin-
genetische Remission möglich. Diese
ABL- und einige andere Tyrosinki-
aufweisen oder dieses „Standard-
(CML) ist durch die Translokation
Arabinosid (ARAc; Interferon, IFN) bei
ist aber leider in vielen Fällen mit
nasen hemmt. Es ist besonders in der
medikament” nicht vertragen, ist
t(9;22)(q34;q11) charakterisiert, die
Patienten, die unter diesem Thera-
erheblichen, zumeist grippeähnlichen
chronischen Phase der Erkrankung
inzwischen auch der neue Kinasein-
zur Ausbildung des Philadelphia-
pieregime eine komplette zyto-
Nebenwirkungen assoziiert [23].
wirksam: In dieser Situation kann
hibitor Dasatinib zugelassen [19, 20].
Chromosoms (Ph) führt. Durch diese
genetische Remission erreicht haben
Kombiniert man Interferon-α mit
Imatinib als Erstlinientherapie
Dabei hat sich eine einmal tägliche
Translokation entsteht ein Fusions-
(siehe Tab. 1).
Hydroxyurea lässt sich die Über-
immerhin bei 70–80 % der Patienten
Gabe von 100 mg als die Dosierung
lebenszeit der Patienten im Vergleich
zytogenetische und bei mehr als 90 %
mit dem besten Nutzen-Risiko-Ver-
zu einer Monotherapie mit Hydrox-
der Betroffenen hämatologische
hältnis etabliert [30]. 90 % der Patien-
yurea verbessern [14].
Remissionen erzeugen. Imatinib gilt
ten erreichten darunter eine kom-
derzeit daher als Standard für die
plette Remission, die gefürchtete
gen, das für eine konstitutiv aktivierte Protein-Tyrosinkinase (BCR-ABL)
kodiert – ein Enzym das über intra-
Chronische Phase
Busulfan und Hydroxyurea sind als
zelluläre Signaltransduktionswege
alleinige Erstlinientherapie obsolet
zum einen das Überleben und die
In den 1980er-Jahren waren Busulfan
Allogene Transplantation ist
Therapie der chronischen myelois-
Nebenwirkung eines Pleuraergusses
Proliferation leukämischer Zellen
und Hydroxyurea die Standardthera-
potenziell kurativ, birgt aber ein
chen Leukämie in chronischer Phase
(WHO III-IV) trat aufgrund dieser
verbessert, zum anderen deren Apop-
pie bei chronischer myeloischer
hohes Mortalitätsrisiko
[5, 13, 23]. Generell wird die Behand-
Behandlung nur bei 7 % der Behan-
tose verhindert [11]. Ziel der CML-
Leukämie. Diese wurde im weiteren
Die bislang einzige kurative Thera-
lung mit diesem Tyrosinkinasein-
delten auf, während unter der bisher
Therapie ist es, wenn immer möglich,
Verlauf durch Interferon-α abgelöst
pieoption bei chronischer myeloisch-
hibitor gut vertragen. Nebenwirkun-
empfohlenen Dasatinib-Standard-
nicht nur eine hämatologische, son-
bzw. ergänzt [6]. Busulfan ist Hydrox-
er Leukämie ist die allogene Trans-
gen sind meist nur mäßig bis gering
dosierung (140 mg) immerhin 16 %
dern auch eine komplette zytogeneti-
yurea hinsichtlich des Überlebens
plantation. Sie ist allerdings mit einer
ausgeprägt und bestehen aus ober-
der Patienten betroffen waren [20].
sche Remission zu erreichen. So sol-
unterlegen, außerdem kann es
nicht unerheblichen Mortalität
flächlichen Ödemen, Übelkeit und
Mit Nilotinib (AMN107) steht seit
len also zum einen die Blutbildpara-
unvorhersehbare Myelosuppressio-
(5–50 %) assoziiert. So leben fünf
Muskelkrämpfen [5].
1.1.2008 in Deutschland ein weiterer
meter normalisiert und zum anderen
nen und Organfibrosen verursachen
Jahre nach der Knochenmarktrans-
die Ph-positiven Knochenmarkzellen
[9]. Dementsprechend ist Busulfan
plantation noch etwa 60 % der
eliminiert werden [23].
als primäre Therapie einer chroni-
Patienten [6, 9]. Heute – in der „Ima-
Die möglichen, aber sehr komplexen
schen myeloischen Leukämie heute
tinib-Ära” – kann keine generelle
– Was steckt dahinter?
Nilotinib (2 x 400 mg) ist bei Patien-
Therapiestrategien verlangen
nicht mehr indiziert.
Empfehlung mehr zur allogenen
Bei einigen Patienten führt die
ten mit chronischer myeloischer
zunächst eine sorgfältige Planung
Auch Hydroxyurea sollte heute nicht
Transplantation als Erstlinientherapie
Behandlung mit Imatinib nicht zum
Leukämie indiziert, wenn sie ima-
unmittelbar nach der Diagnose der
mehr als Monotherapie bei der chro-
gegeben werden [13]. Zu überzeu-
gewünschten Erfolg. In diesen Fällen
tinibresistent sind oder Imatinib
Erkrankung, am besten in einem
nischen myeloischen Leukämie
gend sind die Behandlungsergebnisse
besteht eine sogenannte Imatinib-
nicht vertragen. Der chemisch dem
hämatologischen Zentrum. Im
eingesetzt werden [9]. Zwar führt der
mit dem Tyrosinkinaseinhbitor Ima-
resistenz, die im Wesentlichen fol-
Imatinib sehr ähnliche Wirkstoff
Anschluss daran können die empfoh-
Wirkstoff rasch zum Abfall von
tinib. Allerdings bleibt die Knochen-
gende Gründe haben kann:
hemmt zusätzlich zur Aktivität der
lenen Therapiemaßnahmen durchaus
Leukämiezellen, erlaubt eine gute
marktransplantation bei Imatinibun-
• Bei einer primären oder intrinsi-
BCR-ABL-Kinase auch weitere onko-
in einer niedergelassenen internisti-
Kontrolle der Blutwerte und führt bei
verträglichkeit oder -resistenz eine
schen Resistenz besteht die
gene Kinasen. Bisherige klinische
schen oder hämatologischen Praxis
50–80 % der Behandelten zu einer
mögliche Therapieoption, und sie
Wirkungslosigkeit bereits bei
Daten dokumentieren, dass Nilotinib
weitergeführt werden. Primäre The-
hämatologischen Remission. Zyto-
sollte zudem bei fortgeschrittenen
Therapiebeginn.
eine selektivere und potentere Sub-
rapieoption ist inzwischen die medi-
genetische Remissionen sind jedoch
Krankheitsstadien angestrebt wer-
kamentöse Behandlung mit dem
selten. Zudem kann die Substanz den
den.
Tyrosinkinaseinhibitor Imatinib. Bei
natürlichen Krankheitsverlauf nur
Hochrisikopatienten kann eine allo-
wenig beeinflussen [9].
gene Stammzelltransplantation
Tyrosinkinaseinhibitor zur Verfü-
Resistenz gegen Imatinib
Primäre und sekundäre Resistenz
• Ist die Behandlung initial erfolg-
gung, in der Schweiz ist die Substanz
bereits seit Juli 2007 zugelassen.
stanz gegen die BCR-ABL-Kinase ist
reich und tritt der Wirkungsverlust
als Imatinib.
erst unter der Therapie auf, spricht
Im Allgemeinen haben die Patienten
man von sekundärer Resistenz.
Eine sekundäre Resistenz entsteht
Nilotinib im Rahmen der klinischen
heute der Standard
Tyrosinkinaseinhibitoren sind
Studien gut vertragen, auch wenn
Die Entdeckung der BCR-ABL-vermit-
durch die Expansion eines Klons von
Imatinib wegen Nebenwirkungen
wenn sie nur ein sehr niedriges
gut genug
telten Pathogenese schuf die Voraus-
CML-Zellen mit Mutationen in der
abgesetzt werden musste. Folgende
Transplantationsrisiko aufweisen.
Interferon-α wiederum ist zwar hin-
setzung zur Entwicklung spezifisch
Kinasedomäne, sodass diese Zellen
unerwünschte Wirkungen unter
Aber auch bei Imatinibunverträglich-
sichtlich Remissionsrate und
wirksamer Substanzen, die gegen die
die Wirkung von Imatinib unter-
einer Nilotinibtherapie sind derzeit
keit oder -resistenz sollte die Kno-
Gesamtüberleben (8,5 %) einer Thera-
BCR-ABL-Tyrosinkinase gerichtet sind
laufen oder die Substanz nicht mehr
bekannt:
chenmarktransplantation diskutiert
pie mit Hydroxyurea überlegen [9,
[4]. Seit der Einführung dieser spezi-
an die Kinase binden kann [17].
• Neutropenie
werden. Interferon-α wiederum
25]. Immerhin ist unter einer Thera-
fischen Tyrosinkinaseinhibitoren hat
Andere Resistenzmechanismen
• Thrombopenie
eignet sich als weiterführende
pie mit Interferon-α bei 5–20 % der
sich die Therapie der chronischen
beruhen auf einer Überexpression
• Erhöhung von Leberwerten und
Monotherapie oder auch in Kombina-
CML-Patienten eine komplette zyto-
myeloischen Leukämie dann auch
des sogenannten Philadelphia-Chro-
des Blutzuckers.
mosoms BCR-ABL und Resistenzge-
Mit Vorsicht sollte Nilotinib bei
nen gegen Zytostatika [28]. Es kön-
Patienten eingesetzt werden, die
nen aber auch zusätzliche zyto-
EKG-Veränderungen (QT-Ver-
genetische Aberrationen in Ph-posi-
längerung) zeigen oder Antiarrhyth-
tiven Zellen bestehen [17]. Das Euro-
mika einnehmen. Im Gegensatz zu
pean LeukemiaNet hat 2006 Kriterien
Imatinib treten Flüssigkeitsretentio-
zur Resistenz (Therapieversagen, sub-
nen seltener auf [22].
erwogen werden, dann nämlich,
Interferon-α – besser, aber nicht
optimales Ansprechen, Warnung)
definiert [2, 16] und alternative Ther-
Weitere Substanzen zur CML-
apiestrategien in dieser Situation
Therapie sind in der Pipeline
empfohlen.
Neben Dasatinib und Nilotinib, deren
Langzeitwirksamkeit und
Therapiestrategien bei
Langzeitverträglichkeit allerdings
Imatinibresistenz
noch überprüft werden muss [19],
Prinzipiell ist eine Verdopplung der
befinden sich derzeit weitere Src/Abl-
Imatinibdosis auf 300 oder 400 mg
Kinaseinhibitoren und auch Farnesyl-
zweimal täglich eine mögliche Thera-
transferaseinhibitoren in Entwick-
pieoption bei (primär oder sekundär)
lung [29]. So scheint zum Beispiel
Medizin
Bosutinib (SKI-606) bei chronischer
hämatologische und zytogenetische
some positive CML or ALL who failed
myeloischer Leukämie oder auch bei
Remission erreichen [3].
Imatinib. ASCO 2007
akuter lymphatischer Leukämie (ALL)
Alternativ zu einer Therapie mit
9 Garcia-Manero G, Talpaz M, Kantar-
mit Philadelphia-Chromosom mit
Tyrosinkinaseinhibitoren kann wie
jian HM. Current therapy of chronic
Erfolgsraten von 85 % sehr gut wirk-
bei einer akuten Leukämie auch eine
myelogenous leukemia. Intern Med
sam zu sein. Häufigste unerwünschte
Kombinationschemotherapie ein-
2002; 41: 254-264
Wirkungen dieser Substanz sind gas-
geleitet werden. Von einem solchen
10 Giles FJ, Cortes J, Jones D. et al..
trointestinale Beschwerden [8].
Therapieversuch profitieren immer-
MK-0457, a novel kinase inhibitor, is
All diese Inhibitoren sind jedoch
hin 10–20 % der Patienten, die in eine
active in patients with chronic
nicht wirksam, wenn im BCR-ABL-
zweite chronische Phase gelangen [7,
myeloid leukemia or acute lympho-
Gen eine T315I-Mutation vorliegt. In
18]. Um die Behandlung noch zu
cytic leukemia with the T315I BCR-
dieser Situation werden derzeit zwei
intensivieren, können – basierend auf
ABL mutation. Blood 2007; 109: 500-
Substanzen in Phase-I/II-Studien
pharmakologischen Tests – auch
502
geprüft: Neben dem Aurora-Kinase-
Chemotherapiekombinationen einge-
11 Goldman JM, Melo J. Chronic
Inhibitor MK-0457 [10] ist auch
setzt werden, die mit Imatinib syner-
myeloid leukaemia - advances in
Homoharringtonin, ein Inhibitor von
gistisch wirken. Auch damit scheint
biology and new approaches to treat-
Transkription und Translation, in der
es in einigen Fällen möglich zu sein,
ment. N Engl J Med 2003; 349: 1451-
Lage, die Therapieresistenz solcher
Patienten in myeloischer Blastenkrise
1464
Leukämiezellen zu durchbrechen
in eine Remission zu bringen, sodass
12 Guilhot F, Apperley J, Kim DW. et
[27].
sie schließlich erfolgreich einer allo-
al.. Dasatinib induces significant
genen Transplantation zugeführt
hematologic and cytogenetic
Bei fortgeschrittener CML
Vortherapie berücksichtigen!
werden können [7, 31].
responses in patients with imatinib-
Gelingt es, bei den Patienten durch
resistant or -intolerant chronic
Die akzelerierte Phase der chronis-
eine der oben genannten Thera-
myeloid leukemia in accelerated
chen myeloischen Leukämie entwick-
pievarianten eine zytogenetische
phase. Blood 2007; 109: 4143-4150
elt sich nach Jahren der chronischen
Remission zu erreichen, erzielt eine
13 Hehlmann R, Berger U, Pfirrmann
Phase und ist durch eine Zunahme
konsekutive allogene Stammzell-
M. et al.. Drug treatment is superior
von Splenomegalie, Leukozytose,
transplantation nach drei Jahren ein
to allografting as first-line therapy in
Blasten (10–30 %), Basophile über
Gesamtüberleben von 81 % [32].
chronic myeloid leukemia. Blood
Nr. 3 • März 2008
11
2007; 109: 4686-4692
20 %, Thrombopenie und eine klonale
Andreas Willer, Stefan Fruehauf
Evolution gekennzeichnet [23].
14 Hehlmann R, Berger U, Pfirrmann
Schreitet die Erkrankung noch weiter
Hämatologie und Internistische
M. et al.. Randomized comparison of
fort und beträgt der Anteil der
Onkologie, Zentrum für Tumordiag-
interferon alpha and hydroxyurea
unreifen Leukämiezellen, der soge-
nostik und -therapie, Paracelsus-
with hydroxyurea monotherapy in
nannten Blasten, über 30 %, spricht
Klinik, Osnabrück (Ärztliche Leiter:
chronic myeloid leukemia (CML-
mosome-positive chronic myeloge-
30 Shah NP, Kim DW, Kantarjian HM.
man von einer Blastenkrise, in der
PD Dr. A. Willer, Prof. Dr. S. Frühauf)
study II): prolongation of survival by
nous leukemia in chronic phase fol-
et al.. Dasatinib 50 mg or 70 mg BID
das mediane Überleben der Patienten
the combination of interferon alpha
lowing imatinib resistance and intol-
compared to 100 mg or 140 mg QD in
nur wenige Monate beträgt [23].
and hydroxyurea. Leukemia 2003; 17:
erance. Blood 2007; 22:
patients with CML in chronic phase
Außerdem finden sich insbesondere
1529-1237
23 Kantarjian HM, Talpaz M, Giles F.
(CP) who are resistant to or intoler-
15 Hehlmann R, Heimpel H, Hasford
et al.. New insights into the patho-
ant to imatinib: One-year results of
bei bis zu zwei Dritteln der Patienten
Literatur
Jetal. Randomized comparison of
physiology of chronic myeloid
CA180034. ASCO 2007
zusätzliche genetische Aberrationen.
1 Alvarez RH, Kantarjian H, Cortes JE.
interferon-alpha with busulfan and
leukaemia and imatinib resistance.
31 Topaly J, Zeller WJ, Fruehauf S.
The biology of chronic myelogenous
hydroxyurea in chronic myelogenous
Ann Intern Med 2006; 145: 913-923
Combination therapy with imatinib
im Verlauf einer solchen Blastenkrise
leukemia: implications for imatinib
leukemia.The German CML Study
24 Kantarjian HM, Talpaz M, O'Brian
mesylate (STI571): synopsis of in
bis zur Stammzelltransplantation
therapy. Semin Hematol 2007; 44:
Group. Blood 1994; 84: 4064-4077
S. et al.. Dose escalation of imatinib
vitro studies. Br J Haematol. 2002;
Die empfohlene Therapie in den fort-
2 Baccarani M, Saglio G, Goldman J. et
16 Hehlmann R, Hochhaus A, Bac-
mesylate can overcome resistance to
119: 3-14
geschrittenen Krankheitsstadien
al.. Evolving concepts in the manage-
carani M. European Leukemia Net..
standard-dose therapy in patients
32 Weisser M, Schleuning M, Hafer-
hängt von der Vortherapie ab. Zum
ment of chronic myeloid leukemia:
Chronic myeloid leukemia. Lancet
with chronic myelogenous
lach C. et al.. Allogeneic stem-cell
Beispiel wird in der akzelerierten
recommendations from an expert
2007; 370: 342-350
leukaemia. Blood 2003; 101: 473-475
transplantation provides excellent
Phase für imatinibnaive Patienten
panel on behalf of the European
17 Hochhaus A. Chronic myelogenous
25 Hydroxyurea versus busulphan for
results in advanced stage chronic
Imatinib in einer Dosierung von
LeukemiaNet. Blood 2006; 108: 1809-
leukemia (CML): resistance to tyro-
chronic myeloid leukaemia: an indi-
myeloid leukemia with major cytoge-
600 mg täglich empfohlen – ein
1820
sine kinase inhibitors. Ann Oncol
vidual patient data meta-analysis of
netic response to pre-transplant ima-
Therapieansatz, der bei 17 % der
3 Cortes J, Rousselot P, Kim DW. et al..
2006; 17:
three randomized trials. Br J Haema-
tinib therapy. Leuk Lymphoma 2007;
Patienten eine komplette zyto-
Dasatinib induces complete hemato-
18 Hochhaus A, Berger U, Hehlmann
tol 2000; 110: 573-576
48: 295-301
genetische Remission vermittelt.
logic and cytogenetic responses in
R. Chronische myeloische Leukämie -
26 Quintas-Cardama A, Kantarjian H,
Alternativ eignet sich der Einsatz von
patients with imatinib-resistant or -
Empfehlungen zur Diagnostik und
Garcia-Manero G. et al.. A pilot study
Dasatinib, das bei 39 % der Patienten
intolerant chronic myeloid leukemia
Therapie. Bremen, London, Boston:
of imatinib, low-dose cytarabine and
eine komplette hämatologische und
in blast crisis. Blood 2007; 109: 3207-
UNI-MED Verlag 2004
idarubicin for patients with chronic
bei 24 % eine komplette zytogenetis-
3213
19 Jabbour E, Cortes J, Kantarjian H.
myeloid leukemia in myeloid blast
Korrespondenz
che Remission erreicht [12]. Der Ein-
4 Druker BJ. Imatinib as paradigm of
Dasatinib for the treatment of
phase. Leuk Lymphoma 2007; 48:
PD Dr. Andreas Willer
satz von Interferon-α dagegen ist in
targeted therapies. Adv Cancer Res
Philadelphia chromosome-positive
283-289
Zentrum für Tumordiagnostik und -
der fortgeschrittenen Phase der
2004; 91: 1-30
leukaemias. Expert Opin Investig
27 Quintas-Cardama A, Kantarjian H,
therapie Paracelsus-Klinik
Erkrankung wenig effektiv und kann
5 Druker BJ, Guilhot F, O'Brien SG. et
Drugs 2007; 16: 679-687
Garcia-Manero G. et al.. Phase I/II
Am Natruper Holz 69
daher nicht empfohlen werden [18].
al.. Five-year follow-up of patients
20 Kantarjian H, Pasquini R, Hamer-
study of subcutaneous homoharring-
49076 Osnabrück
Dagegen muss in dieser Phase der
receiving imatinib for chronic
schlak N. et al.. Dasatinib or high-
tonine in patients with chronic
Email: [email protected]
CML-Erkrankung immer die
myeloid leukemia. N Engl J Med
dose imatinib for chronic-phase
myeloid leukemia who have failed
Möglichkeit der allogenen Transplan-
2006; 355: 2408-2417
chronic myeloid leukemia after fail-
prior therapy. Cancer 2007; 109: 248-
tation ins Auge gefasst werden.
6 Frame D. Chronic myeloid
ure of first-line imatinib: a random-
255
leukemia: standard treatment
ized phase 2 trial. Blood 2007; 109:
28 Radujkovic A, Schad M, Topaly J. et
options. Am J Health Syst Pharm
5143-5150
al.. Synergistic activity of imatinib
nen in der Blastenkrise
2006; 63: 21-22
21 Kantarjian H, Talpaz M, O'Brien S.
and 17-AAG in imatinib-resistant
In der Blastenkrise kann bei Patien-
7 Fruehauf S, Topaly J, Buss EC. et al..
et al.. Survival benefit with imatinib
CML cells overexpressing BCR-ABL-
ten, die noch nicht mit Imatinib
Imatinib combined with mitox-
mesylate therapy in patients with
Inhibition of P-glycoprotein function
behandelt wurden, die Gabe dieses
antrone/etoposide and cytarabine is
accelerated-phase chronic myeloge-
by 17-AAG. Leukemia 2005; 19: 1198-
Tyrosinkinaseinhibitors bei 7 % der
an effective induction therapy for
nous leukaemia - comparison with
1206
Patienten eine komplette zyto-
patients with chronic myeloid
historic experience. Cancer 2005;
29 Radujkovic A, Topaly J, Fruehauf S,
genetische Remission vermitteln [18].
leukemia in myeloid blast crisis. Can-
103: 2099-2108
Zeller WJ. Combination treatment of
Imatinibvorbehandelte Patienten
cer 2007; 109: 1543-1549
22 Kantarjian HM, Giles F, Gatter-
imatinib-sensitive and -resistant
wiederum können in dieser Situta-
8 Gambacorti-Passerini C, Brümmen-
mann N. et al.. Nilotinib (formerly
BCR-ABL-positive CML cells with
tion von einer Dasatinibtherapie
dorf T, Kantarjian H. et al.. Bosutinib
AMN107), a highly selective Bcr-Abl
imatinib and farnesyltransferase
profitieren und eine komplette
(SKI-606) exhibits clinical activity in
tyrosine kinase inhibitor, is effective
inhibitors. Anticancer Res 2006; 26:
patients with Philadelphia chromo-
in patients with Philadelphia chro-
2169-2177
Akzelerierte Phase: Von Imatinib
Unterschiedliche Therapieoptio-
Der Artikel ist erstmals erschienen im
Klinikarzt (Klinikarzt 2007; 36 (10): 580–
584) und wurde für BDI aktuell von den
Autoren auf den aktuellen Stand gebracht.
Alle Rechte vorbehalten.
12
Medizin
Nr. 3 • März 2008
Wertigkeit der kardialen Magnetresonanztomographie
Diagnostik der akuten
Myokarditis
Eine Myokarditis ist definitionsgemäß ein sich herdförmig oder diffus ausbreitender, akuter oder chronisch rezidivierender Entzündungsprozess, der mikroskopisch durch lymphozytäre und mononukleäre
Zellinfiltrate mit oder ohne begleitende Myozytolysen gekennzeichnet ist [3, 9, 22]. Die Diagnose der
Myokarditis ist aufgrund der heterogenen und teilweise unspezifischen klinischen Präsentation schwierig. Die Häufigkeit beträgt nach unselektionierten Autopsiestudien zwischen 1 %–10 %, sowie 5 %–12 % in
Autopsien bei ungeklärtem plötzlichem Herztod [9]. Die Prävalenz der bioptisch gesicherten Myokarditis
variiert zwischen 9 % und 78 % – je nach klinischem Bild, Zeitpunkt der Biopsieentnahme, den histologischen bzw. immunhistologischen Kriterien einer Myokarditis und der möglichen fokalen Natur des entzündlichen Herzmuskelprozesses [9]. Berücksichtigt man im klinischen Alltag alle diejenigen Fälle mit
neu aufgetretenen unklaren Rhythmusstörungen, Kontraktionsstörungen des linken Ventrikels, fluktuierenden EKG-Veränderungen oder einer Herzvergrößerung, so muss das Krankheitsbild der akuten Myokarditis häufig in die Differenzialdiagnostik mit einbezogen werden. Eine ätiologische Diagnose ist aufgrund möglicher schwerwiegender Verläufe (z.B. eine dilatative Verlaufsform mit Herzinsuffizienz oder
eine arrhythmogene vitale Gefährdung) wünschenswert.
mehrter vaskulärer Permeabilität mit
be nach (Sensitivität 80 %, Spezifität
Hyperämie und Gewebeödem sowie
68 % bei einem „cutoff”-Wert von
zu lokaler Zell-Nekrose [17]. Entspre-
4.0). Sie schränken allerdings ein,
chend dem vielfältigen klinischen
dass der Vergleich zur KM-Anreiche-
Bild können auch die Gewebeverän-
rung im Skelettmuskel als Hyper-
derungen unterschiedlich ausgeprägt
ämiekorrelat durch eine nicht auszu-
sein, zeitlich einen unterschiedlichen
schließende Mitbeteiligung des Ske-
Verlauf zeigen und daher ein unter-
lettmuskels im Rahmen einer syste-
schiedliches bildgebendes Korrelat in
mischen Reaktion eingeschränkt sein
der kardialen MRT aufweisen. Eine
kann. Mittels neuer Inversions-Reco-
Differenzierung von verschiedenen
very-Gradienten-Echosequenzen (IR-
Gewebeeigenschaften bzw. Krank-
GRE) wiesen Mahrholdt et al. [19] bei
heitsphasen-abhängigen Gewebezu-
88 % der Patienten mit Verdacht auf
ständen wird in der kardialen MRT
Myokarditis fokale, subepikardiale,
durch Anwendung verschiedener
vorwiegend in der lateralen LV-Wand
Techniken angestrebt (siehe Tab. 1).
lokalisierte Kontrastmittelanreiche-
Hierzu werden verschiedene Relaxa-
rungen nach. Bei 19 von 21 biopsier-
tionszeiten nach einem magneti-
ten Patienten bei einer Gesamtstudi-
schen Hochfrequenzimpuls genutzt.
enzahl von 32 Patienten konnte in
Die T2-Relaxation (T2-Wichtung)
der EMB eine aktive Myokarditis
wird hierbei zum Nachweis vermehr-
nachgewiesen werden, bei 12 der
Die häufigste Ursache inflammatori-
die EMB in Fällen eines dringlichen
den und Infarkt-ähnlichen Sympto-
ten, im Bild dann signalreichen
Patienten wurde PVB19 und bei 6
scher Herzerkrankungen in Europa ist
Verdachtes auf eine akute oder chro-
men erstreckt, sowie die Verlaufskon-
Gewebewassers (Ödem) verwendet
Patienten HHV 6 als potenzieller
die viral induzierte Myokarditis [9].
nische Myokarditis mit progredienter
trolle zur Abschätzung der Krank-
(siehe Abb. 1). Da in der T2-Wichtung
Erreger gefunden.
Während in den 80er Jahren des letz-
Herzinsuffizienz trotz adäquater
heitsaktivität. Klinisches Ziel ist ins-
auch Fettgewebe intermediär signa-
Die Darstellung myokardialer Zellne-
ten Jahrhunderts vorwiegend Adeno-
Herzinsuffizienztherapie [25]. Aller-
besondere die Identifikation prognos-
lintens ist, wird durch einen Inversi-
krosen ist mittels Late-Gadolinium-
und Enteroviren vorherrschten, wer-
dings ist die EMB bei hoher Spezifität
tisch gefährdeter Myokarditis-Patien-
onspuls (IR) zum Zeitpunkt der Sig-
Enhancement (LGE) möglich [27].
den heute auch Parvovirus B19
durch eine niedrige Sensitivität (10–
ten mit einem progredienten Krank-
nalauslese Fettgewebe hypointens
Gadolinium kann als extrazelluläres
(PVB19) und Humanes Herpesvirus 6
22 %) limitiert [5, 11], die sich durch
heitsverlauf. Diese sollten optimaler-
dargestellt. Die Inversionszeit wird
KM intakte myokardiale Zellmembra-
(HHV6) in klinisch symptomatischen
die regional unterschiedliche Myo-
weise einer spezifischen, durch den
von modernen Sequenzen automa-
nen nicht penetrieren, wird aus
Myokarditiden in Deutschland am
kardbeteiligung der Myokarditis und
EMB-Befund begründeten Therapie
tisch vorgenommen. Abdel-Aty et al.
gesundem Myokard ausgewaschen
häufigsten nachgewiesen [15, 20, 24].
den hieraus resultierenden Probeent-
unterzogen werden.
[2] beschreiben bei 23 von 25 Patien-
und akkumuliert daher nur bei myo-
ten mit Verdacht auf Myokarditis im
kardialen Zellschäden in den geschä-
nahmefehler („Sampling error”)
erklärt [11]. Um die Sensitivität auf
kurzgefasst
Vergleich zu gesunden Kontrollperso-
digten Myozyten. Neben dem Nach-
Erschwert wird die Diagnostik durch
80 % zu erhöhen, sind theoretisch
Aufgrund der vielfältigen klinischen
nen eine höhere Signalintensität des
weis einer solchen akuten myokar-
eine unzureichende Sensitivität bzw.
zudem ca. 17 rechtsventrikuläre
Präsentationsmöglichkeiten sowie
Myokards im Vergleich zum Skelett-
dialen Zellschädigung ist ein LGE
Spezifität der bislang verwendeten
Biopsien erforderlich [11]. Aufgrund
der eingeschränkten Spezifität bzw.
muskel als Ödemkorrelat mit einer
zudem bei einer Vergrößerung des
Methoden [18, 26]. Neben dem Nach-
des „Sampling errors” und der teil-
Sensitivität der bisherigen Metho-
positiven Korrelation zu Troponin als
Extrazellularraumes nachweisbar wie
weis von EKG-Veränderungen kann
weise bestehenden Zurückhaltung
den ist die Diagnostik der akuten
myokardialem Verletzungsmarker
im Falle einer myokardialen Narben-
ein positiver Troponin-Test auf myo-
wird daher die definitive histologi-
Myokarditis erschwert. Die Identifi-
(Sensitivität 84 %, Spezifität 74 % bei
bildung, bei der Myozyten durch eine
kardiale Zellnekrosen hinweisen
sche und molekularpathologische
kation prognostisch gefährdeter
einem „cutoff-Wert” von 1,9 ). Bei 21
Bindegewebsmatrix mit einem ver-
(Sensitivität 34 %, Spezifität 89 %)
Diagnose der Myokarditis häufig
Patienten ist anzustreben.
von 25 der Studienpatienten wurde
größertem interstitiellem Raum
[18]. Einer Indium-111-Antimyosin-
nicht erzielt. Ein nicht-invasives Pro-
eine stenosierende KHK invasiv aus-
ersetzt werden. Das LGE wird ca. 10
Szintigrafie (Sensitivität 85–91 %,
cedere kann zwar aufgrund der
geschlossen. Eine EMB-basierte Diag-
Minuten nach KM-Applikation (0,2
Spezifität 34–53 %) kommt eher ein
hohen Spontanheilungsrate nachträg-
Tomografie
nose der Myokarditis erfolgte aller-
mmol/kg KG Gadolinium-basiertes
hoher negativer prädiktiver Aussage-
lich gerechtfertigt sein [6], eine EMB-
Die kardiale Magnet-Resonanz-Tomo-
dings nicht. Bei einem Teil der
KM) mit Inversions-Recovery-Gra-
wert zu [18, 26]. Echokardiografische
begründete Diagnose ist allerdings
grafie (MRT) eröffnet für die Diagnos-
Patienten zeigten sich fokale trans-
dientenecho-Sequenzen bestimmt
Befunde wie eine passagere myokar-
bei den genannten Patienten mit
tik der Myokarditis neue Perspekti-
murale oder subepikardiale, jedoch
(siehe Abb. 1). Dabei werden durch
diale Wandverdickung im Sinne eines
einer prognostisch relevanten
ven. Derzeit beinhaltet die mittels 1,5
nicht subendokardiale Areale mit
Optimierung der Inversionszeit (200–
Ödemkorrelates, eine Zunahme der
Gefährdung durch eine progrediente,
Tesla-Scannern durchgeführte kardia-
einer vermehrten T2-Signalintensität.
300 ms) normale Myokardabschnitte
diastolischen links- oder rechtsven-
potenziell arrhythmogen bedeutsame
le MRT-Untersuchung moderne Cine-
Vor und rasch nach intravenöser App-
hypointens und Areale mit LGE
trikulären Diameter, Veränderungen
Herzinsuffizienz einzufordern. Es
Sequenzen mit hohem Auflösungs-
likation extrazellulären Gadolinium-
hyperintens dargestellt. Ein LGE kann
der Wandgeschwindigkeiten im „Tis-
besteht die Möglichkeit einer spezifi-
vermögen zur Bewegungs- und Funk-
basiertem Kontrastmittels (KM) (0,1
sowohl Ausdruck einer akuten myo-
sue-Doppler-Imaging” oder eine Peri-
schen therapeutischen Intervention
tionsanalyse des Herzens in definier-
mmol/kg KG) wird mittels einer T1-
kardialen Zellschädigung wie auch
kardergussbildung sind nicht spezi-
wie beispielsweise einer Corticoster-
ten wie auch frei variierbaren longi-
gewichteten Spin-Echo-Sequenz die
einer myokardialen Vernarbung sein.
fisch und im diagnostischen und kli-
oidtherapie bei Riesenzellmyokarditis
tudinalen und axialen Schnittebenen,
KM-Anreicherung als Ausdruck einer
Daher ist der Nachweis eines myo-
nischen Kontext nur als richtungs-
und Hypersensitivitätsmyokarditis
Ödemsequenzen, volumetrische Ana-
vermehrten kapillären Permeabilität
kardialen LGE bei Myokarditis abhän-
weisend einzuordnen [26]. Die Endo-
sowie einer Studien-integrierten
lysen des rechten und linken Ventri-
und Hyperämie im Myokard („early
gig von der Intensität der Erkran-
myokardbiopsie (EMB) ermöglicht
antiviralen [13] oder immunsuppri-
kels sowie die Gadolinium-Kontrast-
enhancement”) bestimmt. Diese vari-
kung, möglicherweise bereits erfolg-
neben der Analyse lymphozytärer
mierenden Therapie bei Nachweis
mittelgabe zur Bestimmung des Kon-
iert je nach Ausmaß der Entszün-
ter Reparaturmechanismen und von
Infiltrate und Nekrosen von Myozy-
einer myokardialen Entzündung mit
trastmittelverhaltens im Myokard
dungsreaktion und ändert sich in
dem Zeitpunkt der kardialen MRT-
ten anhand der Dallas-Kriterien [3]
bzw. ohne Viruspersistenz. Klinisches
(„early und late enhancement”).
Abhängigkeit des Krankheitsverlau-
Untersuchung. D. h. ob über die
sowie nach den Kriterien der World
Ziel der Diagnostik ist deshalb die
Zudem ermöglicht eine transversale
fes. Friedrich et al. [10] dokumentier-
Hyperämie hinaus Zellnekrosen auf-
Heart Federation (WHF) Task Force
valide Diagnose der akuten Myokar-
Thorax-MRT-Aquisition (transversale
ten bei 44 Patienten mit Verdacht auf
getreten sind, ob es zu einer narbigen
[22] zunehmend auch immunhistolo-
ditis, die differenzialdiagnostische
HASTE: half-fourier-single-shot-
akute Myokarditis in konsekutiven
Defektheilung gekommen ist und in
gische und molekularpathologische
Abgrenzung zu anderen Erkrankun-
turbo-Spinsequenz) die orientierende
MRT-Untersuchungen binnen 12
welchem Krankheitsstadium die kar-
Untersuchungen zwecks Nachweis
gen mit jeweils vergleichbarer Symp-
Beurteilung der Thoraxorgane bei-
Wochen nach Symptombeginn den
diale MRT erfolgt. Daher besteht die
und Charakterisierung des Erregers
tomatik, wobei das Spektrum sich
spielsweise auch in Hinblick auf pul-
Verlauf myokarditischer Läsionen.
Möglichkeit, eine Hyperämie (T1w-
bzw. der Infiltrate. Empfohlen wird
zwischen unspezifischen Beschwer-
monale Infiltrate oder einen Pleura-
Hierbei zeigte sich ein fokales Kon-
KM-Sequenz) ohne Ödem (T2w-IR-
erguss. Eine komplette kardiale MRT-
trastmittel-Enhancement an Tag 2
Sequenz) und LGE beispielsweise in
Untersuchung dauert ca. 30 Minuten
nach Symptombeginn, eine zuneh-
einer milden Krankheitsform nachzu-
und ist zur Verlaufskontrolle auf-
mend diffuse myokardiale Beteili-
weisen. In einem anderen Stadium ist
grund der fehlenden Röntgenstrah-
gung an Tag 7, die 2–4 Wochen per-
es zusätzlich möglich, ein Ödem in
lenexposition mehrfach anwendbar.
sistierte und nach 12 Wochen auf das
der T2-Wichtung ebenfalls ohne LGE
Niveau der Signalintensität der Kon-
zu demonstrieren und im Falle einer
trollgruppe zurückkehrte. In der oben
schweren Zellschädigung bei akuter
MRT bei Myokarditis
zitierten Studie wiesen Abdel-Aty et
Myokarditis sowohl Ödem, Hyper-
Bei einer Myokarditis kommt es
al. [2] eine vermehrte myokardiale
ämie als auch Nekrose (LGE) in der
infolge einer inflammatorischen
Signalintensität im Vergleich zum
MRT zu visualisieren. Das Bild einer
Reaktion auf ein virales Agens zu ver-
Skelettmuskel nach Kontrastmittelga-
narbigen Abheilung ist durch ein
Diagnostische Limitationen
Kardiale Magnet-Resonanz-
Gewebedifferenzierung in der
Medizin
positives LGE ohne Ödem oder
„Early-” und „Late Gadolinium
Hyperämie gekennzeichnet. Als rich-
Enhancement” darstellt [16]. Diese
tungsweisender Befund einer inflam-
Unterscheidung ist insbesondere
matorischen Myokarderkrankung ist
auch deshalb hilfreich, da die Symp-
andererseits die auch mögliche kom-
tomatik bei akuter Myokarditis mit
plette Abheilung mit einem in der
thorakalen Schmerzen der eines aku-
Verlaufs-MRT-Untersuchung nicht
ten Koronarsyndroms gleichen kann
mehr nachweisbaren LGE einzuschät-
[8, 14, 20]. Das subendokardiale bzw.
zen. Zusammenfassend variieren
transmurale LGE ischämischer Gene-
daher die in der Literatur angegebe-
se erklärt sich durch die Anatomie
nen Zahlen bezüglich eines LGE-
der Koronarien (funktionelle Endge-
Nachweises bei Myokarditis zwi-
fäße). Ihr Verschluss führt zu einer
schen 44 % und 88 % [2, 19].
Nekrose beginnend im subendokar-
Nr. 3 • März 2008
13
dialen Endstromgebiet mit dann
kurzgefasst
gegebenenfalls transmuraler Ausbrei-
Die kardiale MRT bei Myokarditis
tung. Die andererseits häufige sub-
ermöglicht eine differenzierte Ana-
epikardiale Lokalisation des Late-
lyse myokardialer Gewebeeigen-
Enhancements bei Myokarditis ist
schaften durch Visualisierung von
möglicherweise durch die vermehrte
Hyperämie, Ödem, Zellnekrose bzw.
entzündliche Aktivität in den subepi-
myokardialer Narbe. Hierzu werden
kardial am meisten vaskularisierten
verschiedene MRT-Sequenzen ver-
myokardialen Schichten bedingt [16].
wendet.
Vermutet wird auch eine Beteiligung
epikardialer Myokardanteile per con-
Optimierung der Diagnostik
tinuitatem ausgehend von einer Peri-
Abb. 1 Kardio-MRT-Sequenzen (Siemens Magnetom Avanto) bei akuter Myokarditis mit Parvovirus B19 (PVB19)-Nachweis in der Endomyokardbiopsie. RA: Rechtes Atrium, RV: Rechter Ventrikel, LA: Linkes Atrium, LV: Linker Ventrikel, Ao: Aorta ascendens, MRT: Magnetresonanztomografie, LVOT: Linksventrikulärer Ausflusstrakt, IR: Inversion-Recovery-Sequenz, LGE: Late Gadolinium Enhancement
A: Cine-Sequenzen zur Funktionsbeurteilung. A1: 4-Kammer-Blick. A2: 3-Kammer-Blick mit linksventrikulärem Ausflußtrakt (LVOT).
B: T2-gewichtete IR-Ödemsequenz (IR: Inversion Recovery). Nachweis des überwiegend lateral betonten multifokalen subepikardialen linksventrikulären Ödems („patchy pattern”). B1: 4-Kammer-Blick. B2: 3-Kammerblick mit LVOT. C: Nachweis myokardialer Zellnekrosen, welche
sich in der Late-Gadolinium-Enhancement-Sequenz (LGE) hyperintens subepikardial dar-stellen. C1: 4-Kammer-Blick. C2: 3-Kammerblick mit
LVOT.
mittels kardialer MRT
karditis [20, 28]. Bezüglich der häufi-
Die Kombination der genannten
gen lateralen bzw. interventrikulären
MRT-Sequenzen sowie die allgemeine
septalen linksventrikulären Betonung
Gewebeveränderungen ist möglich,
optimierte Bildqualität in der MRT-
des LGE bei Myokarditis beschreiben
wobei Mikrovernarbungen infolge
Die Diagnostik der akuten Myokardi-
Technik ermöglichen eine verbesserte
Mahrholdt et al. [20] Erreger-assozi-
des derzeitigen MRT-Auflösungsver-
tis ist durch eine unzureichende Sen-
diagnostischer Oberbegriff ohne
differenzierte Gewebecharakterisie-
ierte Muster des „Late-Gadolinium-
mögens möglicherweise nicht erfasst
sitivität bzw. Spezifität der bisher
meist erregerspezifische und
rung des jeweiligen inflammatori-
Enhancements”. In einem regionalen
werden [10, 19, 20, 27]. Die akute
verwendeten Methoden limitiert. Die
damit möglicherweise prognose-
schen Stadiums und damit eine ver-
Kollektiv aus Deutschland wurde hier
Myokarditis kann jedoch auch zur
kardiale MRT ermöglicht eine diffe-
und therapierelevante Differenzie-
besserte diagnostische Sicherheit.
bei 49 von 87 Patienten mit EMB-
dilatativen Kardiomyopathie (DCM)
renzierte Einschätzung der myokar-
Abdel-Aty et al. [2] beschrieben bei
gesicherter Myokarditis Parvovirus
mit Viruspersistenz bzw. autoreakti-
dialen Funktions- und Gewebeeigen-
Patienten mit Verdacht auf akute
B19 (PVB19), bei 16 Patienten Huma-
ven Immunprozessen fortschreiten
schaften. Mittels Kombination ver-
nose der Myokarditis sowie die
Myokarditis eine Sensitivität von 76
nes Herpesvirus 6 (HHV6) sowie bei
[6, 9, 21]. Bei DCM findet sich im
schiedener MRT-Sequenzen (T2w-IR-
Identifikation prognostisch gefähr-
% und eine Spezifität von 95,5 %,
15 Patienten eine Mischinfektion aus
Unterschied zur ischämischen Kar-
Sequenz zum Ödemnachweis, T1w-
deter Patienten, die einer Endo-
wenn zwei der drei MRT-Kriterien
PVB19 und HHV6 nachgewiesen.
diomyopathie im MRT vermehrt ein
Sequenz vor und nach KM-Applikati-
myokardbiopsie unterzogen wer-
(T2w-IR-Sequenz, T1w-Sequenz vor
Hierbei wurde das laterale LGE-Ver-
lineares oder fleckiges streifen- bzw.
on sowie Late-Gadolinium-Enhance-
den müssen, um gegebenenfalls
und nach KM, LGE) positiv sind.
teilungsmuster vorwiegend bei
bandförmiges intramyokardiales, z.T.
ment) können Aktivität und Verlauf
eine gezielte Therapie entspre-
Die kardiale Magnetresonanztomo-
Patienten mit PVB19 und ein intra-
septal betontes LGE („midwall sign”)
der Myokarditis besser eingeschätzt
chend der histologischen und
grafie kann auch zur Unterscheidung
myokardiales septales Verteilungs-
[12, 23, 27]. Eine Assoziation zwi-
werden. Bei akuter Myokarditis wer-
molekularpathologischen Diagno-
akuter von chronischen Gewebsschä-
muster bei Patienten mit HHV6 nach-
schen dem Nachweis eines solchen
den in der kardialen MRT vermehrt
den beitragen. Da sowohl die akute
gewiesen. Zudem schildern die Auto-
„midwall”-LGE und einer aktiven
inferolateral betonte subepikardiale
Nekrose als auch die chronische myo-
ren Erreger-assoziierte klinische Ver-
oder Borderline-Myokarditis in der
multifokale fleckförmige und septale
reich sein und sollte daher bei kli-
kardiale Zellschädigung mit Narben-
läufe. Dabei zeigte sich bei einer
Endomyokardbiopsie konnten De
intramyokardiale Muster der Gewe-
nischem Verdacht auf Myokarditis
bildung mittels LGE nachweisbar
PVB19-Myokarditis eher ein plötzli-
Cobelli et al. [7] bei Patienten mit
beschädigung nachgewiesen. Die
zur Diagnosestellung und Abschät-
sind, kann die T2-gewichtete Sequenz
cher Krankheitsbeginn mit Infarkt-
den Zeichen einer chronischen Myo-
Ausbeute der EMB bei akuter Myo-
zung der Krankheitsaktivität in
die akute Schädigung durch Ödem-
ähnlichen Symptomen und eher
karditis und eingeschränkter systoli-
karditis kann aufgrund der Lokalisa-
das diagnostische Instrumentari-
nachweis von der chronischen Narbe
benignen klinischen Verlauf. Patien-
scher linksventrikulärer Funktion
tionsmöglichkeit der Gewebeläsion
um implementiert werden.
differenzieren [1].
ten mit einer HHV6-Infektion, insbe-
oder repetitiven ventrikulären
mittels der kardialen MRT verbessert
Wesentlich für die Diagnose der
sondere diejenigen mit einer
Arrhythmien zeigen. Das Vorliegen
werden. Neuere bioptische Untersu-
Myokarditis sind Krankheits-assozi-
PVB19/HHV6-Mischinfektion, wiesen
eines „midwall”-LEGs bei DCM ist
chungen zeigen eine Häufung
ierte Muster der Kontrastmittelanrei-
eher eine klinische Progression mit
möglicherweise im Vergleich zu
PVB19- und HHV6-induzierter akuter
Korrespondenz:
cherung [12]. Bei Myokarditis ist das
Herzinsuffizienz auf. Die pathophy-
Patienten mit DCM ohne Late-Enhan-
Myokarditiden in Deutschland. Bei
Dr. med. Matthias Wein
LGE überwiegend multifokal fleckför-
siologischen Zusammenhänge sind
cement in der MRT-Untersuchung
chronischer Myokarditis beziehungs-
Abteilung Kardiologie, Augusta-
mig („patchy pattern”) subepikardial
bislang nicht eindeutig geklärt. In der
mit einer eingeschränkten Prognose
weise bei Myokarditis-assoziierter
Krankenhaus Düsseldorf
in der Infero-Lateralwand des linken
Literatur ergeben sich Hinweise auf
verbunden [4]. Zur besseren Ein-
DCM kann der Nachweis eines LGE
Amalienstrasse 9
Ventrikels (siehe Abb. 1) oder auch
einen Erregershift mit einem ver-
schätzung des prognostischen Aussa-
prognostische Relevanz besitzen.
40472 Düsseldorf
bandförmig intramyokardial im inter-
mehrten bioptischen Nachweis von
gewertes der kardialen MRT bei aku-
ventrikulären Septum lokalisiert [19,
HHV6 und PVB19 bei Myokarditis in
ter Myokarditis bzw. bei Myokardi-
20]. Im Unterschied hierzu zeigen
Deutschland [15, 20, 24].
tis-assoziierter DCM sind weitere
Fazit
Konsequenz für Klinik und Praxis
• Die Myokarditis ist häufig nur ein
rung.
• Klinisches Ziel ist die valide Diag-
se einzuleiten.
• Die kardiale MRT kann dabei hilf-
Telefon: 0211/9043-201
M. Wein1,2, R. Banach2,3,
A. Wolf-Pütz 1,2, B. Skutta2,3,
Fax: 0211/9043-209
Email: [email protected]
B.-E Strauer2, R. M. Klein1,2
Patienten mit einer akuten ischämi-
Die kardiale Magnetresonanztomo-
schen Schädigung bei akutem Herz-
grafie ermöglicht zudem eine gezielte
infarkt einen koronarsegmentbezoge-
Planung der Endomyokardbiopsie.
kurzgefasst
1Abteilung Kardiologie, Augusta-Kran-
nen Defekt, der sich als subendokar-
Eine durch den MRT-Befund präzi-
Die Kombination verschiedener
dial oder transmural lokalisiertes
sierte, gegebenenfalls auch linksven-
MRT-Sequenzen verbessert die
kenhaus Düsseldorf
2Arbeitsgruppe kardiale Schnittbildge-
trikuläre Endomyokardbiopsie im
diagnostische Genauigkeit der kar-
bung, Augusta-Krankenhaus Düsseldorf
Bereich der betroffenen Segmente,
dialen MRT-Untersuchung bei aku-
in Kooperation mit der Klinik für Kar-
kann den „Sampling error” verrin-
ter Myokarditis und ermöglicht
diologie, Pneumologie und Angiologie,
Die Literatur zum Artikel finden Sie
gern und die histologisch-molekular-
eine Einschätzung der Krankheits-
im Internet unter www.BDI.de auf
DCM = Dilatative Kardiomyopathie
pathogische Diagnostik verbessern
aktivität sowie des Musters der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
3Radios, Gemeinschaftspraxis für
EMB = Endomyokard-Biopsie
[19].
myokardialen Gewebeschädigung.
Radiologie und Nuklearmedizin, Düs-
HHV6 = Humanes Herpesvirus 6
Aufgrund der fehlenden Röntgen-
Die Ausbeute der Endomyokard-
seldorf
KM = Kontrastmittel
strahlenexposition ist die kardiale
Biopsie kann mittels der kardialen
MRT zur Verlaufskontrolle geeignet.
MRT verbessert werden.
Glossar
LGE = Late-Gadolinium-Enhancement
MRT = Magnetresonanztomografie
PVB19 = Parvovirus B19
T1w = T1-gewichtete MRT-Sequenz
T2w = T2-gewichtete MRT-Sequenz
Studienergebnisse abzuwarten.
Der Artikel ist erstmals erschienen in der
DMW (Dtsch Med Wochenschr 2007; 133:
87–91). Alle Rechte vorbehalten.
den Seiten von BDI aktuell.
– Anzeige –
Autorenerklärung: Die Autoren erklä-
Veränderungen der Funktions- und
ren, dass sie keine finanziellen Verbin-
Gewebeeigenschaften können doku-
dungen mit einer Firma haben, deren
mentiert und damit die Krankheits-
Produkt in dem Beitrag eine wichtige
aktivität eingeschätzt werden. Eine
Rolle spielt (oder mit einer Firma, die
komplette Rückbildung akuter
ein Konkurrenzprodukt vertreibt).
14
Medizin
Nr. 3 • März 2008
Fortbildungsveranstaltung der Vereinigung der Bayerischen Internisten e. V. in der Tschechischen Ärztegesellschaft Prag (Purkyne-Gesellschaft)
š
Grenzüberschreitende Fortbildung
Unter der Leitung von Dr. med. Wolf von Römer, dem 1. Vorsitzenden der Vereinigung der Bayerischen
Internisten e. V. und 1. Vizepräsidenten des BDI, fand am 8. Oktober 2007 im Rahmen der von Kollegen
Hartmut Stöckle aufgebauten und seit 1993 jährlich durchgeführten Fortbildungsveranstaltung zu aktuellen Themen der Inneren Medizin erneut eine vielbeachtete Fortbildungsveranstaltung zu kardiologischen
Themen (Resynchronisationstherapie, KHK) und über Neuroendokrine Tumore statt.
Erfolg in einer posterolateralen Vene
sinnvoll, um den transmitralen Ein-
Dr. med. Jan Kvasnicka (Karls-Univer-
platziert werden.
strom zu maximieren und die intra-
sität Prag) und der Moderation von
Seit 1999 existieren mehr als 10 ran-
ventrikuläre Asynchronie zu mini-
Kollegen Wolf von Römer wurden die
domisierte Multicenterstudien mit
mieren.
Referate in Deutsch gehalten und
kummulativ über 4000 Patienten, die
Trotz o.g. Limitation ist die CRT eine
gemeinsam mit den tschechischen
die kardiale Resynchronisationsthera-
sinnvolle Therapieergänzung für
Kolleginnen und Kollegen die anste-
pie (CRT) evaluiert haben. Einschluss-
Patienten mit eingeschränkter LV-
henden Fragen intensiv diskutiert.
kriterien in allen Studien war eine
Globalfunktion (EF<35 %), einer QRS-
Bei diesen grenzüberschreitenden
strukturelle Herzerkrankung (ischä-
Breite >120 ms und einer Herzinsuffi-
Fortbildungsveranstaltungen ist Tra-
mische oder idiopathische dilatative
zienz, die sich trotz optimaler medi-
dition, dass junge Kolleginnen und
Kardiomyopathie) mit eingeschränk-
kamentöser Therapie im klinischen
Kollegen von den unterschiedlichen
ter LV-Globalfunktion (EF<35 %) im
Beschwerdestadium NYHA III–IV
bayerischen Universitätsklinika über
klinischen Beschwerdestadium NYHA
befinden.
aktuelle Themen und Fortschritte der
II–IV. Als Maß der Asynchronie diente
Die CRT wurde 2005 in die deut-
Inneren Medizin referieren. Gleich-
die Breite des QRS-Komplexes (>120–
schen, europäischen und amerikani-
zeitig wirken Kollegen der Karls-Uni-
150 ms). Die CARE-HF Studie forderte
schen Leitlinien zur Therapie der
Thrombusbildung kann histologisch
gen (z.B. Inflammation), welche ein
versität Prag beim jährlich im
zusätzliche echokardiographische
chronischen Herzinsuffizienz aufge-
nur retrospektiv erkannt werden. Es
erhöhtes Risiko bedingen, dass eine
November stattfinden Bayerischen
Asynchroniekriterien. Nur eine Studie
nommen.
wurden jedoch einige histologische
Plaqueruptur auch ein nachfolgendes
Internisten-Kongress mit.
schloss Patienten mit Vorhofflim-
Charakteristika identifiziert, die mit
ischämisches Ereignis auslöst.
Lesen Sie im Folgenden die Kurzfas-
mern ein.
sungen der Referate:
Unter biventrikulärer Stimulation
kam es in allen Studien zu einer sig-
Foto: Prof. Grim
Unter der Präsidentschaft von Prof.
Dr. Wolf von Römer, 1. Vorsitzender der Vereinigung der Bayerischen Internisten e.V., Prof. Dr. med.
Jan Kvasnicka, 1. Vorsitzender der Tschechischen Ärztegesellschaft Prag, Prof. Dr. med. Milos Grim,
Ärztlicher Direktor, Anatomisches Institut der Karls-Universität Prag, und Dr. med. Hartmut Stöckle,
Fortbildungsreferent der Vereinigung der Bayerischen Internisten e.V., in den Räumen des Anatomischen Instituts der Prager Universität.
Der „Vulnerable Koronarpatient“: Fakten und Visionen
2008
einem erhöhten Risiko zukünftiger
Plaquerupturen (oder Erosionen) ein-
Kriterien zur Identifikation des
herzugehen scheinen (siehe Tabelle 1).
„Vulnerablen Patienten“
Prof. Dr. med. Stephan Achenbach,
Die empfohlene Bezeichnung für sol-
Aus den obigen Ausführungen erge-
Universitätsklinikum Erlangen,
che Plaques mit erhöhter Wahrschein-
ben sich vielfältige Möglichkeiten der
lichkeit für ein zukünftiges Koronarer-
Identifikation des „Vulnerablen
eignis ist „Vulnerable Plaque“.
Patienten“, welche hinsichtlich ihrer
Wer profitiert von der kardialen
Resynchronisationstherapie
und wie können wir dies im Vorfeld erkennen?
nifikanten klinischen Verbesserung.
Dr. med. Matthias Wilhelm, Universitäts-
um 1,0–2,5 ml/kg/min, der Ejektri-
Akute Koronarsyndrome, unter die
klinikum Erlangen, Med. Klinik II
onsfraktion um 4–8 %). Im Einzelfall
man den akuten ST-Hebungsinfarkt,
Der „Vulnerable Patient“
(siehe Tabelle 2). Für die Zukunft ist
Die Änderungen waren im Mittel
allerdings nur moderat (Zunahme der
Gehstrecke um 40–60m, des VO2max
Medizinische Klinik 2
Wertigkeit letztlich nicht geklärt sind
zeigten sich jedoch dramatische Ver-
den nicht-ST-Hebungsinfarkt und die
Nicht jede Plaqueruptur führt zum
einerseits zu erwarten, dass die
Die Herzinsuffizienz als Symptom
besserungen um ein bis zwei NYHA-
„instabile Angina pectoris“ zählt, tre-
akuten Koronarsyndrom, sie bleiben
nicht-invasive Bildgebung eine
einer strukturellen Herzerkrankung
Klassen. Ursächlich für die Unter-
ten häufig als Erstmanifestation der
häufig klinisch stumm. Somit muss
erheblich verbesserte Detektion,
ist ein häufiges Krankheitsbild. In
schiede war eine Nonresponder-Rate
koronaren Herzerkrankung bei zuvor
zum einen auch ein systemisches
Quantifizierung, und Charakterisie-
Europa sind ca. 6,5 Millionen Men-
von ca. 30 %. Seit 2003 wurden zwei
völlig asymptomatischen Individuen
„Milieu“ vorliegen, welches das akute
rung der atherosklerotischen Plaque
schen betroffen. Die Prävalenz
Studien publiziert, die auch eine
auf. Sie werden in aller Regel durch
Koronarsyndrom begünstigt (z.B. Fak-
erlauben wird. Andererseits werden
beträgt 1–2 % der Gesamtbevölke-
Reduktion der Mortalität unter
die Ruptur oder (seltener) Erosion
toren der Thrombusbildung), zum
systemische Marker sicherlich an
rung und steigt im Alter >75 Jahre auf
biventrikulärer Stimulation nachwei-
einer koronaren atherosklerotischen
anderen ist die Identifikation einer
Aussagekraft gewinnen (Risikoscores,
über 10 % an. Die Mortalität ist
sen konnten.
Plaque verursacht. Diese Plaques
einzelnen vulnerablen Plaque kein
Marker der Inflammation und Koagu-
abhängig von der NYHA-Klasse und
Bei der Patientenauswahl für ein CRT-
gehen vor der Ruptur häufig nicht
klinisch gangbarer Weg zur Identifi-
lation etc). Schließlich ist davon aus-
steigt von 7,5 %/Jahr im Stadium
System müssen klinische, elektrokar-
mit einer bedeutsamen Einengung
kation eines erhöhten kardiovaskulä-
zugehen, dass verbesserte Behand-
NYHA I auf 47 %/Jahr im Stadium
diographische und echokardiographi-
des Lumens einher. Dies macht es
ren Risikos. Daher wurde das Kon-
lungskonzepte vorliegen werden, die
NYHA IV. Nach Diagnosestellung
sche Parameter evaluiert werden, um
sehr schwierig, diese Läsionen bereits
zept des „Vulnerablen Patienten“
sowohl systemisch als auch lokal an
einer Herzinsuffizienz beträgt die 5-
die Nonresponderrate zu reduzieren.
vor dem Ereignis nachzuweisen und
geschaffen, welches zum einen sol-
solchen Plaques zur Anwendung
Jahres-Mortalität mehr als 50 % und
So profitieren Patienten mit einer
die zuverlässige Identifikation von
che Patienten bezeichnet, welche
kommen werden, die mit einem
ist damit höher als bei vielen Krebs-
ischämischen Kardiomyopathie und
Risikopatienten ist daher im klini-
eine hohe koronare und extrakorona-
besonders hohen Rupturrisiko behaf-
erkrankungen. Während im NYHA-
posterolateraler Narbe nicht von
schen Alltag nur sehr eingeschränkt
re Plaquelast tragen, zum anderen
tet sind. Derzeit allerdings liegen
Stadium II der plötzliche Herztod die
einer Stimulation in diesem Bereich.
möglich.
solche Patienten hervorheben soll,
keine klinischen Daten vor, die den
häufigste Todesursache ist, verster-
Patienten im NYHA-Stadium II oder
bei denen systemische Marker vorlie-
Wert einer gezielten Bildgebung – sei
ben im NYHA-Stadium IV die meisten
mit einem VO2max von
Die „Vulnerable Plaque“
Patienten am myokardialen Pump-
>18 ml/kg/min sind klinisch zu gut,
Die Plaqueruptur oder die Erosion
versagen. Die Häufigkeit eines Links-
als das eine Verbesserung unter
einer Plaque mit nachfolgender
schenkelblocks (LSB) nimmt mit der
biventrikulärer Stimulation zu erwar-
NYHA-Klasse zu und beträgt bei
ten wäre. Die QRS-Breite ist ein
NYHA-IV-Patienten 38 %. Mit steigen-
unzureichendes Maß für die Bestim-
Tabelle 1
der QRS-Breite nimmt auch die Mor-
mung der mechanischen Asynchro-
Histologische Charakteristika der
Bildgebung – invasiv
talität zu.
nie. Zum einen gibt es Patienten mit
„Vulnerablen Plaque“
Koronarangiographie
Der LSB bewirkt aufgrund der asyn-
LSB ohne mechanische Asynchronie,
chronen Kontraktion von Septum und
zum anderen gibt es Patienten mit
„Major“-Kriterien
Intravaskulärer Ultraschall
Lateralwand des linken Ventrikels
normalem QRS-Komplex, aber
Zeichen der Inflammation (Infiltration
Optical Coherence Tomography
eine Reduktion des Schlagvolumens
mechanischer Asynchronie. Echokar-
mit Makrophagen und T-Zellen)
Intravaskuläres MRT
und eine Zunahme einer vorbeste-
diographisch kann die intraventriku-
Dünne fibröse Kappe (< 65µm) und
Near Infrared Spectroscopy, Raman Spectroscopy, Thermographie
henden Mitralinsuffizienz. Durch
läre Asynchronie mit dem Gewebe-
großer nekrotischer Kern
Platzierung einer zusätzlichen
doppler bestimmt werden. Allerdings
Fissuren der fibrösen Kappe
Bildgebung – nichtinvasiv
Schrittmacherelektrode im Bereich
gibt es zur Zeit keinen prospektiv
Stenosegrad > 90%
Kernspintomographie
der posterolateralen Wand kann eine
evaluierten Parameter, der die Rate
Synchronisierung der Ventrikelkon-
an Nonrespondern relevant reduzie-
„Minor“-Kriterien
PET und PET-CT
traktion erzielt werden. Während in
ren kann. Dieses liegt insbesondere
Oberflächliche noduläre Verkalkung
Bestimmung der Intima-Media-Dicke
den Anfängen die Elektrode über eine
an der hohen Interobserver-Variabili-
Hämorrhagie in der Plaque
Thorakotomie eingebracht und epi-
tät der Gewebedopplerparameter.
Endotheliale Dysfunktion
Systemische Marker
kardial aufgenäht wurde, können
Nach der Implantation ist eine echo-
Expansives Remodeling
Risiko-Algorithmen (z.B. PROCAM, SCORE, FRAMINGHAM)
aktuell transvenöse Elektroden über
kardiographische Optimierung der
Gelbe Farbe in der Angioskopie
Marker der Inflammation (z. B. CRP, CD40 etc.)
den Koronarvenensinus mit gutem
AV- und VV-Intervalle des Aggregates
Tabelle 2
Möglichkeiten der Identifikation des „Vulnerablen Patienten“
Angioskopie
Computertomographie (Kalknachweis oder CT-Angiographie)
Medizin
Nr. 3 • März 2008
15
renzierten Tumoren mit Ki-67 > 30 %
marker Chromogranin A empfohlen.
ist eine Chemotherapie mit Cispla-
Bei der Operationsplanung des Pri-
tin/Etoposid als Standard zu empfeh-
marius ist das je nach Tumorentität
len. Die Peptid-vermittelte Radio-
zum Teil hohe Metastasierungspoten-
Rezeptor-Therapie (PRRT) mit
zial bereits kleiner Tumoren zu
90Yttrium- bzw. 177Lutetium-mar-
beachten. Ein radikal-chirurgisches
kierten Somatostatinanaloga stellt
Vorgehen ± lokal-ablative Maßnah-
eine neue und mittlerweile an eini-
men wie Radiofrequenzablation soll-
gen Zentren angebotene systemische
te auch bei hepatisch metastasierten
Therapieoption mit sehr erfolgsver-
NET in Erwägung gezogen werden;
sprechenden Therapieergebnissen
die Patienten profitieren hiervon
dar. Bei ausschliesslich hepatischer
offensichtlich, wenngleich die 5-Jah-
Metastasierung stellen die transarte-
res-Rezidivrate sehr hoch ist. Für die
rielle Embolisation (TAE) und die
Symptomkontrolle beim klassischen
neue selektive intraarterielle Radio-
Karzinoid-Syndrom stellt die Biothe-
therapie (SIRT) mit 90Yttrium-mar-
rapie mit langwirksamen Somatosta-
kierten Mikrosphären palliative The-
tinanaloga (Octreotid oder Lanreotid)
rapieoptionen dar. Aktuell laufende
oder Interferon den Standard dar.
Phase-III-Studien zur „targeted thera-
Für hoch differenzierte NET mit
py“ von NET mit den Kinaseinhibito-
einem Proliferationsindex Ki-67 < 5 %
ren RAD001 oder Sunitinib stellen
ist ein Therapieversuch mit Biothera-
eine weitere neue Therapieoption mit
pie auch zur Kontrolle des Tumor-
oraler Medikation für Patienten mit
Bei der Fortbildung der Vereinigung der Bayerischen Internisten e.V. in Prag wurden die Fragen gemeinsam mit den tschechischen Kolleginnen und
Kollegen diskutiert.
wachstums sinnvoll, wenngleich pro-
fortgeschrittenen NET dar.
spektive Daten zur antiproliferativen
Aufgrund der Seltenheit der neuroen-
es invasiv oder nichtinvasiv – zur
gne, hoch maligne) ist ein exaktes
NET, welche allein aufgrund der His-
Effektivität von Somatostatinanaloga
dokrinen Tumoren und der vielfälti-
Identifikation einzelner, „vulnerab-
Grading von NET für die Prognoseab-
tologie diagnostiziert werden. Die
bisher nicht vorliegen. Die Chemo-
gen Therapieoptionen ist die enge
ler“ Plaques in den Koronararterien
schätzung und die differenzierte The-
Immunhistochemie von Chromogra-
therapie mit Streptozotocin-basierten
Zusammenarbeit zwischen Hausarzt
nachgewiesen hätten.
rapieplanung Voraussetzung. Essen-
nin A und/oder Synaptophysin trägt
Schemata ist bei NET des Pankreas
und spezialisierten Zentren und die
zieller Bestandteil des Gradings ist
zur Diagnosestellung in der Tumor-
mit einem Proliferationsindex Ki-67 >
Vorstellung der Patienten in Interdis-
„Neuroendokrine Tumoren des
GastroEnteroPankreatischen
Systems: Standards und Perspektiven in Diagnostik und
Therapie“
die Bestimmung des Proliferations-
biopsie bei. Bei 25–50 % aller Patien-
10 % sinnvoll; NET des Dünndarms
ziplinären Tumorboards für Neuroen-
markers Ki-67 (Immunhistochemie
ten mit NET liegen zum Zeitpunkt der
müssen dagegen als chemotherapie-
dokrine Tumoren zur individuellen
mit dem Antikörper MIB-1); während
Diagnosestellung bereits Metastasen
resistent angesehen werden. Bei
Therapieplanung zu empfehlen.
ein Ki-67 Index < 2 % einem niedrig
(meist Leberfiliae) vor. In der Bildge-
aggressiv wachsenden, gering diffe-
malignen G1 Tumor entspricht, geht
bung ist zur Detektion der hypervas-
PD Dr. med. Christoph J. Auernhammer.
ein höherer Ki-67 mit entsprechend
kularisierten Tumoren das triphasi-
Medizinische Klinik II, Großhadern,
schlechterer Prognose einher. Das
sche CT mit früharterieller Phase
Deutsche Register Neuroendokrine
oder die Magnetresonanztomogra-
Gastrointestinale Tumore „NET-Regis-
phie von hohem Stellenwert. Die
Bild: PhotoDisc
Bei gesichertem NET wird der Tumor-
Klinikum der Ludwig-MaximiliansUniversität München
ter“ (www.net-register.org) erfasst
Octreotidszintigraphie besitzt bei
Der 1907 von Siegfried Oberndorfer
die Versorgungsqualität von Patien-
NET eine hohe Sensitivität und stellt
geprägte Begriff Karzinoid wurde in
ten mit NET und bietet hilfreiche
den bisherigen Standard dar; neue
der WHO-Klassifikation aus dem
Informationen zu neuroendokrinen
ebenfalls auf der Somatostatinrezep-
Jahre 2000 zugunsten der neuen
Tumoren.
torexpression der Tumoren beruhen-
Bezeichnung neuroendokrine Tumo-
Nur etwa 10–15 % aller NET sind
de Bildgebungsverfahren wie das
ren verlassen. Aktuelle Leitlinien für
funktionell aktiv und gehen mit
68Gallium-DOTATOC-PET/CT oder
die Diagnose und Therapie von NET
einem lehrbuchmässigen klinischen
68Gallium-DOTATAE-PET/CT weisen
wurden von der European Neuroen-
Syndrom, z. B. Karzinoidsyndrom bei
eine deutlich bessere räumliche Auf-
docrine Tumor Society (ENETS)
Serotonin-produzierenden NET des
lösung und diagnostische Aussage-
2006/2007 veröffentlicht. Da sich
Dünndarms, Zollinger-Ellison-Syn-
kraft auf. Die Endosonographie ist für
neuroendokrine Tumoren in ihrem
drom bei Gastrinom oder der Whipp-
die Detektion kleiner NET des Pan-
Dignitätitätsgrad deutlich unterschei-
le Trias bei Insulinom einher. Viel
kreas und zum Staging von NET des
den können (benigne, niedrig mali-
häufiger sind funktionell nicht aktive
Magens und des Rektums wertvoll.
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Sonoring
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210mm hoch)
16
Medizin
Nr. 3 • März 2008
Ethik in der medizinischen Forschung
Deklaration von Helsinki:
Die Ethikdebatte geht in
eine neue Runde
Was die UN-Menschenrechtserklärung für die Politik ist, ist die
Deklaration von Helsinki (englisch: Declaration of Helsinki / DoH) für
die Ärzteschaft: eine umfassende Sammlung ethischer Richtlinien
zur medizinischen Forschung am Menschen.
Wann darf im Rahmen einer medizinischen Studie Forschung am
Menschen durchgeführt werden? Welche Vorkehrungen müssen
getroffen werden? Und wie soll geforscht werden?
In diesem Jahr soll die ursprünglich aus dem Jahr 1964 stammenden
Erklärung zum sechsten Mal aktualisiert werden.
senschaftlichen Gründe dafür gibt
Demenzpatienten. Auch der materiel-
oder wenn die Patienten dabei kei-
le Schutz von Probanden ist ein
Was ist die
World Medical Association?
nen schwer wiegenden Schaden neh-
Thema: Soll es eine Versicherungs-
Die World Medical Association
men.
pflicht für Versuchsteilnehmer
(WMA) ist eine internationale Orga-
Auch Paragraph 30 sorgte für Zünd-
geben? Eingehend diskutiert wird die
stoff: „Am Ende des Versuchs sollten
Frage, ob eine Pflicht zur schnellen
alle Patienten, die an dem Versuch
Veröffentlichung von Ergebnissen in
teilgenommen haben, die sich in der
das Dokument aufgenommen werden
Erprobung als am wirksamsten
soll. „Wir fordern grundsätzlich die
erwiesenen prophylaktischen, diag-
Publikation aller Ergebnisse“, sagt
Paris durch Mediziner aus 27 Län-
nostischen und therapeutischen Ver-
Kloiber, „doch es gibt Regelungen
dern gegründet. Ziel der WMA ist
fahren erhalten“, so der Wortlaut.
zum Schutz geistigen Eigentums, die
es, die Unabhängigkeit von Ärzten
„Seit den 1990er Jahren wurden in
nicht in unserer Verantwortung lie-
sicher zu stellen und sich für die
Entwicklungsländern zunehmend
gen und die unter Umständen das
höchst möglichen Standards ethi-
Studien zur Verbreitung und Therapie
Zurückhalten einer Publikation
schen Verhaltens und ärztlicher
von HIV und AIDS durchgeführt“,
ermöglichen, wenn eine Forscher-
Versorgung einzusetzen. Die WMA
erläutert Schulz-Baldes. Viele Ärzte
gruppe daran Interesse hat.“
ist ein Bündnis freier, staatsunab-
verlangten, dass die Testpersonen
Ein weiterer Punkt sind die Sorgfalts-
hängiger Berufsverbände und Kam-
nach Ende der Studie weiterhin
pflichten bei Versuchen. Heute gebe
nisation zur Vertretung von Interessen der Ärzteschaft. Sie wurde am
18. September 1947 bei der ersten
Generalversammlung der WMA in
mern. Sie finanziert sich durch die
Dr. Otmar Kloiber ist Generalsekretär
gen an die Forschung mit Menschen
Zugang zu den in der Studie erprob-
es immer mehr Medikamente, die
der World Medical Association
geknüpft worden seien als zuvor.
ten Medikamenten erhalten sollten.
nicht mehr in bei Mensch und Tier
(WMA), des Weltärztebundes, der
Das Dokument wurde 1975 in Tokio
Teile der amerikanische Pharmain-
ähnlich verlaufende biochemische
Ärztekammern und -gesellschaften
erstmals komplett überarbeitet.
dustrie hingegen wehrten sich. Sie
Prozesse eingriffen, sondern spezi-
aus heute 85 Mitgliedsländern unter
Unabhängige Ethikkommissionen, so
warnten vor „unnötigen Barrieren für
fisch auf eine bestimmte Spezies oder
seinem Dach versammelt (siehe Kas-
eine der Neuerungen, sollten die For-
die Forschung“ und sahen eine Kos-
gar ein bestimmtes Individuum,
ärzte zu sprechen. Andererseits sei
ten). „Die Deklaration von Helsinki
schungsprotokolle überprüfen und
tenlawine auf Forschung und Indus-
einen ganz bestimmten Patienten,
genau dies ein Punkt über den man
sollte eine globale ethische Handha-
die zunächst einseitig männlichen
trie zurollen. Nicht ganz zu unrecht,
zugeschnitten seien, so Kloiber. „Wir
nachdenken müsse: „Wir müssen uns
bung für den
Bezeichnungen wurden durch
wie Kloiber weiß: In Israel habe sich
müssen uns fragen: Sind unsere
fragen: Ist es richtig, dass in manchen
Arzt, der For-
geschlechtsneutralere ersetzt. Die
eine Krankenversicherung mit dem
Sicherheitsvorkehrungen – die Forde-
Staaten klinische Forschung durch
schung durch-
nächsten Änderungen der Deklarati-
Hinweis auf Paragraph 30 geweigert,
rung nach Labor- und Tierexperimen-
Nichtärzte durchgeführt wird? Ich
führt, schaf-
on in den Jahren 1983, 1989 und
die weitere Therapie ehemaliger Pro-
ten – unter solchen Umständen noch
denke da etwa an den Forschungs-
fen“, erklärt
1996 fielen gering aus, doch im Jahr
banden zu bezahlen. „Dabei ist die
ausreichend? Können wir noch mehr
skandal um die Experimente des
Kloiber die
2000 wurde das Dokument noch ein-
Fortsetzung der Behandlung eindeu-
tun?“
koreanischen Tiermediziners Hwang
Gründe für
mal völlig neu geschrieben: „Wir
tig die Aufgabe des Staates“, so Kloi-
die Entste-
haben damals festgestellt, dass sich
ber. Ein klarstellender Kommentar
hung der DoH.
viele Rahmenbedingungen der For-
erlaubt nun seit 2004, dass die Studi-
Auch wenn der Prozess des Sam-
für Schulz-Baldes und Schmidt zur
Zwar war
schung grundsätzlich geändert hat-
enteilnehmer alternativ zu den als
melns von Vorschlägen noch in vol-
Debatte: Der jetzige Entwurf enthalte
bereits nach
ten“, sagt Kloiber. Genetische For-
vorteilhaft getesteten Verfahren auch
lem Gange ist: Der derzeit nur inoffi-
sowohl die Wörter „muss“ als auch
Ende des
schung etwa sei in den 1960er Jahren
„eine andere geeignete Behandlung
ziell erhältliche Entwurf enthält nach
„sollte“. Inwieweit, fragen die Auto-
2. Weltkriegs
Dr. O. Kloiber
Beiträge der 85 Mitgliedsstaaten.
(Quelle: WMA, siehe: www.wma.net)
Woo-suk.“
Für wen gilt die Deklaration?
Auch der Status der Deklaration steht
noch kein Thema gewesen. Heute
erhalten“. Heute sieht Kloiber die
Ansicht von Fachleuten genügend
ren, ist damit eine Abweichung von
1949 unter dem Eindruck der verbre-
enthält die DoH insgesamt 32 Para-
Aufregung der Vergangenheit gelas-
Diskussionsstoff: „Die Fragen über
den Regelungen erlaubt? Klar ist,
cherischen Menschenversuche der
graphen über Grundsätze der medizi-
sen: „Am Ende waren das für uns nur
die Grenzen des Einsatzes von Place-
dass die Deklaration von Helsinki,
Nazis mit dem Nürnberger Kodex ein
nischen Forschung und der ärztlichen
scheinbare Widersprüche, oder bes-
bos in der Forschung und über den
obwohl sie kein rechtlich bindendes
erstes Dokument über ethische
Versorgung.
ser Alternativen, denn das Ergebnis
besten lokalen gegenüber dem bes-
Regelwerk ist, bis jetzt bereits Ein-
Grundsätze in der Medizin entstan-
Streit um den Einsatz von Placebos
war und ist klar: Der Patienten- und
ten global erhältlichen Versorgungs-
gang in viele Gesetzeswerke gefun-
den. Doch die Contergan-Krise der
Nicht alle Änderungen passierten
Probandenschutz gehen immer vor.“
standard sind immer noch weit
den hat. So verweisen sowohl die
1960er Jahre und andere Forschungs-
sang- und klanglos die Instanzen. Vor
davon entfernt, beantwortet zu sein“,
europäischen „Guidelines for Good
skandale machten deutlich, dass
allem die Revision aus dem Jahr 2000
schreiben Annette Schulz-Baldes und
Clinical Practice in Clinical Trials“ auf
internationale ethische Richtlinien
löste heftige Diskussionen aus. Stein
Versuchsteilnehmer?
die DoH als auch die Regelungen der
von Ärzten für Ärzte für die medizi-
des Anstoßes waren vor allem die
Was wird nun die neue Überarbei-
amerikanische Arzneimittelzulas-
nische Forschung mehr als überfällig
Paragraphen 29 und 30 im Doku-
tung bringen? Für Otmar Kloiber ist
sungsbehörde FDA. In Deutschland
waren: „Es wurden massive Lücken
ment, die daher in den Jahren 2002
dies noch ganz offen. Derzeit sind die
nimmt die Berufsordnung für Ärzte
der Qualität der Forschung festge-
und 2004 zwei klarstellende Kom-
einzelnen nationalen Ärztegesell-
darauf Bezug wie auch verschiedene
stellt“, erläutert Kloiber. So verab-
mentare erhielten.
schaften aufgerufen, ihre Vorschläge
Regelungen im Arzneimittelgesetz
schiedete der Weltärztebund auf
Paragraph 29 sieht unter anderem
an die WMA einzureichen. Eine
und in der Gesetzgebung zum Strah-
seiner Jahresversammlung 1964 in
vor, dass Placebos und Nichtbehand-
Arbeitsgruppe sammelt die Vorschlä-
len- und Röntgenschutz. „Aufgrund
Helsinki die erste Version des Doku-
lung nur dann eingesetzt werden
ge und beschäftigt sich mit den
ments.
dürfen, wenn es „kein erprobtes pro-
Neuerungen. Eine zweite Arbeits-
phylaktisches, diagnostisches oder
gruppe befasst sich speziell mit der
Versicherungspflicht für
Dr. Annette Schulz-Baldes
ihrer hohen Qualität hat die Deklaration von Helsinki einfach eine große
faktische Macht“, sagt Kloiber.
therapeutisches Verfahren gibt“,
Frage der Forschung an Kindern. Bei
Harald Schmidt, stellvertretender
Das bedeutet: Obwohl vielleicht auch
zur Gentechnikdebatte
gegen das das neue Medikament
einem Workshop am 10./11. März in
Direktor des Londoner „Nuffield
in diesem Jahr wieder einige Punkte
„Der erste Entwurf stand noch unter
getestet werden kann. Kritiker
Helsinki sollen Lücken entdeckt und
Council on Bioethics“ in einem
kontrovers diskutiert werden – die
dem Einfluss des Nürnberger Kodex,
bemängelten, dass der Paragraph den
danach der Vorschlag eines revidier-
Papier, das sie im Internet veröffentli-
DoH wird weiterhin eines der wich-
der einen starken Fokus auf das
Gebrauch zu sehr einschränke, Befür-
ten Textes zurück an den Vorstand
chen (www.bioethicsforum.org/
tigsten Dokumente der Forschungs-
informierte Einverständnis legt“, sagt
worter argumentierten unter ande-
der WMA geschickt werden. Ab Mai
Declaration-of-Helsinki-new-
ethik bleiben. Wir dürfen gespannt
Dr. Annette Schulz-Baldes, die an den
rem mit Forschungsskandalen wie
wird der Entwurf in der Öffentlich-
draft.asp). Hinzu kommen nach
sein, was das Jahr 2008 an Neuerun-
National Institutes of Health (NIH),
der amerikanischen Tuskegee-Studie
keit zur Diskussion gestellt. Wenn
Ansicht der Autoren grundsätzliche
gen bringt.
der größten öffentlich geförderten
aus den Jahren 1932 bis 1972, in
alles gut geht, kann die neue Version
Fragen: Welche Reichweite hat die
Institution für biomedizinische For-
deren Verlauf schwarze amerikani-
im Oktober 2008 auf der Generalver-
Deklaration? Und welche darf sie
schung der USA, in der Abteilung für
sche Syphilispatienten nicht behan-
sammlung der WMA verabschiedet
haben? Im neuen Entwurf, so Schulz-
Bioethik arbeitet. „Das informierte
delt wurden – auch dann nicht, als
werden.
Baldes und Schmidt, gehe es nicht
Einverständnis ist aber nicht hinrei-
mit Penicillin ein wirksames Medika-
Noch existieren allerdings lediglich
nur um die medizinische Forschung,
chend. Studien sind nicht allein
ment auf dem Markt war. Die Diskus-
grobe Vorstellungen darüber, welche
sondern allgemein um die biomedizi-
dadurch moralisch gerechtfertigt,
sion erstreckte sich auch auf andere
Neuerungen die DoH enthalten soll.
nische Forschung. Außerdem würde
dass das Einverständnis gegeben
Behörden und Gesellschaften. „Es gab
Möglicherweise sollen die Kommen-
nun die Gesamtheit aller Forscher
wird“, erläutert Schulz-Baldes. Risi-
eine riesige öffentliche Resonanz. Wir
tare zu den Paragraphen 29 und 30 in
angesprochen, nicht nur Ärzte. „Da
ken und Nutzen einer Studie etwa
sind davon damals ein bisschen über-
den Text integriert werden. Klar ist,
muss man sich natürlich fragen, wel-
sollten in einem vernünftigen Ver-
rascht worden“, sagt Kloiber. Die
dass Bevölkerungsgruppen, die der-
ches Mandat die WMA hat, auch für
hältnis stehen, so die NIH-Mitabeite-
massiven Proteste führten schließlich
zeit in der Forschung unterrepräsen-
die nichtärztlichen Forschungsbetei-
rin. So unterscheide sich die DoH
zum ergänzenden Kommentar von
tiert sind, in der neuen Variante stär-
ligten zu sprechen“, so Schulz-Baldes.
vom Nürnberger Kodex unter ande-
2002, der placebokontrollierte Versu-
ker in den Vordergrund rücken sol-
Kloiber räumt ein, dass die WMA
rem dadurch, dass mehr Bedingun-
che erlaubt, wenn es zwingende wis-
len, etwa Schwangere, Kinder und
keine Berechtigung habe, für Nicht-
Vom informierten Einverständnis
Stephanie Hügler
Der Artikel ist erstmals erschienen in der
Deutschen Medizinischen Wochenschrift
(Dtsch Med Wochenschr 2008; 133: 172–
173). Alle Rechte vorbehalten.
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www.thieme.de/dmw
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