LANDESUNTERSUCHUNGSANSTALT FÜR DAS GESUNDHEITSUND VETERINÄRWESEN Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 über erfasste übertragbare Krankheiten im Freistaat Sachsen Inhaltsverzeichnis Abkürzungen 3 1 Einleitung 4 2 Zu ausgewählten Infektionskrankheiten 5 2.1 Borreliose 5 2.2 Brucellose 6 2.3 Chikungunyafieber 6 2.4 Chlamydia trachomatis-Infektion 7 2.5 Clostridium difficile-Infektion 8 2.6 Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) 9 2.7 Denguefieber 9 2.8 Diphtherie 10 2.9 Echinokokkose 12 2.10 EHEC-Infektion 13 2.11 Enterovirus-Infektion 14 2.12 Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) 15 2.13 Gasbrand 16 2.14 Gonorrhoe (Tripper) 17 2.15 Haemophilus influenzae, invasive Erkrankung 18 2.16 Hantavirus -Infektion 19 2.17 Influenza 21 2.18 Legionellose 22 2.19 Lepra 23 2.20 Leptospirose 24 2.21 Listeriose 24 2.21.1 Listeriose, konnatal 25 2.22 Lues (Syphilis) 26 2.23 Malaria 27 2.24 Masern 29 2.25 Meningokokken, invasive Erkrankung 30 2.26 MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) - 2.27 invasive Erkrankung 31 Mumps 33 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2.28 Mycoplasma hominis-Infektion 34 2.29 Norovirus-Infektion 35 2.30 Paratyphus 36 2.31 Pertussis 37 2.32 Pneumokokken, invasive Erkrankung 39 2.33 Q-Fieber 40 2.34 Rotavirus-Infektion 41 2.35 Salmonellen-Infektion 42 2.36 Shigellose 44 2.37 Infektion durch Streptokokken der Gruppe B (S. agalactiae) 45 2.38 Tetanus 46 2.39 Trichinellose 46 2.40 Tuberkulose 47 2.41 Tularämie 49 2.42 Typhus 50 2.43 Virushepatitis 51 2.43.1 Virushepatitis A 51 2.43.2 Virushepatitis B 52 2.43.3 Virushepatitis C 53 2.43.4 Virushepatitis D 54 2.43.5 Virushepatitis E 55 2.44 Windpocken 56 2.45 Zytomegalie 57 2.45.1 Zytomegalie, konnatal 57 3 Weiteres von infektionsepidemiologischer Bedeutung 58 3.1 Infektion mit Streptococcus salivarius 58 3.2 Impfen 58 3.2.1 Impfkalender 60 4 Übersicht über erfasste meldepflichtige Infektionskrankheiten im 5 Freistaat Sachsen 61 Literaturhinweise, Quellenverzeichnisse 63 2 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Abkürzungen • A Ausscheider • CJK Creutzfeldt-Jakob-Krankheit • DB Direktionsbezirk • EHEC Enterohämorrhagische Escherichia coli • E Erkrankung(en) • EW Einwohner • FSME Frühsommer-Meningoenzephalitis • GBS Gruppe B-Streptokokken • HIV Humanes Immundefizienz-Virus • HUS Hämolytisch-urämisches Syndrom • HSE Humane Spongiforme Enzephalopathien • IfSG Infektionsschutzgesetz • IfSGMeldeVO Sächsische Meldeverordnung zu IfSG • IgG Immunglobulin G • IgM Immunglobulin M • KBE Koloniebildende Einheit • KBR Komplementbindungsreaktion • LK Landkreis • LT Lysotyp • MMR-Impfung Mumps-Masern-Röteln-Impfung • MRSA Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus • NRZ Nationales Referenzzentrum • ÖGD Öffentlicher Gesundheitsdienst • PCR Polymerase change reaction • RKI Robert-Koch-Institut • SIKO Sächsische Impfkommission • SK Stadtkreis • spp. Spezies (pl.) • STIKO Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut • SurvStat@RKI Möglichkeit der öffentlichen Abfrage von Meldedaten • T Tod(esfall) • TSS Toxisches Schocksyndrom • WHO World Health Organization (Weltgesundheitsorganisation) 3 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 1 Einleitung Der vorliegende Bericht soll einen umfassenden Überblick über das Infektionsgeschehen im Freistaat Sachsen im Jahr 2010 vermitteln. Hiermit erfolgt eine abschließende Bewertung der im Berichtsjahr 2010 von den Gesundheitsämtern an das Fachgebiet Infektionsepidemiologie übermittelten Daten. Einen Schwerpunkt bilden die Auswertung und der Vergleich der Daten des Freistaates Sachsen mit den für Deutschland erfassten Zahlen. Dies geschieht sowohl in tabellarischer, grafischer wie auch in textlicher Form. Als Grundlage für die Angaben der Bundesdaten diente das Infektionsepidemiologische Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2010 des Robert Koch-Instituts Berlin. Diese umfassende Auswertung zeigt die Notwendigkeit der Arbeit des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in der Prävention sowie bei der Bekämpfung von einzelnen Infektionskrankheiten und Ausbrüchen. Sie bildet die Grundlage für die Erstellung von Merkblättern, Impfempfehlungen, wissenschaftlichen Studien und Veröffentlichungen u. ä. Weiterhin dient sie als Arbeitsgrundlage für verschiedene Arbeitsgremien und -gruppen, die sich mit dem Thema Infektionsschutz befassen. Nicht zuletzt soll sie Ärzte, medizinisches Personal, Mitarbeiter im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) sowie sonstige Interessierte über das derzeitige Vorkommen und die Entwicklung der wichtigsten übertragbaren Krankheiten aufklären. An dieser Stelle danken wir allen Ärztinnen und Ärzten, Laboratorien und Krankenhäusern, die durch die Erfüllung Ihrer Meldepflicht aktiv zur Überwachung des Infektionsgeschehens beigetragen haben. Ebenso danken wir allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den sächsischen Gesundheitsämtern, die uns auch im vergangenen Berichtsjahr mit Fachkompetenz und oftmals aufwändiger Recherche unterstützt haben und freuen uns auf eine weitere gute Zusammenarbeit. 4 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2 Zu ausgewählten Infektionskrankheiten 2.1 Borreliose Die Erreger der Lyme-Borreliose sind Bakterien: die Borrelien. Übertragen wird die Erkrankung durch den Stich infizierter Zecken. Als typisches Zeichen der Erkrankung tritt kurze Zeit nach der Infektion um die Stichstelle eine scharf abgegrenzte ringförmige Rötung auf: das Erythema chronicum migrans (ECM). Im weiteren Verlauf kann es in schwereren Fällen zu Erkrankungen mit Beteiligung des Zentralnervensystems kommen (frühe Neuroborreliose). Ein Spätstadium der Borreliose ist die Lyme-Arthritis. Sie kann unter Umständen erst Monate bis Jahre nach einer Infektion auftreten. Ein rechtzeitiges Erkennen und Behandeln einer Borreliose ist deshalb sehr wichtig. Abb. 1: Borrelia burgdorferi Eine Auswertung des Borreliose-Vorkommens auf gesamtdeutscher Ebene ist leider nicht möglich, da es keine einheitliche Meldepflicht gibt. Die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen haben mit Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes Gebrauch von der Möglichkeit der Ausweitung der Meldepflicht gemacht, so dass dort die Borreliose weiterhin erfasst wird. Legt man die erhobenen Daten aus diesen Bundesländern zu Grunde, kann ein jährliches leichtes Absinken der Neuerkrankungsraten seit 2007 registriert werden. Dieser Trend ist auch in Sachsen eingetreten und setzte sich im Jahr 2010 weiter fort. Tabelle 1: Borreliose 2005 bis 2010 in Sachsen Jahr Erkrankungen Inzidenz 2005 1.636 37,9 2006 2.219 51,7 2007 1.967 46,0 2008 1.941 45,7 2009 1.790 42,4 2010 1.353 32,3 Wie aus der Tabelle 1 ersichtlich, lag die Inzidenz der Borreliose 2010 mit 32,3 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner wieder deutlich niedriger als im Vorjahr. Es kamen 1.353 Erkrankungen zur Meldung. Seit 2007 ist in Sachsen die Inzidenz bei den Borreliosen rückläufig. Die meisten Patienten (1.277) gaben als Symptom ein Erythema migrans an. In 55 Fällen wurde die Erkrankung als frühe Neuroborreliose, darunter 16-mal mit dem klinischen Bild einer Meningitis, erfasst (z. T. Mehrfachsymptomatik angegeben). Hauptsächlich betroffen waren Patienten im Alter zwischen 45 und 64 Jahren. Beim Auftreten der Borreliose-Erkrankungen ist ein saisonaler Verlauf zu beobachten. Mit dem Ansteigen der Außentemperaturen, was die Entwicklung in der Zeckenpopulation begünstigt, wird auch eine Zunahme der Infektionen registriert. Der Höhepunkt lag im Jahr 2010 in den Monaten Juli bis September. Im Berichtszeitraum 2010 kamen in Sachsen 25 Fälle einer akuten Lyme-Arthritis zur Meldung. 5 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2.2 Brucellose Die Brucellose ist eine zoonotische Erkrankung. Die Infektion wird durch stäbchenförmige Bakterien (Brucella) ausgelöst. Die wichtigsten Erreger sind B. abortus, B. melitensis und B. suis. Die Brucellose kann nach Verzehr von kontaminierten Tierprodukten oder nach Kontakt mit infizierten Tieren (Rinder, Ziegen, Schafe) auftreten. Ein hoher Prozentsatz aller Erkrankungen verläuft beim Menschen unbemerkt, meist gehen sie jedoch mit grippeähnlicher Symptomatik einher. Möglich sind auch chronische VerAbb. 2: Brucella laufsformen mit Befall von Leber, Lunge, Herz und weiteren inneren Organen. Im Berichtsjahr 2010 wurden laut RKI deutschlandweit 22 Fälle registriert, wobei es sich 16-mal um importierte Erkrankungen handelte. In Sachsen wurden erstmals seit 2003 wieder 3 Brucellosen erfasst. In 2 Fällen wurden die Infektionen mit hoher Wahrscheinlichkeit in Deutschland erworben. ] Ein in Deutschland lebender, 54-jähriger Syrer erkrankte mit Fieber und Kopfschmerzen. Der Erregernachweis B. melitensis gelang mittels PCR aus der Blutkultur. Der Patient gab den Verzehr von aus Syrien importiertem rohem Lamm-Hackfleisch an. ] Ein zweiter Fall betraf einen 72-Jährigen aus dem Landkreis Zwickau, welcher mit Fieber erkrankte. Eine Infektionsquelle konnte nicht eruiert werden; ein wissentlicher Verzehr von rohen Tierprodukten war dem Patienten nicht erinnerlich. Die Erkrankung wurde mittels AKNachweis bestätigt. ] Ein 28-jähriger Tierwirt aus dem Landkreis Meißen erkrankte mit Fieber, Gelenkschmerzen und geschwollenen Beinen. Die Infektion wurde mittels AK-Nachweis bestätigt. 2.3 Chikungunyafieber Das Chikungunyavirus gehört in die Familie der Togaviren und kommt in zahlreichen afrikanischen Ländern sowie im Süden und Südosten Asiens vor. Es kann große, zum Teil über Jahre anhaltende Epidemien verursachen. Die Übertragung erfolgt durch Stechmücken (der Gattung Aedes bzw. Stegomyia und Mansonia). Die Erkrankung hat einen benignen Verlauf. Nach einer Inkubationszeit von zwei bis drei Tagen kommt es zu einem plötzlichen Fieberanstieg sowie Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen. Letztere können nach Entfieberung bis zu Monaten anhalten. Hämorrhagische Abb. 3: Manifestationen in Form von Petechien oder Nasenbluten werden nur bei Chikungunyavirus etwa einem Viertel der Patienten beobachtet. Im Berichtsjahr 2010 wurden laut RKI deutschlandweit 37 importierte ChikungunyaErkrankungsfälle erfasst. Betroffen waren 20 Männer und 17 Frauen. Die Erkrankungen wurden 13-mal in Indien, 10-mal in Indonesien, jeweils 4-mal auf den Malediven und Thailand erworben. 2 Patienten hatten sich in Myanmar aufgehalten. Bei jeweils einer Infektion wurden Sri Lanka, Madagaskar und Malaysia als Infektionsländer angegeben. In 2 weiteren Fällen konnte der Infektionsort nur auf Südostasien bzw. Asien eingegrenzt werden. Hämorrhagische Verläufe gemäß WHO-Definition und RKI-Falldefinition sowie Todesfälle traten nicht auf. 6 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Aus dem Freistaat Sachsen wurde eine Erkrankung an Chikungunyafieber gemeldet: ] Nach einem Aufenthalt in Madagaskar erkrankte eine 35-Jährige aus der Stadt Leipzig mit grippaler Symptomatik und hohem Fieber. Der Infektionsnachweis erfolgte anhand serologischer Untersuchungen. 2.4 Chlamydia trachomatis-Infektion Chlamydia trachomatis gehört weltweit zu den bedeutendsten Erregern sexuell übertragbarer Erkrankungen in den Industriestaaten. Es handelt sich um ein Bakterium, welches die häufigste Ursache von Urogenitalinfektionen ist. Für Deutschland gibt es über die Zahl der Neuinfektionen keine genauen Angaben. Laut Aussage des RKI wird jährlich mit etwa 300.000 genitalen Chlamydia-Neuinfektionen gerechnet. Abb. 4: Chlamydia trachomatis Seit Januar 2008 wird nach einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in Deutschland allen Frauen bis zum vollendeten 25. Lebensjahr ein jährliches Screening auf genitale Chlamydia trachomatis-Infektionen angeboten. Diese Infektion ist nach dem Infektionsschutzgesetz nicht meldepflichtig, daher stehen für Deutschland keine vergleichbaren Zahlen zur Verfügung. In Sachsen besteht für akute Chlamydia trachomatis-Infektionen gemäß § 2 IfSGMeldeVO eine nichtnamentliche Labormeldepflicht an das zuständige Gesundheitsamt. Im Freistaat kamen im Berichtsjahr 3.926 Infektionen zur Meldung. Betroffen waren, wie auch schon in den vergangenen Jahren, überwiegend weibliche Patienten (83 %) im Alter zwischen 15 bis 45 Jahren. Tabelle 2: Chlamydia trachomatis-Infektionen 2005 bis 2010 in Sachsen Jahr Infektionen Infektionen / 100.000 EW 2005 2.168 50,2 2006 2.183 50,8 2007 2.558 59,9 2008 3.750 88,2 2009 4.252 100,8 2010 3.926 93,6 Wie in Tabelle 2 dargestellt, sank die Zahl der erfassten Infektionen gegenüber dem Vorjahr um rund 8 %. Dies war das erste Mal seit der Einführung der Meldepflicht im Jahr 2002 für Chlamydia trachomatis, dass ein Rückgang registriert wurde. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelte es sich hierbei um eine normale Schwankung der Meldedaten. Eine merkliche Verringerung der Neuinfektionen wird für die nächsten Jahre nicht erwartet, zumal bei anderen sexuell übertragbaren Krankheiten Anstiege verzeichnet wurden. 7 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2.5 Clostridium difficile-Infektion Clostridium difficile ist ein anaerob wachsendes, sporenbildendes Stäbchenbakterium, welches überall in der Umwelt vorkommt. Bei Menschen und Tieren ist der Erreger häufig im Magen-Darm-Trakt zu finden. Kommt es nun zu einer Störung des mikrobiologischen Gleichgewichts (z. B. durch Antibiotikatherapie oder einen darmchirurgischen Eingriff) kann hieraus eine starke Vermehrung von C. difficile resultieren. Die durch den Keim produzierten Toxine können zu schweren Darmentzündungen führen. Die Symptomatik reicht von blanden Durchfallerkrankungen bis hin zu schwersten Verläufen (toxisches Megakolon, pseudomembranöse Kolitis). In den letzten Jahren wurde weltweit nicht nur über einen Inzidenzanstieg der Clostridium difficileInfektionen sondern auch über eine Zunahme der Schwere der Erkrankungen berichtet. Abb. 5: Clostridium difficile Anstelle einer Falldefinition werden bundesweit spezifische Meldekriterien für die Einordnung des Falls als Grundlage herangezogen. Bundesweit sind nur die schweren Verläufe einer Clostridium difficile-Infektion nach § 6 Abs. 1, Nr. 5a IfSG (Arztmeldung) meldepflichtig. Für Deutschland kamen somit 504 Fälle (0,5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner), die mindestens eines der Meldekriterien erfüllten, zur Meldung. Hier zeigte sich gegenüber dem Vorjahr 2009 (n = 373) eine deutliche Zunahme der Meldezahlen. Über die Hälfte der im Berichtszeitraum registrierten Patienten verstarb an den Folgen der Infektion (n = 275). Der hohe Anteil an Todesfällen lässt darauf schließen, dass eine beträchtliche Zahl von schwer verlaufenden Fällen ohne Todesfolge nicht zur Meldung kam. Im Freistaat Sachsen wird gemäß Landesverordnung jeder Erkrankungsfall von Clostridium difficile an die zuständige Landesbehörde übermittelt. Ein direkter Vergleich mit den auf Bundesebene erfassten Infektionen ist demnach leider nicht möglich. Tabelle 3: Clostridium difficile 2005 bis 2010 in Sachsen Jahr E Inzidenz Todesfälle 2005 1.367 31,6 - 2006 2.321 54,0 - 2007 2.984 69,8 - 2008 3.422 80,5 - 2009 3.499 82,9 3 2010 4.737 113,0 15 Die Zahl der im Jahr 2010 in Sachsen registrierten Erkrankungen durch Clostridium difficile stieg gegenüber 2009 deutlich (+ 35 %) an. Es kamen 4.737 Infektionen zur Meldung, was einer Inzidenz von 113 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner entsprach. Der größte Anteil (71 %) konnte, wie auch schon in den vergangenen Jahren, den über 65-Jährigen zugeordnet werden. Aufgrund unzureichender Angaben in der Übermittlungssoftware ist eine Kategorisierung der Symptomatik in leichte bzw. schwere Verläufe in der Mehrzahl der Fälle nicht möglich. 15 Patienten kamen als krankheitsbedingt verstorben zur Meldung. Im Vergleich zum Vorjahr (3 Todesfälle) wurde hier eine deutliche Erhöhung der Mortalität verzeichnet. 8 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2.6 Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit gehört zur Gruppe der humanen spongiformen Enzephalopathien. Bemerkbar macht sie sich durch einen fortschreitenden Verlust der geistigen Fähigkeiten. Später kommen Koordinationsschwierigkeiten hinzu. Grund dafür sind Veränderungen im Gehirn; die auslösenden Faktoren sind wahrscheinlich Prionen (Proteine). Betroffen sind hauptsächlich Personen über 60 Jahre. Die Übertragung der Infektion ist bisher noch weitgehend unerforscht. Bekannt wurde jedoch das gehäufte Auftreten nach Hirnhaut- und Hornhauttransplantationen, sowie nach Injektion von menschlichem Wachstumshormon. Die Erkrankung verläuft immer tödlich - eine endgültige Diagnose kann erst durch eine postmortale Untersuchung des Gehirns gestellt werden. Tabelle 4: Creutzfeldt-Jakob-Krankheit 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 4 0,09 91 0,1 2006 7 0,2 94 0,1 2007 7 0,2 98 0,1 2008 6 0,1 121 0,2 2009 7 0,2 85 0,1 2010 7 0,2 122 0,1 Laut RKI kamen im Jahr 2010 bundesweit 122 Creutzfeldt-Jakob-Fälle zur Meldung, was einem Anstieg um 36 % gegenüber dem Vorjahr entsprach. Auf den Freistaat Sachsen entfielen im Berichtszeitraum 7 Erkrankungsfälle, von denen bisher 6 verstarben. Bei den Patienten handelte es sich um 5 Frauen und 2 Männer im Alter zwischen 52 und 76 Jahren. Die Neuerkrankungsrate lag bei 0,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und somit über der bundesdeutschen Inzidenz. Bei 4 erfassten Erkrankungen an CJK handelte es sich um klinische Verdachtsfälle. Bei 3 verstorbenen Patienten erfolgte die Rückmeldung durch das NRZ, welche die bereits gestellte Diagnose bestätigte. 2.7 Denguefieber Das Dengue-Fieber ist eine in den Tropen und Subtropen weit verbreitete Virusinfektion mit jährlich mehreren Millionen Erkrankungsfällen. Der Erreger ist das Dengue-Virus (vier Serotypen), dessen natürliches Reservoir der Mensch ist. Das Virus wird durch den Stich verschiedener Arten der Aedes-Moskitos von Mensch zu Mensch übertragen. Es verursacht eine akut fieberhafte Erkrankung mit Kopf- und Gliederschmerzen, selten Hautausschlag. Denguefieber kann in drei verschiedenen Krankheitsformen (Dengue-Fieber, hämorrhagisches Dengue-Fieber, Dengue-SchockSyndrom) auftreten. 9 Abb. 6: Denguevirus Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Das RKI hat in Absprache mit den zuständigen Landesbehörden beschlossen, eine Änderung der Falldefinition für Denguevirus zu veröffentlichen. Diese trat rückwirkend zum 1. Januar 2010 in Kraft. Die Änderungen betreffen den labordiagnostischen Nachweis. Hier wurde der zunehmend verwendete Antigennachweis neu aufgenommen. Des Weiteren wird nun ausdrücklich auf die besonders hohen Anforderungen an die labordiagnostische Bestätigung von Infektionen außerhalb bislang bekannter Endemiegebiete hingewiesen. Tabelle 5: Denguefieber 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 6 0,1 144 1,2 2006 8 0,2 174 0,2 2007 4 0,09 263 0,3 2008 6 0,1 273 0,3 2009 9 0,2 298 0,4 2010 15 0,4 595 0,7 2010 kamen in Deutschland 595 Erkrankungen (0,7 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) zur Meldung. Im Vergleich zum Vorjahr entsprach dies in etwa der doppelten Anzahl an Infektionen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit begründet sich dieser Anstieg zum Teil auch auf die geänderten Falldefinitionen. Im Freistaat Sachsen wurden im Berichtsjahr 15 Fälle (0,4 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) erfasst. Dies bedeutete einen Anstieg um 67 %. Als Infektionsländer wurden genannt: Thailand (4-mal), Indien (3-mal), Indonesien (2-mal) und jeweils einmal Mexico, Vietnam, Brasilien und Kuba. Ein Patient erkrankte nach einer Laos-Vietnam-Kambodscha-Rundreise. In allen Fällen handelte es sich um die klassische Form eines Denguefiebers. Die Erkrankten waren zwischen 15 und 49 Jahren alt. 2.8 Diphtherie Das klinische Bild der Diphtherie kann das einer schweren Rachenentzündung annehmen, die durch toxinproduzierende Bakterien der Art Corynebacterium (C.) diphtheriae oder anderer Species, z. B. C. ulcerans hervorgerufen wird. Bei einer Hautdiphtherie werden toxinproduzierende Erreger in Wunden nachgewiesen. Corynebakterien werden vorwiegend durch Tröpfchen übertragen. Die Diphtherie gehört zu den impfpräventablen Erkrankungen, wobei die Schutzwirkung der Impfung gegen das C.-ulcerans- Abb. 7: spezifische Toxin bisher nicht ausreichend nachgewiesen ist. Auch der Corynebacterium Wert einer Antitoxingabe bei C. ulcerans-Diphtherie ist unsicher. Dennoch wird die Antitoxingabe bei Diphtherieverdacht als notfalltherapeutische Maßnahme weiterhin empfohlen. 10 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Tabelle 6: Diphtherie 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 - - 1 <0,01 2006 - - - - 2007 - - 2 <0,01 2008 - - - - 2009 - - 4 <0,01 2010 3 0,07 8 0,01 Bundesweit kamen im Berichtsjahr 8 Erkrankungen zur Meldung. Von den 7 erfassten Fällen einer Hautdiphtherie waren 6 durch C. ulcerans sowie eine durch C. diphtheriae hervorgerufen. Eine Rachendiphtherie konnte C. ulcerans zugeordnet werden. Laut RKI scheint es seit 2009 zu einer steigenden Fallzahl zu kommen, welche durch eine Zunahme diagnostizierter Erkrankungen an Hautdiphtherie durch C. ulcerans bedingt ist. Seit Einführung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) im Jahr 2001 wurde in Sachsen kein Fall von Diphtherie registriert. Ende 2010 kamen jedoch zwei Erkrankungen an Wunddiphtherie sowie eine Rachendiphtherie (Corynebacterium ulcerans, toxinbildend) zur Meldung. Obwohl alle Erkrankungen im Landkreis Meißen auftraten, bestand zwischen ihnen trotz zeitlicher und territorialer Nähe kein epidemiologischer Zusammenhang. Die Patienten waren durch Vorerkrankungen (Diabetes, Mammakarzinom, Sensibilitätsstörungen) bzw. hohes Alter belastet und dementsprechend disponiert. Alle verfügten über einen aktuellen Diphtherie-Impfschutz. ] (Haut-)Diphtherie: Eine 52-jährige Frau erkrankte 2009 an einem Brustkarzinom. Nach monatelanger Behandlung nahm sie im September 2010 stundenweise ihre berufliche Tätigkeit als Tierpflegerin in einem Schweinestall wieder auf. Bei der Patientin, einer Diabetikerin, wurde zu diesem Zeitpunkt ein Ulcus diabeticum an der Fußsohle festgestellt. Aus einem Wundabstrich konnten zunächst Corynebakterien angezüchtet werden. Am Konsiliarlabor für Diphtherie erfolgten die biochemische Differenzierung, der Nachweis von C. ulcerans sowie der AB-Toxin-Nachweis mittels Diphtherietoxin-Gen-PCR. Therapeutisch wurde eine spezielle Wundbehandlung angewandt sowie Antitoxin verabreicht. Die Patientin besaß keine Haustiere. ] (Haut-)Diphtherie: Bei einem 52-jährigen Mann wurde an einer Hautläsion am Fuß ein Wundabstrich zwecks Diagnostik entnommen. Der Patient, der seit längerem kein Gefühl in den Füßen hat (Klumpfüße), hatte sich vor einiger Zeit „etwas eingetreten“ und seitdem eine offene Wunde. Die Labordiagnostik am Konsiliarlabor erbrachte den Nachweis von Corynebacterium ulcerans sowie den AB-Toxin-Nachweis mittels Diphtherietoxin-Gen-PCR. Als Infektionsquelle standen seine Katze und 2 Kaninchen zur Disposition. Das zuständige Veterinäramt wurde informiert, eine Untersuchung der Haustiere jedoch vom Patienten abgelehnt. ] (Rachen-)Diphtherie: Betroffen war eine 86-jährige Frau, die mit zunehmender Symptomatik erkrankte. Nach Vorstellung beim Hausarzt und Radiologen erfolgte die stationäre Einweisung in eine HNO-Abteilung eines Krankenhauses der Stadt Dresden. Die behandelnden Ärz- 11 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 te beschrieben zum Diphtherieverdacht passende Krankheitszeichen mit massiven Fibrinbelägen und Atemnot. Mikroskopisch wurden zunächst Corynebakterien-ähnliche Strukturen identifiziert, darauffolgend war die PCR auf das Diphtherie-Toxin-Gen Untereinheit A positiv. Weiterhin ergab die biochemische Identifizierung des Corynebakterien-Stammes C. ulcerans. Die Gesundheitsämter Meißen und Dresden führten Ermittlungen zu möglichen Kontaktpersonen durch und veranlassten Maßnahmen nach dem Herdbekämpfungsprogramm (Rachenabstriche, Gesundheitsüberwachung, Chemoprophylaxe, Impfungen). Es wurden 6 Kontaktpersonen ermittelt, bei denen ein Impfnachweis gegeben war, die Chemoprophylaxe mit Erythromycin wurde begonnen. Das Personal im Dresdner Krankenhaus, das engen Kontakt zur Patientin hatte, wurde ebenfalls chemoprophylaktisch behandelt. Nach Rücksprache mit dem RKI durften die Ärzte und Pflegekräfte weiterarbeiten, solange sie keine Symptome aufwiesen und über einen Impfnachweis verfügten. Als mögliche Infektionsquelle wurde eine Katze in Betracht gezogen. Das Veterinäramt wurde involviert. Die Untersuchungen je eines Nasen- bzw. Rachenabstrichs der Katze im Labor der LUA ergaben den Nachweis von C. ulcerans. Die Stämme wurden zur Bestätigung an das Konsiliarlabor für Diphtherie gesandt. Ein Antibiogramm wurde erstellt, um die Katze wirksam behandeln zu können. Infektionen mit Diphtherietoxin-produzierendem Corynebacterium ulcerans und deren zoonotisches Potenzial geraten zunehmend in den Fokus der Aufmerksamkeit. In Westeuropa wird C. ulcerans mittlerweile häufiger bei klinischen Diphtheriefällen isoliert als C. diphtheriae. Als Reservoir von C. ulcerans gelten Haustiere: Katzen und Hunde, aber auch Schweine und Rinder. Auch in Bezug auf die sächsischen Fälle mit bekanntem Tierkontakt stellt sich die Frage, ob bei entsprechenden menschlichen Erkrankungsfällen die Umgebungsuntersuchungen prinzipiell auf Haustiere ausgeweitet werden sollten. Die Infektion mit C. ulcerans ist bei Tieren jedoch keine anzeigepflichtige Tierseuche. Demzufolge ergeben sich Probleme hinsichtlich Kostenübernahme und Konsequenzen (Therapieindikation, Sanierungsmaßnahmen). 2.9 Echinokokkose Die Echinokokkose ist eine Parasitenerkrankung des Menschen. Die Infektion wird durch Vertreter der Gattung Echinococcus verursacht – die zystische Echinokokkose durch den Kleinen Hundebandwurm (E. granulosus) und die alveoläre Echinokokkose durch den Kleinen Fuchsbandwurm (E. multilocularis). E. vogeli kommt nur in Zentral- und Südamerika vor, Infektionen beim Menschen sind sehr selten. Als Übertragungswege der vom Parasiten ausgeschiedenen Eier kommen für den Menschen direkte Kontakte (Fell des Hauptwirtes), Schmierinfektionen, der Umgang mit kontaminierter Erde oder die Aufnahme kontaminierter Nahrungsmittel in Betracht. Im Darm schlüpfen die Larven und erreichen über die Pfortader die Leber und von dort auch andere Organe wie z. B. die Lunge. Die Echinokokkose hat eine sehr lange Inkubationszeit (bis zu 15 Jahre). Abb. 8: Echinococcus multilocularis Bei dem Erreger der Echinokokkose (Echinococcus sp.) handelt es sich nach dem Infektionsschutzgesetz um eine nichtnamentliche Direktmeldung an das RKI. Leider wird in diesem Fall oft die Sächsische Meldeverordnung außer Acht gelassen, die besagt, dass in Sachsen diese Erkrankung namentlich an das zuständige Gesundheitsamt zu melden ist. Somit kann hier von einer deutlichen Untererfassung ausgegangen werden. Um dieser entgegenzuwirken, wurde seitens der sächsischen Landesstelle eine Rückmeldung der am RKI eingegangenen Erhebungsbögen angeregt. 12 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Tabelle 7: Echinokokkose 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 - - 126 0,2 2006 - - 130 0,2 2007 - - 93 0,1 2008 - - 117 0,1 2009 1 0,02 112 0,1 2010 1 0,02 117 0,1 Laut RKI kamen im Jahr 2010 bundesweit 117 Echinokokkosen zur Meldung. In 70 Fällen handelte es sich um eine zystische und 30-mal um die alveoläre Form. Alle anderen gemeldeten Infektionen (n = 17) wurden nicht differenziert. Es wurde im Freistaat Sachsen eine Erkrankung sowie ein Nachweis ohne bestehendes klinisches Bild erfasst: ] Um die Ursache unklarer Schmerzen und eines bestehenden Ikterus zu identifizieren, wurde Anfang April ein 79-jähriger Mann aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge hospitalisiert. Die serologische Untersuchung ergab einen Echinococcus spp.-AntikörperNachweis; eine weitere Differenzialdiagnostik erfolgte nicht. Auf Grund der langen Inkubationszeit war die Infektionsursache nicht eruierbar. ] Nachdem beim Haushund der Familie eine Echinokokken-Infektion bestätigt worden war, unterzog sich eine 29-jährigen Frau aus der Stadt Dresden ebenfalls einer Diagnostik. Die Bestätigung der Infektion gelang bei der Patientin mittels IgM-Antikörper-Nachweis. Über eine bestehende Symptomatik lagen keine Angaben vor. 2.10 EHEC-Infektion EHEC sind Escherichia coli Stämme, die sogenannte Shigatoxine bilden und schwere blutige Durchfälle auslösen können. Als lebensbedrohliche Komplikation kann das enteropathische hämolytischurämische Syndrom (HUS) auftreten. Als Erregerreservoir werden Tiere (hauptsächlich Wiederkäuer) angesehen. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt fäkal-oral, über kontaminierte Lebensmittel bzw. Wasser sowie auch durch direkten Kontakt von Mensch zu Mensch. Abb. 9: EHEC Laut dem Infektionsepidemiologischen Jahrbuch des RKI kamen im Jahr 2010 insgesamt 918 Infektionen zur Meldung, was einer Neuerkrankungsrate von 1,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und einem leichten Anstieg um rund 10 % gegenüber 2009 entsprach. In 309 Fällen wurden Angaben zur Serogruppe gemacht. Die 3 dabei am häufigsten genannten waren O 26 (17 %), O 157 (14 %), und O 91 (12 %). Es wurde über einen Todesfall berichtet (weiblich, 79 Jahre). 13 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Tabelle 8: EHEC 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 52 1,2 1.161 1,4 2006 82 1,9 1.180 1,4 2007 70 1,6 839 1,0 2008 110 2,6 834 1,0 2009 73 1,7 836 1,0 2010 75 1,8 918 1,1 Mit einer Inzidenz von 1,8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner kamen im Freistaat Sachsen 75 Fälle mit klinischem Bild zur Meldung. Weiterhin wurden 45 symptomlose Infektionen erfasst. Dominierend waren die Serotypen O 103, O 128 und O 26. Hauptsächlich betroffen waren Kinder; hier besonders die Altersgruppe der 1 bis unter 5Jährigen. Es wurde ein EHEC-bedingter Ausbruch registriert: ] 5 Personen einer türkischen Familie, welche in Deutschland lebt, reisten für 7 Wochen in ihre Heimat, um an einer Hochzeitsfeier teilzunehmen. Es erkrankten zwei 2-jährige Kinder mit Durchfällen. Umgebungsuntersuchungen bei 4 weiteren klinisch unauffälligen Familienmitgliedern erbrachten den Nachweis von EHEC. Die Typisierung durch das Nationale Referenzzentrum ließ auf den gleichen Serotyp (O 125, stx 1) als Auslöser des Geschehens schließen. 2.11 Enterovirus-Infektion Enteroviren gehören zur Familie Picornaviridae. Von Bedeutung für den Menschen sind Polio-, Coxsackie- und ECHO-Virus sowie die Humanen Enterovirus-Typen 70 und 71. Die Infektionen mit Enteroviren kommen weltweit vor und lösen in der Sommerzeit häufig Erkrankungen aus. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich fäkal-oral, kann jedoch auch über Tröpfcheninfektion erfolgen. Die Krankheitsbilder sind sehr vielseitig (z. B. respiratorische Infektionen, Hand-Fuß-Mund-Krankheit, Gastroenteritis und Meningitis). Abb. 10: Enterovirus Diese Infektion ist nach dem Infektionsschutzgesetz nicht meldepflichtig, daher stehen für Deutschland keine vergleichbaren Zahlen zur Verfügung. Im Freistaat Sachsen wurden im Berichtsjahr 160 Enterovirusnachweise registriert. In 151 Fällen erfolgten Angaben zum klinischen Bild: 97 Patienten zeigten eine gastroenteritische, 32 eine meningitische und 22 eine respiratorische Symptomatik. ] Ein 33-jähriger immunsupprimierter Mann aus der Stadt Dresden verstarb Anfang Februar an enterovirusbedingter Sepsis. 14 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2.12 Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist eine entzündliche Erkrankung des Gehirns oder der Hirnhäute, die durch das FSMEVirus ausgelöst wird. Das Virus wird durch Zeckenstiche übertragen. Nach Ausbruch der Krankheit ist eine Therapie sehr schwierig. Bei etwa zehn Prozent der infizierten Personen befällt das Virus das Zentralnervensystem. Ein Teil dieser Patienten wiederum leidet an Spätfolgen wie Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen und Psychosen. Abb. 11: FSME-Virus Eine Impfung gegen FSME wird Personen, die sich in FSME-Risikogebieten aufhalten oder Personen, die durch FSME beruflich gefährdet sind (z. B. Forstarbeiter, Exponierte in der Landwirtschaft, exponiertes Laborpersonal) empfohlen. Die Risikogebiete werden nach bestimmten Kriterien definiert und durch Landkarten ausgewiesen, die jährlich vom Robert KochInstitut aktualisiert werden. Innerhalb Deutschlands werden die Kosten für die Impfung in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Tabelle 9: FSME 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 5 0,1 432 0,5 2006 4 0,09 546 0,7 2007 2 0,03 239 0,3 2008 1 0,02 289 0,4 2009 4 0,09 313 0,4 2010 6 0,1 260 0,3 Deutschlandweit wurden im Berichtsjahr 260 Erkrankungsfälle (0,32 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) gemeldet. Dies entsprach einem leichten Rückgang von 17 % im Vergleich zum Jahr 2009. Die höchsten Neuerkrankungsraten wiesen wie auch schon in den Vorjahren das Bundesland Baden-Württemberg (118 Erkrankungen) und der Freistaat Bayern (104 Erkrankungen) auf. In insgesamt 248 Fällen wurde als Infektionsland Deutschland angegeben; 4-mal wurden Österreich, 2-mal Polen, 3-mal Tschechien und jeweils einmal Norwegen und die Schweiz genannt. Im Freistaat Sachsen kamen 6 Erkrankungen ungeimpfter Patienten (darunter 2 mit meningitischer Symptomatik) zur Meldung. In allen Fällen erfolgte der Nachweis durch intrathekal gebildete FSME-spezifische Antikörper (erhöhter Liquor/Serum-Index). 15 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Tabelle 10: Aufstellung der FSME-Fälle in Sachsen 2010 Stadt- bzw. Landkreis Patient Symptomatik mögl. Infektionsort Zeckenstich Vogtlandkreis w, 57 Jahre Meningitis autochthon erinnerlich LK Meißen w, 45 Jahre Meningitis Tschechien LK Zwickau m, 66 Jahre ZNS-Symptomatik autochthon nicht erinnerlich nicht erinnerlich SK Leipzig w, 42 Jahre ZNS-Symptomatik LK Berchtesgadener Land (FSME-Risikogebiet) SK Chemnitz m, 34 Jahre ZNS-Symptomatik Erzgebirgskreis w, 30 Jahre ZNS-Symptomatik (FSME-Risikogebiet) erinnerlich gemeinsamer Aufenthalt erinnerlich in Tschechien nicht (FSME-Risikogebiet) erinnerlich Auch im Jahr 2010 galt keine Region in Sachsen als FSME-Risikogebiet. 2.13 Gasbrand Gasbrand wird zu 90 % durch das Bakterium Clostridium perfringens hervorgerufen und kann schwere Infektionen mit Gewebezersetzung auslösen. Der Erreger kann überall vorhanden sein: z. B. auf der Haut, im Darm sowie im Erdreich oder Staub. Gasbrand heißt diese Erkrankung, weil die Bakterien ein Gas produzieren, welches im umgebenden Gewebe eine Zellmembranzerstörung und Ödembildung bewirkt. Die Gasbranderreger sind Anaerobier; das heißt, sie gedeihen im sauer- Abb. 12: stoffarmen Gewebe besonders gut und sterben im sauerstoffangerei- Clostridium perfringens cherten Gewebe ab. Tabelle 11: Gasbrand-Erkrankungen 2005 bis 2010 in Sachsen Jahr E Inzidenz 2005 5 0,1 2006 2 0,03 2007 2 0,03 2008 5 0,1 2009 5 0,1 2010 8 0,2 Vergleichbare Zahlen für Deutschland stehen leider nicht zur Verfügung, da diese Infektion nach dem Infektionsschutzgesetz nicht der Meldepflicht unterliegt. Im Jahr 2010 wurden im Freistaat 8 Erkrankungen, darunter 3 mit Todesfolge erfasst. Das entsprach einer Inzidenz von 0,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. 16 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 ] Ein 67-Jähriger, welcher sich einer Oberschenkelamputation wegen schwerer Durchblutungsstörungen unterziehen musste, verstarb 3 Tage nach der Operation (C. perfringens wurde aus Wundmaterial und Muskelgewebe nachgewiesen). ] Bei einer 55-Jährigen wurde eine Hüft-OP durchgeführt. Nachdem sich an der Wunde Entzündungszeichen zeigten, wurde eine Not-Operation veranlasst. Die Infektion konnte leider nicht mehr beherrscht werden; die Frau verstarb am nächsten Tag. Der Erregernachweis gelang aus Muskelgewebe. ] Ein 90-jähriger Mann wurde mit einem dicken „aufgeblähten“ Knie hospitalisiert. Trotz der sofort eingeleiteten operativen Versorgung konnte die Infektion nicht mehr beherrscht werden, der Patient verstarb am nächsten Tag. Eine Erhebung der Anamnese war nicht mehr möglich. Aus Wundabstrich konnte Clostridium septicum nachgewiesen werden. 2.14 Gonorrhoe (Tripper) Die durch Bakterien der Art Neisseria gonorrhoeae verursachte Infektion ist eine der häufigsten Geschlechtskrankheiten in Deutschland. Die Übertragung erfolgt in erster Linie beim Geschlechtsverkehr. Infizierte Schwangere können ihr Kind während der Geburt anstecken, was zu einer Konjunktivitis des Neugeborenen führen kann. Dies war früher eine der häufigsten Ursachen für die Erblindung von Kindern in der westlichen Welt. Um dies zu verhindern, wurde den Neugeborenen sofort nach der Geburt Silbernitrat in die Augen getropft. In der heutigen Zeit können solche Fälle durch Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft weitestgehend verhindert werden. Abb. 13: Neisseria gonorrhoeae Für das Bundesgebiet kann über die aufgetretenen Infektionen im Jahr leider keine Auskunft gegeben werden, da hier keine Meldepflicht existiert. Tabelle 12: Gonorrhoe-Infektionen 2005 bis 2010 in Sachsen Jahr Infektionen Infektionen / 100.000 EW 2005 437 10,1 2006 459 10,7 2007 463 10,8 2008 428 10,1 2009 531 12,6 2010 598 14,3 Der Freistaat Sachsen hat von der Möglichkeit der Erweiterung der Meldepflicht mittels Sächsischer Meldeverordnung Gebrauch gemacht. Gemäß § 2 IfSGMeldeVO besteht eine nichtnamentliche Labormeldepflicht für den direkten Nachweis von Neisseria gonorrhoeae. Allerdings werden nur die Erregernachweise erfasst. Im Jahr 2010 kamen insgesamt 598 Infektionen (14,3 Fälle pro 100.000 Einwohner) zur Meldung. Somit stieg die Infektionsrate gegenüber den Vorjahren weiterhin deutlich kontinuierlich an (gegenüber 2009 + 13 %). 17 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2.15 Haemophilus influenzae, invasive Erkrankung Bei Haemophilus influenzae handelt es sich um ein Bakterium, das insbesondere auch invasive Erkrankungen auslösen kann. Die Übertragung des Erregers geschieht durch Tröpfcheninfektion. Haemophilus influenzae kann als bekapseltes (Kapseltyp a bis f) und unbekapseltes Bakterium auftreten. Der Kapseltyp b (Hib) kann besonders bei Kleinkindern schwerste Erkrankungen (wie z. B. Meningitis, Sepsis, Epiglottitis, Pneumonie) hervorrufen. Gegen diesen Typ wird in Deutschland seit 1990 eine Schutzimpfung im Kleinkindalter empfohAbb. 14: len. Haemophilus influenzae Tabelle 13: Haemophilus influenzae, invasive Erkrankungen 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 3 0,07 70 0,08 2006 9 0,2 121 0,2 2007 7 0,2 93 0,1 2008 4 0,09 152 0,2 2009 8 0,2 185 0,2 2010 6 0,1 210 0,3 2010 wurden bundesweit 210 invasive Erkrankungen durch Haemophilus influenzae gemeldet. Das entsprach einer Zunahme um 14 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum und damit der höchsten Inzidenz seit der Einführung der IfSG-Meldepflicht. Am häufigsten waren Säuglinge, Kleinkinder und ältere Erwachsene betroffen. Im Vergleich zum Vorjahr konnte bei den Einjährigen und bei den über 69-Jährigen ein deutlicher Anstieg der Infektionen beobachtet werden. Dagegen erkrankten deutlich weniger Säuglinge als im vergangenen Jahr. Bei rund 70 % der Patienten lag das Alter bei 60 Jahren bzw. darüber. In 86 Fällen wurden Angaben zu einer durchgeführten Erregertypisierung gemacht, wobei in 74 Aussagen zum Kapseltyp getroffen wurden. 21-mal handelte es sich um den impfpräventablen Typ b, 31-mal wurde keine Kapsel gefunden (a bis f negativ) und 21-mal wurden der Typ f und einmal der Typ a angegeben. Insgesamt kamen 14 Todesfälle zur Meldung. Im Freistaat Sachsen kamen im Berichtsjahr 6 Erkrankungen (0,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) darunter ein Todesfall sowie 2 Erregernachweise ohne Angaben zum klinischen Bild zur Meldung. Betroffen waren ein 1½-jähriger Junge sowie ein 13-Jähriger, welche beide mit meningitischer Symptomatik erkrankten. Eine Kapseltypbestimmung erfolgte nicht. Gegen den Kapseltyp b waren beide Patienten vollständig geimpft. Die anderen 4 Erkrankten waren über 65 Jahre alt und alle ungeimpft. Es kam ein Todesfall zur Meldung: ] Eine 89-Jährige erkrankte mit Husten, Fieber und einer Pneumonie. Die Patientin wurde daraufhin in schlechtem Allgemeinzustand hospitalisiert. In der Blutkultur wurde Haemophilus in18 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 fluenzae (ohne Angabe zum Kapseltyp) nachgewiesen. Die Patientin verstarb kurz darauf an der Infektion. 2.16 Hantavirus-Infektion Das natürliche Reservoir der Hantaviren sind infizierte Nagetiere (verschiedene Mäuse- und Rattenarten). Die Krankheit wird durch infektiöse Exkremente (z. B. in staubhaltiger Luft alter Scheunen, Dachböden) oder durch Biss übertragen. Häufungen im Herbst oder zu Winterbeginn sind möglich. Es gibt verschiedene Erregertypen. Die Typen Hantaan und Seoul können das sogenannte schwere Hämorrhagische Fieber mit Nierenversagen hervorrufen. Es beginnt mit Abb. 15: Hantavirus Fieber, Kopf-, Rückenschmerzen und Schwindel, dann folgen Hautblutungen. Nach 4 bis 7 Tagen beginnt die 2. Phase mit Nierenversagen, Schleimhautblutungen und Lungenödem. Der Erkrankungsverlauf mit den Typen Dobrava und Puumala, welche auch in Deutschland verbreitet sind, ist milder. 90 % der Infektionen werden unter Umständen nicht einmal bemerkt. Tabelle 14 : Hantavirus-Erkrankungen 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 2 0,05 447 0,5 2006 1 0,02 72 0,09 2007 5 0,1 1.688 2,1 2008 1 0,02 234 0,3 2009 - - 181 0,2 2010 3 0,1 2.016 2,5 Im Jahr 2010 wurde mit 2,5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner die seit Einführung des IfSG höchste Erkrankungshäufigkeit bei den Hantavirus-Infektionen erreicht. Es kamen 2.016 Erkrankungen zur Übermittlung, was einen massiven Anstieg gegenüber dem Vorjahr 2009 bedeutete. Verglichen mit 2007, in dem die bisher höchste Hantavirus-Aktivität erreicht wurde, konnte ein nochmaliges Ansteigen der Erkrankungszahlen um 19 % verzeichnet werden. Als hauptverantwortlich hierfür wird die Zunahme von Wühlmausarten angesehen. So geht man von einer hohen Mäusepopulation nach dem Winter 2009/2010 aus. Unter der schützenden Schneedecke konnten sich die Nager offensichtlich trotz der anhaltenden Kälte ungehindert vermehren und fanden Schutz vor Fressfeinden. Zusätzlich war das Nahrungsangebot, dank einer hohen Anzahl Bucheckern im letzten Herbst, für die Mäuse sehr gut. 19 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Aus der Abbildung 16 ist die deutschlandweite Verteilung der 2010 erfassten Erkrankungsfälle ersichtlich. Abb. 16: Hantavirus, deutschlandweite Verteilung 2010 Im Freistaat Sachsen kamen lediglich 3 Erkrankungen (0,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) ohne hämorrhagischen Verlauf zur Meldung: ] Bei einem 31-Jährigen aus dem Landkreis Mittelsachsen zeigten sich Kopfschmerzen, Fieber sowie Nierenfunktionsstörungen. Infolge dessen wurde er hospitalisiert. Serologisch konnte eine Infektion mit dem Puumala-Virus diagnostiziert werden. Ermittlungen zur Infektionsquelle ergaben einen ländlichen Wohnsitz, wo der Mann beim Ausbau eines Fachwerkhauses beteiligt war. Beruflich arbeitete er vor Ausbruch der Erkrankung als Baggerfahrer im Raum Stuttgart, wo bereits seit Ende 2009 erhöhte Erkrankungsraten in der Bevölkerung verzeichnet wurden. ] Eine 43-Jährige aus dem Landkreis Zwickau erkrankte mit Nierenfunktionsbeeinträchtigungen und musste daraufhin hospitalisiert werden. Serologisch wurde eine Infektion mit dem Puumula-Virus diagnostiziert. Ermittlungen zur Infektionsquelle ergaben, dass die Frau in einem Pferdestall tätig ist. ] Aus der Stadt Dresden wurde die Erkrankung eines 48-jährigen Mannes gemeldet. Bei dem Patienten zeigten sich Fieber, Husten sowie Gliederschmerzen. Serologische Untersuchungen erbrachten den Nachweis von Antikörpern gegen das Puumala-Virus. Als Infektionsquelle wurde die Hauskatze vermutet, die regelmäßig tote Mäuse nach Hause bringt. 20 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2.17 Influenza Die Influenza ist eine Infektion der Atemwege durch Viren vom Typ A, B oder C aus der Familie der Orthomyxoviren. Für den Menschen relevant sind Influenza A- und Influenza B-Viren. Influenzaerkrankungen treten auf der Nordhalbkugel in der Regel gehäuft von Dezember bis April auf und sind sehr ansteckend. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts infizieren sich bei den jährlichen Influenza-Wellen bzw. Epidemien, die sich von Jahr zu Jahr deutlich voneinander unterscheiden, in Deutschland schätzungsweise jeweils 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung. Abb. 17: Influenzavirus Tabelle 15: Influenza 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 2.596 60,1 12.737 15,5 2006 279 6,5 3.804 4,6 2007 1.935 45,3 18.902 23,0 2008 1.111 26,1 14.854 18,1 2009 13.784 326,6 178.630 214,7 2010 304 7,3 3.466 4,2 Im Jahr 2010 konnte der der sonst übliche saisonale Erkrankungsgipfel zwischen Februar und April nicht beobachtet werden, da die übliche Grippewelle schon durch die pandemische Erkrankungswelle im Herbst 2009 „vorverlegt“ wurde. Verglichen mit den Vorjahren wurden deshalb im Jahr 2010 deutlich weniger Influenza-Erkrankungen übermittelt. Die bundesweite Inzidenz lag bei lediglich 4,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Es überwogen die Infektionen mit Influenza A-Viren (darunter 95 % A/H1N1/2009) deutlich gegenüber denen mit Influenza B-Viren. Im Berichtsjahr 2010 wurden deutschlandweit 72 Todesfälle entsprechend der Referenzdefinition an das RKI übermittelt. Im Freistaat Sachsen kamen 304 Erkrankungen an Influenza zur Meldung, die sich wie folgt aufschlüsselten: 296-mal Influenza A, 7-mal Influenza B sowie einmal Influenza A/B (ohne Differenzierung). Es wurden 2 Todesfälle übermittelt: ] Eine 66-jährige ungeimpfte Frau aus der Stadt Dresden erkrankte mit akuter grippaler Symptomatik. Aufgrund einer Zyanose wurde die stationäre Aufnahme durch einen Notarzt angewiesen. Trotz intensivtherapeutischer Behandlung mit Beatmung und Zanamivir-Therapie (erst ab 12. Tag nach Erkrankungsbeginn) verstarb die Patientin an einer Pneumonie durch Influenzavirus A/H1N1/2009 (Nachweis mittels PCR im Rachenabstrich). Die Patientin litt an einer chronischen Lungenkrankheit. ] Ein 35-jähriger ungeimpfter Mann aus der Stadt Leipzig erkrankte mit akuter grippaler Symptomatik. Es erfolgte eine zweimalige ambulante Arztkonsultation über den „Dringlichen Hausbesuchsdienst“. Sechs Tage später veranlasste der Notarzt eine Einweisung ins Kranken- 21 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 haus. Trotz intensivmedizinischer Behandlung mit Beatmung und antiviraler OseltamivirTherapie (ab 6. Tag nach Erkrankungsbeginn) verstarb der Patient 10 Tage später an einer Pneumonie durch Influenzavirus A/H1N1v. Der Patient litt an einer Colitis ulcerosa. Die Infektion wurde mittels PCR (Rachenabstrich) bestätigt. Die Influenzasaison 2009/2010 ging mit der letzten Aprilwoche 2010 zu Ende. Eine abschließende, ausführliche Auswertung erfolgte, wie auch schon in den Vorjahren, im Rahmen eines Sonderheftes der LUA-Mitteilungen. 2.18 Legionellose Die Erreger der Legionellose sind Bakterien (Legionella pneumophila), welche als sogenannte Umweltkeime in natürlichen, aber auch künstlichen wasserführenden Systemen vorkommen. Ihr primäres Reservoir ist das Süßwasser. Hier sind sie in geringer Zahl natürlicher Bestandteil von Oberflächengewässern und Grundwasser. Eine erhöhte Vermehrung der Legionellen begünstigen Wassertemperaturen zwischen 25 und 45° C und die Wasser-Verweildauer im Leitungssystem. Eine Verbreitung wird durch das Entstehen von Aerosolen gefördert. Zur Erkrankung kann es kommen, wenn die Erreger in die tieferen Atemwege gelangen. Die Symptomatik reicht von asymptomatischen Infektionen bis hin zu schwerwiegenden Pneumonien mit tödlichem Verlauf. Unterschieden werden zwei Arten der Legionellen-Infektion: Das sogenannte Pontiac-Fieber (Fieber, Husten, Muskelschmerzen) und die Legionärskrankheit, die zusätzlich mit einer Pneumonie einhergeht. Nach neuesten Schätzungen geht man davon aus, dass in Deutschland etwa 4 % aller auftretenden Pneumonien durch Legionellen verursacht werden. Als Risikogruppen gelten Abwehrgeschwächte, chronisch Kranke und ältere Menschen sowie Raucher. Tabelle 16: Abb. 18: Legionella pneumophila Legionellose 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 30 0,7 554 0,7 2006 39 0,9 571 0,7 2007 21 0,5 529 0,6 2008 12 0,3 525 0,6 2009 16 0,4 503 0,6 2010 34 0,8 690 0,8 Bundesweit wurden 690 Erkrankungen registriert, was einer Neuerkrankungsrate von 0,8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner entsprach. Der krankheitsbedingte Tod durch die Legionärskrankheit wurde in 50 Fällen gemeldet. Der seit 2007 bundesweit rückläufige Trend wurde erstmals unterbrochen. Es zeichnete sich im Jahr 2010 ein deutlicher Anstieg der Fallzahlen ab. Hierfür ist als primäre Ursache ein größerer Legionellen-Ausbruch in Baden-Württemberg in der Region Ulm anzusehen. Insgesamt kam es hier von Ende Dezember 2009 bis Februar 2010 zu insgesamt 64 Erkrankungsfällen, darunter 22 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 5 mit letalem Verlauf. Als Infektionsursache konnten Nasskühlanlagen auf einem Bürogebäude in der Ulmer Innenstadt identifiziert werden. Im Freistaat Sachsen wurden 34 Erkrankungen, darunter 2 Todesfälle erfasst. Dies waren mehr als doppelt so viele Erkrankungsfälle im Vergleich zum Jahr 2009. Eine Erklärung für den auffälligen Anstieg ließ sich nicht finden. Ausbrüche wurden nicht verzeichnet. Bei der Ermittlung zur Infektionsquelle gaben 12 Patienten den Aufenthalt in Hotels oder Pensionen (darunter 6-mal in Deutschland) an, weitere 5 den Aufenthalt in einem Krankenhaus. Die Hälfte (n = 17) aller Patienten konnten keine außerhäuslichen Expositionen benennen. In welchem Umfang Wasserproben in den einzelnen Bereichen untersucht worden sind, wurde nicht bekannt. Leider erfolgte nur in einem Fall die Übermittlung der labordiagnostischen Bestätigung zur genannten Exposition (Wasserprobe aus einem Krankenhaus). Erfahrungsgemäß steigt die Inzidenz mit bestehenden Risikofaktoren und/oder steigendem Lebensalter an, gelegentlich kommt es aber auch zu Erkrankungsfällen bei Kindern und Jugendlichen. So erkrankte im Jahr 2010 ein 12-jähriges Mädchen mit Muskelschmerzen, Pneumonie und septischem Krankheitsbild. Der Auslöser der Infektion konnte nicht ermittelt werden. 20 Patienten gehörten zur Altersgruppe der erwerbstätigen Erwachsenen (25- bis 64-Jährigen) und 13 zu den Senioren (65 Jahre und älter). Geschlechtsspezifisch betrachtet, waren Männer fast doppelt so häufig betroffen als Frauen. ] Bei den Todesfällen handelte es sich um einen 51-jährigen Obdachlosen sowie um einen 81jährigen allein lebenden Mann aus der Stadt Dresden. Bei beiden ließ sich keine genaue Infektionsursache ermitteln. 2.19 Lepra Die Lepra ist eine Infektionskrankheit, die durch das Bakterium Mycobacterium leprae ausgelöst wird. Die Inkubationszeit liegt zwischen 9 Monaten und bis zu 20 Jahren. Dabei kann es in dieser Zeit zur Ausprägung verschiedenster Symptome kommen. Es können Hauterscheinungen und Nervenschädigungen auftreten, die zu Sensibilitätsstörungen bis hin zu Lähmungen führen können. Man unterscheidet 3 Formen: die lepromatöse Lepra, die tuberkuloide Lepra und die Boderline-Lepra. Letztgenannte ist eine Übergangsform Abb. 19: Mycobacterium leprae zwischen lepromatöser und tuberkuloider Lepra. Laut dem Infektionsepidemiologischen Jahrbuch 2010 kamen bundesweit 2 importierte Erkrankungen zur Meldung (darunter ein sächsischer Fall). In Sachsen wurde 2010 ein Fall von Lepra (lepromatöse Form) erfasst: ] Ein 29-jähriger Asylbewerber aus Indien litt an multiplen, papulösen Hautinfiltraten im Gesicht und z. T. an den Armen sowie Lymphknotenschwellungen. Er wurde daraufhin stationär aufgenommen. Bei der Untersuchung von Hautexzidaten der Stirn gelang mittels PCR der Nachweis von Mycobacterium leprae. Der Patient gab an, Indien bereits vor 1½ Jahren verlassen zu haben und nach kurzem Aufenthalt in Deutschland nach Italien weitergereist zu sein. Bereits zu diesem Zeitpunkt traten erste Hautveränderungen auf. Im Mai 2010 kehrte der Mann nach Deutschland zurück und begab sich in stationäre Behandlung. 23 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2.20 Leptospirose Die Leptospirose ist eine weltweit auftretende, akut verlaufende Infektionskrankheit, die durch gramnegative Bakterien (Leptospira interrogans) hervorgerufen wird. Die natürlichen Wirte der Leptospiren sind vorrangig Ratten und Mäuse, aber auch zahlreiche andere Haus-, Nutz- und Wildtiere. Diese scheiden die Bakterien über den Urin aus. Der Mensch infiziert sich durch direkten oder indirekten Kontakt, meist mit kontaminiertem Erdreich oder Wasser. Die Infektion verläuft häufig mit grippaler Symptomatik, es können jedoch auch lebensbedrohliche Formen mit Blutungsneigung, Leber- oder Nierenversagen (Morbus Weil) auftreten. Tabelle 17: Abb. 20: L.eptospira interrogans Leptospirose 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 5 0,1 58 0,07 2006 1 0,02 46 0,05 2007 8 0,2 166 0,2 2008 2 0,05 66 0,08 2009 2 0,05 92 0,1 2010 3 0,07 70 0,08 Laut dem Infektionsepidemiologischen Jahrbuch des RKI kamen 2010 deutschlandweit 70 Leptospirosen gemäß Referenzdefinition zur Meldung. Damit lag die Inzidenz mit 0,08 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner deutlich (- 24 %) unter der des Vorjahres 2009 und wieder auf dem Niveau von 2008. Es wurden im gesamten Bundesgebiet keine Todesfälle durch Leptospirose registriert. In Sachsen wurden im Jahr 2010 3 Leptospirose-Erkrankungen erfasst, welche Personen im Alter von 28, 40 und 52 Jahren betrafen. 2.21 Listeriose Die Erreger der Listeriose sind stäbchenförmige Bakterien, die in der Umwelt nahezu weltweit verbreitet sind. Viele Säugetiere tragen Listerien im Darm und scheiden sie im Stuhl aus. Die Inkubationszeit wird mit 3 bis 70 Tagen angegeben. Genauere Angaben fehlen, da die Listeriose meist unbemerkt lokal beginnt (Besiedlung im Magen-Darm-Trakt) und bei guter Immunabwehr oft symptomlos verläuft. Überwiegend tritt ein leichtes Krankheitsgefühl mit Fieber auf. Die Erregeraufnahme erfolgt hauptsächlich durch den Verzehr kontaminierter Lebensmittel (u. a. Rohmilchprodukte, Rohwürste u. ä.). Gefährlich ist die Infektion für Schwangere (sie geben die Infektion an das noch ungeborene Kind weiter) und immunsupprimierte Personen (mögliche Komplikationen: Meningitiden, Enzephalitiden sowie Herzerkrankungen). 24 Abb. 21: Listeria monocytogenes Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Tabelle 18: Listeriose 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 30 0,7 512 0,6 2006 29 0,7 513 0,6 2007 32 0,8 356 0,4 2008 25 0,6 308 0,4 2009 23 0,5 396 0,5 2010 25 0,6 390 0,5 Bundesweit wurden im Berichtszeitraum 390 Listeriosen (0,5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) erfasst. Die Erkrankungszahlen lagen somit in etwa auf dem Niveau des Vorjahres 2009. Es kamen 23 Todesfälle (7 % der Erkrankten) zur Meldung, die nicht-schwangerschafts-assoziierte Listeriosen betrafen. Die Listeriose gehört neben der Meningokokken-Meningitis zu den meldepflichtigen bakteriellen Erkrankungen mit der höchsten Letalität. In Sachsen wurden 25 Listeriosen (0,6 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) sowie 2 Erregernachweise ohne Angaben zum klinischen Bild erfasst. 7 Erkrankungen verliefen mit einer Sepsis, in 4 Fällen wurde das Krankheitsbild einer Meningitis (Erregernachweis aus Liquor) beschrieben und einmal wurde die Infektion bei einem Neugeborenen und seiner Mutter diagnostiziert (siehe unter 2.21.1 Listeriose, konnatal). Fieber wurde bei den meisten Patienten als Hauptsymptom angegeben. Im Hinblick auf die Altersverteilung bei den Listeriosen wurde festgestellt, dass fast alle Patienten in die Altersgruppe der älteren Erwachsenen (über 60 Jahre) einzuordnen waren (n = 20). Bei vielen Patienten bestand zudem noch eine Grunderkrankung. Ausbrüche kamen nicht zur Meldung. 3 Patienten verstarben an der Infektion. Betroffen waren 2 Frauen und ein Mann im Alter von 61, 63 und 87 Jahren. Bei einem Patienten war eine bereits bestehende Grunderkrankung bekannt. 2.21.1 Listeriose, konnatal Schwangere haben ein deutlich höheres Risiko, an einer Listeriose zu erkranken. Meist äußert sich die Erkrankung als grippeähnlicher kurzer Fieberschub, der oft nicht ernst genommen wird. Es kann sich jedoch eine Entzündung des Mutterkuchens einstellen und die Infektion geht auf das ungeborene Kind über (konnatale Infektion durch diaplazentare Übertragung). Bei Infektionen im ersten Trimenon der Schwangerschaft kann der Fötus absterben und es kommt zum Abort. Spätere Infektionen, führen zu einer intrauterinen Listeriose, welche zum Tod und damit zum Spätabort des ungeborenen Kindes führen oder eine Frühgeburt auslösen kann. Laut dem Statistischen Jahrbuch des RKI 2010 kamen bundesweit 22 konnatale Infektionen zur Meldung. Es wurde über 5 Todesfälle berichtet, welche 4 tot geborene Föten sowie ein zu früh geborenes Kind, welches wenige Wochen nach der Geburt verstarb, betrafen. 25 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Im Freistaat Sachsen wurde im Jahr 2010 eine konnatale Listeriose erfasst: ] Eine 28-jährige Frau erkrankte in der 32. Schwangerschaftswoche mit grippeähnlicher Symptomatik und Fieber. Sie wurde am nächsten Tag mittels Kaiserschnitt von einem Jungen entbunden. Dieser fiel nach der Geburt durch verminderte Vitalität auf. Radiologisch zeigten sich minimale Veränderungen der Lunge. Nach Antibiotikagaben verbesserte sich der Allgemeinzustand des Kindes. Aus Plazenta sowie einem Ohrabstrich beim Neugeborenen wurde Listeria monocytogenes nachgewiesen. Hinweise auf eine mögliche Infektionsquelle ergaben sich nicht. 2.22 Lues (Syphilis) Der Erreger der Syphilis ist das Bakterium Treponema pallidum, welches bei direkten sexuellen Kontakten über kleinste Verletzungen der Schleimhaut oder Haut in den Organismus eindringt. Von Bedeutung ist besonders die diaplazentare Übertragung der werdenden Mutter auf ihr ungeborenes Kind (Fehlgeburt, Missbildungen). Nur etwa die Hälfte der sich infizierenden Patienten erkrankt symptomatisch. Unbehandelt bilden sich häufig chronische Verläufe heraus. Die Syphilis kann mittels Antibiotika Abb. 22: Treponema gut beherrscht werden. pallidum Tabelle 19: Lues-Infektionen 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Inf. / 100.000 EW E Deutschland Inf. / 100.000 EW Jahr E 2005 185 4,3 2.725 3,3 2006 120 2,8 2.671 3,3 2007 88 2,1 2.799 3,4 2008 168 4,0 2.821 3,4 2009 136 3,2 2.371 2,9 2010 123 2,9 3.028 3,7 Die Infektion unterliegt nach dem Infektionsschutzgesetz einer nichtnamentlichen Meldepflicht in Form einer Direktmeldung der Labore an das RKI. Auf diesem Weg kamen so deutschlandweit 3.028 Infektionen (3,7 Fälle pro 100.000 Einwohner) zur Meldung. Das waren 11 % mehr als 2009. In 72 % der Meldungen lagen Informationen zum Infektionsland vor, hiervon wurde in 95 % der Fälle Deutschland angegeben. Der Anteil der Frauen lag bei 7 %. 2001 lag der Frauenanteil dieser Infektion noch bei 16 %. Entsprechend war die Syphilis-Inzidenz bei Männern mit 7 Fällen pro 100.000 Einwohner 14-mal höher als bei den Frauen mit etwa 0,5 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. In Sachsen sank die Zahl der registrierten Neuerkrankungen entgegen der bundesweit erfassten Infektionen gegenüber dem Vorjahr um etwa 10 %. Im Berichtsjahr wurden 123 Infektionen (2,9 Fälle pro 100.000 Einwohner) übermittelt. Diese betrafen hauptsächlich Patienten im Alter zwischen 25 und 44 (7 Infektionen pro 100.000 der Altersgruppe). Bei 60 der insgesamt 74 Patienten dieser Altersgruppe handelte es sich um Männer. 26 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2.23 Malaria Die Malaria (Erreger Plasmodien) ist eine der bedeutendsten Infektionskrankheiten weltweit. Sie tritt in tropischen und subtropischen Regionen aller Kontinente (außer Australien) endemisch auf (Malariagürtel – siehe Abb. 24). Die 4 verschiedenen Plasmodien-Arten werden durch Mücken übertragen. Die Erkrankung beginnt mit uncharakteristischen Beschwerden wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie allgemeinem Krankheitsgefühl. Die Intensität der Manifestation einer Plasmodien-Infektion hängt vom Grad der Immunität des Infizierten ab. Nichtimmune sind somit am stärksten gefährdet, unter ihnen besonders Kleinkinder und ältere Menschen. Weltweit sterben jährlich etwa 1,5 bis 2,7 Millionen Menschen an den Folgen der Malaria. Mehr als 80 % der Todesfälle betreffen Säuglinge und Kleinkinder bis zum 5. Lebensjahr in Afrika südlich der Sahara. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stirbt etwa alle 30 Sekunden ein Kind an Malaria. Bisher gibt es keinen offiziell zugelassenen MalariaImpfstoff, es wird jedoch daran gearbeitet. So zeigten bisherige Testreihen in Mosambik und Tansania, dass der in Erprobung befindliche Impfstoff sicher und effektiv bei wenigen Wochen alten Babys wirkt. Jetzt wird im Großversuch getestet: 16.000 Kinder aus sieben afrikanischen Ländern sind daran beteiligt. Man hofft auf eine Zulassung im Jahr 2014. Tabelle 20: Abb. 23: Plasmodium falciparum Malariaerkrankungen 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 13 0,3 633 0,8 2006 19 0,4 569 0,7 2007 8 0,2 542 0,7 2008 14 0,3 554 0,7 2009 8 0,2 526 0,6 2010 10 0,2 617 0,8 Laut dem Infektionsepidemiologischen Jahrbuch des RKI kamen im Jahr 2010 deutschlandweit 617 Erkrankungen (0,8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner), darunter 2 Todesfälle, zur Meldung, was einem deutlichen Anstieg (um 17 %) gegenüber dem Vorjahr entsprach. In 596 Fällen lagen Angaben zur Erregerspezies vor: 83 % aller Infektionen waren durch Plasmodium falciparum, 8 % durch P. vivax und jeweils 3 bzw. 2 % P. malariae und P. ovale verursacht. Mischinfektionen hatten einen Anteil von 3 %. Der überwiegende Teil der Erkrankungen wurde, wie auch schon in den vergangenen Jahren, in Afrika erworben. Bei dem Erreger der Malaria (Plasmodium sp.) handelt es sich nach dem Infektionsschutzgesetz um eine bundesweite Direktmeldung der Labore an das RKI. Leider wird, wie schon bei der Echinokokkose erwähnt, in diesem Fall oft die Sächsische Meldeverordnung außer Acht gelassen, die besagt, dass in Sachsen diese Erkrankung namentlich an das zuständige Gesundheitsamt zu melden ist. 27 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Abb. 24: Die Verbreitung der Malaria weltweit („Malariagürtel“) In Sachsen wurden insgesamt 10 Erkrankungen erfasst, was einer Inzidenz von 0,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner entsprach. Verursacht waren je 5 Fälle durch Plasmodium falciparum (Malaria tropica) und durch P. vivax (Malaria tertiana). Als Infektionsgebiete wurden Indien, Nigeria, Kamerun, Ghana, Guyana und Tansania genannt. Todesfälle kamen nicht zur Meldung. 7 Erkrankte waren Deutsche, welche sich aus den verschiedensten Gründen (Urlaub, berufliche Verpflichtungen) im Ausland aufhielten. Keiner der Patienten hatte die empfohlene Chemoprophylaxe durchgeführt. Es erkrankten ausschließlich Erwachsene. Indie n 3 Guyana 1 Ghana 1 Nige ria 2 Kame run 2 Tans ania 1 Abb. 25: Malariaerkrankungen in Sachsen nach Infektionsgebieten 2010 (n = 10) 28 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2.24 Masern Die Masern-Erkrankung ist eine der ansteckendsten Krankheiten, die nur beim Menschen vorkommt. Sie geht einher mit einem typischen Ausschlag, Entzündung der oberen Atemwege und häufig schweren Komplikationen (Mittelohr-, Lungen- und Gehirnentzündung). Das Masernvirus gehört zur Gruppe der Paramyxoviren. Das Virus wird durch Tröpfcheninfektion beim Niesen, Husten und Sprechen oder beim direkten Kontakt mit Erkrankten übertragen. Die Masern sind weltweit in Gebieten mit unzureichenden Impfraten verbreitet. Das Ziel der WHO, Masern in der europäischen Region bis 2010 zu eliminieren, konnte bisher aufgrund einer unzureichenden Herdimmunität nicht erreicht werden. Tabelle 21: Abb. 26: Masernvirus Masernerkrankungen 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 16 0,40 780 1,0 2006 1 0,02 2.307 2,8 2007 1 0,02 566 0,7 2008 3* 0,07 916 1,1 2009 2 0,03 574 0,7 2010 4 0,10 780 1,0 * darunter 1 Impfmasern Im Jahr 2010 wurden deutschlandweit 780 Masernerkrankungen gemeldet; das entsprach einem Anstieg von rund 36 % gegenüber den im Vorjahr übermittelten Fällen. Die bundesweite Inzidenz lag bei 1,0 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Der Erkrankungsgipfel wurde in den Monaten April bis Juni erreicht. Grund dafür waren verschiedene Ausbrüche z. B. in Berlin und Brandenburg mit 62 Fällen sowie in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Während in Deutschland und vor allem in anderen europäischen Ländern 2010 (wie auch schon in den vergangenen Jahren) immer wieder Ausbrüche von Masernerkrankungen beobachtet wurden, kamen im Freistaat Sachsen 4 Fälle zur Meldung, was einer Inzidenz von lediglich 0,1 Erkrankung pro 100.000 Einwohner entsprach. Dies ist sicherlich den im Vergleich besseren, wenn auch nicht optimalen Durchimpfungsraten im Freistaat, wie auch der konsequenten Vorgehensweise der Gesundheitsämter beim Auftreten von Masernfällen (u. a. Ermittlungen von Kontaktpersonen, Riegelungsimpfungen, Festlegung von Absonderungsmaßnahmen gemäß den Sächsischen Empfehlungen zur Verhütung und Bekämpfung von Masern) zu verdanken. ] Ein 6-jähriger ungeimpfter Junge aus der Stadt Chemnitz erkrankte mit Fieber und Exanthem. Im Rahmen eines ersten Arztbesuches wurde eine serologische Untersuchung veranlasst, deren Ergebnis negativ verlief. Eine zweite Serologie bestätigte die Maserninfektion, die inzwischen zum klinischen Vollbild vorangeschritten war. Die Anamnese ergab, dass die Ansteckung etwa 10 Tage vorher in einer Kinderarztpraxis in der Stadt Chemnitz stattgefunden hatte. Der Indexfall, ein fast einjähriger Junge aus dem Stadtkreis Essen (Nordrhein-Westfalen), der sich zu Besuch im Landkreis Zwickau aufhielt, war wegen einer Bronchitis (Prodromalstadium) zur Konsultation in o. g. Praxis und wurde vermutlich symptomatisch behandelt. Am 29 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 darauffolgenden Tag kam es bei dem Kind zu Fieber und einem Exanthem, so dass eine Hospitalisierung erfolgte. Die Serologie ergab einen positiven Masern-AK-Nachweis. Zwei weitere Fälle aus der Stadt Chemnitz betrafen einen 9 Monate alten, noch ungeimpften Jungen, welcher sich zufällig am gleichen Tag wie der Indexfall in einer Kinderarztpraxis aufgehalten hatte sowie dessen 36-jährige ungeimpfte Mutter. Beide Infektionen wurden mittels PCR bestätigt. ] Es wurde die Infektion eines 11-jährigen Jungen aus dem Landkreis Sächsische SchweizOsterzgebirge gemeldet. Dieser erkrankte mit grippalem Infekt; später zeigte sich ein Exanthem. Der Patient war nicht geimpft, da seine Eltern die Impfung abgelehnt hatten. Die Ermittlungen zur möglichen Infektionsquelle erbrachten keine konkreten Hinweise. Der Junge hatte sich bis kurz vor Erkrankungsbeginn in Thüringen aufgehalten. Dort aufgetretene Erkrankungen waren nicht bekannt. In der Schule des Patienten, einer alternativen Einrichtung, wurde eine Impfstatus-Überprüfung bei den Schülern durchgeführt. 2.25 Meningokokken, invasive Erkrankung Verursacht werden diese Erkrankungen durch Neisseria meningitidis (gramnegative Bakterien). Zurzeit sind 13 verschiedene Serogruppen bekannt, wobei in Deutschland seit Jahren überwiegend die Serogruppen B und C vorkommen. Meningokokken werden durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Untersuchungen zur Besiedlung der Schleimhäute im Nasen-Rachen-Raum zeigten, dass je nach Altersgruppe bis zu 30 % der Bevölkerung Meningokokken auf der Schleimhautoberfläche tragen. Die Erkrankungen verlaufen in etwa der Hälfte der Fälle als eitrige Meningitis. Bei etwa einem Viertel aller Erkrankungsfälle ist der Verlauf durch eine Sepsis gekennzeichnet, die bei 10 bis 15 % der Patienten als eine besonders schwere Form des septischen Schocks, als Waterhouse-Friderichsen-Syndrom, auftreten kann, welches durch eine sehr hohe Letalität gekennzeichnet ist. Tabelle 22: Abb. 27: Neisseria meningitidis Invasive Meningokokkenerkrankungen 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Jahr E Sachsen Inzidenz T E Deutschland Inzidenz T 2005 30 0,7 3 626 0,8 44 2006 34 0,8 2 555 0,7 53 2007 27 0,6 1 439 0,5 37 2008 20 0,5 4 452 0,5 44 2009 19 0,5 2 493 0,6 36 2010 23 0,5 2 385 0,5 31 2010 wurden bundesweit 385 Fälle (Inzidenz 0,5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) an das RKI gemeldet, welche die Referenzdefinition erfüllten. Dies waren 22 % weniger als im Vorjahr 2009. Somit wurde die niedrigste Inzidenz seit Einführung des IfSG im Jahr 2001 erreicht. Bei fast 89 % der übermittelten Fälle lagen Angaben zur Serogruppe vor. Demnach sind Erreger der Serogruppe B, für die noch keine Impfung verfügbar ist, für 69 % - also für die Mehrzahl - der Erkrankungen verantwortlich. Dieser Anteil hat sich gegenüber dem Vorjahr nicht verändert. Der 30 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Anteil der Serogruppe C ist mit 22 % ebenfalls leicht angestiegen (Vorjahr 21 %). Als krankheitsbedingt verstorben kamen bundesweit im Berichtsjahr 31 Fälle zur Übermittlung. Im Freistaat Sachsen wurden 23 Meningokokkenerkrankungen, darunter 2 Todesfälle erfasst. Dies entsprach einer Inzidenz von 0,5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner, die somit exakt dem bundesweit errechneten Wert entsprach. Die meisten Fälle traten in der Altersgruppe der 15- bis unter 25-Jährigen (8) sowie bei den Säuglingen (5) auf, also in den Altersgruppen, in denen generell höhere MeningokokkenErkrankungsraten beobachtet werden. Insgesamt erfolgte bis auf einen Fall ein Subtypisierung (19-mal Serogruppe B, 2-mal Serogruppe Y und 1-mal Serogruppe C). Keiner der Patienten, welche sich mit den impfpräventablen Serogruppen C bzw. Y infiziert hatten, war geimpft. Im Zusammenhang mit allen Infektionen wurde nach vorliegenden Informationen bei rund 620 Kontaktpersonen eine medikamentöse Prophylaxe durchgeführt. Laut Angaben zur klinischen Ausprägung der Infektion lag in 16 Fällen eine Meningitis, 6-mal eine Sepsis und einmal ein Waterhouse-Friderichsen-Syndrom vor. ] Eine 75-Jährige aus dem Landkreis Görlitz erkrankte mit septischem Krankheitsbild und Petechien. Trotz intensivmedizinischer Betreuung verstarb die Patientin. Aus der Blutkultur gelang der Nachweis von Meningokokken der Serogruppe B. Im Umfeld der Frau wurde bei etwa 35 Personen eine Chemoprophylaxe durchgeführt. ] Ein 71-jähriger Mann aus dem Landkreis Görlitz erkrankte mit Fieber, Durchfall und Schüttelfrost. Da sich sein Zustand zusehends verschlechterte, wurde er hospitalisiert. Der Patient verstarb noch am gleichen Tag unter septischem Krankheitsbild mit Multiorganversagen. Der Nachweis von Neisseria meningitidis Serogruppe Y gelang aus der Blutkultur. Eine Chemoprophylaxe erhielten etwa 30 Personen aus seinem näheren Umfeld. 2.26 MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) - invasive Erkrankung Staphylokokken sind unbewegliche, nicht sporenbildende grampositive Kokken und als Besiedler der Haut sowie der Schleimhäute des MundRachenraums bei Menschen und Tier weit verbreitet. Als Infektionserreger sind sie fakultativ pathogen. Die stärkste Pathopotenz besitzt Staphylococcus aureus. Als vielfach antibiotikaresistenter Keim spielt dieser bei immunsuprimierten Patienten in bestimmten Einrichtungen (Seniorenheime, Krankenhäuser o. ä.) eine besondere Rolle. So kommt es bei dieser Personengruppe häufig zu Wundheilungsstörungen oder auch septischen Krankheitsverläufen, welche unter Umständen zum Tode führen Abb. 28: Staphylococcus aukönnen. reus Gemäß der Verordnung zur Anpassung der Meldepflicht nach §7 IfSG an die epidemiologische Lage ist der Nachweis von MRSA aus Blut oder Liquor seit dem 01.07.2009 meldepflichtig (Bundesgesetzblatt, Jahrgang 2009 Teil I Nr. 27, ausgegeben am 28. Mai 2009). Ziele dieser Verordnung sind die Erfassung von schweren, lebensbedrohlichen MRSAInfektionen (Indikator für das Gesamtaufkommen an MRSA-Infektionen), die Beurteilung von Trends, die Erfassung von Häufungen sowie die Evaluation von Interventionsmaßnahmen. Laut dem Statistischen Jahrbuch des RKI wurden für das Jahr 2010 3.977 MRSA-Nachweise gemeldet. Es ergab sich somit eine Inzidenz von 4,9 Fällen pro 100.000 Einwohner, wobei die regionalen Inzidenzen der einzelnen Bundesländer (1,1 Infektionen pro 100.000 Einwohner im 31 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Saarland und 8,3 Infektionen pro 100.000 Einwohner in Berlin) eine große Schwankungsbreite aufwiesen. Die Gründe hierfür sind bisher nicht eindeutig erklärbar. In Sachsen wurden im Berichtsjahr 247 MRSA-Infektionen erfasst. Die durchschnittliche Inzidenz betrug 6 Infektionen pro 100.000 Einwohner, wobei die übermittelten Fälle territorial sehr ungleichmäßig verteilt waren. So wurden in zwei Landkreisen (Vogtlandkreis, Görlitz) Inzidenzen von < 2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner registriert und im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge der 10-fache Wert (> 19 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Dieser hohe Wert war dabei auf die intensive Untersuchungsrate einer großen Rehabilitations-Klinik zurückzuführen (eine Weitermeldung an das Gesundheitsamt des Patientenwohnortes erfolgte in der Regel nicht). Infektionen / 100.000 der Altersgruppe Die Erkrankungsrate stieg mit zunehmendem Alter deutlich an. So lag das Durchschnittsalter bei 70 Jahren. Die jüngste Erkrankte war ein 4 Monate altes Mädchen und die älteste eine 97jährige Frau. Auffällig war der geschlechtsspezifische Unterschied; 63 % aller Betroffenen waren Männer. 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 m w 0 - 15 m w 15 - 30 m w 30 - 45 m w 45 - 60 m w 60 - 75 m w > 75 Altersgruppen Abb. 29: Gliederung der MRSA nach Altergruppen Die Ermittlungen von Angaben zum klinischen Bild gestalteten sich zum Teil schwierig, da sich einige behandelnde Ärzte auf die Labormeldepflicht beriefen und somit ihrer Auskunftspflicht nicht nachkommen wollten. Somit lagen nur für 84 % aller Fälle Informationen zum klinischen Bild vor (z. T. Mehrfachnennungen). Da im Berichtsjahr 2010 im Freistaat Sachsen lediglich ein Todesfall (76-jährige Frau aus dem Landkreis Zwickau mit septischem Krankheitsbild) übermittelt wurde, kann von einer erheblichen Untererfassung ausgegangen werden. Verschiedene Studien belegen andere Werte, z. B. Letalität bei MRSA-Pneumonie und MRSASepsis jeweils knapp 17 %. Das RKI strebt diesbezüglich eine bundesweite intensivierte Surveillance an. Wie aus der Abbildung 30 hervorgeht, wurde beim größten Teil der erkrankten Patienten Fieber (54 %) als Hauptsymptom angegeben, bei weiteren 44 % lag ein septisches Krankheitsbild und 4-mal eine Endokarditis vor. 32 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Fieber Sepsis Pneumonie Endokarditis andere Infektionen keine Angaben Abb. 30: Klinische Symptomatik der MRSA-Infektionen Die MRSA-Nachweise wurden bis auf einen Fall (aus Liquor) aus der Blutkultur geführt. 2.27 Mumps Mumps ist eine durch Tröpfcheninfektion übertragene Viruserkrankung, die hauptsächlich bei Kindern vorkommt, aber auch Erwachsene betreffen kann. Bei Mumps kommt es in erster Linie zu einer schmerzhaften Entzündung der Ohrspeicheldrüsen, welche dann stark anschwellen. Im Kindesalter verläuft die Erkrankung in der Regel harmlos und Komplikationen sind selten. Bei ungefähr 3 bis 15 % der Betroffenen entwickelt sich eine Meningitis. Wenn das Mumpsvirus die Hoden infiziert (Orchitis), kann es eine Zeugungsunfähigkeit verursachen. Zur Vorbeugung steht eine Impfung zur Verfügung. Sie bietet den einzigen sicheren Schutz gegen Mumps. Empfohlen wird diese als Kombinationsimpfung zusammen mit Masern und Röteln (MMR). Tabelle 21: Abb. 31: Mumpsvirus Mumpserkrankungen 2005 bis 2010 in Sachsen Jahr E Inzidenz 2005 21 0,5 2006 17 0,4 2007 24 0,6 2008 19 0,5 2009 42 1,0 2010 31 0,7 Mumps ist laut Infektionsschutzgesetz nicht meldepflichtig, insofern kann leider keine Einschätzung über die epidemiologische Lage in ganz Deutschland erfolgen. 33 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Nachdem 2009 besonders hohe Erkrankungszahlen durch 3 Ausbrüche im Freistaat registriert wurden, sanken diese im Berichtsjahr 2010 deutlich ab, bewegten sich jedoch noch immer auf einem erhöhten Niveau. Der 5-Jahres-Mittelwert lag bei 25 Fällen. Einen nicht unerheblichen Anteil daran hatte eine bis in den März andauernde Erkrankungshäufung in der Stadt Leipzig: ] Bereits Ende 2009 kam es in einer Kindertagesstätte zum gehäuften Auftreten von MumpsErkrankungen. Dieser Ausbruch setzte sich auch im neuen Jahr infolge zahlreicher sozialer Kontakte weiter fort. So erkrankten 19 Kinder und 3 Erwachsene an der typischen Speicheldrüsenentzündung und mit leichtem bis mittlerem Fieber; ein 8-jähriger Junge musste wegen einer Meningitis stationär behandelt werden (Mumpsvirus-RNA-Nachweis im Liquor mittels PCR). Keiner der Patienten hatte jemals eine Impfung erhalten (Einrichtung mit alternativem pädagogischem Konzept und hohem Anteil ungeimpfter Kinder und Betreuer). Die Durchsetzung antiepidemischer Maßnahmen (Besuchsverbot in Gemeinschaftseinrichtungen, Impfaufforderungen, serologische Testung) stieß aufgrund der schon seit längerem bekannten und überwiegend milden Krankheitsverläufe zum Teil auf Unverständnis. Um eine weitere Verbreitung der Mumps-Infektionen zu verhindern, informierte und belehrte das zuständige Gesundheitsamt alle Kontaktpersonen (u. a. durch Elternbriefe). 2.28 Mycoplasma hominis-Infektion Mycoplasma hominis (gramnegatives Bakterium) führt zu Entzündungen des Urogenitaltraktes. Eine Übertragung des Erregers von der Mutter auf ihr Kind ist unter der Geburt möglich. Beim Neugeborenen kann dies zu schweren respiratorischen Erkrankungen bis hin zur Ausbildung einer Sepsis führen. Abb. 32: Mycoplasma hominis Für Deutschland stehen leider keine vergleichbaren Zahlen zur Verfügung, da diese Infektion nach dem Infektionsschutzgesetz nicht meldepflichtig ist. Tabelle 22: Mycoplasma hominis-Infektionen 2005 bis 2010 in Sachsen Jahr Infektionen Infektionen / 100.000 EW 2005 289 6,7 2006 542 12,6 2007 563 13,2 2008 490 11,5 2009 535 12,7 2010 565 13,5 In Sachsen besteht für Mycoplasma species gemäß § 2 Abs. 1 IfSGMeldeVO eine namentliche Labormeldepflicht an das zuständige Gesundheitsamt. 34 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Insgesamt wurden im Berichtsjahr 565 Infektionen erfasst. Dies entsprach einer leichten Zunahme (+ 6 %) gegenüber 2009. 2.29 Norovirus-Infektion Noroviren werden der Gruppe der Caliciviren zugeordnet. Sie kommen weltweit vor und sind die Ursache für einen Großteil der virusbedingten Magen-DarmErkrankungen bei Kindern und Erwachsenen. Die Übertragung erfolgt meist fäkal-oral oder durch die orale Aufnahme virushaltiger Tröpfchen. Es kommt dann in den meisten Fällen zu schwallartigem Erbrechen, teils auch mit Durchfall einhergehend. Ein gehäuftes Auftreten ist vor allem in den Wintermonaten zu beobachten. Abb. 33: Norovirus Im September 2009 wurden die bestehenden Übermittlungskriterien für Norovirus-Infektionen geändert. Alle labordiagnostisch bestätigten Erkrankungen waren wie bisher als Einzelfälle zu übermitteln. Die klinisch-epidemiologischen Fälle im Rahmen von Häufungen wurden in Form einer aggregierten Meldung zusammengefasst. Dies sollte in Zeiten einer hohen Norovirusaktivität zu einer Entlastung der Mitarbeiter der Gesundheitsämter führen, da nun nicht mehr jeder Fall einzeln in das elektronische Meldesystem einzupflegen war. Diese vom RKI initiierte Vorgehensweise wurde von den meisten Gesundheitsämtern Sachsens gut angenommen. Später zeigte sich jedoch, dass mit diesen Daten eine altersspezifische Auswertung nun nicht mehr möglich war. Diese aggregierten Zahlen gingen deshalb nicht in die bundesweite Jahresstatistik ein; es wurden nur die labordiagnostisch-bestätigten Erkrankungen berücksichtigt. Auch im Statistischen Jahrbuch des RKI findet sich kein Hinweis auf die Zahl der im Rahmen der aggregierten Meldungen im Berichtsjahr 2010 erfassten Infektionen. Es kamen nach diesen Kriterien deutschlandweit 140.441 labordiagnostisch bestätigte Norovirus-Erkrankungen zur Meldung (172 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Dies entsprach gegenüber dem Berichtsjahr 2009 einem Anstieg um 27 %. Insgesamt kamen in ganz Deutschland 56 Todesfälle bedingt durch eine Norovirusinfektion zur Meldung. Im Freistaat Sachsen wurde im Berichtsjahr 2010 die aggregierte Erfassung der Norovirusinfektionen bis zum Jahresende 2010 weitergeführt. Betrachtet man die Gesamtzahl, konnte kaum eine Veränderung gegenüber 2009 registriert werden. Es kamen insgesamt 21.083 Erkrankungen und 43 Ausscheider zur Meldung. Dies bedeutete eine Inzidenz von 503 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner (Vorjahr 502 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Im Rahmen der aggregierten Meldung wurden im Freistaat Sachsen 7.490 klinischepidemiologische Fälle erfasst. Diese sind in der Gesamtzahl (21.083) enthalten. Im Zusammenhang mit 471 Geschehen wurden im Freistaat Sachsen 9.895 Erkrankungen registriert. Betroffen waren dabei 196 Senioren- sowie Behindertenwohnheime und Einrichtungen für betreutes Wohnen (5.227 E), 137 medizinische Einrichtungen (2.638 E) und 107 Kindereinrichtungen (1.801 E). 25 Geschehen betrafen Familien mit insgesamt 121 erkrankten Personen und weitere 6 Häufungen mit 108 Betroffenen konnten keiner bestehenden Kategorie zugeordnet werden. 35 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 1800 1600 Erkrankungen 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 1 14 27 40 1 14 2006 27 40 1 14 27 40 Kalenderw ochen 2007 1 2008 14 27 40 1 2009 14 27 40 2010 Abb. 34: Noroviruserkrankungen in Sachsen 2005 bis 2010 (2009 und 2010 mit aggregierten Daten) Es wurden 3 norovirusbedingte Todesfälle registriert. ] Betroffen waren ein 82-jähriger Mann und eine 85-jährige Frau, die im Rahmen zweier verschiedener Norovirusgeschehen in Seniorenheimen erkrankten und kurz darauf verstarben. ] Weiterhin wurde ein 69-Jähriger erfasst, welcher mit gastroenteritischer Symptomatik erkrankte und 3 Tage später verstarb. Der Erregernachweis gelang aus Stuhl. 2.30 Paratyphus Paratyphus wird durch Salmonella Paratyphi (Serovare A, B und C) verursacht. Das klinische Bild ist dem des Typhus sehr ähnlich, verläuft meist jedoch etwas milder. Der Mensch scheidet den Erreger mit dem Stuhl aus. Die Aufnahme erfolgt dann oral über verunreinigte Nahrungsmittel, Trinkwasser oder direkten Kontakt. Tabelle 23: Paratyphus 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 1 0,02 56 <0,1 2006 5 0,12 73 <0,1 2007 1 0,02 72 <0,1 2008 1 0,02 86 <0,1 2009 - - 76 <0,1 2010 1 0,02 57 <0,1 36 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 In Deutschland kamen 57 Erkrankungen (0,07 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) zur Meldung. 79 % der Fälle wurden als importiert angesehen. Als häufigste Infektionsländer wurden 19-mal Indien und 14-mal die Türkei genannt. In 12 Fällen wurde Deutschland als Infektionsland angegeben. Todesfälle wurden nicht registriert. Auf den Freistaat Sachsen entfiel in diesem Jahr eine Erkrankung: ] Ein 36-Jähriger aus der Stadt Leipzig erkrankte Anfang April mit allgemeinem Unwohlsein, Verstopfung und Fieber und musste stationär behandelt werden. Der Patient hatte sich von November 2009 bis März 2010 in Indien aufgehalten. Die Blutuntersuchung im Tropeninstitut Berlin erbrachte den Nachweis von Salmonella Paratyphi A. 2.31 Pertussis Pertussis (Keuchhusten) ist eine akute bakterielle (Bordetella pertussis) Infektionskrankheit der Atemwege. Die Betroffenen erkranken mit den typischen Hustenanfällen bis hin zum Erbrechen; bei Säuglingen können unter Umständen auch lebensbedrohliche Atemstillstände auftreten. Infektionsquellen sind auch Infizierte, die (noch) keine Symptomatik aufweisen, den extrem infektiösen Erreger jedoch in sich tragen und über Tröpfcheninfektionen weitergeben. Weltweit geht man von ca. 51 Millionen Abb. 35: Pertussis-Fällen jährlich aus – es wird geschätzt, dass etwa 600.000 Bordetella pertussis Menschen an den Folgen der Krankheit versterben. Besonders betroffen sind vor allem die Entwicklungsländer. Aber auch in den Industriestaaten nimmt die Erkrankungshäufigkeit wieder zu, da noch immer zu wenig Gebrauch von der vorhandenen Schutzimpfung gemacht wird. Tabelle 24: Pertussis 2005 bis 2010 in Sachsen Jahr E Inzidenz 2005 457 10,6 2006 512 11,9 2007 1.221 28,6 2008 909 21,4 2009 1.554 36,8 2010 796 19,0 Um der hohen Erkrankungsrate bei Erwachsenen, die zum Teil zwar in der Kindheit geimpft wurden, jedoch nach vielen Jahren nicht mehr über einen Impfschutz verfügen, entgegenzuwirken, ist in Sachsen seit dem 01.01.2007 eine Pertussisimpfung der Erwachsenen, bei denen die letzte Pertussisimpfung mehr als 10 Jahre zurückliegt, empfohlen. Bundesweit wurde durch die STIKO ab Juli 2009 ebenfalls eine Immunisierung der Erwachsenen empfohlen, jedoch nur einmalig mit der nächsten fälligen Td-Impfung als Tdpa-Kombinationsimpfung. Pertussis ist laut Infektionsschutzgesetz nicht meldepflichtig, insofern kann keine Einschätzung über die epidemiologische Lage in ganz Deutschland erfolgen. 37 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Im Freistaat Sachsen wurden im Berichtsjahr 796 Pertussiserkrankungen (19 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) erfasst. Dies bedeutete einen deutlichen Rückgang (- 49 %) gegenüber dem Jahr 2009. Aus der Abbildung 36 ist der Verlauf der Erkrankungszahlen 2010 im Vergleich zum Vorjahr ersichtlich. 120 Erkrankungen 100 80 60 40 20 2009 2010 0 1 4 7 10 13 16 19 22 25 28 31 34 37 40 43 46 49 52 Kalenderw ochen Abb. 36: Pertussiserkrankungen in Sachsen – Vergleich 2009/2010 nach Wochen Aus der Abbildung 37 sind die Inzidenzen der sächsischen Land- und Stadtkreise im Jahr 2010 ersichtlich. LK Nordsachsen SK Leipzig LK Leipzig LK Meißen LK Bautzen LK Görlitz SK Dres den LK Mittels achs en LK Sächsische Schweiz-Osterzgebirge SK Chemnitz LK Zwickau LK Erzgebirgskreis LK Vogtlandkreis Abb. 37: Pertussis-Inzidenzen 2010 nach Land- und Stadtkreisen Vergleicht man die Neuerkrankungsraten der 3 Direktionsbezirke konnte festgestellt werden, dass sich die Inzidenzen deutlich unterscheiden. Im DB Dresden wurde mit 530 Erkrankungen 38 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 die höchste Neuerkrankungsrate (33 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) erreicht. Somit wurden im Dresdner Direktionsbezirk zwei Drittel aller im Jahr 2010 erfassten Pertussiserkrankungen registriert. Die meisten Infektionen entfielen auf die Stadt Dresden sowie den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. In den Direktionsbezirken Chemnitz und Leipzig bewegten sich die Neuerkrankungsraten auf deutlich niedrigerem Niveau. Der DB Chemnitz erreichte eine Jahres-Inzidenz von 10 und der DB Leipzig von 9 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Ein hoher Prozentsatz der im Jahr 2010 aufgetretenen Infektionen konnte den gemeldeten Häufungen zugeordnet werden. Auf den größten Ausbruch soll hier näher eingegangen werden: ] In einer Kindertagesstätte im Landkreis Sächsische Schweiz wurden insgesamt 19 Erkrankungen sowie 6 Erregernachweise ohne bestehende Symptomatik erfasst. Betroffen waren 21 Kinder, darunter auch Geschwisterkinder, die nicht diese Einrichtung besuchten sowie 4 Erwachsene. Das Besondere an diesem Ausbruch war, dass 10 erkrankte Patienten eine altersentsprechend vollständige Immunisierung nachweisen konnten. Rund 80 % aller erkrankten Patienten hatten keinen Impfschutz. 130 Personen erkrankten trotz vollständiger Immunisierung. Dies konnte in allen Altersgruppen beobachtet werden. 2.32 Pneumokokken, invasive Erkrankung Infektionen durch Streptococcus pneumoniae gehören mit zu den schwersten Erkrankungen des Menschens und führen weltweit pro Jahr zu etwa zwei Millionen Todesfällen. Von Infektionen durch dieses Bakterium sind insbesondere Kinder in den ersten fünf Lebensjahren sowie ältere Menschen betroffen. Für ältere Menschen, sowie für Erwachsene und Kinder mit Vorerkrankungen oder Abwehrschwäche können sie schlimmstenfalls eine tödliche Bedrohung darstellen. Tabelle 25: Invasive Pneumokokkeninfektionen 2005 bis 2010 in Sachsen Abb. 38: Streptococcus pneumoniae Jahr E T Inzidenz 2005 58 6 1,3 2006 60 5 1,4 2007 63 6 1,5 2008 72 11 1,7 2009 112 8 2,7 2010 120 2 2,9 Laut IfSG besteht für die Pneumokokken keine Meldpflicht, so dass ein deutschlandweiter Vergleich nicht möglich ist. Wie aus Tabelle 25 zu entnehmen, haben die Infektionen in Sachsen während der vergangenen 6 Jahre kontinuierlich zugenommen. 39 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2010 wurden in Sachsen insgesamt 120 invasive Erkrankungen (darunter 2 Todesfälle) durch Pneumokokken erfasst. Dies entsprach einer Neuerkrankungsrate von 2,9 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und damit einem Anstieg der Erkrankungszahlen um 7 %. Der sprunghafte Anstieg im Jahr 2009 gegenüber dem Vorjahr ist größtenteils auf eine Änderung der Falldefinition zum 01.01.2009 (Erweiterung der klinischen Kategorien) zurückzuführen. So bestimmte in 68 Fällen eine Pneumonie das Erkrankungsbild. 37-mal waren eine Sepsis, 20mal Meningitis und 12-mal Fieber als vorherrschendes klinisches Bild angegeben (Mehrfachnennung möglich). Zusätzlich wurden 3 Erregernachweise ohne Angaben zum klinischen Bild gemeldet. Einzig 4 Patienten (3 %) gaben eine Pneumokokkenimpfung vor 5 bis 2 Jahren an. Mit 2 erfassten Todesfällen lag die Mortalität bei 2,4 %. ] Aus dem Vogtlandkreis und aus der Stadt Dresden wurden 2 Pneumokokken-Erkrankungen mit letalem Ausgang gemeldet. Dabei handelte es sich um eine 81-Jährige sowie einen 84jährigen Mann. Bei beiden zeigte sich eine Pneumonie, bei dem männlichen Patienten zusätzlich ein septisches Krankheitsbild. Die Betroffenen waren ungeimpft. Der Großteil der Infektionen (n = 95) wurde in den Altersgruppen ab 45 Jahre verzeichnet. Die Altersgruppen der Säuglinge sowie der Kinder zwischen 1 und 5 Jahren zählten jeweils 4 Fälle. Bei den 5 bis unter 15-Jährigen wurde lediglich eine Infektion registriert. In der Altersgruppe der unter 15- bis unter 25-Jährigen traten 3 Erkrankungen auf. 2.33 Q-Fieber Q-Fieber ist eine fast weltweit vorkommende Zoonose, welche durch das Bakterium Coxiella burnetii verursacht wird. Die Übertragung vom Tier auf den Menschen erfolgt in der Regel auf dem Luftweg über die erregerbelasteten getrockneten Ausscheidungen infizierter Haus- und Nutztiere sowie über die durch infektiösen Zeckenkot belastete Schafschur. Gefährdet sind insbesondere Personen, die engen Umgang mit Tieren haben, z. B. Schlachthauspersonal, Tierfellverarbeiter, Tierhalter und veterinärmedizinisches Personal. In Abortmaterial und Geburtsprodukten infizierter Tiere werden massiv Coxiellen gefunden. Infizierte Tiere scheiden den Erreger auch über Milch, Urin und Kot aus. Ebenso besteht eine Gefährdung für Laborpersonal. Q-FieberKleinraumepidemien treten vor allem in ländlichen Gebieten auf. Tab. 26: Abb. 39: Coxiella burnetii Q-Fieber 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 1 0,02 416 0,5 2006 - - 204 0,3 2007 1 0,02 83 0,1 2008 4 0,09 370 0,5 2009 - - 191 0,2 2010 - - 360 0,4 40 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Bundesweit wurden 360 Q-Fieber-Erkrankungen (0,4 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) registriert. Im Vergleich zum Vorjahr wurden etwa doppelt so viele Infektionen wie 2009 (191) erfasst. Diese hohen Zahlen begründeten sich in verschiedenen über das Jahr erfassten Häufungen (z. B. in Baden-Württemberg: 169 Erkrankungen sowie in Hessen / Nordrhein-Westfalen: 51 Erkrankungen). In Sachsen kam 2010 lediglich eine symptomlose Infektion zur Meldung: ] Bei einer 27-jährigen Tierärztin wurde mittels PCR eine Q-Fieber-Infektion diagnostiziert. Ein klinisches Bild lag nicht vor. Die Patientin gab an, in letzter Zeit beim Ablammen im Landkreis Wittenberg (Sachsen-Anhalt) geholfen zu haben. Das zuständige Veterinäramt wurde informiert; Untersuchungsergebnisse blieben unbekannt. 2.34 Rotavirus-Infektion Rotaviren sind die häufigste Ursache für schwere DurchfallErkrankungen bei Säuglingen und Kindern. Fast alle ungeimpften Kinder erkranken bis zu einem Alter von fünf Jahren an einer RotavirusInfektion. Die Viren werden mit dem Stuhl ausgeschieden und durch Schmierinfektion übertragen. Hauptsaison sind die Wintermonate. Tabelle 27: Deutschland Rotavirus-Erkrankungen 2005 bis 2010 in Sachsen und Abb. 40: Rotavirus Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 8.980 207,8 54.300 65,9 2006 10.273 239,1 67.027 81,4 2007 9.354 218,9 59.393 72,2 2008 11.296 265,8 77.532 94,5 2009 8.016 189,9 62.223 76,1 2010 5.331 127,0 54.052 66,1 Im gesamten Bundesgebiet wurden im Berichtsjahr 54.052 Rotaviruserkrankungen erfasst (Vorjahr: 62.223). Die Zahl der Erkrankungen nahm demzufolge gegenüber dem Vorjahr um 13 % ab. Es wurden 13 bestätigte Todesfälle übermittelt; darunter zwei 1-jährige Kinder. Die Sächsische Impfkommission (SIKO) hat ab Januar 2008 ihre öffentlichen Impfempfehlungen um die Rotavirus-Schluckimpfung für alle Säuglinge im ersten Lebenshalbjahr erweitert. Durch eine rechtzeitige Impfung können schwere Rotavirus-Gastroenteritiden bei Säuglingen und Kleinkindern vermieden werden. Geimpft werden kann ab der vollendeten 6. bis zur vollendeten 26. Lebenswoche. In Sachsen kamen mit 5.331 Erkrankungen sowie 17 symptomlosen Ausscheidern (127 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) im Berichtsjahr etwa 34 % weniger Rotaviruserkrankungen zur Meldung als 2009 (190 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Ob es sich dabei um erste Aus- 41 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 wirkungen der Impfempfehlung handelte oder um die üblichen jährlichen Schwankungen wird die Entwicklung der Erkrankungszahlen der nächsten Jahre zeigen. Die Rotaviruserkrankungen folgten auch im Jahr 2010 dem saisonal üblichen Verlauf. Die wöchentliche Inzidenz stieg von Beginn des Jahres kontinuierlich an und erreichte in den Monaten März bis Mai ihren Höhepunkt mit 4 bis 5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Hauptsächlich betroffen waren die Altersgruppen der Säuglinge und Kleinkinder unter 5 Jahre. Im Berichtsjahr wurden in Sachsen 36 durch Rotaviren bedingte Erkrankungshäufungen gemeldet, bei denen 510 Personen betroffen waren. Die meisten Infektionen (n = 340) wurden aus 23 Kindereinrichtungen gemeldet, gefolgt von 9 Seniorenheimen mit 163 erkrankten Personen. Es wurden 3 bestätigte Todesfälle im Zusammenhang mit Rotavirus-Infektionen übermittelt: ] Zu zwei Todesfällen im Zusammenhang mit einer Rotavirushäufung kam es in einem Seniorenheim der Stadt Chemnitz. Betroffen waren eine 79-jährige Frau sowie ein 88-jähriger Mann. Bei beiden konnte die Infektion mittels Antigennachweis bestätigt werden. In der genannten Einrichtung erkrankten innerhalb von 9 Tagen 25 Personen mit gastrointestinaler Symptomatik. ] Eine 85-Jährige verstarb 5 Tage nach Erkrankungsbeginn an einer Exsikkose durch Rotaviren (Antigennachweis im Stuhl). 2.35 Salmonellen-Infektion Salmonellen sind stäbchenförmige Bakterien. Weltweit sind derzeit etwa 2.200 Serovare bekannt. Die durch eine Salmonellen-Infektion verursachten Symptome sind vielfältig; meist dominieren Bauchschmerzen, Durchfall, Fieber und Erbrechen. Die Krankheitszeichen können leicht, unter Umständen aber auch sehr heftig ausgeprägt sein. Bei Säuglingen und Kleinkindern, Schwangeren, alten oder kranken Menschen sowie immunsupprimierten Personen kann eine Salmonelleninfektion unter Umständen zu einem schweren Krankheitsverlauf bis hin zum Tod führen. Tabelle 28: Abb. 41: Salmonelle Salmonellenerkrankungen 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 3.880 89,8 52.284 63,4 2006 3.608 84,0 52.609 63,9 2007 3.290 77,0 55.415 67,4 2008 3.174 74,7 42.924 52,3 2009 2.146 50,9 31.409 38,4 2010 1.954 46,6 25.307 30,9 Deutschlandweit wurden im Berichtsjahr 25.307 Salmonellen-Erkrankungen (31 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) registriert, die der Referenzdefinition des RKI entsprachen. Dies stellte, 42 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 wie auch schon in den vergangenen Jahren, einen deutlichen Rückgang (- 19 %) zum Vorjahr dar. Es wurden 26 Todesfälle im Zusammenhang mit einer Salmonellen-Infektion erfasst. In 96 % der Meldungen wurde mindestens ein Infektionsland angegeben. Bei 92 % der Nennungen wurde Deutschland aufgeführt. Die anderen Nennungen entfielen laut RKI auf die typischen Urlaubsländer wie die Türkei und Ägypten (1 %), Spanien, Tunesien und Thailand (jeweils rund 0,5 %). Mit 1.954 Erkrankungen und 95 Ausscheidern setzte sich der rückläufige Trend auch im Freistaat Sachsen fort. Es wurde ein Neuerkrankungshäufigkeit von 47 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner errechnet. Diese lag um 9 % niedriger als die von 2009 (51 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Es kam ein Todesfall im Zusammenhang mit einem salmonellenbedingten Ausbruch zur Meldung: ] Ein 78-jähriger Bewohner eines Seniorenheimes erkrankte mit akuter schwerer gastroenteritischen Symptomatik und verstarb trotz intensivmedizinischer Behandlung. Stuhluntersuchungen erbrachten den Nachweis von S. Enteritidis. In der Folge wurden 2 weitere Erkrankungsfälle (ebenfalls S. Enteritidis) unter Mitbewohnern bekannt. Die eingeleiteten Ermittlungen ergaben einen Ausscheider unter dem Personal, welcher in der (kalten) Küche mit der Essenzubereitung und -ausgabe betraut war sowie Reinigungsarbeiten in der Einrichtung ausführte. Weiterhin wurde ein Ausscheider in dem Bäckereibetrieb eruiert, der das Seniorenheim mit Backwaren belieferte. Die Lysotypbestimmung erbrachte bei allen 6 „Positiven“ den identischen Lysotyp 14b/n.c. Die Untersuchungen von Wurst- und Bäckereiwaren sowie Cremespeisen, die im betreffenden Zeitraum verzehrt wurden, verliefen mit negativen Ergebnissen. 90 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner 80 70 60 54 % 52 % 48 % 50 32 % 32 % 40 30 28 % 31 % 35 % 42 % 41 % 20 10 S. Enteritidis 18 % 16 % 18 % 26 % 27 % S. Typhimurium sonstige Erreger 0 2006 2007 2008 2009 2010 Abb. 42: Verteilung der häufigsten Salmonellen-Serovare in Sachsen 2006 bis 2010 Bezug nehmend auf die im Jahr 2010 erfassten Salmonella-Serovare konnte der Serovar S. Typhimurium seine führende Stellung mit einem Anteil von rund 41 % behaupten. An zweiter Stelle lagen die Infektionen durch S. Enteritidis mit etwa 32 %. An dritter Stelle lag (wie auch schon in den Vorjahren) mit rund 70 Infektionen der Serotyp S. Infantis (3,5 %). Die Anteile aller weiteren Salmonella-Serovare lagen unter 1 %. Insgesamt wurden 54 unterschiedliche Serotypen erfasst. In weiteren rund 200 Fällen wurde bis zur Serogruppe B und bei etwa 70 Infektionen bis zur Serogruppe C typisiert. 43 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Insgesamt wurden 14 zumeist kleinere salmonellenbedingte Erkrankungshäufungen erfasst. Mit 70 Erkrankungen sowie 16 Ausscheidern wurden deutlich weniger Fälle registriert als im Vorjahr (2009 = 116 Erkrankungen und 36 Ausscheider), was einem Anteil von rund 4 % am Gesamtvorkommen der Salmonelleninfektionen entsprach (2009 = 7 %). Die Geschehen waren 12-mal durch S. Enteritidis und je einmal durch Salmonellen der Gruppe C bzw. D1 verursacht. Lediglich ein Geschehen konnte ursächlich aufgeklärt werden. Auf den größten salmonellenbedingten Ausbruch im Jahr 2010 soll hier näher eingegangen werden: ] Nach einer Konfirmationsfeier mit insgesamt 52 Gästen erkrankten 26 mit gastrointestinaler Symptomatik. Die eingeleiteten Stuhluntersuchungen erbrachten bei 24 Personen den Nachweis von S. Enteritidis (darunter 5 Ausscheider). Ursache war der Verzehr einer Zitronencremespeise mit Roheizusatz. Hergestellt wurde diese von einer Person mit privater Hühnerhaltung, welche als symptomloser Keimträger identifiziert werden konnte. Die Untersuchung von weiteren Eiern aus diesem Bestand erbrachte ebenfalls den Nachweis von S. Enteritidis. Eine Lysotypbestimmung wurde eingeleitet; in einer Stuhlprobe sowie einer Probe Eierschalen der Lysotyp 8/7 bestimmt. Auf die durch S. Typhi und S. Paratyphi verursachten Erkrankungsbilder wird unter Paratyphus (2.30) und Typhus (2.42) separat eingegangen. 2.36 Shigellose Die Shigellenruhr, oder auch Bakterienruhr genannt, ist eine durch gramnegative Bakterien verursachte Infektionskrankheit, die hauptsächlich den Dickdarm betrifft. Sie äußert sich in plötzlichem Fieber, Erbrechen (teilweise blutigen) Durchfällen, schmerzhaftem Stuhlgang und Gliederschmerzen. Die Shigellenruhr wird durch verunreinigte Lebensmittel oder Wasser übertragen. Da die Infektionsdosis sehr niedrig ist (bereits weniger als 200 Bakterien können eine Erkrankung auslösen), können Shigellen leicht von Abb. 43: Shigella Mensch zu Mensch übertragen werden. Tabelle 29: Shigellenruhr, Erkrankungen 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 124 2,9 1.168 1,4 2006 85 2,0 814 1,0 2007 81 1,9 869 1,1 2008 41 1,0 575 0,7 2009 51 1,2 617 0,8 2010 54 1,3 731 0,9 2010 kamen in Deutschland 731 Erkrankungen zur Meldung, was wiederum einem leichten Anstieg um 18 % im Vergleich zum Vorjahr (617) entsprach; die Neuerkrankungsrate lag somit bei 0,9 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Es kam kein Shigellose-Fall als krankheitsbedingt verstorben zur Meldung. 44 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Auf Sachsen entfielen 54 Ruhrerkrankungen. Die Inzidenz betrug 1,3 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und lag somit in etwa auf dem Niveau des Vorjahres. 43 Erkrankungen waren bedingt durch S. sonnei, 9 Erkrankungen durch S. flexneri und eine durch S. dysenteriae. In einem weiteren Fall erfolgte keine Serotypenbestimmung. Als Infektionsquelle konnte in 2/3 aller Fälle ein Auslandsaufenthalt angenommen werden. Die am häufigsten genannten Infektionsländer waren Ägypten, Tunesien und die Türkei. Bei den 18 in Deutschland erworbenen Fällen gelang es nur z. T. die Ursache zur eruieren: 7 familiäre sowie 2 sexuell bedingte Sekundärinfektionen und je 1-mal Verzehr von Muscheln sowie berufliche Exposition im Labor. 2.37 Infektion durch Streptokokken der Gruppe B (GBS) Streptococcus agalactiae gehört zur Gruppe B der Streptokokken und ist der Hauptverursacher einer bakteriellen Sepsis, Pneumonie und Meningitis bei Neugeborenen sowie des Kindbettfiebers. Diese Bakterien gelten zwar nicht als „typische" Erreger einer Geschlechtskrankheit, sie können aber beim Sexualkontakt weitergegeben werden. Die Trägerrate liegt zwischen 10 und 30 %. Die Infektionssymptomatik bei Neugeborenen kann in den ersten 5 Lebenstagen („earlyonset“) oder erst nach einer Latenzzeit von sieben Tagen oder länger („late-onset“) auftreten. Wegen der Bedeutung als Verursacher schwerer Neugeboreneninfektionen wird bei Schwangeren eine Vorsorgeuntersuchung auf GBS gegen Ende der Schwangerschaft (35. bis 37. SSW) empfohlen. Wurde bei der Schwangeren GBS nachgewiesen, erfolgt unter der Geburt eine prophylaktische Antibiotikabehandlung der Mutter. Tabelle 30: Streptokokken der Gruppe B-Infektionen 2005 bis 2010 in Sachsen Jahr Infektionen Infektionen / 100.000 EW 2005 1.163 27,1 2006 1.270 29,6 2007 1.824 42,7 2008 1.752 41,2 2009 1.711 40,5 2010 1.887 45,0 Diese Infektion ist nach dem Infektionsschutzgesetz nicht meldepflichtig, daher stehen für Deutschland keine vergleichbaren Zahlen zur Verfügung. In Sachsen besteht gemäß § 2 IfSGMeldeVO eine Labormeldepflicht für den direkten Nachweis von Gruppe B-Streptokokken bei Schwangeren und Neugeborenen. Im Berichtsjahr 2010 kamen insgesamt 1.887 Erregernachweise bei 1.865 Schwangeren und 22 Neugeborenen zur Meldung. Dies sind 10 % mehr Infektionen als 2009. Die Dunkelziffer ist mit Sicherheit noch weitaus höher. Da es sich beim sogenannten „Schwangeren-Screening auf GBS“ um eine individuelle Gesundheitsleistung handelt, das heißt, die Kosten dieser Untersuchung werden unter Umständen nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen, nehmen viele Schwangere diese Vorsorgemaßnahme nicht in Anspruch. Der Anteil der Neugeborenen betrug 1,2 % (Vorjahr: 1,4 %). In einem Fall manifestierte sich die Infektion zu einer „early-onset“-Erkrankung des Kindes: 45 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 ] Einen Tag nach seiner Geburt erkrankte ein weiblicher Säugling mit Krampfanfällen und Hirnblutung. Die eingeleitete Blutuntersuchung erbrachte den Nachweis von Streptococcus agalactiae. Es konnte nicht geklärt werden, ob die GBS-Infektion der Mutter während der Schwangerschaft bekannt war. 2.38 Tetanus Der Wundstarrkrampf (Tetanus) ist eine exogene, infektiöse Intoxikation, die durch hochwirksame Exotoxine von Clostridium tetani verursacht wird. Diese Toxine werden von der Eintrittsstelle (meist verschmutzte Wunden) aus in den Körper transportiert. Nach einer Inkubationszeit von 3 bis 21 Tagen tritt meist zunächst eine Spastik der Gesichtsmuskulatur mit Tonuserhöhung der Kaumuskulatur auf, wodurch ein bestimmter Gesichtsausdruck (Risus sardonicus) entsteht und der Mund nicht mehr geöffnet werden kann („Kieferklemme“). Als drittes typisches Symptom kommt im Verlauf eine Überstreckung des gesamten Körpers (Opisthotonus) hinzu. Der Tod tritt vor allem durch eine periphere Atemlähmung oder kardiovaskuläre Komplikationen ein. Abb. 44: Clostridium tetani Eine Aufstellung aller in Deutschland erfassten Fälle existiert auf Grund der fehlenden Meldepflicht nicht. Im Freistaat Sachsen kam erstmals seit 2006 wieder eine Erkrankung zur Meldung: ] Eine 63-jährige Frau aus dem Vogtlandkreis wurde Mitte Oktober im septischen Schock, mit Schluckbeschwerden und Kieferklemme hospitalisiert. Die Verdachtsdiagnose Tetanus konnte durch den Nachweis des Tetanustoxins im Serum bestätigt werden. Sichtbare Verletzungen wies die Patientin nicht auf, lediglich eine gut verheilte Wunde als Folge einer KnieArthroskopie im September konnte festgestellt werden. Die Impfanamnese ergab 3 TdImpfungen den Jahren 1994 bis 1996 sowie 2 Td-Impfungen im Abstand von 4 Wochen 2001. Als begleitende Therapiemaßnahme wurde Tetanus-Immunglobulin verabreicht. 2.39 Trichinellose Die Trichinellose wird durch Fadenwürmer (Nematoden) der Spezies Trichinella hervorgerufen. Der Mensch infiziert sich durch den Verzehr von nicht ausreichend gegartem Fleisch, insbesondere von Wildschwein oder Schwein. Die mit der Nahrung aufgenommenen Larven werden im Darm freigesetzt und wandern bevorzugt in Muskelzellen, wo sie sich verkapseln. Die Infektion geht häufig zunächst mit Bauchbeschwerden, später mit Muskelschmerzen und Schwellungen im Augenbereich einher. Durch die regelmäßig durchgeführte Fleischbeschau ist diese Erkrankung in Deutschland mittlerweile sehr selten. Abb. 45: Trichinella Bundesweit wurden dem RKI im Berichtsjahr 3 Fälle von Trichinellose gemeldet, darunter eine im Ausland (Bulgarien) erworbene Infektion Im Freistaat Sachsen wurde, wie schon im Vorjahr, eine Erkrankung registriert: ] Ein 51-Jähriger erkrankte mit Durchfall und Muskelschmerzen. Die Infektion wurde serologisch bestätigt. Konkrete Hinweise auf die mögliche Infektionsquelle ließen sich nicht ermitteln; der Patient gab den gelegentlichen Verzehr von Hackfleisch an. 46 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2.40 Tuberkulose Die Erkrankung wird durch Erreger des Mycobacterium tuberculosisKomplexes hervorgerufen. Die Übertragung erfolgt in der Regel von Mensch zu Mensch als Tröpfcheninfektion. Bei einem hohen Prozentsatz der Infizierten bleibt die Infektion symptomlos. Die Krankheit bricht oft dann aus, wenn das Immunsystem der Betroffenen z. B. aufgrund von Mangelernährung oder in Folge anderer Erkrankungen geschwächt ist. Sie äußert sich mit unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Schwäche, Appetitlosigkeit, leichtem Fieber und Gewichtsabnahme. In Abhängigkeit von den betroffenen Organen ist eine vielfältige Symptomatik möglich, wobei sich ca. 4/5 aller Tuberkulosen in der Lunge manifestieren. Unbehandelt geht die Tuberkulose mit einem langen und schweren Verlauf einher. Die frühzeitige Erkennung infektiöser Personen sowie eine schnell eingeleitete und konsequent durchgeführte Therapie (über mindestens sechs Monate) sind deshalb besonders wichtig, um bestehende Infektketten zu unterbrechen. Tabelle 31: Abb. 46: Mycobacterium tuberculosis Tuberkulose 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz E Jahr E Inzidenz 2005 220 5,1 6.057 7,3 2006 202 4,7 5.404 6,6 2007 177 4,1 5.027 6,1 2008 181 4,3 4.526 5,5 2009 196 4,6 4.432 5,4 2010 158 3,8 4.302 5,3 2010 kamen in Deutschland 4.302 Erkrankungen zur Meldung (5,3 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Gegenüber dem Vorjahr (5,4 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) war eine leichte Abnahme der Inzidenz um 3 % zu verzeichnen. Damit setzte sich auch 2010 der rückläufige Trend der vergangenen Jahre weiter fort. Mit einem Anteil von 79 %, zu denen entsprechende Angaben vorlagen, trat die Tuberkulose in erster Linie als Lungentuberkulose auf, während sich rund 21 % ausschließlich extrapulmonal manifestierten. Hierbei waren bei rund 11 % die Lymphknoten betroffen. Unter den Lungentuberkulosen betrug der Anteil der offenen Form 76 %. Insgesamt wurden 119 Fälle erfasst, bei denen die Krankheit tödlich verlief, darunter ein 2-jähriges, in Deutschland geborenes Mädchen. Zur Meldung kamen in Sachsen 158 Erkrankungen, was einer Neuerkrankungsrate von 3,8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner entsprach. Diese Anzahl bedeutete eine Abnahme von 19 % gegenüber dem Vorjahr und lag unter dem 5-Jahres-Mittelwert (195 Fälle). Bei der Betrachtung der hauptsächlich betroffenen Organe dominierte die Lunge mit einem Anteil von 76 %, gefolgt von den Lymphknoten mit rund 6 %. In mindestens 5 Fällen handelte es sich um eine disseminierte Tuberkulose (3 oder mehr betroffene Organsysteme). 47 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 59 Infektionen (37 %) betrafen ausländische Bürger bzw. Aussiedler. Insgesamt kamen 5 tuberkulosebedingte Todesfälle zur Meldung: ] Betroffen waren ausschließlich männliche Patienten im Alter zwischen 51 und 82 Jahren. Bei allen Patienten wurde eine Beteiligung der Atmungsorgane angegeben. Die Infektion eines 51-Jährigen wurde erst im Rahmen einer Obduktion festgestellt. Erkrankungen pro 100.000 der Altersgruppe Die territoriale Verteilung zeigt deutlich, dass die Inzidenz in allen Stadtkreisen (5,9 bis 6,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) wie auch schon in den Vorjahren beobachtet, über dem sachsenweiten Durchschnitt lag. Ähnlich hohe Werte wurden im Landkreis Meißen (5,5) und im Erzgebirgskreis (4,6) erreicht. 18 16 14 12 10 8 6 4 2 weiblich >= 65 60 - < 65 55 - < 60 50 - < 55 45 - < 50 40 - < 45 35 - < 40 30 - < 35 25 - < 30 20 - < 25 15 - < 20 unter 15 0 männlich Abb. 47: Tuberkulose nach Altersgruppen und Geschlecht in Sachsen 2010 Die höchste Inzidenz konnte erneut in der Altersgruppe der über 65-Jährigen beobachtet werden. Hier wurde eine altersspezifische Inzidenz von 7,1 Erkrankungen pro 100.000 der Altersgruppe erreicht. Das Erkrankungsrisiko der in Deutschland geborenen Bevölkerung nimmt ab dem 65. Lebensjahr stark zu. Begründet werden kann dies auch mit den im Alter verringerten Abwehrkräften. Verbunden mit der Wahrscheinlichkeit, an einer oder auch an mehreren anderen Erkrankungen zu leiden, begünstigt das den Ausbruch oder die Reaktivierung der Tuberkulose. Männer erkrankten deutlich häufiger als Frauen: rund zwei Drittel der betroffenen Patienten waren männlich. Eine ähnliche Geschlechtsverteilung war auch bei den im Ausland geborenen Erkrankten ersichtlich. Allerdings liegt hier der Altersdurchschnitt mit 36 Jahren deutlich unter dem der in Deutschland Geborenen (55 Jahre). Auch 2010 kamen in Sachsen 3 Tuberkulosen bei Kindern zur Meldung. Betroffen waren 2 deutsche Mädchen im Kleinkindalter sowie eine 13-Jährige aus Afghanistan, bei der die Infektion anlässlich ihrer Einreiseuntersuchung diagnostiziert wurde. 48 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2.41 Tularämie Die Tularämie, auch Hasenpest genannt, wird durch das Bakterium Francisella tularensis hervorgerufen. Eine Infektion erfolgt durch Haut- oder Schleimhautkontakt mit infektiösem Tiermaterial, durch Verzehr von nicht ausreichend erhitztem, kontaminierten Fleisch (Hasen), anderen Lebensmitteln bzw. durch Aufnahme von belastetem Wasser. Möglich sind auch die Aufnahme des Erregers über Inhalation von infektiösem Staub und der Kontakt mit kontaminierten blutsaugenden Insekten. Auch als Laborinfektion spielt die Tularämie eine Rolle. Die Infektion sollte rechtzeitig erkannt und antibiotisch behandelt werden, da die Sterblichkeit über 30 % betragen Abb. 48: F. tularensis kann. Tabelle 32: Tularämie 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 - - 15 0,02 2006 - - 1 <0,01 2007 - - 20 0,02 2008 2 0,05 15 0,02 2009 - - 10 0,01 2010 5 0,1 31 0,04 In den letzten 5 Jahren wurden bundesweit durchschnittlich (mit Ausnahme des Jahres 2006) zwischen 10 und 20 Erkrankungen gemeldet, wobei von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden muss, da Seroprävalenzstudien eine Durchseuchung von 2 % belegen. Im Berichtsjahr 2010 war eine deutliche Zunahme von Tularämieerkrankungen zu beobachten. Es kamen 31 Erkrankungen zur Meldung, was einer Neuerkrankungsrate von 0,04 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner entsprach. Über Todesfälle wurde nicht berichtet. Auf den Freistaat Sachsen entfielen 5 Erkrankungen. ] Ein 33-jähriger Tierarzt aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge wurde bereits im Sommer 2009 wegen Mattigkeit, Fieber, Kopfschmerzen sowie einer hühnereigroßen Lymphknotenschwellung im Achselbereich stationär behandelt. Erst im Januar 2010 belegte eine serologische Untersuchung, dass es sich bei der Symptomatik um die glanduläre Tularämie (Lymphknotenschwellung ohne Hautgeschwür) gehandelt hatte. Eine genaue Infektionsursache ließ sich im Nachhinein nicht mehr ermitteln, da neben der beruflichen Exposition auch die eigene Hasenhaltung in Betracht kommen könnte. ] Ein 8-jähriges Mädchen aus dem Landkreis Görlitz erkrankte mit Fieber und einer Lymphknotenschwellung in der rechten Achselhöhle. Im Blut wurden Antikörper (deutlich erhöht) gegen Francisella tularensis nachgewiesen. Die Patientin lebt in ländlicher Umgebung. Eine Infektionsquelle konnte nicht eruiert werden. 3 Fälle wurden verschiedenen Territorien des Landkreises Mittelsachsen zugeordnet: 49 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 ] Eine 40-Jährige hatte sich besuchsweise in Ungarn aufgehalten und war dort von einem Insekt im Bereich der Augenbraue gestochen worden. An der Einstichstelle bildete sich eine Entzündung, welche sich zu einem Hautgeschwür entwickelte. Dieses wurde operativ entfernt. Im Folgenden klagte die Patientin über eine Konjunktivitis sowie Lymphknotenschwellungen. Die Infektion konnte serologisch bestätigt werden. Nach dem klinischen Bild handelte es sich hier um die ulzero- und oculoglanduläre Form der Tularämie. ] Ein 68-Jähriger erkrankte mit einem Hals-Lymphknoten-Abszess. Mittels PCR wurde aus einem Wundabstrich vom Abszess F. tularensis nachgewiesen und auch serologisch konnte die Diagnose gesichert werden. Ein Kontakt zu Hasen oder ein Insektenstich war dem Patienten nicht erinnerlich, jedoch hielt er sich als Hundebesitzer oft im Wald auf. ] Einer 48-jährigen Frau, welche sich mit Schwellungen der Hals-Lymphknoten in ärztliche Behandlung begab, musste ein vereiterter Lymphknoten operativ entfernt werden. Die Infektion wurde serologisch bestätigt. Im Wohngebiet der Patientin wurden Beobachtungen über dort lebende Wildhasen gemacht. 2.42 Typhus Typhus ist eine bakterielle Infektionskrankheit, die durch Salmonella Typhi ausgelöst wird. Nach einer Inkubationszeit von mehreren Tagen beginnt die Erkrankung mit Kopfschmerzen, Mattigkeit, konstant hohem Fieber (über Wochen möglich), grau-gelb belegter Zunge, stark beeinträchtigtem Allgemeinbefinden, langsamem Puls und Exanthem. Die Diagnose wird über den Erregernachweis gesichert. 2 bis 5 % der Patienten scheiden den Erreger auf Dauer aus (Keimreservoir ist oft die Gallenblase). Der Erreger schadet dem Wirt nicht, benutzt ihn aber als Plattform für seine Vermehrung. Eine genaue Kontrolle und Behandlung der Typhuspatienten bis zur endgültigen Ausheilung sind sehr wichtig. Heute wird ein erheblicher Teil der gemeldeten Erkrankungen nur noch durch Reisen ins Ausland erworben bzw. betrifft nach Deutschland eingereiste Ausländer. Tabelle 33: Abb. 49: S. Typhi Typhus 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 2 0,05 80 0,1 2006 3 0,07 76 0,09 2007 4 0,09 59 0,07 2008 - - 69 0,08 2009 2 0,05 65 0,08 2010 1 0,02 71 0,09 Es wurden bundesweit 71 Erkrankungen (0,09 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) erfasst. Etwa 89 % dieser Infektionen wurden vermutlich importiert. Wie auch schon in den letzten Jahren war hierbei Indien der am häufigsten genannte Infektionsort (32-mal). Über Todesfälle wurde nicht berichtet. 50 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Auf den Freistaat Sachsen entfielen in diesem Jahr eine Erkrankung sowie ein symptomloser Ausscheider. ] Ein 30-Jähriger, welcher sich seit August 2009 auf Weltreise („Rucksacktourist“) befand, kehrte im August 2010 nach Leipzig zurück. Seit Mitte Juli litt er unter Unwohlsein, Fieber und Durchfall. Aus Stuhl wurde S. Typhi nachgewiesen. Der Patient hielt sich zuletzt in Indien auf; eine Typhusprophylaxe hatte er nicht durchgeführt. ] Bei einem 63-jährigen Kasachen wurde wegen einer bestehenden Gallenerkrankung eine Stuhlprobe veranlasst, welche den Nachweis von S. Typhi erbrachte. Da der 2001 nach Deutschland (Stadt Leipzig) eingereiste Mann keine typische Typhus-Symptomatik aufwies, kann angenommen werden, dass es sich in diesem Fall um einen bisher unerkannten Dauerausscheider handelt. 2.43 Virushepatitis Die Virushepatitis ist eine Infektion mit überwiegender Entzündung der Leber, welche durch die Hepatitisviren A bis E hervorgerufen wird. Die einzelnen Hepatitisformen zeigen im akuten Stadium eine ähnliche Symptomatik (Übelkeit, Fieber, Oberbauchbeschwerden, Ikterus). Unterschiede bestehen in der Wahrscheinlichkeit der Ausbildung von chronischen Verlaufsformen (Hepatitis B und C) und in der unterschiedlichen Übertragungsweise. 2.43.1 Virushepatitis A Hervorgerufen wird diese Form der Virushepatitis durch das Hepatitisvirus A, das zu den kleinen RNA-Viren (picorna-viridae von pico = klein) zählt. Die Erkrankung verläuft meist akut (Leberentzündung mit Gelbsucht = Ikterus). Die Übertragung erfolgt fäkal-oral. Das Virus wird mit dem Stuhl ausgeschieden, direkt von Mensch zu Mensch übertragen oder über die Nahrung (verunreinigtes Trinkwasser oder andere kontaminierte Lebensmittel) aufgenommen. Die Inkubationszeit liegt zwischen 2 und 7 (meist um die 4) Wochen. In Ländern mit Abb. 50: Hepatitis A-Virus niedrigem Hygienestandard ist die Durchseuchung relativ hoch. Eine Schutzimpfung gegen die Erkrankung steht zur Verfügung. Tabelle 34: Virushepatitis A 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 28 0,7 1.218 1,5 2006 28 0,7 1.229 1,5 2007 28 0,7 939 1,1 2008 38 0,9 1.073 1,3 2009 22 0,5 928 1,1 2010 8 0,2 788 1,0 51 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Deutschlandweit setzte sich der seit Jahren anhaltende rückläufige Trend mit 788 Erkrankungen (1,0 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) fort. So kamen 15 % weniger Fälle zur Meldung als im Vorjahr (928 Erkrankungen - 1,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Es wurde ein Todesfall registriert (männlich, 55 Jahre alt). Nach dem Infektionsepidemiologischen Jahresbericht des RKI entfielen von den 906 Nennungen zum Infektionsland 64 % auf Deutschland. Insgesamt wurden bei 69 % der Fälle europäische Länder (einschließlich Deutschland), bei 18 % asiatische, bei 10 % afrikanische und bei 2 % amerikanische Länder angegeben. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Neuerkrankungsrate im Freistaat Sachsen gegenüber 2009 auf 0,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Absolut waren das lediglich 8 Erkrankungen sowie ein Labornachweis bei einer asymptomatischen Person. Bei den Infizierten handelte es sich um ein Kleinkind, 5 Erwachsene im berufstätigen Alter und 3 Senioren. Die Ermittlungen zu den Infektionsquellen ergaben bei 5 Personen Auslandsaufenthalte. Todesfälle wurden nicht erfasst. Die Sächsische Impfkommission empfiehlt die Hepatitis A-Impfung für alle Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen. Falls die Patienten bisher ebenfalls keine Hepatitis B-Impfung erhalten haben, sollten vorzugsweise Kombinationsimpfstoffe (HAV/HBV) verwendet werden. 2.43.2 Virushepatitis B Die Hepatitis B ist eine Erkrankung, die vorwiegend sexuell und durch Blut und Körperflüssigkeiten übertragen wird. Die Inkubationszeit beträgt bei der Virushepatitis B ca. 2 bis 6 Monate. In den meisten Fällen heilt die Erkrankung aus, jedoch können 5 bis 10 % (bei Kleinkindern deutlich mehr) in chronische Verlaufsformen übergehen. Nach Angaben der WHO haben weltweit etwa 2 Milliarden Menschen eine HBV-Infektion durchgemacht und 5 bis 7 Prozent der Weltbevölkerung (etwa 300 bis 420 Millionen Menschen) sind chronisch mit dem Hepatitis B-Virus infiziert. Es gibt eine wirksame Schutzimpfung. Tabelle 35: Abb. 51: Hepatitis B-Virus Virushepatitis B 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Jahr E Sachsen Inzidenz asympt. Inf. E Deutschland Inzidenz 2005 47 1,1 219 1.237 1,5 2006 60 1,4 184 1.185 1,4 2007 60 1,4 209 1.002 1,2 2008 47 1,1 189 820 1,0 2009 68 1,6 183 754 0,9 2010 40 1,0 203 767 0,9 Bundesweit kamen 767 akute Erkrankungen beim RKI zur Meldung, die der Referenzdefinition entsprachen. Bei weiteren 1.076 Fallmeldungen war entweder das klinische Bild einer akuten Hepatitis nicht erfüllt oder es lagen hierzu keine Angaben vor. Die Inzidenzen variierten unter den Bundesländern zwischen 0,4 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner in Niedersachsen und 52 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2,0 in Berlin. Die Inzidenz lag bei Männern mit 1,3 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner deutlich höher als bei Frauen (0,6 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Wie in der Tabelle 35 dargestellt, kamen in Sachsen 40 Erkrankungen (1,0 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) zur Meldung, was einem deutlichen Rückgang der Inzidenz gegenüber dem Vorjahr entsprach. Während die chronischen Virushepatitis B-Infektionen bundesweit keine Beachtung finden, werden diese in Sachsen erfasst, soweit es sich um Erstmeldungen handelt. 2010 kamen auf diesem Weg 12 Erkrankungen sowie 81 Fälle ohne bestehendes oder bekanntes klinisches Bild zur Meldung. Diese sind in den Gesamtzahlen der Jahresstatistik enthalten. Es wurden im Berichtszeitraum 2 Todesfälle registriert: ] Eine 73-jährige nach Chemotherapie vorbelastete Frau aus dem Landkreis Mittelsachsen verstarb im Leberkoma. Eine ursächliche Infektionsquelle konnte nicht eruiert werden. Der zweite Fall betraf einen 58-jährigen Mann aus der Stadt Chemnitz, welcher an den Folgen einer Leberzirrhose bei bestehender labordiagnostisch gesicherter Virushepatitis B und Virushepatitis C verstarb. Zu diesem Fall lagen keine weiteren Angaben vor. Die Anzahl der asymptomatischen Infektionen lag mit 203 Meldungen in etwa auf dem Niveau von 2009 (183 Carrier gemeldet). Die Impfung gegen Hepatitis B ist in Deutschland Standardimpfung für Säuglinge und Kinder seit Oktober 1995, in Sachsen auch für alle seronegativen Erwachsenen seit 1998 empfohlen. In Sachsen empfiehlt die SIKO die Hepatitis B-Impfung für alle Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die bisher noch keine Hepatitis B-Impfung erhalten haben. Vorzugsweise sollten hier Kombinationsimpfstoffe (HAV/HBV) verwendet werden. 2.43.3 Virushepatitis C Die Hepatitis C ist eine durch Hepatitis C-Viren ausgelöste Leberentzündung, ähnlich der Virushepatitis B, die meist über Blut bzw. Blutprodukte von infizierten Personen, intravenösen Drogengebrauch und Geschlechtsverkehr mit infizierten Personen übertragen wird. Bei einer nicht unerheblichen Zahl der Fälle lässt sich jedoch der Übertragungsweg nicht eindeutig abklären. Die Inkubationszeit kann zwischen 2 bis teilweise sogar 26 Wochen liegen. In etwa 70 % der Fälle nimmt die Infektion einen chronischen Verlauf. Dieser führt mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 20 % innerhalb von 20 Jahren zu einer Leberzirrhose, gleichzeitig ist das Risiko für die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms erhöht. Ein Abb. 52: Hepatitis CVirus Impfstoff gegen Hepatitis C ist noch nicht verfügbar. Die Referenzdefinition basiert auf Fallmeldungen mit erstmaligem Labornachweis einer HCVInfektion, unabhängig vom klinischen Bild oder der Verlaufsform. Die so angepasste Referenzdefinition bedingt, dass auch Fälle berücksichtigt werden, bei denen das klinische Bild nicht erfüllt ist oder keine Informationen hierzu vorliegen. Die Beschreibung der Daten aus den Vorjahren, etwa zum Vergleich mit aktuellen Daten, erfolgte auf der Basis der aktuellen Referenzdefinition. 53 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Tabelle 36: Virushepatitis C 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Jahr E 2005 28 2006 Sachsen Inzidenz Deutschland Inzidenz asympt. Inf. asympt. Inf. E 0,7 293 2.426 2,9 5.937 21 0,5 267 2.184 2,6 5.377 2007 25 0,6 286 2.004 2,4 4.854 2008 24 0,6 299 1.776 2,2 4.419 2009 34 0,8 227 1.640 2,0 3.826 2010 43 1,0 235 1.715 2,2 3.568 So wurden bundesweit im Berichtsjahr 5.283 Labornachweise von erstdiagnostizierter Virushepatitis C erfasst, darunter handelte es sich bei 3.568 um asymptomatische Infektionen bzw. um Infektionen mit unbekanntem klinischen Bild. Seit 2005 kann (trotz eines leichten Anstieges bei den Neuerkrankungen) insgesamt von einem rückläufigen Trend gesprochen werden. Im Berichtsjahr wurden sachsenweit 278 Labornachweise von erstdiagnostizierter Virushepatitis C erfasst, bei denen es sich in 235 Fällen um asymptomatische Infektionen bzw. um Infektionen mit unbekanntem klinischen Bild handelte (entsprach in etwa der Zahl des Vorjahres). Die Zahl der gemeldeten Infektionen mit bekanntem klinischen Bild stieg gegenüber dem Vorjahr um 26 % an. Es kamen 43 Fälle, darunter 3 mit Todesfolge zur Meldung. Die Ermittlungen zu den möglichen Infektionsquellen ergaben 11-mal den intravenösen Gebrauch von Drogen, je 2-mal einen operativen Eingriff bzw. medizinische Injektionen im Ausland sowie 3-mal eine Bluttransfusion. In jeweils einem Fall gingen Tätowierungen bzw. Piercings voraus. Eine Person gab Geschlechtsverkehr mit einem Virushepatitis C-Träger an (bei den Hinweisen zu den Infektionsquellen waren Mehrfachnennungen möglich). Einige Patienten konnten keine Hinweise zu möglichen Infektionsquellen geben. ] An einer Virushepatitis C verstarben zwei männliche Patienten im Alter von 58 und 79 Jahren sowie eine 78-jährige Frau bei jeweils bestehender Leberzirrhose. Mögliche Infektionsquellen konnten nicht eruiert werden. Bei den VHC-Nachweisen, bei denen das klinische Bild nicht erfüllt war oder keine Informationen hierzu vorlagen, konnte ebenfalls ein leichter Anstieg verzeichnet werden. 2.43.4 Virushepatitis D Das Hepatitis D-Virus benötigt zur Infektion die Hülle des Hepatitis B-Virus. Hepatitis D tritt somit stets zusammen mit Hepatitis B auf und führt in 70 bis 90 % der Fälle zu schweren chronischen Verläufen. Die Übertragung erfolgt meist durch Blut oder Blutprodukte. Die Infektion mit diesem Virus ist in Deutschland selten und zumeist auf Risikogruppen (Ausländer, Drogenkonsumenten) beschränkt. Im Bundesgebiet wurden 10 Erkrankungen erfasst. Zusätzlich kamen 22 labordiagnostisch bestätigte Fälle ohne (sowie unbekanntes) klinisches Bild zur Meldung. Im Jahr 2010 wurde in Sachsen lediglich 3 labordiagnostische Nachweise ohne bestehendes klinisches Bild bei Männern im Alter zwischen 33 und 49 Jahren registriert. 54 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2.43.5 Virushepatitis E Diese Erkrankung tritt, ähnlich der Virushepatitis A, als akut verlaufende Leberentzündung auf, welche ausheilt und keinen chronischen Verlauf nimmt. Die Inkubationszeit liegt zwischen 2 und 9 Wochen. Die Infektion kann insbesondere bei Schwangeren im 3. Trimenon gefährlich werden. Die Erkrankung kann hier fulminant verlaufen und Todesfälle sind nicht selten. Als Hauptverbreitungsgebiete gelten die Länder Südost- und Zentralasiens, der Nahe Osten, Nord- und Westafrika sowie Mittelamerika (Mexiko). In den letzten Jahren wurde in Deutschland ein endemisches Auftreten als lebensmittelbedingte Zoonose beobachtet. Ein wirksamer Impfstoff wird derzeit in Studien erprobt. Tabelle 37: Abb. 53: Hepatitis E-Virus Virushepatitis E 2005 bis 2010 in Sachsen und Deutschland Sachsen Deutschland Inzidenz Jahr E Inzidenz E 2005 2 0,04 54 0,06 2006 6 0,1 51 0,06 2007 10 0,2 73 0,08 2008 17 0,4 104 0,1 2009 13 0,3 109 0,1 2010 12 0,3 221 0,3 Bundesweit wurde in den letzten Jahren ein kontinuierliches Ansteigen der Fallzahlen beobachtet. Die Gründe für den Anstieg sind bisher nicht bekannt. Es wird vermutet, dass das Diagnoseverhalten eine Rolle spielt, jedoch ist auch eine tatsächliche Zunahme der Infektionen wahrscheinlich. Dafür spricht, dass der Anstieg der Fallzahlen fast nur bei den in Deutschland erworbenen Infektionen zu sehen ist und die Zahl der im Ausland erworbenen Fälle relativ konstant bleibt. International und auch in Deutschland verdichten sich die Hinweise, wonach die Hepatitis E eine klassische Zoonose sein könnte, die man durch den Verzehr von nicht durchgegartem Schweinefleisch, insbesondere Wildschweinfleisch und Innereien erwerben kann. Laut dem Infektionsepidemiologischen Jahrbuch des RKI wurden bundesweit insgesamt 221 Hepatitis E-Erkrankungen (0,3 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) übermittelt. Somit wurden doppelt so viele Infektionen registriert wie im Vorjahr 2009. Bei weiteren 31 Fällen handelte es sich um labordiagnostische Nachweise ohne bzw. mit unbekanntem klinischen Bild. Todesfälle wurden nicht registriert. Im Freistaat kamen 12 Erkrankungen und ein labordiagnostischer Nachweis ohne bestehendes klinisches Bild zur Meldung. In Sachsen blieb somit die Neuerkrankungsrate auf Vorjahresniveau. In 2 Fällen konnte ein Auslandsaufenthalt als mögliche Infektionsquelle eruiert werden. Eine 53-Jährige hatte sich im fraglichen Zeitraum in den USA aufgehalten. Bei einem 67Jährigen könnte eine Norwegen-Reise, während der der Verzehr von Muscheln angegeben wurde, als Infektionsquelle in Betracht gezogen werden. Alle anderen Erkrankungen wurden mit höchster Wahrscheinlichkeit in Deutschland erworben. Todesfälle an Virushepatitis E kamen im Berichtsjahr 2010 nicht zur Meldung. 55 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2.44 Windpocken Windpocken – verursacht durch das Varizella-Zoster-Virus, sind eine meist mild verlaufende exanthematische Erkrankung, die hauptsächlich im Kindesalter auftritt. Dabei können Komplikationen auch bei sonst gesunden Kindern vorkommen. Bei den bisher seltenen Erkrankungen im Jugendlichen- und Erwachsenenalter sind insbesondere immungeschwächte Personen durch schwere und teilweise lebensbedrohliche Verläufe gefährdet, dies betrifft auch alle Neugeborenen, deren Mütter sich wenige Tage vor bis nach der Geburt infiziert haben. Bei Infektion in der Schwangerschaft kann das fetale Varizellensyndrom mit Fehlbildungen oder letalem Ausgang (Abort) auftreten. Abb. 54: Varizella Zoster-Virus Laut IfSG besteht für die Windpocken keine Meldpflicht, so dass ein deutschlandweiter Vergleich nicht möglich ist. Tabelle 38: Windpocken-Erkrankungen 2005 bis 2010 im Freistaat Sachsen Jahr E / T. Inzidenz 2005 2.779 64,3 2006 1.702 39,6 2007 1.208 28,3 2008 1.514 / 1 35,6 2009 1.004 23,8 2010 638 15,2 In Sachsen ist eine Impfung für alle ungeimpften Kinder und Jugendlichen mit negativer Varizellenanamnese und alle empfänglichen Erwachsenen als Nachholeimpfung empfohlen. Seit dem 01.01.2010 gibt es eine Impfempfehlung der Sächsischen Impfkommission gegen Herpes zoster für Personen ab 50 Jahre, um die Reaktivierung der Windpocken - die Gürtelrose, zu verhindern. Leider steht der entsprechende Impfstoff derzeit in Deutschland nicht zur Verfügung. Im Freistaat kamen 638 Erkrankungen zur Meldung. Mit einer Inzidenz von 15,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner wurde der bisher niedrigste Wert der letzten 10 Jahre erreicht (2001 28,7 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Es ist zu hoffen, dass es sich hierbei um eine dauerhafte Reduzierung der Neuerkrankungen infolge der steigenden Impfrate handelt. 56 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 2.45 Zytomegalie Die Erkrankung wird durch das Humane Cytomegalievirus (CMV), welches zur Familie der Herpesviren gehört, ausgelöst. Bei rund 99 % aller Infizierten verläuft die Erstinfektion symptomlos oder nur mit leichten Krankheitszeichen. Das Virus bleibt nach der Infektion lebenslang im Körper und kann nach der Erkrankung noch wochenlang über Urin und Speichel ausgeschieden werden. Abb. 55: Zytomegalievirus Nach dem IfSG ist die Zytomegalievirus-Infektion nicht meldepflichtig. Somit können für Deutschland keine Aussagen getroffen werden. In Sachsen sind die Erkrankung, der Tod an angeborener Zytomegalie sowie jeder CMVErregernachweis, sofern dieser auf eine akute Infektion hinweist, meldepflichtig. Auf dieser Grundlage kamen im Berichtsjahr 48 Nachweise zur Übermittlung. 2.45.1 Konnatale Zytomegalie Das humane Zytomegalievirus stellt sich in der Schwangerschaft als besonders gefährlich dar und kann für das ungeborene Kind lebensgefährlich sein. Kommt es während des ersten oder zweiten Drittels der Schwangerschaft zu einer Infektion, so kann diese zu Fehlbildungen beim Kind führen. Rund 0,3 bis 1 % aller Schwangeren infizieren sich mit dem Virus und bei 40 % von diesen wird die Infektion auf das ungeborene Kind übertragen. Im Freistaat Sachsen wurden 3 Fälle einer konnatalen Zytomegalievirus-Infektion registriert: ] Bei einem männlichen Neugeborenen (termingerechte Geburt) wurde mittels PCR aus Urin eine Zytomegalievirus-Infektion diagnostiziert. Bereits während der Schwangerschaft war bei einer Ultraschalluntersuchung ein „auffälliger Gehirnbefund“ des Ungeborenen erhoben worden. Bei der Kindesmutter wurde im 2. Trimenon eine CMV-Primärinfektion diagnostiziert. Weitere Schädigungen des Kindes waren nicht festgestellt worden; eine engmaschige Kontrolle des Kindes wurde jedoch angeordnet. ] Bei einem weiblichen Frühgeborenen (37. SSW) wurde aufgrund des positiven Befundes der Mutter während der Schwangerschaft eine entsprechende Diagnostik veranlasst. Mittels PCR konnte die Infektion nun auch beim Kind bestätigt werden. Klinisch war das Mädchen unauffällig. ] Eine Zwillingsschwangerschaft wurde in der 34. Schwangerschaftswoche mittels Kaiserschnitt beendet. Bei einem der beiden Kinder wurden einige Wochen später zystische Ventrikelerweiterungen im Gehirn festgestellt. Die Untersuchungen von Serum sowie Urin erbrachten den Nachweis einer Zytomegalievirus-Infektion. Mittels PCR wurden aus Muttermilch der Kindsmutter ebenfalls Zytomegalieviren nachgewiesen. Das andere (Zwillings)Kind blieb klinisch unauffällig; eine eingeleitete Diagnostik verlief hier mit negativen Ergebnissen. 57 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 3 Weiteres von infektionsepidemiologischer Bedeutung 3.1 Infektion mit Streptococcus salivarius In einer Augenarztpraxis kam es nach 18 ambulant durchgeführten Katarakt-Operationen (‚Grauer Star’), die alle am selben Tag stattfanden, bei 11 Patienten zu einer postoperativen Entzündung des Auges. Zur Eindämmung der Infektion mussten bei allen betroffenen Patienten eine Vitrektomie (Entfernung des Glaskörpers) und eine Antibiotikagabe durchgeführt werden. Dieser Eingriff erfolgte in 3 Fällen stationär. Augenabstriche erbrachten den Nachweis von Streptococcus salivarius. Das Gesundheitsamt und die Landesuntersuchungsanstalt wurden informiert. Diese führten Befragungen in der Praxis durch, entnahmen Proben der Spülflüssigkeit und Abstriche des NasenRachen-Raumes beim Personal. In der Spülflüssigkeit konnte der Erreger nicht nachgewiesen werden; die Untersuchungen beim Personal ergaben in 6 Fällen den Nachweis des Erregers. Das Praxis-Management wurde nicht beanstandet. Die Einsendung von Materialstämmen der Patienten und des Personals an das Nationale Referenzzentrum sollte über mögliche epidemiologische Zusammenhänge Aufschluss geben. Leider erfolgte keine Rückmeldung. 3.2 Impfen Bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten nehmen die Schutzimpfungen neben der Verbesserung der sozialen und hygienischen Lebensbedingungen einen hohen Stellenwert ein. Sie zählen zu den effektivsten, sichersten und kostengünstigsten Präventivmaßnahmen der modernen Medizin. Infektionskrankheiten stellten in der Vergangenheit die häufigste Todesursache dar. Die Influenza-Pandemie von 1918/19 forderte weltweit 40 Millionen Todesopfer. Um 1900 verstarben in Deutschland allein an Keuchhusten, Diphtherie und Scharlach jährlich noch etwa 65.000 Kinder. Groß angelegte Impfprogramme führten weltweit zum Rückgang zahlreicher bedrohlicher übertragbarer Krankheiten. Die Ausrottung der Pocken 1980 und die weitgehende Eliminierung der Poliomyelitis (Kinderlähmung) sind dabei die besten Beispiele für die Effektivität von Impfungen. Grundlage der Impfprogramme bildet u. a. die ständige Erhebung zuverlässiger Daten über die Entwicklung der Infektionskrankheiten (z. B. Neuerkrankungsraten, Seroprävalenz, Durchimmunisierungsraten). Der Rückgang der Erkrankungshäufigkeiten im Zusammenhang mit der Einführung von Impfungen und mit dem Anstieg von Durchimpfungsraten belegt die Effektivität von Impfprogrammen. Durch das seit dem 01.01.2001 geltende Infektionsschutzgesetz (IfSG) konnten bestehende Datenlücken hinsichtlich der Erhebung des Vorkommens impfpräventabler Erkrankungen und der Umsetzung von Impfprogrammen zum Teil geschlossen werden. Sachsen hat, wie einige andere Bundesländer auch, von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, mit Länderverordnungen die Meldepflicht um bestimmte (impfpräventable) Krankheiten zu erweitern (z. B. Mumps, Pertussis, Röteln). Im Freistaat Sachsen wurde durch das Sächsische Sozial- und Verbraucherschutzministerium ein eigenes Beratergremium zu Impffragen berufen - die Sächsische Impfkommission (SIKO). Durch diese werden Impfempfehlungen für Sachsen formuliert; die Entwicklungen im Impfschutz und bei Impfstoffen beobachtet und diskutiert und die Veröffentlichungen von Expertengremien 58 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 verfolgt. Durch die Sächsische Impfkommission werden Ärzte und Gesundheitsämter zu Impffragen beraten und maßgeblich Aufgaben bei deren diesbezüglicher Aus-, Weiter- und Fortbildung übernommen. Die SIKO tritt für die Schaffung von Rechtssicherheit bei Impfungen sowie für die Dokumentation von Impfungen ein. Mit der zum 01.01.2010 gültig gewordenen Impfempfehlung für Sachsen ging die Sächsische Impfkommission wie schon des Öfteren in der Vergangenheit über die bundesweiten Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) hinaus und empfiehlt die jährliche Influenzaimpfung für alle Menschen im Alter über 6 Monate sowie die Herpes zoster-Impfung für Personen ab dem vollendeten 50. Lebensjahr. 59 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 3.2.1 Impfkalender 7. 3. 4. Ge- Wo1 1 burt 1 Mon. Mon. che Impfstoff 5. 1 Mon. 6. 13. 24. 1 1 1 Mon. Mon. Mon. ,6 Hepatitis B 3 6 u. Hepatitis A (HBV/HAV) HBV 1 / HBV 2 Diphtherie, Tetanus, 2, 3, 4 Pertussis 1. 2. DTPa DTPa Haemophilus influenzae 2, 3 Typ b 1. Hib Polio (IPV) (trivalent) 2, 3 1. IPV 3 3 6. 1 Lbj. 3. DTPa 4. DTPa 2. Hib 3. Hib 2. IPV 3. IPV HAV / HBV 5. DTPa od. 4 Tdpa Masern, Mumps, Röteln (MMR) 1. MMR 2. MMR Varizellen 5 (VZV) 1. VZV 2. VZV 8 Rotaviren Tdpa 4. IPV IPV 8 alle 6 Jahre 9 Rotaviren Humane Papillomaviren (HPV) HPV Herpes zoster Herpes zoster 1 Zeitangabendefinition: Es bedeuten z. B.: 3. Monat = ab 3. Mon. = vollendeter 2. Monat; 7. Woche = ab 7. Woche = vollendete 6. Woche; 6. Lbj. = ab 5. Geburtstag 2 Abstände zwischen den Impfungen 1-3 bzw. 1 und 2 mindestens 4 Wochen, zwischen der 3. und 4. bzw. 2. und 3. Impfung zur Vervollständigung der Grundimmunisierung mindestens 6 Monate 3 bei Antigenkombinationen, die eine Pertussiskomponente enthalten, sind 3 Injektionen im Säuglingsalter erforderlich 4 ab 6. Lbj. Fachinformation zu den Impfstoffen wegen Altersbegrenzung hinsichtlich reduzierten Di-Toxoid-Gehalts beachten 5 alle ungeimpften Kinder/Jugendlichen mit negativer Varizellenanamnese und alle empfänglichen Erwachsenen als Nachholeimpfung 6 ab 2. Lbj. Kombinationsimpfung HAV/HBV empfohlen, falls Grundimmunisierung gegen HBV nicht im Säuglingsalter begonnen wurde; wenn ja, dann Hepatitis A monovalent impfen. 7 Im 1. Lbj. 2 Injektionen (Herstellerangaben beachten), ab 2. Lbj. 1 Injektion. Bei Impfung im Säuglingsalter wird eine Boosterung ab 2. Lebensjahr empfohlen. 8 ab vollendetem 6. Lebensmonat 9 Die Standardimpfung wird bis zum 24. Lebensmonat entsprechend dem jeweiligen Immunisierungsschema mit Konjugatimpfstoff empfohlen, bei Kindern nach dem 24. Lebensmonat sind nur Indikationsimpfungen empfohlen. 10 orale Impfung mit 2 oder 3 Dosen (Herstellerangaben beachten), Simultanimpfung siehe E 1, Seite 7 und 12 (Fußnote******) Abb. 56: üb. 60 J. 6 Tdpa jährlich Pneumokokken 10 üb. 50 J. Meningokokken (Gruppe C) Influenza Pneumokokken alle 10 Jahre 3 HBV 3/4 oder 6 HAV / HBV 3 Meningo7 kokken C 11. 13. 18. 1 1 1 Lbj. Lbj. Lbj. Synopsis-Impfkalender für Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Freistaat Sachsen (Stand: 01.01.2010) 60 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 4 Übersicht über erfasste meldepflichtige Infektionskrankheiten im Freistaat Sachsen Jahresvergleich 2010 und 2009 Stand 28.02.2011 2009 - Stand 28.02.2010 Jahr 2010 Krankheit Adenoviruskonjunktivitis Borreliose Brucellose Chikungunyafieber Denguefieber Diphtherie Echinokokkose Enteritis infectiosa Adenovirus Astrovirus Campylobacter Clostridium difficile Cryptosporidium Entamoeba histolytica Escherichia coli 1) EHEC Giardia lamblia Norovirus Rotavirus Salmonella spp. Yersinia enterocolitica übrige Erreger 2) Enterovirus-Infektionen 3) FSME Gasbrand Geschlechtskrankheiten Neisseria gonorrhoeae Treponema pallidum Chlamydia trachomatis Mycoplasma hominis 4) GBS-Infektionen dar. Neugeborene Hantavirus-Erkrankungen H. influenzae-Erkrankungen 5) HSE (CJK) 6) HUS Influenza Influenza A-Virus Influenza B-Virus Influenza A/B-Virus Legionellose Lepra Leptospirose Listeriose Malaria Masern Meningoenzephalitis, viral Meningokokken-Erkr. (invasiv) 7) MRSA -Erkrankungen (invasiv) Mumps Ornithose Paratyphus Jahr 2009 Erkran- lab.-diagn. Erkran- lab.-diagn. T Inzidenz** T Inzidenz** kungen Nachweis* kungen Nachweis* 20 7 0,5 0,2 1.353 1.790 32,3 42,4 3 0,1 1 < 0,1 2 < 0,1 15 9 0,4 0,2 3 0,1 1 1 < 0,1 1 < 0,1 44.895 362 22 45.607 375 4 1070,8 1080,7 70,5 63,0 2.954 5 2.658 4 31,5 26,3 1.320 10 1.108 3 134,5 116,2 5.638 65 4.905 29 113,0 82,9 4.737 15 3.499 3 3,0 3,5 124 2 149 0,7 0,8 31 5 32 9 17,6 20,4 736 34 859 36 1,8 1,7 75 45 73 25 8,3 6,1 349 36 257 27 502,8 501,7 21.083 43 3 21.173 60 1 127,1 189,9 5.331 17 3 8.016 14 46,6 50,9 1.954 95 1 2.146 159 10,3 12,8 433 4 541 9 3,1 4,5 130 1 191 128 1 109 6 0,1 4 0,1 8 3 5 2 0,2 0,1 5.212 5.454 598 531 123 136 3.926 4.252 565 535 1.887 1.711 22 24 3 0,1 6 2 1 0,1 8 1 1 0,2 7 6 7 4 0,2 0,2 3 0,1 304 9 2 7,3 13.784 19 7 326,6 7,1 309,3 296 9 2 13.051 17 6 0,2 14,2 7 598 2 1 < 0,1 3,2 1 135 34 1 2 0,8 16 2 0,4 1 < 0,1 3 0,1 2 < 0,1 25 2 3 0,6 23 1 5 0,5 10 8 0,2 0,2 4 2 0,1 < 0,1 46 1,1 56 1,3 23 2 19 2 0,5 0,5 228 19 1 88 7 5,9 2,1 31 2 0,7 42 1 1,0 2 < 0,1 1 2 < 0,1 61 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 Fortsetzung: Übersicht über erfasste meldepflichtige Infektionskrankheiten für den Freistaat Sachsen. Jahresvergleich 2010 und 2009 Jahr 2010 Krankheit Parvovirus B19 - Infektionen Pertussis Pneumokokken-Erkr. (invasiv) Q-Fieber Respiratorische Infektionen Adenovirus Mycoplasma pneumoniae Parainfluenza-Virus RS-Virus Röteln Scharlach Shigellose Tetanus Toxoplasmose dar. angeborene Infektion Trichinellose Tuberkulose Tularämie Typhus Virushepatitiden Hepatitis A-Virus Hepatitis B-Virus Hepatitis C-Virus Hepatitis D-Virus Hepatitis E-Virus Windpocken Zytomegalievirus-Infektionen dar. angeborene Infektion 1) Erkrankungen 796 120 2 1.892 54 1 51 1 158 5 1 103 8 40 43 12 638 lab.-diagn. Nachweis* 154 47 3 1 975 52 457 41 425 2 T 2 19,0 2,9 < 0,1 45,1 1,3 < 0,1 1,2 10 5 1 443 1 203 235 3 1 Inzidenz** Erkrankungen 1.554 112 lab.-diagn. Nachweis* 147 176 5 T 8 Inzidenz** 36,8 2,7 877 35 258 44 540 2 5 2 3 48 3 – Enterohämorrhagische Escherichia coli – ohne Meningitiden 3) – Frühsommmer-Meningo-Enzephalitis 4) – Gruppe B-Streptokokken 5) – Humane Spongiforme Enzephalopathie (Creutzfeldt-Jakob-Krankheit) 6) - Hämolytisch-urämisches Syndrom 7) - Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus 2) Jahr 2009 1 1.776 51 51 1 1 196 < 0,1 3,8 0,1 < 0,1 2,5 0,2 1,0 1,0 2 137 22 68 34 0,3 15,2 13 1.004 < 0,1 42,1 1,2 6 3 6 421 9 183 227 1 1 4 2 2 1,2 < 0,1 < 0,1 4,6 < 0,1 3,2 0,5 1,6 0,8 0,3 23,8 26 T Todesfälle * labordiagnostischer Nachweis bei nicht erfülltem bzw. unbekanntem klinischen Bild ** Erkrankungen pro 100.000 Einwohner 62 Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 5 Literaturhinweise, Quellenverzeichnisse - Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut – Stand 01.01.2010; - Empfehlungen der Sächsischen Impfkommission zur Durchführung von Schutzimpfungen im Freistaat Sachsen vom 01.01.2010; - Infektionsepidemiologisches Jahrbuch des Robert Koch-Institut für 2010, Berlin, 2011; - Webseiten des Robert Koch-Instituts: - Epidemiologisches Bulletin, Robert Koch-Institut Berlin, Auszüge 2008 – 2010 www.rki.de > Infektionskrankheiten A–Z; www.3rki/survstat/; Abbildungsnachweise: - - Abbildung 1 Abbildung 2 Abbildung 3 Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 14: Abbildung 15: Abbildung 16: Abbildung 17: Abbildung 18: Abbildung 19: Abbildung 20: Abbildung 21: Abbildung 22: Abbildung 23: Abbildung 24: Abbildung 26: Abbildung 27: Abbildung 28: Abbildung 31: Abbildung 32: Abbildung 33: Abbildung 35: Abbildung 38: Abbildung 39 Abbildung 40: Abbildung 41: (B. burgdorferi): (Brucella): (Chikungunyavirus) (C. trachomatis) (C. difficile) (Denguevirus) (Corynebacterium) (E. multilocularis) (EHEC) (Enterovirus) (FSME-Virus) (C. perfringens) (N. gonorrhoe) (H. influenzae) (Hantaviren) (Hantavirus, Verteilung...) (Influenzavirus) (L. pneumophila) (M. leprae) (L. interrogans) (L. monocytogenes) (T. pallidum) (P. falciparum) (Verbreitung Malaria Welt) (Masernvirus) (N. meningitidis) (S. aureus) (Mumpsvirus) (M. hominis) (Norovirus) (Bordetella pertussis) (S. pneumoniae) (Coxiella burnetii) (Rotavirus) (Salmonelle) 63 www.arthritis.webmed.com www.claseejecutiva.tv www.atlantemedicina.wordpress.com www.de.academic.ru www.wellcome.ac.uk www.photoshelter.com www.human-health.com www.geocaching.de www.helmholtz-hzi.de www.phoenixrising.me www.aerztezeitung.de www.de.academic.ru www.wikipedia.de www.impfen.de www.aerzteblatt.de www.rki.de www.health.howstuffworks.com www.helmholtz.de www.musee-afrappier.qc.ca www.wikipedia.de www.vbi.vt.edu www.de.academic.ru www.med1.de www.malariaprophylaxe.info www.impfen.de www.impfen.de www.faz.net www.de.academic.ru www.netserv.unmc.edu www.topnews.net.nz www.impfen.de www.feww.wordpress.com www.medicalfacts.nl www.adadfirst.com www.interet-general.info Infektionsepidemiologischer Jahresbericht 2010 - Abbildung 43: Abbildung 44: Abbildung 45: Abbildung 46: Abbildung 48: Abbildung 49: Abbildung 50: Abbildung 51: Abbildung 52: Abbildung 53: Abbildung 54: Abbildung 55: Abbildung 56: (Shigella) (C. tetani) (Trichinella) (M. tuberculosis) (F. tularensis) (S. Typhi) (Hepatitis A-Virus) (Hepatitis B-Virus) (Hepatitis C-Virus) (Hepatitis E-Virus) (V. zoster-Virus) (Zytomegalievirus) (Impfkalender) www.waterscan.rs www.bhavanajagat.wordpress.com www.lexikon.freenet.de www.impfen.de www.upmc-biosecurity.org www.salmonellablog.com www.impfen.de www.impfen.de www.ppapak.com www.sciencecodex.com www.roche.de www.bode-science-center.de www.slaek.de Soweit nicht anders angegeben, wurden die Abbildungen im Fachgebiet Infektionsepidemiologie und Gesundheitsberichterstattung der LUA angefertigt. Nachdruck und Verbreitung des Inhaltes - auch auszugsweise - sind nur mit Quellenangabe, die Vervielfältigung von Teilen dieses Epidemiologischen Jahresberichtes nur für den Dienstgebrauch gestattet. 64 Herausgeber: Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen Jägerstr. 8/10, 01009 Dresden Redaktion: Dr. med. S.-S. Merbecks, LUA Sachsen, Standort Chemnitz, Zschopauer Str. 87, 09111 Chemnitz Tel.: 0351/8144-3200 Gestaltung und Satz: FG 4.2, LUA Sachsen, Standort Chemnitz, Zschopauer Str. 87, 09111 Chemnitz, Tel.: 0351/8144 3203 Fax: 0351/8144 3920 Redaktionsschluss: 30. November 2011 Bezug: Dieses offizielles Mitteilungsblatt der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen des Freistaates Sachsen kann kostenfrei im Internet abgerufen werden: www.lua.sachsen.de Nachdruck und Verbreitung des Inhaltes - auch auszugsweise - sind nur mit Quellenangabe, die Vervielfältigung von Teilen dieses Epidemiologischen Jahresberichtes nur für den Dienstgebrauch gestattet.